Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 80 AL 99/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 252/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. August 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Neubescheidung seines Antrages auf Förderung einer Bildungsmaßnahme zum Physiotherapeuten.
Der 1965 geborene Kläger hatte keine Berufsausbildung absolviert. Er war seit September 1991 als Frachtpostzusteller bei der D AG beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag mit Ablauf des 31. März 2004. In diesem Monat beantragte der Kläger die Förderung einer Maßnahme zum Physiotherapeuten, die in der Schule für Physiotherapie und Masseure und medizinische Bademeister der S sgesellschaft mbH S (S) in der Zeit vom 01. April 2004 bis zum 31. März 2007 stattfand (Ausbildungsvertrag über die Erstausbildung zum Physiotherapeuten vom 26. März 2004). Zur Begründung seines Antrages hatte der Kläger u.a. angegeben, er könne als Kraftfahrer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr tätig sein. Bei der angestrebten Weiterbildung sei jedoch nach erfolgreichem Abschluss eine langfristige Aufnahme eines zumutbaren Arbeitsverhältnisses gewährleistet. Der Kläger reichte ferner eine Erklärung der Physiotherapie H GbR zur Akte, ausweislich derer beabsichtigt sei, den Kläger als Vollzeitkraft nach erfolgreichem Abschluss zum Physiotherapeuten zu beschäftigen. Auf die vom Kläger weiter eingereichten ärztlichen Unterlagen wird Bezug genommen. Der Kläger begann die Ausbildung zum Physiotherapeuten am 01. April 2004 und beendete sie im April 2007 erfolgreich (Urkunde über die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Physiotherapeut" des Landesamtes für Soziales und Versorgung Cottbus vom 02. April 2007). Er ist seither als Physiotherapeut – mittlerweile selbständig – tätig.
Nach Einholung eines arbeitsamtsärztlichen Gutachtens (Internistin und Arbeitsmedizinerin G) vom 26. März 2004, in dem für die vorgesehene Tätigkeit als Physiotherapeut ein Eignungsrisiko hinsichtlich uneingeschränkter und dauerhafter Belastbarkeit sowie Leistungsfähigkeit beschrieben worden war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. April 2004 den Antrag auf Förderung der Physiotherapeutenausbildung ab mit der Begründung, dass hinsichtlich der gesundheitlichen Einschränkungen von einer dauerhaften beruflichen Wiedereingliederung im Hinblick auf die angestrebte Umschulung zum Physiotherapeuten nicht ausgegangen werden könne. Eine Förderung nach § 77 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) komme daher nicht in Betracht. Der Widerspruch des Klägers, dem dieser eine Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie S vom 18. Mai 2004 beifügte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2004). Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche dauerhafte Eingliederung des Klägers in den Arbeitsmarkt lägen für die gewählte Maßnahme nicht vor. Zu vorgeschlagenen anderen Maßnahmen habe sich der Kläger nicht bereit erklärt.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Neubescheidung des Antrages auf Förderung der Teilnahme an der vom 01. April 2004 bis 02. April 2007 besuchten Bildungsmaßnahme zum Physiotherapeuten gerichtete Klage mit Urteil vom 04. August 2009 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags. Zwar seien die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 SGB III vorliegend erfüllt. Die hierauf gestützte Ermessensentscheidung der Beklagten mit dem Ergebnis der Ablehnung der Förderung sei jedoch nicht zu beanstanden. Vorliegend seien weder eine Ermessensüberschreitung noch ein Ermessensfehlgebrauch gegeben. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger von vornherein nur die Umschulung zum Physiotherapeuten angestrebt habe und offensichtlich nicht bereit gewesen sei, Alternativen für seine Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt mit der Beklagten zu erörtern. Abgestellt auf den maßgebenden Beurteilungszeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 03. Juli 2003 – B 7 AL 66/02 R – juris - ua) habe die Beklagte beanstandungsfrei darauf abstellen dürfen, ob das angestrebte Bildungsziel eine berufliche Eingliederung als wahrscheinlich habe erwarten lassen, wobei die individuelle Eignung auch in gesundheitlicher Rücksicht zu berücksichtigen gewesen sei. Unter Berücksichtigung der körperlichen Anforderungen an einen Physiotherapeuten sei das von der Beklagten konstatierte Eignungsrisiko für diese Tätigkeit nicht zu beanstanden. