Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 13 KR 643/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5324/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 8.10.2009 abgeändert und dessen Entscheidungsformel wie folgt neu gefasst:
Der Bescheid der Beklagten vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2009 wird insoweit aufgehoben, als darin für Juli 2008 höhere Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge als 290,12 EUR bzw. 47,28 EUR festgesetzt sind. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für Juli 2008 zuviel gezahlte Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von 75,84 EUR bzw. 12,36 EUR und die wegen der Säumnis mit der Beitragszahlung für Juli 2008 erhobenen Säumniszuschläge zurückzuzahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1.05.2007 bis 31.7.2008.
Der 1968 geborene Kläger, bis Februar 2006 Mitglied der A. U., ist seit 1998 hauptberuflich als selbständiger Kaufmann erwerbstätig. Am 26.4.2006 beantragte er bei der Beklagten die Aufnahme in die freiwillige Krankenversicherung. Im Aufnahmeverfahren legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts E. vom 28.4.2006 für 2004 (auszugsweise) vor; darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 24.766,00 EUR ausgewiesen. Seit 1.3.2006 ist der Kläger bei der Beklagten als Selbständiger (ohne Anspruch auf Krankengeld) krankenversichert sowie bei der Pflegekasse der Beklagten pflegeversichert.
Mit (Erst-)Bescheid vom 12.5.2006 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für März und April 2006 auf 249,72 EUR bzw. 40,24 EUR und ab 1.5.2006 auf 262,11 EUR bzw. 40,24 EUR fest. Der (Gesamt-)Beitrag sei am 15. des Folgemonats für den abgelaufenen Monat fällig. Dem Bescheid war – wie den in der Folgezeit ergangenen Beitragsbescheiden – als Anlage eine tabellarische Übersicht beigefügt; dieser möge der Kläger die Zusammensetzung der Beiträge entnehmen. In der Übersicht sind die Beitragszeiträume, die der Beitragsbemessung zugrunde gelegten Einnahmen des Klägers, die Beitragssätze der Kranken- und Pflegeversicherung, die monatlichen (Einzel-)Beiträge sowie der zu entrichtende Gesamtbeitrag dargestellt. Außerdem wird der Stand des Beitragskontos mitgeteilt.
Unter dem 3.7.2007 bat die Beklagte den Kläger im Rahmen der turnusgemäßen Überprüfung der Beitragseinstufung (erstmals) um Angaben zu den aktuellen Einkommensverhältnissen. Mit Telefax vom 16.7.2007 teilte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit von jährlich 32.530,00 EUR (monatlich 2.710 EUR) und aus Vermietung und Verpachtung von jährlich minus 1.208,00 EUR mit.
Mit Beitragsbescheid vom 25.7.2007 setzte die Beklagte daraufhin den monatliche Kranken- und Pflegversicherungsbeitrag ab 1.8.2007 auf 344,17 EUR bzw. 52,85 EUR fest. Der Bescheid ist durch einen entsprechenden Vermerk in der Überschrift als vorläufiger Beitragsbescheid bezeichnet. Außerdem ist – wie in allen nachfolgenden Beitragsbescheiden - ausgeführt, der Kläger möge Einkommensänderungen umgehend mitteilen. Die Höhe des Beitrags bleibe nur so lange gültig, bis ihm der nächste aktuelle Einkommensnachweis vorliege.
Mit Fax vom 8.8.2007 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 25.7.2007. Zur Begründung legte er die kopierte erste Seite eines Einkommensteuerbescheids des Finanzamts E. für 2005 mit dem (teils handschriftlich überschriebenen) Datum des 7.8.2007 vor; dieser Bescheid sei ihm am 8.8.2007 zugegangen. Auf der vorgelegten Seite des Einkommensteuerbescheids sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2.530,00 EUR ausgewiesen.
Mit Bescheid vom 10.8.2007 setzte die Beklagte die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab 1.9.2007 auf 233,36 EUR bzw. 35,83 EUR fest. Der Beitragsbemessung legte sie ein monatliches Einkommen von 1.837,50 EUR zugrunde (40. Teil der monatlichen Bezugsgröße für 2007: 2.450 EUR/40 = 61,25 EUR/Tag bzw. 1.837,50 EUR - vgl. § 240 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Wie dem (Erst-)Bescheid vom 12.5.2006 war auch diesem Bescheid eine tabellarische Übersicht zur Zusammensetzung und Berechnung der Beiträge als Anlage beigefügt.
Der Kläger legte erneut Widerspruch ein und bat um Festsetzung des Mindestbeitrags von 179,00 EUR; der Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.7.2007 bleibe aufrecht erhalten.
Mit Schreiben vom 27.8.2007 kündigte der Kläger die Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31.10.2007. Mit Schreiben vom 5.9.2007 bestätigte die Beklagte die Kündigung (§ 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Die Mitgliedsbescheinigung einer neuen Krankenkasse (B. Sch.) wurde der Beklagten am 28.3.2008 (Beginn der Mitgliedschaft 1.4.2008) vorgelegt.
Mit Fax vom 15.09.2007 stellte der Kläger einen Antrag auf Beitragsentlastung für freiwillig Versicherte. Zur Begründung wurde auf Anforderung der Beklagten eine aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung des Steuerberaters des Klägers vorgelegt. Sie betrifft den Zeitraum Januar/September 2007 und weist für September Einkünfte (vor Steuern) von minus 9.206,07 EUR aus. In der Aufstellung ist vermerkt, es handele sich um ein vorläufiges Ergebnis, das dem derzeitigen Stand der Bearbeitung entspreche. Abschluss-/Abgrenzungsbuchungen könnten es noch verändern.
Mit Bescheid vom 16.10.2007 setzte die Beklagte den monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag weiterhin (unverändert) auf 233,36 EUR bzw. 35,83 EUR fest (beitragspflichtige Einnahmen unverändert 1.837,50 EUR; 40.Teil der monatlichen Bezugsgröße für 2007).
Mit Bescheid vom 13.11.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 25.7.2007 gemäß §§ 44 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf. Maßgebend für die Beitragspflicht sei der Bescheid vom 10.8.2007 bzw. 16.10.2007. Außerdem erläuterte die Beklagte dem Kläger die für die Beitragseinstufung freiwillig Versicherter in § 240 SGB V festgelegten Maßgaben; Veränderungen auf Grund eines vom Versicherten eingereichten Nachweises könnten erst ab dem Folgemonat nach Vorlage bei der Krankenkasse berücksichtigt werden. Der Kläger habe den Steuerbescheid für 2005 am 8.8.2007 vorgelegt. Am 10.8.2007 habe man die ab 1.9.2007 geschuldeten Beiträge daher neu berechnet.
Mit Bescheid vom 7.4.2008 stellt die Beklagte die Unwirksamkeit der Kündigung des Klägers gem. § 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V fest; er habe innerhalb der Kündigungsfrist (§ 175 Abs. 4 Satz 2 SGB V: Ablauf des übernächsten Monats nach Erklärung der Kündigung, hier 31.10.2007) eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse nicht nachgewiesen Um einen durchgehenden Versicherungsschutz zu gewährleisten, müsse die freiwillige Mitgliedschaft bei ihr rückwirkend ab dem 1.11.2007 weiterhin durchgeführt werden. Die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge betrügen vom 1.11. bis 31.12.2007 233,36 EUR bzw. 35,83 EUR (wie im Bescheid vom 16.10.2007) und ab 1.1.2008 251,61 EUR bzw. 36,34 EUR. Ab 1.1.2008 hatte sich der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung von 12,70% auf 13,50% erhöht. Außerdem wurden ab 1.1.2008 beitragspflichtige Einnahmen von monatlich 1.863,75 (40. Teil der monatlichen Bezugsgröße für 2008: 2.485 EUR/40 = 62,13 EUR/Tag bzw. 1.863,75 EUR/Monat) angesetzt. Durch die Rückrechnung ergebe sich ein aktueller Beitragssaldo von minus 1.402,23 EUR (einschließlich Beitragsmonat März 2008). Der Beitragsrückstand sowie die Beiträge für März 2008 würden am 15.4.2008 abgebucht.
Mit Bescheid vom 18.6.2008 wurde der monatliche Kranken- bzw. Pflegversicherungsbeitrag ab 1.7.2008 auf 251,61 EUR bzw. 41,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Änderung beruhe auf der gesetzlich festgelegten Erhöhung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung um 0,25%. Deswegen erhalte der Kläger einen neuen Beitragsbescheid mit den ab 1.7.2008 geltenden Bemessungsgrundlagen bzw. dem ab diesem Tag geltenden Beitragssatz. Dem Bescheid war als Anlage (wiederum) eine Beitragsberechnung (monatliche beitragspflichtige Einnahme 1.863,75 EUR, Beitragssatz zur Krankenversicherung 12,60%, zuzüglich zusätzlicher Beitragssatz 0,90%, Beitragssatz zur Pflegeversicherung 2,20 %) beigefügt.
Unter dem 27.5.2008 bat die Beklagte den Kläger (erneut turnusgemäß) um Mitteilung seiner aktuellen Einkünfte.
Mit Telefax vom 19.6.2008 wurde der Beklagten eine vom Kläger am 17.6.2008 unterzeichnete Erklärung übermittelt, in der Bruttoeinkünfte aus selbständiger Tätigkeit von monatlich 800,00 EUR bzw. jährlich 9.600,00 EUR angegeben sind. Außerdem wurde die erste Seite eines Einkommensteuerbescheids des Finanzamts E. ohne Datum für 2007 vorgelegt. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 2.530 EUR ausgewiesen.
Da der Beklagten die Angaben bzw. vorgelegten Unterlagen zur Beitragsfestsetzung nicht ausreichten, ersuchte sie schließlich das Finanzamt E. mit Schreiben vom 24.6.2008 um Übersendung von Abschriften der Steuerbescheide für 2006 und 2007 im Wege der Amtshilfe.
Unter dem 30.6.2008 teilte das Finanzamt E. mit, der Steuerbescheid für 2006 sei am 18.6.2008 ausgestellt worden. Er weise keine Einkünfte aus selbständiger oder nichtselbständiger Tätigkeit, sondern nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 376,00 EUR und sonstiges Einkommen von 45.761,00 EUR aus.
Unter dem 10.7.2008 bat die Beklagte das Finanzamt E. im Hinblick auf widersprüchliche Angaben zu den Einkünften des Klägers erneut um Amtshilfe. Dieses teilte unter dem 11.7.2008 mit, die Steuerbescheide für 2005 und 2006 seien am 17.4.2007 bzw. am 18.6.2008 erlassen worden. Der Bescheid für 2005 weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 32.530,00 EUR, der Bescheid für 2006 von 45.761,00 EUR aus. Ergänzend ist vermerkt, der Einkommensteuerbescheid für 2006 sei an den Kläger am 1.5.2007, der Bescheid für 2007 am 1.7.2008 abgesandt worden. Auf dem Auskunftsersuchen der Beklagten sind die vorgedruckten Jahreszahlen "2006" und "2007" vom Sachbearbeiter des Finanzamts durchgestrichen und durch die Jahreszahlen "2005" und "2006" ersetzt worden. Ergänzend hat der Sachbearbeiter vermerkt: " 2006" ab 01.05.2007", "2007 ab 01.07.2008". Hierzu sind indessen jeweils die Einkommensdaten der Bescheide für 2005 und 2006 angegeben.
Am 10.7.2008 war bei der Beklagten - wohl auf Veranlassung des Klägers - (u.a.) ein Einkommensteuerbescheid des Finanzamts E. für 2006 (in Auszügen in Kopie) per Telefax eingegangen. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 4.310 EUR ausgewiesen.
Mit Bescheid vom 15.7.2008 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab 1.5.2007 auf 357,06 EUR bzw. 54,83 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.811,50 EUR), ab 1.1.2008 auf 379,55 EUR bzw. 54,83 EUR und ab 1.7.2008 auf 486,00 EUR bzw. 79,20 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.811,50 EUR bzw. 3600,00 EUR) fest. Der Bescheid ist in der Betreffzeile mit "Änderung in der freiwilligen Krankenversicherung/Pflegeversicherung" überschrieben. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Grundlage der Beitragsberechnung habe sich ab dem 1.5.2007 geändert, da der Steuerbescheid für 2006 bereits am 17.4.2007 erstellt worden sei. Ab 1.1.2008 seien die Beitragssätze zur Krankenversicherung angepasst worden. Der Steuerbescheid für 2007 sei am 18.6.2008 erstellt worden und werde somit ab 1.7.2008 für die Beitragsbemessung berücksichtigt. Außerdem sei der Beitrag zur Pflegeversicherung zum 1.7.2008 gesetzlich angepasst worden. Das Beitragskonto weise einen Rückstand von 1.887,54 EUR auf; diesen Betrag werde man abbuchen. Dem Bescheid war (nach dem Muster des Erstbescheids vom 12.5.2006) wiederum eine tabellarische Übersicht zu den Einzelheiten der Beitragsberechnung als Anlage beigefügt. Außerdem wird der Kläger aufgefordert, sich mit der Beklagten wegen einer Ratenzahlungsvereinbarung in Verbindung zu setzen, wenn er den offenen Betrag nicht in einer Summe begleichen könne.
Mit Schreiben vom 21.7.2008 legte der Kläger (der die Mitgliedschaft bei der Beklagten außerdem zum 30.9.2008 kündigte - Schreiben vom 18.7.2008 – eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse aber wiederum nicht begründete) Widerspruch ein; das Finanzamt E. habe im Wege der Amtshilfe Einkünfte von ca. 45.000 EUR mitgeteilt. Das treffe nicht zu; maßgeblich seien Einkünfte von ca. 25.000 EUR. Man möge erneut beim Finanzamt nachfragen.
Mit Bescheid vom 21.7.2008 setzte die Beklagte den monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag ab 1.5.2007 auf 344,28 EUR bzw. 52,86 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.710,83 EUR), ab 1.1.2008 auf 365,96 EUR bzw. 52,86 EUR und ab 1.7.2008 auf 486,00 EUR bzw. 79,20 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.710,83 EUR bzw. 3.600,00 EUR) fest. In der Betreffzeile des Bescheids ist eingetragen: "Korrekturbescheid Änderung in der freiwilligen Krankenversicherung/Pflegeversicherung". Weiter führte die Beklagte aus, die Grundlage der Beitragsberechnung habe sich ab dem 1.5.2007 geändert. Durch die Rückrechnung ergebe sich ein Beitragssaldo von minus 1.676,18 EUR; der rückständige Beitrag werde abgebucht. Dem Bescheid war (nach dem Muster des Erstbescheids vom 12.5.2006) wiederum eine tabellarische Übersicht zu den Einzelheiten der Beitragsberechnung als Anlage beigefügt.
Mit (Begleit-)Schreiben bzw. Anhörungsschreiben vom 21.7.2008 (zum Beitragsbescheid vom gleichen Tag) teilte die Beklagte dem Kläger im Hinblick auf den eingelegten Widerspruch mit, bei der Beitragsbemessung sei die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen, weswegen sämtliche Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht würden bzw. verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung angesetzt würden. Für hauptberuflich selbstständig erwerbstätige freiwillige Mitglieder gelte als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag mindestens der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (2007: 118,75 EUR/Tag bzw. 3.562,50 EUR/Monat; 2008: 120 EUR/Tag bzw. 3.600,00 EUR/Monat). Weise der Versicherte niedrigere Einnahmen nach, sei mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße (2007: 2.450 EUR/40 = 61,25 EUR/Tag bzw. 1.837,50 EUR/Monat; 2008: 2.485 EUR/40 = 62,13 EUR/Tag bzw. 1.863,75 EUR/Monat) anzusetzen. Die zuständige Aufsichtsbehörde habe auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgelegt, dass als Nachweis der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit ausschließlich Einkommensteuerbescheide heranzuziehen seien. Ausnahmen seien nur zulässig, wenn die selbstständige Tätigkeit neu aufgenommen worden sei und ein Einkommensteuerbescheid noch nicht vorliege. Ohne Vorlage des Einkommensteuerbescheids dürfe eine einkommensbezogene Beitragseinstufung unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze nicht vorgenommen werden. Veränderungen auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises könne man erst ab dem Folgemonat der Vorlage bei der Krankenkasse berücksichtigen. Werde der Einkommensteuerbescheid nicht unverzüglich vorgelegt, sei eine sich ggf. ergebende Höherstufung ab dem Folgemonat nach Erstellung des Einkommensteuerbescheids vorzunehmen. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007 habe man erst am 19.6.2008 bzw. 10.7.2008 erhalten. Allerdings seien die Bescheide unvollständig gewesen, weshalb man Amtshilfeersuchen an das Finanzamt gerichtet habe. Dieses habe am 15.7.2008 mitgeteilt, die Steuerbescheide seien am 17.4.3007 bzw. am 18.6.2008 ergangen und hätten Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 32.530,00 EUR bzw. 45.761,00 EUR ausgewiesen. Da der Beitragsbemessung in der Vergangenheit niedrigere Einkünfte zu Grunde gelegt worden seien, habe man die Beiträge rückwirkend ab dem 1.5.2007 (neu) festgesetzt. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und habe die Einkommensteuerbescheide nicht unverzüglich vorgelegt. Die Mitteilungen des Finanzamts seien nicht anzuzweifeln. Einen aktuellen Bescheid über die Höhe der zu entrichtenden Beiträge erhalte der Kläger nochmals anbei.
Mit Schreiben vom 5.8.2008 teilte das Finanzamt E. der Beklagten mit, die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb betrügen 25.788,00 EUR (Einkünfte aus Kapitalvermögen: 0,00 EUR, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung minus 376,00 EUR). In einem Aktenvermerk der Beklagten ist festgehalten, laut Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters beim Finanzamt E. habe der Steuerberater des Klägers einen neuen Bescheid erstellt, so dass ein neuer Einkommensteuerbescheid für 2007 erlassen worden sei; die Angaben seien korrekt.
Mit Bescheid vom 18.8.2008 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab 1.5.2007 auf 344,28 EUR bzw. 52,86 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.710,83 EUR), ab 1.1.2008 auf 365,96 EUR bzw. 52,86 EUR und ab 1.7.2008 auf 290,12 EUR bzw. 47,28 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.710,83 EUR bzw. 2149,00 EUR, letzteres entspricht Jahreseinkünften von 25.788,00 EUR) fest. In der Betreffzeile des Bescheids ist eingetragen: "Korrekturbescheid zum 01.07.2008 Änderung in der freiwilligen Krankenversicherung/Pflegeversicherung". Weiter führte die Beklagte aus, die Grundlage der Beitragsberechnung habe sich ab dem 1.5.2007 geändert. Auf Grund eines korrigierten Bescheids des Finanzamts E. ändere sich die Grundlage für die Beitragsberechnung ab 1.7.2008. Durch die Rückrechnung für die Zeit vom 1.5.2007 bis 31.7.2008 ergebe sich ein Beitragssaldo von minus 2.021,58 EUR (einschließlich Beitrag Monat Juli 2008); der Kläger möge den Betrag überweisen. Dem Bescheid war (nach dem Muster des Erstbescheids vom 12.5.2006) wiederum eine tabellarische Übersicht zu den Einzelheiten der Beitragsberechnung als Anlage beigefügt. Außerdem ist erstmals als Sollstellung eine Gebühr (Rücklastschriftgebühr) von 8,00 EUR ausgewiesen.
Mit (Begleit-)Schreiben bzw. Anhörungsschreiben vom 10.8.2008 (zum Beitragsbescheid vom gleichen Tag) teilte die Beklagte dem Kläger (nach erneuter Erläuterung der Grundsätze für die Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern) mit, im Hinblick auf die zunächst unvollständigen Angaben des Klägers und die Mitteilungen des Finanzamts E. habe man die Beitragseinstufung rückwirkend ab 1.5.2007 vornehmen müssen. Dagegen richte sich der Widerspruch des Klägers, der vortrage, sein jährliches Bruttoeinkommen aus selbstständiger Tätigkeit liege nach Maßgabe der Steuerbescheide für 2006 und 2007 bei ca. 25.000 EUR. Da der Kläger den aktuellen Einkommensteuerbescheid pflichtwidrig nicht unverzüglich vorgelegt habe und die Auskünfte des Finanzamts nicht angezweifelt würden, habe man die Beiträge ab 1.5.2007 entsprechend den vorstehend erläuterten Bemessungsgrundsätzen festsetzen müssen. Einen aktuellen Bescheid über die Höhe der Beiträge erhalte der Kläger nochmals anbei. Der Bescheid vom 21.7.2008 werde mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Der Kläger möge mitteilen, ob er den Widerspruch aufrechterhalte.
