Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 5 R 264/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 R 103/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 266/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Auf Beschwerde des Klägers = Vergleich beim BSG
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.02.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Altersrente unter Berücksichtigung von Versicherungszeiten im Ghetto Belzyce von Juni 1940 bis Mai 1943 nach den Vorschriften des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Der am 00.00.1930 in K (Polen) geborene Kläger ist jüdischer Abstammung und lebt seit 1946 in Palästina bzw. Israel. Durch Bescheid des Regierungsbezirksamtes für Wiedergutmachung und verwaltete Vermögen in Koblenz vom 15.03.1957 wurde er als Verfolgter im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt und wegen Schaden an Freiheit in der Zeit von Dezember 1939 bis Juli 1944 (55 Monate) entschädigt. Die Claims Conference in Frankfurt teilte unter dem 13.10.2004 mit, dass der Kläger dort nicht registriert sei.
Am 30.06.2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten Regelaltersrente ab 01.07.1997 unter Hinweis auf die Vorschriften des ZRBG. Als Ghetto nannte er "Budzin, Polen". In dem von ihm unter dem 20.09.2004 unterzeichneten Rentenantragsvordruck gab er u. a. an, von Ende 1940 bis Ende 1942 im Ghetto Zamosc in Polen als Bote beschäftigt gewesen zu sein. Als Arbeitsverdienst nannte er Essen und zusätzliche Lebensmittel. Es seien Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden. Die Frage nach der Entrichtung von Beiträgen zur israelischen Nationalversicherung bejahte er für die Jahre 1954 bis 2000. In dem von ihm unter dem 20.09.2004 unterschriebenen Fragebogen gab er ergänzend an, der Arbeitseinsatz sei freiwillig durch Vermittlung des Judenrates zustande gekommen. Er habe sich selbst um Arbeit bemüht. Er habe Pakete und Dokumente in die ihm angegebenen Ämter und Behörden befördert und 8 bis 9 Stunden täglich gearbeitet. Von der Ghetto-Verwaltung habe er Essen und Lebensmittel erhalten.
Die Beklagte zog vom Amt für Wiedergutmachung in Saarburg die den Kläger betreffenden Entschädigungsakten 00 und 001 bei und nahm Kopien daraus zu ihren Akten. In einer von einem israelischen Notar bestätigten eigenen Erklärung vom 13.05.1956 hatte der Kläger u. a. ausgeführt, als die Deutschen im Herbst 1939 die Gegend um seinen Geburtsort besetzt hätten, seien die Juden aus den kleinen umliegenden Orten nach Belzyce ausgewiesen worden. Sie hätten sofort eine weiße Armbinde mit blauem Davidstern anlegen müssen und hätten Belzyce bei ausdrücklich kundgemachter Todesstrafe eigenmächtig nicht mehr verlassen dürfen und hätten allzeit unter der strengsten Aufsicht und Bewachung durch die Deutschen gestanden. Nach geleisteter Zwangsarbeit, welche täglich und regelmäßig verrichtet werden musste, seien sie zwar in ihre eigenen Unterkünfte entlassen worden, hätten diese aber bei ausdrücklich kundgemachter Todesstrafe eigenmächtig bis zum Antritte der Zwangsarbeit am nächsten Morgen nicht verlassen dürfen. Seine Zwangsarbeit habe in Straßenreinigung und im Freilegen der Straßen von Schnee bestanden sowie in sonstigen schweren Transport- und Reinigungsarbeiten sowie beim Gartenbau. Natürlich habe er immer unter strengster Bewachung gestanden. Durch alle diese Maßnahmen sei es unmöglich gemacht worden, mit der polnischen Bevölkerung Kontakte zu unterhalten. Im Juli 1941 seien die meisten Insassen dieser Haft in Belzyce von den Deutschen ausgesiedelt worden. Aber er selber sei mit anderen, welche auch zurückgeblieben waren, in die weitere Haft des Ghettos Belzyce eingewiesen worden. Dieses habe lediglich aus einigen kleinen Gäßchen rund um die Synagoge bestanden und sei durch Stacheldraht von der Umwelt hermetisch abgeschlossen gewesen. Seine tägliche Zwangsarbeit habe er unter scharfer Eskorte und strengster Bewachung beim Bau der Landstraße Belzyce-Niedswice verrichtet. Mit dem bisherigen Teil seiner Aussage berichtige er ausdrücklich die Angaben seines Originalantrags vom 29.04.1955, welche von der damals seine Angaben protokollierenden Beamtin missverstanden und völlig irrig aufgenommen worden seien. Am 08.05.1943 sei er aus dem Ghetto Belzyce in das ZAL Budzyn deportiert worden. Die Angaben des Klägers wurden i. W. durch Zeugenerklärungen im damaligen Entschädigungsverfahren bestätigt.
