L 15 SO 83/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 14 SO 90/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 SO 83/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Kläger werden das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. März 2009 und die Bescheide des Beklagten vom 25. Februar 2008 in der Ges-talt der Widerspruchsbescheide vom 15. Juli 2008 sowie die Bescheide vom 08. April 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Juli 2008, geändert durch angenommenes Teilanerkenntnis des Beklagten vom 13. März 2009, weiter-gehend geändert und der Beklagte verurteilt, ihnen Eingliederungshilfe für den Besuch der Tagesstätte für Behinderte ohne Berücksichtigung eines in der Tages-stätte eingenommenen Mittagessens zu gewähren. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist (nur noch) ein Kostenbeitrag der Kläger für eingenommene Mittagessen in einer teilstationären Einrichtung, für deren Besuch der Beklagte die Kosten im Rahmen der Einglie-derungshilfe erbringt.

Die 1960 geborene Klägerin und der 1959 geborene Kläger sind miteinander verheiratet und bewohnen gemeinsam eine Mietwohnung in N. Sie besuchen seit Juni 2002 die Tagesstätte im G d L gGmbH, einer Beschäftigungsstätte für chronisch psychisch Kranke und seelisch Behin-derte. Sie wurden nach amtsärztlicher Einschätzung nicht für fähig erachtet, eine Tätigkeit in einer Werkstatt für Behinderte aufzunehmen. Die Kläger beziehen seit Jahren Renten wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. voller Erwerbsminderung auf Dauer; die Nettorente betrug für die Klägerin ab 01. Juli 2007 630,59 Euro, ab 01. April 2008 626,07 Euro und ab 01. Juli 2008 630,08 Euro und für den Ehemann 590,62 Euro, 586,39 Euro bzw. 591,99 Euro monatlich.

Der Beklagte gewährte den Klägern antragsgemäß Eingliederungshilfe für den Besuch der Ta-gesstätte (Erstbescheide vom 04. Juni 2002), ab Januar 2005 nach den §§ 53, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 56 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XII – in Form der Übernahme des ver-traglich vereinbarten Tagessatzes an die Lebensräume gGmbH. Seit Beginn der Leistungsge-währung beanspruchte der Beklagte die Beteiligung der Kläger an den Kosten für das jeweils eingenommene Mittagessen von anfangs 2,35 Euro und ab 01. August 2002 von 2,30 Euro unter dem Gesichtspunkt der Ersparnis häuslicher Aufwendungen. Diesen Kostenbeitrag er-brachten die Kläger durch entsprechende Zahlungen direkt in der Tagesstätte. Außerdem ver-langte der Beklagte ab 01. Januar 2005 einen Kostenbeitrag zu den durch den Besuch der Ta-gesstätte entstehenden Kosten aus dem gemäß § 87 Abs. 1 SGB XII errechneten übersteigen-den Einkommen in wechselnder Höhe, die sich aus der sich verändernden Höhe der Rentenzah-lung und der Freibeträge ergab. Diese Beträge teilte sie den Klägern durch entsprechende Be-scheide mit, die unangegriffen blieben (zuletzt Bescheide vom 28. Juni 2007).

Am 13. November 2007 teilte die Betreuerin der Kläger dem Beklagten mit, dass die Kläger von der L gGmbH monatlich eine mit Aufwandsentschädigung bezeichnete Zahlung erhielten, deren Höhe sich nach Anwesenheitstagen bestimme und sich zumeist auf 50,00 Euro belaufe. Nach der vorgelegten Bescheinigung vom 06. Februar 2008 erhielten die Kläger im November 2007 je 40,00 Euro und im Dezember je 50,00 Euro. Diese Beträge stellte der Beklagte für die betreffenden Monate als Einkommen in die Leis-tungsberechnung ein und erließ dazu je einen Änderungsbescheid vom 25. Februar 2008, mit denen ein erhöhter Einkommenseinsatz gem. § 87 SGB XII von 45,78 Euro für November und 55,78 Euro für Dezember und die Folgemonate und außerdem weiter ein Kostenbeitrag wie bisher von 2,30 Euro pro Mittagessen nach § 92 a SGB XII wegen häuslicher Ersparnis ver-langt wurde.

Die Betreuerin der Kläger wandte sich gegen diese Bescheide mit jeweils einem Widerspruch und machte geltend, dass die Aufwandsentschädigungen nicht als Einkommen angerechnet werden dürften.

