Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 3408/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4982/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Anhalten auf dem Arbeitsweg kann vom Versicherungsschutz der
gesetzlichen Unfallversicherung umfasst sein, etwa wenn ein Versicherter
während des Zurücklegens eines versicherten Weges Maßnahmen zur
Beseitigung einer aufgetretenen Störung am benutzten Fahrzeug ergreift
(hier: behauptetes Anhalten, um bei Ungewissheit über die Zuverlässigkeit
der Tankanzeige nachsehen zu können, ob im Tank des Fahrzeugs noch
genügend Treibstoff für die Fortsetzung des Arbeitsweges vorhanden ist).
Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die zur Verletzung führende Handlung
auf die Fortsetzung des Weges gerichtet und dies durch objektive Umstände
(Länge des Weges, Art, Umfang und Dauer der Maßnahme) belegt war.
Sind solche Umstände nicht nachweisbar oder zweifelhaft, trifft die
Feststellungslast den Antragsteller.
gesetzlichen Unfallversicherung umfasst sein, etwa wenn ein Versicherter
während des Zurücklegens eines versicherten Weges Maßnahmen zur
Beseitigung einer aufgetretenen Störung am benutzten Fahrzeug ergreift
(hier: behauptetes Anhalten, um bei Ungewissheit über die Zuverlässigkeit
der Tankanzeige nachsehen zu können, ob im Tank des Fahrzeugs noch
genügend Treibstoff für die Fortsetzung des Arbeitsweges vorhanden ist).
Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die zur Verletzung führende Handlung
auf die Fortsetzung des Weges gerichtet und dies durch objektive Umstände
(Länge des Weges, Art, Umfang und Dauer der Maßnahme) belegt war.
Sind solche Umstände nicht nachweisbar oder zweifelhaft, trifft die
Feststellungslast den Antragsteller.
1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22.09.2010 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Streit.
Der 1955 geborene Kläger war im Oktober 2007 als Bohrfacharbeiter auf einer Baustelle in D. beschäftigt. Am 04.10.2007 verließ er diese Baustelle nach Dienstschluss (19:00 Uhr) gegen 19:15 Uhr. Der Kläger kehrte gegen 19:55 Uhr mit seinem Pkw (einem Dieselfahrzeug) an seinen Arbeitsplatz zurück, wobei er Verbrennungen am Oberkörper und im Gesicht aufwies und weder Hemd noch Schuhe trug. Zeugen für das Ereignis zwischen 19:15 und 19:55 Uhr, bei dem der Kläger verletzt wurde, gibt es nicht. Angaben zum Verletzungsereignis konnte der Kläger laut der Unfallmeldung seines Arbeitgebers vom 22.10.2007 bis zum Eintreffen des Notarztes nicht machen. Der Kläger wurde vom Notarzt zur Behandlung seiner Verletzungen umgehend in die Unfallklinik des Klinikums D. transferiert, wo er bis zum 09.11.2007 in stationärer Behandlung war. Dort sind Verbrennungen von 40 bis 49 Prozent der Körperoberfläche sowie ein Inhalationstrauma diagnostiziert worden.
Im Unfallbericht des Notarztes Dr. K. ist angegeben, dass der Kläger mit brennender Zigarette nachgesehen habe, wie viel Treibstoff im Tank gewesen sei. Hierzu hat Dr. K. der Beklagten am 03.03.2008 mitgeteilt, dass er nicht mehr wisse, ob diese Angabe vom Kläger selbst oder seinen Arbeitskollegen stamme.
Der Durchgangsarzt Dr. Weidmann gab am 12.11.2007 an, dass der Kläger nach seinen Angaben am 04.10.2007 auf dem Heimweg angehalten habe, weil die Tankanzeige "verrückt gespielt" habe. Er habe sich eine Zigarette angezündet und dann den korrekten Sitz des Tankdeckels überprüfen wollen, wobei es aufgrund seiner Zigarette zu einer Stichflamme gekommen sei.
