Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 3633/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 5934/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 18. November 2010 abgeändert.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 um EUR 155,27, vom 1. Juli bis 31. Dezember 2009 um EUR 160,49 sowie vom 1. Januar bis 30. Juni 2010 um EUR 164,57 monatlich höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die Hälfte deren außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren ab dem 3. Januar 2011 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung unter Beiordnung von Rechtsanwältin Dr. B., H., bewilligt.
Gründe:
Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin hat im Umfang des Beschlussausspruchs Erfolg.
Vorliegend wendet sich die Antragstellerin in einem Zugunstenverfahren nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gegen die Höhe der ihr gewährten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der rückständigen Beitragsanteile zu ihrer privaten Kranken- und Pflegeversicherung zzgl. vom Versicherungsunternehmen geforderter Säumniszuschläge und Beitreibungskosten für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2010.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -). Beides sind gleichberechtigte Voraussetzungen, die ein bewegliches System darstellen: Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt. Völlig entfallen darf hingegen keine der beiden. Dementsprechend sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind dann in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 4. April 2008 - L 7 AS 5626/07 ER-B - und vom 11. Juni 2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B - (beide juris)).
Der beim Sozialgericht Mannheim (SG) gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erweist sich nur hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung als statthaft. Der Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass der den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2010 regelnde Bescheid vom 29. September 2009 sowie die zu diesem Zeitraum ergangenen Änderungsbescheide vom 16. Dezember 2009, 11. Februar, 16. März und 17. Juni 2010 mangels hiergegen eingelegten Widerspruches bestandskräftig geworden sind (§ 77 SGG). Mit diesen Bescheiden hatte die Antragsgegnerin die Höhe der monatlichen Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen im genannten Zeitraum festgesetzt. Die Bestandskraft dieser Bescheide führt auch nicht dazu, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung etwa mangels streitigen Rechtsverhältnisses oder mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig angesehen werden müsste. Mit Rücksicht auf die eingetretene Bestandskraft steht zwar zunächst zwischen den Beteiligten bindend fest, dass der Antragstellerin keine höheren monatlichen Grundsicherungsleistungen zustehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie sich nicht mit Erfolg auf ein der vorläufigen Regelung fähiges Recht berufen könnte. Es darf hier nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Antragstellerin bereits am 7. Juni 2010 bei der Antragsgegnerin den Antrag auf Überprüfung aller Leistungsbescheide seit 1. Januar 2009 nach § 44 SGB X beantragt und die Übernahme des um die Hälfte gekürzten Krankenversicherungsbeitrags im Basistarif in voller Höhe beantragt hatte. Gegen den diesen Antrag ablehnenden Bescheid vom 8. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2010 hat die Antragstellerin am 11. Oktober 2010 Klage beim SG erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Auch im Rahmen der hier von der Antragstellerin begehrten Überprüfung bestandskräftiger Bescheide nach § 44 SGB X ist die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes möglich (Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2010 - L 7 AS 4197/10 ER-B - (juris); vgl. a. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. Mai 2000 - L 10 LW 1258/00 ER-B - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 11. April 2006 - L 7 AS 83/04 ER - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 472/07 ER - ; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2008 - L 2 B 96/07 AS ER - ; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2009 - L 25 AS 770/09 B ER - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 25. Januar 2010 - L 11 AS 796/09 B ER - (alle juris); Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 29c).
Anderes gilt hingegen für das Begehren auf noch höhere Grundsicherungsleistungen unter weiterer Berücksichtigung der tatsächlichen Beiträge zur privaten Pflegeversicherung. Denn hierauf hat sich der Antrag vom 7. Juni 2010 nach dem Wortlaut und erkennbaren Begehren nicht erstreckt. Entsprechend wurde im Bescheid vom 8. Juni 2010 und im Widerspruchsbescheid vom 9. September 2010 nur zur Höhe der Leistungen unter Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge entschieden, zumal sich auch der Widerspruch nur hierzu einließ. Selbst wenn man davon ausginge, dass Antrag und Bescheide auch die Pflegeversicherungsbeiträge umfassten, wäre eine solche Regelung mittlerweile wiederum bestandskräftig geworden. Denn mit der gegen diese Bescheide am 11. Oktober 2010 erhobenen Klage wurde ausdrücklich nur eine höhere Leistung unter Berücksichtigung von höheren Krankenversicherungsbeiträgen begehrt. Das Begehren hinsichtlich der Pflegeversicherungsbeiträge wurde erst in einer Klageerweiterung am 8. November 2010 und somit außerhalb der Klagefrist geltend gemacht. Der Statthaftigkeit des Antrages im einstweiligen Rechtsschutzverfahren stehen daher insoweit die bestandskräftigen Regelungen entgegen, so dass ein der vorläufigen Regelung zugängliches streitiges Rechtsverhältnis in diesem Umfange nicht besteht.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze ist der für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erforderliche Anordnungsanspruch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange gegeben. Die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 29. September 2009 und den folgenden Änderungsbescheiden bei der Leistungsbewilligung Krankenversicherungsbeiträge nur i.H.v. monatlich EUR 129,54 (für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2009), EUR 124,32 (1. Juli bis 31. Dezember 2009) sowie EUR 126,05 (1. Januar bis 30. Juni 2010) berücksichtigt. Richtigerweise hätte sie Beiträge der Antragstellerin i.H.d. um die Hälfte gekürzten Krankenversicherungsbeitrags im Basistarif berücksichtigen müssen: im Jahr 2009 EUR 284,81, ab 1. Januar 2010 EUR 290,62 monatlich. Diese Beiträge enthalten keine bei Versicherungen im Basistarif unzulässigen Risikozuschläge. Zwar weist der vorgelegte Versicherungsschein unter dem Kennzeichen (R) einen Risikozuschlag aus; dieser wird jedoch vor der Berechnung des Beitrages durch die Position (Y) wieder beseitigt, die gerade auch den nicht zu zahlenden Risikozuschlag berücksichtigt. Die Angabe eines Risikozuschlages im Versicherungsschein hat daher - in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Regelungen - nur Bedeutung für einen eventuellen Tarifwechsel der Antragstellerin. Der Bescheid vom 29. September 2009 sowie alle zum selben Bewilligungszeitraum ergangenen Änderungsbescheide dürften sich somit als (teilweise) rechtswidrig erweisen und sind daher aller Voraussicht nach - ungeachtet ihrer Bestandskraft - im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X von der Antragsgegnerin zurückzunehmen.
Der Anspruch auf Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge ergibt sich für die 1933 geborene Antragstellerin aus § 19 Abs. 2 i.V.m. §§ 41, 42 Satz 1 Nr. 4 und § 32 Abs. 5 SGB XII. Die Antragstellerin erfüllt die Voraussetzungen der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, insbesondere ist sie hilfebedürftig. Denn ihrem sozialhilferechtlichen Bedarf ohne Berücksichtigung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (Regelsatz i.H.v. monatlich EUR 351,00 bis 30. Juni 2009, danach monatlich EUR 359,00 sowie Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. monatlich EUR 390,87) steht nur ein monatliches Renteneinkommen i.H.v. EUR 137,65 bzw. EUR 140,57 ab 1. Juli 2009 gegenüber. Über einzusetzendes Vermögen verfügt sie nicht. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter umfassen neben dem Regelsatz und den Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 42 Satz 1 Nr. 4 SGB XII auch die Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen entsprechend § 32 SGB XII. Gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII werden auch die Aufwendungen für eine private Krankenversicherung übernommen, soweit sie angemessen sind. Da die Verpflichtung zur Zahlung der Prämien zur privaten Krankenversicherung nach dem Basistarif und damit auch die streitigen Rückstände erst nach dem anspruchsauslösenden Antrag auf Grundsicherungsleistungen entstanden sind, handelt es sich nicht um Schulden, sondern um laufende Bedarfslagen. Der vorliegend verfolgte Anspruch ist daher nicht an den Voraussetzungen einer Schuldenübernahme nach § 34 SGB XII zu messen.
