L 4 KR 1301/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 257/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1301/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Februar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf EUR 54,80 festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein vom Kläger geltend gemachter Vergütungsanspruch für zwei physiotherapeutische Behandlungen in Höhe von EUR 54,80 zuzüglich Zinsen im Streit.

Der Kläger ist als nach § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassener Physiotherapeut in W./Baden-Württemberg tätig. Er ist Mitglied in einem Berufsverband, der u.a. mit der AOK Baden-Württemberg am 16. Juli 2002 den am 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen und mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 wieder gekündigten "Rahmenvertrag nach § 125 SGB V" (im Folgenden RV) geschlossen hat.

Der RV regelt die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten mit physiotherapeutischen Leistungen, die Vergütung der Leistungen und deren Abrechnung, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie die Folgen von Vertragsverstößen (§ 2 Ziff. 1 RV). Nach § 16 Ziff. 1 RV erfolgt die Vergütung der vertraglich erbrachten Leistungen nach einer sich in Anlage 5 befindlichen Preisvereinbarung. Der Preisvereinbarung ist eine Preisliste beigefügt, aus der sich die Preise für die jeweiligen Leistungen unter Angabe der Behandlungsdauer ergeben. Nach § 3 Ziff. 1 Satz 1 RV bestimmt Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt. Zur Abgabe dieser Leistungen ist der Leistungserbringer im Rahmen der sich aus Anlage 3 ergebenden Leistungsbeschreibungen berechtigt und verpflichtet (§ 3 Ziff. 1 Satz 2 RV). In Anlage 3 sind die einzelnen Leistungen beschrieben, wobei in den Grundsätzen vereinbart ist, dass die Leistungsbeschreibung die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V (Heilmittel-Richtlinien, im Folgenden HMR) berücksichtigt. Bei Änderungen der HMR sollen Anpassungen erfolgen. Die Leistungsbeschreibungen enthalten auch Ausführungen zur Regelbehandlungszeit, die als Richtwerte gelten sollen. In § 4 RV ist die "Verordnung/Kooperation zwischen Leistungserbringer und Vertragsarzt/Behandlungsdurchführung" geregelt. Nach Ziff. 1 der Regelungen dürfen Vertragsleistungen der Anlage 3 nur ausgeführt werden, wenn sie von einem Vertragsarzt verordnet sind. Diagnose, Art und Anzahl der Leistungen ergeben sich nach Ziff. 3 der Regelung aus der vom Vertragsarzt ausgestellten Verordnung. Weiter heißt es: "Die vertragsärztliche Verordnung kann nur ausgeführt werden, wenn diese für die Behandlung erforderlichen Informationen enthalten sind. Dem Leistungserbringer obliegt insoweit jedoch keine Prüfpflicht." Nach Ziff. 7 des § 4 RV ist der Leistungserbringer nicht berechtigt, vertragsärztliche Verordnungen außer nach Ziff. 8 zu ändern oder zu ergänzen, es sei denn es wurde zuvor telefonische Rücksprache mit dem zuständigen Vertragsarzt genommen und von dort genehmigte Änderungen auf der Verordnung mit Datum und Handzeichen des Leistungserbringers auf dem Verordnungsblatt vermerkt. In Ziff. 8 sind u.a. Fälle geregelt, in denen bei verspätetem Beginn oder überlanger Behandlungsunterbrechung die Verordnung ungültig wird. Nach Ziff. 10 besteht für Leistungen auf der Basis einer ungültigen Verordnung im Sinne der Ziff. 8 kein Vergütungsanspruch. Bei einer Kündigung bzw. Teilkündigung des RV bestehen die Regelungen des RV bzw. der jeweiligen Anlage bis zu einer neuen vertraglichen Regelung unverändert weiter (§ 23 Ziff. 4).

Mit den am 01. August 2008 und 19. August 2008 ausgestellten Heilmittelverordnungen verordnete Dr. L., Facharzt für Allgemeinmedizin, für die bei der Beklagten, einer Krankenkasse mit Sitz außerhalb von Baden-Württemberg, versicherte Astrid Schüler jeweils sechs Heilmittel "D1.KG+KG-Gerät+MT+KMT+Wärme-/Kältetherapie" mit einer Anzahl von drei bis vier pro Woche wegen einer Kreuzbandruptur des Kniegelenks, Innenmeniskusläsion, komplexer Sehnen-, Band-, Gelenkschaden (Indikationsschlüssel EX3d). Die Verordnungen wurden als Erst- bzw. Folgeverordnung gekennzeichnet. Eine medizinische Begründung für eine Verordnung außerhalb des Regelfalls erfolgte nicht.

