L 7 B 3/08 SB

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 5 SB 115/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 B 3/08 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (nachfolgend: Kläger) wendet sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) in dem bereits abgeschlossenen Rechtsstreit S 5 SB 115/07.

Der am ... 1987 geborene Kläger beantragte am 22. September 2006 bei dem Beklagten die Feststellung von Behinderungen aufgrund einer Psoriasis (Schuppenflechte) am Kopf, einer Fleischwunde im Nackenbereich, einer Herzmuskelverdickung und Bluthochdruck. Er übersandte Arztbriefe der P., in denen über eine Behandlung wegen eines Nackenkarbunkels (Eiterbeule) bis zum 7. Mai 2004 berichtet worden war. Außerdem überreichte er medizinische Unterlagen aus dem Bundeswehrkrankenhaus B. Im Arztbrief vom 10. Juli 2006 wurde über auffällig hohe Blutdruckwerte bei einer Blutspende berichtet. Bei der ambulanten Behandlung habe der Blutdruck 130/70 mmHg betragen. Eine am 25. Juli 2006 durchgeführte Ergometrie wurde bei 200 Watt wegen physischer Erschöpfung abgebrochen. Eine Bluthochdruckerkrankung wurde ausgeschlossen und ein Trainingsmangel des Klägers festgestellt. Auch das Elektrokardiogramm hatte einen Normalbefund gezeigt. Bei einer am 26. Juli 2006 durchgeführten Echokardiografie hatten sich grenzwertige, aber noch im Normbereich befindende Herzwände und unauffällige Herzhöhlen und Herzklappen gezeigt. Die systolische und diastolische linksventrikuläre Funktion war uneingeschränkt gewesen. Ferner übersandte der Kläger einen Bescheid des Kreiswehrersatzamts M. vom 13. September 2006 über den Ausschluss seiner Wehrdienstfähigkeit.

Des Weitern zog der Beklagte das Gutachten der Agentur für Arbeit W. vom 28. September 2006 bei. Dipl.-Med. S. hatte darin eine Sehschwäche in Nähe und Ferne beidseits (jeweils unkorrigiert Nah-Visus rechts/links 0,6; Fern-Visus rechts 0,5/links 0,3), Übergewicht sowie eine Schuppenflechte des behaarten Kopfes (Bereich der Stirn-Haar-Grenze) festgestellt. Der Blutdruck habe 135/90 mmHg betragen. Die verordnete Lesebrille habe zur Untersuchung nicht vorgelegen. Aufgrund der Schuppenflechte bestünden zurzeit keine Einschränkungen, der Körper und die Hände seien frei gewesen. Wegen der von Kläger angegeben Mathe- und Lese-Rechtschreibschwäche hatte Dipl.-Med. S. die Durchführung einer psychologischen Begutachtung empfohlen.

Der Beklagte holte außerdem den Befundschein des Facharztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Phlebologen Dr. J. vom 11. Dezember 2006 ein. Danach habe sich am 24. August 2006 auf dem behaarten Kopf eine sehr ausgeprägte fest haftende Schuppung gezeigt sowie im Bereich vom Gesicht und Rücken eine relativ stark ausgeprägte Akne. Am 23. November 2006 habe nach der Therapie der Schuppenflechte eine Besserung im Bereich des Kopfes vorgelegen. Es habe noch eine leichte Schuppung sowie eine mäßige Rötung bestanden. Auch die Aknetherapie habe den Hautzustand verbessert.

Der beteiligte ärztliche Dienst des Beklagten bewertete daraufhin die Schuppenflechte mit einem Grad der Behinderung von 10. Weitere Behinderungen seien nicht feststellbar. Dem folgend lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27. März 2007 die Feststellung einer Behinderung ab. Dagegen erhob der Kläger am 12. April 2007 Widerspruch. Er führte aus, neue Befunde seien nicht vorhanden. Da er aus finanziellen Gründen keine erstellen lassen könne, bitte er um eine gutachtliche Untersuchung. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2007 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Eine erneute Befundanforderung sei entbehrlich, weil der Gesundheitszustand durch die eingeholten Befundunterlagen ausreichend geklärt sei.

Dagegen hat der Kläger am 18. September 2007 Klage beim Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau erhoben und angegeben, der ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit W. behandele ihn wegen aller bestehenden Leiden. Außerdem seien medizinische Unterlagen im Bundeswehrkrankenhaus B., im Kreiswehrersatzamt M. und beim Truppenarzt K. vorhanden.

