Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 11 R 1740/07
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 129/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Streit.
Der Kläger gelangte im Jahre 1973 in das damalige Bundesgebiet, um eine Erwerbstätigkeit im V.-Werk aufzunehmen. Einer Berufsausbildung hat er sich nicht unterzogen. Seit 1978 war er in der Schokoladenproduktion bei der Firma N. in Hamburg als angelernter Maschinenführer tätig. Von September 1998 wurde er von diesem Arbeitgeber unter Diebstahlsvorwurf fristlos gekündigt. Seine Kündigungsschutzklage blieb erfolglos. Seitdem war er nicht mehr erwerbstätig, bezog Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe. Seit dem 1. Januar 2005 ist er Empfänger von Arbeitslosengeld II.
Wegen anhaltender Arbeitsunfähigkeit holte die Krankenkasse des Klägers zunächst eine Stellungnahme des Hausarztes ein, welcher unter dem 8. November 1998 angab, bei dem Kläger liege eine zunehmende Depression bei schwerer psychischer Belastungssituation (fristlose Kündigung) und schwieriger Einstellung der Hypertonie vor. Daraufhin veranlasste die Krankenkasse eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Hamburg. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Sozialmedizin Dr. S. gelangte nach Begutachtung am 25. November 1998 in seinem schriftlichen Gutachten vom selben Tage zu der Einschätzung, dass bei dem Kläger eine reaktive Depression mit ausgeprägter Angstsymptomatik und ein ausgeprägtes Erschöpfungs¬syndrom bei anhaltender Konflikt- und Belastungssituation vorliege. Ein positives Leistungsbild sei nicht aufzeigbar. Die Erwerbsfähigkeit sei gefährdet. Ein psychosomatisch ausgerichtetes Heilverfahren sei medizinisch indiziert.
Daraufhin beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Gestalt von stationären medizinischen Leistungen wegen allgemeiner Erkrankungen. Der Ärztliche Dienst der Beklagten hielt die Durchführung eines Heilverfahrens nicht für sinnvoll, da bei dem Kläger zunächst eine Sprunggelenksoperation geplant sei und überdies der Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens abgewartet werden müsse. Erst anschließend könne geklärt werden, unter welcher Indikation dann ein Heilverfahren - falls noch erforderlich - durchgeführt werden sollte. Der daraufhin ergangene Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 3. Februar 1999 erlangte Bestandskraft.
Aufgrund einer Untersuchung am 28. Juni 1999 erstattete die Internistin Dr. C. vom Sozialärztlichen Dienst der Beklagten ein schriftliches Gutachten zur Beurteilung des Rehabilitationsbedarfs. Sie stellte noch anhaltende nervliche Störungen mit Durchschlafstörungen bei abklingender reaktiver Depression (ausgelöst durch berufliche Konfliktsituation), eine arterielle Hypertonie, überwiegend vegetativ bedingt, zurzeit unzureichend eingestellt, rezidivierende Rückenschmerzen mit ischialgieformen Beschwerden, zurzeit ohne wesentliche Symptomatik und ohne Funktionseinschränkung bei röntgenologisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen, ein geringes HWS-Schulter-Arm-Syndrom links bei geringen umschriebenen Veränderungen der Halswirbelsäule, eine kleine Zyste am Talus rechts ohne Symptomatik und ohne Funktionseinschränkung des Sprunggelenks, Übergewicht Grad I, eine Fettstoffwechselstörung und eine Hyperurikämie fest, hielt ein psychosomatisches Heilverfahren nicht für sinnvoll, ambulante psychiatrische Behandlung für ausreichend und den Versicherten für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Zeitdruck und Nachtschicht und ohne ständige Überkopfarbeiten vollschichtig leistungsfähig.
