Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SO 2615/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 5876/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 19. November 2010 (Versagung einstweiligen Rechtsschutzes) wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist unter Beachtung des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Beschwerdeausschlussgründe im Sinne des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG liegen nicht vor. Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg.
Streitig ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren noch das Begehren des Antragstellers, ihm im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 15. Oktober bis 31. Dezember 2010 zu gewähren. Nach Vorlage der Kontoauszüge vom 9. April, 4. Oktober und 30. Dezember 2010 durch den Antragsteller am 4. Januar 2011 im Beschwerdeverfahren hat der Antragsgegner ihm mit Bescheid vom 10. Januar 2011 ab dem 1. Januar 2011 bis vorerst längstens zum 30. April 2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung i.H.v. monatlich 633,97 EUR bewilligt. Daraufhin haben der Antragsteller und der Antragsgegner mit Schriftsätzen vom 8. und 16. Februar 2011 das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes insoweit für erledigt erklärt, als Leistungen ab 1. Januar 2011 vom Antragsteller begehrt wurden. Für die Zeit vor dem 15. Oktober 2010, dem Eingang seines Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Konstanz (SG), wurde der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom Antragsteller ebenfalls mit Schriftsatz vom 8. Februar 2011 zurückgenommen. Streitgegenständlich ist somit vorliegend nur noch das Begehren des Antragstellers, ihm im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum vom 15. Oktober bis 31. Dezember 2010 zu gewähren.
Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1 a.a.O., für Vornahmesachen in Abs. 2 a.a.O. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Die Anträge nach § 86b Abs. 1 und 2 SGG sind bereits vor Klageerhebung zulässig (Abs. 3 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie vom SG zutreffend erkannt, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen ab, nämlich dem Anordnungsanspruch und dem Anordnungsgrund (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf mithin nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B - (juris) und vom 17. April 2009 - L 7 AS 68/09 ER -). Es ist nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Angelegenheiten, die nicht dringlich sind, einer Regelung, die ohnehin nur vorläufig sein kann, zuzuführen; in derartigen Fällen ist dem Antragsteller vielmehr ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zumutbar (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. August 2009 - L 7 AS 2040/09 ER-B - , 6. Oktober 2009 - L 7 SO 3329/09 ER-B - und 25. Juni 2010 - L 7 SO 2034/10 ER-B - ; ferner Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2009 - L 34 AS 815/09 B ER - (juris); zum Ganzen ferner Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnrn. 259, 297 f.). Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG); z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG; z.B. Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 a.a.O. und vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - NZS 2008, 365). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.). Daher sind auch Erkenntnisse, die erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens zu Tage getreten sind, vom Senat zu berücksichtigen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Dezember 2009 - L 12 B 147/09 AS ER - (juris)).
Unter Berücksichtigung der dargelegten gesetzlichen Grundlagen und Grundsätze liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht vor. Dem Begehren des Antragstellers, ihm Leistungen der Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung für einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum zu gewähren, steht der fehlende Anordnungsgrund, also die fehlende Eilbedürftigkeit der Sache, entgegen. Es fehlt vorliegend an dem nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erforderlichen Gegenwartsbezug. Wie oben bereits dargelegt, dient die Regelungsanordnung zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind. Es ist demgemäß nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Angelegenheiten, die nicht dringlich sind, einer Regelung, die ohnehin nur vorläufig sein kann, zuzuführen. Einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit herbeizuführen, ist somit grundsätzlich nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes. Dies gilt nicht nur für Leistungen, die für einen Zeitraum vor dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt werden (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnr. 35a m. w. N.), sondern auch für Leistungen, die - wie vorliegend - für einen Zeitraum begehrt werden, der zwar nach dem Zeitpunkt des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes liegt, im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung des Senats jedoch abgeschlossen in der Vergangenheit liegt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Dezember 2008 - L 7 AS 4247/08 ER-B - und vom 28. Februar 2011 - L 7 SO 4614/10 ER-B -). Ausnahmsweise kommt eine Gewährung von Leistungen für einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Zeitraum nur dann in Betracht, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005, a. a. O.; ferner Krodel, NZS 2007, 20, 21 (m. w. N. aus der Rechtsprechung)). Ein solcher Nachholbedarf kommt beispielsweise in Frage, wenn ein Gläubiger des Antragstellers wegen der im Hinblick auf die Verweigerung der Leistung unterlassenen Mietzahlung eine Räumungsklage angestrengt hat und der Antragsteller deshalb den Verlust seiner Wohnung befürchten muss (Hessisches LSG, Beschluss vom 20. Juni 2005 - L 7 AL 100/05 ER - info also 2005, 214).