Mit (als letzte Zahlungserinnerung bezeichnetem) Schreiben vom 24.9.2008 forderte die Beklagte den Kläger auf, sein Beitragskonto auszugleichen. Wegen des Zahlungsverzugs müsse man ihm die vorgeschriebenen Säumniszuschläge und Mahngebühren berechnen. Für die Zeit ab 1.5.2007 schulde er Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von 2.350,98 EUR zzgl. Säumniszuschläge, Mahngebühren und Rücklastschriftgebühren von 188,50 EUR bzw. 2,00 EUR und 8,00 EUR, insgesamt 2.549,48 EUR.
Mit Bescheid vom 6.10.2008 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab 1.10.2008 (unverändert) auf 290,12 EUR bzw. 47,28 EUR fest. Die Grundlage der Beitragsberechnung habe sich ab 1.10.2008 nicht geändert. Der aktuelle Beitragsrückstand betrage 2.549,48 EUR.
Mit als "letzte Mahnung" bezeichnetem Schreiben vom 22.10.2008 teilte die Beklagte dem Kläger einen Zahlungsrückstand von 3.041,08 EUR (Beiträge 2.918,58 EUR, Säumniszuschläge 120,50 EUR, Mahngebühren 2,00 EUR) mit; ggf. würden Maßnahmen der Zwangsvollstreckung geprüft, der Leistungsanspruch ruhe.
Nachdem die Beklagte eine Kontenpfändung durchgeführt hatte, forderte der Kläger unter dem 4.11.2008 die Rückerstattung eines seiner Ansicht nach zuviel eingezogenen Betrags von 1.463,56 EUR. Ihm seien erhebliche Differenzen aufgefallen; der Beklagten stehe lediglich ein Betrag von 1.117,62 EUR zu. Dem Schreiben war eine vom Kläger selbst gefertigte Aufstellung zu (aus seiner Sicht) gezahlten bzw. geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für 2007 und 2008 beigefügt. Er legte beitragspflichtige Einnahmen für 2007 und 2008 von jährlich jeweils 25.788,00 EUR zugrunde und bezog sich hierfür auf den Steuerbescheid 2006.
Mit Schreiben vom 17.11.2008 lehnte die Beklagte die Rückzahlung von Beiträgen ab. Dem Schreiben war eine (dem Steuerberater des Klägers bereits übersandte) Aufstellung über die geschuldeten und tatsächlich gezahlten Beiträge sowie die angefallenen Säumniszuschläge und Gebühren für die Zeit von Mai 2007 bis Oktober 2008 beigefügt (Säumniszuschläge 380,50 EUR, Gebühren 43,70 EUR).
Mit Amtshilfeersuchen vom 24.11.2008 bat die Beklagte das Finanzamt E. um Übersendung von Abschriften der Steuerbescheide für 2006 und 2007.
Unter dem 25.11.2008 teilte das Finanzamt der Beklagten mit, der Steuerbescheid für 2006 sei am 29.7.2008 ausgestellt worden und weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 25.788,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von minus 376 EUR aus. Für 2007 sei ein Einkommensteuerbescheid noch nicht ergangen.
Unter dem 26.11.2008 teilte das Finanzamt der Beklagten mit, der Steuerbescheid für 2004 sei am 28.4.2006 ausgestellt worden und weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 24.766,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von 279,00 EUR aus. Aus dem am 17.4.2007 ausgestellten Steuerbescheid für 2005 gingen Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 32.530,00 EUR und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von minus 1.208,00 EUR hervor. Der am 29.7.2008 ausgestellte Steuerbescheid für 2006 weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 25.788,00 EUR und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von minus 376,00 EUR aus. Der Einkommensteuerbescheid für 2007 liege noch nicht vor; die Einkommensteuererklärung für dieses Jahr sei noch nicht abgegeben worden.
Mit Bescheid vom 27.11.2008 setzte die Beklagte den monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag - insoweit unverändert - ab 1.5.2007 auf 344,28 EUR bzw. 52,86 EUR und ab 1.1.2008 auf 365,96 EUR bzw. 52,86 EUR fest. Ab 1.7.2008 wurden die Beiträge auf 365,96 EUR bzw. 59,46 EUR (bisher lt. Bescheid vom 18.8.2008: 290,12 EUR bzw. 47,28 EUR) und ab 1.8.2008 auf 290,12 EUR bzw. 47,28 EUR festgesetzt. In der Betreffzeile des Bescheids ist eingetragen: "Korrekturbescheid zum 18.08.2008 Änderung in der freiwilligen Krankenversicherung/Pflegeversicherung". Weiter führte die Beklagte aus, die Grundlage der Beitragsberechnung habe sich ab dem 1.5.2007 geändert. Auf Grund eines korrigierten Bescheids des Finanzamts E. für 2006 ändere sich die Grundlage für die Beitragsberechnung ab 1.8.2008. Durch die Rückrechnung für die Zeit vom 1.5.2007 bis 31.8.2008 sowie die noch offenen Beiträge und Gebühren für September und Oktober 2008 ergebe sich ein Beitragssaldo von minus 905,50 EUR; der Kläger möge den Betrag (zzgl. der Beiträge für November 2008 von 337,40 EUR) überweisen. Der Beitragsbescheid vom 18.8.2008 werde mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Dem Bescheid war (nach dem Muster des Erstbescheids vom 12.5.2006) wiederum eine tabellarische Übersicht zu den Einzelheiten der Beitragsberechnung (ab 1.5.2007) als Anlage beigefügt.
In einem (den vorangegangenen Begleit- bzw. Anhörungsschreiben vom 21.7. und 10.8.2008 weitgehend entsprechenden) Schreiben vom 27.11.2008 (zum Bescheid vom gleichen Tag) ist (u.a. erneut) ausgeführt, der Kläger sei seit 1.3.2006 freiwilliges Mitglied. Der Beitragsbemessung habe man ursprünglich dessen Angaben sowie den Einkommensteuerbescheid für 2004 zugrunde gelegt. Von den Einkommensteuerbescheiden für 2005 und 2006 habe man erstmals am 19.6.2008 bzw. 10.7.2008 Kenntnis erlangt; die Bescheide seien jedoch unvollständig gewesen. Das Finanzamt habe auf Amtshilfeersuchen schließlich mitgeteilt, dass der Steuerbescheid für 2005 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 32.530,00 EUR) am 17.4.2007 und der Steuerbescheid für 2006 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 25.788,00 EUR) am 29.7.2008 ausgestellt worden sei. Diese Bescheide wiesen höhere als der Beitragsbemessung in der Vergangenheit zugrunde gelegten Einkünfte aus. Deswegen habe man die Beitragseinstufung rückwirkend ab 1.5.2007 vornehmen müssen. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht zur unverzüglichen Vorlage des aktuellen Einkommensteuerbescheids nicht nachgekommen. Der Bescheid vom 18.8.2008 werde mit sofortiger Wirkung aufgehoben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, der abschließende Beitragsbescheid vom 27.11.2008, mit dem man die vorangegangenen Beitragsbescheide aufgehoben habe und der deshalb gem. § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) alleiniger Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei, sei rechtmäßig. Auf der Grundlage der letzten Auskunft des Finanzamts E. vom 26.11.2008 sei der Einkommensteuerbescheid für 2005 am 17.4.2007 erlassen worden und weise Einkünfte aus Gewerbebebtrieb von 32.530,00 EUR aus. Einkünfte von 25.788,00 EUR seien nicht im Jahr 2007, sondern bereits im Jahr 2006 erzielt worden. Auf der Grundlage dieser Angaben sei der vorangegangene Bescheid vom 18.8.2008 durch den Bescheid vom 27.11.2008 insoweit teilweise abgeändert worden, als die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge vom 1.7. bis 31.7.2008 auf insgesamt 425,60 EUR und für die Zeit ab 1.8.2008 auf insgesamt 337,40 EUR festgesetzt worden seien. Der Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen hauptberuflich selbstständig tätiger Versicherter müssten ausschließlich amtliche Urkunden, in erster Linie also Einkommensteuerbescheide und schriftliche Auskünfte der Finanzämter, zu Grunde gelegt werden (BSG, Urt. vom 26.9.1996, - 12 RK 46/95 -). Solche Urkunden könnten ggf. auch eine rückwirkende Beitragserhebung erforderlich machen. Gem. § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V würden Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises geringerer Einnahmen erst mit dem auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monat wirksam. Das gelte jedoch nicht in gleicher Weise für die umgekehrte Fallgestaltung, wenn sich aus einem nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheid höhere als die zunächst veranschlagten (Mindest-)Einnahmen ergäben. In diesem Fall müsse die Beitragshöhe vielmehr aus zwingenden rechtlichen Gründen rückwirkend für den gesamten Zeitraum ab Erlass des maßgeblichen Einkommensteuerbescheids vorgenommen werden (KassKomm-Peters, SGB V § 240 Rdnr. 35b; auch BT-Drs. 12/3937, S. 17). Die Krankenkasse sei im Übrigen nicht verpflichtet, ihre selbstständig tätigen Mitglieder regelmäßig zur Übersendung des jeweils aktuellen Einkommensteuerbescheids aufzufordern. Es obliege dem Versicherten, von sich aus geeignete Einkommensnachweise beizubringen, um eine Beitragsbemessung gem. § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V zu vermeiden. Nach dieser Vorschrift seien monatliche Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (2006/2007: 3.562,50 EUR; 2008: 3.600,00 EUR) anzusetzen, wenn nicht der Versicherte nachweise, dass seine tatsächlichen Einnahmen geringer gewesen seien.
Eine Saldierung positiver und negativer Einkünfte aus unterschiedlichen Einkunftsarten komme nicht in Betracht. Gem. § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei bei der Bemessung der Beiträge freiwillig versicherter Mitglieder deren gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V werde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch alle Einnahmen und Geldmittel bestimmt, die das Mitglied ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung zum Lebensunterhalt verbrauche oder verbrauchen könnte. Dabei müssten mindestens diejenigen Einnahmen angesetzt werden, die der Beitragsbemessung bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten zu Grunde zu legen seien. Die Beiträge versicherungspflichtiger Mitglieder würden gem. § 226 Abs. 1 SGB V nach dem ihnen zufließenden Arbeitsentgelt, den bezogenen Renten und Versorgungsbezügen sowie etwaigem zusätzlichem Arbeitseinkommen bemessen. Abweichend von der steuerrechtlichen Bewertung gelte beitragsrechtlich für die genannten Einnahmearten - mit Ausnahme des nach § 15 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zu bestimmenden Arbeitseinkommens - ein strenges Bruttoprinzip. Deshalb sei auch bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder ein so genannter vertikaler Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einnahmearten zwingend ausgeschlossen (BSG, Urt. vom 9.8.2006, - B 12 KR 8/06 R -).
Abschließend ist darauf hingewiesen, dass der Widerspruchsbescheid gem. § 46 Abs. 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) auch im Namen der B. A. plus Pflegekasse ergehe.
Am 18.2.2009 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm. Er machte unter Beifügung einer selbst angefertigten Aufstellung über die (aus seiner Sicht) für 2007 und 2008 geschuldeten bzw. gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge geltend, die Beklagte habe die Beiträge auf einer fehlerhaften Bemessungsgrundlage festgesetzt. Das Finanzamt habe Einkünfte von 45.761,00 EUR mitgeteilt, während er in Wahrheit (laut geändertem Steuerbescheid) nur 25.412 EUR erzielt habe. Die Beklagte möge 1.463,56 EUR zurückzahlen. Er habe ihr (mit Schreiben vom 4.11.2008) eine genaue Aufstellung über die maßgeblichen Einkünfte von 25.788 EUR zugeleitet. Der erste Steuerbescheid sei fehlerhaft gewesen und geändert worden.
Der Kläger legte außerdem den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts E. für 2006 vor. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 25.788,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von minus 376 EUR ausgewiesen.
Die Beklagte trug vor, bei der Beitragsfestsetzung finde ein vertikaler Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten nicht statt. Die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien deshalb nicht zu berücksichtigen. Die Herabsetzung der Einnahmen freiwilliger Mitglieder sei erst ab dem Zeitpunkt möglich, zu dem die Einkommensminderung durch Steuerbescheid nachgewiesen sei (§240 Abs. 4 Satz 5 SGB V a.F. bzw. § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V n.F.). Gleichwohl habe man den am 29.7.2008 ergangenen Einkommensteuerbescheid für 2006 zugunsten des Klägers schon ab dem 1.8.2008 berücksichtigt. Den ihm obliegenden Nachweis niedrigerer Einnahmen habe der Kläger nicht geführt. Sie habe vom Inhalt des Einkommensteuerbescheids für 2006 erst durch Mitteilung des Finanzamts E. vom 25.11.2008 erfahren. Deshalb hätte die Einkommensminderung gegenüber 2005 an sich frühestens ab 1.12.2008 angesetzt werden dürfen.
In der mündlichen Verhandlung vom 8.10.2009, in der die ordnungsgemäß geladene Beklagte – wie von ihr angekündigt - nicht vertreten war, wies das Sozialgericht darauf hin, ab 11.5.2006 seien eine Reihe von Beitragsbescheiden ergangen, nämlich unter dem 25.7.2007, 10.8.2007, 7.4.2008 und 18.6.2008. In den Bescheiden vom 15.7.2008, 21.7.2008 und 18.8.2008 finde sich kein Hinweis auf die Aufhebung der Altbescheide. Es fehle auch ein Hinweis darauf, in welcher Höhe das geschehe und auf die maßgeblichen Rechtsgrundlagen. Deswegen erscheine zweifelhaft, ob die angefochtenen Bescheide hinreichend bestimmt seien, zumal derartige Verfügungssätze auch im Widerspruchsbescheid nicht nachgeschoben worden seien. Der Kläger erklärte, er sei bereit, auf die Erstattung der veranschlagten Mahngebühren zu verzichten.
Mit Urteil vom 8.10.2009 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 15.7.2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 21.7.2008, 18.8.2008 und 27.11.2008, diese in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2009 auf, soweit darin monatliche Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1.5.2007 bis zum 31.7.2008 festgesetzt sind. Außerdem verurteilte es die Beklagte dem Grunde nach, dem Kläger zuviel erhobene Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Säumniszuschläge zu erstatten.
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, der Kläger fechte die Bescheide der Beklagten nur insoweit an, als die Beitragsfestsetzung für die Zeit vor dem 1.8.2008 abgeändert worden sei. Die Bescheide seien formell rechtswidrig. Sie seien weder hinreichend bestimmt noch ausreichend begründet (§§ 33 Abs. 1 bzw. 35 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB X). Ein Verwaltungsakt sei hinreichend bestimmt, wenn der Wille der Behörde für einen verständigen Beteiligten unzweideutig erkennbar werde und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich sei (BSG, Urt. vom 29.1.1997, - 11 RAr 43/96 -). Aus dem Verfügungssatz müsse für den Betroffenen vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde wolle. Zur Auslegung des Verfügungssatzes könne die Begründung des Verwaltungsakts herangezogen werden. Zudem könne auf beigefügte Unterlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte, zurückgegriffen werden (BSG, Urt. vom 6.2.2007, - B 8 KN 3/06 R -; Urt. vom 2.6.2004, - B 7 AL 58/03 -). Unbestimmt nach § 33 SGB X sei ein Verwaltungsakt, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei sei und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage sei, sein Verhalten daran auszurichten.
Um inhaltlich bestimmt zu sein, müsse zuallererst der Verfügungssatz eines (Rücknahme-)Bescheids so präzise wie möglich klarstellen, was geregelt werde. Deshalb sei auszuweisen, welcher Verwaltungsakt mit Wirkung zu welchem genauen Zeitpunkt zurückgenommen werde. Erforderlich sei daher bei der Aufhebung eine ausreichende Identifizierung des zurückgenommenen Bescheides durch konkrete Benennung. Der Bescheid müsse das Datum des aufzuhebenden Bescheids bzw. der aufzuhebenden Bescheide, den Beitragszeitraum und die Beitragshöhe nennen (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 26.11.2007, - L 7 B 258/07 AS ER -).
Diesen Anforderungen würden die angefochtenen Bescheide nicht gerecht. Aus ihnen seien zwar im Einzelnen die Höhe und der Zeitraum der neu berechneten Beiträge ersichtlich. Darüber hinaus enthielten die Bescheide jedoch keinen Verfügungssatz, aus dem hervorgehe, welche ursprünglichen Beitragsbescheide die Beklagte im Einzelnen aufzuheben gedenke. Die Begriffe "Änderung" oder "Korrekturbescheid", die die Beklagte in den jeweiligen Betreffzeilen verwendet habe, seien kein hinreichender Ersatz für einen derartigen Verfügungssatz. Der Bescheid vom 27.11.2008 enthalte zwar einen Verfügungssatz; dieser beziehe sich jedoch allein auf den Bescheid vom 18.8.2008. Auch im Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 würden die aufzuhebenden Beitragsbescheide nicht konkretisiert. Somit sehe sich der Kläger einer Vielzahl von Bescheiden gegenüber, ohne dass klar sei, welcher dieser Bescheide noch Geltung beanspruche und welcher nicht mehr.
Die angefochtenen Bescheide litten außerdem an einem Begründungsmangel, weil die Beklagte entgegen § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X die wesentlichen rechtlichen Gründe nicht mitgeteilt habe, die sie zu ihrer Entscheidung bewogen hätten. Allein deshalb seien die Verwaltungsakte rechtswidrig (von Wulffen, SGB X, § 35 Rdnr. 8 unter Hinweis auf BSG SozR Nr. 3 zu § 1236 RVO).
Im Widerspruchsbescheid fänden sich zwar Aussagen zur Zulässigkeit rückwirkender Beitragsanhebungen. Auf welcher Rechtsgrundlage die vorausgegangenen Beitragsbescheide aufgehoben würden, verdeutliche aber auch der Widerspruchsbescheid nicht; gleiches gelte für die anderen Bescheide, die Gegenstand der Klage seien. Eine Begründung sei auch nicht deswegen entbehrlich, weil gebundene Verwaltungsakte vorlägen, bei denen sich bloße Begründungsmängel nicht auf die Rechtmäßigkeit der Regelung auswirkten (BSG SozR 3-4100 § 152 Nr. 9). Vorliegend komme ein Widerruf gem. § 46 SGB X oder eine Rücknahme nach § 45 Abs. 2 oder § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X in Betracht. Die Aufhebung sei jedoch entgegen § 46 Abs. 1 SGB X für die Vergangenheit erfolgt; entsprechende Widerrufsvorbehalte seien in den angefochtenen Bescheiden nicht enthalten. Soweit sich die Beklagte auf § 45 SGB X stütze, hätte sie gem. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X eine Ermessensausübung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X dokumentieren, oder, bei Anwendung des § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X, darlegen müssen, weswegen sie von einem der dort geregelten Tatbestände, die jeweils ein Verschulden des Klägers voraussetzten, ausgegangen sei. Gleiches gelte für eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, nachdem nur Tatbestände in Betracht kämen, die ebenfalls ein Verschulden des Klägers erforderten.