Mit Abhilfebescheid vom 28. Juni 2005 zuerkannte das Versorgungsamt Hamburg auf den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 19. April 2004 einen Grad der Behinderung von 100 sowie das Merkzeichen "G" (erhebliche Gehbehinderung). Hierbei berücksichtigte es die folgenden Gesundheitsstörungen:
1. Bluthochdruck, Herzleistungsminderung, Hirndurchblutungsstörung, Schwindel
2. Entzündliche/rheumatische Gelenkerkrankung, Hüftgelenksverschleiß, Be¬we-gungs¬einschränkung des linken Hüftgelenks, Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks, Bewegungseinschränkung des rechten Sprunggelenks
3. Entzündliche/rheumatische Gelenkerkrankung, schmerzhafte Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks, Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenks, Funktionsbehinderung beider Hände
4. Schmerzhafte Funktionseinschränkung der Wirbelsäule, Wirbelsäulen-verformung, Wirbelsäulenfehlstatik. Am 31. Oktober 2005 beantragte der Kläger die Gewährung von Erwerbsminderungsrente und verwies hierzu auf die sich aus dem Bescheid des Versorgungsamts ergebenen Gesundheitsstörungen.
Die Internistin/Rheumatologin Dr. B. gelangte in ihrem für die Beklagte aufgrund der Untersuchung vom 6. Dezember 2005 erstellten Gutachten zu der Einschätzung, dass dem Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten sechs Stunden täglich und mehr möglichst in wechselnder Körperhaltung, hauptsächlich im Sitzen und nicht im Knien und/oder in der Hocke bei gegebener Wegefähigkeit zuzumuten seien. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 2005 die Gewährung der begehrten Rente ab. Auch der Widerspruch des Klägers, zu dessen Begründung er angab, dass seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht ausreichend gewürdigt worden seien, zumal er zusätzlich zu den von der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid bereits berücksichtigten Erkrankungen noch unter einer Erkrankung der Hände, einer Bewegungseinschränkung der Schulter, starken Kopfschmerzen, Schmerzen in den Sprunggelenken, zunehmender Vergesslichkeit, Sehstörungen sowie unter den Nebenwirkungen von sieben verschiedenen Medikamenten leide und er auch von seinem Hausarzt bereits vor einem Herzinfarkt gewarnt worden sei, blieb erfolglos. Die Beklagte ließ die von dem Kläger überlassenen Röntgenaufnahmen der Hände, der Knie, des Sprunggelenks und der Schulter von ihrem Sozialmedizinischen Dienst auswerten. Dieser vertrat die Auffassung, dass sich hieraus keine neuen sozialmedizinischen Aspekte ergäben. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei nicht voll erwerbsgemindert, weil sein Leistungsvermögen nicht auf weniger als sechs Stunden eines vergleichbaren gesunden Versicherten gesunken sei. Als Hilfsarbeiter und Maschinenführer genieße er auch keinen Berufsschutz.
Daraufhin hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, seine Gehstrecke sei deutlich eingeschränkt. Dies ergebe sich aus dem Bescheid des Versorgungsamtes und hier namentlich aus dem ihm zuerkannten Merkzeichen "G". Darüber hinaus bestehe bei ihm eine Vielzahl von Einschränkungen.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte (Facharzt für Orthopädie Dr. D., Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M.) eingeholt und den Kläger internistisch durch Dr. W1, chirurgisch-orthopädisch durch Dr. T. und neurologisch/psychiatrisch durch Dr. N1 begutachten lassen. Alle Ärzte sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls leichte körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen verrichten könne und wegefähig sei. Zusätzlich hat Dr. N1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht auf den Hinweis des Klägers, dass er auch an einem Karpaltunnelsyndrom leide, erklärt, dass dieses Tätigkeiten mit leichten Belastungen des Handgelenks nicht einschränke. Auszuschließen seien nur Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Feinmotorik und stärkeren Belastungen des linken Handgelenks. Auf die schriftlichen Sachverständigengutachten des Dr. W1 vom 5. November 2008 (Bl. 68 ff. der Gerichtsakte), des Dr. T. vom 22. Dezember 2008 (Bl. 89 ff. der Gerichtsakte) und des Dr. N1 vom 17. April 2009 (Bl. 124 ff. der Gerichtsakte) sowie auf dessen zu Protokoll des Sozialgerichts erklärte Ergänzungen (Bl. 147 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.
Durch Urteil vom 11. Juni 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger könne ausweislich der eingeholten Gutachten bei erhaltener Wegefähigkeit noch vollschichtig leichte und einfache Tätigkeiten in überwiegend sitzender Körperhaltung verrichten. Die Entscheidung, auf die (Bl. 150 ff. der Gerichtsakte) ergänzend Bezug genommen wird, ist den Prozessbevollmächtigen des Klägers am 29. Juni 2009 zugestellt worden.