Mit zwei weiteren Änderungsbescheiden vom 08. April 2008 änderte der Beklagte im Hinblick auf die ab 01. April 2008 verminderte Rentenhöhe die Leistungsbewilligung und forderte nun-mehr eine Kostenbeteiligung jeweils von 51,41 Euro monatlich bzw. 2,30 Euro. Diese Be-scheide griff die Betreuerin wiederum unter Hinweis auf die Widersprüche gegen die Beschei-de vom 25. Februar 2008 an und rügte erneut die Berücksichtigung der Aufwandsentschädi-gungen als Einkommen. Gegen die Bescheide vom 08. April 2008 wandten sich außerdem die Prozessbevollmächtigten mit gesonderten Widersprüchen und rügten die Festlegung eines Kos-tenbeitrages für das Mittagessen unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. Juni 2007 (B 8/9b SO 21/06 R in SozR 4-3500 § 28 Nr. 3), wonach das Mittagessen in einer Werkstatt für Behinderte nicht als Einkommen bedarfsmindernd anzurechnen sei. Viel-mehr sei die tatsächliche häusliche Ersparnis konkret nachzuweisen. Auch fehle die Ausübung des Ermessens gemäß § 92 a SGB XII. Das Mittagessen sei eine Belohnung für die Arbeitsthe-rapie und solle die Leistungs- und Integrationsbereitschaft stärken.

Mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 15. Juli 2008 wies der Beklagte die von der Betreuerin erhobenen Widersprüche gegen die Änderungsbescheide vom 25. Februar 2008 zurück; die erhaltenen Aufwandsentschädigungen seien als Einkommen und damit beim Kostenbeitrag zu berücksichtigen.

Mit zwei weiteren (ausführlichen) Widerspruchsbescheiden vom 18. Juli 2008 zu den von den Prozessbevollmächtigten eingelegten Widersprüchen half der Beklagte diesen teilweise ab. Den Kostenersatz von 2,30 Euro pro eingenommenem Mittagessen reduzierte er für die Zeit ab April 2008 unter Berücksichtigung des angeführten Urteils des BSG und machte dazu auch Ausführungen zu der gerügten fehlenden Ermessenausübung. Im Übrigen bestätigte er die Er-hebung eines Kostenbeitrages für die erhaltenen Mittagessen.

Mit einem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18. August 2008 (vorab per Fax) haben die Kläger am 18. August 2008 Klage zum Sozialgericht – SG – Neuruppin erhoben. Für die Kläger sind (dennoch) getrennte Verfahren registriert worden. Die Kläger haben sich weiterhin gegen die Anrechnung der erhaltenen Aufwandsentschädigung als Einkommen ge-wandt, ferner gegen den Einkommenseinsatz über der Grenze gem. § 87 Abs. 1 SGB XII und eine sie belastende Berücksichtigung des in der Tagesstätte erhaltenen Mittagessens. § 92 a Abs. 1 SGB XII sei nicht geeignet, das erhaltene Mittagessen anspruchsmindernd zu berück-sichtigen. Diese Vorschrift regele einen Einkommenseinsatz für Leistungen in der Einrichtung nach dem Dritten und Vierten Kapitel. Solche Leistungen erhielten die Kläger nicht, sondern Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII. Dies unterscheide den vorliegenden Fall von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BSG vom 11. Dezember 2007 zugrunde gele-gen habe. Das Mittagessen sei entgegen der Ansicht des Beklagten Bestandteil der Eingliede-rungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII. § 2 SGB XII rechtfertige nicht die An-rechnung des Mittagessens.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Beklagte "die erfolgte Berechnung für den Einsatz des Einkommens gem. § 87 SGB XII für die Zeit ab November 2007 für beide Kläger (aufgehoben)" und außerdem "die im Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2008 benannten Werte für das Mittagessen auf den Leistungszeitraum ab November 2007 (erstreckt)". Im Üb-rigen hat der Beklagte die Auffassung vertreten, die Berücksichtigung der Einnahme eines Mit-tagessens als häusliche Ersparnis und die Forderung eines Kostenbeitrages insoweit sei grund-sätzlich gerechtfertigt.

Die Kläger haben (nur) das Teilanerkenntnis des Beklagten bezüglich des ersten Teils, nicht aber das Teilanerkenntnis bezüglich der verminderten Berücksichtigung des Mittagessens an-genommen, weil sie insoweit die Berechtigung einer Anrechnung generell verneint und im Übrigen hilfsweise geringere Beträge für sachgerecht gehalten haben.

