L 9 R 3935/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 876/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3935/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 20. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1982 geborene Klägerin, eine türkische Staatsangehörige und Mutter eines im Oktober 2004 geborenen Kindes, hat die Schule bis zur neunten Klasse besucht und ein Jahr lang eine Berufsvorbereitung durchlaufen. Einen Beruf hat sie nicht erlernt. Von Juni bis Oktober 1999 war sie geringfügig versicherungsfrei und vom 12.2. bis 22.3.2001 versicherungspflichtig beschäftigt. Weitere Beschäftigungszeiten weist die Klägerin ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 4.12.2009 nicht auf. Seit Januar 2005 bezieht sie Arbeitslosengeld II.

Im Oktober 2009 beantragte die Klägerin - wegen einer seit 1995 bestehenden Epilepsie - die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen, u. a. über stationäre Behandlungen in der Klinik W. im Jahr 2008, ließ die Beklagte die Klägerin von Dr. R., Oberarzt der Abteilung für Neurologie W., begutachten. Dieser stellte bei der Klägerin im Gutachten vom November 2009 eine fokale Epilepsie (mit komplex-fokalen und generalisierten tonisch-klonischen Anfällen), ein Halswirbelsäulen-Syndrom (HWS-Syndrom) und eine Hypothyreose fest. Er führte aus, bei der Klägerin sei ein zerebrales Anfallsleiden gesichert. Auch nach einer stationären Medikamentenumstellung sei sie nicht anfallsfrei. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne die Klägerin sechs Stunden und mehr verrichten. Aufgrund des Anfallsleiden seien Tätigkeiten zu vermeiden, bei denen die Klägerin bei Auftreten einer Bewusstseinstrübung sich oder andere gefährden könnte. Nicht mehr zumutbar seien deswegen Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, an ungesicherten Maschinen sowie das Führen eines Kraftfahrzeugs. Auszuschließen seien auch Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und die Verantwortung. Wegen des Wirbelsäulensyndroms seien schwere körperliche Tätigkeiten sowie Arbeiten mit Zwangshaltungen nicht mehr zumutbar.

Mit Bescheid vom 4.12.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente ab, weil die erforderliche Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt sei. Außerdem bestehe weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.3.2010.

Hiergegen hat die Klägerin am 14.4.2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben, mit der sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiterverfolgt hat. Sie hat ihren Schwerbehindertenausweis (GdB von 50 seit 4.7.2008) vorgelegt.

Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Neurologe Dr. K. und der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. S. haben in den sachverständigen Zeugenaussagen vom Juni 2010 erklärt, sie stimmten der Beurteilung des Leistungsvermögens im Gutachten von Dr. R. zu.

Mit Gerichtsbescheid vom 20.7.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente, insbesondere die Wartezeit, erfüllt seien, da die Klägerin zumindest nicht erwerbsgemindert sei. Dies ergebe sich zur Überzeugung des SG aus dem Gutachten von Dr. R. sowie den Aussagen der behandelnden Ärzte der Klägerin. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen den am 23.7.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19.8.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, aufgrund ihrer Krankheiten sei sie außer Stande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 20. Juli 2010 sowie den Bescheid vom 4. Dezember 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.

Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch nach der sozialmedizinischen Literatur eine Epilepsie bzw. ein Anfallsleiden in der Regel nicht zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führt (Deutsche Rentenversicherung, Leitlinien für die sozialmedizinische Begutachtung, Sozialmedizinische Beurteilung bei neurologischen Krankheiten, Juli 2010, S. 76 im Internet unter www.deutsche-rentenversicherung.de). Damit stimmt die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin durch den Gutachter Dr. R. überein, der sich auch die behandelnden Ärzte der Klägerin, der Neurologe Dr. K. und der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. S., angeschlossen haben.

Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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