L 11 R 3377/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 1288/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3377/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Die am 24. August 1959 geborene Klägerin ist serbische Staatsangehörige und siedelte im Januar 1978 in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie erlernte nach ihren eigenen Angaben keinen Beruf und war zuletzt bis Juni 2004 als Küchenhilfe und Bedienung versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos bzw arbeitsunfähig. In der Zeit vom 13. April 2002 bis 12. April 2007 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet, insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden (Versicherungsverlauf vom 27. Juli 2007). Versicherungszeiten bei einem ausländischen Versicherungsträger liegen nicht vor. Die Klägerin ist nicht schwerbehindert (§ 2 Abs 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]).

Im November litt die Klägerin an einer leichten sensomotorischen Hemiparese (links). Es bestand der Verdacht auf einen cerebralen Insult. Vom 27. Oktober bis 24. November 2004 nahm sie an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik G. teil. Chefarzt Dr. S. gab im Entlassungsbericht vom 2. Dezember 2004 an, die Klägerin könne Tätigkeiten als Serviererin und leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr verrichten. Sie wurde als arbeitsfähig entlassen.

Am 22. September 2005 beantragte die Klägerin erstmals bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nachdem die Beklagte das Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren Dr. Z.-R. und das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. K. eingeholt hatte, die beide zu dem Ergebnis gelangten, die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten, wies sie den Antrag gestützt hierauf zurück (Bescheid vom 22. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2006). Die hiergegen beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage (Az: S 8 R 932/06) nahm die Klägerin zurück.

Am 23. April 2007 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, sie leide seit 2004 an einem Bandscheibenvorfall im Bereich der LWS und HWS, an Depressionen und an Arthrose im Knie. Die Beklagte holte daraufhin die Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. J. und des Facharztes für Innere und Psychotherapeutische Medizin Dr. W. vom 17. Juli 2007 ein. Dr. J. gelangte für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: Angabe heftiger Schmerzen in beiden Knien bei röntgenologisch wenig ausgeprägter Retropatellararthrose bei Patellardysplasie, deutliche Lumbalgie ohne radikuläre Symptomatik bei Protrusion L4/S1 sowie degenerative Veränderungen mit Spondylarthrose, Hyperlordose mit degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule bei röntgenologischer Hyperlordose sowie Verschmälerung C5/6 mit erheblichen muskulären Verspannungen, eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultern (degenerativ bedingt mit Funktionseinschränkung) und degenerative Veränderungen in der Brustwirbelsäule mit Verschmälerungen vor allem in kranialen Anteil sowie mäßige Kyphose mit Funktionseinschränkung. Die letzte berufliche Tätigkeit als Bedienung sei nicht mehr leidensgerecht. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne die Klägerin aber unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Dr. W. diagnostizierte darüber hinaus eine leichte somatoforme Schmerzstörung. Auch er gelangte zu der Einschätzung, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen weiterhin leichte Tätigkeiten vollschichtig ausüben könne. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juli 2007 den Antrag der Klägerin ab.

Hiergegen legte die Klägerin am 8. August 2007 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, sie sei seit dem 21. August 2007 im Bezirkskrankenhaus G. (Abteilung Neurologie/Psychiatrie), da sie an ständigen Schmerzen im Kopf und an einem Tremor leide. Die Klägerin legte den Arztbrief des Dr. J. (Bezirkskrankenhaus G.) vom 26. Oktober 2007 vor, wonach bei ihrer Aufnahme eine schwere depressive Episode, eine somatoforme Schmerzstörung und Asthma diagnostiziert worden sei. Die Klägerin sei in einem gebesserten Zustand entlassen worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Er schließe sich der Beurteilung durch den sozialmedizinischen Dienst (Dr. W., Stellungnahme vom 28. Januar 2008) an, so dass davon auszugehen sei, dass volle bzw teilweise Erwerbsminderung nicht vorliege. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht, da die zuletzt ausgeübte Beschäftigung dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 10. April 2008 Klage beim SG erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, sie leide unter Erkrankungen der Wirbelsäule, wobei sämtliche Bereiche betroffen seien. Daneben liege ein hyperreagibles Bronchialsystem, eine Chondropathie der Kniescheibe bei Dysplasie, ein chronisches multilokuläres Schmerzsyndrom bei chronifizierter Depression und eine somatoforme Schmerzstörung vor. Sie sehe sich deshalb außerstande, selbst einer leichten Tätigkeit nachzugehen. Hinzu kämen seit Jahren bestehende Kopfschmerzen. Deshalb sei auch ihre Konzentrations-, Durchhalte-, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit gestört.