Nach Erbringung der Leistungen zwischen dem 08. August 2008 und 05. September 2008, deren Erhalt jeweils unterschriftlich durch die Versicherte bestätigt wurde, reichte der Kläger über das Abrechnungszentrum Optica bei der Beklagten am 19. September 2008 u. a. diese Heilmittelverordnungen mit einem Brutto-Betrag von jeweils EUR 164,40 (netto nach Abzug des Eigenanteils EUR 154,40) ein. Die Beklagte setzte von dieser Rechnung mit Schreiben vom 09. Oktober 2008 den Betrag von EUR 54,80 ab mit der Begründung, die HMR sähen bei dem angegebenen Indikationsschlüssel EX3d maximal eine Verordnung in Höhe von zehn Behandlungen bei D1 vor. Eine Überzahlung der übersteigenden Therapieeinheiten (zwei Therapieeinheiten à EUR 27,40) sei nicht möglich.

Am 27. November 2008 erweiterte der Kläger eine bereits zuvor vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene und später zurückgenommene Klage um den abgesetzten Betrag von EUR 54,80, was das SG als neue Klage ansah. Er machte geltend, die Begründung der Beklagten für die Absetzung des Betrags von EUR 54,80 sei fehlerhaft. Der für seine Tätigkeit maßgebliche RV vom 01. Dezember 2002 sehe eine derartige Rezeptprüfpflicht nicht vor.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte aus, die Leistung D1 - eine einstündige Therapieform, bei der unterschiedliche Heilmittel zum Einsatz kämen - sei im Heilmittelkatalog bei allen Indikationen auf maximal zehn Therapieeinheiten begrenzt. Da in der vorherigen Verordnung vom 01. August 2008 bereits sechs Therapien verordnet, erbracht und von ihr vergütet worden seien, hätten, bezogen auf die Verordnung vom 19. August 2008, nur noch vier Therapieeinheiten von ihr vergütet werden dürfen. Als zugelassener Leistungserbringer sei der Kläger verpflichtet, die HMR zu beachten. Sie seien für ihn verbindlich.

Das SG verurteilte mit Urteil vom 18. Februar 2009 die Beklagte, an den Kläger EUR 54,80 zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von acht Prozent über dem Basiszinssatz seit 09. Oktober 2008 zu zahlen. Zur Begründung führte das SG aus, der Vergütungsanspruch des Klägers ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 611 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufgrund eines zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Heilmittel-Behandlungsvertrags. Die vertragsärztliche Verordnung des Arztes, der die Beklagte vertrete, verkörpere das Angebot, das der Kläger durch Entgegennahme der Verordnung zwecks Behandlungsbeginn angenommen habe. Der Umfang der Vertretungsmacht des Vertragsarztes hänge davon ab, inwieweit sich die Krankenkasse die Zustimmung zu der verordneten Heilmittelbehandlung im Einzelfall vorbehalten habe oder nicht. Ein solcher Genehmigungsvorbehalt bestehe nach dem hier maßgebenden RV aber nicht. Aus § 4 Ziff. 3 RV sei abzuleiten, dass der Leistungserbringer lediglich zu prüfen habe, ob die vertragsärztliche Verordnung eine Diagnose, Beschreibung der Art und Benennung der Anzahl der Leistungen enthalte. Ob diese Verordnung mit den HMR ansonsten in Übereinstimmung stehe, sei nicht Teil einer Prüfobliegenheit des Leistungserbringers. Auch die Neuregelung des § 91 Abs. 6 SGB V führe nicht dazu, dass der Kläger gegenüber einer ärztlichen Verordnung eine eigenständige Prüfung dahingehend vorzunehmen habe, ob die in § 4 Ziff. 3 RV genannten notwendigen Bestandteile einer ärztlichen Verordnung den Anforderungen der HMR standhielten. Der Heilmittelerbringer habe seine Leistungen stets nach den Vorgaben der ärztlichen Verordnung zu erbringen, denn im Versorgungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung gelte der Vorrang der ärztlichen Entscheidung. Systemfremd wäre es, wenn der Heilmittelerbringer im Widerspruch zur ärztlichen Verordnung die Behandlungsentscheidung des Arztes zu ändern hätte, weil der Heilmittelerbringer der Auffassung sei, der Arzt habe die ihm durch die HMR eingeräumte Befugnis, die Zahl der Behandlungseinheiten zu bestimmen, überschritten. Ob es in offensichtlichen Missbrauchsfällen anders sei, könne dahinstehen. Das SG ließ die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.

