Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 4 RA 217/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 174/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RS 51/10 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
AAÜG, fiktive Einbeziehung, betriebliche Voraussetzung, VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellungen der Beklagten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.
Der 1955 geborene Kläger ist ausweislich der Urkunde der Hochschule für Architektur und Bauwesen W. vom Februar 1980 berechtigt, den akademischen Grad Diplomingenieur zu führen. Anschließend war er vom 1. März 1980 bis zum 30. Juni 1990 beim VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt als Bereichs- und Bauleiter beschäftigt. Am 1. Februar 1987 trat er der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und zahlte hierzu Beiträge bis zum 30. Juni 1990. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er während des Bestehens der DDR nicht. Der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt ist ausweislich der Umwandlungserklärung vom 20. Juli 1990 in die Bauunion S. GmbH umgewandelt worden. An diesem Tag wurde auch der Gesellschaftsvertrag der Bauunion S. GmbH geschlossen. Umwandlungsstichtag war der 1. Juni 1990. Die Bauunion S. GmbH wurde am 9. Oktober 1990 in das Handelsregister eingetragen.
Den Antrag des Klägers vom 27. Februar 2004 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. April 2004 mit der Begründung ab, er habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, die aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt sei bereits vor dem 30. Juni 1990 privatisiert worden. Den am 11. Mai 2004 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2004 mit derselben Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück.
Dagegen hat der Kläger am 27. Juli 2004 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben. Im Klageverfahren ist die Beklagte von ihrer Argumentation, der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt sei bereits vor dem 1. Juli 1990 privatisiert worden, abgerückt. Der Betrieb sei jedoch kein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung gewesen. Dies verdeutliche die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR. Dort sei der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt der Wirtschaftsgruppe 20270 (Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Baureparaturbetriebe) zugeordnet gewesen. Hierzu hat der Kläger entgegnet, aus einer Anlage zum Gründungsbericht der Bauunion S. GmbH gehe hervor, dass der gravierend überwiegende Tätigkeitsbereich des VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt in der Bauproduktion und in der industriellen Warenproduktion bestanden habe. Der Tätigkeitsbereich "Bauproduktion" habe Straßenbau, Hochbau, Tiefbau und lediglich in kleinem Umfang (ca. 10 bis 15 %) Baureparaturen umfasst. Zur industriellen Warenproduktion habe als Massenproduktion die Herstellung von Betonerzeugnissen, Deckenplatten, Hohlblocksteinen, Frischbeton, Fertigfundamenten, Kleinkläranlagen usw. gehört. Der Bereich "Nichtindustrielle Leistungen" habe Planungs- und Projektierungsleistungen umfasst. 15 Architekten seien in eigener Entwurfsplanung beim VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt tätig gewesen, wobei reine Investitionen geplant und projektiert worden seien. Zudem habe der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt ein eigenes Betonwerk betrieben. Auch in der Zeit von 1989 bis Juni 1990 habe der Betrieb überwiegend Bautätigkeiten ausgeführt, in etwa zur Hälfte Hochbau- und Tiefbauarbeiten. Beim Hochbau seien Werkhallen produziert sowie auch Neubauten im Wohnungsbau errichtet und ausgebaut worden. Der Tiefbau habe die üblichen Arbeiten wie Straßenneubau, Rohrleitungen usw. umfasst. Er selbst sei im Hochbau als Bauleiter mit mehreren Baustellen tätig gewesen. Reparaturarbeiten habe es im Tiefbau so gut wie gar nicht gegeben. Straßen seien immer neu gebaut worden. Reparaturleistungen seien im Hochbau vorgekommen. Zuletzt habe er aber das Gebäude des Rates des Kreises Staßfurt neu erbaut.
Mit Urteil vom 22. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die betriebliche Voraussetzung nicht vorgelegen habe. Bei dem VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb des Bauwesens gehandelt. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen sei. Der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt habe jedoch keine Bauwerke in Massen produziert. Dagegen spreche auch die Einordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR. Dass der tatsächlich verfolgte Hauptzweck des VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt nicht in der Massenproduktion von Bauwerken gelegen habe, entspreche den Vorgaben des DDR-Rechts, konkret der Verfügung über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe vom 29. Juni 1987. Der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt sei auch kein gleichgestellter Betrieb gewesen, da er nicht vom Wortlaut des § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (2. DB) erfasst werde.