Das SG hat zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte der Klägerin. Facharzt für Orthopädie Dr. R. hat mitgeteilt (Auskünfte vom 21. Juli 2008 und 22. Oktober 2009), die Klägerin sei trotz der orthopädischen Befunde noch in der Lage, leichte Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Praktischer Arzt Dr. W. hat ausgeführt (Auskunft vom 11. August 2008), die bei der Klägerin vorhandenen Symptome und Beschwerden seien von erheblicher Tragweite. Hinzu komme eine komplizierte Wechselwirkung zwischen körperlichen und psychologischen Komponenten. Er hat seiner Auskunft mehrere Arztbriefe beigefügt. Internist Dr. W. hat angegeben (Auskunft vom 18. August 2008), trotz der Rhinokonjunktivitis allergika und dem Asthma bronchiale sei die Klägerin noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Das maßgebliche Leiden bestehe auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. hat mitgeteilt (Auskunft vom 22. Juli 2008), die Klägerin leide an einem chronischen multilokulären Schmerzsyndrom mit chronifizierter schwerer Depression im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne sie nur noch drei bis vier Stunden werktäglich verrichten.

Das SG hat daraufhin das Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 2. Dezember 2008 von Amts wegen und auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 15. April 2009 und des Facharztes für Orthopädie Dr. H. vom 9. März 2010 eingeholt. Dr. A. diagnostizierte eine somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymie und ein Restless-Legs-Syndrom. Trotz dieser Gesundheitsstörungen sei die Klägerin noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderer Anforderung an die nervliche Belastbarkeit sowie Tätigkeiten an laufenden Maschinen und mit erhöhter Anforderung an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit. Die Gehfähigkeit sei nicht eingeschränkt.

Dr. K. gelangte für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD 10: F45.41), Dysthymie (anhaltende depressive Entwicklung; ICD 10: F34.1) sowie Restless-Legs-Syndrom (ICD 10: G25.81), derzeit durch medikamentöse Behandlung kompensiert. Unter Berücksichtigung der Behandlungsfähigkeit der bestehenden Gesundheitsstörungen sei die Klägerin prinzipiell noch in der Lage, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben zu können. Zu vermeiden seien Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an die seelische Belastbarkeit und die Konzentrationsfähigkeit erforderten und mit Übernahme von hoher Verantwortung und erhöhter Anforderung an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit verbunden seien. Zu vermeiden seien auch Tätigkeiten, die mit Wechselschicht und Nachtschicht verbunden seien. Außerdem seien die bekannten qualitativen Einschränkungen resultierend aus dem orthopädischen Fachgebiet mit Vermeiden des Tragens und Bewegens von schweren Lasten sowie des Vermeidens von Arbeiten in Zwangshaltungen zu berücksichtigen. Die noch möglichen Tätigkeiten könnten mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Von den betriebsüblichen Bedingungen abweichende Arbeitsbedingungen seien nicht unerlässlich. Die Gehfähigkeit sei nicht eingeschränkt. Wesentliche Abweichungen von Vorgutachten bestünden nicht.

Dr. H. diagnostizierte eine schmerzhafte Funktionsstörung der gesamten Wirbelsäule bei umfangreichen Blockierungen und sekundären Muskelverspannungen im Rumpf ohne Nachweis gravierender Strukturschäden und ohne Nachweis von begleitenden Nerven- bzw Nervenwurzelschäden. Die Klägerin könne deshalb nur leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ausüben. Gelegentliches Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung bzw bis 10 kg in Rumpfvor- oder seitneigung erscheine zumutbar und möglich. Langes Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule solle vermieden werden. Gelegentliches kurzfristiges Bücken sei aber möglich. Die Köperhaltung solle immer wieder zwischen Sitzen, Gehen und Stehen abgewechselt werden, wobei ein stündlicher Wechsel ausreichend erscheine. Arbeiten unter Akkord- und Schichtbedingungen seien nicht leidensgerecht. Ein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen solle vermieden werden. Eine leidensgerechte Tätigkeit sei der Klägerin derzeit mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche zumutbar. Arbeitsübliche Bedingungen seien ausreichend. Hinzu komme, dass die Störungen auf der Ebene des Bewegungsapparates prinzipiell therapierbar seien. Die Klägerin sei auch noch in der Lage, mindestens viermal täglich mehr als 500 Meter zu Fuß zurückzulegen.