Mit seiner am 28. Juli 2009 eingelegten Berufung bringt der Kläger vor, das Sozialgericht habe die Leistungseinschränkungen des linken Handgelenks falsch gewürdigt. Nach der auf einer zwischenzeitlich durchgeführten MRT-Untersuchung vom 30. Juni 2009 beruhenden Einschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. W. liege eine Radiokarpalarthrose links und ein Verdacht auf rheumatoide Arthritis vor, die schwere Tätigkeiten ausschließe und leichte mit Wahrscheinlichkeit einschränke.
Zu dem ihr übersandten Befundbericht des Dr. W. hat der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten durch den Facharzt für Orthopädie R. ausgeführt, eine rheumatoide Arthritis sei nicht nachgewiesen. Die Radiokarpalarthrose bestehe im Wesentlichen aus einem Aufbrauchschaden des Diskus triangularis, einer meniskusartigen Struktur am kleinfingerseitigen Handgelenk. Im Übrigen sei eine Gebrauchsminderung des linken Handgelenks im fachchirurgischen Gutachten des Dr. T. bereits festgestellt und gewürdigt worden. Auch nervenärztlich sei sie bereits berücksichtigt worden. Neuere Erkenntnisse lägen demgemäß nicht vor. Für ein Karpaltunnelsyndrom gebe es nach Aktenlage kein klinisches Korrelat. Hierzu bedürfe es der Messung der Nervenleitgeschwindigkeit.
Daraufhin hat der Kläger angekündigt, einen Neurologen zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit aufsuchen zu wollen. Er hat den Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S1 vom 1. März 2010 vorgelegt, in dem es heißt, der Kläger sei am 3. Februar 2010 erschienen und habe eine eventuelle Messung der Nervenleitgeschwindigkeit des Karpaltunnels angesprochen, dann jedoch erklärt, keine neue Messung zu wollen, weil das so schmerzhaft sei. Dafür wolle er jetzt etwas gegen seine Depression. Weitergehende Befunde mit Blick auf ein Karpaltunnelsyndrom werden in dem Befundbericht nicht mitgeteilt.
Auf die Anhörung eines Arztes seines Vertrauens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Kläger gegenüber dem Gericht verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und auf die ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und im Übrigen zulässig, namentlich fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Dem Kläger steht eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) nicht zu. Die Vorschrift ist uneingeschränkt anzuwenden, weil der Eintritt der Erwerbsminderung erst für das Jahr 2005 geltend gemacht wird (§ 300 Abs. 1 und 2 SGB VI). Der Kläger ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Vielmehr kann er noch vollschichtig, d.h. mindestens sechs Stunden täglich, leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen verrichten und ist wegefähig. Dies ergeben sämtliche im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren durchgeführten medizinischen Begutachtungen auf dem internistischen, dem orthopädisch-chirurgischen und dem neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet. Die Zuerkennung eines Grades der Behinderung von 100 und des Merkzeichens "G" steht dem nicht entgegen, weil insoweit andere Maßstäbe gelten. Berufsschutz genießt der Kläger offenkundig nicht.
Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Sichtweise. Insoweit weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die geltend gemachten Funktionseinschränkungen des linken Handgelenks bereits in den vorgenommenen Leistungseinschätzungen Berücksichtigung gefunden haben. Für eine andere Bewertung der erhobenen Befunde besteht kein Anlass, zumal auch der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S1 weitere Funktionseinschränkungen im jüngsten Befundbericht nicht anführt und im Ergebnis bei seiner bereits im Jahre 2008 festgestellten Diagnose eines beidseitigen Karpaltunnelsyndroms bleibt. Dieses und namentlich die sich hieraus für das linke Handgelenk ergebenden Funktionseinschränkungen aber haben durchgängig Berücksichtigung im Rahmen der Leistungseinschätzung gefunden. Eine Verschlimmerung dieses Leidens macht der Kläger selbst nicht geltend. Eine solche ergibt sich auch nicht aus dem jüngsten Befundbericht. Ebenso wenig besteht danach Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts. Im Übrigen wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidung des Sozialgerichts Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Streit.