Das SG hat am 24. Oktober 2007 weitere Ermittlungen veranlasst. Die Agentur für Arbeit W. hat am 14. November 2007 bereits bekannte medizinischen Unterlagen übersandt. Das Institut für Wehrmedizinalstatistik und Berichtswesen A. hat am 24. Januar 2008 einen Bericht des Stabsarztes K. vom 27. Juli 2006 übersandt, wonach der Kläger wegen einer Linksherzhypertrophie als nicht wehrdienstfähig eingestuft worden war.

Am 24. Oktober hat ein Prozessbevollmächtigter des Klägers die Vertretung angezeigt und am 19. November 2007 für den Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 13. November 2007 beantragt. Darin hat er angegeben, er erhalte Kindergeld, Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) sowie Ausbildungsgeld zur Teilhabe am Arbeitsleben. Außerdem besitze er ein Bankkonto. Als Nachweis hat er lediglich den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 5. September 2007 über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bis zum 29. August 2009 beigelegt. Nach Aufforderung des SG hat der Kläger am 7. März 2008 (Änderungsbescheid für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 13. Februar 2008, Kontoauszüge), 1. April 2008 (Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Eltern, Änderungsbescheid vom 13. Februar 2008 nebst Berechnungsbogen) und 14. Mai 2008 (Mietvertrag, Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2006) weitere Unterlagen übersandt.

Mit Beschluss vom 23. Mai 2008 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Der Grad der Behinderung sei mit weniger als 20 zu bewerten. Die Schuppenflechte am Kopf bedinge einen Grad der Behinderung von 10. Der Bluthochdruck und die Veränderungen des Herzmuskels rechtfertigten keinen Behinderungsgrad, da keine Funktionsbeeinträchtigungen vorlägen. Eine fahrradergometrische Belastung sei bis 200 Watt ohne Hinweis auf eine Belastungskoronarinsuffizienz möglich gewesen.

Mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 26. Mai 2008 hat das SG die Klage abgewiesen.

Gegen den am 28. Mai 2008 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 19. Juni 2008 Beschwerde erhoben und zur Begründung auf seine finanziellen Verhältnisse hingewiesen.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Dessau-Roßlau vom 23. Mai 2008 ist nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Die Beschwerde ist aber nicht begründet.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) setzt nach § 73 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 S. 1 Zivilprozessordung (ZPO) voraus, dass der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten des Rechtsstreites ganz, teilweise oder nur in Raten zu tragen und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Nach der in der Rechtsprechung und Literatur vorherrschenden Meinung hat ein Rechtsschutzbegehren nur dann im Sinne des § 114 ZPO hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt, wenn der entscheidungserhebliche Sachverhalt unübersichtlich ist oder weiterer Klärung bedarf und das Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält sowie in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Umgekehrt kann die Erfolgsaussicht verneint werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/98 - BVerfGE 81, 347, 356 ff.; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 73 a Rn. 7a, jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) eine weitgehende Angleichung der Situation von bemittelten und unbemittelten Rechtsuchenden bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 9/124 [130 f.] ständige Rechtsprechung). Zwar ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von PKH davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der PKH zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nämlich nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81,347 [357]). Es läuft dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, wenn der unbemittelten Partei wegen Fehlens der Erfolgsaussichten seines Rechtsschutzbegehrens PKH verweigert wird, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Klägers ausgehen würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2002 – 1 BvR 1450/00, NJW–RR 2002, S. 1069). Eine Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeverfahren ist nur in eng begrenztem Rahmen zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 1997 –1 BvR 296/94, NJW 1997, S. 2745 [2746]). Andernfalls überspannt das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und verfehlt so den Zweck der PKH, der unbemittelten Partei den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 81, 347 [358]).