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass nach den einschlägigen Berufsinformationen die Ausübung dieses Berufes im Hinblick auf das Demonstrieren von Bewegungsübungen oder das Unterstützen von Patienten bei den Übungen eine kräftige Konstitution erfordere und auch Zwangshaltungen zur Folge habe. Die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid gezogene Schlussfolgerung sei daher im Ergebnis weder unter Ermessensgesichtspunkten noch aus sonstigen Gründen zu beanstanden.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Das SG habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und sei deshalb zu einer fehlerhaften Entscheidung gelangt. Bereits im Widerspruchsverfahren habe der Kläger durch ärztliche Bescheinigungen untermauert, dass für die angestrebte Bildungsmaßnahme und den Beruf des Physiotherapeuten eine gesundheitliche Eignung vorliege. Das SG, dem die eigene Sachkunde fehle, hätte daher durch entsprechende medizinische Ermittlungen Feststellungen zur Eignung für die beabsichtige Maßnahme treffen müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. August 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seinen Antrag auf Förderung der Bildungsmaßnahme zum Physiotherapeuten in der Zeit vom 01. April 2004 bis 02. April 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend, auch für den Fall, dass es sich bei der absolvierten Bildungsmaßnahme um eine Berufsausbildung im Sinne der §§ 60 ff. SGB III gehandelt habe.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Verwaltungsakte der Beklagte und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Neubescheidung seines Antrages auf Förderung der Bildungsmaßnahme zum Physiotherapeuten bzw. – bei verständiger Würdigung seines Klagebegehrens (vgl. § 123 SGG) – auch keinen Anspruch auf Förderung der in dem im Berufungsschriftsatz bezeichneten Zeitraum absolvierten Bildungsmaßnahme zum Physiotherapeuten.
Ein Anspruch auf Neubescheidung auf der Grundlage von § 77 Abs. 1 SGB III in der vorliegend anwendbaren, ab 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (vgl. § 422 Abs. 1 SGB III; im Folgenden ohne Zusatz zitiert) scheidet schon deshalb aus, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Ermessensentscheidung der Beklagten nicht vorliegen. Bei der von dem Kläger absolvierten Maßnahme handelte es sich nicht um eine Maßnahme der berufliche Weiterbildung im Sinne der §§ 77 ff. SGB III. Arbeitnehmer können danach bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten und Leistung von Unterhaltsgeld gefördert werden, wenn die unter den Nrn. 1 bis 4 genannten Voraussetzungen vorliegen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die der Senat seiner Entscheidung zu Grunde legt, ist die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 17. November 2005 – B 11a AL 23/05 R – juris -; BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 – B 7/7a AL 68/06 R = SozR 4-4300 § 60 Nr. 1 mwN; BSG, Urteil vom 30. August 2010 – B 4 AS 97/09 R – juris). Entscheidend für die Abgrenzung ist dabei nicht das Ziel der Maßnahme, sondern der Weg, auf dem das Ziel erreicht werden soll. Weiterbildungsangebote sollen grundsätzlich auf dem bereits vorhandenen beruflichen Wissen aufbauen. Es handelt sich insoweit um die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach dem Abschluss der ersten Ausbildungsphase (vgl. insoweit Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand VIII/09, Vor §§ 77-96 Rn 1) oder auch sonstiger beruflicher Betätigung ohne vorherigen Berufsabschluss, die deswegen vielfach mit einer verkürzten Ausbildungsdauer einhergeht (vgl. § 85 Abs. 2 SGB III). Bei der vom Kläger durchlaufenen Ausbildung zum Physiotherapeuten handelt es sich nach diesen Grundsätzen nicht um eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung, sondern um eine Ausbildung (vgl. auch zur Ergotherapeutenausbildung: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. April 2008 – L 10 AS 154/08 – juris). Nach dem Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (MPhG) und der dazu ergangenen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten (PhysTh-APrV) handelt es sich bei der