Der Antragsteller erhält aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 10. Januar 2011 ab 1. Januar 2011 "bis vorerst längstens zum 30. April 2011" laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Sein Lebensunterhalt sowie seine Kosten der Unterkunft, die direkt an den Vermieter seiner Wohnung, die Stadt Singen, überwiesen werden, sind damit sichergestellt. Soweit er Leistungen für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum vom 15. Oktober bis 31. Dezember 2010 vorliegend begehrt, ist es ihm zuzumuten, insoweit eine Klärung im Verwaltungs- und ggf. in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren herbeizuführen und die dort ergehende Entscheidung abzuwarten. Wesentliche ihm drohende Nachteile, die nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden können und daher den Erlass einer einstweiligen Anordnung erfordern, sind vom Antragsteller weder glaubhaft gemacht noch für den Senat erkennbar. Insbesondere besteht ein Nachholbedarf im dargestellten Sinn nicht. Wie aus der vom Antragsteller vorgelegten Mahnung der Stadt Singen vom 8. September 2010 zu ersehen ist, bestehen dort zwar Mietschulden des Antragstellers seit Mai 2010. Entgegen seinem Vorbringen in seinem Schriftsatz vom 17. Februar 2011, "dass auch nach Aktenlage die Stadt Singen Kündigung angedroht hatte", findet sich in den gesamten Unterlagen jedoch weder ein Beleg noch ein Hinweis darauf, dass die Stadt Singen als Vermietern der vom Antragsteller bewohnten Wohnung die Kündigung dieses Mietverhältnisses überhaupt in Erwägung gezogen hat, geschweige denn angedroht hat. Auch in der Mahnung vom 8. September 2010 ist kein Hinweis auf eine drohende Kündigung der Stadt Singen bei Nichtbegleichung der Mietschulden des Antragstellers enthalten. Entgegen der Ansicht des Antragstellers dürfte gegen eine etwaige Kündigung durch die Stadt Singen durchaus sprechen, dass in diesem Fall die Stadt Singen den Antragsteller wieder in dieselbe Wohnung als Obdachlosen einweisen müsste. Hierauf hat der Antragsgegner zurecht hingewiesen.
Hiernach ist der angefochtene Beschluss des SG - soweit noch im Streit befindlich - bereits mit Blick darauf zu bestätigen, dass jedenfalls eine Eilbedürftigkeit für das Begehren des Antragstellers nicht erkennbar ist. Deshalb bedarf es im vorliegenden Verfahren keines weiteren Eingehens auf den Anordnungsanspruch, insbesondere darauf, ob der Antragsteller trotz Vorlage der Ersatzkontoauszüge für das Jahr 2010 seine Hilfebedürftigkeit (§§ 19 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 41 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 82 ff., 90 SGB XII) hinreichend glaubhaft gemacht hat, was vom Antragsgegner weiterhin in Abrede gestellt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG (vgl. Bundessozialgericht SozR 3-1500 § 193 Nr. 6) und trägt dem Verfahrensausgang Rechnung. Weiter war zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner nach dortigem Eingang der vom Antragsteller auf Anforderung des Senats am 4. Januar 2011 vorgelegten Kontoauszüge der darin dokumentierten finanziellen Situation des Antragstellers unverzüglich Rechnung getragen und ihm mit Bescheid vom 10. Januar 2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab 1. Januar 2011 gewährt hat. Bis zum 4. Januar 2011 war kein Eingang entsprechender Kontoauszüge weder beim Antragsgegner noch beim SG - trotz entsprechender Aufforderung - festzustellen. Da der Antragsgegner der geänderten Sachlage unverzüglich Rechnung getragen hat, ist es gerechtfertigt, eine Kostenerstattungspflicht zu verneinen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 193 Rdnr. 12c m. w. N.).