Mit Bescheid vom 14.03.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG i. W. mit der Begründung ab, es seien keine für die Wartezeit anrechenbaren Zeiten vorhanden. Nach den Angaben im formlosen Rentenantrag habe sich der Kläger im Ghetto Budzin befunden. Im formellen Antrag vom 20.09.2004 sowie der Erklärung zur Ghetto-Arbeitszeit habe er angegeben, sich während des Zeitraums Frühjahr 1940 bis Anfang 1943 im Ghetto Zamosc aufgehalten und durch Vermittlung des dortigen Judenrates sowie eigenen Bemühungen eine Beschäftigung als Bote aufgenommen und diese bis Ende 1942 ausgeübt zu haben. Aus den beigezogenen und ausgewerteten Vorgängen nach dem BEG ergebe sich, dass im dortigen Verfahren abweichende Angaben gemacht worden seien. Da die damaligen Angaben dem jetzigen Sachvortrag entgegen stünden, werde der Antrag nach dem ZRBG aus diesem Grunde abgelehnt.
Zur Begründung des am 21.03.2005 erhobenen Widerspruchs legte der Kläger insbesondere eine eigene von einem israelischen Rechtsanwalt bestätigte Erklärung vom 17.04.2005 vor. Darin führte er aus, nach so vielen Jahren habe er sich den Namen des Ghettos nicht gemerkt. Wenn er jetzt Kopien der Entschädigungsakte sehe, erinnere er sich, dass er sich im Ghetto Belzyce von 1940 bis 1943 befunden habe. In der ersten Zeit habe er eine entlohnte Arbeit gesucht, um seinen Lebensunterhalt zu verbessern, und den Judenrat gebeten ihm zu einer Arbeit zu verhelfen. Er habe eine Arbeit als Bote bekommen. Er habe dann diese Arbeit von Mitte Juni 1940 bis Mitte Juli 1941 verrichtet. Dann sei er zu Zwangsarbeit zum Straßenbau genommen worden. Für seine freiwillige Arbeit als Bote habe er Essen in der Küche des Ghettos und Lebensmittel für zuhause wie Kartoffeln, Graupen, Öl, Zucker und Salz erhalten. Mit diesen Lebensmitteln habe er auch seiner Mutter helfen können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2005 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Unter Hinweis auf die Ausführungen im Ursprungsbescheid verblieb sie bei der Auffassung, im vorliegenden Fall sei ein Beschäftigungsverhältnis aus eigenem Willensentschluss in einem Ghetto nicht überwiegend wahrscheinlich.
Mit der am 21.06.2005 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung hat sein Prozessbevollmächtigter i. W. vorgetragen, der Kläger sei von Juni 1940 bis Juli 1941 im Ghetto Belzyce gewesen und habe sich freiwillig über die Arbeitsverwaltung des Judenrates Tätigkeiten als Bote gesucht. Laut eigener Erklärung habe er für die Tätigkeit einen Lohn in Form von Sachbezügen (Lebensmittel für zuhause, Kleidung, bessere Unterkunft, Heizmaterial) erhalten. Es könnten auch Lebensmittelcoupons und Bargeld gewesen sein. Es falle dem hochbetagten Antragstellern schwer, sich nach über 60 Jahren an alle Einzelheiten zu erinnern. Zur Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit der Tätigkeit hat der Prozessbevollmächtigte u. a. auf ein Gutachten von Prof. Dr. H über die Region Generalgouvernement verwiesen.
Die Beklagte hat ihre angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig gehalten und hinsichtlich des nach dem ZRBG erforderlichen Entgelts u. a. auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.10.2004 (Az.: B 13 RJ 59/03 R) verwiesen.
Mit Urteil vom 07.02.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung i. W. ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch gemäß § 35 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) auf Regelaltersrente, denn er erfülle nicht die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren. Für den Kläger lägen in der deutschen Rentenversicherung keine anrechenbaren Versicherungszeiten vor. Habe ein Versicherter eine Beschäftigung oder Tätigkeit in einem Ghetto, in dem er sich zwangsweise aufgehalten habe, ausgeübt, so gälten hierfür die Beiträge nach Maßgabe des § 2 ZRBG als gezahlt, wenn die Voraussetzungen des § 1 ZRBG erfüllt seien. Danach finde dieses Gesetz für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, Anwendung, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen und gegen Entgelt ausgeübt worden ist und das Ghetto sich in einem Gebiet befunden hat, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert gewesen ist, soweit für diese Zeit nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht werde. Unter Zwang zustande gekommene und verrichtete Arbeit sei grundsätzlich nicht als versicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen; allein der zwangsweise Aufenthalt in einem Ghetto sei allerdings unschädlich. Hinsichtlich der Voraussetzungen des ZRBG reiche es, wenn sie überwiegend wahrscheinlich seien, wozu die gute Möglichkeit ausreiche. Das Sozialgericht gehe davon aus, dass der Kläger sich seit Juli 1941 im Ghetto Belzyce aufgehalten habe und dort bis zu seiner Deportation im Mai 1943 in das Zwangsarbeitslager Budzin verblieben sei. Dies folge aus der eidesstattlichen