Gegen das ihm am 26. März 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. April 2007 Berufung eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vortrag weist er darauf hin, dass die Beklagte in der Vergangenheit bereits bei zahlreichen Mitarbeitern des damaligen VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech anerkannt habe. Insoweit berufe er sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Übrigen sei entgegen der Auffassung des SG sehr wohl die Massenproduktion im Bereich des Bauwesens Gegenstand des Betriebes gewesen. Anders wäre ein Produktionsvolumen von 21.086.000 Mark/DDR im Jahre 1989 überhaupt nicht zu realisieren gewesen. Nicht nachvollziehbar sei die Ansicht des SG, Tiefbauarbeiten seien keine Massenproduktion von Bauwerken. Auch eine Straße sei z. B. ein Bauwerk. Die Einordnung in das statistische Betriebsregister sei für die Entscheidung nicht wesentlich, sondern die tatsächliche Aufgabenwahrnehmung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Februar 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. März 1980 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen; hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Februar 2007 zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Unter Berücksichtigung der dem VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt zugewiesenen und auch tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben, der Einreihung des Betriebes in die Wirtschaftsgruppe 20270 der Systematik der Volkswirtschaftszweige sowie der Definition der Baubetriebe durch das Bundessozialgericht (BSG) zähle er nicht zu den vom Geltungsbereich der AVItech erfassten Betrieben.
Der Senat hat schriftliche Auskünfte von Joachim Heinemann (in der ersten Jahreshälfte 1990 Betriebsdirektor des VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt) vom 18. Oktober 2007, von Manfred Sontach (in der ersten Jahreshälfte 1990 Direktor für Technik des VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt) vom 6. November 2007 sowie von Rainer Helmecke (Mitarbeiter im Kreisbauamt des Rates des Kreises Staßfurt) vom 23. Oktober 2007 eingeholt. Schließlich hat der Senat Unterlagen zum VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (Registerauszüge des VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt und der Bauunion Staßfurt GmbH, einen Bericht über den Geschäftsverlauf von 1989 bis zum 31. Mai 1990, einen Auszug aus dem Kurzbericht über die Prüfung der Eröffnungsbilanz der Bauunion S. GmbH für den 1. Juli 1990, Bilanzen zum 31. Dezember 1989 und 31. Mai 1990) sowie Beschlussvorlagen des Rates des Kreises Staßfurt vom Salzlandkreis beigezogen und an die Beteiligten übersandt.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt dieser Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 6. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2004 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 11).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Falle nicht stattgefunden.
Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).
I.
Der Senat ist zum Einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom BSG behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum Anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des BSG tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das BSG wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) veranlassen müssen. Denn die vom BSG vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene Interpretation nicht hergibt. Es ist deshalb schon nicht möglich, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 10 EG 1/08 R – juris, Rdnr. 19). Auch für eine richterliche Rechtsfortbildung im Wege der Analogie fehlt es – wie noch auszuführen sein wird – an der erforderlichen Regelungslücke.
In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a.a.O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a.a.O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 12).
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird indes verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z.B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. – juris, Rdnr. 36).
Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb das BSG der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a.a.O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 – 1 BvF 1/05 – juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.
Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.
Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a.a.O., Rdnr. 45):
"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."
Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das BVerfG genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.
Aus diesen Gründen liegt auch keine Gesetzeslücke vor, die möglicherweise im Wege einer Analogie zu schließen gewesen wäre.
Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009). Sie hat darauf hingewiesen, dass Verdienste oberhalb von 600 Mark für Beschäftigungszeiten ab März 1971 ohne Versorgungszusage wie bei allen übrigen Versicherten, die keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört haben, nur bei entsprechenden Beitragszahlungen zur FZR rentenrechtlich hätten berücksichtigt werden können. Dieser Hinweis der Bundesregierung auf die FZR ähnelt der soeben dargestellten Argumentation des Bundesverfassungsgerichts.
II.
Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844, VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. I S. 487, 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für (1.) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und (2.) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar (3.) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte der Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist. Der Kläger war nämlich am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Eine Versorgungsanwartschaft konnte nur bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb in der Industrie oder im Bauwesen (oder in einem gleichgestellten Betrieb) erworben werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 5, S. 30). Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – juris). Im Bereich des Bauwesens erfasst der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken liegt, die dabei standardisierte Produkte massenhaft ausstoßen und eine komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand haben (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R – SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 S. 20 f.).