Daher gälten folgende Beitragsfestsetzungen fort:
Mai bis Juli 2007: Krankenversicherung 262,11 EUR, Pflegeversicherung 40,24 EUR August 2007: Krankenversicherung 344,17 EUR, Pflegeversicherung 52,85 EUR September bis: Dezember 2007: Krankenversicherung 233,36 EUR, Pflegeversicherung 35,83 EUR Januar bis Juni 2008: Krankenversicherung 251,61 EUR, Pflegeversicherung 36,34 EUR Juli 2008: Krankenversicherung 251,61 EUR, Pflegeversicherung 41,00 EUR
Die Gegenüberstellung der geschuldeten mit den tatsächlich erhobenen bzw. im Wege der Kontenpfändung vollstreckten Beiträgen ergebe, dass die Beklagte zu hohe Beiträge berechnet und deswegen auch zu hohe Säumniszuschläge (§ 24 Abs. 1a SGB IV) festgesetzt habe. Der Kläger habe deswegen einen entsprechenden Erstattungsanspruch gem. § 26 Abs. 2 SGB IV. Da er die Beitragserhebung nicht dem Grunde, sondern der Höhe nach anfechte, könne sich die Beklagte auch nicht auf die Verfallklausel in § 26 Abs. 2 SGB IV berufen. Diese Bestimmung sei nämlich vorrangig nur dann einschlägig, wenn Beiträge dem Grunde nach zu Unrecht erbracht worden seien (vgl. KassKomm-Seewald, SGB IV § 26 Rdnr. 16; jurispK-Krasney, SGB IV § 26 Rdnr. 82 ff.). Die überhöhten Säumniszuschläge seien dem Kläger auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zurückzuzahlen, da sich § 26 Abs. 2 SGB IV nach seinem Wortlaut allein auf die Erstattung zu Unrecht erhobener Beiträge beziehe. Angesichts der Vielzahl der zu berücksichtigenden Rechnungsposten und im Interesse einer zügigen Entscheidung des Rechtsstreits werde es unter Berücksichtigung von Aufwand und Nutzen für zweckmäßig erachtet, die Erstattungsansprüche gem. § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG dem Grunde nach zuzusprechen und von einer Berechnung im Einzelnen abzusehen. Die Beklagte habe unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen einen Verwaltungsakt zu erlassen, der die genaue Höhe der zu erstattenden Beitragszahlungen festsetze (vgl. dazu BSGE 27,81).
Auf das ihr am 16.10.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.11.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die angefochtenen Bescheide seien hinreichend bestimmt. Aus ihnen gehe eindeutig hervor, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe der Kläger Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge entrichten solle. Notwendige Konsequenz daraus sei, dass eine zuvor für den gleichen Zeitraum erfolgte Beitragsfestsetzung nicht mehr fortgelten könne. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass die Aufhebung des jeweils vorangegangenen Beitragsbescheids und die neue Beitragsfestsetzung aus EDV-technischen Gründen mit zwei getrennten Schreiben gleichen Datums erfolgt sei. Insbesondere die Bescheide vom 18.8.2008 enthielten eine ausdrückliche Regelung, wonach der jeweils vorangegangene Beitragsbescheid aufgehoben werde.
Die Bescheide seien auch ordnungsgemäß begründet. Jedenfalls der Widerspruchsbescheid enthalte ausführliche Erläuterungen zur Zulässigkeit einer rückwirkenden Beitragserhebung und zum Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs im Beitragsrecht. Im Übrigen stünde ohnehin nur ein formeller Fehler in Rede, der spätestens im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens gem. § 41 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 2 SGB X geheilt worden wäre.
Schließlich sei ihr auch Ermessen nicht eröffnet gewesen. Der Kläger habe bereits am 19.6.2008 einen Einkommensteuerbescheid für 2007 eingereicht, obwohl ein solcher Bescheid nach Mitteilung des Finanzamts E. vom 25.11.2008 zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erlassen gewesen sei. Außerdem weise der vom Kläger vorgelegte Einkommensteuerbescheid für 2005 - ebenso wie der Bescheid für 2007 - Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 2.530,00 EUR aus. Nach Angaben des zuständigen Finanzamts vom 27.11.2008 hätten die gewerblichen Einkünfte des Klägers im Jahr 2005 jedoch 32.530,00 EUR betragen. Damit seien die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 SGB X erfüllt und das (Rücknahme-)Ermessen sei auf Null reduziert (vgl. BSG, Urt. vom 9.4.1987, - 5b RJ 36/86 -, sowie Urt. vom 26.9.1990, - 9b/7 RAr 30/89 -). Da abwägungsrelevante Gesichtspunkte vom Kläger weder angeführt worden noch sonst erkennbar gewesen seien, habe es ohnehin eine Grundlage für die Ausübung von Ermessen nicht gegeben (vgl. BSG, Urt. vom 5.11.1997, - 9 RV 20/96 -).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts U. vom 8.10.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Senat hat die Auskunft des Finanzamts E. vom 14.1.2011 eingeholt. Darin ist ausgeführt, die Angaben in der der Beklagten erteilten Auskunft des Finanzamts vom 26.11.2008 träfen vollumfänglich zu. 2005 sei nur der Bescheid vom 17.4.2007 mit Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 32.530 EUR erlassen worden. Insgesamt seien folgende Steuerbescheide ergangen:
2004: Bescheid vom 28.4.2006: Einkünfte/selbständige Tätigkeit 24.766 EUR Einkünfte/Vermietung und Verpachtung 279 EUR
2005: Bescheid vom 17.4.2007: Einkünfte/selbständige Tätigkeit 32.530 EUR Einkünfte/Vermietung und Verpachtung -1.208 EUR
2006: Bescheid vom 29.7.2008: Einkünfte/selbständige Tätigkeit 25.788 EUR Einkünfte/Vermietung und Verpachtung - 376 EUR
2007: Bescheid vom 14.4.2009: Einkünfte/selbständige Tätigkeit 26.044 EUR Einkünfte/Vermietung und Verpachtung 369 EUR
2008: Bescheid vom 30.7.2010: Einkünfte/selbständige Tätigkeit 27.401 EUR Einkünfte/Vermietung und Verpachtung -1.744 EUR
Der Kläger hat zuletzt dem Senat Kopien seiner Steuerbescheide für die Jahre 2004, 2005, 2006 und 2007 vorgelegt. Die darin festgesetzten Beträge entsprechen denen, die vom Finanzamt in der Auskunft vom 14.01.2011 mitgeteilt worden waren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft.
Das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil zunächst die Bescheide der Beklagten vom 15.7.2008, 21.7.2008, 18.8.2008 und 27.11.2008 bzw. den Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 aufgehoben, soweit darin Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1.5.2007 bis 31.7.2008 festgesetzt sind. Außerdem hat es die Beklagte zur Erstattung zuviel gezahlter Beiträge und Säumniszuschläge (dem Grunde nach) verurteilt. In den Entscheidungsgründen ist klargestellt worden, dass es für die streitige Zeit vom 1.5.2007 bis 31.7.2008 bei den Beitragsfestsetzungen in den Bescheiden vom 25.7.2007, 10.8.2007, 16.10.2007, 7.4.2008 und 18.6.2008 bleibt. Damit beschränkt sich die Kassation auf die Festsetzung höherer Beiträge, also von (Gesamtbeträge)
Differenz 397,14 EUR statt 302,35 EUR Mai bis Juli 2007 284,37 EUR 397,14 EUR statt 397,02 EUR August 2007 0,12 EUR 397,14 EUR statt 269,19 EUR September bis Dezember 2007 511,80 EUR 418,82 EUR statt 287,95 EUR Januar bis Juni 2008 785,22 EUR 425,42 EUR statt 292,61 EUR Juli 2008 132,81 EUR.
Im angefochtenen Urteil ist damit die Beitragsfestsetzung hinsichtlich eines Gesamtbetrags von 1.714,32 EUR aufgehoben worden. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Diese bedarf gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht der Zulassung, da der Beschwerdewert von 750 EUR überschritten ist. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).
II. Die Berufung der Beklagten ist zum (weit) überwiegenden Teil begründet. Im Streit ist der (Beitrags-)Zeitraum vom 1.5.2007 bis 31.7.2008. Die für diese Zeit geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sind mit dem Bescheid vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2009 abschließend festgesetzt worden; nur diese sind Streitgegenstand des Gerichtsverfahrens (unten 1). Die streitgegenständlichen Bescheide sind formell-rechtlich (unten 2) und materiell-rechtlich mit Ausnahme der Beitragsfestsetzung für Juli 2008 rechtmäßig (unten 3). Beiträge sind –ausgenommen für Juli 2008 – nicht zu erstatten; die Beklagte ist auch weitregend zu Unrecht zur Erstattung von Säumniszuschlägen verurteilt worden (unten 4).
1.) Mit dem Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 hat die Beklagte das Verwaltungsverfahren über die Erhebung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für Mai 2007 bis Juli 2008 abgeschlossen. In dem Widerspruchsbescheid ist klargestellt, dass der Beitragsbescheid vom 27.11.2008, mit dem die vorangegangenen Beitragsbescheide aufgehoben worden sind, alleiniger Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ist. Damit hat die Beklagte nicht nur eine – als solche für die gerichtliche Rechtskontrolle nicht verbindliche – rechtliche Wertung hinsichtlich der Anwendung des § 86 SGG ausgesprochen, sondern zugleich eine (Verwaltungs-)Entscheidung getroffen, nämlich geregelt, dass für die Beitragspflicht des Klägers während der streitigen Zeit allein der Bescheid vom 27.11.2008 maßgeblich ist und die hierzu in allen vorangegangenen Beitragsbescheiden getroffenen Regelungen nicht mehr gelten sollen.
2.) Die streitgegenständlichen Bescheide sind entgegen der Auffassung des Sozialgerichts formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass sachlich zuständig (unten a) und die Bescheide sind hinreichend bestimmt und ausreichend begründet (unten b und c).
a.) Zur Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge ist die Beklagte (Krankenkasse) ohne Weiteres sachlich zuständig. Die Festsetzung der Pflegeversicherungsbeiträge obliegt freilich der hierfür sachlich zuständigen Pflegekasse. Diese ist gem. § 1 Abs. 3 SGB XI i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB XI Träger der sozialen Pflegeversicherung. Unbeschadet dessen, dass die Krankenkassen, bei denen die Pflegekassen errichtet werden (§ 46 Abs. 1 Satz 2 SGB XI), die Aufgaben der Pflegekassen wahrnehmen und die Pflegeversicherungsbeiträge an die Krankenkasse zu Gunsten der Pflegeversicherung zu zahlen sind (§ 60 Abs. 3 Satz 1 SGB XI), sind die Pflegekassen selbst rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 46 Abs. 2 Satz 1 SGB XI). Sie sind gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB XI für die Durchführung der Pflegeversicherung zuständig; hierzu gehört auch die Entscheidung über die abzuführenden Beiträge (vgl. etwa LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.7.2005, - L 5 KR 34/05 -).
Gem. § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI darf die Krankenkasse für Mitglieder, die ihre Beiträge selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Das Mitglied ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über den Beitrag zur Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Diese Bestimmung ist zum 1.7.2008 in Kraft getreten (Gesetz vom 28.5.2008, BGBl I S. 874) und daher auf den Bescheid vom 27.11.2008 bzw. den Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 anzuwenden. Sie gilt für den Kläger, der den Krankenversicherungsbeitrag gem. § 250 Abs. 2 SGB V und den Pflegeversicherungsbeitrag gem. § 59 Abs. 4 Satz 1 SGB XI allein zu tragen und deswegen gem. § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V bzw. § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB XI auch zu zahlen hat. Jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 ist auch darauf hingewiesen, dass der Bescheid im Namen der Pflegekasse ergeht. Dies genügt. Daher kann offen bleiben, ob der Hinweis nach § 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI konstitutive Bedeutung für die sachliche Zuständigkeit der Krankenkasse zum Erlass eines gemeinsamen Beitragsbescheids hat oder nur der Klarstellung und Unterrichtung des Versicherten dient.
b.) Gem. § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Sein Adressat muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in der Lage sein, sein Verhalten danach auszurichten. Außerdem muss der Verfügungssatz des Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei sein. Aus dem Verfügungssatz muss für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Unschädlich ist, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (vgl. etwa BSG, Urt. v. 17.12.2009, - B 4 AS 30/09 R -). Diesen Anforderungen wird der Bescheid vom 27.11.2008 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2009) gerecht. Aus ihm geht klar und unmissverständlich hervor, welche Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Kläger für welche Zeiträume zwischen dem 1.5.2007 und 31.7.2008 zu zahlen hat. Spätestens mit dem das Verwaltungsverfahren abschließenden und den (Ausgangs-)Bescheiden die endgültige Gestalt gebenden Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 war auch klar, dass alle vorausgegangenen für den gleichen Zeitraum ergangenen Beitragsbescheide nicht mehr gelten sollen. Wie bereits eingangs ausgeführt, hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid nämlich klargestellt, dass mit dem Beitragsbescheid vom 27.11.2008 alle vorangegangenen Beitragsbescheide (für die streitige Zeit) aufgehoben werden sollten und dieser Bescheid daher alleiniger Gegenstand des Verfahrens sein soll. Im Übrigen ist für den verständigen Empfänger eines Beitragsbescheids nach Maßgabe der insoweit entsprechend anwendbaren Bestimmungen der §§ 133, 157 BGB auch ohne Weiteres erkennbar, dass die in einem neueren Bescheid getroffene Beitragsfestsetzung die für den gleichen Zeitraum getroffene Beitragsfestsetzung in älteren Bescheiden ersetzt, jedenfalls soweit (wie regelmäßig) Beiträge in unterschiedlicher Höhe festgesetzt werden. Der Beitragsschuldner weiß dann, was die Behörde (Krankenkasse) will bzw. welche Beiträge er zahlen muss. Er kann nach Treu und Glauben (§ 242 BGB in entsprechender Anwendung) vernünftigerweise nicht annehmen, neben dem neueren Beitragsbescheid sollten ältere divergierende Beitragsbescheide aufrecht erhalten bleiben, mit der Folge, dass die Behörde für die gleiche Zeit sich widersprechende Beitragsfestsetzungen in unterschiedlicher Höhe getroffen hätte (vgl. einschränkend aber etwa LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.4.2010, - L 11 KR 5160/08 -). Es wäre freilich zur Klarstellung wünschenswert, wenn bei der rückwirkenden Neufestsetzung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen alle vorausgegangenen und (schlüssig) aufgehobenen Beitragsfestsetzungen genau bezeichnet würden; zwingend notwendig ist das aus Gründen der Bestimmtheit des Beitragsbescheids i. S. d. § 32 Abs. 1 SGB X nach Auffassung des Senats indessen nicht (vgl. aber LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.4.2010, a. a. O. für den Fall, dass der Behörde die Notwendigkeit der Aufhebung von Altbescheiden offenbar nicht bewusst war).
c.) Gem. § 35 Abs. 1 SGB X ist ein schriftlicher oder schriftlich bestätigter Verwaltungsakt schriftlich zu begründen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Der Beitragsbescheid vom 27.11.2008 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2009) wird auch diesen Anforderungen gerecht.
Was die Beitragsfestsetzung selbst anbelangt, hat die Beklagte dem Kläger die Grundlagen der Beitragsbemessung hinsichtlich des Beitragszeitraums, der beitragspflichtigen Einnahmen und der Beitragssätze in dem genannten Bescheid (wie in den übrigen Beitragsbescheiden) bzw. in der dem Bescheid als dessen Bestandteil beigefügten Anlage mitgeteilt. Ungeachtet dessen, dass dem Kläger zuvor die für die Beitragseinstufung freiwillig Versicherter maßgeblichen Rechtsgrundsätze mehrfach (in Begleitschreiben zu ergangenen Beitragsbescheiden) erläutert worden waren (etwa in Schreiben vom 13.11.2007 und vom 21.7.2008), ist damit den Begründungserfordernissen des § 35 Abs. 1 SGB X Genüge getan. Der Darstellung von Gesichtspunkten für die Ausübung des Rücknahmeermessens (§ 45 SGB X) hinsichtlich der Abänderung der Bescheide vom 10.8.2007, 16.10.2007, 7.4.2008, 18.6.2008 bedurfte es nicht, da solche Gesichtspunkte – wie sogleich darzulegen sein wird - weder ersichtlich noch geltend gemacht sind.
3.) Die Festsetzung der in der streitigen Zeit geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge durch Bescheid vom 27.11.2008 (Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009) ist materiell-rechtlich rechtmäßig. Sie entspricht dem materiellen Beitragsrecht des § 240 SGB V (unten a). Die rückwirkende Abänderung vorausgegangener rechtswidriger Beitragsbescheide war mit Ausnahme der Beitragsfestsetzung für Juli 2008 zulässig (unten b).
a.) Der Kläger war während der streitigen Zeit ungeachtet der unter dem 27.8.2007 ausgesprochenen Kündigung Mitglied der Beklagten (und der bei dieser errichteten Pflegekasse); die Kündigung ist gem. § 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V – wie die Beklagte im Bescheid vom 7.4.2008 zu Recht festgestellt hat – nicht wirksam geworden; hierüber streiten die Beteiligten auch nicht.
Die Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter richtet sich nach der Bestimmung des § 240 SGB V (Krankenversicherungsbeitrag) bzw. des § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI i. V. m. § 240 SGB V (Pflegeversicherungsbeitrag) in der während der streitigen Zeit vom 1.5.2007 bis 31.7.2008 geltenden Gesetzesfassung. Gem. § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist bei der durch Satzung zu regelnden Beitragsbemessung sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Für hauptberuflich selbstständig erwerbstätige freiwillige Mitglieder gilt gem. § 240 Abs. 4 Satz 2 ff. SGB V als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag mindestens der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (2007: 118,75 EUR/Tag bzw. 3.562,50 EUR/Monat; 2008: 120 EUR/Tag bzw. 3.600,00 EUR/Monat). Weist der Versicherte niedrigere Einnahmen nach, ist mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße (2007: 2.450 EUR/40 = 61,25 EUR/Tag bzw. 1.837,50 EUR/Monat; 2008: 2.485 EUR/40 = 62,13 EUR/Tag bzw. 1.863,75 EUR/Monat) anzusetzen. Die Satzung der Krankenkasse bestimmt, unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus der Beitragsbemessung hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger niedrigere Einnahmen, mindestens jedoch der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße, zugrunde gelegt werden. Dabei sind insbesondere das Vermögen des Mitglieds sowie Einkommen und Vermögen von Personen, die mit dem Mitglied in Bedarfsgemeinschaft leben, zu berücksichtigen.
Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 können nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats und damit nur für die Zukunft wirksam werden. Dies beruht auf der Erwägung, dass die Krankenkassen ihre Beitragseinnahmen andernfalls nicht zuverlässig kalkulieren können (vgl. BT-Drs. 12/3937 S. 17); ergänzende Regelungen zur Art des Nachweises, insbesondere zu den hierfür geeigneten Beweismitteln, enthalten die Satzungen der Beklagten bzw. ihrer Pflegekasse nicht. Für den Nachweis der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sind grundsätzlich die Einkommensteuerbescheide der Finanzverwaltung maßgeblich. Denn diese enthalten behördlich geprüfte Feststellungen hinsichtlich der Angaben des Versicherten zu seinen Einkünften und bieten deswegen die notwendige Richtigkeitsgewähr für die Festsetzung der Beiträge und damit zugleich die notwendige Kalkulationssicherheit für die Kranken- bzw. Pflegekasse. Ob die Veränderung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit auch auf andere Weise nachgewiesen werden kann, ist in der Rechtsprechung (auch) des Senats nicht abschließend geklärt. Jedenfalls reichen nur als vorläufig bezeichnete und unter Änderungsvorbehalt gestellte kurzfristige Erfolgsrechnungen eines Steuerberaters nicht (vgl. etwa Senatsurteil v. 25.8.2010, - L 5 KR 4318/07 -).
Davon ausgehend hat die Beklagte die während der streitigen Zeit vom 1.5.2007 bis 31.7.2008 geschuldeten Beiträge des Klägers im Bescheid vom 27.11.2008 rechtsfehlerfrei festgesetzt. Sie hat sich für die Beitragsbemessung zu Recht auf den Einkommensteuerbescheid vom 17.4.2007 für 2005 gestützt. Dieser weist Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit (Gewerbebetrieb) von 32.530 EUR aus. Eine Saldierung mit negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (von minus 1.208 EUR) findet für die Beitragsbemessung nach Maßgabe des § 240 SGB V nicht statt (zur Unzulässigkeit eines vertikalen Verlustausgleichs dieser Art etwa BSG, Urt. v. 9.8.2006, - B 12 KR 8/06 R -; LSG Bayern, Urt. v. 10.12.2009, - L 4 KR 236/08 -). Der Einkommensteuerbescheid vom 29.7.2008 für das Jahr 2006 mit niedrigeren Einkünften aus selbständiger Tätigkeit (25.788 EUR) ist für die streitige Zeit (bis Juli 2008) gem. § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V – schon aus zeitlichen Gründen - nicht maßgeblich. Das gilt – aus Rechtsgründen - auch für die kurzfristige Erfolgsrechnung des Steuerberaters des Klägers vom 16.10.2007, da diese nur ein vorläufiges und unter Abänderungsvorbehalt gestelltes Ergebnis ausweist; dass die Beklagte diese kurzfristige Erfolgsrechnung zunächst offenbar akzeptiert hatte, ist rechtlich nicht von Belang.