Der Senat kann offenlassen, ob die Antragstellerin ab dem 1. Januar 2009 tatsächlich der Pflicht zum Abschluss einer Krankheitskostenversicherung nach § 193 Abs. 3 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) unterlag, wovon offenbar die Antragsgegnerin ausging, die den Abschluss eines solchen privaten Krankenversicherungsvertrages betrieben hat. Diese Pflicht besteht nämlich nicht u.a. für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat (§ 193 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 VVG). Die Antragstellerin hat hingegen, soweit den vorliegenden Akten zu entnehmen ist, seit Inkrafttreten des SGB XII zum 1. Januar 2005 Grundsicherungsleistungen nach dessen Vierten Kapitel bezogen. Eine Krankenversicherungspflicht dürfte daher nicht bestanden haben. § 32 Abs. 5 SGB XII setzt jedoch nicht voraus, dass die Krankenversicherung, deren Beiträge übernommen werden sollen, aufgrund einer gesetzlichen Krankenversicherungspflicht abgeschlossen wurde. Der Antragstellerin kann auch nicht entgegengehalten werden, sie sei nach dem Selbsthilfegrundsatz verpflichtet, zur Kostensenkung den Versicherungsvertrag zu beenden, da keine Versicherungspflicht bestehe. Ohne den abgeschlossenen Versicherungsvertrag obläge es gerade der Antragsgegnerin, Kosten der Krankenbehandlung nach § 48 SGB XII oder im Wege des § 264 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) durch Auftrag an die gesetzliche Krankenkasse zu übernehmen. Eine Versicherungspflicht der Antragstellerin in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht jedenfalls nicht. Sie unterfällt keinem der Versicherungspflichttatbestände des § 5 Abs. 1 SGB V, insbesondere nicht dessen Nr. 13. Denn dieser gilt nach § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V für den o.g. Personenkreis des § 193 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 VVG ebenfalls nicht. Des Weiteren fehlt es jedenfalls an einem der in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V genannten Anknüpfungspunkte, die eine Zuordnung der Antragstellerin zur gesetzlichen Krankenversicherung erlaubte. Insbesondere war sie, soweit den vorliegenden Akten entnommen werden kann, nicht zuletzt gesetzlich krankenversichert. Die über die gesetzliche Krankenkasse - hier AOK Baden-Württemberg - erfolgte Leistungsgewährung erfolgte nur im Rahmen des § 264 SGB V im Auftrag und auf Kosten des Sozialhilfeträgers. Trotz der ihr ausgehändigten "Versichertenkarte" war die Antragstellerin nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse, sondern wurde nur hinsichtlich der Leistungsgewährung entsprechend behandelt. Da somit eine vorrangige Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht besteht und das Gesetz in § 32 Abs. 5 SGB XII eine - nicht pflichtige - Krankenversicherung in angemessenem Umfang als Bedarfslage anerkennt, hat der Senat die getroffene vertragliche Regelung mit dem Versicherungsunternehmen zugrundezulegen.
Bei dem Begriff der Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich voll nachprüfbar ist. Dabei ist § 32 Abs. 5 SGB XII vor dem Hintergrund zu sehen, dass durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG)) vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) seit dem 1. Januar 2009 für alle Einwohner Deutschlands eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung begründet worden ist. Damit wird der Zweck verfolgt, durch gesetzliche und private Krankenversicherung als jeweils eigene Säule für die ihnen zugewiesenen Personenkreise einen dauerhaften und ausreichenden Versicherungsschutz gegen das Risiko der Krankheit auch in sozialen Bedarfssituationen sicherzustellen. Hierzu wurden zahlreiche Vorschriften des SGB V, des VVG und des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sowie der Kalkulationsverordnung geändert (vgl. BVerfGE 123, 186 Rdnr. 13). Danach besteht für alle Personen, die weder gesetzlich krankenversichert sind noch einem dritten Sicherungssystem angehören, eine Pflicht zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung einer Krankheitskostenversicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen (§ 193 Abs. 3 VVG). § 12 VAG enthält Regelungen über die substitutive Krankenversicherung, also die Krankenversicherung, die ganz oder teilweise den im gesetzlichen Sozialversicherungssystem vorgesehenen Kranken- oder Pflegeversicherungsschutz ersetzen kann. Gemäß § 12 Abs. 1a VAG haben Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland, die die substitutive Krankenversicherung betreiben, einen branchenweit einheitlichen Basistarif anzubieten, dessen Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Dritten Kapitel des SGB V, auf die ein Anspruch besteht, jeweils vergleichbar sind. Der Beitrag für diesen Basistarif darf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen (§ 12 Abs. 1c Satz 1 Halbsatz 1 VAG). Sozialhilfeempfänger betreffende Regelungen enthalten § 12 Abs. 1c Sätze 4 bis 6 VAG. Danach gilt: Entsteht allein durch die Zahlung des Beitrags Hilfebedürftigkeit i.S. des SGB XII, vermindert sich der Beitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte (§ 12 Abs. 1c Satz 4 VAG). Besteht auch bei einem verminderten Beitrag Hilfebedürftigkeit i.S. des SGB XII, beteiligt sich der zuständige Träger nach dem SGB XII auf Antrag des Versicherten im erforderlichen Umfang, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden wird (§ 12 Abs. 1c Satz 5 VAG). Besteht unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags Hilfebedürftigkeit, gilt Satz 4 entsprechend; der zuständige Träger zahlt den Betrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist (§ 12 Abs. 1c Satz 6 VAG).
Bei der Antragstellerin besteht, wie dargelegt, bereits unabhängig von den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung Hilfebedürftigkeit. Damit liegt ein Fall des § 12 Abs. 1c Satz 6 Halbsatz 1 VAG vor. Für diese Fallkonstellation ist umstritten, ob im Rahmen des § 32 Abs. 5 SGB XII der verminderte Beitrag im Basistarif im Sinne von § 12 Abs. 1c Satz 4 VAG als angemessen im Sinne von § 32 Abs. 5 SGB XII anzusehen ist, oder ob sich - wovon die Antragsgegnerin ausgeht - aus der Regelung des § 12 Abs. 1c Satz 6 Halbsatz 2 VAG ergibt, dass nur der - nochmals geringere - Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag als angemessen anzusehen ist, der für Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung zu tragen wäre, wodurch sich für Hilfebedürftige eine Finanzierungslücke ergäbe.