Ausgehend hiervon gab dem VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt nicht die Massenproduktion von Bauwerken das Gepräge. Entgegen der Ansicht des Klägers können die Tiefbauarbeiten, die nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung beim SG von 1989 bis Juni 1990 ungefähr 50 % ausgemacht haben, nicht als Massenproduktion von Bauwerken bezeichnet werden. Selbst der Straßenneubau stellt keinen massenhaften Ausstoß standardisierter Produkte bzw. die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken dar. Dagegen spricht schon, dass die Fertigung von Verkehrswegen immer an die örtlichen Verhältnisse angepasst sein muss und keine errichtete Straße einer zuvor errichteten gleichen kann. Aber auch im Hochbau erfolgte nicht ausschließlich ein massenhafter Ausstoß standardisierter und gleichförmiger Produkte. Dagegen spricht die Vielseitigkeit der hergestellten Bauwerke, wie sie aus der mit Manfred Sontach abgestimmten schriftlichen Auskunft von Joachim Heinemann hervorgeht. So werden z.B. folgende Vorhaben erwähnt: Tomatenverarbeitung Hecklingen, Heizhaus Betonwerk, Schwantes-Schule Egeln, IfL Staßfurt und Apotheke Hecklingen. Dass daneben insbesondere der vom VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt wahrgenommene kreisliche Wohnungsneubau sowie der Wohnungsbau in Berlin taktstraßenmäßig organisiert wurde, wie Rainer Helmecke bekundet hat, führt nicht dazu, dass den Gesamtbetrieb die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken geprägt hat. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass ausweislich der Auskunft von Joachim Heinemann von den insgesamt 246 im Betrieb beschäftigten Mitarbeitern 44 im Bereich Leitung und Verwaltung sowie 10 im Bereich Planung tätig waren. Damit waren mehr als 20 % der Mitarbeiter außerhalb der Produktion eingesetzt, wobei die übrigen knapp 80 % – wie dargestellt – nicht überwiegend in standardisierter Massenproduktion tätig waren. Auch die von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben und die vom Salzlandkreis beigezogenen Unterlagen lassen nicht den Schluss zu, dass den VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken geprägt hat. Die Angaben des Klägers und die eingeholten Auskünfte stehen nicht im Widerspruch zu diesen Dokumenten.
Schließlich wird die Vielfältigkeit der Bauleistungen für die Kreisbaubetriebe generell durch die vom SG zitierte Verfügung über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe vom 29. Juni 1987 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Bauwesen vom 18. August 1987, Nr. 3) bestätigt. Hiernach waren die Kreisbaubetriebe "so auszugestalten, dass sie die Aufgaben als wissenschaftlich-technisches Zentrum des Bauwesens im Kreis voll erfüllen und mit ihren eigenen Kapazitäten Aufgaben des Hoch- und Tiefbaus für die Instandsetzung, Modernisierung, Rekonstruktion und des Ersatzneubaus der Bausubstanz effektiv durchführen können." (Unterziffer I. 1. Satz 2). Auch hieran wird deutlich, dass der Zweck der Kreisbaubetriebe jedenfalls nicht schwerpunktmäßig die Massenproduktion von Bauwerken bzw. die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken war. Dies entspricht der Einordnung in die Wirtschaftsgruppe 20270 (Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Baureparaturbetriebe) nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR – wobei diese Einordnung für den Senat lediglich ein Indiz von untergeordneter Bedeutung ist, weil es, worauf der Kläger zu Recht hinweist, entscheidend auf die tatsächliche Aufgabenwahrnehmung ankommt. Nicht gefolgt werden kann dem Kläger, soweit er auf ein Produktionsvolumen von 21.086.000 Mark/DDR im Jahre 1989 hinweist und meint, damit auf eine Massenproduktion schließen zu können. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass es nicht auf das Verständnis des Begriffs "Produktion" während des Bestehens der DDR ankommt, sondern dasjenige des BSG zugrunde zu legen ist.
Die Entscheidung wird auch nicht dadurch zu Gunsten des Klägers beeinflusst, dass die Beklagte möglicherweise in gleichgelagerten Fällen Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt hat. Darauf kann sich der Kläger selbst bei gleicher Sachlage nicht berufen. Denn auf eine rechtwidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher (rechtswidriger) Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die deutsche Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 1 BvL 25/77 – BVerfGE 50, 142, 166).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG ab.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellungen der Beklagten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.