Versicherung des Klägers vom 13.05.1956. Die Angaben des Klägers im jetzigen Rentenverfahren, er habe sich im Ghetto Zamosc von Ende 1940 bis Ende 1942 aufgehalten, erklärten sich durch das mangelnde Erinnerungsvermögen des Klägers, wie er es selbst im Verwaltungsverfahren eingeräumt habe. Es sei offenbar, dass der Kläger selbst keine hinreichend präzise Erinnerung mehr an die Einzelheiten seines Verfolgungsschicksals habe. Das Sozialgericht habe sich nicht im Sinne der Glaubhaftmachung davon überzeugen können, dass der Kläger aus eigenem Willensentschluss im Ghetto Belzyce zunächst bis Juli 1941 freiwillig als Bote beim Judenrat gearbeitet habe. Der Schilderung des Klägers im wesentlich zeitnäheren Entschädigungsverfahren aus dem Jahre 1956 nach habe eine solche Tätigkeit offensichtlich nicht stattgefunden, vielmehr sei der Kläger zu schweren Zwangsarbeiten am Straßenbau herangezogen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen das am 02.04.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.04.2007 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sein Prozessbevollmächtigter vor, der Kläger habe eidesstattlich erklärt, im Ghetto freiwillig und gegen Lohn beschäftigt gewesen zu sein. Einen Dokumentenbeweis habe der Kläger über die schrecklichste Zeit der deutschen Geschichte nicht retten können. Frühere Angaben zu einem Antrag auf Entschädigungsleistungen seien kaum aussagekräftig, da - wenn überhaupt - Aussagen über eine Tätigkeit unter Zwang von Bedeutung gewesen seien. Es sei daher naheliegend, dass Angaben über eine freiwillige Tätigkeit und die Entlohnung stets fehlten. Die Anwendung des ZRBG sei historisch u. a. durch das Gutachten von Prof. Dr. H belegt. Auch Herr U habe in einem neuen Gutachten bestätigt, dass die vom BSG im Urteil vom 07.10.2004 geforderten Voraussetzungen vorlägen. Mit Schriftsatz vom 28.01.2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Fakten nochmals zusammengefasst und erneut auf die eigene eidesstattliche Erklärung des Klägers über die freiwillige Tätigkeit als Bote von Juni 1940 bis Juli 1941 verwiesen. Es gebe keinen Grund die Glaubwürdigkeit zu bestreiten. Mit weiterem Schriftsatz vom 23.12.2008 hat der Prozessbevollmächtigte den Vortrag insbesondere unter Hinweis auf historische Erkenntnisse vertieft und in Kopie eine Stellungnahme von Dr. A vom 12.11.2008 vorgelegt, auf deren Inhalt verwiesen wird. Zugleich hat er die Klage hinsichtlich des geltend gemachten Zeitraums bis Mai 1943 erweitert. Mit weiterem Schriftsatz vom 09.02.2009 hat der Prozessbevollmächtigte ergänzend noch darauf hingewiesen, dass im Generalgouvernement ein Lohnanspruch der beschäftigten Juden bestanden habe, der 20 % unter den Gehaltsansprüchen polnischer Arbeiter gelegen habe. Bereits das Reichsversicherungsamt habe in einer Entscheidung vom 29.10.1930 (AN 1931 IV, Seite 34) festgestellt, dass für die Berechnung des Beitrages nicht lediglich auf das gezahlte Monatsentgelt, sondern das Gehalt abzustellen sei, auf dessen Zahlung bei Fälligkeit ein Rechtsanspruch bestehe. Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Vortrag mit Schriftsatz vom 16.03.2009 nochmals ergänzt und vertieft. Da nach über 60 Jahren eine genaue zeitliche Einordnung der einzelnen Tätigkeiten durch den Kläger nicht mehr möglich sei, werde hilfsweise die Anerkennung eins Monats - Vorschlag Juli 1941 - als glaubhaft gemachte Beitragszeit beantragt. Auf Grund der Angaben im BEG-Verfahren könne nicht ernsthaft bestritten werden, dass der Kläger wenigstens einen Monat im Ghetto Krakau als Reinigungsarbeiter, Gartenarbeiter oder im Straßenbau tätig gewesen sei.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.02.2007 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.03.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2005 zu verurteilen, ihm eine Versicherungsunterlage über die Tätigkeit von Juni 1940 bis Mai 1943 im Ghetto Belzyce nach dem ZRBG herzustellen und die Regelaltersrente ab 01.07.1997 mit der Verfolgungszeit als Ersatzzeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie den der vom Amt für Wiedergutmachung Saarburg beigezogenen Entschädigungsakten Nr. 00 und 001 (2 Bände), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Sache verhandeln und entscheiden, obwohl weder der Kläger noch sein Prozessbevollmächtigter zum Termin erschienen sind. Der Prozessbevollmächtigte ist mit der ordnungsgemäß erfolgten Terminsbenachrichtigung (Empfangsbekenntnis vom 11.03.2009) auf diese zulässige Verfahrensweise (§§ 124 Abs. 1, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat auch nach Auffassung des Senats keinen Anspruch auf Regelaltersrente gemäß §§ 35 ff. SGB VI bzw. den Vorschriften des ZRBG. Hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen nach diesen Vorschriften wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Darlegungen im sozialgerichtlichen Urteil verwiesen.