Bei Außenermittlungen am 12.06. und 13.06.2008 auf der damaligen Baustelle konnte keiner der Kollegen des Klägers nähere Angaben zu dem Vorfall machen; man habe einfach keine Erklärung für den Vorfall. Der Kläger teilte am 13.06.2008 zum Unfallgeschehen mit, dass beim Verlassen der Baustelle der Zeiger der Tankuhr hin und her geschlagen habe, was er zunächst verdrängt habe. Als er sich eine Zigarette habe anzünden wollen, habe er angehalten, um sich eine Zigarette aus seiner im Kofferraum liegenden Jacke zu nehmen. Bei dieser Zigarettenpause neben dem Fahrzeug sei ihm dann wieder die Tankuhr eingefallen. Er habe deshalb den Tankdeckel mit brennender Zigarette im Mund geöffnet, um nach Treibstoff zu sehen, wobei ihm aus der Tanköffnung eine Stichflamme entgegengeschlagen sei. Die Entfernung zwischen Gesicht und Tanköffnung habe ca. 50 bis 60 cm betragen. Er habe bereits in der Türkei mit Maschinen gearbeitet, und daher keine Gefahr vermutet, da Dieselkraftstoffe nur sehr schwer entflammbar seien. Es sei ihm völlig unverständlich, wie es zu der Stichflamme habe kommen können. Ein Schwager habe sich nach dem Vorfall das Auto gründlich angeschaut und keinen Defekt feststellen können, auch habe die Tankuhr danach wieder völlig störungsfrei funktioniert. Selbst der Lack im Bereich der Tanköffnung sei nicht beschädigt worden.
Die Sachbearbeiterin der Beklagten holte eine telefonische Auskunft bei drei verschiedenen Sachverständigen der Feuerwehr ein, welche das vom Kläger geschilderte Geschehen bei sehr heißem Wetter für möglich hielten, wenn auch nicht für wahrscheinlich (Wahrscheinlichkeit 1:1.000).
Mit Bescheid vom 26.09.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus Anlass des Ereignisses vom 04.10.2007 ab. Es sei nicht eindeutig zu klären, wie es zu den vom Kläger erlittenen Verbrennungen gekommen sei. Das Vorliegen des behaupteten Ereignisses sei nicht mit der erforderlichen Gewissheit bewiesen.
Im Widerspruchsverfahren beauftragte die Beklagte den Dipl.-Ing. H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser teilte am 03.04.2009 mit, dass Dieselkraftstoffe sowie deren Dämpfe erst bei Temperaturen oberhalb des Flammpunktes von etwa 50 Grad Celsius entzündlich seien. Ein Entzünden des Kraftstoffs bzw. von austretenden Dämpfen sei aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar und plausibel. Der beschriebene Hergang sei aufgrund der physikalischen Gegebenheiten auszuschließen, da eine zu niedrige Umgebungstemperatur geherrscht habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und verwies hierzu auf das eingeholte Gutachten.
Der Kläger hat deswegen über seine Bevollmächtigten am 08.10.2009 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Der Vorfall habe sich wie von ihm geschildert ereignet. Es könne von ihm nicht die Erklärung der physikalischen Zusammenhänge erwartet werden. Das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten sei äußerst knapp und enthalte nur eine Stellungnahme nach Aktenlage.
Das SG hat den Sicherheitsfachwirt (FH) F. S. mit Erstellung eines weiteren Gutachtens beauftragt. In dem Gutachten vom 11.05.2010 werden die Ausführungen des Vorgutachters bestätigt. Dieselkraftstoff sei in flüssigem Zustand nicht einfach zum Brennen zu bringen, gefährlicher seien die Dämpfe des Kraftstoffs. Zwar sei theoretisch eine Explosion bzw. eine Stichflamme im richtigen Mischverhältnis möglich, dies setze jedoch eine konstante Sonneneinstrahlung auf den Tank voraus, was bei einem fahrenden Auto nahezu unmöglich sei. Des Weiteren müsse der Tank fast leer sein, damit sich ausreichend Dämpfe bilden könnten. Zündungen von Dieselkraftstoff durch den Umgang mit offener Flamme seien schon bei Temperaturen von 20 bis 30 Grad Celsius bekannt, die hierfür erforderlichen Umstände wie Vernebelung bzw. Verdampfung hätten zum angegebenen Zeitpunkt jedoch weder technisch noch physikalisch vorgelegen, da im Monat Oktober um ca. 19:30 abends mit Außentemperaturen von 15 bis 20 Grad Celsius keine ausreichende Aufheizung des Diesels im Tank habe erfolgen können. Außerdem weise die Gummidichtung am Tank keine entsprechenden thermischen Belastungen auf, weswegen der behauptete Hergang mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne.
Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 22.09.2010 die Klage abgewiesen und sich hierzu auf die Ausführungen des Gerichtsgutachters gestützt. Der vom Kläger behauptete Vorgang sei nach dem Gutachten nicht wahrscheinlich. Außerdem weise die Gummidichtung im Bereich der Tanköffnung keinerlei Beschädigungen auf, wie sie bei einer Stichflamme zu erwarten gewesen wären. Der Gerichtsbescheid ist der Bevollmächtigten des Klägers am 30.09.2010 zugestellt wurden.
Am 25.10.2010 haben die neuen Bevollmächtigten des Klägers Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22.09.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2009 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 04.10.2007 ein bei der Beklagten versicherter Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht gegründet.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Versichert ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit.
Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -). Beweisrechtlich müssen der Unfall, die versicherte Tätigkeit und die geltend gemachten Verletzungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).
Der Senat ist ebenso wie das SG nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, dass eine versicherte Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nicht nachgewiesen ist. Zwar kann auch ein Anhalten auf dem Arbeitsweg noch vom Versicherungsschutz der Vorschrift umfasst sein, etwa wenn ein Versicherter während des Zurücklegens eines versicherten Weges Maßnahmen zur Beseitigung einer aufgetretenen Störung am benutzten Fahrzeug ergreift (vgl. BSG, Urteil vom 04.09.2007 - B 2 U 24/06 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 24). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die zur Verletzung führende Handlung auf die Fortsetzung des Weges gerichtet und dies durch objektive Umstände (Länge des Weges, Art, Umfang und Dauer der Maßnahme) belegt war (BSG a.a.O.).
Vorliegend ist indes bereits nicht im Wege des erforderlichen Vollbeweises nachgewiesen, dass der Kläger seine Verletzungen bei einer solchen objektiv der Fortsetzung des Arbeitsweges dienenden Handlung erlitten hat. Nach den vorliegenden sachverständigen Stellungnahmen, insbesondere dem ausführlichen und schlüssigen Gutachten des Sicherheitsfachwirts (FH) F. S., kann das vom Kläger behauptete Geschehen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Da sich das Ereignis im Oktober um ca. 19:30 Uhr abends mit Außentemperaturen von (maximal) 15 bis 20 Grad Celsius ereignet hat, war keine ausreichende Aufheizung des Diesels im Tank für eine solche Verpuffungsreaktion oder Stichflamme möglich. Auch belegt die unversehrte Gummidichtung am Tank, dass keine entsprechende thermische Belastung aufgetreten ist. Der behauptete Unfallhergang kann deswegen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Auch wenn der Kläger sich unstreitig nach dem Ende seiner Arbeitsschicht in der dokumentierten Weise verletzt hat, ist danach das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit nicht feststellbar, da nach den umfassenden Ermittlungen nicht nachgewiesen ist, dass eine versicherte Tätigkeit bzw. ein versicherter Arbeitsweg vorlag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Streit.
Der 1955 geborene Kläger war im Oktober 2007 als Bohrfacharbeiter auf einer Baustelle in D. beschäftigt. Am 04.10.2007 verließ er diese Baustelle nach Dienstschluss (19:00 Uhr) gegen 19:15 Uhr. Der Kläger kehrte gegen 19:55 Uhr mit seinem Pkw (einem Dieselfahrzeug) an seinen Arbeitsplatz zurück, wobei er Verbrennungen am Oberkörper und im Gesicht aufwies und weder Hemd noch Schuhe trug. Zeugen für das Ereignis zwischen 19:15 und 19:55 Uhr, bei dem der Kläger verletzt wurde, gibt es nicht. Angaben zum Verletzungsereignis konnte der Kläger laut der Unfallmeldung seines Arbeitgebers vom 22.10.2007 bis zum Eintreffen des Notarztes nicht machen. Der Kläger wurde vom Notarzt zur Behandlung seiner Verletzungen umgehend in die Unfallklinik des Klinikums D. transferiert, wo er bis zum 09.11.2007 in stationärer Behandlung war. Dort sind Verbrennungen von 40 bis 49 Prozent der Körperoberfläche sowie ein Inhalationstrauma diagnostiziert worden.