Der 1955 geborene Kläger ist ausweislich der Urkunde der Hochschule für Architektur und Bauwesen W. vom Februar 1980 berechtigt, den akademischen Grad Diplomingenieur zu führen. Anschließend war er vom 1. März 1980 bis zum 30. Juni 1990 beim VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt als Bereichs- und Bauleiter beschäftigt. Am 1. Februar 1987 trat er der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und zahlte hierzu Beiträge bis zum 30. Juni 1990. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er während des Bestehens der DDR nicht. Der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt ist ausweislich der Umwandlungserklärung vom 20. Juli 1990 in die Bauunion S. GmbH umgewandelt worden. An diesem Tag wurde auch der Gesellschaftsvertrag der Bauunion S. GmbH geschlossen. Umwandlungsstichtag war der 1. Juni 1990. Die Bauunion S. GmbH wurde am 9. Oktober 1990 in das Handelsregister eingetragen.
Den Antrag des Klägers vom 27. Februar 2004 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. April 2004 mit der Begründung ab, er habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, die aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt sei bereits vor dem 30. Juni 1990 privatisiert worden. Den am 11. Mai 2004 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2004 mit derselben Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück.
Dagegen hat der Kläger am 27. Juli 2004 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben. Im Klageverfahren ist die Beklagte von ihrer Argumentation, der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt sei bereits vor dem 1. Juli 1990 privatisiert worden, abgerückt. Der Betrieb sei jedoch kein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung gewesen. Dies verdeutliche die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR. Dort sei der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt der Wirtschaftsgruppe 20270 (Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Baureparaturbetriebe) zugeordnet gewesen. Hierzu hat der Kläger entgegnet, aus einer Anlage zum Gründungsbericht der Bauunion S. GmbH gehe hervor, dass der gravierend überwiegende Tätigkeitsbereich des VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt in der Bauproduktion und in der industriellen Warenproduktion bestanden habe. Der Tätigkeitsbereich "Bauproduktion" habe Straßenbau, Hochbau, Tiefbau und lediglich in kleinem Umfang (ca. 10 bis 15 %) Baureparaturen umfasst. Zur industriellen Warenproduktion habe als Massenproduktion die Herstellung von Betonerzeugnissen, Deckenplatten, Hohlblocksteinen, Frischbeton, Fertigfundamenten, Kleinkläranlagen usw. gehört. Der Bereich "Nichtindustrielle Leistungen" habe Planungs- und Projektierungsleistungen umfasst. 15 Architekten seien in eigener Entwurfsplanung beim VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt tätig gewesen, wobei reine Investitionen geplant und projektiert worden seien. Zudem habe der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt ein eigenes Betonwerk betrieben. Auch in der Zeit von 1989 bis Juni 1990 habe der Betrieb überwiegend Bautätigkeiten ausgeführt, in etwa zur Hälfte Hochbau- und Tiefbauarbeiten. Beim Hochbau seien Werkhallen produziert sowie auch Neubauten im Wohnungsbau errichtet und ausgebaut worden. Der Tiefbau habe die üblichen Arbeiten wie Straßenneubau, Rohrleitungen usw. umfasst. Er selbst sei im Hochbau als Bauleiter mit mehreren Baustellen tätig gewesen. Reparaturarbeiten habe es im Tiefbau so gut wie gar nicht gegeben. Straßen seien immer neu gebaut worden. Reparaturleistungen seien im Hochbau vorgekommen. Zuletzt habe er aber das Gebäude des Rates des Kreises Staßfurt neu erbaut.
Mit Urteil vom 22. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die betriebliche Voraussetzung nicht vorgelegen habe. Bei dem VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb des Bauwesens gehandelt. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen sei. Der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt habe jedoch keine Bauwerke in Massen produziert. Dagegen spreche auch die Einordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR. Dass der tatsächlich verfolgte Hauptzweck des VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt nicht in der Massenproduktion von Bauwerken gelegen habe, entspreche den Vorgaben des DDR-Rechts, konkret der Verfügung über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe vom 29. Juni 1987. Der VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt sei auch kein gleichgestellter Betrieb gewesen, da er nicht vom Wortlaut des § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (2. DB) erfasst werde.