Damit sind der Beitragsbemessung monatliche Einkünfte von 32.530 EUR/12 = 2.710,83 EUR zugrunde zu legen; dies ist mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.11.2008 geschehen. Daraus errechnen sich unter Anwendung der jeweils maßgeblichen Beitragssätze Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für Mai bis Dezember 2007 von 344,28 EUR bzw. 52,86 EUR, für Januar bis Juni 2008 von 365,96 EUR bzw. 52,86 EUR und für Juli 2008 von 365,96 EUR bzw. 59,64 EUR. Fehler in der Berechnung der Beiträge sind im Übrigen weder ersichtlich noch geltend gemacht.
b.) Mit dem Bescheid vom 27.11.2008 (Widerspruchsbescheid vom 4.2.200) hat die Beklagte Beiträge für die streitige Zeit nicht nur festgesetzt, sondern zugleich vorangegangene Beitragsbescheide, die den gleichen Zeitraum regeln, rückwirkend abgeändert. Soweit darin niedrigere Beiträge festgesetzt waren, ist der Vertrauensschutz des Versicherten nach Maßgabe der §§ 45 ff. SGB X zu beachten. Beitragsbescheide entfalten Rechtswirkung nämlich über den Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe hinaus und sind daher Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (vgl. auch von Wulffen, SGB X § 48 Rdnr. 3 f.). Als Verwaltungsakte mit Mischwirkung enthalten sie neben der den Beitragspflichtigen belastenden Festsetzung des Beitrags außerdem eine ihn (auch) begünstigende Regelung (§ 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X) insoweit, als sie die Beitragspflicht auf einen bestimmten Betrag begrenzen und damit festlegen, dass der Versicherte nicht nachträglich zu einem höheren Beitrag herangezogen werden soll (näher Senatsurteil v. 10.12.2008, - L 5 KR 6060/07 -).
aa.) Gem. § 45 Abs. 1 und 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf dessen Bestand vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann er sich gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X aber nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grobe Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). Grobe Fahrlässigkeit liegt gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt worden ist. Notwendig ist, dass schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (vgl. etwa BSG, Urt. v.8.2.2001, - B 11 AL 21/00 R -). Im Hinblick auf die Bestimmung des § 45 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB X sind Mitteilungspflichten des Versicherten im Beitragsrecht der Kranken- und Pflegeversicherung in § 206 SGB V und § 50 Abs. 3 SGB XI festgelegt. Gem. § 206 Abs. 1 Satz 1 SGB V bzw. § 50 Abs. 3 SGB XI hat, wer versichert ist, der Kranken- bzw. Pflegekasse, soweit er nicht gem. § 28o Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) auskunftspflichtig ist, auf Verlangen (u.a.) über alle für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erforderlichen Tatsachen Auskunft zu erteilen (Nr. 1) und Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitzuteilen (Nr. 2).
Bei der Festsetzung höherer Beiträge unter rückwirkender Abänderung vorangegangener, rechtswidriger Beitragsbescheide ist regelmäßig (Rücknahme-)Ermessen gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X auszuüben. Die Krankenkasse muss das Interesse des Versicherten am Bestand der (rechtswidrig) zu niedrigen Beitragsfestsetzung mit dem öffentlichen Interesse an der Zahlung der (rechtmäßig) geschuldeten Beiträge abwägen. Letzterem kommt aber grundsätzlich der Vorrang zu. Das folgt aus dem für alle Versicherungsträger geltenden Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 69 Abs. 2 SGB IV) und daraus, dass Einnahmen, also auch Beiträge, gem. § 76 Abs. 1 SGB IV rechtzeitig und (vor allem) vollständig, das heißt in der vom Beitragspflichtigen nach materiellem Beitragsrecht geschuldeten Höhe zu erheben sind. Für die Stundung oder Niederschlagung von Ansprüchen (auf Beiträge) sind im Gesetz außerdem enge Voraussetzungen festgelegt (vgl. i. e. § 76 Abs. 2 SGB IV; auch BSG, Urt. v. 114.2002, - B 3 P 6/01 R – juris Rdnr. 21). Für eine von dieser gesetzlichen Wertung abweichende Ausübung des Rücknahmeermessens müssen damit erhebliche Gründe vorliegen, die für den Fortbestand einer rechtswidrig zu niedrigen Beitragsfestsetzung sprechen. Hierfür kommen etwa grobes Verschulden der Behörde ohne Verschulden des Betroffenen oder eine besondere Härte oder die Unverhältnismäßigkeit der Rückforderung in Betracht (vgl. auch etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 27.1.2010, - L 1 KR 241/08 -). Hat der Versicherte Gesichtspunkte dieser Art nicht vorgetragen und sind solche auch sonst nicht ersichtlich, ist Rücknahmeermessen nicht zu betätigen (vgl. BSG, Urt. v. 6.9.1989, - 9/9a RVs 17/87-; Urt. v. 26.9.1990, - 9b/7 RAr 30/89 -).
Damit ist über die Frage, ob Ermessen ausgeübt werden kann und muss, unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu befinden. Zunächst muss geklärt werden, ob das vom Versicherten betätigte Vertrauen in den Fortbestand des rechtswidrigen Beitragsbescheids schützenswert ist. Hierfür ist gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Rücknahme der (rechtswidrigen) Begünstigung mit dem Interesse des Versicherten an deren Fortbestand vorzunehmen. Verbleiben danach keine Gesichtspunkte, die für das Ermessen Bedeutung haben könnten, so ist es auf Null reduziert (BSG, Urt. v. 5.11.1997, - 9 RV 20/96 -; Urt. v. 23.6.1993, - 9/9a RVs 1/92 -; LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.6.2009, - L 10 KR 51/07 -), unbeschadet dessen, dass die Ermessensreduzierung auf Null im allgemeinen einen seltenen Ausnahmefall darstellt (BSG, Urt. v. 11.4.2002, - B 3 P 8/01 R -). Sie kommt vor allem bei Bösgläubigkeit des Begünstigten im Sinne betrügerischen Verhaltens in Betracht (BSG, Urt. v. 11.4.2002, - B 3 P 8/01 R -). bb.) Hiervon ausgehend gilt für den vorliegenden Fall Folgendes: Hinsichtlich der streitigen Zeit hatte die Beklagte die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Klägers im vorläufigen Bescheid vom 25.7.2007 (zur Zulässigkeit vorläufiger Bescheide BSG Urt. v. 17.3.2010, - B 12 KR 4/09 R -; Urt. v. 22.3.2006, - B 12 KR 14/05 R -) zunächst ab August 2007 auf 344,17 EUR bzw. 52,85 EUR festgesetzt. Dem lag ein Monatseinkommen von 2.710,00 EUR zu Grunde; dieses hatte der Kläger am 16.7.2007 mitgeteilt. Auf die mit dem Widerspruch vom 8.8.2007 aufgestellte Behauptung des Klägers, seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb betrügen nur 2.530 EUR im Jahr, wurden die Beiträge mit Bescheid vom 10.8.2007 ab 1.9.2007 auf den Mindestbeitrag von 233,36 EUR bzw. 35,83 EUR herabgesetzt, indem der Beitragsbemessung gem. § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V ein Monatseinkommen in Höhe des 40. Teils der monatlichen Bezugsgröße für 2007 (2.450 EUR/40 = 61,25 EUR/Tag bzw. 1.837,50 EUR im Monat) zugrunde gelegt wurde. Dabei blieb es im Bescheid vom 16.10.2007, ebenso im Bescheid vom 7.4.2008, in dem die Versicherungspflicht des Klägers nach dessen fehlgeschlagener Kündigung der Mitgliedschaft bei der Beklagten zu regeln und die Beiträge ab 1.1.2008 an den erhöhten Krankenversicherungsbeitragssatz von 13,50% (zuvor 12,70 %) und die angehobene Bezugsgröße für 2008 (2.485 EUR/40 = 62,13 EUR/Tag bzw. 1.863,75 EUR/Monat) anzupassen waren. Auch der Beitragsbemessung im Bescheid vom 18.6.2008 (Beitragsanpassung an den zum 1.7.2008 gesetzlich erhöhten Beitragssatz zur Pflegeversicherung) wurden noch Einkünfte in Höhe des 40. Teils der Bezugsgröße zugrunde gelegt. Erstmals wieder im Bescheid vom 15.7.2008 wurden die Beiträge für die streitige Zeit nach Maßgabe von (zunächst höher eingeschätzten) Einkünften aus Gewerbebetrieb festgesetzt und – über die abschließend im Bescheid vom 27.11.2008 festgesetzten Beiträge hinaus - angehoben (ab 1.5.2007 357,06 EUR / 54,83 EUR, ab 1.12008 379,55 EUR / 54,83 EUR, ab 1.7.2008 486,00 EUR / 79,20 EUR). Im Bescheid vom 21.7.2008 wurden die Beiträge für die Zeit von Mai 2007 bis Juni 2008 schließlich wieder – auf die im angefochtenen Bescheid vom 27.11.2008 abschließend festgesetzten Beträge - abgesenkt (ab 1.5.2007 344,28 EUR / 52,86 EUR, ab 1.12008 365,96 EUR / 52,86 EUR). Im Bescheid vom 18.8.2008 wurden die Beiträge für Juli 2008 ebenfalls (unter Zugrundelegung gewerblicher Einkünfte von nur 25.788,00 EUR) vermindert auf 290,12 EUR / 47,28 EUR und im angefochtenen Bescheid vom 27.11.2008 (unter Zugrundelegung gewerblicher Einkünfte von 32.530,00 EUR) schließlich wieder erhöht auf 365,96 EUR / 59,64 EUR.
Damit kommen für etwaigen Vertrauensschutz des Klägers (nur) Bescheide in Betracht, in denen Beiträge auf niedrigere Beträge als im streitgegenständlichen Bescheid vom 27.11.2008 festgesetzt worden waren. Dabei handelt es sich (in geringfügigem Maß) um den vorläufigen Bescheid vom 25.7.2007, sodann um die Bescheide vom 10.8.2007, 16.10.2007 und 7.4.2008 und 18.6.2008, in denen der Beitragsbemessung an Stelle von Einkünften aus Gewerbebetrieb von jährlich 32.530 EUR (monatlich 2.710,83 EUR) nur der 40. Teil der Bezugsgröße für 2007 bzw. 2008 zugrunde gelegt worden war, und schließlich für den Monat Juli 2008 um den Bescheid vom 18.8.2008, in dem die Beiträge nach Einkünften aus Gewerbebetrieb von (nur) 25.788,00 EUR (2.149 EUR monatlich) bemessen worden waren.
Die rückwirkende Abänderung des – im Übrigen mit Bescheid vom 13.11.2007 gem. § 44 SGB X aufgehobenen - vorläufigen Bescheids vom 25.7.2007 ist im Hinblick auf dessen Vorläufigkeit ohne Weiteres zulässig (vgl. BSG, Urt. v. 16.11.1995, - 4 RLw 4/94 -; Urt. v. 24.1.2003, - B 12 KR 18/02 R -). Im Übrigen gelten die dargestellten Maßgaben des § 45 SGB X. Im Hinblick darauf kann sich der Kläger nicht darauf berufen, er habe auf den Fortbestand der Festsetzung zu niedriger Beiträge für Mai 2007 bis Juni 2008 in den Bescheiden vom 10.8.2007, 16.10.2007, 7.4.2008, 18.6.2008 vertraut, weshalb dahin stehen kann, ob ein solches (freilich regelmäßig zu vermutendes – BSG, Urt. v. 11.4.2002, - B 3 P 8/01 R – m. w. N.) Vertrauen vorlag. Anderes gilt hinsichtlich des Bescheids vom 18.8.2007 für den Monat Juli 2008. Insoweit ist das Vertrauen des Klägers schutzwürdig.
Die Festsetzung rechtswidrig zu niedriger Beiträge - nämlich der gesetzlichen Mindestbeiträge - in den Bescheiden vom 10.8.2007, 16.10.2007, 7.4.2008 und 18.6.2008 beruhte darauf, dass der Kläger mit dem am 8.6.2007 gegen den vorläufigen Beitragsbescheid vom 25.7.2007 eingelegten Widerspruch behauptet hatte, ihm sei ein geänderter Einkommensteuerbescheid des Finanzamts E. für 2005 zugegangen, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb von (nur) 2.530,00 EUR ausweise; außerdem hatte er eine erste Seite dieses (angeblichen) Steuerbescheids vorgelegt. Die auf den Widerspruch des Klägers gegen den Beitragsbescheid vom 10.8.2007 von der Beklagten angeforderte kurzfristige Erfolgsrechung des Steuerberaters des Klägers für September 2007 ist hingegen nicht ursächlich für die zu niedrige Beitragsfestsetzung geworden. Die Beklagte hatte die Beitragsbemessung deswegen nämlich nur überprüft und mit Bescheid vom 16.7.2007 unverändert die Mindestbeiträge festgesetzt.
Die Behauptung des Klägers, ihm sei am 9.8.2007 ein Einkommensteuerbescheid für 2005 mit Einkünften aus Gewerbebetrieb von 2.350 EUR zugegangen, trifft ersichtlich nicht zu. Wie das Finanzamt E. nach mehrfachen Auskunftsersuchen der Beklagten schließlich unter dem 26.11.2008 mitgeteilt hat, ist der Einkommensteuerbescheid für 2005 nämlich am 17.4.2007 ergangen und weist Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 32.530,00 EUR aus. In der im Berufungsverfahren eingeholten Auskunft vom 14.1.2011 hat das Finanzamt die Richtigkeit der Auskunft vom 26.11.2008 bestätigt und mitgeteilt, dass für 2005 nur der genannte Einkommensteuerbescheid vom 17.4.2007 ergangen ist. Ein weiterer Bescheid ist nicht erlassen worden. Damit hat der Kläger, der als selbständiger Kaufmann über die notwendige Einsichtsfähigkeit verfügt, wissentlich und vorsätzlich unrichtige Angaben zu seinem für die Beitragsfestsetzung maßgeblichen Einkommen gemacht. Der Vergleich der vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegten Kopien seiner Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 (Bl 17), 2007 (Bl. 46 und 55) sowie 2006 (Bl. 58) mit den zuletzt vorgelegten Kopien der Originalbescheide 2005 (Bl. 37 LSG-Akte), 2007 (Bl. 33 LSG-Akte) und 2006 (Bl.35 LSG-Akte) zeigt, dass es sich bei den eingereichten Kopien um offensichtlich in betrügerischer Absicht manipulierte Fälschungen handelt.
Die Festsetzung der (zu niedrigen) Beiträge für Juli 2008 im Bescheid vom 18.8.2008 beruhte auf dem Vorbringen des Klägers im Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.7.2008, wonach von Einkünften in Höhe von ca. 25.000,00 EUR auszugehen sei. Die bisherige Auskunft des Finanzamts (Einkünfte 45.000,00 EUR) sei nicht richtig, man möge erneut beim Finanzamt nachfragen. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nach, worauf das Finanzamt E. unter dem 5.8.2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 25.788,00 EUR mitteilte. Damit beruht die zu niedrige Festsetzung der Beiträge für Juli 2008 auf der Auskunft des Finanzamts, nicht jedoch auf vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben des Klägers. Dass sich die Auskunft des Finanzamts auf den Einkommensteuerbescheid für 2006 bezog, der – wie sich später herausstellte - am 29.7.2008 erlassen worden war und deswegen für die Beitragsfestsetzung für Juli 2008 gem. § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V nicht maßgeblich ist, ändert nichts. Dem Kläger kann auch nicht vorgeworfen werden, er habe die Unrichtigkeit des Beitragsbescheids gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Zwar sind ihm die Grundsätze der Beitragsbemessung in vorangegangenen Bescheiden und Erläuterungsschrieben eröffnet worden. Er hat jedoch im Widerspruch vom 21.7.2008 auf eine erneute Nachfrage beim Finanzamt verwiesen und durfte deswegen annehmen, die Beklagte habe dies getan und die Änderung der Beitragsfestsetzung für Juli beruhe auf entsprechenden (neuen) Auskünften des Finanzamts, nachdem im Bescheid vom 18.8.2008 hierfür ausdrücklich auf einen korrigierten Bescheid des Finanzamts verwiesen worden ist.
Der Bescheid vom 27.11.2008 und der Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 enthalten (hinsichtlich der Monate Mai 2007 bis Juni 2008) keine Ermessenserwägungen zum Rücknahmeermessen. Dies ist vorliegend jedoch unschädlich. Denn die Festsetzung zu niedriger Beiträge für Mai 2007 bis Juni 2008 beruhte auf vorsätzlich unrichtigen Tatsachenbehauptungen des Klägers zum Ergehen eines Einkommensteuerbescheids für 2005 und den darin angeblich ausgewiesenen (niedrigen) Einkünften aus Gewerbebetrieb. Es sind auch keine Gesichtspunkte ersichtlich oder geltend gemacht, die noch nicht bei der Interessenabwägung berücksichtigt wären und gleichwohl zu einer dem Kläger günstigen Ermessensbetätigung führen könnten. Damit muss es nach dem Gesagten aber von vornherein bei der gesetzlichen Wertung bleiben, wonach der materiell-rechtlichen Richtigkeit der Beitragserhebung grundsätzlich der Vorrang vor dem Fortbestand rechtswidriger (zu niedriger) Beitragsfestsetzungen zukommt. Das Rücknahmeermessen der Beklagten ist daher der Sache nach auf die Entscheidung zur nachträglichen Festsetzung der für die streitige Zeit nach materiellem (Beitrags-)Recht geschuldeten Beiträge reduziert. Die einjährige Rücknahmefrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt, da die Beklagte vom wahren Sachverhalt – hinsichtlich des Ergehens von Einkommensteuerbescheiden - erst durch die Auskünfte des Finanzamts E. im Jahr 2008 erfahren hatte (vgl. dazu auch etwa BSG, Urt. v. 31.1.2008, - B 13 R 23/07 R -).
4.) Die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung von Beiträgen beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 SGG. Danach kann das Gericht, wenn es einen bereits vollzogenen Verwaltungsakt oder Widerspruchsbescheid aufhebt, aussprechen, dass und in welcher Weise die Vollziehung rückgängig zu machen ist. Dies kommt nach dem Gesagten nur in Ansehung des Monats Juli 2008 in Betracht. Nur insoweit hat der kassatorische Ausspruch des Sozialgerichts Bestand. Hinsichtlich von Säumniszuschlägen (§ 24 SGB IV) scheidet ein (Annex-)Ausspruch (Folgenbeseitigungsausspruch) schon deshalb aus, weil (im Hauptausspruch) ein Verwaltungsakt, der Säumniszuschläge (deklaratorisch - KassKomm/Seewald, SGB IV § 25 Rdnr. 3) festsetzt, nicht aufgehoben, die Kassation der angefochtenen Bescheide vielmehr ausdrücklich auf die Festsetzung von Beiträgen beschränkt worden ist. Davon abgesehen sind in den aufgehobenen Bescheiden Säumniszuschläge auch nicht festgesetzt worden.
Die Erhebung von Säumniszuschlägen ist Gegenstand von Mahnungen der Beklagten, zuletzt vom 22.10.2008. Mahnungen stellen Verwaltungsakte (§ 31 SGB X) nicht dar. Da Säumniszuschläge unmittelbar kraft Gesetzes entstehen, müssen sie durch Verwaltungsakt auch nicht festgesetzt werden (KassKomm/Seewald, SGB IV § 24 Rdnr.3). Gem. § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis von 1 v. H. des rückständigen, auf 50 EUR nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Nach dem Gesagten durften Säumniszuschläge nur im Hinblick auf die Beitragsschuld für den Monat Juli 2008 nicht erhoben werden; nur insoweit kann die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung von Säumniszuschlägen daher Bestand haben. Die Vertrauensschutzklausel des § 24 Abs. 2 SGB IV, wonach bei der Feststellung einer Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit, ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben ist, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte, sind nicht erfüllt. Der Kläger hat wissentlich falsche Angaben zur Beitragsbemessung gemacht und wusste daher um die an sich bestehende Pflicht zur Zahlung höherer Beiträge (vgl. zum Verschulden in § 24 Abs. 2 SGB IV näher LSG-Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.3.2009, - L 16 R 49/08 -).