Trotz der anders lautenden eigenen Angaben des Klägers im jetzigen Rentenantrag geht der Senat mit dem Sozialgericht davon aus, dass der Kläger sich im streitigen Zeitraum im Ghetto Belzyce aufgehalten hat. Angesichts seiner widersprüchlichen Angaben und seines offenkundig schlechten Erinnerungsvermögens vermag aber auch der Senat es nicht als glaubhaft gemacht im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit oder auch nur einer guten Möglichkeit anzusehen, dass der Kläger damals im Ghetto Belzyce als Bote auf Vermittlung des Judenrates beschäftigt war. In seiner detaillierten Erklärung vom 13.05.1956, mit der er allerdings auch damals schon eine frühere Erklärung korrigierte, hat der Kläger während des Aufenthalts in Belzyce Zwangsarbeit bestehend aus Straßenreinigung, Freilegen der Straßen von Schnee, sonstigen schweren Transport- und Reinigungsarbeiten genannt. Ab Juli 1941 nennt er weitere Haft im Ghetto Belzyce und Zwangsarbeit beim Straßenbau. Die Schilderungen des Klägers über seine Zeit in Belzyce lassen für die nunmehr behauptete Botentätigkeit praktisch keinen Raum, zumal der Kläger damals ausdrücklich gesagt hatte, sie seien nach der Zwangsarbeit in die Unterkünfte entlassen worden, die sie bis zum Antritt der Zwangsarbeit am nächsten Morgen nicht verlassen durften. Angesichts der widersprüchlichen Angaben des Klägers und seines erkennbar schlechten Erinnerungsvermögens sieht der Senat keine Möglichkeit, die behauptete Beschäftigung als Bote als glaubhaft gemacht anzusehen. Die Ausführungen im letzten Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 16.03.2009, in dem erstmals eine Beschäftigung im Ghetto Krakau angeführt wird, verstärken die ohnehin bestehenden Zweifel noch.
Unabhängig davon hält der Senat aber auch die eigenen Angaben des Klägers zur Entlohnung (Essen und zusätzliche Lebensmittel) für nicht ausreichend, um ein ausreichendes Entgelt im Sinne des ZRBG anzunehmen. Dies kann aber letztlich dahinstehen, da schon die behauptete Tätigkeit nicht glaubhaft ist. In diesem Zusammenhang sei auch auf eine in der Entschädigungsakte 83186 (Halbwaisenrente) befindliche Erklärung der Mutter des Klägers vom 08.12.1964 verwiesen, wonach es ihrem außerhalb des Ghettos lebenden Ehemanns getrieben von der Sorge um seine Familie von Zeit zu Zeit gelungen sei, sich in das Ghetto einzustehlen und dringend benötigte zusätzliche Lebensmittel zu besorgen. Auch dies spricht gegen ein ausreichendes Entgelt des Klägers.
Soweit sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf historische Gutachten beruft, ist festzustellen, dass allgemeine historische Erkenntnisse über die Zustände in den Ghettos, die das Vorliegen von freiwillig aufgenommenen und entgeltlichen Beschäftigungsverhältnissen evtl. als möglich erscheinen lassen, die Glaubhaftmachung der einzelnen Anspruchsvoraussetzungen des ZRBG im Einzelfall nicht ersetzen können.
Auch die sogenannte "Rechtsanspruchstheorie", auf die sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers anscheinend berufen will, führt nach Auffassung des Senats zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn die Beschäftigten in einem Ghetto einen Rechtsanspruch auf die Zahlung eines Entgelts gehabt haben sollten, bleibt hier festzustellen, dass der Kläger den Erhalt eines solchen - individuellen - Entgelts nicht behauptet bzw. glaubhaft gemacht hat und die Erfüllung des - vom Senat hier unterstellten - Rechtsanspruchs von den damaligen Machthabern offensichtlich nicht beabsichtigt war. Die aus Verfolgungsgründen unterbliebene Entgeltzahlung kann auch unter Wiedergutmachungsgesichtspunkten nicht fingiert werden. Geht man wie der Senat in diversen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten bekannten Urteilen davon aus, dass es sich bei den Regelungen des ZRBG nicht um ein eigenständiges, neues Entschädigungsrecht, sondern um die Weiterentwicklung bzw. Konkretisierung der Wiedergutmachungsregelungen im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung handelt, so muss auch hier der Rechtsgedanke des § 12 WGSVG gelten. Danach wird nur die aus Verfolgungsgründen unterbliebene Beitragsentrichtung, nicht aber die aus Verfolgungsgründen unterbliebene Entgeltzahlung fingiert. Kann eine Beschäftigung mangels Entgeltzahlung nicht als (fingierte) Beitragszeit berücksichtigt werden, ist für den Schadensausgleich innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung die Ersatzzeit des § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI vorgesehen. Im übrigen besagt die vom Reichsversicherungsamt entwickelte und für die Beitragsbemessung auch heute noch bedeutsame Rechtsanspruchstheorie lediglich, dass für die Bemessung von Beiträgen zur Sozialversicherung nicht das den Beschäftigten tatsächlich zugeflossene Arbeitsentgelt maßgeblich ist, sondern das, auf das er einen Rechtsanspruch hatte. Letzteres setzt aber voraus, dass es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gehandelt hat. Ein formaler Rechtsanspruch auf ein Entgelt alleine reicht nach Auffassung des Senats nicht aus, um ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Sinne des FRG oder des ZRBG anzunehmen. Auch das BSG hat in seinem Beschluss vom 14.08.2006 (Az.: B 5 RJ 246/05 B) trotz der auch im damaligen Verfahren umfangreichen Ausführungen keinen Anlass gesehen, der Frage der "Anspruchstheorie" im hier diskutierten Zusammenhang grundsätzliche Bedeutung beizumessen.
Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Altersrente unter Berücksichtigung von Versicherungszeiten im Ghetto Belzyce von Juni 1940 bis Mai 1943 nach den Vorschriften des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Der am 00.00.1930 in K (Polen) geborene Kläger ist jüdischer Abstammung und lebt seit 1946 in Palästina bzw. Israel. Durch Bescheid des Regierungsbezirksamtes für Wiedergutmachung und verwaltete Vermögen in Koblenz vom 15.03.1957 wurde er als Verfolgter im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt und wegen Schaden an Freiheit in der Zeit von Dezember 1939 bis Juli 1944 (55 Monate) entschädigt. Die Claims Conference in Frankfurt teilte unter dem 13.10.2004 mit, dass der Kläger dort nicht registriert sei.
Am 30.06.2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten Regelaltersrente ab 01.07.1997 unter Hinweis auf die Vorschriften des ZRBG. Als Ghetto nannte er "Budzin, Polen". In dem von ihm unter dem 20.09.2004 unterzeichneten Rentenantragsvordruck gab er u. a. an, von Ende 1940 bis Ende 1942 im Ghetto Zamosc in Polen als Bote beschäftigt gewesen zu sein. Als Arbeitsverdienst nannte er Essen und zusätzliche Lebensmittel. Es seien Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden. Die Frage nach der Entrichtung von Beiträgen zur israelischen Nationalversicherung bejahte er für die Jahre 1954 bis 2000. In dem von ihm unter dem 20.09.2004 unterschriebenen Fragebogen gab er ergänzend an, der Arbeitseinsatz sei freiwillig durch Vermittlung des Judenrates zustande gekommen. Er habe sich selbst um Arbeit bemüht. Er habe Pakete und Dokumente in die ihm angegebenen Ämter und Behörden befördert und 8 bis 9 Stunden täglich gearbeitet. Von der Ghetto-Verwaltung habe er Essen und Lebensmittel erhalten.
Die Beklagte zog vom Amt für Wiedergutmachung in Saarburg die den Kläger betreffenden Entschädigungsakten 00 und 001 bei und nahm Kopien daraus zu ihren Akten. In einer von einem israelischen Notar bestätigten eigenen Erklärung vom 13.05.1956 hatte der Kläger u. a. ausgeführt, als die Deutschen im Herbst 1939 die Gegend um seinen Geburtsort besetzt hätten, seien die Juden aus den kleinen umliegenden Orten nach Belzyce ausgewiesen worden. Sie hätten sofort eine weiße Armbinde mit blauem Davidstern anlegen müssen und hätten Belzyce bei ausdrücklich kundgemachter Todesstrafe eigenmächtig nicht mehr verlassen dürfen und hätten allzeit unter der strengsten Aufsicht und Bewachung durch die Deutschen gestanden. Nach geleisteter Zwangsarbeit, welche täglich und regelmäßig verrichtet werden musste, seien sie zwar in ihre eigenen Unterkünfte entlassen worden, hätten diese aber bei ausdrücklich kundgemachter Todesstrafe eigenmächtig bis zum Antritte der Zwangsarbeit am nächsten Morgen nicht verlassen dürfen. Seine Zwangsarbeit habe in Straßenreinigung und im Freilegen der Straßen von Schnee bestanden sowie in sonstigen schweren Transport- und Reinigungsarbeiten sowie beim Gartenbau. Natürlich habe er immer unter strengster Bewachung gestanden. Durch alle diese Maßnahmen sei es unmöglich gemacht worden, mit der polnischen Bevölkerung Kontakte zu unterhalten. Im Juli 1941 seien die meisten Insassen dieser Haft in Belzyce von den Deutschen ausgesiedelt worden. Aber er selber sei mit anderen, welche auch zurückgeblieben waren, in die weitere Haft des Ghettos Belzyce eingewiesen worden. Dieses habe lediglich aus einigen kleinen Gäßchen rund um die Synagoge bestanden und sei durch Stacheldraht von der Umwelt hermetisch abgeschlossen gewesen. Seine tägliche Zwangsarbeit habe er unter scharfer Eskorte und strengster Bewachung beim Bau der Landstraße Belzyce-Niedswice verrichtet. Mit dem bisherigen Teil seiner Aussage berichtige er ausdrücklich die Angaben seines Originalantrags vom 29.04.1955, welche von der damals seine Angaben protokollierenden Beamtin missverstanden und völlig irrig aufgenommen worden seien. Am 08.05.1943 sei er aus dem Ghetto Belzyce in das ZAL Budzyn deportiert worden. Die Angaben des Klägers wurden i. W. durch Zeugenerklärungen im damaligen Entschädigungsverfahren bestätigt.
Mit Bescheid vom 14.03.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG i. W. mit der Begründung ab, es seien keine für die Wartezeit anrechenbaren Zeiten vorhanden. Nach den Angaben im formlosen Rentenantrag habe sich der Kläger im Ghetto Budzin befunden. Im formellen Antrag vom 20.09.2004 sowie der Erklärung zur Ghetto-Arbeitszeit habe er angegeben, sich während des Zeitraums Frühjahr 1940 bis Anfang 1943 im Ghetto Zamosc aufgehalten und durch Vermittlung des dortigen Judenrates sowie eigenen Bemühungen eine Beschäftigung als Bote aufgenommen und diese bis Ende 1942 ausgeübt zu haben. Aus den beigezogenen und ausgewerteten Vorgängen nach dem BEG ergebe sich, dass im dortigen Verfahren abweichende Angaben gemacht worden seien. Da die damaligen Angaben dem jetzigen Sachvortrag entgegen stünden, werde der Antrag nach dem ZRBG aus diesem Grunde abgelehnt.