Nach diesem Maßstab hatte die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Eine Erfolgsaussicht lässt sich nicht schon begründen, weil das SG im Oktober 2007 eine weitere Sachaufklärung veranlasst hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger noch nicht einmal einen PKH-Antrag gestellt. Erst nachdem die gerichtlichen Ermittlungen mit Eingang der Unterlagen vom Institut für Wehrmedizinalstatistik und Berichtswesen A. am 24. Januar 2008 abgeschlossen waren, war der zwischenzeitlich eingereichte PKH-Antrag entscheidungsreif. Denn die für die Bewilligung des PKH-Antrags notwendigen Belege hat der Kläger erst nach mehrfachen gerichtlichen Aufforderungen am 7. März, 1. April und 14. Mai 2008 eingereicht. Ab 24. Januar 2008 hat sich dem Vortrag des Klägers und den von ihm zur Verfügung gestellten Beweismitteln aber nicht einmal eine entfernte Erfolgsaussicht für die Feststellung eines Behinderungsgrades begründen lassen. Insbesondere waren zu diesem Zeitpunkt auch keine weiteren Ansätze für Ermittlungen erkennbar.

Für das Begehren des Klägers waren die Bestimmungen des am 1. Juli 2001 in Kraft getretenen Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046) anzuwenden. Die nachfolgenden Änderungen des SGB IX, insbesondere die des § 69 durch das Gesetz vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) sowie das Gesetz vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) haben keine Auswirkungen.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Diese Vorschriften knüpfen materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX in der Satzzählung der am 28. April 2004 in Kraft getretenen Neufassung durch das Gesetz vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX n.F. gelten für den Grad der Behinderung die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Danach ist der Grad der Behinderung nach der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen, wobei seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen sind. Wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen – bzw. Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft – vorliegen, wird nach Absatz 3 Satz 1 des § 69 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehung festgestellt.

Als Grundlage für die Beurteilung der nach diesen Bestimmungen erheblichen medizinischen Sachverhalte dienten der Praxis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den PKH-Antrag die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz", deren Ausgabe von 1996 vom damaligen Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung herausgegeben wurde. Unter dem Titel "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" wurden 2004 und 2008 eine nur in Einzelheiten geänderte neue Ausgabe herausgegeben. Die Änderungen wirken sich auf den vorliegenden Fall nicht aus. Daher wird im Folgenden nur auf die Ausgabe 2008 Bezug genommen.

Der hier streitigen Bemessung des Grades der Behinderung (GdB) war die GdB/MdE-Tabelle der Anhaltspunkte (Nr. 26) zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zur Tabelle in Nr. 26.1 (S. 37) sind die dort genannten GdB/MdE-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Nr. 18 Abs. 4 genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Nr. 26 Abschnitt 1).

Nach diesem Maßstab kann für die Funktionseinschränkungen des Klägers kein Grad der Behinderung von 20 festgestellt werden.

Der Kläger leidet an einer Schuppenflechte, die einen Grad der Behinderung von 10 für das Funktionssystem Haut rechtfertigt. Nach Nr. 26.17 (S. 109) der Anhaltspunkte ist bei einer auf Prädilektionsstellen (bevorzugte Stellen) beschränkten Psoriasis vulgaris ein Grad der Behinderung von 0 bis 10, bei einer ausgedehnten Schuppenflechte von 20 festzustellen. Dipl.-Med. S. konnte lediglich im Bereich der Stirn-Haar-Grenze eine Schuppenflechte feststellen. Der Körper und die Hände waren frei, sodass auch Funktionseinschränkungen aufgrund der Schuppenflechte ausgeschlossen werden konnten. Mit diesen Feststellungen übereinstimmend hat auch der behandelnde Hautarzt Dr. J. lediglich eine Schuppenflechte auf dem Kopf feststellen können. Nach der von ihm durchgeführten Therapie hatten nur noch eine leichte Schuppung sowie eine mäßige Rötung vorgelegen. Da auch die weiteren medizinischen Unterlagen keine ausgedehnte Schuppenflechte nachweisen, ist die Feststellung des Beklagten, dafür einen Grad der Behinderung von 10 anzunehmen, nicht zu beanstanden. Die von Dr. J. beschriebene Akne erhöht den Behinderungsgrad von 10 nicht weiter, zumal sich diese nach der Therapie auch verbessert hatte. Bei einer Akne vulgaris leichten bis mittleren Grades ist nach Nr. 26.17 (S. 108) ein Bewertungsrahmen von 0 bis 10 vorgesehen. Die für die Bewertung mit 20 bis 30 erforderliche Abzess- und Knotenbildung mit einer entsprechenden erheblichen kosmetischen Beeinträchtigung ist weder durch Dr. J. noch in den anderen medizinischen Unterlagen beschrieben worden.

Weitere Funktionseinschränkungen mit einem nach den Anhaltspunkten messbaren Behinderungsgrad liegen nicht vor.