Ausbildung zum Physiotherapeuten um eine bundesweit einheitlich geregelte schulische Ausbildung von drei Jahren, die einen mittleren Bildungsabschluss und gesundheitliche Eignung voraussetzt (§§ 9 Abs. 1, 10 MPhG). Weitere Voraussetzungen, insbesondere besondere berufliche Vorkenntnisse oder Erfahrungen, werden nicht gefordert. Es handelt sich um eine umfassende Berufsausbildung für nicht beruflich Vorgeschulte/Erfahrene, was auch daraus erhellt, dass die zuständige Behörde auf Antrag eine andere einschlägige Ausbildung (Turn-, Sport- oder Gymnastiklehrer) mit sechs Monaten anzurechnen hat bzw. eine andere Ausbildung im Umfang ihrer Gleichwertigkeit anrechnen kann, soweit dadurch die Durchführung der Ausbildung und die Erreichung des Ausbildungsziels nicht gefährdet werden (vgl. § 12 Abs. 2 und 3 MPhG). Die Voraussetzungen dieser Verkürzungsmöglichkeiten, die es zugleich ermöglicht hätten, die Maßnahme als berufliche Weiterbildungsmaßnahme anzusehen, sind in der Person des Klägers allesamt jedoch nicht erfüllt. Aus der Gesamtbetrachtung der vom Kläger durchlaufenen Maßnahme folgt vielmehr, dass die Bildungsmaßnahme auf keine beruflichen (Vor-)Kenntnisse und Fähigkeiten des Klägers aufbauen bzw. an diese anknüpfen konnte. Der Kläger war nach Abschluss der Schule und des Wehrdienstes ohne abgeschlossene Berufsausbildung im Handel, in einer Werbeagentur und zuletzt von 1991 bis 2004 als Frachtpostzusteller beschäftigt. Die Bildungsmaßnahme war sowohl inhaltlich als auch zeitlich auch nicht auf einen kürzeren Zeitraum als nach der einschlägigen Ausbildungsverordnung angelegt. Ausweislich des vorliegenden Ausbildungsvertrages über die "Erstausbildung" zum Physiotherapeuten sind auch keine Veränderungen der Ausbildung bzw. des Lehrstoffs aufgrund von beruflicher Vorbildung oder anderer einschlägiger Vorkenntnisse des Klägers erfolgt. Dass die Beklagte die Maßnahme als Weiterbildungsmaßnahme nach den § 77 ff. SGB III angesehen hat und dem Kläger hierfür augenscheinlich auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) vom zuständigen Leistungsträger gewährt worden sind, reicht nicht aus, um die Ausbildung zum Physiotherapeuten als Weiterbildungsmaßnahme zu qualifizieren. Anderenfalls würde die gesetzlich nicht vorgesehene Möglichkeit eröffnet, dass die Beklagte, die keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Kläger zu erbringen hatte, mit ihrer Qualifizierung der Maßnahme als Weiterbildungsmaßnahme den Grundsicherungsträger im Hinblick auf die Gewährung von Arbeitslosengeld II bindet (vgl hierzu BSG, Urteil vom 30. August 2010 – B 4 AS 97/09 R -).
Selbst wenn es sich bei der Ausbildung zum Physiotherapeuten um eine grds. förderbare Weiterbildung i.S. der § 77 ff SGB III handeln würde, stünde einer Förderung die Regelung des § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III entgegen. Danach ist die Dauer einer Vollzeitmaßnahme nur dann angemessen, wenn sie gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens ein Drittel der sonst üblichen Ausbildungszeit verkürzt ist. Zwar ist nach § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III die Förderung eines Maßnahmeteils von bis zu zwei Dritteln der Maßnahme nicht ausgeschlossen, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert ist und eine Verkürzung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit auf Grund von Bundes- oder Landesregelungen ausgeschlossen ist. Nach § 12 Abs. 3 MPhG ist die Anrechnung einer gleichwertigen Vorausbildung im Umfang von mindestens ein Drittel aber gerade nicht ausgeschlossen.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Neubescheidung unter dem Gesichtspunkt zu, dass die Beklagte die Maßnahme zu Unrecht als Maßnahme der beruflichen Weiterbildung angesehen und die Gewährung von Leistungen für eine berufliche Ausbildung demzufolge nicht geprüft hat. Denn im Ergebnis ist die Ablehnungsentscheidung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen, dass die Ausbildung des Klägers zum Physiotherapeuten als erstmalige Ausbildung im Sinne von § 60 Abs. 1 SGB III anzusehen ist, handelte es sich bei der von ihm ab 01. April 2004 besuchten Maßnahme nicht um eine förderungsfähige Ausbildung im Sinne der §§ 59 Nr. 1, 60 Abs. 1 SGB III. Nach § 60 Abs. 1 SGB III in der bis 31. Dezember 2008 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung ist