Am 18. März 2009 hat die Beklagte gegen das ihr am 25. Februar 2009 zugestellte Urteil des SG Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, aufgrund der Überschreitung der Verordnungsmenge habe für sie gegenüber dem Kläger keine Vergütungspflicht hinsichtlich der geltend gemachten Forderungen mehr bestanden. Die HMR seien für den Kläger verbindlich. Zunächst sei insoweit auf das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V i. V. mit § 70 Abs. 1 SGB V zu verweisen. Dieses Gebot richte sich auch an die Heilmittelerbringer und somit an den Kläger. Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den HMR niedergelegten Feststellungen und Bewertungen würden den Begriff der wirtschaftlichen Leistungserbringung präzisieren. In die Entscheidungsfindung des Gemeinsamen Bundesausschusses seien gemäß § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V die Organisationen der Leistungserbringer einbezogen worden. Die Richtlinien nach § 92 SGB V hätten ebenfalls Normcharakter. Die Neufassung des § 91 Abs. 6 SGB V zum 01. Juli 2008 bestätige die Verbindlichkeit der HMR auch für die Leistungserbringer und manifestiere diesen Umstand durch eine ausdrückliche Regelung. Die Schlussfolgerung, die das SG aus dieser Vorschrift ziehe, sei nicht regelkonform. Es werde dem Leistungserbringer nicht abverlangt, im Widerspruch zur ärztlichen Verordnung die Behandlungsentscheidung des Arztes zu ändern. Es bestehe für ihn aber - wie im RV vorgesehen - die Möglichkeit, den verordnenden Arzt auf die Abweichung in der Verordnung zu den HMR hinzuweisen, ggf. auch die zuständige Krankenkasse einzuschalten. Dass die Anzahl der Einzelleistungen in der Regel auf zehn Therapieeinheiten beschränkt sei, müsse auch dem Kläger bekannt gewesen sein. Beim Lesen der ärztlichen Verordnung sei die Überschreitung der Leistungsanzahl für ihn auch offensichtlich gewesen. Es wäre für ihn vollkommen unproblematisch gewesen, mit dem verordnenden Arzt Kontakt aufzunehmen und auf die Überschreitung der Verordnungsmenge hinzuweisen. Damit hätte kein Eingriff in die Therapiefreiheit des Arztes stattgefunden. Diese Vorgehensweise sei in § 4 Ziff. 6 RV auch ausdrücklich vorgesehen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger in voller Kenntnis der Unrichtigkeit der Mengenangaben auf den Verordnungen und somit im Bewusstsein des unwirtschaftlichen Handelns die Leistung abgegeben und abgerechnet habe. Bezeichnend hierfür sei auch, dass er seine Verhaltensweise fortgesetzt und weitere Verordnungen des behandelnden Arztes für dieselbe Versicherte über dieselben Leistungen aufgrund der identischen Diagnose ebenfalls ohne jegliche Kontaktaufnahme mit dem verordnenden Arzt oder der zuständigen Krankenkasse durchgeführt habe. Auch im Urteil vom 27. Oktober 2009 (B 1 KR 4/09 R = SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) habe das Bundessozialgericht (BSG) unmissverständlich dargelegt, dass Heilmittelerbringer verpflichtet seien, die ärztliche Verordnung auf Vollständigkeit und Plausibilität zu überprüfen. Dies ergebe sich - so das BSG - aus höherrangigem Recht. Auch der Normcharakter der HMR werde als Grundlage der Prüfpflicht angeführt.

Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte den bei der Rechnung vom 19. September 2008 in Abzug gebrachten Betrag von EUR 54,80 dahingehend erläutert, dass zu dem Rechnungsbetrag in Höhe von EUR 154,40 die Rezeptgebühr in Höhe von EUR 10,00 zu addieren sei. Teile man EUR 164,40 durch sechs therapeutische Maßnahmen, so ergebe sich ein Preis pro Maßnahme in Höhe von EUR 27,40 bzw. EUR 54,80 für zwei Maßnahmen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Februar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt weiterhin die Auffassung, ihm obliege keine Prüfpflicht hinsichtlich der ihm vorgelegten Heilmittelverordnungen. Eine solche ergebe sich auch nicht aus dem Regelungsgehalt der Generalnormen der §§ 12, 70 SGB V. Das BSG habe im Urteil vom 15. November 2007 (B 3 KR 4/07 R = SozR 4-2500 § 125 Nr. 4) negiert, § 12 SGB V als Rechtsgrundlage für eine Prüfpflicht heranziehen zu dürfen/können. Auch aus den HMR ergebe sich dies nicht. Denn diese seien für ihn weder in der zum Zeitpunkt der vorliegenden Absetzungen maßgebenden Fassungen des § 92 Abs. 9 SGB V noch in der seit 01. Juli 2008 geltenden Fassung des § 91 Abs. 6 SGB V verbindlich. In § 125 SGB V habe der Gesetzgeber klar geregelt, dass das "Wie" der Leistungserbringung von den Berufsverbänden und den Krankenkassen in Rahmenempfehlungen und schließlich in Form von Rahmenverträgen vereinbart werden solle. Somit gebe es durch die Neufassung des § 91 SGB V keine unmittelbare Änderung im Verhältnis Arzt und Therapeut und es gebe durch die Gesetzesänderung auch keine unmittelbare Auswirkung auf das konkrete Vertragsverhältnis zwischen Krankenkassen und Therapeuten, wie es in den Rahmenverträgen geregelt sei. Auch § 4 Ziff. 6 RV stelle keine Rechtsgrundlage für eine formelle Prüfpflicht der Heilmittelerbringer dar. Dies ergebe sich bereits aus § 4 Ziff. 3 RV. Die Kooperation beziehe sich lediglich auf Beginn/Durchführung und Abschluss der Heilmittelbehandlung. § 4 Ziff. 7 und 8 RV würden die Kooperation spezifizieren. Vertragsärzte seien in der Regel auch nicht geneigt, Belehrungen durch nachgeordnete Berufsgruppen anzunehmen, zu denen auch die niedergelassenen Physiotherapeuten zählten. Der Versuch der Beklagten, unerfreuliche Gespräche mit Vertragsärzten auf die Heilmittelerbringer abzuwälzen, sei zwar menschlich nachvollziehbar, rechtlich aber unzulässig. Der Beklagten verbleibe die Möglichkeit, die von ihr beanstandeten Verordnungen im Regressverfahren mit den Vertragsärzten zu diskutieren. Auch sei durch des BSG vom 27. Oktober 2009 (B 1 KR 4/09 R) geklärt, dass die Regelung innerhalb des § 4 Ziff. 3 RV, wonach eine Prüfpflicht der Leistungserbringer nicht gegeben sei, mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Es gebe auf der Grundlage der §§ 2, 12, 23 und 43 SGB V einerseits und den HMR andererseits eine eigenständige Verantwortung des Heilmittelerbringers, und damit auch für ihn, für die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Heilmittel-Therapie. Der Heilmittelerbringer müsse die ihm vorgelegte Heilmittel-Verordnung aber nur auf aus seiner professionellen Sicht erkennbare Fehler und Vollständigkeit überprüfen. Eine Haftung des Behandlers, dass jede ärztliche Verordnung ordnungsgemäß ausgestellt sei, somit ein Vergütungsanspruch nicht bestehe, wenn eine Verordnung nicht vollumfänglich den Vorgaben der HMR entspreche, finde in diesem Urteil des BSG indessen keine ausreichende Stütze. Die vertragsärztliche Verantwortung für die in der Verordnung zum Ausdruck kommende Therapieentscheidung aus medizinisch-therapeutischer Sicht bleibe - wie das BSG klargestellt habe - unberührt. Eine medizinisch-therapeutische Prüfpflicht der Heilmittelerbringer insgesamt und damit auch für ihn bestehe nicht. Das BSG habe in dem Urteil auch unzweideutig klargestellt, dass einem Zahlungsanspruch des Heilmittelerbringers durch die Krankenkasse nur dann wirksam begegnet werden könne, wenn dem ein Anspruchshindernis entgegenstehe. Dies wiederum ergebe sich aus den HMR und den Rahmenverträgen (Rahmenempfehlungen) und hänge "von der Art des Mangels" ab. Das BSG ziehe jedoch gerade keine Schlussfolgerungen bezüglich der Frage eines eventuellen Verlustes des Vergütungsanspruchs, wenn die Verordnung unvollständig oder fehlerhaft sei. Auch eine fehlerhafte Verordnung vernichte nicht per se den Vergütungsanspruch des Behandlers. Nicht anders könne die Aussage des BSG verstanden werden, wonach bei Fehlen von Angaben des Arztes "die Auswirkungen (des Mangels) auf den Zahlungsanspruch (auch) von der Art des konkreten Mangels abhängt". Entscheidend für die formellen Voraussetzungen einer Verordnung sei danach weiter der jeweilige landesrechtliche RV. Der Behandler könne den ärztlichen Angaben, die § 4 Ziff. 3 RV verlange, vertrauen, zumindest soweit diese nicht offensichtlich fehlerhaft seien. Nach dem Urteil des BSG vom 27. Oktober 2009 sei er - der Kläger - als Leistungserbringer im Übrigen nicht bloßer Weisungsempfänger des Arztes. Deshalb müsse ihm auch zugestanden werden, Verordnungen, die den Vorgaben der HMR nicht vollständig entsprächen, auch ohne vorherige Korrektur durch den Vertragsarzt in einer Art und Weise umzusetzen, die den Vorgaben der HMR entsprächen und damit seinen Vergütungsanspruch begründeten. Sein Vergütungsanspruch sei auch nicht wegen Unwirtschaftlichkeit verlorengegangen. Die Überschreitung der Höchstverordnungsmenge für das Heilmittel D1 im Rahmen einer Folgeverordnung durch den Vertragsarzt könne ihm nicht entgegengehalten werden. Das BSG habe insoweit im Urteil vom 15. November 2007 (B 3 KR 4/07 R) ausdrücklich eine Absetzungsbefugnis für diejenigen Krankenkassen verneint, die - wie die Beklagte - hinsichtlich der Verordnungen außerhalb des Regelfalls auf das Genehmigungserfordernis verzichtet hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach Zulassung durch das SG gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger die geltend gemachte weitere Vergütung für zwei physiotherapeutische Leistungen in Höhe von EUR 54,80 zu zahlen; der Kläger hat hierauf keinen Anspruch. Das SG hätte die Klage daher abweisen müssen.

Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässigerweise als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG. Es war weder ein Widerspruchsverfahren durchzuführen noch eine Klagefrist einzuhalten (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. September 2002 - B 3 KR 2/02 R in juris).

Maßgebliche Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Klägers ist § 125 Abs. 2 SGB V i. V. mit § 15 Ziff. 1 des zum 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen RV sowie der in Anlage 5 zu diesem RV enthaltenen Preisvereinbarung. Die vom Kläger abgerechneten Leistungen wurden im August und September 2008 erbracht. Zu diesem Zeitpunkt war der RV vom 01. Dezember 2002 zwar gekündigt. Eine neue vertragliche Regelung ist seit der zum 31. Dezember 2006 erfolgten Kündigung jedoch noch nicht erfolgt, sodass der RV auch über den Zeitpunkt der Kündigung hinaus nach der Fortgeltungsklausel des § 23 Ziff. 4 RV weiter gilt und dem Begehren des Klägers zugrundezulegen ist. Obwohl die Beklagte ihren Sitz außerhalb von Baden-Württemberg hat und damit nicht Vertragspartner des RV ist, ist der RV im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten entsprechend anzuwenden, wovon auch die Beteiligten ausgehen. Denn ansonsten fehlte es möglicherweise bereits an einem Anspruch des Klägers dem Grunde nach auf die Vergütung der von ihm für Versicherte der Beklagten erbrachten Leistungen, weil eine vertragliche Beziehung mit der Beklagten nicht bestünde.

Voraussetzung des Vergütungsanspruchs des Klägers ist (neben der Leistungserbringung), dass ein Leistungsanspruch des Versicherten nach § 32 SGB V in der ab 01. April 2004 geltenden Fassung bestanden hat und das Heilmittel vertragsärztlich verordnet worden ist (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5). Das Bestehen des Leistungsanspruchs setzt voraus, dass die vertragsärztliche Verordnung gültig bzw. wirksam ist. Davon gehen auch die Vertragspartner des RV aus, wie sich aus § 4 Ziff. 10 RV ergibt. Dort ist bestimmt, dass ein Vergütungsanspruch nicht besteht, wenn eine (ursprünglich gültige) Verordnung gemäß § 4 Ziff. 8 Buchstabe a) und b) RV ungültig geworden ist. Nichts anderes kann gelten, wenn von vornherein gar keine gültige Verordnung vorlag. Eine vertragsärztliche Verordnung von Heilmitteln ist ungültig bzw unwirksam, wenn sie gegen geltendes Recht verstößt. Bei der Verordnung von Heilmitteln gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V hat der Vertragsarzt die vom Gemeinsamen Bundesausschuss auf der Grundlage von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erlassenen HMR zu beachten. Die HMR legen nicht nur den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich fest, sie sind auch für die Heilmittelerbringer unmittelbar geltendes Recht (BSG a.a.O.).