III. Damit ist das Urteil des Sozialgerichts auf die Berufung der Beklagten zum weit überwiegenden Teil abzuändern; es hat nur in geringem Umfang Bestand. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Der Bescheid der Beklagten vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2009 wird insoweit aufgehoben, als darin für Juli 2008 höhere Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge als 290,12 EUR bzw. 47,28 EUR festgesetzt sind. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für Juli 2008 zuviel gezahlte Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von 75,84 EUR bzw. 12,36 EUR und die wegen der Säumnis mit der Beitragszahlung für Juli 2008 erhobenen Säumniszuschläge zurückzuzahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1.05.2007 bis 31.7.2008.
Der 1968 geborene Kläger, bis Februar 2006 Mitglied der A. U., ist seit 1998 hauptberuflich als selbständiger Kaufmann erwerbstätig. Am 26.4.2006 beantragte er bei der Beklagten die Aufnahme in die freiwillige Krankenversicherung. Im Aufnahmeverfahren legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts E. vom 28.4.2006 für 2004 (auszugsweise) vor; darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 24.766,00 EUR ausgewiesen. Seit 1.3.2006 ist der Kläger bei der Beklagten als Selbständiger (ohne Anspruch auf Krankengeld) krankenversichert sowie bei der Pflegekasse der Beklagten pflegeversichert.
Mit (Erst-)Bescheid vom 12.5.2006 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für März und April 2006 auf 249,72 EUR bzw. 40,24 EUR und ab 1.5.2006 auf 262,11 EUR bzw. 40,24 EUR fest. Der (Gesamt-)Beitrag sei am 15. des Folgemonats für den abgelaufenen Monat fällig. Dem Bescheid war – wie den in der Folgezeit ergangenen Beitragsbescheiden – als Anlage eine tabellarische Übersicht beigefügt; dieser möge der Kläger die Zusammensetzung der Beiträge entnehmen. In der Übersicht sind die Beitragszeiträume, die der Beitragsbemessung zugrunde gelegten Einnahmen des Klägers, die Beitragssätze der Kranken- und Pflegeversicherung, die monatlichen (Einzel-)Beiträge sowie der zu entrichtende Gesamtbeitrag dargestellt. Außerdem wird der Stand des Beitragskontos mitgeteilt.
Unter dem 3.7.2007 bat die Beklagte den Kläger im Rahmen der turnusgemäßen Überprüfung der Beitragseinstufung (erstmals) um Angaben zu den aktuellen Einkommensverhältnissen. Mit Telefax vom 16.7.2007 teilte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit von jährlich 32.530,00 EUR (monatlich 2.710 EUR) und aus Vermietung und Verpachtung von jährlich minus 1.208,00 EUR mit.
Mit Beitragsbescheid vom 25.7.2007 setzte die Beklagte daraufhin den monatliche Kranken- und Pflegversicherungsbeitrag ab 1.8.2007 auf 344,17 EUR bzw. 52,85 EUR fest. Der Bescheid ist durch einen entsprechenden Vermerk in der Überschrift als vorläufiger Beitragsbescheid bezeichnet. Außerdem ist – wie in allen nachfolgenden Beitragsbescheiden - ausgeführt, der Kläger möge Einkommensänderungen umgehend mitteilen. Die Höhe des Beitrags bleibe nur so lange gültig, bis ihm der nächste aktuelle Einkommensnachweis vorliege.
Mit Fax vom 8.8.2007 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 25.7.2007. Zur Begründung legte er die kopierte erste Seite eines Einkommensteuerbescheids des Finanzamts E. für 2005 mit dem (teils handschriftlich überschriebenen) Datum des 7.8.2007 vor; dieser Bescheid sei ihm am 8.8.2007 zugegangen. Auf der vorgelegten Seite des Einkommensteuerbescheids sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2.530,00 EUR ausgewiesen.
Mit Bescheid vom 10.8.2007 setzte die Beklagte die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab 1.9.2007 auf 233,36 EUR bzw. 35,83 EUR fest. Der Beitragsbemessung legte sie ein monatliches Einkommen von 1.837,50 EUR zugrunde (40. Teil der monatlichen Bezugsgröße für 2007: 2.450 EUR/40 = 61,25 EUR/Tag bzw. 1.837,50 EUR - vgl. § 240 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Wie dem (Erst-)Bescheid vom 12.5.2006 war auch diesem Bescheid eine tabellarische Übersicht zur Zusammensetzung und Berechnung der Beiträge als Anlage beigefügt.
Der Kläger legte erneut Widerspruch ein und bat um Festsetzung des Mindestbeitrags von 179,00 EUR; der Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.7.2007 bleibe aufrecht erhalten.
Mit Schreiben vom 27.8.2007 kündigte der Kläger die Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31.10.2007. Mit Schreiben vom 5.9.2007 bestätigte die Beklagte die Kündigung (§ 175 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Die Mitgliedsbescheinigung einer neuen Krankenkasse (B. Sch.) wurde der Beklagten am 28.3.2008 (Beginn der Mitgliedschaft 1.4.2008) vorgelegt.
Mit Fax vom 15.09.2007 stellte der Kläger einen Antrag auf Beitragsentlastung für freiwillig Versicherte. Zur Begründung wurde auf Anforderung der Beklagten eine aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung des Steuerberaters des Klägers vorgelegt. Sie betrifft den Zeitraum Januar/September 2007 und weist für September Einkünfte (vor Steuern) von minus 9.206,07 EUR aus. In der Aufstellung ist vermerkt, es handele sich um ein vorläufiges Ergebnis, das dem derzeitigen Stand der Bearbeitung entspreche. Abschluss-/Abgrenzungsbuchungen könnten es noch verändern.
Mit Bescheid vom 16.10.2007 setzte die Beklagte den monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag weiterhin (unverändert) auf 233,36 EUR bzw. 35,83 EUR fest (beitragspflichtige Einnahmen unverändert 1.837,50 EUR; 40.Teil der monatlichen Bezugsgröße für 2007).
Mit Bescheid vom 13.11.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 25.7.2007 gemäß §§ 44 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf. Maßgebend für die Beitragspflicht sei der Bescheid vom 10.8.2007 bzw. 16.10.2007. Außerdem erläuterte die Beklagte dem Kläger die für die Beitragseinstufung freiwillig Versicherter in § 240 SGB V festgelegten Maßgaben; Veränderungen auf Grund eines vom Versicherten eingereichten Nachweises könnten erst ab dem Folgemonat nach Vorlage bei der Krankenkasse berücksichtigt werden. Der Kläger habe den Steuerbescheid für 2005 am 8.8.2007 vorgelegt. Am 10.8.2007 habe man die ab 1.9.2007 geschuldeten Beiträge daher neu berechnet.
Mit Bescheid vom 7.4.2008 stellt die Beklagte die Unwirksamkeit der Kündigung des Klägers gem. § 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V fest; er habe innerhalb der Kündigungsfrist (§ 175 Abs. 4 Satz 2 SGB V: Ablauf des übernächsten Monats nach Erklärung der Kündigung, hier 31.10.2007) eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse nicht nachgewiesen Um einen durchgehenden Versicherungsschutz zu gewährleisten, müsse die freiwillige Mitgliedschaft bei ihr rückwirkend ab dem 1.11.2007 weiterhin durchgeführt werden. Die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge betrügen vom 1.11. bis 31.12.2007 233,36 EUR bzw. 35,83 EUR (wie im Bescheid vom 16.10.2007) und ab 1.1.2008 251,61 EUR bzw. 36,34 EUR. Ab 1.1.2008 hatte sich der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung von 12,70% auf 13,50% erhöht. Außerdem wurden ab 1.1.2008 beitragspflichtige Einnahmen von monatlich 1.863,75 (40. Teil der monatlichen Bezugsgröße für 2008: 2.485 EUR/40 = 62,13 EUR/Tag bzw. 1.863,75 EUR/Monat) angesetzt. Durch die Rückrechnung ergebe sich ein aktueller Beitragssaldo von minus 1.402,23 EUR (einschließlich Beitragsmonat März 2008). Der Beitragsrückstand sowie die Beiträge für März 2008 würden am 15.4.2008 abgebucht.
Mit Bescheid vom 18.6.2008 wurde der monatliche Kranken- bzw. Pflegversicherungsbeitrag ab 1.7.2008 auf 251,61 EUR bzw. 41,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Änderung beruhe auf der gesetzlich festgelegten Erhöhung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung um 0,25%. Deswegen erhalte der Kläger einen neuen Beitragsbescheid mit den ab 1.7.2008 geltenden Bemessungsgrundlagen bzw. dem ab diesem Tag geltenden Beitragssatz. Dem Bescheid war als Anlage (wiederum) eine Beitragsberechnung (monatliche beitragspflichtige Einnahme 1.863,75 EUR, Beitragssatz zur Krankenversicherung 12,60%, zuzüglich zusätzlicher Beitragssatz 0,90%, Beitragssatz zur Pflegeversicherung 2,20 %) beigefügt.
Unter dem 27.5.2008 bat die Beklagte den Kläger (erneut turnusgemäß) um Mitteilung seiner aktuellen Einkünfte.
Mit Telefax vom 19.6.2008 wurde der Beklagten eine vom Kläger am 17.6.2008 unterzeichnete Erklärung übermittelt, in der Bruttoeinkünfte aus selbständiger Tätigkeit von monatlich 800,00 EUR bzw. jährlich 9.600,00 EUR angegeben sind. Außerdem wurde die erste Seite eines Einkommensteuerbescheids des Finanzamts E. ohne Datum für 2007 vorgelegt. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 2.530 EUR ausgewiesen.
Da der Beklagten die Angaben bzw. vorgelegten Unterlagen zur Beitragsfestsetzung nicht ausreichten, ersuchte sie schließlich das Finanzamt E. mit Schreiben vom 24.6.2008 um Übersendung von Abschriften der Steuerbescheide für 2006 und 2007 im Wege der Amtshilfe.
Unter dem 30.6.2008 teilte das Finanzamt E. mit, der Steuerbescheid für 2006 sei am 18.6.2008 ausgestellt worden. Er weise keine Einkünfte aus selbständiger oder nichtselbständiger Tätigkeit, sondern nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 376,00 EUR und sonstiges Einkommen von 45.761,00 EUR aus.
Unter dem 10.7.2008 bat die Beklagte das Finanzamt E. im Hinblick auf widersprüchliche Angaben zu den Einkünften des Klägers erneut um Amtshilfe. Dieses teilte unter dem 11.7.2008 mit, die Steuerbescheide für 2005 und 2006 seien am 17.4.2007 bzw. am 18.6.2008 erlassen worden. Der Bescheid für 2005 weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 32.530,00 EUR, der Bescheid für 2006 von 45.761,00 EUR aus. Ergänzend ist vermerkt, der Einkommensteuerbescheid für 2006 sei an den Kläger am 1.5.2007, der Bescheid für 2007 am 1.7.2008 abgesandt worden. Auf dem Auskunftsersuchen der Beklagten sind die vorgedruckten Jahreszahlen "2006" und "2007" vom Sachbearbeiter des Finanzamts durchgestrichen und durch die Jahreszahlen "2005" und "2006" ersetzt worden. Ergänzend hat der Sachbearbeiter vermerkt: " 2006" ab 01.05.2007", "2007 ab 01.07.2008". Hierzu sind indessen jeweils die Einkommensdaten der Bescheide für 2005 und 2006 angegeben.
Am 10.7.2008 war bei der Beklagten - wohl auf Veranlassung des Klägers - (u.a.) ein Einkommensteuerbescheid des Finanzamts E. für 2006 (in Auszügen in Kopie) per Telefax eingegangen. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 4.310 EUR ausgewiesen.
Mit Bescheid vom 15.7.2008 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab 1.5.2007 auf 357,06 EUR bzw. 54,83 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.811,50 EUR), ab 1.1.2008 auf 379,55 EUR bzw. 54,83 EUR und ab 1.7.2008 auf 486,00 EUR bzw. 79,20 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.811,50 EUR bzw. 3600,00 EUR) fest. Der Bescheid ist in der Betreffzeile mit "Änderung in der freiwilligen Krankenversicherung/Pflegeversicherung" überschrieben. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Grundlage der Beitragsberechnung habe sich ab dem 1.5.2007 geändert, da der Steuerbescheid für 2006 bereits am 17.4.2007 erstellt worden sei. Ab 1.1.2008 seien die Beitragssätze zur Krankenversicherung angepasst worden. Der Steuerbescheid für 2007 sei am 18.6.2008 erstellt worden und werde somit ab 1.7.2008 für die Beitragsbemessung berücksichtigt. Außerdem sei der Beitrag zur Pflegeversicherung zum 1.7.2008 gesetzlich angepasst worden. Das Beitragskonto weise einen Rückstand von 1.887,54 EUR auf; diesen Betrag werde man abbuchen. Dem Bescheid war (nach dem Muster des Erstbescheids vom 12.5.2006) wiederum eine tabellarische Übersicht zu den Einzelheiten der Beitragsberechnung als Anlage beigefügt. Außerdem wird der Kläger aufgefordert, sich mit der Beklagten wegen einer Ratenzahlungsvereinbarung in Verbindung zu setzen, wenn er den offenen Betrag nicht in einer Summe begleichen könne.
Mit Schreiben vom 21.7.2008 legte der Kläger (der die Mitgliedschaft bei der Beklagten außerdem zum 30.9.2008 kündigte - Schreiben vom 18.7.2008 – eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse aber wiederum nicht begründete) Widerspruch ein; das Finanzamt E. habe im Wege der Amtshilfe Einkünfte von ca. 45.000 EUR mitgeteilt. Das treffe nicht zu; maßgeblich seien Einkünfte von ca. 25.000 EUR. Man möge erneut beim Finanzamt nachfragen.
Mit Bescheid vom 21.7.2008 setzte die Beklagte den monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag ab 1.5.2007 auf 344,28 EUR bzw. 52,86 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.710,83 EUR), ab 1.1.2008 auf 365,96 EUR bzw. 52,86 EUR und ab 1.7.2008 auf 486,00 EUR bzw. 79,20 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.710,83 EUR bzw. 3.600,00 EUR) fest. In der Betreffzeile des Bescheids ist eingetragen: "Korrekturbescheid Änderung in der freiwilligen Krankenversicherung/Pflegeversicherung". Weiter führte die Beklagte aus, die Grundlage der Beitragsberechnung habe sich ab dem 1.5.2007 geändert. Durch die Rückrechnung ergebe sich ein Beitragssaldo von minus 1.676,18 EUR; der rückständige Beitrag werde abgebucht. Dem Bescheid war (nach dem Muster des Erstbescheids vom 12.5.2006) wiederum eine tabellarische Übersicht zu den Einzelheiten der Beitragsberechnung als Anlage beigefügt.
Mit (Begleit-)Schreiben bzw. Anhörungsschreiben vom 21.7.2008 (zum Beitragsbescheid vom gleichen Tag) teilte die Beklagte dem Kläger im Hinblick auf den eingelegten Widerspruch mit, bei der Beitragsbemessung sei die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen, weswegen sämtliche Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht würden bzw. verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung angesetzt würden. Für hauptberuflich selbstständig erwerbstätige freiwillige Mitglieder gelte als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag mindestens der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (2007: 118,75 EUR/Tag bzw. 3.562,50 EUR/Monat; 2008: 120 EUR/Tag bzw. 3.600,00 EUR/Monat). Weise der Versicherte niedrigere Einnahmen nach, sei mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße (2007: 2.450 EUR/40 = 61,25 EUR/Tag bzw. 1.837,50 EUR/Monat; 2008: 2.485 EUR/40 = 62,13 EUR/Tag bzw. 1.863,75 EUR/Monat) anzusetzen. Die zuständige Aufsichtsbehörde habe auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgelegt, dass als Nachweis der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit ausschließlich Einkommensteuerbescheide heranzuziehen seien. Ausnahmen seien nur zulässig, wenn die selbstständige Tätigkeit neu aufgenommen worden sei und ein Einkommensteuerbescheid noch nicht vorliege. Ohne Vorlage des Einkommensteuerbescheids dürfe eine einkommensbezogene Beitragseinstufung unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze nicht vorgenommen werden. Veränderungen auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises könne man erst ab dem Folgemonat der Vorlage bei der Krankenkasse berücksichtigen. Werde der Einkommensteuerbescheid nicht unverzüglich vorgelegt, sei eine sich ggf. ergebende Höherstufung ab dem Folgemonat nach Erstellung des Einkommensteuerbescheids vorzunehmen. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007 habe man erst am 19.6.2008 bzw. 10.7.2008 erhalten. Allerdings seien die Bescheide unvollständig gewesen, weshalb man Amtshilfeersuchen an das Finanzamt gerichtet habe. Dieses habe am 15.7.2008 mitgeteilt, die Steuerbescheide seien am 17.4.3007 bzw. am 18.6.2008 ergangen und hätten Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 32.530,00 EUR bzw. 45.761,00 EUR ausgewiesen. Da der Beitragsbemessung in der Vergangenheit niedrigere Einkünfte zu Grunde gelegt worden seien, habe man die Beiträge rückwirkend ab dem 1.5.2007 (neu) festgesetzt. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und habe die Einkommensteuerbescheide nicht unverzüglich vorgelegt. Die Mitteilungen des Finanzamts seien nicht anzuzweifeln. Einen aktuellen Bescheid über die Höhe der zu entrichtenden Beiträge erhalte der Kläger nochmals anbei.
Mit Schreiben vom 5.8.2008 teilte das Finanzamt E. der Beklagten mit, die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb betrügen 25.788,00 EUR (Einkünfte aus Kapitalvermögen: 0,00 EUR, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung minus 376,00 EUR). In einem Aktenvermerk der Beklagten ist festgehalten, laut Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters beim Finanzamt E. habe der Steuerberater des Klägers einen neuen Bescheid erstellt, so dass ein neuer Einkommensteuerbescheid für 2007 erlassen worden sei; die Angaben seien korrekt.
Mit Bescheid vom 18.8.2008 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab 1.5.2007 auf 344,28 EUR bzw. 52,86 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.710,83 EUR), ab 1.1.2008 auf 365,96 EUR bzw. 52,86 EUR und ab 1.7.2008 auf 290,12 EUR bzw. 47,28 EUR (beitragspflichtige Einnahmen 2.710,83 EUR bzw. 2149,00 EUR, letzteres entspricht Jahreseinkünften von 25.788,00 EUR) fest. In der Betreffzeile des Bescheids ist eingetragen: "Korrekturbescheid zum 01.07.2008 Änderung in der freiwilligen Krankenversicherung/Pflegeversicherung". Weiter führte die Beklagte aus, die Grundlage der Beitragsberechnung habe sich ab dem 1.5.2007 geändert. Auf Grund eines korrigierten Bescheids des Finanzamts E. ändere sich die Grundlage für die Beitragsberechnung ab 1.7.2008. Durch die Rückrechnung für die Zeit vom 1.5.2007 bis 31.7.2008 ergebe sich ein Beitragssaldo von minus 2.021,58 EUR (einschließlich Beitrag Monat Juli 2008); der Kläger möge den Betrag überweisen. Dem Bescheid war (nach dem Muster des Erstbescheids vom 12.5.2006) wiederum eine tabellarische Übersicht zu den Einzelheiten der Beitragsberechnung als Anlage beigefügt. Außerdem ist erstmals als Sollstellung eine Gebühr (Rücklastschriftgebühr) von 8,00 EUR ausgewiesen.
Mit (Begleit-)Schreiben bzw. Anhörungsschreiben vom 10.8.2008 (zum Beitragsbescheid vom gleichen Tag) teilte die Beklagte dem Kläger (nach erneuter Erläuterung der Grundsätze für die Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern) mit, im Hinblick auf die zunächst unvollständigen Angaben des Klägers und die Mitteilungen des Finanzamts E. habe man die Beitragseinstufung rückwirkend ab 1.5.2007 vornehmen müssen. Dagegen richte sich der Widerspruch des Klägers, der vortrage, sein jährliches Bruttoeinkommen aus selbstständiger Tätigkeit liege nach Maßgabe der Steuerbescheide für 2006 und 2007 bei ca. 25.000 EUR. Da der Kläger den aktuellen Einkommensteuerbescheid pflichtwidrig nicht unverzüglich vorgelegt habe und die Auskünfte des Finanzamts nicht angezweifelt würden, habe man die Beiträge ab 1.5.2007 entsprechend den vorstehend erläuterten Bemessungsgrundsätzen festsetzen müssen. Einen aktuellen Bescheid über die Höhe der Beiträge erhalte der Kläger nochmals anbei. Der Bescheid vom 21.7.2008 werde mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Der Kläger möge mitteilen, ob er den Widerspruch aufrechterhalte.