Der Senat hat bereits entschieden, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit in § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht unter Rückgriff auf die in § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG getroffene Regelung ausgefüllt werden kann, weil dies nicht der gesetzgeberischen Intention entspricht und zu unauflösbaren Wertungswidersprüchen führen würde (Senatsbeschlüsse vom 8. Juli 2009 - L 7 SO 2453/09 ER-B - und 23. September 2010 - L 7 SO 2430/10 ER-B - (beide juris); vgl. auch LSG Baden-Württemberg FEVS 61, 183; Hessisches LSG, Beschluss vom 14. Dezember 2009 - L 7 SO 165/09 B - (juris); zustimmend Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 32 Rdnr. 14; ebenso in Bezug auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II): LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. September 2009 - L 3 AS 3934/09 ER-B - (juris); LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - L 15 AS 1048/09 B ER - ZFSH/SGB 2010, 107; offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen, NDV-RD 2009, 145; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. März 2010 - L 13 AS 919/10 ER-B - (juris)). Das Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Träger der Sozialhilfe wird grundsätzlich im SGB XII geregelt; Ansprüche bestimmen sich danach (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch). § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG findet im SGB XII keine ausdrückliche Erwähnung. Die Vorschrift ist im Übrigen auch nach ihrem Sinn und Zweck nicht auf das Sozialhilfeleistungsverhältnis anwendbar. Das VAG verfolgt grundsätzlich einen anderen Zweck als die Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen Beziehern von Sozialleistungen und den Sozialleistungsbehörden, nämlich die staatliche Aufsicht über die privaten Versicherungsunternehmen, die nicht Träger der Sozialversicherung sind (§ 1 VAG). In § 12 VAG ist geregelt, wie ein privates Versicherungsunternehmen substitutive (ganz oder teilweise den im gesetzlichen Sozialversicherungssystem vorgesehenen Kranken- oder Pflegeversicherungsschutz ersetzende) Krankenversicherung betreiben kann. Das auch im Basistarif privatrechtliche Leistungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsgeber (vgl. BVerfG, a.a.O., Rdnr. 156) ist in Ausgestaltung des § 12 VAG im VVG geregelt (vgl. § 1 VVG), das in § 193 Abs. 5 VVG darauf Bezug nimmt. Auch dem Wortlaut nach handelt es sich in § 12 Abs. 1c Satz 6, 2. Halbsatz VAG eher um eine Zahlungsanweisung, die sich nur auf das Verhältnis zwischen Sozialleistungsträger und Krankenversicherungsunternehmen beziehen kann (LSG Baden-Württemberg FEVS 61, 183).
Für dieses Ergebnis spricht zudem ein ansonsten auftretender Wertungswiderspruch in der Behandlung der Gruppe von Hilfeempfängern, die bereits ohne Berücksichtigung der Beiträge für die private Krankenversicherung hilfebedürftig sind, einerseits, und der Gruppe der Hilfeempfänger, bei denen Hilfebedürftigkeit erst unter Berücksichtigung entsprechender Beiträge gegeben ist, andererseits (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Dezember 2009 - L 9 B 49/09 SO ER - (juris)). Nur auf erstere Gruppe von Hilfebedürftigen bezieht sich § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG, was dazu führen würde, dass nur für diese Gruppe ein Anspruch lediglich in Höhe der für einen gesetzlich Krankenversicherten aufzubringenden Beiträge bestünde. Eine entsprechende Beschränkung wäre hingegen für die andere Gruppe der Hilfebedürftigen nicht vorgesehen. Für diese gälte § 12 Abs. 1c Satz 5 VAG, wonach sich der zuständige Träger nach dem SGB II oder SGB XII im erforderlichen Umfang beteiligt, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden wird. Damit erfolgt hier keine Beschränkung auf die für einen gesetzlich Krankenversicherten aufzuwendenden Beträge. Es ist aber kein Grund ersichtlich, warum ein Hilfebedürftiger, der möglicherweise nur einen ganz geringen Teil seiner Krankenversicherungsbeiträge aus eigenem Einkommen selbst abdecken kann, einen Anspruch gegenüber dem Grundsicherungsträger bis zur Höhe des verminderten Beitrags haben soll, nicht hingegen ein bereits ohne die Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge Hilfebedürftiger (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
Darüber hinaus ist - worauf der 2. Senat des LSG Baden-Württemberg (FEVS 61, 183) bereits hingewiesen hat - soweit ersichtlich auch das BVerfG von einer vollen Übernahme des verminderten Beitrags im Basistarif durch den SGB XII-Träger ausgegangen und hat die in § 12 Abs. 1c Sätze 4 bis 6 VAG vorgesehenen Beitragsbegrenzungen bei Hilfebedürftigkeit verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Es hat ausgeführt, dass diese Grenzen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit dieser Personengruppe Rechnung tragen. Es hat weiter ausgeführt, dass bei Hilfebedürftigkeit im sozialhilferechtlichen Sinne ein Anspruch gegen den Sozialhilfeträger besteht, die Aufwendungen für die private Krankenversicherung zu übernehmen, und hierzu nur auf § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII und - anders als bei den Hilfebedürftigen nach dem Recht der Grundsicherung nach dem SGB II - nicht auf § 12 Abs. 1c Sätze 5 und 6 VAG Bezug genommen (BVerfG a.a.O. Rdnrn. 184, 195). Auch die Bundesregierung (BT-Drs. 16/13892 Seite 33) geht davon aus, dass sich § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG bei Bezug von Leistungen nach dem SGB XII nicht auswirkt, weil nach § 32 Abs. 5 SGB XII der zuständige Sozialhilfeträger den Beitrag zu tragen habe, soweit dieser angemessen sei.
Eine "Deckelung" der von der Antragsgegnerin zu übernehmenden Beiträge nach § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG scheidet nach summarischer Prüfung damit aus. Die im Basistarif entstehenden Beiträge, die wie dargestellt auch keinen Risikozuschlag enthalten, sind daher als angemessen anzusehen.
Die Antragstellerin hat entgegen der Auffassung des SG auch einen Anordnungsgrund i.S.e. besonderen Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG reicht es dabei aus, wenn die einstweilige Anordnung zur Abwendung "wesentlicher Nachteile" nötig erscheint; schwere und unzumutbare Nachteile werden nicht vorausgesetzt. Einstweiliger Rechtsschutz ist im Falle des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu gewähren, wenn den Antragstellern ein Aufrechterhalten des bisherigen Zustandes – hier die Nichterbringung der Sozialhilfeleistung – bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Dabei sind die Interessen der Antragsteller einerseits und die öffentlichen Interessen andererseits zu berücksichtigen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stellen dabei ein bewegliches System dar. Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt (Senatsbeschluss vom 22. Juli 2010 - L 7 SO 3067/10 ER-B - (unveröffentlicht); LSG Niedersachsen-Bremen SGb 2004, 44). Hierbei sind in Fällen, in denen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X gestellt worden ist, besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zu stellen. Soll ein bestandskräftig gewordener Bescheid in einem Verfahren nach § 44 SGB X zurückgenommen werden, ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und gegebenenfalls in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten. Denn das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ist regelmäßig auf die Bewilligung von Leistungen nicht für die Vergangenheit, sondern für die Gegenwart und Zukunft gerichtet (Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2010 a.a.O.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 6. September 2007, a.a.O.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2008, a.a.O.).
Auch unter diesen strengen Voraussetzungen ist hier ein Anordnungsgrund gegeben. Es ist der Antragstellerin entgegen der Auffassung des SG nicht zumutbar, weiterhin mit einem erheblichen Beitragsrückstand belastet zu werden, der allein auf die "gedeckelte", nicht vollständige Übernahme ihrer Beiträge zur privaten Krankenversicherung durch die Antragsgegnerin zurückzuführen ist.