Insbesondere liegt beim Kläger keine Herz-Kreislauferkrankung vor, die eine Feststellung eines Behinderungsgrads für diesen Funktionssystem rechtfertigt. Zwar wurde bei einer Blutspende ein erhöhter Blutdruck festgestellt, die weitergehende Diagnostik konnte aber eine Bluthochdruckerkrankung sowie eine Herzerkrankung des Klägers ausschließen. Die von Stabsarzt K. diagnostizierte Linksherzhypertrophie findet in den vorliegenden Unterlagen keine Bestätigung. Das am 25. Juli 2006 veranlasste Elektrokardiogramm hat einen Normalbefund dokumentiert. Bei der am 26. Juli 2006 durchgeführten Echokardiografie haben sich zwar grenzwertige, aber noch im Normbereich befindende Herzwände sowie unauffällige Herzhöhlen und Herzklappen gezeigt. Eine Linksherzhypertrophie konnte somit nicht nachgewiesen werden. Auch eine funktionelle Leistungseinbuße aufgrund des grenzwertig vergrößerten Ventrikels konnte ausgeschlossen werden, denn die systolische und diastolische linksventrikuläre Funktion waren uneingeschränkt gewesen. Zudem konnte der Kläger einen Ergometriebelastungstest bis 200 Watt absolvieren, sodass keinerlei Anhaltspunkte für eine Funktionseinschränkung aus dem Funktionssystem Herz-Kreislauf vorliegen.

Auch für eine Sehbehinderung des Klägers kann kein Behinderungsgrad angesetzt werden. Zwar hat Dipl.-Med. S. eine Sehschwäche in Nähe und Ferne beidseits (Nah-Visus unkorrigiert rechts 0,6/links 0,6; Fern-Visus unkorrigiert rechts 0,5/links 0,3) festgestellt. Doch hat der Kläger die ihm verordnete Lesebrille zur Untersuchung nicht mitgebracht, sodass der maßgebliche Zustand nach Korrektur nicht dokumentiert werden konnte. Im Übrigen hat der Kläger weder selbst eine Sehminderung jemals erwähnt noch hat er auf eine augenärztliche Behandlung verwiesen. Doch selbst wenn sich durch die Brille die Sehfähigkeit nicht wesentlich ändern würde, kann nach Nr. 26.4 (S. 52) der Anhaltspunkte kein Einzelbehinderungsgrad von 20 festgestellt werden. Dieser wäre aber Voraussetzung, denn selbst ein unterstellter Einzelbehinderungsgrad von 10 für die Sehbehinderung kann in Verbindung mit einem Behinderungsgrad von 10 aus dem Funktionssystem Haut nicht zur Feststellung eines Behinderungsgrades von 20 führen. Nach Nr. 19 Abschnitt 4 (S. 26) führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Grad der Behinderung von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbehinderung.

Eine psychische Behinderung des Klägers lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Zwar wurde im arbeitsamtsärztlichen Gutachten aufgrund der vom Kläger selbst angegebenen Mathematik- und Lese-Rechtschreib-Schwäche die Durchführung einer psychologischen Begutachtung empfohlen. Offenbar wurde eine solche aber nicht durchgeführt. Nach den vom Kläger im laufenden Verfahren eingereichten Schriftsätzen, die sich nicht wesentlich von den Schriftsätzen anderer Kläger unterscheiden, kann aber allenfalls zu seinen Gunsten eine leichte Einschränkung unterstellt werden, die maximal mit einem Grad der Behinderung von 0 bis 10 (Nr. 26.3, S. 45 der Anhaltspunkte) zu bewerten ist. Nach den bereits dargestellten Grundsätzen hat ein solcher Behinderungsgrad aber keinen Einfluss auf den Gesamtgrad der Behinderung.

Aufgrund der von Dipl.-Med. S. festgestellten Adipositas sind Begleit- und Folgeschäden nicht erkennbar, sodass auch für diese Erkrankung kein Behinderungsgrad festgestellt werden kann (vgl. dazu Nr. 26.15, S. 99 der Anhaltspunkte). Schließlich rechtfertigt auch die Nackennarbe keinen Behinderungsgrad. Denn von dieser gehen weder Störungen aus noch ist aufgrund der Lage im Nackenbereich von einer entstellenden Wirkung auszugehen (zu diesen Kriterien Nr. 26.17, S. 107 der Anhaltspunkte).

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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