Mit (als letzte Zahlungserinnerung bezeichnetem) Schreiben vom 24.9.2008 forderte die Beklagte den Kläger auf, sein Beitragskonto auszugleichen. Wegen des Zahlungsverzugs müsse man ihm die vorgeschriebenen Säumniszuschläge und Mahngebühren berechnen. Für die Zeit ab 1.5.2007 schulde er Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von 2.350,98 EUR zzgl. Säumniszuschläge, Mahngebühren und Rücklastschriftgebühren von 188,50 EUR bzw. 2,00 EUR und 8,00 EUR, insgesamt 2.549,48 EUR.
Mit Bescheid vom 6.10.2008 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab 1.10.2008 (unverändert) auf 290,12 EUR bzw. 47,28 EUR fest. Die Grundlage der Beitragsberechnung habe sich ab 1.10.2008 nicht geändert. Der aktuelle Beitragsrückstand betrage 2.549,48 EUR.
Mit als "letzte Mahnung" bezeichnetem Schreiben vom 22.10.2008 teilte die Beklagte dem Kläger einen Zahlungsrückstand von 3.041,08 EUR (Beiträge 2.918,58 EUR, Säumniszuschläge 120,50 EUR, Mahngebühren 2,00 EUR) mit; ggf. würden Maßnahmen der Zwangsvollstreckung geprüft, der Leistungsanspruch ruhe.
Nachdem die Beklagte eine Kontenpfändung durchgeführt hatte, forderte der Kläger unter dem 4.11.2008 die Rückerstattung eines seiner Ansicht nach zuviel eingezogenen Betrags von 1.463,56 EUR. Ihm seien erhebliche Differenzen aufgefallen; der Beklagten stehe lediglich ein Betrag von 1.117,62 EUR zu. Dem Schreiben war eine vom Kläger selbst gefertigte Aufstellung zu (aus seiner Sicht) gezahlten bzw. geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für 2007 und 2008 beigefügt. Er legte beitragspflichtige Einnahmen für 2007 und 2008 von jährlich jeweils 25.788,00 EUR zugrunde und bezog sich hierfür auf den Steuerbescheid 2006.
Mit Schreiben vom 17.11.2008 lehnte die Beklagte die Rückzahlung von Beiträgen ab. Dem Schreiben war eine (dem Steuerberater des Klägers bereits übersandte) Aufstellung über die geschuldeten und tatsächlich gezahlten Beiträge sowie die angefallenen Säumniszuschläge und Gebühren für die Zeit von Mai 2007 bis Oktober 2008 beigefügt (Säumniszuschläge 380,50 EUR, Gebühren 43,70 EUR).
Mit Amtshilfeersuchen vom 24.11.2008 bat die Beklagte das Finanzamt E. um Übersendung von Abschriften der Steuerbescheide für 2006 und 2007.
Unter dem 25.11.2008 teilte das Finanzamt der Beklagten mit, der Steuerbescheid für 2006 sei am 29.7.2008 ausgestellt worden und weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 25.788,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von minus 376 EUR aus. Für 2007 sei ein Einkommensteuerbescheid noch nicht ergangen.
Unter dem 26.11.2008 teilte das Finanzamt der Beklagten mit, der Steuerbescheid für 2004 sei am 28.4.2006 ausgestellt worden und weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 24.766,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von 279,00 EUR aus. Aus dem am 17.4.2007 ausgestellten Steuerbescheid für 2005 gingen Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 32.530,00 EUR und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von minus 1.208,00 EUR hervor. Der am 29.7.2008 ausgestellte Steuerbescheid für 2006 weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 25.788,00 EUR und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von minus 376,00 EUR aus. Der Einkommensteuerbescheid für 2007 liege noch nicht vor; die Einkommensteuererklärung für dieses Jahr sei noch nicht abgegeben worden.
Mit Bescheid vom 27.11.2008 setzte die Beklagte den monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag - insoweit unverändert - ab 1.5.2007 auf 344,28 EUR bzw. 52,86 EUR und ab 1.1.2008 auf 365,96 EUR bzw. 52,86 EUR fest. Ab 1.7.2008 wurden die Beiträge auf 365,96 EUR bzw. 59,46 EUR (bisher lt. Bescheid vom 18.8.2008: 290,12 EUR bzw. 47,28 EUR) und ab 1.8.2008 auf 290,12 EUR bzw. 47,28 EUR festgesetzt. In der Betreffzeile des Bescheids ist eingetragen: "Korrekturbescheid zum 18.08.2008 Änderung in der freiwilligen Krankenversicherung/Pflegeversicherung". Weiter führte die Beklagte aus, die Grundlage der Beitragsberechnung habe sich ab dem 1.5.2007 geändert. Auf Grund eines korrigierten Bescheids des Finanzamts E. für 2006 ändere sich die Grundlage für die Beitragsberechnung ab 1.8.2008. Durch die Rückrechnung für die Zeit vom 1.5.2007 bis 31.8.2008 sowie die noch offenen Beiträge und Gebühren für September und Oktober 2008 ergebe sich ein Beitragssaldo von minus 905,50 EUR; der Kläger möge den Betrag (zzgl. der Beiträge für November 2008 von 337,40 EUR) überweisen. Der Beitragsbescheid vom 18.8.2008 werde mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Dem Bescheid war (nach dem Muster des Erstbescheids vom 12.5.2006) wiederum eine tabellarische Übersicht zu den Einzelheiten der Beitragsberechnung (ab 1.5.2007) als Anlage beigefügt.
In einem (den vorangegangenen Begleit- bzw. Anhörungsschreiben vom 21.7. und 10.8.2008 weitgehend entsprechenden) Schreiben vom 27.11.2008 (zum Bescheid vom gleichen Tag) ist (u.a. erneut) ausgeführt, der Kläger sei seit 1.3.2006 freiwilliges Mitglied. Der Beitragsbemessung habe man ursprünglich dessen Angaben sowie den Einkommensteuerbescheid für 2004 zugrunde gelegt. Von den Einkommensteuerbescheiden für 2005 und 2006 habe man erstmals am 19.6.2008 bzw. 10.7.2008 Kenntnis erlangt; die Bescheide seien jedoch unvollständig gewesen. Das Finanzamt habe auf Amtshilfeersuchen schließlich mitgeteilt, dass der Steuerbescheid für 2005 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 32.530,00 EUR) am 17.4.2007 und der Steuerbescheid für 2006 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 25.788,00 EUR) am 29.7.2008 ausgestellt worden sei. Diese Bescheide wiesen höhere als der Beitragsbemessung in der Vergangenheit zugrunde gelegten Einkünfte aus. Deswegen habe man die Beitragseinstufung rückwirkend ab 1.5.2007 vornehmen müssen. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht zur unverzüglichen Vorlage des aktuellen Einkommensteuerbescheids nicht nachgekommen. Der Bescheid vom 18.8.2008 werde mit sofortiger Wirkung aufgehoben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, der abschließende Beitragsbescheid vom 27.11.2008, mit dem man die vorangegangenen Beitragsbescheide aufgehoben habe und der deshalb gem. § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) alleiniger Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei, sei rechtmäßig. Auf der Grundlage der letzten Auskunft des Finanzamts E. vom 26.11.2008 sei der Einkommensteuerbescheid für 2005 am 17.4.2007 erlassen worden und weise Einkünfte aus Gewerbebebtrieb von 32.530,00 EUR aus. Einkünfte von 25.788,00 EUR seien nicht im Jahr 2007, sondern bereits im Jahr 2006 erzielt worden. Auf der Grundlage dieser Angaben sei der vorangegangene Bescheid vom 18.8.2008 durch den Bescheid vom 27.11.2008 insoweit teilweise abgeändert worden, als die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge vom 1.7. bis 31.7.2008 auf insgesamt 425,60 EUR und für die Zeit ab 1.8.2008 auf insgesamt 337,40 EUR festgesetzt worden seien. Der Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen hauptberuflich selbstständig tätiger Versicherter müssten ausschließlich amtliche Urkunden, in erster Linie also Einkommensteuerbescheide und schriftliche Auskünfte der Finanzämter, zu Grunde gelegt werden (BSG, Urt. vom 26.9.1996, - 12 RK 46/95 -). Solche Urkunden könnten ggf. auch eine rückwirkende Beitragserhebung erforderlich machen. Gem. § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V würden Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises geringerer Einnahmen erst mit dem auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monat wirksam. Das gelte jedoch nicht in gleicher Weise für die umgekehrte Fallgestaltung, wenn sich aus einem nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheid höhere als die zunächst veranschlagten (Mindest-)Einnahmen ergäben. In diesem Fall müsse die Beitragshöhe vielmehr aus zwingenden rechtlichen Gründen rückwirkend für den gesamten Zeitraum ab Erlass des maßgeblichen Einkommensteuerbescheids vorgenommen werden (KassKomm-Peters, SGB V § 240 Rdnr. 35b; auch BT-Drs. 12/3937, S. 17). Die Krankenkasse sei im Übrigen nicht verpflichtet, ihre selbstständig tätigen Mitglieder regelmäßig zur Übersendung des jeweils aktuellen Einkommensteuerbescheids aufzufordern. Es obliege dem Versicherten, von sich aus geeignete Einkommensnachweise beizubringen, um eine Beitragsbemessung gem. § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V zu vermeiden. Nach dieser Vorschrift seien monatliche Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (2006/2007: 3.562,50 EUR; 2008: 3.600,00 EUR) anzusetzen, wenn nicht der Versicherte nachweise, dass seine tatsächlichen Einnahmen geringer gewesen seien.
Eine Saldierung positiver und negativer Einkünfte aus unterschiedlichen Einkunftsarten komme nicht in Betracht. Gem. § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei bei der Bemessung der Beiträge freiwillig versicherter Mitglieder deren gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V werde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch alle Einnahmen und Geldmittel bestimmt, die das Mitglied ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung zum Lebensunterhalt verbrauche oder verbrauchen könnte. Dabei müssten mindestens diejenigen Einnahmen angesetzt werden, die der Beitragsbemessung bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten zu Grunde zu legen seien. Die Beiträge versicherungspflichtiger Mitglieder würden gem. § 226 Abs. 1 SGB V nach dem ihnen zufließenden Arbeitsentgelt, den bezogenen Renten und Versorgungsbezügen sowie etwaigem zusätzlichem Arbeitseinkommen bemessen. Abweichend von der steuerrechtlichen Bewertung gelte beitragsrechtlich für die genannten Einnahmearten - mit Ausnahme des nach § 15 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zu bestimmenden Arbeitseinkommens - ein strenges Bruttoprinzip. Deshalb sei auch bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder ein so genannter vertikaler Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einnahmearten zwingend ausgeschlossen (BSG, Urt. vom 9.8.2006, - B 12 KR 8/06 R -).
Abschließend ist darauf hingewiesen, dass der Widerspruchsbescheid gem. § 46 Abs. 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) auch im Namen der B. A. plus Pflegekasse ergehe.
Am 18.2.2009 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm. Er machte unter Beifügung einer selbst angefertigten Aufstellung über die (aus seiner Sicht) für 2007 und 2008 geschuldeten bzw. gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge geltend, die Beklagte habe die Beiträge auf einer fehlerhaften Bemessungsgrundlage festgesetzt. Das Finanzamt habe Einkünfte von 45.761,00 EUR mitgeteilt, während er in Wahrheit (laut geändertem Steuerbescheid) nur 25.412 EUR erzielt habe. Die Beklagte möge 1.463,56 EUR zurückzahlen. Er habe ihr (mit Schreiben vom 4.11.2008) eine genaue Aufstellung über die maßgeblichen Einkünfte von 25.788 EUR zugeleitet. Der erste Steuerbescheid sei fehlerhaft gewesen und geändert worden.
Der Kläger legte außerdem den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts E. für 2006 vor. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 25.788,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von minus 376 EUR ausgewiesen.
Die Beklagte trug vor, bei der Beitragsfestsetzung finde ein vertikaler Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten nicht statt. Die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien deshalb nicht zu berücksichtigen. Die Herabsetzung der Einnahmen freiwilliger Mitglieder sei erst ab dem Zeitpunkt möglich, zu dem die Einkommensminderung durch Steuerbescheid nachgewiesen sei (§240 Abs. 4 Satz 5 SGB V a.F. bzw. § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V n.F.). Gleichwohl habe man den am 29.7.2008 ergangenen Einkommensteuerbescheid für 2006 zugunsten des Klägers schon ab dem 1.8.2008 berücksichtigt. Den ihm obliegenden Nachweis niedrigerer Einnahmen habe der Kläger nicht geführt. Sie habe vom Inhalt des Einkommensteuerbescheids für 2006 erst durch Mitteilung des Finanzamts E. vom 25.11.2008 erfahren. Deshalb hätte die Einkommensminderung gegenüber 2005 an sich frühestens ab 1.12.2008 angesetzt werden dürfen.
In der mündlichen Verhandlung vom 8.10.2009, in der die ordnungsgemäß geladene Beklagte – wie von ihr angekündigt - nicht vertreten war, wies das Sozialgericht darauf hin, ab 11.5.2006 seien eine Reihe von Beitragsbescheiden ergangen, nämlich unter dem 25.7.2007, 10.8.2007, 7.4.2008 und 18.6.2008. In den Bescheiden vom 15.7.2008, 21.7.2008 und 18.8.2008 finde sich kein Hinweis auf die Aufhebung der Altbescheide. Es fehle auch ein Hinweis darauf, in welcher Höhe das geschehe und auf die maßgeblichen Rechtsgrundlagen. Deswegen erscheine zweifelhaft, ob die angefochtenen Bescheide hinreichend bestimmt seien, zumal derartige Verfügungssätze auch im Widerspruchsbescheid nicht nachgeschoben worden seien. Der Kläger erklärte, er sei bereit, auf die Erstattung der veranschlagten Mahngebühren zu verzichten.
Mit Urteil vom 8.10.2009 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 15.7.2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 21.7.2008, 18.8.2008 und 27.11.2008, diese in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2009 auf, soweit darin monatliche Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1.5.2007 bis zum 31.7.2008 festgesetzt sind. Außerdem verurteilte es die Beklagte dem Grunde nach, dem Kläger zuviel erhobene Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Säumniszuschläge zu erstatten.
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, der Kläger fechte die Bescheide der Beklagten nur insoweit an, als die Beitragsfestsetzung für die Zeit vor dem 1.8.2008 abgeändert worden sei. Die Bescheide seien formell rechtswidrig. Sie seien weder hinreichend bestimmt noch ausreichend begründet (§§ 33 Abs. 1 bzw. 35 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB X). Ein Verwaltungsakt sei hinreichend bestimmt, wenn der Wille der Behörde für einen verständigen Beteiligten unzweideutig erkennbar werde und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich sei (BSG, Urt. vom 29.1.1997, - 11 RAr 43/96 -). Aus dem Verfügungssatz müsse für den Betroffenen vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde wolle. Zur Auslegung des Verfügungssatzes könne die Begründung des Verwaltungsakts herangezogen werden. Zudem könne auf beigefügte Unterlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte, zurückgegriffen werden (BSG, Urt. vom 6.2.2007, - B 8 KN 3/06 R -; Urt. vom 2.6.2004, - B 7 AL 58/03 -). Unbestimmt nach § 33 SGB X sei ein Verwaltungsakt, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei sei und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage sei, sein Verhalten daran auszurichten.
Um inhaltlich bestimmt zu sein, müsse zuallererst der Verfügungssatz eines (Rücknahme-)Bescheids so präzise wie möglich klarstellen, was geregelt werde. Deshalb sei auszuweisen, welcher Verwaltungsakt mit Wirkung zu welchem genauen Zeitpunkt zurückgenommen werde. Erforderlich sei daher bei der Aufhebung eine ausreichende Identifizierung des zurückgenommenen Bescheides durch konkrete Benennung. Der Bescheid müsse das Datum des aufzuhebenden Bescheids bzw. der aufzuhebenden Bescheide, den Beitragszeitraum und die Beitragshöhe nennen (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 26.11.2007, - L 7 B 258/07 AS ER -).
Diesen Anforderungen würden die angefochtenen Bescheide nicht gerecht. Aus ihnen seien zwar im Einzelnen die Höhe und der Zeitraum der neu berechneten Beiträge ersichtlich. Darüber hinaus enthielten die Bescheide jedoch keinen Verfügungssatz, aus dem hervorgehe, welche ursprünglichen Beitragsbescheide die Beklagte im Einzelnen aufzuheben gedenke. Die Begriffe "Änderung" oder "Korrekturbescheid", die die Beklagte in den jeweiligen Betreffzeilen verwendet habe, seien kein hinreichender Ersatz für einen derartigen Verfügungssatz. Der Bescheid vom 27.11.2008 enthalte zwar einen Verfügungssatz; dieser beziehe sich jedoch allein auf den Bescheid vom 18.8.2008. Auch im Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 würden die aufzuhebenden Beitragsbescheide nicht konkretisiert. Somit sehe sich der Kläger einer Vielzahl von Bescheiden gegenüber, ohne dass klar sei, welcher dieser Bescheide noch Geltung beanspruche und welcher nicht mehr.
Die angefochtenen Bescheide litten außerdem an einem Begründungsmangel, weil die Beklagte entgegen § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X die wesentlichen rechtlichen Gründe nicht mitgeteilt habe, die sie zu ihrer Entscheidung bewogen hätten. Allein deshalb seien die Verwaltungsakte rechtswidrig (von Wulffen, SGB X, § 35 Rdnr. 8 unter Hinweis auf BSG SozR Nr. 3 zu § 1236 RVO).
Im Widerspruchsbescheid fänden sich zwar Aussagen zur Zulässigkeit rückwirkender Beitragsanhebungen. Auf welcher Rechtsgrundlage die vorausgegangenen Beitragsbescheide aufgehoben würden, verdeutliche aber auch der Widerspruchsbescheid nicht; gleiches gelte für die anderen Bescheide, die Gegenstand der Klage seien. Eine Begründung sei auch nicht deswegen entbehrlich, weil gebundene Verwaltungsakte vorlägen, bei denen sich bloße Begründungsmängel nicht auf die Rechtmäßigkeit der Regelung auswirkten (BSG SozR 3-4100 § 152 Nr. 9). Vorliegend komme ein Widerruf gem. § 46 SGB X oder eine Rücknahme nach § 45 Abs. 2 oder § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X in Betracht. Die Aufhebung sei jedoch entgegen § 46 Abs. 1 SGB X für die Vergangenheit erfolgt; entsprechende Widerrufsvorbehalte seien in den angefochtenen Bescheiden nicht enthalten. Soweit sich die Beklagte auf § 45 SGB X stütze, hätte sie gem. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X eine Ermessensausübung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X dokumentieren, oder, bei Anwendung des § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X, darlegen müssen, weswegen sie von einem der dort geregelten Tatbestände, die jeweils ein Verschulden des Klägers voraussetzten, ausgegangen sei. Gleiches gelte für eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, nachdem nur Tatbestände in Betracht kämen, die ebenfalls ein Verschulden des Klägers erforderten.