Zwar ist jede Kündigung einer Krankheitskostenversicherung, mit der die Pflichten nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG (also zum Abschluss einer substitutiven Krankheitskostenversicherung) erfüllt werden, durch den Versicherer ausgeschlossen, selbst bei Prämienrückstand (absolutes Kündigungsverbot, § 206 Abs. 1 Satz 1 VVG). Nach § 193 Abs. 6 Satz 2 VVG stellt vielmehr der Versicherer, wenn zwei Wochen nach Zugang der Mahnung der Rückstand noch höher als der Prämienanteil für einen Monat ist, das Ruhen der Leistungen fest. Während der Ruhenszeit haftet der Versicherer weiter, jedoch ausschließlich für Aufwendungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind (Notversorgungspflicht). Beendet ist das Ruhen nach § 193 Abs. 6 Satz 4 Alternative 2 VVG, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des SGB II oder XII wird. Die Verwendung des Wortes "wird" zeigt jedoch, dass diese Vorschrift (möglicherweise) nur gilt, wenn jemand, der bisher nicht hilfebedürftig war, Beitragsrückstände in der privaten Krankenversicherung hat und nunmehr erstmalig anspruchsberechtigt nach dem SGB II oder SGB XII wird; ob sie auch für den Fall gilt, dass jemand bereits im Leistungsbezug nach dem SGB II oder SGB XII steht, ist ungeklärt. Es ist den Antragstellern jedoch nicht zuzumuten, gegebenenfalls gegen ihre Krankenversicherung im Zivilrechtsweg vorzugehen, um die Auslegung des § 193 Abs. 6 Satz 4 Alternative 2 VVG feststellen zu lassen (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 14. Dezember 2009 - L 7 SO 165/09 ER-B - (juris); ebenso für das SGB II: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. September 2009 - L 3 AS 3934/09 ER-B - (juris), LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - L 15 AS 1048/09 B ER - ZFSH/SGB 2010, 107; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, NDV-RD 2009, 145; für das SGB II: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. März 2010 - L 13 AS 919/10 ER-B -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 29. Januar 2010 - L 16 AS 27/10 B ER - (juris)).
Der Senat hat bereits mit Beschlüssen vom 8. Juli 2009 und 23. September 2010 (a.a.O.; ebenso LSG Baden-Württemberg, FEVS 61, 183) darauf hingewiesen, dass die Regelung des § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG eine politische Konzession darstellt, um das GKV-WSG mit der erforderlichen Stimmenmehrheit beschließen und in Kraft setzen zu können. Bereits im Gesetzgebungsverfahren war erkannt worden, dass mit der jetzigen Formulierung des Gesetzestextes die Gefahr von Versicherungslücken für Hilfebedürftige im Sinne des SGB XII im Hinblick auf ihren Krankenversicherungsschutz besteht. Auf die deshalb ausgesprochene Bitte des Bundesrates, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durch geeignete Regelungen diese Gefahr zu beseitigen, hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung darauf hingewiesen, dass zurzeit geprüft werde, wie dem bestehenden Problem abgeholfen werden könne (vgl. BT-Drs. 16/12677, Seiten 17 und 23). Auch die neue Bundesregierung hat bekräftigt, dem Gesetzgeber zeitnah einen Vorschlag zur Lösung des Problems vorlegen zu wollen; die genaue Ausgestaltung der gesetzlichen Änderung werde derzeit noch innerhalb der Bundesregierung abgestimmt (vgl. BT-Drs. 17/1342, Seite 42). Eine abschließende Lösung dieser Problematik ist damit immer noch nicht erreicht. Vor diesem Hintergrund geht es jedoch nicht an und ist es der Antragstellerin nicht zuzumuten, den politischen Konflikt auf ihrem Rücken als schwächstem Glied der Kette austragen zu lassen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Juli 2009 und 23. September 2010, a.a.O.; ebenso LSG Baden-Württemberg, FEVS 61, 183). Im vorliegenden Fall ist außerdem zu beachten, dass bei der Antragstellerin chronische und degenerative Erkrankungen vorliegen, weshalb das Versicherungsunternehmen auch einen Risikozuschlag errechnet hatte. Des Weiteren war sie auch im streitigen Zeitraum länger in stationärer Behandlung.
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kommt eine Verpflichtung zur Leistungserbringung für zurückliegende Zeiträume vor Eingang des Rechtsschutzantrages (hier am 13. Oktober 2010) nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn eine Nicht- oder Minderleistung in der Vergangenheit noch andauernde Auswirkungen für Gegenwart und Zukunft begründet. Nach § 193 Abs. 6 Satz 4 1. Alternative VVG endet das Ruhen der Versicherungsleistungen erst dann, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind. Um wieder einen "vollwertigen" Krankenversicherungsschutz erlangen zu können, bedarf die Antragstellerin daher der Übernahme rückständiger Beiträge durch die Antragsgegnerin.
Der Senat kann hier offenlassen, ob sich die Verpflichtung der Antragsgegnerin nach § 32 Abs. 5 SGB XII auch auf Säumniszuschläge nach § 193 Abs. 6 Satz 9 VVG sowie Mahn- und Beitreibungskosten erstreckt und ob die Antragstellerin im vorliegenden Fall solche tatsächlich schuldet. Insoweit fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund i.S.e. besonderen Eilbedürftigkeit. Die Zahlung der Säumniszuschläge und Beitreibungskosten neben der der Prämienrückstände hat nur im Rahmen des § 193 Abs. 6 Satz 8 VVG für die Frage Relevanz, ob die Versicherung im ursprünglichen Tarif weitergeführt wird oder ein gesetzlicher Tarifwechsel in den Basistarif erfolgt. Das Ruhen des Leistungsanspruches i.S.d. § 193 Abs. 6 Satz 2 VVG endet jedoch nach dem eindeutigen Wortlaut des Satzes 4 1. Alternative, "wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind". Die Zahlung des Säumniszuschlages ist somit nicht Voraussetzung für das Wiederaufleben des Versicherungsschutzes (Voit in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 193 Rdnr. 50). Aus dem Umstand, dass die Antragstellerin bereits vom Versicherungsunternehmen zivilgerichtlich nicht nur auf die rückständigen Beitragsanteile, sondern auch die Säumniszuschläge und Beitreibungskosten in Anspruch genommen wird, ergibt sich keine besondere Eilbedürftigkeit im vorliegenden Verfahren. Die Berechtigung dieser Forderungsteile des Versicherungsunternehmens ist zwischen den Parteien des bereits anhängigen zivilgerichtlichen Verfahrens umstritten; die Antragstellerin macht im dortigen Verfahren gerade geltend, dass ein solcher Anspruch nicht bestehe. Es ist ihr daher zuzumuten, den Ausgang des bereits anhängigen Verfahrens abzuwarten, zumal auch die Antragsgegnerin durch die erfolgte Streitverkündung an diesen gebunden wird. Im Falle einer Verurteilung kann die Antragstellerin des Weiteren zunächst die zivilprozessualen Möglichkeiten des Vollstreckungsschutzes nutzen. Hinsichtlich der Säumniszuschläge und Beitreibungskosten hat das SG mithin den Antrag zu Recht mangels Eilbedürftigkeit abgelehnt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG; dabei hat der Senat dem nur teilweisen Obsiegen der Antragstellerin bei der Kostenquotelung angemessen Rechnung getragen.