Sodann hat das SG, das in der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2009 die getrennt re-gistrierten Klagen der Kläger zur gemeinsamen Entscheidung zum Verfahren S 14 SO 90/08 verbunden hat, mit Urteil vom 13. März 2009 den Einkommenseinsatz für eingenommene Mit-tagessen bereits ab November 2007 entsprechend den in den Widerspruchsbescheiden vom 18. Juli 2008 genannten Beträgen und damit entsprechend dem insoweit im Termin abgegebenen Teilanerkenntnis des Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 28. Februar 2008 reduziert und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausge-führt, die die Leistungsbewilligung ab 01. November 2007 regelnden Bescheide vom 25. Feb-ruar 2008 seien dahingehend zu ändern gewesen, dass schon ab dieser Zeit bis März 2008 ein geringerer Kostenbeitrag als der angesetzte Betrag von 2,30 Euro festzusetzen gewesen sei. Insoweit sei der Beklagte entsprechend seinem in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Teilanerkenntnis zu verurteilen gewesen. Im Übrigen sei die Klage abzuweisen. Die die Leistungsbewilligung und die Kostenbeteiligung für das Mittagessen regelnden Bescheide vom 08. April 2008 in der Gestalt der Widerspruchs-bescheide vom 18. Juli 2008 für die Zeit ab April 2008 belasteten die Kläger nicht. Sie seien Leistungsberechtigte gemäß § 19 Abs. 3 SGB XII, die nach Maßgabe der Vorschriften des 11. Kapitels zu den ihnen gewährten Leistungen beizutragen hätten. Mit dem Verweis auf das 11. Kapitel werde auf die §§ 82 bis 96 und damit auch auf § 92 a SGB XII verwiesen. Mit den den Klägern gewährten Leistungen der Eingliederungshilfe für den Besuch einer teilstationären Einrichtung in Form der Tagesstätte im G d L gGmbH werde eine Leistung in einer sonstigen Beschäftigungsstätte, die keine Werkstatt für Behinderte sei, erbracht. Es handele sich dabei um Leistungen nach dem 6. Kapitel des SGB XII. Dabei erhielten die Kläger in der Tagesstätte auch ein dort einzunehmendes Mittagessen. Mit dem Erlass des SGB XII habe der Gesetzgeber mit § 35 SGB XII die in stationären oder teilstationären Einrichtungen auch gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt aus den Leistungen der Kapitel fünf bis neun herausgenommen. Seitdem seien Hilfen zum Lebensunterhalt nicht mehr Bestandteil der früheren Hilfe in besonderen Lebenslagen, wie es noch nach dem BSHG der Fall gewesen sei. Könnten die Kläger ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Renteneinkommen decken, wären sie Leistungsberechtigte nach § 41 SGB XII und damit gemäß § 42 Satz 1 Nr. 1 SGB XII im Umfang des Regelbedarfs nach § 28 SGB XII. In diesem Falle wäre nach dem angeführten Urteil des BSG das kostenfreie Mittagessen in der Einrichtung Grund für eine ab-weichende Festlegung des Regelbedarfs nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. § 92 a Abs. 1 SGB XII sei entgegen der Ansicht der Kläger hier einschlägig. Danach könne, wenn eine Person in einer teilstationären oder stationären Einrichtung Leistungen erhalte, die Aufbringung der Mittel für die Leistungen in der Einrichtung nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten aus dem gemeinsamen Einkom-men verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart wür-den. Mithin sei die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag nicht zu beanstanden. Die Höhe des festgesetzten Kostenbeitrages orientiere sich an der Herleitung in dem Urteil des BSG vom 11. Dezember 2007.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 31. März 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. April 2009 eingelegte Berufung der Kläger, mit der sie weiterhin die Berechtigung des Beklagten zur Erhebung eines Kostenbeitrages für in Anspruch genommene Mittagessen ver-neinen. Sie seien aufgrund ihrer Renteneinkommen keine Bezieher von Grundsicherungsleis-tungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, so dass das eingenommene Mittagessen nicht bedarfsmindernd beim Regelsatz berücksichtigt werden könne, wie es in dem vom BSG ent-schiedenen Fall geschehen sei. Abzustellen sei insoweit auf die Regelung des § 92 a i. V. m. § 92 Abs. 2 SGB XII und damit hinsichtlich der Einkommensanrechnung auf einen Freibetrag in Höhe des doppelten Eckregelsatzes. Dieser Grenzbetrag von 694,00 Euro monatlich werde von beiden Klägern jeweils nicht überschritten, selbst wenn man die vom Träger der Tagesstät-te gewährte, als Aufwandsentschädigung bezeichnete Zahlung von jeweils 50,00 Euro monat-lich hinzurechne.