Im Unfallbericht des Notarztes Dr. K. ist angegeben, dass der Kläger mit brennender Zigarette nachgesehen habe, wie viel Treibstoff im Tank gewesen sei. Hierzu hat Dr. K. der Beklagten am 03.03.2008 mitgeteilt, dass er nicht mehr wisse, ob diese Angabe vom Kläger selbst oder seinen Arbeitskollegen stamme.
Der Durchgangsarzt Dr. Weidmann gab am 12.11.2007 an, dass der Kläger nach seinen Angaben am 04.10.2007 auf dem Heimweg angehalten habe, weil die Tankanzeige "verrückt gespielt" habe. Er habe sich eine Zigarette angezündet und dann den korrekten Sitz des Tankdeckels überprüfen wollen, wobei es aufgrund seiner Zigarette zu einer Stichflamme gekommen sei.
Bei Außenermittlungen am 12.06. und 13.06.2008 auf der damaligen Baustelle konnte keiner der Kollegen des Klägers nähere Angaben zu dem Vorfall machen; man habe einfach keine Erklärung für den Vorfall. Der Kläger teilte am 13.06.2008 zum Unfallgeschehen mit, dass beim Verlassen der Baustelle der Zeiger der Tankuhr hin und her geschlagen habe, was er zunächst verdrängt habe. Als er sich eine Zigarette habe anzünden wollen, habe er angehalten, um sich eine Zigarette aus seiner im Kofferraum liegenden Jacke zu nehmen. Bei dieser Zigarettenpause neben dem Fahrzeug sei ihm dann wieder die Tankuhr eingefallen. Er habe deshalb den Tankdeckel mit brennender Zigarette im Mund geöffnet, um nach Treibstoff zu sehen, wobei ihm aus der Tanköffnung eine Stichflamme entgegengeschlagen sei. Die Entfernung zwischen Gesicht und Tanköffnung habe ca. 50 bis 60 cm betragen. Er habe bereits in der Türkei mit Maschinen gearbeitet, und daher keine Gefahr vermutet, da Dieselkraftstoffe nur sehr schwer entflammbar seien. Es sei ihm völlig unverständlich, wie es zu der Stichflamme habe kommen können. Ein Schwager habe sich nach dem Vorfall das Auto gründlich angeschaut und keinen Defekt feststellen können, auch habe die Tankuhr danach wieder völlig störungsfrei funktioniert. Selbst der Lack im Bereich der Tanköffnung sei nicht beschädigt worden.
Die Sachbearbeiterin der Beklagten holte eine telefonische Auskunft bei drei verschiedenen Sachverständigen der Feuerwehr ein, welche das vom Kläger geschilderte Geschehen bei sehr heißem Wetter für möglich hielten, wenn auch nicht für wahrscheinlich (Wahrscheinlichkeit 1:1.000).
Mit Bescheid vom 26.09.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus Anlass des Ereignisses vom 04.10.2007 ab. Es sei nicht eindeutig zu klären, wie es zu den vom Kläger erlittenen Verbrennungen gekommen sei. Das Vorliegen des behaupteten Ereignisses sei nicht mit der erforderlichen Gewissheit bewiesen.
Im Widerspruchsverfahren beauftragte die Beklagte den Dipl.-Ing. H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser teilte am 03.04.2009 mit, dass Dieselkraftstoffe sowie deren Dämpfe erst bei Temperaturen oberhalb des Flammpunktes von etwa 50 Grad Celsius entzündlich seien. Ein Entzünden des Kraftstoffs bzw. von austretenden Dämpfen sei aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar und plausibel. Der beschriebene Hergang sei aufgrund der physikalischen Gegebenheiten auszuschließen, da eine zu niedrige Umgebungstemperatur geherrscht habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und verwies hierzu auf das eingeholte Gutachten.
Der Kläger hat deswegen über seine Bevollmächtigten am 08.10.2009 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Der Vorfall habe sich wie von ihm geschildert ereignet. Es könne von ihm nicht die Erklärung der physikalischen Zusammenhänge erwartet werden. Das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten sei äußerst knapp und enthalte nur eine Stellungnahme nach Aktenlage.