eine berufliche Ausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen ist. Der Kläger hat den staatlich anerkannten Beruf des Physiotherapeuten mit einer Ausbildungszeit von drei Jahren angestrebt (§ 9 Abs. 1 MPhG). Seine Ausbildung ist auch als erstmalige Ausbildung im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB III anzusehen. Denn er hatte zuvor noch keine auf dem Arbeitsmarkt verwertbare Berufsausbildung abgeschlossen. Darüber hinaus hatte der Kläger auch sonst keinen durch Berufserfahrung gewonnenen Status erlangt, der ihn zur verantwortlichen Ausübung des Berufs des Physiotherapeuten befähigt hätte. Die Ausbildung zum Physiotherapeuten, die der Kläger absolviert hat, wurde jedoch als schulische Ausbildung nicht nach den Vorschriften des BBiG durchgeführt. Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits zum Anspruch auf Förderung der Berufsausbildung unter Geltung des § 40 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm § 2 Abs. 1 Nr. 1a der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung idF der 21. Änderungsverordnung vom 16. März 1982 (- ANBA 1982, 555) entschieden hatte, war Berufsausbildungsbeihilfe nicht bereits dann zu gewähren, wenn nur das Ausbildungsziel eines anerkannten Ausbildungsberufes verfolgt wurde. Vielmehr konnte die Ausbildung nur dann gefördert werden, wenn sie in der durch das BBiG vorgeschriebenen Form geschah (vgl BSG SozR 3-4100 § 40 Nr. 2). In Fortführung dieser Rechtsprechung hat das BSG später ausgeführt, dass durch die Aufnahme von Berufsausbildungsverhältnissen in das nach § 31 BBiG in der bis 31. März 2005 geltenden Fassung bzw. nach § 34 BBiG in der seit 01. April 2005 geltenden Fassung einzurichtende und zu führende Verzeichnis die hierfür zuständige Stelle darüber entscheidet, ob eine Ausbildung der durch das BBiG vorgeschriebenen Form entspricht (vgl. BSG SozR 3-4100 § 40 Nr. 8 S. 36). Die Nichteintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse ist für Gerichte, andere Behörden und Dritte bindend mit der Folge, dass eine Überprüfung der inhaltlichen Übereinstimmung der betrieblichen Ausbildung mit den Vorschriften des BBiG und der jeweiligen Ausbildungsordnung der Beklagten und den Sozialgerichten grundsätzlich nicht zusteht (vgl. BSG aaO). Dies gilt in gleicher Weise für § 60 SGB III (vgl BSG, Urteil vom 18. August 2005 – B 7a/7 AL 100/04 R – juris). Denn Förderungsvoraussetzung ist auch insoweit stets der Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages nach dem BBiG, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz. Auch in der Geltung des § 60 Abs. 1 SGB III genügt es für die Förderungsfähigkeit daher nicht, dass die gewählte Ausbildung zu einem anerkannten beruflichen Abschluss – wie hier – führt; sie muss vielmehr auch in den vom BBiG vorgeschriebenen Formen durchgeführt werden. Die Ausbildung zum Physiotherapeuten wird durch staatlich anerkannte Schulen vermittelt und schließt mit der staatlichen Prüfung ab. Schulen, die nicht an einem Krankenhaus eingerichtet sind, haben die praktische Ausbildung im Rahmen einer Regelung mit Krankenhäusern oder anderen geeigneten medizinischen Einrichtungen sicherzustellen (vgl. § 9 Abs. 1 MPhG). Der Unterrichtsteil überwiegt mit 2.900 Stunden den praktischen Ausbildungsteil von 1.600 Stunden bei weitem (vgl § 1 Abs. 1 PhysTh-APrV). Die Ausbildung entspricht daher nicht der durch das BBiG vorgesehenen Form. Der zwischen dem Kläger und der S geschlossene Ausbildungsvertrag war daher auch nicht in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen, da es sich um eine schulische Ausbildung handelte, die nicht in den vom BBiG vorgeschriebenen Formen durchgeführt wurde (vgl auch zur Ausbildung zum Diätassistenten BSG, Urteil vom 27. Januar 2005 – B 7a/7 AL 20/04 R = SozR 4-4300 § 77 Nr. 2). Bei dem Kläger handelte es sich auch nicht um einen behinderten Menschen, bei dem die in § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III genannten Voraussetzungen vorgelegen hätten. Die Ausbildung war daher als schulische Ausbildung grundsätzlich nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes förderungsfähig (vgl § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr 2 BAföG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Neubescheidung seines Antrages auf Förderung einer Bildungsmaßnahme zum Physiotherapeuten.