Gegen das ihm am 26. März 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. April 2007 Berufung eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vortrag weist er darauf hin, dass die Beklagte in der Vergangenheit bereits bei zahlreichen Mitarbeitern des damaligen VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech anerkannt habe. Insoweit berufe er sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Übrigen sei entgegen der Auffassung des SG sehr wohl die Massenproduktion im Bereich des Bauwesens Gegenstand des Betriebes gewesen. Anders wäre ein Produktionsvolumen von 21.086.000 Mark/DDR im Jahre 1989 überhaupt nicht zu realisieren gewesen. Nicht nachvollziehbar sei die Ansicht des SG, Tiefbauarbeiten seien keine Massenproduktion von Bauwerken. Auch eine Straße sei z. B. ein Bauwerk. Die Einordnung in das statistische Betriebsregister sei für die Entscheidung nicht wesentlich, sondern die tatsächliche Aufgabenwahrnehmung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Februar 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. März 1980 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen; hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Februar 2007 zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Unter Berücksichtigung der dem VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt zugewiesenen und auch tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben, der Einreihung des Betriebes in die Wirtschaftsgruppe 20270 der Systematik der Volkswirtschaftszweige sowie der Definition der Baubetriebe durch das Bundessozialgericht (BSG) zähle er nicht zu den vom Geltungsbereich der AVItech erfassten Betrieben.
Der Senat hat schriftliche Auskünfte von Joachim Heinemann (in der ersten Jahreshälfte 1990 Betriebsdirektor des VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt) vom 18. Oktober 2007, von Manfred Sontach (in der ersten Jahreshälfte 1990 Direktor für Technik des VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt) vom 6. November 2007 sowie von Rainer Helmecke (Mitarbeiter im Kreisbauamt des Rates des Kreises Staßfurt) vom 23. Oktober 2007 eingeholt. Schließlich hat der Senat Unterlagen zum VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (Registerauszüge des VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt und der Bauunion Staßfurt GmbH, einen Bericht über den Geschäftsverlauf von 1989 bis zum 31. Mai 1990, einen Auszug aus dem Kurzbericht über die Prüfung der Eröffnungsbilanz der Bauunion S. GmbH für den 1. Juli 1990, Bilanzen zum 31. Dezember 1989 und 31. Mai 1990) sowie Beschlussvorlagen des Rates des Kreises Staßfurt vom Salzlandkreis beigezogen und an die Beteiligten übersandt.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt dieser Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 6. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2004 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 11).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Falle nicht stattgefunden.
Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).
I.
Der Senat ist zum Einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom BSG behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum Anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des BSG tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das BSG wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) veranlassen müssen. Denn die vom BSG vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene Interpretation nicht hergibt. Es ist deshalb schon nicht möglich, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 10 EG 1/08 R – juris, Rdnr. 19). Auch für eine richterliche Rechtsfortbildung im Wege der Analogie fehlt es – wie noch auszuführen sein wird – an der erforderlichen Regelungslücke.
In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a.a.O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a.a.O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 12).
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird indes verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z.B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. – juris, Rdnr. 36).
Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb das BSG der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a.a.O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 – 1 BvF 1/05 – juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.
Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.
Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a.a.O., Rdnr. 45):
"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."
Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das BVerfG genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.
Aus diesen Gründen liegt auch keine Gesetzeslücke vor, die möglicherweise im Wege einer Analogie zu schließen gewesen wäre.
Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009). Sie hat darauf hingewiesen, dass Verdienste oberhalb von 600 Mark für Beschäftigungszeiten ab März 1971 ohne Versorgungszusage wie bei allen übrigen Versicherten, die keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört haben, nur bei entsprechenden Beitragszahlungen zur FZR rentenrechtlich hätten berücksichtigt werden können. Dieser Hinweis der Bundesregierung auf die FZR ähnelt der soeben dargestellten Argumentation des Bundesverfassungsgerichts.
II.
Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844, VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. I S. 487, 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für (1.) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und (2.) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar (3.) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte der Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist. Der Kläger war nämlich am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Eine Versorgungsanwartschaft konnte nur bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb in der Industrie oder im Bauwesen (oder in einem gleichgestellten Betrieb) erworben werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 5, S. 30). Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – juris). Im Bereich des Bauwesens erfasst der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken liegt, die dabei standardisierte Produkte massenhaft ausstoßen und eine komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand haben (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R – SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 S. 20 f.).