Das SG hat den Sicherheitsfachwirt (FH) F. S. mit Erstellung eines weiteren Gutachtens beauftragt. In dem Gutachten vom 11.05.2010 werden die Ausführungen des Vorgutachters bestätigt. Dieselkraftstoff sei in flüssigem Zustand nicht einfach zum Brennen zu bringen, gefährlicher seien die Dämpfe des Kraftstoffs. Zwar sei theoretisch eine Explosion bzw. eine Stichflamme im richtigen Mischverhältnis möglich, dies setze jedoch eine konstante Sonneneinstrahlung auf den Tank voraus, was bei einem fahrenden Auto nahezu unmöglich sei. Des Weiteren müsse der Tank fast leer sein, damit sich ausreichend Dämpfe bilden könnten. Zündungen von Dieselkraftstoff durch den Umgang mit offener Flamme seien schon bei Temperaturen von 20 bis 30 Grad Celsius bekannt, die hierfür erforderlichen Umstände wie Vernebelung bzw. Verdampfung hätten zum angegebenen Zeitpunkt jedoch weder technisch noch physikalisch vorgelegen, da im Monat Oktober um ca. 19:30 abends mit Außentemperaturen von 15 bis 20 Grad Celsius keine ausreichende Aufheizung des Diesels im Tank habe erfolgen können. Außerdem weise die Gummidichtung am Tank keine entsprechenden thermischen Belastungen auf, weswegen der behauptete Hergang mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne.
Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 22.09.2010 die Klage abgewiesen und sich hierzu auf die Ausführungen des Gerichtsgutachters gestützt. Der vom Kläger behauptete Vorgang sei nach dem Gutachten nicht wahrscheinlich. Außerdem weise die Gummidichtung im Bereich der Tanköffnung keinerlei Beschädigungen auf, wie sie bei einer Stichflamme zu erwarten gewesen wären. Der Gerichtsbescheid ist der Bevollmächtigten des Klägers am 30.09.2010 zugestellt wurden.
Am 25.10.2010 haben die neuen Bevollmächtigten des Klägers Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22.09.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2009 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 04.10.2007 ein bei der Beklagten versicherter Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht gegründet.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Versichert ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit.
Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -). Beweisrechtlich müssen der Unfall, die versicherte Tätigkeit und die geltend gemachten Verletzungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).
Der Senat ist ebenso wie das SG nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, dass eine versicherte Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nicht nachgewiesen ist. Zwar kann auch ein Anhalten auf dem Arbeitsweg noch vom Versicherungsschutz der Vorschrift umfasst sein, etwa wenn ein Versicherter während des Zurücklegens eines versicherten Weges Maßnahmen zur Beseitigung einer aufgetretenen Störung am benutzten Fahrzeug ergreift (vgl. BSG, Urteil vom 04.09.2007 - B 2 U 24/06 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 24). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die zur Verletzung führende Handlung auf die Fortsetzung des Weges gerichtet und dies durch objektive Umstände (Länge des Weges, Art, Umfang und Dauer der Maßnahme) belegt war (BSG a.a.O.).
Vorliegend ist indes bereits nicht im Wege des erforderlichen Vollbeweises nachgewiesen, dass der Kläger seine Verletzungen bei einer solchen objektiv der Fortsetzung des Arbeitsweges dienenden Handlung erlitten hat. Nach den vorliegenden sachverständigen Stellungnahmen, insbesondere dem ausführlichen und schlüssigen Gutachten des Sicherheitsfachwirts (FH) F. S., kann das vom Kläger behauptete Geschehen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Da sich das Ereignis im Oktober um ca. 19:30 Uhr abends mit Außentemperaturen von (maximal) 15 bis 20 Grad Celsius ereignet hat, war keine ausreichende Aufheizung des Diesels im Tank für eine solche Verpuffungsreaktion oder Stichflamme möglich. Auch belegt die unversehrte Gummidichtung am Tank, dass keine entsprechende thermische Belastung aufgetreten ist. Der behauptete Unfallhergang kann deswegen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Auch wenn der Kläger sich unstreitig nach dem Ende seiner Arbeitsschicht in der dokumentierten Weise verletzt hat, ist danach das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit nicht feststellbar, da nach den umfassenden Ermittlungen nicht nachgewiesen ist, dass eine versicherte Tätigkeit bzw. ein versicherter Arbeitsweg vorlag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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