Der Antragstellerin war gemäß § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO auch für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 um EUR 155,27, vom 1. Juli bis 31. Dezember 2009 um EUR 160,49 sowie vom 1. Januar bis 30. Juni 2010 um EUR 164,57 monatlich höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die Hälfte deren außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren ab dem 3. Januar 2011 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung unter Beiordnung von Rechtsanwältin Dr. B., H., bewilligt.
Gründe:
Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin hat im Umfang des Beschlussausspruchs Erfolg.
Vorliegend wendet sich die Antragstellerin in einem Zugunstenverfahren nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gegen die Höhe der ihr gewährten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der rückständigen Beitragsanteile zu ihrer privaten Kranken- und Pflegeversicherung zzgl. vom Versicherungsunternehmen geforderter Säumniszuschläge und Beitreibungskosten für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2010.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -). Beides sind gleichberechtigte Voraussetzungen, die ein bewegliches System darstellen: Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt. Völlig entfallen darf hingegen keine der beiden. Dementsprechend sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind dann in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 4. April 2008 - L 7 AS 5626/07 ER-B - und vom 11. Juni 2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B - (beide juris)).
Der beim Sozialgericht Mannheim (SG) gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erweist sich nur hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung als statthaft. Der Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass der den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2010 regelnde Bescheid vom 29. September 2009 sowie die zu diesem Zeitraum ergangenen Änderungsbescheide vom 16. Dezember 2009, 11. Februar, 16. März und 17. Juni 2010 mangels hiergegen eingelegten Widerspruches bestandskräftig geworden sind (§ 77 SGG). Mit diesen Bescheiden hatte die Antragsgegnerin die Höhe der monatlichen Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen im genannten Zeitraum festgesetzt. Die Bestandskraft dieser Bescheide führt auch nicht dazu, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung etwa mangels streitigen Rechtsverhältnisses oder mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig angesehen werden müsste. Mit Rücksicht auf die eingetretene Bestandskraft steht zwar zunächst zwischen den Beteiligten bindend fest, dass der Antragstellerin keine höheren monatlichen Grundsicherungsleistungen zustehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie sich nicht mit Erfolg auf ein der vorläufigen Regelung fähiges Recht berufen könnte. Es darf hier nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Antragstellerin bereits am 7. Juni 2010 bei der Antragsgegnerin den Antrag auf Überprüfung aller Leistungsbescheide seit 1. Januar 2009 nach § 44 SGB X beantragt und die Übernahme des um die Hälfte gekürzten Krankenversicherungsbeitrags im Basistarif in voller Höhe beantragt hatte. Gegen den diesen Antrag ablehnenden Bescheid vom 8. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2010 hat die Antragstellerin am 11. Oktober 2010 Klage beim SG erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Auch im Rahmen der hier von der Antragstellerin begehrten Überprüfung bestandskräftiger Bescheide nach § 44 SGB X ist die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes möglich (Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2010 - L 7 AS 4197/10 ER-B - (juris); vgl. a. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. Mai 2000 - L 10 LW 1258/00 ER-B - ; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 11. April 2006 - L 7 AS 83/04 ER - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 472/07 ER - ; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2008 - L 2 B 96/07 AS ER - ; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2009 - L 25 AS 770/09 B ER - ; Bayerisches LSG, Beschluss vom 25. Januar 2010 - L 11 AS 796/09 B ER - (alle juris); Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 29c).
Anderes gilt hingegen für das Begehren auf noch höhere Grundsicherungsleistungen unter weiterer Berücksichtigung der tatsächlichen Beiträge zur privaten Pflegeversicherung. Denn hierauf hat sich der Antrag vom 7. Juni 2010 nach dem Wortlaut und erkennbaren Begehren nicht erstreckt. Entsprechend wurde im Bescheid vom 8. Juni 2010 und im Widerspruchsbescheid vom 9. September 2010 nur zur Höhe der Leistungen unter Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge entschieden, zumal sich auch der Widerspruch nur hierzu einließ. Selbst wenn man davon ausginge, dass Antrag und Bescheide auch die Pflegeversicherungsbeiträge umfassten, wäre eine solche Regelung mittlerweile wiederum bestandskräftig geworden. Denn mit der gegen diese Bescheide am 11. Oktober 2010 erhobenen Klage wurde ausdrücklich nur eine höhere Leistung unter Berücksichtigung von höheren Krankenversicherungsbeiträgen begehrt. Das Begehren hinsichtlich der Pflegeversicherungsbeiträge wurde erst in einer Klageerweiterung am 8. November 2010 und somit außerhalb der Klagefrist geltend gemacht. Der Statthaftigkeit des Antrages im einstweiligen Rechtsschutzverfahren stehen daher insoweit die bestandskräftigen Regelungen entgegen, so dass ein der vorläufigen Regelung zugängliches streitiges Rechtsverhältnis in diesem Umfange nicht besteht.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze ist der für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erforderliche Anordnungsanspruch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange gegeben. Die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 29. September 2009 und den folgenden Änderungsbescheiden bei der Leistungsbewilligung Krankenversicherungsbeiträge nur i.H.v. monatlich EUR 129,54 (für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2009), EUR 124,32 (1. Juli bis 31. Dezember 2009) sowie EUR 126,05 (1. Januar bis 30. Juni 2010) berücksichtigt. Richtigerweise hätte sie Beiträge der Antragstellerin i.H.d. um die Hälfte gekürzten Krankenversicherungsbeitrags im Basistarif berücksichtigen müssen: im Jahr 2009 EUR 284,81, ab 1. Januar 2010 EUR 290,62 monatlich. Diese Beiträge enthalten keine bei Versicherungen im Basistarif unzulässigen Risikozuschläge. Zwar weist der vorgelegte Versicherungsschein unter dem Kennzeichen (R) einen Risikozuschlag aus; dieser wird jedoch vor der Berechnung des Beitrages durch die Position (Y) wieder beseitigt, die gerade auch den nicht zu zahlenden Risikozuschlag berücksichtigt. Die Angabe eines Risikozuschlages im Versicherungsschein hat daher - in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Regelungen - nur Bedeutung für einen eventuellen Tarifwechsel der Antragstellerin. Der Bescheid vom 29. September 2009 sowie alle zum selben Bewilligungszeitraum ergangenen Änderungsbescheide dürften sich somit als (teilweise) rechtswidrig erweisen und sind daher aller Voraussicht nach - ungeachtet ihrer Bestandskraft - im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X von der Antragsgegnerin zurückzunehmen.
Der Anspruch auf Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge ergibt sich für die 1933 geborene Antragstellerin aus § 19 Abs. 2 i.V.m. §§ 41, 42 Satz 1 Nr. 4 und § 32 Abs. 5 SGB XII. Die Antragstellerin erfüllt die Voraussetzungen der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, insbesondere ist sie hilfebedürftig. Denn ihrem sozialhilferechtlichen Bedarf ohne Berücksichtigung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (Regelsatz i.H.v. monatlich EUR 351,00 bis 30. Juni 2009, danach monatlich EUR 359,00 sowie Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. monatlich EUR 390,87) steht nur ein monatliches Renteneinkommen i.H.v. EUR 137,65 bzw. EUR 140,57 ab 1. Juli 2009 gegenüber. Über einzusetzendes Vermögen verfügt sie nicht. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter umfassen neben dem Regelsatz und den Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 42 Satz 1 Nr. 4 SGB XII auch die Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen entsprechend § 32 SGB XII. Gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII werden auch die Aufwendungen für eine private Krankenversicherung übernommen, soweit sie angemessen sind. Da die Verpflichtung zur Zahlung der Prämien zur privaten Krankenversicherung nach dem Basistarif und damit auch die streitigen Rückstände erst nach dem anspruchsauslösenden Antrag auf Grundsicherungsleistungen entstanden sind, handelt es sich nicht um Schulden, sondern um laufende Bedarfslagen. Der vorliegend verfolgte Anspruch ist daher nicht an den Voraussetzungen einer Schuldenübernahme nach § 34 SGB XII zu messen.