Der Kläger gelangte im Jahre 1973 in das damalige Bundesgebiet, um eine Erwerbstätigkeit im V.-Werk aufzunehmen. Einer Berufsausbildung hat er sich nicht unterzogen. Seit 1978 war er in der Schokoladenproduktion bei der Firma N. in Hamburg als angelernter Maschinenführer tätig. Von September 1998 wurde er von diesem Arbeitgeber unter Diebstahlsvorwurf fristlos gekündigt. Seine Kündigungsschutzklage blieb erfolglos. Seitdem war er nicht mehr erwerbstätig, bezog Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe. Seit dem 1. Januar 2005 ist er Empfänger von Arbeitslosengeld II.
Wegen anhaltender Arbeitsunfähigkeit holte die Krankenkasse des Klägers zunächst eine Stellungnahme des Hausarztes ein, welcher unter dem 8. November 1998 angab, bei dem Kläger liege eine zunehmende Depression bei schwerer psychischer Belastungssituation (fristlose Kündigung) und schwieriger Einstellung der Hypertonie vor. Daraufhin veranlasste die Krankenkasse eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Hamburg. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Sozialmedizin Dr. S. gelangte nach Begutachtung am 25. November 1998 in seinem schriftlichen Gutachten vom selben Tage zu der Einschätzung, dass bei dem Kläger eine reaktive Depression mit ausgeprägter Angstsymptomatik und ein ausgeprägtes Erschöpfungs¬syndrom bei anhaltender Konflikt- und Belastungssituation vorliege. Ein positives Leistungsbild sei nicht aufzeigbar. Die Erwerbsfähigkeit sei gefährdet. Ein psychosomatisch ausgerichtetes Heilverfahren sei medizinisch indiziert.
Daraufhin beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Gestalt von stationären medizinischen Leistungen wegen allgemeiner Erkrankungen. Der Ärztliche Dienst der Beklagten hielt die Durchführung eines Heilverfahrens nicht für sinnvoll, da bei dem Kläger zunächst eine Sprunggelenksoperation geplant sei und überdies der Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens abgewartet werden müsse. Erst anschließend könne geklärt werden, unter welcher Indikation dann ein Heilverfahren - falls noch erforderlich - durchgeführt werden sollte. Der daraufhin ergangene Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 3. Februar 1999 erlangte Bestandskraft.
Aufgrund einer Untersuchung am 28. Juni 1999 erstattete die Internistin Dr. C. vom Sozialärztlichen Dienst der Beklagten ein schriftliches Gutachten zur Beurteilung des Rehabilitationsbedarfs. Sie stellte noch anhaltende nervliche Störungen mit Durchschlafstörungen bei abklingender reaktiver Depression (ausgelöst durch berufliche Konfliktsituation), eine arterielle Hypertonie, überwiegend vegetativ bedingt, zurzeit unzureichend eingestellt, rezidivierende Rückenschmerzen mit ischialgieformen Beschwerden, zurzeit ohne wesentliche Symptomatik und ohne Funktionseinschränkung bei röntgenologisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen, ein geringes HWS-Schulter-Arm-Syndrom links bei geringen umschriebenen Veränderungen der Halswirbelsäule, eine kleine Zyste am Talus rechts ohne Symptomatik und ohne Funktionseinschränkung des Sprunggelenks, Übergewicht Grad I, eine Fettstoffwechselstörung und eine Hyperurikämie fest, hielt ein psychosomatisches Heilverfahren nicht für sinnvoll, ambulante psychiatrische Behandlung für ausreichend und den Versicherten für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Zeitdruck und Nachtschicht und ohne ständige Überkopfarbeiten vollschichtig leistungsfähig.