Heilmittel sind nur nach Maßgabe der HMR nach pflichtgemäßem Ermessen verordnungsfähig (Teil 1 Abschnitt II Nr. 8 Satz 1 HMR). Zwar ist der Therapeut grundsätzlich (vorbehaltlich anderer Bestimmungen in den HMR) an die ärztliche Verordnung gebunden (Teil 1 Abschnitt II Nr. 9 Satz 2 HMR). Dies bedeutet aber nur, dass er weder andere noch weitere Leistungen als die vom Vertragsarzt verordneten erbringen und abrechnen darf, nicht aber, dass er berechtigt oder gar verpflichtet ist, jede Verordnung ohne weitere Prüfung auszuführen. Da die HMR auch gegenüber dem Kläger verbindlich und daher von ihm zu beachten sind, ist ihm die Berufung auf den Inhalt der ärztlichen Verordnung verwehrt, wenn er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass die vertragsärztliche Verordnung nicht mit den HMR übereinstimmt. Denn nach § 2 Abs. 4 SGB V haben auch die Leistungserbringer darauf zu achten, dass Leistungen nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Daraus sowie aus dem in § 12 SGB V geregelten Wirtschaftlichkeitsgebot und der sich aus den HMR ergebenden Pflicht zur engen Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt ergibt sich eine Pflicht der Heilmittelerbringer, die Verordnung des Vertragsarztes auf aus ihrer professionellen Sicht erkennbare Fehler und Vollständigkeit zu überprüfen (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5; vgl. hierzu auch Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 26. Oktober 2010 - L 11 KR 1322/09 und L 11 KR 690/10 jeweils in juris sowie Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08, nicht veröffentlicht). Gleiches würde gelten, wenn auf die Leistungserbringung die Vorschriften des Zivilrechts (analog) anzuwenden wären. Denn mit Verordnungen, die mit den HMR nicht übereinstimmen, überschreitet der Vertragsarzt die ihm eingeräumte Befugnis, den Versicherten Sachleistungen auf Kosten der Krankenkasse zu verschaffen. Insoweit ist sein Handeln dem eines Vertreters ohne Vertretungsmacht vergleichbar und nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB würde in einem solchen Fall selbst eine Haftung des ohne Vertretungsmacht handelnden Vertreters ausscheiden (Urteile des LSG vom 26. Oktober 2010 a.a.O.).

Im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln gehört es daher zur Aufgabe des Leistungserbringers, zusammen mit dem Vertragsarzt eine im Rahmen der HMR erfolgende Heilmittelversorgung zu gewährleisten. Dies setzt auch voraus, dass der Leistungserbringer den Vertragsarzt auf von ihm festgestellte Abweichungen der Verordnung von den Vorgaben der HMR hinweist und dies ebenso wie eventuelle Änderungen der Verordnung dokumentiert. Von einer im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln liegenden Zusammenarbeit der Vertragsärzte und Heilmittelerbringer gehen auch die HMR und der RV aus (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -, auch zum Folgenden). Die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen dem Therapeuten als Leistungserbringer und dem Vertragsarzt sowie Vorgaben für die Art und Weise ihres Zusammenwirkens ergeben sich aus VII Ziff. 26 ff der HMR, §§ 17, 18 der Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene und aus dem RV. Zwar ist in § 3 Ziff. 1 RV bestimmt, dass Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt bestimmt. Nach § 3 Ziff. 6 RV sind die Leistungen aber auch ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu erbringen. Im Interesse einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung mit Heilmitteln kooperieren nach § 4 Ziff. 6, 7 und 8 RV die Leistungserbringer und ihre Mitarbeiter mit dem verordnenden Vertragsarzt.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Prüfpflicht auch nicht nach § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV, wonach dem Leistungserbringer keine Prüfpflicht obliegt, ausgeschlossen, so dass der Kläger sich nicht auf § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV berufen kann. Denn die aufgrund gesetzlicher Normen bestehende Verpflichtung des Klägers als Leistungserbringer vermag diese vertragliche Regelung nicht aufzuheben. Die Prüfpflicht beruht, wie das BSG in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) ausdrücklich klargestellt hat, auf höherrangigem Recht und zwar den § 2 Abs. 4 und 12 Abs.1 Satz 2 SGB V. Da somit die Regelung des § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV mit höherrangigem Recht nicht im Einklang steht, ist sie unwirksam.

Der Kläger muss nicht zugestanden werden, dass er Verordnungen, die nicht den HMR entsprechen, auch ohne vorherige Korrektur durch den Vertragsarzt in einer den HMR entsprechenden Weise umsetzen dürfe und damit seinen Vergütungsanspruch begründe, da er nicht bloßer Weisungsempfänger des Vertragsarztes sei. Abgesehen davon, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Vertragsarzt und dem Heilmittelerbringer wie ausgeführt in den HMR, den Gemeinsamen Rahmenempfehlung und den Rahmenverträgen ausdrücklich geregelt ist, und ein "eigenmächtiges" Vorgehen, des Leistungserbringers dem nicht entspricht, ist dem entgegenzuhalten, dass durch die Erbringung von zwölf und damit die Gesamtverordnungsmenge von zehn um zwei übersteigenden Einheiten durch den Kläger die Umsetzung der Verordnung eben gerade nicht den HMR entspricht. Es handelt sich um keine der HMR entsprechende Behandlung.

Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Verweis des Klägers darauf, dass Vertragsärzte in der Regel nicht geneigt seien, Belehrungen durch nachgeordnete Berufsgruppen anzunehmen und die Beklagte die Möglichkeit hätte, die von ihr beanstandeten Verordnungen im Regressverfahren mit den Vertragsärzten zu diskutieren. Dies mag, zumindest in einzelnen Fällen, nicht von der Hand zu weisen sein, doch führt dies nicht dazu, dass der Kläger deshalb entsprechend der Verordnung mehr physiotherapeutische Einheiten erbringen kann, als es die HMR vorsehen. Hierdurch wird weder die Verordnung rechtmäßig noch ist deshalb eine Abweichung von der HMR gerechtfertigt.

Der indikationsbezogene Katalog verordnungsfähiger Heilmittel nach § 92 Abs. 6 SGB V (Heilmittelkatalog), der Bestandteil der HMR ist, regelt nach Teil 1 Abschnitt II Ziff. 8 Satz 2 HMR &61485; die Indikationen, bei denen Heilmittel verordnungsfähig sind, &61485; die Art der verordnungsfähigen Heilmittel bei diesen Indikationen &61485; die Menge der verordnungsfähigen Heilmittel je Diagnosegruppe und &61485; die Besonderheiten bei Wiederholungsverordnungen (Folgeverordnungen). Den Heilmittelverordnungen liegt in den jeweiligen Abschnitten des Heilmittelkatalogs ein definierter Regelfall zugrunde. Dieser Regelfall geht von der Vorstellung aus, dass mit dem der Indikation zugeordneten Heilmittel im Rahmen der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls das angestrebte Behandlungsziel erreicht werden kann. Die Gesamtverordnungsmenge und die Anzahl der Behandlungen (Einheiten) je Verordnung im Regelfall ergeben sich aus dem Heilmittelkatalog (Teil 1 Abschnitt II Ziff. 11 HMR).

Auf der Grundlage dieser Vorschriften und Grundsätze ist der vom Kläger geltend gemachte Vergütungsanspruch zu verneinen.

Der Kläger hat die physiotherapeutischen Leistungen, deren Vergütung die Beklagte abgelehnt hat, auf der Grundlage der vertragsärztlichen Verordnungen des Dr. L. vom 01. und 19. August 2008 ausgeführt. Die Verordnung vom 01. August 2008 wurde als Erstverordnung für eine Indikation der im Heilmittel-Katalog aufgeführten Diagnosegruppe EX3d ausgestellt. Die Diagnosegruppe EX3 umfasst Verletzungen/Operationen und Erkrankungen der Extremitäten und des Beckens mit prognostisch längerem Behandlungsbedarf (insbesondere Einschränkungen von relevanten Aktivitäten des täglichen Lebens, multistrukturelle funktionelle Schädigungen). Nach Buchst. d) ist Leitsymptomatik (Schädigung, Funktionsstörung) D1 komplexe Schädigungen/Funktionsstörungen - bei zwei führenden Schädigungen/Funktionsstörungen a) (Gelenkfunktionsstörungen, Bewegungsstörungen, Kontrakturen) und b) (Funktionsstörungen durch Muskeldysbalance, -insuffizienz, -verkürzung) neben c) (Schmerzen Funktionsstörungen durch Muskelspannungsstörungen; Verkürzung elastischer und kontraktiler Strukturen, Gewebequellungen, -verhärtungen, -verklebungen). Die Verordnungsmenge der Erstverordnung belief sich auf sechs Einheiten. Die Folgeverordnung vom 19. August 2008 umfasste eine weitere Verordnungsmenge von sechs Einheiten für dieselbe Diagnose. Die jeweils verordneten Heilmittel waren Krankengymnastik, Krankengymnastik-Gerät, manuelle Therapie, KMT (klassische Massagetherapie) und Wärme-/Kältetherapie. Für die Diagnosegruppe EX3 ist im Heilmittel-Katalog in Spalte 5 eine Gesamtverordnungsmenge für die standardisierte Heilmittelkombination von zehn Einheiten festgelegt. Daher besteht ein Vergütungsanspruch nur für insgesamt zehn Einheiten, nicht aber für zwölf. Da die Beklagte den für zehn Einheiten bestehenden Vergütungsanspruch erfüllt hat, besteht kein weiterer Vergütungsanspruch des Klägers mehr.