Der Senat kann offenlassen, ob die Antragstellerin ab dem 1. Januar 2009 tatsächlich der Pflicht zum Abschluss einer Krankheitskostenversicherung nach § 193 Abs. 3 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) unterlag, wovon offenbar die Antragsgegnerin ausging, die den Abschluss eines solchen privaten Krankenversicherungsvertrages betrieben hat. Diese Pflicht besteht nämlich nicht u.a. für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat (§ 193 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 VVG). Die Antragstellerin hat hingegen, soweit den vorliegenden Akten zu entnehmen ist, seit Inkrafttreten des SGB XII zum 1. Januar 2005 Grundsicherungsleistungen nach dessen Vierten Kapitel bezogen. Eine Krankenversicherungspflicht dürfte daher nicht bestanden haben. § 32 Abs. 5 SGB XII setzt jedoch nicht voraus, dass die Krankenversicherung, deren Beiträge übernommen werden sollen, aufgrund einer gesetzlichen Krankenversicherungspflicht abgeschlossen wurde. Der Antragstellerin kann auch nicht entgegengehalten werden, sie sei nach dem Selbsthilfegrundsatz verpflichtet, zur Kostensenkung den Versicherungsvertrag zu beenden, da keine Versicherungspflicht bestehe. Ohne den abgeschlossenen Versicherungsvertrag obläge es gerade der Antragsgegnerin, Kosten der Krankenbehandlung nach § 48 SGB XII oder im Wege des § 264 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) durch Auftrag an die gesetzliche Krankenkasse zu übernehmen. Eine Versicherungspflicht der Antragstellerin in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht jedenfalls nicht. Sie unterfällt keinem der Versicherungspflichttatbestände des § 5 Abs. 1 SGB V, insbesondere nicht dessen Nr. 13. Denn dieser gilt nach § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V für den o.g. Personenkreis des § 193 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 VVG ebenfalls nicht. Des Weiteren fehlt es jedenfalls an einem der in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V genannten Anknüpfungspunkte, die eine Zuordnung der Antragstellerin zur gesetzlichen Krankenversicherung erlaubte. Insbesondere war sie, soweit den vorliegenden Akten entnommen werden kann, nicht zuletzt gesetzlich krankenversichert. Die über die gesetzliche Krankenkasse - hier AOK Baden-Württemberg - erfolgte Leistungsgewährung erfolgte nur im Rahmen des § 264 SGB V im Auftrag und auf Kosten des Sozialhilfeträgers. Trotz der ihr ausgehändigten "Versichertenkarte" war die Antragstellerin nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse, sondern wurde nur hinsichtlich der Leistungsgewährung entsprechend behandelt. Da somit eine vorrangige Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht besteht und das Gesetz in § 32 Abs. 5 SGB XII eine - nicht pflichtige - Krankenversicherung in angemessenem Umfang als Bedarfslage anerkennt, hat der Senat die getroffene vertragliche Regelung mit dem Versicherungsunternehmen zugrundezulegen.
Bei dem Begriff der Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich voll nachprüfbar ist. Dabei ist § 32 Abs. 5 SGB XII vor dem Hintergrund zu sehen, dass durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG)) vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) seit dem 1. Januar 2009 für alle Einwohner Deutschlands eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung begründet worden ist. Damit wird der Zweck verfolgt, durch gesetzliche und private Krankenversicherung als jeweils eigene Säule für die ihnen zugewiesenen Personenkreise einen dauerhaften und ausreichenden Versicherungsschutz gegen das Risiko der Krankheit auch in sozialen Bedarfssituationen sicherzustellen. Hierzu wurden zahlreiche Vorschriften des SGB V, des VVG und des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sowie der Kalkulationsverordnung geändert (vgl. BVerfGE 123, 186 Rdnr. 13). Danach besteht für alle Personen, die weder gesetzlich krankenversichert sind noch einem dritten Sicherungssystem angehören, eine Pflicht zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung einer Krankheitskostenversicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen (§ 193 Abs. 3 VVG). § 12 VAG enthält Regelungen über die substitutive Krankenversicherung, also die Krankenversicherung, die ganz oder teilweise den im gesetzlichen Sozialversicherungssystem vorgesehenen Kranken- oder Pflegeversicherungsschutz ersetzen kann. Gemäß § 12 Abs. 1a VAG haben Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland, die die substitutive Krankenversicherung betreiben, einen branchenweit einheitlichen Basistarif anzubieten, dessen Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Dritten Kapitel des SGB V, auf die ein Anspruch besteht, jeweils vergleichbar sind. Der Beitrag für diesen Basistarif darf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen (§ 12 Abs. 1c Satz 1 Halbsatz 1 VAG). Sozialhilfeempfänger betreffende Regelungen enthalten § 12 Abs. 1c Sätze 4 bis 6 VAG. Danach gilt: Entsteht allein durch die Zahlung des Beitrags Hilfebedürftigkeit i.S. des SGB XII, vermindert sich der Beitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte (§ 12 Abs. 1c Satz 4 VAG). Besteht auch bei einem verminderten Beitrag Hilfebedürftigkeit i.S. des SGB XII, beteiligt sich der zuständige Träger nach dem SGB XII auf Antrag des Versicherten im erforderlichen Umfang, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden wird (§ 12 Abs. 1c Satz 5 VAG). Besteht unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags Hilfebedürftigkeit, gilt Satz 4 entsprechend; der zuständige Träger zahlt den Betrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist (§ 12 Abs. 1c Satz 6 VAG).
Bei der Antragstellerin besteht, wie dargelegt, bereits unabhängig von den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung Hilfebedürftigkeit. Damit liegt ein Fall des § 12 Abs. 1c Satz 6 Halbsatz 1 VAG vor. Für diese Fallkonstellation ist umstritten, ob im Rahmen des § 32 Abs. 5 SGB XII der verminderte Beitrag im Basistarif im Sinne von § 12 Abs. 1c Satz 4 VAG als angemessen im Sinne von § 32 Abs. 5 SGB XII anzusehen ist, oder ob sich - wovon die Antragsgegnerin ausgeht - aus der Regelung des § 12 Abs. 1c Satz 6 Halbsatz 2 VAG ergibt, dass nur der - nochmals geringere - Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag als angemessen anzusehen ist, der für Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung zu tragen wäre, wodurch sich für Hilfebedürftige eine Finanzierungslücke ergäbe.