Mit Abhilfebescheid vom 28. Juni 2005 zuerkannte das Versorgungsamt Hamburg auf den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 19. April 2004 einen Grad der Behinderung von 100 sowie das Merkzeichen "G" (erhebliche Gehbehinderung). Hierbei berücksichtigte es die folgenden Gesundheitsstörungen:
1. Bluthochdruck, Herzleistungsminderung, Hirndurchblutungsstörung, Schwindel
2. Entzündliche/rheumatische Gelenkerkrankung, Hüftgelenksverschleiß, Be¬we-gungs¬einschränkung des linken Hüftgelenks, Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks, Bewegungseinschränkung des rechten Sprunggelenks
3. Entzündliche/rheumatische Gelenkerkrankung, schmerzhafte Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks, Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenks, Funktionsbehinderung beider Hände
4. Schmerzhafte Funktionseinschränkung der Wirbelsäule, Wirbelsäulen-verformung, Wirbelsäulenfehlstatik. Am 31. Oktober 2005 beantragte der Kläger die Gewährung von Erwerbsminderungsrente und verwies hierzu auf die sich aus dem Bescheid des Versorgungsamts ergebenen Gesundheitsstörungen.
Die Internistin/Rheumatologin Dr. B. gelangte in ihrem für die Beklagte aufgrund der Untersuchung vom 6. Dezember 2005 erstellten Gutachten zu der Einschätzung, dass dem Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten sechs Stunden täglich und mehr möglichst in wechselnder Körperhaltung, hauptsächlich im Sitzen und nicht im Knien und/oder in der Hocke bei gegebener Wegefähigkeit zuzumuten seien. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 2005 die Gewährung der begehrten Rente ab. Auch der Widerspruch des Klägers, zu dessen Begründung er angab, dass seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht ausreichend gewürdigt worden seien, zumal er zusätzlich zu den von der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid bereits berücksichtigten Erkrankungen noch unter einer Erkrankung der Hände, einer Bewegungseinschränkung der Schulter, starken Kopfschmerzen, Schmerzen in den Sprunggelenken, zunehmender Vergesslichkeit, Sehstörungen sowie unter den Nebenwirkungen von sieben verschiedenen Medikamenten leide und er auch von seinem Hausarzt bereits vor einem Herzinfarkt gewarnt worden sei, blieb erfolglos. Die Beklagte ließ die von dem Kläger überlassenen Röntgenaufnahmen der Hände, der Knie, des Sprunggelenks und der Schulter von ihrem Sozialmedizinischen Dienst auswerten. Dieser vertrat die Auffassung, dass sich hieraus keine neuen sozialmedizinischen Aspekte ergäben. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei nicht voll erwerbsgemindert, weil sein Leistungsvermögen nicht auf weniger als sechs Stunden eines vergleichbaren gesunden Versicherten gesunken sei. Als Hilfsarbeiter und Maschinenführer genieße er auch keinen Berufsschutz.
Daraufhin hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, seine Gehstrecke sei deutlich eingeschränkt. Dies ergebe sich aus dem Bescheid des Versorgungsamtes und hier namentlich aus dem ihm zuerkannten Merkzeichen "G". Darüber hinaus bestehe bei ihm eine Vielzahl von Einschränkungen.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte (Facharzt für Orthopädie Dr. D., Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M.) eingeholt und den Kläger internistisch durch Dr. W1, chirurgisch-orthopädisch durch Dr. T. und neurologisch/psychiatrisch durch Dr. N1 begutachten lassen. Alle Ärzte sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls leichte körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen verrichten könne und wegefähig sei. Zusätzlich hat Dr. N1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht auf den Hinweis des Klägers, dass er auch an einem Karpaltunnelsyndrom leide, erklärt, dass dieses Tätigkeiten mit leichten Belastungen des Handgelenks nicht einschränke. Auszuschließen seien nur Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Feinmotorik und stärkeren Belastungen des linken Handgelenks. Auf die schriftlichen Sachverständigengutachten des Dr. W1 vom 5. November 2008 (Bl. 68 ff. der Gerichtsakte), des Dr. T. vom 22. Dezember 2008 (Bl. 89 ff. der Gerichtsakte) und des Dr. N1 vom 17. April 2009 (Bl. 124 ff. der Gerichtsakte) sowie auf dessen zu Protokoll des Sozialgerichts erklärte Ergänzungen (Bl. 147 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.
Durch Urteil vom 11. Juni 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger könne ausweislich der eingeholten Gutachten bei erhaltener Wegefähigkeit noch vollschichtig leichte und einfache Tätigkeiten in überwiegend sitzender Körperhaltung verrichten. Die Entscheidung, auf die (Bl. 150 ff. der Gerichtsakte) ergänzend Bezug genommen wird, ist den Prozessbevollmächtigen des Klägers am 29. Juni 2009 zugestellt worden.