Daher gälten folgende Beitragsfestsetzungen fort:
Mai bis Juli 2007: Krankenversicherung 262,11 EUR, Pflegeversicherung 40,24 EUR August 2007: Krankenversicherung 344,17 EUR, Pflegeversicherung 52,85 EUR September bis: Dezember 2007: Krankenversicherung 233,36 EUR, Pflegeversicherung 35,83 EUR Januar bis Juni 2008: Krankenversicherung 251,61 EUR, Pflegeversicherung 36,34 EUR Juli 2008: Krankenversicherung 251,61 EUR, Pflegeversicherung 41,00 EUR
Die Gegenüberstellung der geschuldeten mit den tatsächlich erhobenen bzw. im Wege der Kontenpfändung vollstreckten Beiträgen ergebe, dass die Beklagte zu hohe Beiträge berechnet und deswegen auch zu hohe Säumniszuschläge (§ 24 Abs. 1a SGB IV) festgesetzt habe. Der Kläger habe deswegen einen entsprechenden Erstattungsanspruch gem. § 26 Abs. 2 SGB IV. Da er die Beitragserhebung nicht dem Grunde, sondern der Höhe nach anfechte, könne sich die Beklagte auch nicht auf die Verfallklausel in § 26 Abs. 2 SGB IV berufen. Diese Bestimmung sei nämlich vorrangig nur dann einschlägig, wenn Beiträge dem Grunde nach zu Unrecht erbracht worden seien (vgl. KassKomm-Seewald, SGB IV § 26 Rdnr. 16; jurispK-Krasney, SGB IV § 26 Rdnr. 82 ff.). Die überhöhten Säumniszuschläge seien dem Kläger auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zurückzuzahlen, da sich § 26 Abs. 2 SGB IV nach seinem Wortlaut allein auf die Erstattung zu Unrecht erhobener Beiträge beziehe. Angesichts der Vielzahl der zu berücksichtigenden Rechnungsposten und im Interesse einer zügigen Entscheidung des Rechtsstreits werde es unter Berücksichtigung von Aufwand und Nutzen für zweckmäßig erachtet, die Erstattungsansprüche gem. § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG dem Grunde nach zuzusprechen und von einer Berechnung im Einzelnen abzusehen. Die Beklagte habe unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen einen Verwaltungsakt zu erlassen, der die genaue Höhe der zu erstattenden Beitragszahlungen festsetze (vgl. dazu BSGE 27,81).
Auf das ihr am 16.10.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.11.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die angefochtenen Bescheide seien hinreichend bestimmt. Aus ihnen gehe eindeutig hervor, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe der Kläger Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge entrichten solle. Notwendige Konsequenz daraus sei, dass eine zuvor für den gleichen Zeitraum erfolgte Beitragsfestsetzung nicht mehr fortgelten könne. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass die Aufhebung des jeweils vorangegangenen Beitragsbescheids und die neue Beitragsfestsetzung aus EDV-technischen Gründen mit zwei getrennten Schreiben gleichen Datums erfolgt sei. Insbesondere die Bescheide vom 18.8.2008 enthielten eine ausdrückliche Regelung, wonach der jeweils vorangegangene Beitragsbescheid aufgehoben werde.
Die Bescheide seien auch ordnungsgemäß begründet. Jedenfalls der Widerspruchsbescheid enthalte ausführliche Erläuterungen zur Zulässigkeit einer rückwirkenden Beitragserhebung und zum Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs im Beitragsrecht. Im Übrigen stünde ohnehin nur ein formeller Fehler in Rede, der spätestens im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens gem. § 41 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 2 SGB X geheilt worden wäre.
Schließlich sei ihr auch Ermessen nicht eröffnet gewesen. Der Kläger habe bereits am 19.6.2008 einen Einkommensteuerbescheid für 2007 eingereicht, obwohl ein solcher Bescheid nach Mitteilung des Finanzamts E. vom 25.11.2008 zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erlassen gewesen sei. Außerdem weise der vom Kläger vorgelegte Einkommensteuerbescheid für 2005 - ebenso wie der Bescheid für 2007 - Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 2.530,00 EUR aus. Nach Angaben des zuständigen Finanzamts vom 27.11.2008 hätten die gewerblichen Einkünfte des Klägers im Jahr 2005 jedoch 32.530,00 EUR betragen. Damit seien die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 SGB X erfüllt und das (Rücknahme-)Ermessen sei auf Null reduziert (vgl. BSG, Urt. vom 9.4.1987, - 5b RJ 36/86 -, sowie Urt. vom 26.9.1990, - 9b/7 RAr 30/89 -). Da abwägungsrelevante Gesichtspunkte vom Kläger weder angeführt worden noch sonst erkennbar gewesen seien, habe es ohnehin eine Grundlage für die Ausübung von Ermessen nicht gegeben (vgl. BSG, Urt. vom 5.11.1997, - 9 RV 20/96 -).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts U. vom 8.10.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Senat hat die Auskunft des Finanzamts E. vom 14.1.2011 eingeholt. Darin ist ausgeführt, die Angaben in der der Beklagten erteilten Auskunft des Finanzamts vom 26.11.2008 träfen vollumfänglich zu. 2005 sei nur der Bescheid vom 17.4.2007 mit Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 32.530 EUR erlassen worden. Insgesamt seien folgende Steuerbescheide ergangen:
2004: Bescheid vom 28.4.2006: Einkünfte/selbständige Tätigkeit 24.766 EUR Einkünfte/Vermietung und Verpachtung 279 EUR
2005: Bescheid vom 17.4.2007: Einkünfte/selbständige Tätigkeit 32.530 EUR Einkünfte/Vermietung und Verpachtung -1.208 EUR
2006: Bescheid vom 29.7.2008: Einkünfte/selbständige Tätigkeit 25.788 EUR Einkünfte/Vermietung und Verpachtung - 376 EUR
2007: Bescheid vom 14.4.2009: Einkünfte/selbständige Tätigkeit 26.044 EUR Einkünfte/Vermietung und Verpachtung 369 EUR
2008: Bescheid vom 30.7.2010: Einkünfte/selbständige Tätigkeit 27.401 EUR Einkünfte/Vermietung und Verpachtung -1.744 EUR
Der Kläger hat zuletzt dem Senat Kopien seiner Steuerbescheide für die Jahre 2004, 2005, 2006 und 2007 vorgelegt. Die darin festgesetzten Beträge entsprechen denen, die vom Finanzamt in der Auskunft vom 14.01.2011 mitgeteilt worden waren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft.
Das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil zunächst die Bescheide der Beklagten vom 15.7.2008, 21.7.2008, 18.8.2008 und 27.11.2008 bzw. den Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 aufgehoben, soweit darin Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1.5.2007 bis 31.7.2008 festgesetzt sind. Außerdem hat es die Beklagte zur Erstattung zuviel gezahlter Beiträge und Säumniszuschläge (dem Grunde nach) verurteilt. In den Entscheidungsgründen ist klargestellt worden, dass es für die streitige Zeit vom 1.5.2007 bis 31.7.2008 bei den Beitragsfestsetzungen in den Bescheiden vom 25.7.2007, 10.8.2007, 16.10.2007, 7.4.2008 und 18.6.2008 bleibt. Damit beschränkt sich die Kassation auf die Festsetzung höherer Beiträge, also von (Gesamtbeträge)
Differenz 397,14 EUR statt 302,35 EUR Mai bis Juli 2007 284,37 EUR 397,14 EUR statt 397,02 EUR August 2007 0,12 EUR 397,14 EUR statt 269,19 EUR September bis Dezember 2007 511,80 EUR 418,82 EUR statt 287,95 EUR Januar bis Juni 2008 785,22 EUR 425,42 EUR statt 292,61 EUR Juli 2008 132,81 EUR.
Im angefochtenen Urteil ist damit die Beitragsfestsetzung hinsichtlich eines Gesamtbetrags von 1.714,32 EUR aufgehoben worden. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Diese bedarf gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht der Zulassung, da der Beschwerdewert von 750 EUR überschritten ist. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).
II. Die Berufung der Beklagten ist zum (weit) überwiegenden Teil begründet. Im Streit ist der (Beitrags-)Zeitraum vom 1.5.2007 bis 31.7.2008. Die für diese Zeit geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sind mit dem Bescheid vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2009 abschließend festgesetzt worden; nur diese sind Streitgegenstand des Gerichtsverfahrens (unten 1). Die streitgegenständlichen Bescheide sind formell-rechtlich (unten 2) und materiell-rechtlich mit Ausnahme der Beitragsfestsetzung für Juli 2008 rechtmäßig (unten 3). Beiträge sind –ausgenommen für Juli 2008 – nicht zu erstatten; die Beklagte ist auch weitregend zu Unrecht zur Erstattung von Säumniszuschlägen verurteilt worden (unten 4).
1.) Mit dem Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 hat die Beklagte das Verwaltungsverfahren über die Erhebung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für Mai 2007 bis Juli 2008 abgeschlossen. In dem Widerspruchsbescheid ist klargestellt, dass der Beitragsbescheid vom 27.11.2008, mit dem die vorangegangenen Beitragsbescheide aufgehoben worden sind, alleiniger Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ist. Damit hat die Beklagte nicht nur eine – als solche für die gerichtliche Rechtskontrolle nicht verbindliche – rechtliche Wertung hinsichtlich der Anwendung des § 86 SGG ausgesprochen, sondern zugleich eine (Verwaltungs-)Entscheidung getroffen, nämlich geregelt, dass für die Beitragspflicht des Klägers während der streitigen Zeit allein der Bescheid vom 27.11.2008 maßgeblich ist und die hierzu in allen vorangegangenen Beitragsbescheiden getroffenen Regelungen nicht mehr gelten sollen.
2.) Die streitgegenständlichen Bescheide sind entgegen der Auffassung des Sozialgerichts formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass sachlich zuständig (unten a) und die Bescheide sind hinreichend bestimmt und ausreichend begründet (unten b und c).
a.) Zur Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge ist die Beklagte (Krankenkasse) ohne Weiteres sachlich zuständig. Die Festsetzung der Pflegeversicherungsbeiträge obliegt freilich der hierfür sachlich zuständigen Pflegekasse. Diese ist gem. § 1 Abs. 3 SGB XI i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB XI Träger der sozialen Pflegeversicherung. Unbeschadet dessen, dass die Krankenkassen, bei denen die Pflegekassen errichtet werden (§ 46 Abs. 1 Satz 2 SGB XI), die Aufgaben der Pflegekassen wahrnehmen und die Pflegeversicherungsbeiträge an die Krankenkasse zu Gunsten der Pflegeversicherung zu zahlen sind (§ 60 Abs. 3 Satz 1 SGB XI), sind die Pflegekassen selbst rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 46 Abs. 2 Satz 1 SGB XI). Sie sind gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB XI für die Durchführung der Pflegeversicherung zuständig; hierzu gehört auch die Entscheidung über die abzuführenden Beiträge (vgl. etwa LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.7.2005, - L 5 KR 34/05 -).
Gem. § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI darf die Krankenkasse für Mitglieder, die ihre Beiträge selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Das Mitglied ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über den Beitrag zur Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Diese Bestimmung ist zum 1.7.2008 in Kraft getreten (Gesetz vom 28.5.2008, BGBl I S. 874) und daher auf den Bescheid vom 27.11.2008 bzw. den Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 anzuwenden. Sie gilt für den Kläger, der den Krankenversicherungsbeitrag gem. § 250 Abs. 2 SGB V und den Pflegeversicherungsbeitrag gem. § 59 Abs. 4 Satz 1 SGB XI allein zu tragen und deswegen gem. § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V bzw. § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB XI auch zu zahlen hat. Jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 ist auch darauf hingewiesen, dass der Bescheid im Namen der Pflegekasse ergeht. Dies genügt. Daher kann offen bleiben, ob der Hinweis nach § 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI konstitutive Bedeutung für die sachliche Zuständigkeit der Krankenkasse zum Erlass eines gemeinsamen Beitragsbescheids hat oder nur der Klarstellung und Unterrichtung des Versicherten dient.
b.) Gem. § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Sein Adressat muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in der Lage sein, sein Verhalten danach auszurichten. Außerdem muss der Verfügungssatz des Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei sein. Aus dem Verfügungssatz muss für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Unschädlich ist, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (vgl. etwa BSG, Urt. v. 17.12.2009, - B 4 AS 30/09 R -). Diesen Anforderungen wird der Bescheid vom 27.11.2008 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2009) gerecht. Aus ihm geht klar und unmissverständlich hervor, welche Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Kläger für welche Zeiträume zwischen dem 1.5.2007 und 31.7.2008 zu zahlen hat. Spätestens mit dem das Verwaltungsverfahren abschließenden und den (Ausgangs-)Bescheiden die endgültige Gestalt gebenden Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 war auch klar, dass alle vorausgegangenen für den gleichen Zeitraum ergangenen Beitragsbescheide nicht mehr gelten sollen. Wie bereits eingangs ausgeführt, hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid nämlich klargestellt, dass mit dem Beitragsbescheid vom 27.11.2008 alle vorangegangenen Beitragsbescheide (für die streitige Zeit) aufgehoben werden sollten und dieser Bescheid daher alleiniger Gegenstand des Verfahrens sein soll. Im Übrigen ist für den verständigen Empfänger eines Beitragsbescheids nach Maßgabe der insoweit entsprechend anwendbaren Bestimmungen der §§ 133, 157 BGB auch ohne Weiteres erkennbar, dass die in einem neueren Bescheid getroffene Beitragsfestsetzung die für den gleichen Zeitraum getroffene Beitragsfestsetzung in älteren Bescheiden ersetzt, jedenfalls soweit (wie regelmäßig) Beiträge in unterschiedlicher Höhe festgesetzt werden. Der Beitragsschuldner weiß dann, was die Behörde (Krankenkasse) will bzw. welche Beiträge er zahlen muss. Er kann nach Treu und Glauben (§ 242 BGB in entsprechender Anwendung) vernünftigerweise nicht annehmen, neben dem neueren Beitragsbescheid sollten ältere divergierende Beitragsbescheide aufrecht erhalten bleiben, mit der Folge, dass die Behörde für die gleiche Zeit sich widersprechende Beitragsfestsetzungen in unterschiedlicher Höhe getroffen hätte (vgl. einschränkend aber etwa LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.4.2010, - L 11 KR 5160/08 -). Es wäre freilich zur Klarstellung wünschenswert, wenn bei der rückwirkenden Neufestsetzung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen alle vorausgegangenen und (schlüssig) aufgehobenen Beitragsfestsetzungen genau bezeichnet würden; zwingend notwendig ist das aus Gründen der Bestimmtheit des Beitragsbescheids i. S. d. § 32 Abs. 1 SGB X nach Auffassung des Senats indessen nicht (vgl. aber LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.4.2010, a. a. O. für den Fall, dass der Behörde die Notwendigkeit der Aufhebung von Altbescheiden offenbar nicht bewusst war).
c.) Gem. § 35 Abs. 1 SGB X ist ein schriftlicher oder schriftlich bestätigter Verwaltungsakt schriftlich zu begründen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Der Beitragsbescheid vom 27.11.2008 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2009) wird auch diesen Anforderungen gerecht.
Was die Beitragsfestsetzung selbst anbelangt, hat die Beklagte dem Kläger die Grundlagen der Beitragsbemessung hinsichtlich des Beitragszeitraums, der beitragspflichtigen Einnahmen und der Beitragssätze in dem genannten Bescheid (wie in den übrigen Beitragsbescheiden) bzw. in der dem Bescheid als dessen Bestandteil beigefügten Anlage mitgeteilt. Ungeachtet dessen, dass dem Kläger zuvor die für die Beitragseinstufung freiwillig Versicherter maßgeblichen Rechtsgrundsätze mehrfach (in Begleitschreiben zu ergangenen Beitragsbescheiden) erläutert worden waren (etwa in Schreiben vom 13.11.2007 und vom 21.7.2008), ist damit den Begründungserfordernissen des § 35 Abs. 1 SGB X Genüge getan. Der Darstellung von Gesichtspunkten für die Ausübung des Rücknahmeermessens (§ 45 SGB X) hinsichtlich der Abänderung der Bescheide vom 10.8.2007, 16.10.2007, 7.4.2008, 18.6.2008 bedurfte es nicht, da solche Gesichtspunkte – wie sogleich darzulegen sein wird - weder ersichtlich noch geltend gemacht sind.
3.) Die Festsetzung der in der streitigen Zeit geschuldeten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge durch Bescheid vom 27.11.2008 (Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009) ist materiell-rechtlich rechtmäßig. Sie entspricht dem materiellen Beitragsrecht des § 240 SGB V (unten a). Die rückwirkende Abänderung vorausgegangener rechtswidriger Beitragsbescheide war mit Ausnahme der Beitragsfestsetzung für Juli 2008 zulässig (unten b).
a.) Der Kläger war während der streitigen Zeit ungeachtet der unter dem 27.8.2007 ausgesprochenen Kündigung Mitglied der Beklagten (und der bei dieser errichteten Pflegekasse); die Kündigung ist gem. § 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V – wie die Beklagte im Bescheid vom 7.4.2008 zu Recht festgestellt hat – nicht wirksam geworden; hierüber streiten die Beteiligten auch nicht.
Die Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter richtet sich nach der Bestimmung des § 240 SGB V (Krankenversicherungsbeitrag) bzw. des § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI i. V. m. § 240 SGB V (Pflegeversicherungsbeitrag) in der während der streitigen Zeit vom 1.5.2007 bis 31.7.2008 geltenden Gesetzesfassung. Gem. § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist bei der durch Satzung zu regelnden Beitragsbemessung sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Für hauptberuflich selbstständig erwerbstätige freiwillige Mitglieder gilt gem. § 240 Abs. 4 Satz 2 ff. SGB V als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag mindestens der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (2007: 118,75 EUR/Tag bzw. 3.562,50 EUR/Monat; 2008: 120 EUR/Tag bzw. 3.600,00 EUR/Monat). Weist der Versicherte niedrigere Einnahmen nach, ist mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße (2007: 2.450 EUR/40 = 61,25 EUR/Tag bzw. 1.837,50 EUR/Monat; 2008: 2.485 EUR/40 = 62,13 EUR/Tag bzw. 1.863,75 EUR/Monat) anzusetzen. Die Satzung der Krankenkasse bestimmt, unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus der Beitragsbemessung hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger niedrigere Einnahmen, mindestens jedoch der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße, zugrunde gelegt werden. Dabei sind insbesondere das Vermögen des Mitglieds sowie Einkommen und Vermögen von Personen, die mit dem Mitglied in Bedarfsgemeinschaft leben, zu berücksichtigen.
Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 können nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats und damit nur für die Zukunft wirksam werden. Dies beruht auf der Erwägung, dass die Krankenkassen ihre Beitragseinnahmen andernfalls nicht zuverlässig kalkulieren können (vgl. BT-Drs. 12/3937 S. 17); ergänzende Regelungen zur Art des Nachweises, insbesondere zu den hierfür geeigneten Beweismitteln, enthalten die Satzungen der Beklagten bzw. ihrer Pflegekasse nicht. Für den Nachweis der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sind grundsätzlich die Einkommensteuerbescheide der Finanzverwaltung maßgeblich. Denn diese enthalten behördlich geprüfte Feststellungen hinsichtlich der Angaben des Versicherten zu seinen Einkünften und bieten deswegen die notwendige Richtigkeitsgewähr für die Festsetzung der Beiträge und damit zugleich die notwendige Kalkulationssicherheit für die Kranken- bzw. Pflegekasse. Ob die Veränderung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit auch auf andere Weise nachgewiesen werden kann, ist in der Rechtsprechung (auch) des Senats nicht abschließend geklärt. Jedenfalls reichen nur als vorläufig bezeichnete und unter Änderungsvorbehalt gestellte kurzfristige Erfolgsrechnungen eines Steuerberaters nicht (vgl. etwa Senatsurteil v. 25.8.2010, - L 5 KR 4318/07 -).
Davon ausgehend hat die Beklagte die während der streitigen Zeit vom 1.5.2007 bis 31.7.2008 geschuldeten Beiträge des Klägers im Bescheid vom 27.11.2008 rechtsfehlerfrei festgesetzt. Sie hat sich für die Beitragsbemessung zu Recht auf den Einkommensteuerbescheid vom 17.4.2007 für 2005 gestützt. Dieser weist Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit (Gewerbebetrieb) von 32.530 EUR aus. Eine Saldierung mit negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (von minus 1.208 EUR) findet für die Beitragsbemessung nach Maßgabe des § 240 SGB V nicht statt (zur Unzulässigkeit eines vertikalen Verlustausgleichs dieser Art etwa BSG, Urt. v. 9.8.2006, - B 12 KR 8/06 R -; LSG Bayern, Urt. v. 10.12.2009, - L 4 KR 236/08 -). Der Einkommensteuerbescheid vom 29.7.2008 für das Jahr 2006 mit niedrigeren Einkünften aus selbständiger Tätigkeit (25.788 EUR) ist für die streitige Zeit (bis Juli 2008) gem. § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V – schon aus zeitlichen Gründen - nicht maßgeblich. Das gilt – aus Rechtsgründen - auch für die kurzfristige Erfolgsrechnung des Steuerberaters des Klägers vom 16.10.2007, da diese nur ein vorläufiges und unter Abänderungsvorbehalt gestelltes Ergebnis ausweist; dass die Beklagte diese kurzfristige Erfolgsrechnung zunächst offenbar akzeptiert hatte, ist rechtlich nicht von Belang.