Zur Begründung des am 21.03.2005 erhobenen Widerspruchs legte der Kläger insbesondere eine eigene von einem israelischen Rechtsanwalt bestätigte Erklärung vom 17.04.2005 vor. Darin führte er aus, nach so vielen Jahren habe er sich den Namen des Ghettos nicht gemerkt. Wenn er jetzt Kopien der Entschädigungsakte sehe, erinnere er sich, dass er sich im Ghetto Belzyce von 1940 bis 1943 befunden habe. In der ersten Zeit habe er eine entlohnte Arbeit gesucht, um seinen Lebensunterhalt zu verbessern, und den Judenrat gebeten ihm zu einer Arbeit zu verhelfen. Er habe eine Arbeit als Bote bekommen. Er habe dann diese Arbeit von Mitte Juni 1940 bis Mitte Juli 1941 verrichtet. Dann sei er zu Zwangsarbeit zum Straßenbau genommen worden. Für seine freiwillige Arbeit als Bote habe er Essen in der Küche des Ghettos und Lebensmittel für zuhause wie Kartoffeln, Graupen, Öl, Zucker und Salz erhalten. Mit diesen Lebensmitteln habe er auch seiner Mutter helfen können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2005 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Unter Hinweis auf die Ausführungen im Ursprungsbescheid verblieb sie bei der Auffassung, im vorliegenden Fall sei ein Beschäftigungsverhältnis aus eigenem Willensentschluss in einem Ghetto nicht überwiegend wahrscheinlich.
Mit der am 21.06.2005 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung hat sein Prozessbevollmächtigter i. W. vorgetragen, der Kläger sei von Juni 1940 bis Juli 1941 im Ghetto Belzyce gewesen und habe sich freiwillig über die Arbeitsverwaltung des Judenrates Tätigkeiten als Bote gesucht. Laut eigener Erklärung habe er für die Tätigkeit einen Lohn in Form von Sachbezügen (Lebensmittel für zuhause, Kleidung, bessere Unterkunft, Heizmaterial) erhalten. Es könnten auch Lebensmittelcoupons und Bargeld gewesen sein. Es falle dem hochbetagten Antragstellern schwer, sich nach über 60 Jahren an alle Einzelheiten zu erinnern. Zur Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit der Tätigkeit hat der Prozessbevollmächtigte u. a. auf ein Gutachten von Prof. Dr. H über die Region Generalgouvernement verwiesen.
Die Beklagte hat ihre angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig gehalten und hinsichtlich des nach dem ZRBG erforderlichen Entgelts u. a. auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.10.2004 (Az.: B 13 RJ 59/03 R) verwiesen.
Mit Urteil vom 07.02.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung i. W. ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch gemäß § 35 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) auf Regelaltersrente, denn er erfülle nicht die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren. Für den Kläger lägen in der deutschen Rentenversicherung keine anrechenbaren Versicherungszeiten vor. Habe ein Versicherter eine Beschäftigung oder Tätigkeit in einem Ghetto, in dem er sich zwangsweise aufgehalten habe, ausgeübt, so gälten hierfür die Beiträge nach Maßgabe des § 2 ZRBG als gezahlt, wenn die Voraussetzungen des § 1 ZRBG erfüllt seien. Danach finde dieses Gesetz für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, Anwendung, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen und gegen Entgelt ausgeübt worden ist und das Ghetto sich in einem Gebiet befunden hat, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert gewesen ist, soweit für diese Zeit nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht werde. Unter Zwang zustande gekommene und verrichtete Arbeit sei grundsätzlich nicht als versicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen; allein der zwangsweise Aufenthalt in einem Ghetto sei allerdings unschädlich. Hinsichtlich der Voraussetzungen des ZRBG reiche es, wenn sie überwiegend wahrscheinlich seien, wozu die gute Möglichkeit ausreiche. Das Sozialgericht gehe davon aus, dass der Kläger sich seit Juli 1941 im Ghetto Belzyce aufgehalten habe und dort bis zu seiner Deportation im Mai 1943 in das Zwangsarbeitslager Budzin verblieben sei. Dies folge aus der eidesstattlichen Versicherung des Klägers vom 13.05.1956. Die Angaben des Klägers im jetzigen Rentenverfahren, er habe sich im Ghetto Zamosc von Ende 1940 bis Ende 1942 aufgehalten, erklärten sich durch das mangelnde Erinnerungsvermögen des Klägers, wie er es selbst im Verwaltungsverfahren eingeräumt habe. Es sei offenbar, dass der Kläger selbst keine hinreichend präzise Erinnerung mehr an die Einzelheiten seines Verfolgungsschicksals habe. Das Sozialgericht habe sich nicht im Sinne der Glaubhaftmachung davon überzeugen können, dass der Kläger aus eigenem Willensentschluss im Ghetto Belzyce zunächst bis Juli 1941 freiwillig als Bote beim Judenrat gearbeitet habe. Der Schilderung des Klägers im wesentlich zeitnäheren Entschädigungsverfahren aus dem Jahre 1956 nach habe eine solche Tätigkeit offensichtlich nicht stattgefunden, vielmehr sei der Kläger zu schweren Zwangsarbeiten am Straßenbau herangezogen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen das am 02.04.