Der 1965 geborene Kläger hatte keine Berufsausbildung absolviert. Er war seit September 1991 als Frachtpostzusteller bei der D AG beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag mit Ablauf des 31. März 2004. In diesem Monat beantragte der Kläger die Förderung einer Maßnahme zum Physiotherapeuten, die in der Schule für Physiotherapie und Masseure und medizinische Bademeister der S sgesellschaft mbH S (S) in der Zeit vom 01. April 2004 bis zum 31. März 2007 stattfand (Ausbildungsvertrag über die Erstausbildung zum Physiotherapeuten vom 26. März 2004). Zur Begründung seines Antrages hatte der Kläger u.a. angegeben, er könne als Kraftfahrer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr tätig sein. Bei der angestrebten Weiterbildung sei jedoch nach erfolgreichem Abschluss eine langfristige Aufnahme eines zumutbaren Arbeitsverhältnisses gewährleistet. Der Kläger reichte ferner eine Erklärung der Physiotherapie H GbR zur Akte, ausweislich derer beabsichtigt sei, den Kläger als Vollzeitkraft nach erfolgreichem Abschluss zum Physiotherapeuten zu beschäftigen. Auf die vom Kläger weiter eingereichten ärztlichen Unterlagen wird Bezug genommen. Der Kläger begann die Ausbildung zum Physiotherapeuten am 01. April 2004 und beendete sie im April 2007 erfolgreich (Urkunde über die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Physiotherapeut" des Landesamtes für Soziales und Versorgung Cottbus vom 02. April 2007). Er ist seither als Physiotherapeut – mittlerweile selbständig – tätig.
Nach Einholung eines arbeitsamtsärztlichen Gutachtens (Internistin und Arbeitsmedizinerin G) vom 26. März 2004, in dem für die vorgesehene Tätigkeit als Physiotherapeut ein Eignungsrisiko hinsichtlich uneingeschränkter und dauerhafter Belastbarkeit sowie Leistungsfähigkeit beschrieben worden war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. April 2004 den Antrag auf Förderung der Physiotherapeutenausbildung ab mit der Begründung, dass hinsichtlich der gesundheitlichen Einschränkungen von einer dauerhaften beruflichen Wiedereingliederung im Hinblick auf die angestrebte Umschulung zum Physiotherapeuten nicht ausgegangen werden könne. Eine Förderung nach § 77 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) komme daher nicht in Betracht. Der Widerspruch des Klägers, dem dieser eine Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie S vom 18. Mai 2004 beifügte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2004). Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche dauerhafte Eingliederung des Klägers in den Arbeitsmarkt lägen für die gewählte Maßnahme nicht vor. Zu vorgeschlagenen anderen Maßnahmen habe sich der Kläger nicht bereit erklärt.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Neubescheidung des Antrages auf Förderung der Teilnahme an der vom 01. April 2004 bis 02. April 2007 besuchten Bildungsmaßnahme zum Physiotherapeuten gerichtete Klage mit Urteil vom 04. August 2009 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags. Zwar seien die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 SGB III vorliegend erfüllt. Die hierauf gestützte Ermessensentscheidung der Beklagten mit dem Ergebnis der Ablehnung der Förderung sei jedoch nicht zu beanstanden. Vorliegend seien weder eine Ermessensüberschreitung noch ein Ermessensfehlgebrauch gegeben. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger von vornherein nur die Umschulung zum Physiotherapeuten angestrebt habe und offensichtlich nicht bereit gewesen sei, Alternativen für seine Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt mit der Beklagten zu erörtern. Abgestellt auf den maßgebenden Beurteilungszeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 03. Juli 2003 – B 7 AL 66/02 R – juris - ua) habe die Beklagte beanstandungsfrei darauf abstellen dürfen, ob das angestrebte Bildungsziel eine berufliche Eingliederung als wahrscheinlich habe erwarten lassen, wobei die individuelle Eignung auch in gesundheitlicher Rücksicht zu berücksichtigen gewesen sei. Unter Berücksichtigung der körperlichen Anforderungen an einen Physiotherapeuten sei das von der Beklagten konstatierte Eignungsrisiko für diese Tätigkeit nicht zu beanstanden. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass nach den einschlägigen Berufsinformationen die Ausübung dieses Berufes im Hinblick auf das Demonstrieren von Bewegungsübungen oder das Unterstützen von Patienten bei den Übungen eine kräftige Konstitution erfordere und auch Zwangshaltungen zur Folge habe. Die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid gezogene Schlussfolgerung sei daher im Ergebnis weder unter Ermessensgesichtspunkten noch aus sonstigen Gründen zu beanstanden.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Das SG habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und sei deshalb zu einer fehlerhaften Entscheidung gelangt. Bereits im Widerspruchsverfahren habe der Kläger durch ärztliche Bescheinigungen untermauert, dass für die angestrebte Bildungsmaßnahme und den Beruf des Physiotherapeuten eine gesundheitliche Eignung vorliege. Das SG, dem die eigene Sachkunde fehle, hätte daher durch entsprechende medizinische Ermittlungen Feststellungen zur Eignung für die beabsichtige Maßnahme treffen müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. August 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seinen Antrag auf Förderung der Bildungsmaßnahme zum Physiotherapeuten in der Zeit vom 01. April 2004 bis 02. April 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend, auch für den Fall, dass es sich bei der absolvierten Bildungsmaßnahme um eine Berufsausbildung im Sinne der §§ 60 ff. SGB III gehandelt habe.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Verwaltungsakte der Beklagte und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Neubescheidung seines Antrages auf Förderung der Bildungsmaßnahme zum Physiotherapeuten bzw. – bei verständiger Würdigung seines Klagebegehrens (vgl. § 123 SGG) – auch keinen Anspruch auf Förderung der in dem im Berufungsschriftsatz bezeichneten Zeitraum absolvierten Bildungsmaßnahme zum Physiotherapeuten.
Ein Anspruch auf Neubescheidung auf der Grundlage von § 77 Abs. 1 SGB III in der vorliegend anwendbaren, ab 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (vgl. § 422 Abs. 1 SGB III; im Folgenden ohne Zusatz zitiert) scheidet schon deshalb aus, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Ermessensentscheidung der Beklagten nicht vorliegen. Bei der von dem Kläger absolvierten Maßnahme handelte es sich nicht um eine Maßnahme der berufliche Weiterbildung im Sinne der §§ 77 ff. SGB III. Arbeitnehmer können danach bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten und Leistung von Unterhaltsgeld gefördert werden, wenn die unter den Nrn. 1 bis 4 genannten Voraussetzungen vorliegen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die der Senat seiner Entscheidung zu Grunde legt, ist die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 17. November 2005 – B 11a AL 23/05 R – juris -; BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 – B 7/7a AL 68/06 R = SozR 4-4300 § 60 Nr. 1 mwN; BSG, Urteil vom 30. August 2010 – B 4 AS 97/09 R – juris). Entscheidend für die Abgrenzung ist dabei nicht das Ziel der Maßnahme, sondern der Weg, auf dem das Ziel erreicht werden soll. Weiterbildungsangebote sollen grundsätzlich auf dem bereits vorhandenen beruflichen Wissen aufbauen. Es handelt sich insoweit um die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach dem Abschluss der ersten Ausbildungsphase (vgl. insoweit Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand VIII/09, Vor §§ 77-96 Rn 1) oder auch sonstiger beruflicher Betätigung ohne vorherigen Berufsabschluss, die deswegen vielfach mit einer verkürzten Ausbildungsdauer einhergeht (vgl. § 85 Abs. 2 SGB III). Bei der vom Kläger durchlaufenen Ausbildung zum Physiotherapeuten handelt es sich nach diesen Grundsätzen nicht um eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung, sondern um eine Ausbildung (vgl. auch zur Ergotherapeutenausbildung: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. April 2008 – L 10 AS 154/08 – juris). Nach dem Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (MPhG) und der dazu ergangenen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten (PhysTh-APrV) handelt es sich bei der Ausbildung zum Physiotherapeuten um eine bundesweit einheitlich geregelte schulische Ausbildung von drei Jahren, die einen mittleren Bildungsabschluss