Damit sind der Beitragsbemessung monatliche Einkünfte von 32.530 EUR/12 = 2.710,83 EUR zugrunde zu legen; dies ist mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.11.2008 geschehen. Daraus errechnen sich unter Anwendung der jeweils maßgeblichen Beitragssätze Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für Mai bis Dezember 2007 von 344,28 EUR bzw. 52,86 EUR, für Januar bis Juni 2008 von 365,96 EUR bzw. 52,86 EUR und für Juli 2008 von 365,96 EUR bzw. 59,64 EUR. Fehler in der Berechnung der Beiträge sind im Übrigen weder ersichtlich noch geltend gemacht.
b.) Mit dem Bescheid vom 27.11.2008 (Widerspruchsbescheid vom 4.2.200) hat die Beklagte Beiträge für die streitige Zeit nicht nur festgesetzt, sondern zugleich vorangegangene Beitragsbescheide, die den gleichen Zeitraum regeln, rückwirkend abgeändert. Soweit darin niedrigere Beiträge festgesetzt waren, ist der Vertrauensschutz des Versicherten nach Maßgabe der §§ 45 ff. SGB X zu beachten. Beitragsbescheide entfalten Rechtswirkung nämlich über den Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe hinaus und sind daher Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (vgl. auch von Wulffen, SGB X § 48 Rdnr. 3 f.). Als Verwaltungsakte mit Mischwirkung enthalten sie neben der den Beitragspflichtigen belastenden Festsetzung des Beitrags außerdem eine ihn (auch) begünstigende Regelung (§ 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X) insoweit, als sie die Beitragspflicht auf einen bestimmten Betrag begrenzen und damit festlegen, dass der Versicherte nicht nachträglich zu einem höheren Beitrag herangezogen werden soll (näher Senatsurteil v. 10.12.2008, - L 5 KR 6060/07 -).
aa.) Gem. § 45 Abs. 1 und 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf dessen Bestand vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann er sich gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X aber nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grobe Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). Grobe Fahrlässigkeit liegt gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt worden ist. Notwendig ist, dass schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (vgl. etwa BSG, Urt. v.8.2.2001, - B 11 AL 21/00 R -). Im Hinblick auf die Bestimmung des § 45 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB X sind Mitteilungspflichten des Versicherten im Beitragsrecht der Kranken- und Pflegeversicherung in § 206 SGB V und § 50 Abs. 3 SGB XI festgelegt. Gem. § 206 Abs. 1 Satz 1 SGB V bzw. § 50 Abs. 3 SGB XI hat, wer versichert ist, der Kranken- bzw. Pflegekasse, soweit er nicht gem. § 28o Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) auskunftspflichtig ist, auf Verlangen (u.a.) über alle für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erforderlichen Tatsachen Auskunft zu erteilen (Nr. 1) und Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitzuteilen (Nr. 2).
Bei der Festsetzung höherer Beiträge unter rückwirkender Abänderung vorangegangener, rechtswidriger Beitragsbescheide ist regelmäßig (Rücknahme-)Ermessen gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X auszuüben. Die Krankenkasse muss das Interesse des Versicherten am Bestand der (rechtswidrig) zu niedrigen Beitragsfestsetzung mit dem öffentlichen Interesse an der Zahlung der (rechtmäßig) geschuldeten Beiträge abwägen. Letzterem kommt aber grundsätzlich der Vorrang zu. Das folgt aus dem für alle Versicherungsträger geltenden Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 69 Abs. 2 SGB IV) und daraus, dass Einnahmen, also auch Beiträge, gem. § 76 Abs. 1 SGB IV rechtzeitig und (vor allem) vollständig, das heißt in der vom Beitragspflichtigen nach materiellem Beitragsrecht geschuldeten Höhe zu erheben sind. Für die Stundung oder Niederschlagung von Ansprüchen (auf Beiträge) sind im Gesetz außerdem enge Voraussetzungen festgelegt (vgl. i. e. § 76 Abs. 2 SGB IV; auch BSG, Urt. v. 114.2002, - B 3 P 6/01 R – juris Rdnr. 21). Für eine von dieser gesetzlichen Wertung abweichende Ausübung des Rücknahmeermessens müssen damit erhebliche Gründe vorliegen, die für den Fortbestand einer rechtswidrig zu niedrigen Beitragsfestsetzung sprechen. Hierfür kommen etwa grobes Verschulden der Behörde ohne Verschulden des Betroffenen oder eine besondere Härte oder die Unverhältnismäßigkeit der Rückforderung in Betracht (vgl. auch etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 27.1.2010, - L 1 KR 241/08 -). Hat der Versicherte Gesichtspunkte dieser Art nicht vorgetragen und sind solche auch sonst nicht ersichtlich, ist Rücknahmeermessen nicht zu betätigen (vgl. BSG, Urt. v. 6.9.1989, - 9/9a RVs 17/87-; Urt. v. 26.9.1990, - 9b/7 RAr 30/89 -).
Damit ist über die Frage, ob Ermessen ausgeübt werden kann und muss, unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu befinden. Zunächst muss geklärt werden, ob das vom Versicherten betätigte Vertrauen in den Fortbestand des rechtswidrigen Beitragsbescheids schützenswert ist. Hierfür ist gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Rücknahme der (rechtswidrigen) Begünstigung mit dem Interesse des Versicherten an deren Fortbestand vorzunehmen. Verbleiben danach keine Gesichtspunkte, die für das Ermessen Bedeutung haben könnten, so ist es auf Null reduziert (BSG, Urt. v. 5.11.1997, - 9 RV 20/96 -; Urt. v. 23.6.1993, - 9/9a RVs 1/92 -; LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.6.2009, - L 10 KR 51/07 -), unbeschadet dessen, dass die Ermessensreduzierung auf Null im allgemeinen einen seltenen Ausnahmefall darstellt (BSG, Urt. v. 11.4.2002, - B 3 P 8/01 R -). Sie kommt vor allem bei Bösgläubigkeit des Begünstigten im Sinne betrügerischen Verhaltens in Betracht (BSG, Urt. v. 11.4.2002, - B 3 P 8/01 R -). bb.) Hiervon ausgehend gilt für den vorliegenden Fall Folgendes: Hinsichtlich der streitigen Zeit hatte die Beklagte die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Klägers im vorläufigen Bescheid vom 25.7.2007 (zur Zulässigkeit vorläufiger Bescheide BSG Urt. v. 17.3.2010, - B 12 KR 4/09 R -; Urt. v. 22.3.2006, - B 12 KR 14/05 R -) zunächst ab August 2007 auf 344,17 EUR bzw. 52,85 EUR festgesetzt. Dem lag ein Monatseinkommen von 2.710,00 EUR zu Grunde; dieses hatte der Kläger am 16.7.2007 mitgeteilt. Auf die mit dem Widerspruch vom 8.8.2007 aufgestellte Behauptung des Klägers, seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb betrügen nur 2.530 EUR im Jahr, wurden die Beiträge mit Bescheid vom 10.8.2007 ab 1.9.2007 auf den Mindestbeitrag von 233,36 EUR bzw. 35,83 EUR herabgesetzt, indem der Beitragsbemessung gem. § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V ein Monatseinkommen in Höhe des 40. Teils der monatlichen Bezugsgröße für 2007 (2.450 EUR/40 = 61,25 EUR/Tag bzw. 1.837,50 EUR im Monat) zugrunde gelegt wurde. Dabei blieb es im Bescheid vom 16.10.2007, ebenso im Bescheid vom 7.4.2008, in dem die Versicherungspflicht des Klägers nach dessen fehlgeschlagener Kündigung der Mitgliedschaft bei der Beklagten zu regeln und die Beiträge ab 1.1.2008 an den erhöhten Krankenversicherungsbeitragssatz von 13,50% (zuvor 12,70 %) und die angehobene Bezugsgröße für 2008 (2.485 EUR/40 = 62,13 EUR/Tag bzw. 1.863,75 EUR/Monat) anzupassen waren. Auch der Beitragsbemessung im Bescheid vom 18.6.2008 (Beitragsanpassung an den zum 1.7.2008 gesetzlich erhöhten Beitragssatz zur Pflegeversicherung) wurden noch Einkünfte in Höhe des 40. Teils der Bezugsgröße zugrunde gelegt. Erstmals wieder im Bescheid vom 15.7.2008 wurden die Beiträge für die streitige Zeit nach Maßgabe von (zunächst höher eingeschätzten) Einkünften aus Gewerbebetrieb festgesetzt und – über die abschließend im Bescheid vom 27.11.2008 festgesetzten Beiträge hinaus - angehoben (ab 1.5.2007 357,06 EUR / 54,83 EUR, ab 1.12008 379,55 EUR / 54,83 EUR, ab 1.7.2008 486,00 EUR / 79,20 EUR). Im Bescheid vom 21.7.2008 wurden die Beiträge für die Zeit von Mai 2007 bis Juni 2008 schließlich wieder – auf die im angefochtenen Bescheid vom 27.11.2008 abschließend festgesetzten Beträge - abgesenkt (ab 1.5.2007 344,28 EUR / 52,86 EUR, ab 1.12008 365,96 EUR / 52,86 EUR). Im Bescheid vom 18.8.2008 wurden die Beiträge für Juli 2008 ebenfalls (unter Zugrundelegung gewerblicher Einkünfte von nur 25.788,00 EUR) vermindert auf 290,12 EUR / 47,28 EUR und im angefochtenen Bescheid vom 27.11.2008 (unter Zugrundelegung gewerblicher Einkünfte von 32.530,00 EUR) schließlich wieder erhöht auf 365,96 EUR / 59,64 EUR.
Damit kommen für etwaigen Vertrauensschutz des Klägers (nur) Bescheide in Betracht, in denen Beiträge auf niedrigere Beträge als im streitgegenständlichen Bescheid vom 27.11.2008 festgesetzt worden waren. Dabei handelt es sich (in geringfügigem Maß) um den vorläufigen Bescheid vom 25.7.2007, sodann um die Bescheide vom 10.8.2007, 16.10.2007 und 7.4.2008 und 18.6.2008, in denen der Beitragsbemessung an Stelle von Einkünften aus Gewerbebetrieb von jährlich 32.530 EUR (monatlich 2.710,83 EUR) nur der 40. Teil der Bezugsgröße für 2007 bzw. 2008 zugrunde gelegt worden war, und schließlich für den Monat Juli 2008 um den Bescheid vom 18.8.2008, in dem die Beiträge nach Einkünften aus Gewerbebetrieb von (nur) 25.788,00 EUR (2.149 EUR monatlich) bemessen worden waren.
Die rückwirkende Abänderung des – im Übrigen mit Bescheid vom 13.11.2007 gem. § 44 SGB X aufgehobenen - vorläufigen Bescheids vom 25.7.2007 ist im Hinblick auf dessen Vorläufigkeit ohne Weiteres zulässig (vgl. BSG, Urt. v. 16.11.1995, - 4 RLw 4/94 -; Urt. v. 24.1.2003, - B 12 KR 18/02 R -). Im Übrigen gelten die dargestellten Maßgaben des § 45 SGB X. Im Hinblick darauf kann sich der Kläger nicht darauf berufen, er habe auf den Fortbestand der Festsetzung zu niedriger Beiträge für Mai 2007 bis Juni 2008 in den Bescheiden vom 10.8.2007, 16.10.2007, 7.4.2008, 18.6.2008 vertraut, weshalb dahin stehen kann, ob ein solches (freilich regelmäßig zu vermutendes – BSG, Urt. v. 11.4.2002, - B 3 P 8/01 R – m. w. N.) Vertrauen vorlag. Anderes gilt hinsichtlich des Bescheids vom 18.8.2007 für den Monat Juli 2008. Insoweit ist das Vertrauen des Klägers schutzwürdig.
Die Festsetzung rechtswidrig zu niedriger Beiträge - nämlich der gesetzlichen Mindestbeiträge - in den Bescheiden vom 10.8.2007, 16.10.2007, 7.4.2008 und 18.6.2008 beruhte darauf, dass der Kläger mit dem am 8.6.2007 gegen den vorläufigen Beitragsbescheid vom 25.7.2007 eingelegten Widerspruch behauptet hatte, ihm sei ein geänderter Einkommensteuerbescheid des Finanzamts E. für 2005 zugegangen, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb von (nur) 2.530,00 EUR ausweise; außerdem hatte er eine erste Seite dieses (angeblichen) Steuerbescheids vorgelegt. Die auf den Widerspruch des Klägers gegen den Beitragsbescheid vom 10.8.2007 von der Beklagten angeforderte kurzfristige Erfolgsrechung des Steuerberaters des Klägers für September 2007 ist hingegen nicht ursächlich für die zu niedrige Beitragsfestsetzung geworden. Die Beklagte hatte die Beitragsbemessung deswegen nämlich nur überprüft und mit Bescheid vom 16.7.2007 unverändert die Mindestbeiträge festgesetzt.
Die Behauptung des Klägers, ihm sei am 9.8.2007 ein Einkommensteuerbescheid für 2005 mit Einkünften aus Gewerbebetrieb von 2.350 EUR zugegangen, trifft ersichtlich nicht zu. Wie das Finanzamt E. nach mehrfachen Auskunftsersuchen der Beklagten schließlich unter dem 26.11.2008 mitgeteilt hat, ist der Einkommensteuerbescheid für 2005 nämlich am 17.4.2007 ergangen und weist Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 32.530,00 EUR aus. In der im Berufungsverfahren eingeholten Auskunft vom 14.1.2011 hat das Finanzamt die Richtigkeit der Auskunft vom 26.11.2008 bestätigt und mitgeteilt, dass für 2005 nur der genannte Einkommensteuerbescheid vom 17.4.2007 ergangen ist. Ein weiterer Bescheid ist nicht erlassen worden. Damit hat der Kläger, der als selbständiger Kaufmann über die notwendige Einsichtsfähigkeit verfügt, wissentlich und vorsätzlich unrichtige Angaben zu seinem für die Beitragsfestsetzung maßgeblichen Einkommen gemacht. Der Vergleich der vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegten Kopien seiner Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 (Bl 17), 2007 (Bl. 46 und 55) sowie 2006 (Bl. 58) mit den zuletzt vorgelegten Kopien der Originalbescheide 2005 (Bl. 37 LSG-Akte), 2007 (Bl. 33 LSG-Akte) und 2006 (Bl.35 LSG-Akte) zeigt, dass es sich bei den eingereichten Kopien um offensichtlich in betrügerischer Absicht manipulierte Fälschungen handelt.
Die Festsetzung der (zu niedrigen) Beiträge für Juli 2008 im Bescheid vom 18.8.2008 beruhte auf dem Vorbringen des Klägers im Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.7.2008, wonach von Einkünften in Höhe von ca. 25.000,00 EUR auszugehen sei. Die bisherige Auskunft des Finanzamts (Einkünfte 45.000,00 EUR) sei nicht richtig, man möge erneut beim Finanzamt nachfragen. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nach, worauf das Finanzamt E. unter dem 5.8.2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 25.788,00 EUR mitteilte. Damit beruht die zu niedrige Festsetzung der Beiträge für Juli 2008 auf der Auskunft des Finanzamts, nicht jedoch auf vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben des Klägers. Dass sich die Auskunft des Finanzamts auf den Einkommensteuerbescheid für 2006 bezog, der – wie sich später herausstellte - am 29.7.2008 erlassen worden war und deswegen für die Beitragsfestsetzung für Juli 2008 gem. § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V nicht maßgeblich ist, ändert nichts. Dem Kläger kann auch nicht vorgeworfen werden, er habe die Unrichtigkeit des Beitragsbescheids gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Zwar sind ihm die Grundsätze der Beitragsbemessung in vorangegangenen Bescheiden und Erläuterungsschrieben eröffnet worden. Er hat jedoch im Widerspruch vom 21.7.2008 auf eine erneute Nachfrage beim Finanzamt verwiesen und durfte deswegen annehmen, die Beklagte habe dies getan und die Änderung der Beitragsfestsetzung für Juli beruhe auf entsprechenden (neuen) Auskünften des Finanzamts, nachdem im Bescheid vom 18.8.2008 hierfür ausdrücklich auf einen korrigierten Bescheid des Finanzamts verwiesen worden ist.
Der Bescheid vom 27.11.2008 und der Widerspruchsbescheid vom 4.2.2009 enthalten (hinsichtlich der Monate Mai 2007 bis Juni 2008) keine Ermessenserwägungen zum Rücknahmeermessen. Dies ist vorliegend jedoch unschädlich. Denn die Festsetzung zu niedriger Beiträge für Mai 2007 bis Juni 2008 beruhte auf vorsätzlich unrichtigen Tatsachenbehauptungen des Klägers zum Ergehen eines Einkommensteuerbescheids für 2005 und den darin angeblich ausgewiesenen (niedrigen) Einkünften aus Gewerbebetrieb. Es sind auch keine Gesichtspunkte ersichtlich oder geltend gemacht, die noch nicht bei der Interessenabwägung berücksichtigt wären und gleichwohl zu einer dem Kläger günstigen Ermessensbetätigung führen könnten. Damit muss es nach dem Gesagten aber von vornherein bei der gesetzlichen Wertung bleiben, wonach der materiell-rechtlichen Richtigkeit der Beitragserhebung grundsätzlich der Vorrang vor dem Fortbestand rechtswidriger (zu niedriger) Beitragsfestsetzungen zukommt. Das Rücknahmeermessen der Beklagten ist daher der Sache nach auf die Entscheidung zur nachträglichen Festsetzung der für die streitige Zeit nach materiellem (Beitrags-)Recht geschuldeten Beiträge reduziert. Die einjährige Rücknahmefrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt, da die Beklagte vom wahren Sachverhalt – hinsichtlich des Ergehens von Einkommensteuerbescheiden - erst durch die Auskünfte des Finanzamts E. im Jahr 2008 erfahren hatte (vgl. dazu auch etwa BSG, Urt. v. 31.1.2008, - B 13 R 23/07 R -).
4.) Die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung von Beiträgen beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 SGG. Danach kann das Gericht, wenn es einen bereits vollzogenen Verwaltungsakt oder Widerspruchsbescheid aufhebt, aussprechen, dass und in welcher Weise die Vollziehung rückgängig zu machen ist. Dies kommt nach dem Gesagten nur in Ansehung des Monats Juli 2008 in Betracht. Nur insoweit hat der kassatorische Ausspruch des Sozialgerichts Bestand. Hinsichtlich von Säumniszuschlägen (§ 24 SGB IV) scheidet ein (Annex-)Ausspruch (Folgenbeseitigungsausspruch) schon deshalb aus, weil (im Hauptausspruch) ein Verwaltungsakt, der Säumniszuschläge (deklaratorisch - KassKomm/Seewald, SGB IV § 25 Rdnr. 3) festsetzt, nicht aufgehoben, die Kassation der angefochtenen Bescheide vielmehr ausdrücklich auf die Festsetzung von Beiträgen beschränkt worden ist. Davon abgesehen sind in den aufgehobenen Bescheiden Säumniszuschläge auch nicht festgesetzt worden.
Die Erhebung von Säumniszuschlägen ist Gegenstand von Mahnungen der Beklagten, zuletzt vom 22.10.2008. Mahnungen stellen Verwaltungsakte (§ 31 SGB X) nicht dar. Da Säumniszuschläge unmittelbar kraft Gesetzes entstehen, müssen sie durch Verwaltungsakt auch nicht festgesetzt werden (KassKomm/Seewald, SGB IV § 24 Rdnr.3). Gem. § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis von 1 v. H. des rückständigen, auf 50 EUR nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Nach dem Gesagten durften Säumniszuschläge nur im Hinblick auf die Beitragsschuld für den Monat Juli 2008 nicht erhoben werden; nur insoweit kann die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung von Säumniszuschlägen daher Bestand haben. Die Vertrauensschutzklausel des § 24 Abs. 2 SGB IV, wonach bei der Feststellung einer Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit, ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben ist, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte, sind nicht erfüllt. Der Kläger hat wissentlich falsche Angaben zur Beitragsbemessung gemacht und wusste daher um die an sich bestehende Pflicht zur Zahlung höherer Beiträge (vgl. zum Verschulden in § 24 Abs. 2 SGB IV näher LSG-Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.3.2009, - L 16 R 49/08 -).
III. Damit ist das Urteil des Sozialgerichts auf die Berufung der Beklagten zum weit überwiegenden Teil abzuändern; es hat nur in geringem Umfang Bestand. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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