Der Senat hat bereits entschieden, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit in § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht unter Rückgriff auf die in § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG getroffene Regelung ausgefüllt werden kann, weil dies nicht der gesetzgeberischen Intention entspricht und zu unauflösbaren Wertungswidersprüchen führen würde (Senatsbeschlüsse vom 8. Juli 2009 - L 7 SO 2453/09 ER-B - und 23. September 2010 - L 7 SO 2430/10 ER-B - (beide juris); vgl. auch LSG Baden-Württemberg FEVS 61, 183; Hessisches LSG, Beschluss vom 14. Dezember 2009 - L 7 SO 165/09 B - (juris); zustimmend Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 32 Rdnr. 14; ebenso in Bezug auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II): LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. September 2009 - L 3 AS 3934/09 ER-B - (juris); LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - L 15 AS 1048/09 B ER - ZFSH/SGB 2010, 107; offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen, NDV-RD 2009, 145; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. März 2010 - L 13 AS 919/10 ER-B - (juris)). Das Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Träger der Sozialhilfe wird grundsätzlich im SGB XII geregelt; Ansprüche bestimmen sich danach (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch). § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG findet im SGB XII keine ausdrückliche Erwähnung. Die Vorschrift ist im Übrigen auch nach ihrem Sinn und Zweck nicht auf das Sozialhilfeleistungsverhältnis anwendbar. Das VAG verfolgt grundsätzlich einen anderen Zweck als die Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen Beziehern von Sozialleistungen und den Sozialleistungsbehörden, nämlich die staatliche Aufsicht über die privaten Versicherungsunternehmen, die nicht Träger der Sozialversicherung sind (§ 1 VAG). In § 12 VAG ist geregelt, wie ein privates Versicherungsunternehmen substitutive (ganz oder teilweise den im gesetzlichen Sozialversicherungssystem vorgesehenen Kranken- oder Pflegeversicherungsschutz ersetzende) Krankenversicherung betreiben kann. Das auch im Basistarif privatrechtliche Leistungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsgeber (vgl. BVerfG, a.a.O., Rdnr. 156) ist in Ausgestaltung des § 12 VAG im VVG geregelt (vgl. § 1 VVG), das in § 193 Abs. 5 VVG darauf Bezug nimmt. Auch dem Wortlaut nach handelt es sich in § 12 Abs. 1c Satz 6, 2. Halbsatz VAG eher um eine Zahlungsanweisung, die sich nur auf das Verhältnis zwischen Sozialleistungsträger und Krankenversicherungsunternehmen beziehen kann (LSG Baden-Württemberg FEVS 61, 183).
Für dieses Ergebnis spricht zudem ein ansonsten auftretender Wertungswiderspruch in der Behandlung der Gruppe von Hilfeempfängern, die bereits ohne Berücksichtigung der Beiträge für die private Krankenversicherung hilfebedürftig sind, einerseits, und der Gruppe der Hilfeempfänger, bei denen Hilfebedürftigkeit erst unter Berücksichtigung entsprechender Beiträge gegeben ist, andererseits (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Dezember 2009 - L 9 B 49/09 SO ER - (juris)). Nur auf erstere Gruppe von Hilfebedürftigen bezieht sich § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG, was dazu führen würde, dass nur für diese Gruppe ein Anspruch lediglich in Höhe der für einen gesetzlich Krankenversicherten aufzubringenden Beiträge bestünde. Eine entsprechende Beschränkung wäre hingegen für die andere Gruppe der Hilfebedürftigen nicht vorgesehen. Für diese gälte § 12 Abs. 1c Satz 5 VAG, wonach sich der zuständige Träger nach dem SGB II oder SGB XII im erforderlichen Umfang beteiligt, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden wird. Damit erfolgt hier keine Beschränkung auf die für einen gesetzlich Krankenversicherten aufzuwendenden Beträge. Es ist aber kein Grund ersichtlich, warum ein Hilfebedürftiger, der möglicherweise nur einen ganz geringen Teil seiner Krankenversicherungsbeiträge aus eigenem Einkommen selbst abdecken kann, einen Anspruch gegenüber dem Grundsicherungsträger bis zur Höhe des verminderten Beitrags haben soll, nicht hingegen ein bereits ohne die Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge Hilfebedürftiger (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
Darüber hinaus ist - worauf der 2. Senat des LSG Baden-Württemberg (FEVS 61, 183) bereits hingewiesen hat - soweit ersichtlich auch das BVerfG von einer vollen Übernahme des verminderten Beitrags im Basistarif durch den SGB XII-Träger ausgegangen und hat die in § 12 Abs. 1c Sätze 4 bis 6 VAG vorgesehenen Beitragsbegrenzungen bei Hilfebedürftigkeit verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Es hat ausgeführt, dass diese Grenzen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit dieser Personengruppe Rechnung tragen. Es hat weiter ausgeführt, dass bei Hilfebedürftigkeit im sozialhilferechtlichen Sinne ein Anspruch gegen den Sozialhilfeträger besteht, die Aufwendungen für die private Krankenversicherung zu übernehmen, und hierzu nur auf § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII und - anders als bei den Hilfebedürftigen nach dem Recht der Grundsicherung nach dem SGB II - nicht auf § 12 Abs. 1c Sätze 5 und 6 VAG Bezug genommen (BVerfG a.a.O. Rdnrn. 184, 195). Auch die Bundesregierung (BT-Drs. 16/13892 Seite 33) geht davon aus, dass sich § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG bei Bezug von Leistungen nach dem SGB XII nicht auswirkt, weil nach § 32 Abs. 5 SGB XII der zuständige Sozialhilfeträger den Beitrag zu tragen habe, soweit dieser angemessen sei.
Eine "Deckelung" der von der Antragsgegnerin zu übernehmenden Beiträge nach § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG scheidet nach summarischer Prüfung damit aus. Die im Basistarif entstehenden Beiträge, die wie dargestellt auch keinen Risikozuschlag enthalten, sind daher als angemessen anzusehen.
Die Antragstellerin hat entgegen der Auffassung des SG auch einen Anordnungsgrund i.S.e. besonderen Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG reicht es dabei aus, wenn die einstweilige Anordnung zur Abwendung "wesentlicher Nachteile" nötig erscheint; schwere und unzumutbare Nachteile werden nicht vorausgesetzt. Einstweiliger Rechtsschutz ist im Falle des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu gewähren, wenn den Antragstellern ein Aufrechterhalten des bisherigen Zustandes – hier die Nichterbringung der Sozialhilfeleistung – bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Dabei sind die Interessen der Antragsteller einerseits und die öffentlichen Interessen andererseits zu berücksichtigen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stellen dabei ein bewegliches System dar. Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt (Senatsbeschluss vom 22. Juli 2010 - L 7 SO 3067/10 ER-B - (unveröffentlicht); LSG Niedersachsen-Bremen SGb 2004, 44). Hierbei sind in Fällen, in denen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X gestellt worden ist, besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zu stellen. Soll ein bestandskräftig gewordener Bescheid in einem Verfahren nach § 44 SGB X zurückgenommen werden, ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und gegebenenfalls in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten. Denn das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ist regelmäßig auf die Bewilligung von Leistungen nicht für die Vergangenheit, sondern für die Gegenwart und Zukunft gerichtet (Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2010 a.a.O.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 6. September 2007, a.a.O.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2008, a.a.O.).
Auch unter diesen strengen Voraussetzungen ist hier ein Anordnungsgrund gegeben. Es ist der Antragstellerin entgegen der Auffassung des SG nicht zumutbar, weiterhin mit einem erheblichen Beitragsrückstand belastet zu werden, der allein auf die "gedeckelte", nicht vollständige Übernahme ihrer Beiträge zur privaten Krankenversicherung durch die Antragsgegnerin zurückzuführen ist.