Mit Urteil vom 26. Mai 2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, da sie noch in der Lage sei, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Dies ergebe sich aus den Gutachten der Dr. A., des Dr. K. und des Dr. H ... Die bestehenden Erkrankungen auf nervenärztlichem Gebiet begründeten lediglich qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens. Soweit Dr. W. ein chronisches multilokuläres Schmerzsyndrom bei chronifizierter schwerer Depression im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung diagnostiziert und daraus ein nur drei- bis vierstündiges tägliches Leistungsvermögen der Klägerin abgeleitet habe, könne dieser Einschätzung nicht gefolgt werden. Bei den zeitlich nachfolgenden Untersuchungen durch Dr. A. und Dr. K. hätten sich keine Hinweise auf das Vorliegen einer schweren depressiven Erkrankung gefunden. Hinzu komme, dass die Einschätzung des Dr. H. durch den behandelnden Orthopäden Dr. R. geteilt werde. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht, da die Klägerin zuletzt eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt habe und damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne.

Gegen das ihrem damaligen Prozessbevollmächtigten am 18. Juni 2010 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Juli 2010 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und weist ergänzend darauf hin, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe und sie derzeit arbeitsunfähig sei. Aus den bereits vorliegenden Gutachten ergebe sich, dass sie an erheblichen gesundheitlichen Störungen in Form von heftigen Schmerzen leide. Auch habe Dr. W. bestätigt, dass sie nicht mehr in der Lage sei, wie früher in vollem Umfang zu arbeiten. Gleiches habe Dr. W. bestätigt. Bei diesen Ärzten handle es sich um Ärzte, welche sie seit Jahren behandelten und ihren Gesundheitszustand genau kennen. Die Gutachter hätten Sie hingegen nur ein bis zwei Stunden gesehen und könnten sich kein genaues Bild von ihrem Gesundheitszustand machen. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin den Arztbrief der Ärztin Z. (internistische/rheumatologische Praxis) vom 23. November 2010 sowie den Arztbrief des Nuklearmediziners Dr. W. vom 18. Oktober 2010 über eine am 15. Oktober 2010 durchgeführte Drei-Phasen-Skelettszintigraphie vorgelegt. Ärztin Z. berichtet bei der Befunderhebung, dass die Beweglichkeit bei Rückenschmerzen nur leicht eingeschränkt gewesen sei. Die Klägerin habe einen diffusen Körperschmerz im Bereich der ganzen Wirbelsäule angegeben. Der Finger-Bodenabstand habe 13 cm betragen, das Schober-Maß 15 cm und die Atembreite 6 cm. Sie diagnostizierte eine seropositive rheumatoide Arthritis/DD HLA-B27 bei negativer Spondylarthritis mit peripherer Gelenkmitbeteiligung. Sie habe deswegen eine Basistherapie eingeleitet. Bei nicht ausreichendem Behandlungserfolg sei zusätzlich der Einsatz eines TNF-Blockers geplant. Aus ärztlicher Sicht sei die Klägerin derzeit nicht "regelhaft arbeitsfähig". Eine tägliche Arbeitszeit von drei Stunden oder mehr könne in den nächsten sechs bis zwölf Monaten sicherlich nicht ausgeübt werden. Dr. W. hat angegeben, der Befund sei passend zu Arthritiden im Bereich zahlreicher Fingerendgelenke beidseits, am Daumensattel links, an beiden Schultergelenken und an AC-Gelenken. Zusätzlich bestünden degenerative Veränderungen im Bereich der AC-Gelenke beidseits sowie im Sternum.

Für die Beklagte hat Obermedizinalrat F. am 21. Dezember 2010 Stellung genommen und darauf hingewiesen, bei offensichtlich erst eingeleiteter Basisbehandlung gehe die behandelnde Ärztin faktisch von Arbeitsruhe im Sinne der Krankenversicherung aus. Bei der übrigen Beurteilung handle es sich um spekulative Betrachtungen. Im Übrigen ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. H., dass der sogenannte Spitzgriff beidseits durchgeführt werden konnte. Dasselbe gelte auf den Faust- und Schlüsselgriff im Bereich beider Hände. Eine quantitative Beeinträchtigung der Belastbarkeit im Berufsleben sei mithin nicht gegeben.

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 5. Januar 2011 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zurückzuweisen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung gemäß § 153 Abs 4 SGG einverstanden erklärt.