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.04.2007 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sein Prozessbevollmächtigter vor, der Kläger habe eidesstattlich erklärt, im Ghetto freiwillig und gegen Lohn beschäftigt gewesen zu sein. Einen Dokumentenbeweis habe der Kläger über die schrecklichste Zeit der deutschen Geschichte nicht retten können. Frühere Angaben zu einem Antrag auf Entschädigungsleistungen seien kaum aussagekräftig, da - wenn überhaupt - Aussagen über eine Tätigkeit unter Zwang von Bedeutung gewesen seien. Es sei daher naheliegend, dass Angaben über eine freiwillige Tätigkeit und die Entlohnung stets fehlten. Die Anwendung des ZRBG sei historisch u. a. durch das Gutachten von Prof. Dr. H belegt. Auch Herr U habe in einem neuen Gutachten bestätigt, dass die vom BSG im Urteil vom 07.10.2004 geforderten Voraussetzungen vorlägen. Mit Schriftsatz vom 28.01.2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Fakten nochmals zusammengefasst und erneut auf die eigene eidesstattliche Erklärung des Klägers über die freiwillige Tätigkeit als Bote von Juni 1940 bis Juli 1941 verwiesen. Es gebe keinen Grund die Glaubwürdigkeit zu bestreiten. Mit weiterem Schriftsatz vom 23.12.2008 hat der Prozessbevollmächtigte den Vortrag insbesondere unter Hinweis auf historische Erkenntnisse vertieft und in Kopie eine Stellungnahme von Dr. A vom 12.11.2008 vorgelegt, auf deren Inhalt verwiesen wird. Zugleich hat er die Klage hinsichtlich des geltend gemachten Zeitraums bis Mai 1943 erweitert. Mit weiterem Schriftsatz vom 09.02.2009 hat der Prozessbevollmächtigte ergänzend noch darauf hingewiesen, dass im Generalgouvernement ein Lohnanspruch der beschäftigten Juden bestanden habe, der 20 % unter den Gehaltsansprüchen polnischer Arbeiter gelegen habe. Bereits das Reichsversicherungsamt habe in einer Entscheidung vom 29.10.1930 (AN 1931 IV, Seite 34) festgestellt, dass für die Berechnung des Beitrages nicht lediglich auf das gezahlte Monatsentgelt, sondern das Gehalt abzustellen sei, auf dessen Zahlung bei Fälligkeit ein Rechtsanspruch bestehe. Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Vortrag mit Schriftsatz vom 16.03.2009 nochmals ergänzt und vertieft. Da nach über 60 Jahren eine genaue zeitliche Einordnung der einzelnen Tätigkeiten durch den Kläger nicht mehr möglich sei, werde hilfsweise die Anerkennung eins Monats - Vorschlag Juli 1941 - als glaubhaft gemachte Beitragszeit beantragt. Auf Grund der Angaben im BEG-Verfahren könne nicht ernsthaft bestritten werden, dass der Kläger wenigstens einen Monat im Ghetto Krakau als Reinigungsarbeiter, Gartenarbeiter oder im Straßenbau tätig gewesen sei.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.02.2007 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.03.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2005 zu verurteilen, ihm eine Versicherungsunterlage über die Tätigkeit von Juni 1940 bis Mai 1943 im Ghetto Belzyce nach dem ZRBG herzustellen und die Regelaltersrente ab 01.07.1997 mit der Verfolgungszeit als Ersatzzeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie den der vom Amt für Wiedergutmachung Saarburg beigezogenen Entschädigungsakten Nr. 00 und 001 (2 Bände), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Sache verhandeln und entscheiden, obwohl weder der Kläger noch sein Prozessbevollmächtigter zum Termin erschienen sind. Der Prozessbevollmächtigte ist mit der ordnungsgemäß erfolgten Terminsbenachrichtigung (Empfangsbekenntnis vom 11.03.2009) auf diese zulässige Verfahrensweise (§§ 124 Abs. 1, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat auch nach Auffassung des Senats keinen Anspruch auf Regelaltersrente gemäß §§ 35 ff. SGB VI bzw. den Vorschriften des ZRBG. Hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen nach diesen Vorschriften wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Darlegungen im sozialgerichtlichen Urteil verwiesen.