Ausgehend hiervon gab dem VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt nicht die Massenproduktion von Bauwerken das Gepräge. Entgegen der Ansicht des Klägers können die Tiefbauarbeiten, die nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung beim SG von 1989 bis Juni 1990 ungefähr 50 % ausgemacht haben, nicht als Massenproduktion von Bauwerken bezeichnet werden. Selbst der Straßenneubau stellt keinen massenhaften Ausstoß standardisierter Produkte bzw. die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken dar. Dagegen spricht schon, dass die Fertigung von Verkehrswegen immer an die örtlichen Verhältnisse angepasst sein muss und keine errichtete Straße einer zuvor errichteten gleichen kann. Aber auch im Hochbau erfolgte nicht ausschließlich ein massenhafter Ausstoß standardisierter und gleichförmiger Produkte. Dagegen spricht die Vielseitigkeit der hergestellten Bauwerke, wie sie aus der mit Manfred Sontach abgestimmten schriftlichen Auskunft von Joachim Heinemann hervorgeht. So werden z.B. folgende Vorhaben erwähnt: Tomatenverarbeitung Hecklingen, Heizhaus Betonwerk, Schwantes-Schule Egeln, IfL Staßfurt und Apotheke Hecklingen. Dass daneben insbesondere der vom VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt wahrgenommene kreisliche Wohnungsneubau sowie der Wohnungsbau in Berlin taktstraßenmäßig organisiert wurde, wie Rainer Helmecke bekundet hat, führt nicht dazu, dass den Gesamtbetrieb die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken geprägt hat. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass ausweislich der Auskunft von Joachim Heinemann von den insgesamt 246 im Betrieb beschäftigten Mitarbeitern 44 im Bereich Leitung und Verwaltung sowie 10 im Bereich Planung tätig waren. Damit waren mehr als 20 % der Mitarbeiter außerhalb der Produktion eingesetzt, wobei die übrigen knapp 80 % – wie dargestellt – nicht überwiegend in standardisierter Massenproduktion tätig waren. Auch die von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben und die vom Salzlandkreis beigezogenen Unterlagen lassen nicht den Schluss zu, dass den VEB (K) Kreisbaubetrieb Staßfurt die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken geprägt hat. Die Angaben des Klägers und die eingeholten Auskünfte stehen nicht im Widerspruch zu diesen Dokumenten.
Schließlich wird die Vielfältigkeit der Bauleistungen für die Kreisbaubetriebe generell durch die vom SG zitierte Verfügung über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe vom 29. Juni 1987 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Bauwesen vom 18. August 1987, Nr. 3) bestätigt. Hiernach waren die Kreisbaubetriebe "so auszugestalten, dass sie die Aufgaben als wissenschaftlich-technisches Zentrum des Bauwesens im Kreis voll erfüllen und mit ihren eigenen Kapazitäten Aufgaben des Hoch- und Tiefbaus für die Instandsetzung, Modernisierung, Rekonstruktion und des Ersatzneubaus der Bausubstanz effektiv durchführen können." (Unterziffer I. 1. Satz 2). Auch hieran wird deutlich, dass der Zweck der Kreisbaubetriebe jedenfalls nicht schwerpunktmäßig die Massenproduktion von Bauwerken bzw. die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken war. Dies entspricht der Einordnung in die Wirtschaftsgruppe 20270 (Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Baureparaturbetriebe) nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR – wobei diese Einordnung für den Senat lediglich ein Indiz von untergeordneter Bedeutung ist, weil es, worauf der Kläger zu Recht hinweist, entscheidend auf die tatsächliche Aufgabenwahrnehmung ankommt. Nicht gefolgt werden kann dem Kläger, soweit er auf ein Produktionsvolumen von 21.086.000 Mark/DDR im Jahre 1989 hinweist und meint, damit auf eine Massenproduktion schließen zu können. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass es nicht auf das Verständnis des Begriffs "Produktion" während des Bestehens der DDR ankommt, sondern dasjenige des BSG zugrunde zu legen ist.
Die Entscheidung wird auch nicht dadurch zu Gunsten des Klägers beeinflusst, dass die Beklagte möglicherweise in gleichgelagerten Fällen Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt hat. Darauf kann sich der Kläger selbst bei gleicher Sachlage nicht berufen. Denn auf eine rechtwidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher (rechtswidriger) Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die deutsche Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 1 BvL 25/77 – BVerfGE 50, 142, 166).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG ab.
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