II.

Da der Senat die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die gemäß §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2008 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt. Sie hat aber weder ab dem 1. April 2007 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sich noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den sie verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des sorgfältig begründeten erstinstanzlichen Urteils Bezug, dem er sich in vollem Umfang anschließt; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.

Im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren ist ergänzend auszuführen, dass weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen mangels Aufklärungsbedarf nicht erforderlich waren. Die Gutachten von Dr. A., Dr. K. und Dr. H. haben auch für den Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung [ZPO]).

Anhaltspunkte für einen weiteren Aufklärungsbedarf liegen auch im Hinblick auf die pauschale Behauptung der Klägerin, ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert, nicht vor. Zum einen führt die pauschale Behauptung einer Gesundheitsverschlechterung nicht dazu, dass der Senat dazu veranlasst wäre, ins Blaue hinein zu ermitteln (vgl hierzu Senatsurteil vom 16. November 2010 - L 11 R 4348/09 mwN). Zum anderen lassen sich den Arztbriefen der Ärztin Z. und des Dr. W. keine Befunde entnehmen, die für eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin, der zu einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens führen könnte, sprechen. Nach den Ausführungen der Ärztin Z., steht zwar fest, dass die Klägerin an einem Beschwerdebild aus dem Bereich des entzündlich-rheumatischen Formenkreises leidet (seropositive rheumatoide Arthritis/DD HLA-B27 bei negativer Spondylarthritis mit peripherer Gelenkmitbeteiligung). Allerdings kann der Senat keine wesentliche Verschlechterung im Hinblick auf den von Ärztin Z. erhobenen Befund im Verglich zur Befunderhebung des Dr. H. feststellen. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Bei Dr. H. demonstrierte die Klägerin lediglich eine Rumpfvorneigung von 40 Grad, weshalb er das Ausmessen des Finger-Bodenabstandes und des Schober- sowie Ottzeichens für wenig sinnvoll hielt. Bei der Untersuchung durch Ärztin Z. konnte jedoch ein Finger-Bodenabstand von 13 cm und ein normales Schober-Maß von 15 cm festgehalten werden. Hierauf hat auch Obermedizinalrat F. in seiner Stellungnahme vom 21. Dezember 2010 zutreffend hingewiesen. Schließlich konnte Ärztin Z. auch nur eine leicht eingeschränkte Beweglichkeit trotz Rückenschmerzen feststellen. Soweit Dr. W. aufgrund der Drei-Phasen-Skelettszintigraphie vom 15. Oktober 2010 einen Befund passend zur Arthritiden im Bereich zahlreicher Fingerendgelenken beidseits, am Daumensattelgelenk links, an beiden Schultergelenken und an AC-Gelenken sowie zusätzlich degenerative Veränderungen im Bereich der AC-Gelenke beidseits sowie im Sternum erhoben hat, führt dies ebenfalls zu keiner Änderung des Ergebnisses. Denn trotz dieses Befundes bestehen keine Hinweise darauf, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage ist, mit allen Langfingerkuppen (sowohl rechts wie links) die Daumenspitze zu erreichen, wie dies Dr. H. in seinem Gutachten festgehalten hat. Aus dessen Gutachten ist darüber hinaus zu entnehmen, dass bei seiner Untersuchung im Januar 2010 auch noch ein kräftiger Faustschluss beidseits ohne deutliche Rechts- oder Linksbetonung möglich war. Eine Verschlechterung der Beweglichkeit der Handgelenke haben jedoch weder Ärztin Z. noch die Klägerin angegeben.

Aus dem Arztbrief der Ärztin Z. folgt zudem, dass nunmehr eine Basistherapie eingeleitet worden ist, mithin zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht alle Therapieoptionen voll ausgeschöpft sind. Begründete Anhaltspunkte dafür, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit eingetreten ist, liegen somit nicht vor, zumal auch nach den Angaben des Dr. K. und des Dr. H. die bei der Klägerin bestehenden Beschwerden grundsätzlich therapierbar sind.

Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit der Klägerin - leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich - muss ihr eine konkrete Tätigkeit, die sie noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die von den Gutachtern genannten qualitativen Leistungseinschränkungen gehen nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte Arbeiten erfasst wird.

Nachdem die Klägerin keinen Beruf erlernt hat und auch zuletzt in ungelernten Tätigkeiten versicherungspflichtig beschäftigt war, scheidet die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit von vornherein aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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