Aus den oben genannten Gründen hat auch das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers keinen Erfolg (§ 73a Abs. 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO), weshalb es auf die weiteren Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr ankommt.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist unter Beachtung des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Beschwerdeausschlussgründe im Sinne des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG liegen nicht vor. Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg.
Streitig ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren noch das Begehren des Antragstellers, ihm im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 15. Oktober bis 31. Dezember 2010 zu gewähren. Nach Vorlage der Kontoauszüge vom 9. April, 4. Oktober und 30. Dezember 2010 durch den Antragsteller am 4. Januar 2011 im Beschwerdeverfahren hat der Antragsgegner ihm mit Bescheid vom 10. Januar 2011 ab dem 1. Januar 2011 bis vorerst längstens zum 30. April 2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung i.H.v. monatlich 633,97 EUR bewilligt. Daraufhin haben der Antragsteller und der Antragsgegner mit Schriftsätzen vom 8. und 16. Februar 2011 das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes insoweit für erledigt erklärt, als Leistungen ab 1. Januar 2011 vom Antragsteller begehrt wurden. Für die Zeit vor dem 15. Oktober 2010, dem Eingang seines Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Konstanz (SG), wurde der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom Antragsteller ebenfalls mit Schriftsatz vom 8. Februar 2011 zurückgenommen. Streitgegenständlich ist somit vorliegend nur noch das Begehren des Antragstellers, ihm im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum vom 15. Oktober bis 31. Dezember 2010 zu gewähren.
Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1 a.a.O., für Vornahmesachen in Abs. 2 a.a.O. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Die Anträge nach § 86b Abs. 1 und 2 SGG sind bereits vor Klageerhebung zulässig (Abs. 3 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie vom SG zutreffend erkannt, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen ab, nämlich dem Anordnungsanspruch und dem Anordnungsgrund (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf mithin nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B - (juris) und vom 17. April 2009 - L 7 AS 68/09 ER -). Es ist nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Angelegenheiten, die nicht dringlich sind, einer Regelung, die ohnehin nur vorläufig sein kann, zuzuführen; in derartigen Fällen ist dem Antragsteller vielmehr ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zumutbar (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. August 2009 - L 7 AS 2040/09 ER-B - , 6. Oktober 2009 - L 7 SO 3329/09 ER-B - und 25. Juni 2010 - L 7 SO 2034/10 ER-B - ; ferner Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2009 - L 34 AS 815/09 B ER - (juris); zum Ganzen ferner Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnrn. 259, 297 f.). Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG); z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG; z.B. Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 a.a.O. und vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - NZS 2008, 365). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.). Daher sind auch Erkenntnisse, die erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens zu Tage getreten sind, vom Senat zu berücksichtigen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Dezember 2009 - L 12 B 147/09 AS ER - (juris)).
Unter Berücksichtigung der dargelegten gesetzlichen Grundlagen und Grundsätze liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht vor. Dem Begehren des Antragstellers, ihm Leistungen der Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung für einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum zu gewähren, steht der fehlende Anordnungsgrund, also die fehlende Eilbedürftigkeit der Sache, entgegen. Es fehlt vorliegend an dem nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erforderlichen Gegenwartsbezug. Wie oben bereits dargelegt, dient die Regelungsanordnung zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind. Es ist demgemäß nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Angelegenheiten, die nicht dringlich sind, einer Regelung, die ohnehin nur vorläufig sein kann, zuzuführen. Einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit herbeizuführen, ist somit grundsätzlich nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes. Dies gilt nicht nur für Leistungen, die für einen Zeitraum vor dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt werden (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnr. 35a m. w. N.), sondern auch für Leistungen, die - wie vorliegend - für einen Zeitraum begehrt werden, der zwar nach dem Zeitpunkt des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes liegt, im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung des Senats jedoch abgeschlossen in der Vergangenheit liegt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Dezember 2008 - L 7 AS 4247/08 ER-B - und vom 28. Februar 2011 - L 7 SO 4614/10 ER-B -). Ausnahmsweise kommt eine Gewährung von Leistungen für einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Zeitraum nur dann in Betracht, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005, a. a. O.; ferner Krodel, NZS 2007, 20, 21 (m. w. N. aus der Rechtsprechung)). Ein solcher Nachholbedarf kommt beispielsweise in Frage, wenn ein Gläubiger des Antragstellers wegen der im Hinblick auf die Verweigerung der Leistung unterlassenen Mietzahlung eine Räumungsklage angestrengt hat und der Antragsteller deshalb den Verlust seiner Wohnung befürchten muss (Hessisches LSG, Beschluss vom 20. Juni 2005 - L 7 AL 100/05 ER - info also 2005, 214).