Diese Abweichung der Verordnungsmenge vom Heilmittel-Katalog war für den Kläger erkennbar. Die HMR und der Heilmittel-Katalog sind ihm aufgrund seiner in der Ausbildung erworbenen Fachkompetenz vertraut und als Grundlage seiner beruflichen Tätigkeit im Einzelnen bekannt.

Dass der Kläger wegen der insgesamt verordneten Einheiten bei Dr. L. oder der Beklagten nachgefragt hat, ist nicht dokumentiert und wird von ihm auch nicht vorgetragen. Er hat die Verordnung ausgeführt, ohne sie zu überprüfen, da er davon ausging, einer Prüfpflicht nicht zu unterliegen. Ein solches Versäumnis darf die Beklagte dem Kläger entgegenhalten und die Vergütung der nicht im Einklang mit den HMR verordneten und erbrachten Therapieleistungen ablehnen.

Soweit der Kläger geltend macht, eine fehlerhafte Verordnung könne als solche nicht den Vergütungsanspruch vernichten, und sich darauf beruft, dass die Beklagte ihm nach der Rechtsprechung des BSG nur dann ein Anspruchshindernis entgegenhalten könne, wenn sich dies aus der "Art des Mangels" ergebe, so folgt daraus nichts anderes. Das BSG hat in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) das Argument, dass die Auswirkung auf den Zahlungsanspruch von der Art des konkreten Mangels abhinge, im Zusammenhang mit der Frage herangezogen, ob für die dortige Klägerin, eine Leistungserbringerin, ein Feststellungsbegehren ausnahmsweise gegenüber einer Leistungsklage zulässig sein könnte. Das BSG geht an dieser Stelle davon aus, dass Mängel der Verordnung grundsätzlich Auswirkungen auf den Zahlungsanspruch haben, wobei die genaue Höhe des unter Berücksichtigung entsprechender Mängel zu berechnenden Vergütungsanspruchs zweifelsohne von der Art des Mangels abhängt, also etwa von der Frage, ob die vorgegebene Verordnungsmenge überschritten wurde oder ein nicht verordnungsfähiges Heilmittel verordnet wurde. Im Falle des Klägers ist mit der Absetzung des streitgegenständlichen Betrags die Auswirkung der mängelbehafteten Verordnung von der Beklagten unter Berücksichtigung des konkreten Mangels umgesetzt worden (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -).

Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil nach seiner Behauptung in der mündlichen Verhandlung des Senats die Beklagte die von ihm zuvor in gleicher Weise abgerechneten Leistungen nicht beanstandet habe. Es mag zutreffen, dass die Beklagte auch über die in den HMR genannten Höchstmengen hinausgehende Leistungen vergütet hat. Allein aus der unbeanstandeten Abrechnung bestimmter Leistungen über einen längeren Zeitraum erwächst jedoch kein Recht, auch in Zukunft entsprechend abrechnen zu dürfen. Ein Vertrauensschutz käme nur in Betracht, wenn die Beklagte die beanstandete Abrechnung, zum Beispiel auf Nachfrage des Leistungserbringers oder in von ihr den Leistungserbringern zur Abrechnung gegebenen Hinweisen, gebilligt hätte (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 zum Vertragsarztrecht). Hierfür gibt es weder aus dem Vorbringen der Beteiligten noch aus den vorliegenden Akten Anhaltspunkte.

Die Beklagte hat von dem Vergütungsanspruch des Klägers auch in nicht zu beanstandender Weise einen Betrag in Höhe von EUR 54,80 in Abzug gebracht. Der Nettobetrag der Verordnung für sechs Einheiten belief sich auf EUR 154,40. Hierzu ist die Zuzahlung der Versicherten in Höhe von EUR 10,00 zu addieren (§ 61 Satz 3 SGB V). Unter Zugrundelegung eines Betrags in Höhe von EUR 164,40 dividiert durch sechs Einheiten ergibt sich für eine Einheit ein Betrag in Höhe von EUR 27,40 und für zwei Einheiten in Höhe von EUR 54,80.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für beide Rechtszüge beruht auf § 197a SGG, §§ 52 Abs. 1 und 3, 47, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Nachdem über den feststehenden Betrag von EUR 54,80 zu befinden war, ist dieser Betrag maßgeblich.
Rechtskraft
Aus
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