Trotz der anders lautenden eigenen Angaben des Klägers im jetzigen Rentenantrag geht der Senat mit dem Sozialgericht davon aus, dass der Kläger sich im streitigen Zeitraum im Ghetto Belzyce aufgehalten hat. Angesichts seiner widersprüchlichen Angaben und seines offenkundig schlechten Erinnerungsvermögens vermag aber auch der Senat es nicht als glaubhaft gemacht im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit oder auch nur einer guten Möglichkeit anzusehen, dass der Kläger damals im Ghetto Belzyce als Bote auf Vermittlung des Judenrates beschäftigt war. In seiner detaillierten Erklärung vom 13.05.1956, mit der er allerdings auch damals schon eine frühere Erklärung korrigierte, hat der Kläger während des Aufenthalts in Belzyce Zwangsarbeit bestehend aus Straßenreinigung, Freilegen der Straßen von Schnee, sonstigen schweren Transport- und Reinigungsarbeiten genannt. Ab Juli 1941 nennt er weitere Haft im Ghetto Belzyce und Zwangsarbeit beim Straßenbau. Die Schilderungen des Klägers über seine Zeit in Belzyce lassen für die nunmehr behauptete Botentätigkeit praktisch keinen Raum, zumal der Kläger damals ausdrücklich gesagt hatte, sie seien nach der Zwangsarbeit in die Unterkünfte entlassen worden, die sie bis zum Antritt der Zwangsarbeit am nächsten Morgen nicht verlassen durften. Angesichts der widersprüchlichen Angaben des Klägers und seines erkennbar schlechten Erinnerungsvermögens sieht der Senat keine Möglichkeit, die behauptete Beschäftigung als Bote als glaubhaft gemacht anzusehen. Die Ausführungen im letzten Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 16.03.2009, in dem erstmals eine Beschäftigung im Ghetto Krakau angeführt wird, verstärken die ohnehin bestehenden Zweifel noch.
Unabhängig davon hält der Senat aber auch die eigenen Angaben des Klägers zur Entlohnung (Essen und zusätzliche Lebensmittel) für nicht ausreichend, um ein ausreichendes Entgelt im Sinne des ZRBG anzunehmen. Dies kann aber letztlich dahinstehen, da schon die behauptete Tätigkeit nicht glaubhaft ist. In diesem Zusammenhang sei auch auf eine in der Entschädigungsakte 83186 (Halbwaisenrente) befindliche Erklärung der Mutter des Klägers vom 08.12.1964 verwiesen, wonach es ihrem außerhalb des Ghettos lebenden Ehemanns getrieben von der Sorge um seine Familie von Zeit zu Zeit gelungen sei, sich in das Ghetto einzustehlen und dringend benötigte zusätzliche Lebensmittel zu besorgen. Auch dies spricht gegen ein ausreichendes Entgelt des Klägers.
Soweit sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf historische Gutachten beruft, ist festzustellen, dass allgemeine historische Erkenntnisse über die Zustände in den Ghettos, die das Vorliegen von freiwillig aufgenommenen und entgeltlichen Beschäftigungsverhältnissen evtl. als möglich erscheinen lassen, die Glaubhaftmachung der einzelnen Anspruchsvoraussetzungen des ZRBG im Einzelfall nicht ersetzen können.
Auch die sogenannte "Rechtsanspruchstheorie", auf die sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers anscheinend berufen will, führt nach Auffassung des Senats zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn die Beschäftigten in einem Ghetto einen Rechtsanspruch auf die Zahlung eines Entgelts gehabt haben sollten, bleibt hier festzustellen, dass der Kläger den Erhalt eines solchen - individuellen - Entgelts nicht behauptet bzw. glaubhaft gemacht hat und die Erfüllung des - vom Senat hier unterstellten - Rechtsanspruchs von den damaligen Machthabern offensichtlich nicht beabsichtigt war. Die aus Verfolgungsgründen unterbliebene Entgeltzahlung kann auch unter Wiedergutmachungsgesichtspunkten nicht fingiert werden. Geht man wie der Senat in diversen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten bekannten Urteilen davon aus, dass es sich bei den Regelungen des ZRBG nicht um ein eigenständiges, neues Entschädigungsrecht, sondern um die Weiterentwicklung bzw. Konkretisierung der Wiedergutmachungsregelungen im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung handelt, so muss auch hier der Rechtsgedanke des § 12 WGSVG gelten. Danach wird nur die aus Verfolgungsgründen unterbliebene Beitragsentrichtung, nicht aber die aus Verfolgungsgründen unterbliebene Entgeltzahlung fingiert. Kann eine Beschäftigung mangels Entgeltzahlung nicht als (fingierte) Beitragszeit berücksichtigt werden, ist für den Schadensausgleich innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung die Ersatzzeit des § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI vorgesehen. Im übrigen besagt die vom Reichsversicherungsamt entwickelte und für die Beitragsbemessung auch heute noch bedeutsame Rechtsanspruchstheorie lediglich, dass für die Bemessung von Beiträgen zur Sozialversicherung nicht das den Beschäftigten tatsächlich zugeflossene Arbeitsentgelt maßgeblich ist, sondern das, auf das er einen Rechtsanspruch hatte. Letzteres setzt aber voraus, dass es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gehandelt hat. Ein formaler Rechtsanspruch auf ein Entgelt alleine reicht nach Auffassung des Senats nicht aus, um ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Sinne des FRG oder des ZRBG anzunehmen. Auch das BSG hat in seinem Beschluss vom 14.08.2006 (Az.: B 5 RJ 246/05 B) trotz der auch im damaligen Verfahren umfangreichen Ausführungen keinen Anlass gesehen, der Frage der "Anspruchstheorie" im hier diskutierten Zusammenhang grundsätzliche Bedeutung beizumessen.
Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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