Der Antragsteller erhält aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 10. Januar 2011 ab 1. Januar 2011 "bis vorerst längstens zum 30. April 2011" laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Sein Lebensunterhalt sowie seine Kosten der Unterkunft, die direkt an den Vermieter seiner Wohnung, die Stadt Singen, überwiesen werden, sind damit sichergestellt. Soweit er Leistungen für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum vom 15. Oktober bis 31. Dezember 2010 vorliegend begehrt, ist es ihm zuzumuten, insoweit eine Klärung im Verwaltungs- und ggf. in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren herbeizuführen und die dort ergehende Entscheidung abzuwarten. Wesentliche ihm drohende Nachteile, die nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden können und daher den Erlass einer einstweiligen Anordnung erfordern, sind vom Antragsteller weder glaubhaft gemacht noch für den Senat erkennbar. Insbesondere besteht ein Nachholbedarf im dargestellten Sinn nicht. Wie aus der vom Antragsteller vorgelegten Mahnung der Stadt Singen vom 8. September 2010 zu ersehen ist, bestehen dort zwar Mietschulden des Antragstellers seit Mai 2010. Entgegen seinem Vorbringen in seinem Schriftsatz vom 17. Februar 2011, "dass auch nach Aktenlage die Stadt Singen Kündigung angedroht hatte", findet sich in den gesamten Unterlagen jedoch weder ein Beleg noch ein Hinweis darauf, dass die Stadt Singen als Vermietern der vom Antragsteller bewohnten Wohnung die Kündigung dieses Mietverhältnisses überhaupt in Erwägung gezogen hat, geschweige denn angedroht hat. Auch in der Mahnung vom 8. September 2010 ist kein Hinweis auf eine drohende Kündigung der Stadt Singen bei Nichtbegleichung der Mietschulden des Antragstellers enthalten. Entgegen der Ansicht des Antragstellers dürfte gegen eine etwaige Kündigung durch die Stadt Singen durchaus sprechen, dass in diesem Fall die Stadt Singen den Antragsteller wieder in dieselbe Wohnung als Obdachlosen einweisen müsste. Hierauf hat der Antragsgegner zurecht hingewiesen.
Hiernach ist der angefochtene Beschluss des SG - soweit noch im Streit befindlich - bereits mit Blick darauf zu bestätigen, dass jedenfalls eine Eilbedürftigkeit für das Begehren des Antragstellers nicht erkennbar ist. Deshalb bedarf es im vorliegenden Verfahren keines weiteren Eingehens auf den Anordnungsanspruch, insbesondere darauf, ob der Antragsteller trotz Vorlage der Ersatzkontoauszüge für das Jahr 2010 seine Hilfebedürftigkeit (§§ 19 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 41 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 82 ff., 90 SGB XII) hinreichend glaubhaft gemacht hat, was vom Antragsgegner weiterhin in Abrede gestellt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG (vgl. Bundessozialgericht SozR 3-1500 § 193 Nr. 6) und trägt dem Verfahrensausgang Rechnung. Weiter war zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner nach dortigem Eingang der vom Antragsteller auf Anforderung des Senats am 4. Januar 2011 vorgelegten Kontoauszüge der darin dokumentierten finanziellen Situation des Antragstellers unverzüglich Rechnung getragen und ihm mit Bescheid vom 10. Januar 2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab 1. Januar 2011 gewährt hat. Bis zum 4. Januar 2011 war kein Eingang entsprechender Kontoauszüge weder beim Antragsgegner noch beim SG - trotz entsprechender Aufforderung - festzustellen. Da der Antragsgegner der geänderten Sachlage unverzüglich Rechnung getragen hat, ist es gerechtfertigt, eine Kostenerstattungspflicht zu verneinen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 193 Rdnr. 12c m. w. N.).
Aus den oben genannten Gründen hat auch das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers keinen Erfolg (§ 73a Abs. 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO), weshalb es auf die weiteren Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr ankommt.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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