Mit seiner am 28. Juli 2009 eingelegten Berufung bringt der Kläger vor, das Sozialgericht habe die Leistungseinschränkungen des linken Handgelenks falsch gewürdigt. Nach der auf einer zwischenzeitlich durchgeführten MRT-Untersuchung vom 30. Juni 2009 beruhenden Einschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. W. liege eine Radiokarpalarthrose links und ein Verdacht auf rheumatoide Arthritis vor, die schwere Tätigkeiten ausschließe und leichte mit Wahrscheinlichkeit einschränke.
Zu dem ihr übersandten Befundbericht des Dr. W. hat der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten durch den Facharzt für Orthopädie R. ausgeführt, eine rheumatoide Arthritis sei nicht nachgewiesen. Die Radiokarpalarthrose bestehe im Wesentlichen aus einem Aufbrauchschaden des Diskus triangularis, einer meniskusartigen Struktur am kleinfingerseitigen Handgelenk. Im Übrigen sei eine Gebrauchsminderung des linken Handgelenks im fachchirurgischen Gutachten des Dr. T. bereits festgestellt und gewürdigt worden. Auch nervenärztlich sei sie bereits berücksichtigt worden. Neuere Erkenntnisse lägen demgemäß nicht vor. Für ein Karpaltunnelsyndrom gebe es nach Aktenlage kein klinisches Korrelat. Hierzu bedürfe es der Messung der Nervenleitgeschwindigkeit.
Daraufhin hat der Kläger angekündigt, einen Neurologen zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit aufsuchen zu wollen. Er hat den Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S1 vom 1. März 2010 vorgelegt, in dem es heißt, der Kläger sei am 3. Februar 2010 erschienen und habe eine eventuelle Messung der Nervenleitgeschwindigkeit des Karpaltunnels angesprochen, dann jedoch erklärt, keine neue Messung zu wollen, weil das so schmerzhaft sei. Dafür wolle er jetzt etwas gegen seine Depression. Weitergehende Befunde mit Blick auf ein Karpaltunnelsyndrom werden in dem Befundbericht nicht mitgeteilt.
Auf die Anhörung eines Arztes seines Vertrauens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Kläger gegenüber dem Gericht verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und auf die ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und im Übrigen zulässig, namentlich fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Dem Kläger steht eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) nicht zu. Die Vorschrift ist uneingeschränkt anzuwenden, weil der Eintritt der Erwerbsminderung erst für das Jahr 2005 geltend gemacht wird (§ 300 Abs. 1 und 2 SGB VI). Der Kläger ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Vielmehr kann er noch vollschichtig, d.h. mindestens sechs Stunden täglich, leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen verrichten und ist wegefähig. Dies ergeben sämtliche im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren durchgeführten medizinischen Begutachtungen auf dem internistischen, dem orthopädisch-chirurgischen und dem neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet. Die Zuerkennung eines Grades der Behinderung von 100 und des Merkzeichens "G" steht dem nicht entgegen, weil insoweit andere Maßstäbe gelten. Berufsschutz genießt der Kläger offenkundig nicht.
Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Sichtweise. Insoweit weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die geltend gemachten Funktionseinschränkungen des linken Handgelenks bereits in den vorgenommenen Leistungseinschätzungen Berücksichtigung gefunden haben. Für eine andere Bewertung der erhobenen Befunde besteht kein Anlass, zumal auch der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S1 weitere Funktionseinschränkungen im jüngsten Befundbericht nicht anführt und im Ergebnis bei seiner bereits im Jahre 2008 festgestellten Diagnose eines beidseitigen Karpaltunnelsyndroms bleibt. Dieses und namentlich die sich hieraus für das linke Handgelenk ergebenden Funktionseinschränkungen aber haben durchgängig Berücksichtigung im Rahmen der Leistungseinschätzung gefunden. Eine Verschlimmerung dieses Leidens macht der Kläger selbst nicht geltend. Eine solche ergibt sich auch nicht aus dem jüngsten Befundbericht. Ebenso wenig besteht danach Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts. Im Übrigen wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidung des Sozialgerichts Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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