Zwar ist jede Kündigung einer Krankheitskostenversicherung, mit der die Pflichten nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG (also zum Abschluss einer substitutiven Krankheitskostenversicherung) erfüllt werden, durch den Versicherer ausgeschlossen, selbst bei Prämienrückstand (absolutes Kündigungsverbot, § 206 Abs. 1 Satz 1 VVG). Nach § 193 Abs. 6 Satz 2 VVG stellt vielmehr der Versicherer, wenn zwei Wochen nach Zugang der Mahnung der Rückstand noch höher als der Prämienanteil für einen Monat ist, das Ruhen der Leistungen fest. Während der Ruhenszeit haftet der Versicherer weiter, jedoch ausschließlich für Aufwendungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind (Notversorgungspflicht). Beendet ist das Ruhen nach § 193 Abs. 6 Satz 4 Alternative 2 VVG, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des SGB II oder XII wird. Die Verwendung des Wortes "wird" zeigt jedoch, dass diese Vorschrift (möglicherweise) nur gilt, wenn jemand, der bisher nicht hilfebedürftig war, Beitragsrückstände in der privaten Krankenversicherung hat und nunmehr erstmalig anspruchsberechtigt nach dem SGB II oder SGB XII wird; ob sie auch für den Fall gilt, dass jemand bereits im Leistungsbezug nach dem SGB II oder SGB XII steht, ist ungeklärt. Es ist den Antragstellern jedoch nicht zuzumuten, gegebenenfalls gegen ihre Krankenversicherung im Zivilrechtsweg vorzugehen, um die Auslegung des § 193 Abs. 6 Satz 4 Alternative 2 VVG feststellen zu lassen (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 14. Dezember 2009 - L 7 SO 165/09 ER-B - (juris); ebenso für das SGB II: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. September 2009 - L 3 AS 3934/09 ER-B - (juris), LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - L 15 AS 1048/09 B ER - ZFSH/SGB 2010, 107; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, NDV-RD 2009, 145; für das SGB II: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. März 2010 - L 13 AS 919/10 ER-B -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 29. Januar 2010 - L 16 AS 27/10 B ER - (juris)).
Der Senat hat bereits mit Beschlüssen vom 8. Juli 2009 und 23. September 2010 (a.a.O.; ebenso LSG Baden-Württemberg, FEVS 61, 183) darauf hingewiesen, dass die Regelung des § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG eine politische Konzession darstellt, um das GKV-WSG mit der erforderlichen Stimmenmehrheit beschließen und in Kraft setzen zu können. Bereits im Gesetzgebungsverfahren war erkannt worden, dass mit der jetzigen Formulierung des Gesetzestextes die Gefahr von Versicherungslücken für Hilfebedürftige im Sinne des SGB XII im Hinblick auf ihren Krankenversicherungsschutz besteht. Auf die deshalb ausgesprochene Bitte des Bundesrates, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durch geeignete Regelungen diese Gefahr zu beseitigen, hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung darauf hingewiesen, dass zurzeit geprüft werde, wie dem bestehenden Problem abgeholfen werden könne (vgl. BT-Drs. 16/12677, Seiten 17 und 23). Auch die neue Bundesregierung hat bekräftigt, dem Gesetzgeber zeitnah einen Vorschlag zur Lösung des Problems vorlegen zu wollen; die genaue Ausgestaltung der gesetzlichen Änderung werde derzeit noch innerhalb der Bundesregierung abgestimmt (vgl. BT-Drs. 17/1342, Seite 42). Eine abschließende Lösung dieser Problematik ist damit immer noch nicht erreicht. Vor diesem Hintergrund geht es jedoch nicht an und ist es der Antragstellerin nicht zuzumuten, den politischen Konflikt auf ihrem Rücken als schwächstem Glied der Kette austragen zu lassen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Juli 2009 und 23. September 2010, a.a.O.; ebenso LSG Baden-Württemberg, FEVS 61, 183). Im vorliegenden Fall ist außerdem zu beachten, dass bei der Antragstellerin chronische und degenerative Erkrankungen vorliegen, weshalb das Versicherungsunternehmen auch einen Risikozuschlag errechnet hatte. Des Weiteren war sie auch im streitigen Zeitraum länger in stationärer Behandlung.
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kommt eine Verpflichtung zur Leistungserbringung für zurückliegende Zeiträume vor Eingang des Rechtsschutzantrages (hier am 13. Oktober 2010) nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn eine Nicht- oder Minderleistung in der Vergangenheit noch andauernde Auswirkungen für Gegenwart und Zukunft begründet. Nach § 193 Abs. 6 Satz 4 1. Alternative VVG endet das Ruhen der Versicherungsleistungen erst dann, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind. Um wieder einen "vollwertigen" Krankenversicherungsschutz erlangen zu können, bedarf die Antragstellerin daher der Übernahme rückständiger Beiträge durch die Antragsgegnerin.
Der Senat kann hier offenlassen, ob sich die Verpflichtung der Antragsgegnerin nach § 32 Abs. 5 SGB XII auch auf Säumniszuschläge nach § 193 Abs. 6 Satz 9 VVG sowie Mahn- und Beitreibungskosten erstreckt und ob die Antragstellerin im vorliegenden Fall solche tatsächlich schuldet. Insoweit fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund i.S.e. besonderen Eilbedürftigkeit. Die Zahlung der Säumniszuschläge und Beitreibungskosten neben der der Prämienrückstände hat nur im Rahmen des § 193 Abs. 6 Satz 8 VVG für die Frage Relevanz, ob die Versicherung im ursprünglichen Tarif weitergeführt wird oder ein gesetzlicher Tarifwechsel in den Basistarif erfolgt. Das Ruhen des Leistungsanspruches i.S.d. § 193 Abs. 6 Satz 2 VVG endet jedoch nach dem eindeutigen Wortlaut des Satzes 4 1. Alternative, "wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind". Die Zahlung des Säumniszuschlages ist somit nicht Voraussetzung für das Wiederaufleben des Versicherungsschutzes (Voit in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 193 Rdnr. 50). Aus dem Umstand, dass die Antragstellerin bereits vom Versicherungsunternehmen zivilgerichtlich nicht nur auf die rückständigen Beitragsanteile, sondern auch die Säumniszuschläge und Beitreibungskosten in Anspruch genommen wird, ergibt sich keine besondere Eilbedürftigkeit im vorliegenden Verfahren. Die Berechtigung dieser Forderungsteile des Versicherungsunternehmens ist zwischen den Parteien des bereits anhängigen zivilgerichtlichen Verfahrens umstritten; die Antragstellerin macht im dortigen Verfahren gerade geltend, dass ein solcher Anspruch nicht bestehe. Es ist ihr daher zuzumuten, den Ausgang des bereits anhängigen Verfahrens abzuwarten, zumal auch die Antragsgegnerin durch die erfolgte Streitverkündung an diesen gebunden wird. Im Falle einer Verurteilung kann die Antragstellerin des Weiteren zunächst die zivilprozessualen Möglichkeiten des Vollstreckungsschutzes nutzen. Hinsichtlich der Säumniszuschläge und Beitreibungskosten hat das SG mithin den Antrag zu Recht mangels Eilbedürftigkeit abgelehnt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG; dabei hat der Senat dem nur teilweisen Obsiegen der Antragstellerin bei der Kostenquotelung angemessen Rechnung getragen.
Der Antragstellerin war gemäß § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO auch für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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