und gesundheitliche Eignung voraussetzt (§§ 9 Abs. 1, 10 MPhG). Weitere Voraussetzungen, insbesondere besondere berufliche Vorkenntnisse oder Erfahrungen, werden nicht gefordert. Es handelt sich um eine umfassende Berufsausbildung für nicht beruflich Vorgeschulte/Erfahrene, was auch daraus erhellt, dass die zuständige Behörde auf Antrag eine andere einschlägige Ausbildung (Turn-, Sport- oder Gymnastiklehrer) mit sechs Monaten anzurechnen hat bzw. eine andere Ausbildung im Umfang ihrer Gleichwertigkeit anrechnen kann, soweit dadurch die Durchführung der Ausbildung und die Erreichung des Ausbildungsziels nicht gefährdet werden (vgl. § 12 Abs. 2 und 3 MPhG). Die Voraussetzungen dieser Verkürzungsmöglichkeiten, die es zugleich ermöglicht hätten, die Maßnahme als berufliche Weiterbildungsmaßnahme anzusehen, sind in der Person des Klägers allesamt jedoch nicht erfüllt. Aus der Gesamtbetrachtung der vom Kläger durchlaufenen Maßnahme folgt vielmehr, dass die Bildungsmaßnahme auf keine beruflichen (Vor-)Kenntnisse und Fähigkeiten des Klägers aufbauen bzw. an diese anknüpfen konnte. Der Kläger war nach Abschluss der Schule und des Wehrdienstes ohne abgeschlossene Berufsausbildung im Handel, in einer Werbeagentur und zuletzt von 1991 bis 2004 als Frachtpostzusteller beschäftigt. Die Bildungsmaßnahme war sowohl inhaltlich als auch zeitlich auch nicht auf einen kürzeren Zeitraum als nach der einschlägigen Ausbildungsverordnung angelegt. Ausweislich des vorliegenden Ausbildungsvertrages über die "Erstausbildung" zum Physiotherapeuten sind auch keine Veränderungen der Ausbildung bzw. des Lehrstoffs aufgrund von beruflicher Vorbildung oder anderer einschlägiger Vorkenntnisse des Klägers erfolgt. Dass die Beklagte die Maßnahme als Weiterbildungsmaßnahme nach den § 77 ff. SGB III angesehen hat und dem Kläger hierfür augenscheinlich auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) vom zuständigen Leistungsträger gewährt worden sind, reicht nicht aus, um die Ausbildung zum Physiotherapeuten als Weiterbildungsmaßnahme zu qualifizieren. Anderenfalls würde die gesetzlich nicht vorgesehene Möglichkeit eröffnet, dass die Beklagte, die keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Kläger zu erbringen hatte, mit ihrer Qualifizierung der Maßnahme als Weiterbildungsmaßnahme den Grundsicherungsträger im Hinblick auf die Gewährung von Arbeitslosengeld II bindet (vgl hierzu BSG, Urteil vom 30. August 2010 – B 4 AS 97/09 R -).
Selbst wenn es sich bei der Ausbildung zum Physiotherapeuten um eine grds. förderbare Weiterbildung i.S. der § 77 ff SGB III handeln würde, stünde einer Förderung die Regelung des § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III entgegen. Danach ist die Dauer einer Vollzeitmaßnahme nur dann angemessen, wenn sie gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens ein Drittel der sonst üblichen Ausbildungszeit verkürzt ist. Zwar ist nach § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III die Förderung eines Maßnahmeteils von bis zu zwei Dritteln der Maßnahme nicht ausgeschlossen, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert ist und eine Verkürzung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit auf Grund von Bundes- oder Landesregelungen ausgeschlossen ist. Nach § 12 Abs. 3 MPhG ist die Anrechnung einer gleichwertigen Vorausbildung im Umfang von mindestens ein Drittel aber gerade nicht ausgeschlossen.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Neubescheidung unter dem Gesichtspunkt zu, dass die Beklagte die Maßnahme zu Unrecht als Maßnahme der beruflichen Weiterbildung angesehen und die Gewährung von Leistungen für eine berufliche Ausbildung demzufolge nicht geprüft hat. Denn im Ergebnis ist die Ablehnungsentscheidung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen, dass die Ausbildung des Klägers zum Physiotherapeuten als erstmalige Ausbildung im Sinne von § 60 Abs. 1 SGB III anzusehen ist, handelte es sich bei der von ihm ab 01. April 2004 besuchten Maßnahme nicht um eine förderungsfähige Ausbildung im Sinne der §§ 59 Nr. 1, 60 Abs. 1 SGB III. Nach § 60 Abs. 1 SGB III in der bis 31. Dezember 2008 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung ist eine berufliche Ausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen ist. Der Kläger hat den staatlich anerkannten Beruf des Physiotherapeuten mit einer Ausbildungszeit von drei Jahren angestrebt (§ 9 Abs. 1 MPhG). Seine Ausbildung ist auch als erstmalige Ausbildung im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB III anzusehen. Denn er hatte zuvor noch keine auf dem Arbeitsmarkt verwertbare Berufsausbildung abgeschlossen. Darüber hinaus hatte der Kläger auch sonst keinen durch Berufserfahrung gewonnenen Status erlangt, der ihn zur verantwortlichen Ausübung des Berufs des Physiotherapeuten befähigt hätte. Die Ausbildung zum Physiotherapeuten, die der Kläger absolviert hat, wurde jedoch als schulische Ausbildung nicht nach den Vorschriften des BBiG durchgeführt. Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits zum Anspruch auf Förderung der Berufsausbildung unter Geltung des § 40 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm § 2 Abs. 1 Nr. 1a der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung idF der 21. Änderungsverordnung vom 16. März 1982 (- ANBA 1982, 555) entschieden hatte, war Berufsausbildungsbeihilfe nicht bereits dann zu gewähren, wenn nur das Ausbildungsziel eines anerkannten Ausbildungsberufes verfolgt wurde. Vielmehr konnte die Ausbildung nur dann gefördert werden, wenn sie in der durch das BBiG vorgeschriebenen Form geschah (vgl BSG SozR 3-4100 § 40 Nr. 2). In Fortführung dieser Rechtsprechung hat das BSG später ausgeführt, dass durch die Aufnahme von Berufsausbildungsverhältnissen in das nach § 31 BBiG in der bis 31. März 2005 geltenden Fassung bzw. nach § 34 BBiG in der seit 01. April 2005 geltenden Fassung einzurichtende und zu führende Verzeichnis die hierfür zuständige Stelle darüber entscheidet, ob eine Ausbildung der durch das BBiG vorgeschriebenen Form entspricht (vgl. BSG SozR 3-4100 § 40 Nr. 8 S. 36). Die Nichteintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse ist für Gerichte, andere Behörden und Dritte bindend mit der Folge, dass eine Überprüfung der inhaltlichen Übereinstimmung der betrieblichen Ausbildung mit den Vorschriften des BBiG und der jeweiligen Ausbildungsordnung der Beklagten und den Sozialgerichten grundsätzlich nicht zusteht (vgl. BSG aaO). Dies gilt in gleicher Weise für § 60 SGB III (vgl BSG, Urteil vom 18. August 2005 – B 7a/7 AL 100/04 R – juris). Denn Förderungsvoraussetzung ist auch insoweit stets der Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages nach dem BBiG, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz. Auch in der Geltung des § 60 Abs. 1 SGB III genügt es für die Förderungsfähigkeit daher nicht, dass die gewählte Ausbildung zu einem anerkannten beruflichen Abschluss – wie hier – führt; sie muss vielmehr auch in den vom BBiG vorgeschriebenen Formen durchgeführt werden. Die Ausbildung zum Physiotherapeuten wird durch staatlich anerkannte Schulen vermittelt und schließt mit der staatlichen Prüfung ab. Schulen, die nicht an einem Krankenhaus eingerichtet sind, haben die praktische Ausbildung im Rahmen einer Regelung mit Krankenhäusern oder anderen geeigneten medizinischen Einrichtungen sicherzustellen (vgl. § 9 Abs. 1 MPhG). Der Unterrichtsteil überwiegt mit 2.900 Stunden den praktischen Ausbildungsteil von 1.600 Stunden bei weitem (vgl § 1 Abs. 1 PhysTh-APrV). Die Ausbildung entspricht daher nicht der durch das BBiG vorgesehenen Form. Der zwischen dem Kläger und der S geschlossene Ausbildungsvertrag war daher auch nicht in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen, da es sich um eine schulische Ausbildung handelte, die nicht in den vom BBiG vorgeschriebenen Formen durchgeführt wurde (vgl auch zur Ausbildung zum Diätassistenten BSG, Urteil vom 27. Januar 2005 – B 7a/7 AL 20/04 R = SozR 4-4300 § 77 Nr. 2). Bei dem Kläger handelte es sich auch nicht um einen behinderten Menschen, bei dem die in § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III genannten Voraussetzungen vorgelegen hätten. Die Ausbildung war daher als schulische Ausbildung grundsätzlich nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes förderungsfähig (vgl § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr 2 BAföG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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