Die Kläger beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. März 2009 sowie die Bescheide des Beklagten vom 25. Februar 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. Juli 2008 sowie die Bescheide vom 08. April 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Juli 2008 weitergehend zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen Ein-gliederungshilfe für den Besuch der Tagesstätte ohne Berücksichtigung eines dort einge-nommenen Mittagessens zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er sieht weiterhin die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des in der Tagesstätte einge-nommenen Mittagessens als Ersparnis häuslicher Aufwendungen als gegeben an. Die Kläger seien aufgrund ihres Renteneinkommens ausreichend leistungsfähig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten über die Kläger, die zur Beratung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet über die Berufungen der Kläger ohne mündliche Verhandlung, da sich die Beteiligten mit diesem Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichts-gesetz – SGG -).

Die Berufungen der Kläger sind zulässig. Der Rechtsstreit wird von ihnen in subjektiver Klagehäufung geführt mit der Folge, dass für jede Klage die Zulässigkeit zu prüfen war, was vorliegend im Ergebnis zu bejahen ist. Nicht zulässig war es allerdings, nur über die Registrierung beim SG die Klagen in zwei Verfahren zu führen. Dies wäre nur über eine förmliche Trennung rechtlich zulässig gewesen. Dieser Feh-ler ist durch die Verbindung geheilt worden und bedarf deshalb keiner zusätzlichen Erörterung.

Die fristgerecht eingelegte Berufung ist auch statthaft und insgesamt zulässig. Der Streitge-genstand betrifft zwar jeweils mit der ohne Berücksichtigung des eingenommenen Mittages-sens erstrebten höheren Leistung nur einen den Grenzbetrag des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG nicht erreichenden Beschwerdewert, doch ist über einen streitigen Zeitraum seit November 2007 und damit über laufende Leistungen für mehr als ein Jahr zu entscheiden (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG).

Die Berufung ist auch begründet. Die mit den angefochtenen Bescheiden des Beklagten gefor-derte Beteiligung an den Kosten der gewährten Eingliederungshilfe in Form der Berücksichti-gung des jeweils eingenommenen Mittagessens in der Tagesstätte ist rechtswidrig. Die Be-scheide waren daher entsprechend den klägerischen Anträgen weitergehend zu ändern.

Der Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Kläger zu den im Vierten Kapitel des SGB XII (§§ 41 ff) angesprochenen Personen zählen, die bei Bedürftigkeit Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten könnten, wenn ihr Einkommen und Vermögen zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes nicht ausreicht (§ 19 Abs. 2 SGB XII). Solche Leistungen erhalten die Kläger jedoch nicht, da sie für die Bestreitung des Lebensunterhaltes einschließ-lich der Kosten der Unterkunft ausreichende Renten beziehen. Die anspruchsmindernde Be-rücksichtigung des Mittagessens beim Regelbedarf im Falle des Bezuges von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII, wie es das BSG im Falle der Einnahme des Mittagsessens in einer Werkstatt für Behinderte vorsieht (Urteil vom 9. De-zember 2008 – B 8/9b SO 10/07 – in SozR 4-3500 § 54 Nr. 3), scheidet daher aus.

Die Kläger erhalten mit der Übernahme der Kosten des Besuches der Tagesstätte Eingliede-rungshilfe für Behinderte (allein) nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII (§§ 53 ff), zu denen sie nach Maßgabe des § 19 Abs. 3 SGB XII heranzuziehen sind. Danach ist zu prüfen, ob ihnen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des 11. Kapitels des SGB XII zuzumuten ist. Soweit ihnen die Aufbringung der Mittel zuzumuten ist und Leistungen erbracht worden sind, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen (§ 19 Abs. 5 Satz 1 SGB XII).

Ob den Klägern ein Einsatz eigenen Einkommens – beachtliches Vermögen besitzen die Klä-ger ausweislich der Akten nicht – im Sinne des § 19 Abs. 3 SGB XII zumutbar ist, bestimmt sich nach dem 11. Kapitel des SGB XII und im besonderen nach dessen §§ 85 ff, die abwei-chend von dem für Leistungen der Grundsicherung geforderten vollständigen Einsatz des Ein-kommens besondere Einkommensgrenzen vorsehen. Die nach § 85 Abs. 1 SGB XII maßge-bende Einkommensgrenze ergibt sich u. a. aus einem Grundbetrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes (zu Anfang des hier streitigen Zeitraumes also 694,00 Euro monatlich), der von den Klägern, wie diese zutreffend geltend machen, mit ihrem Renteneinkommen und auch un-ter Berücksichtigung der gezahlten Aufwandsentschädigung jeweils schon nicht überschritten wird. Daher ist es nicht mehr von Bedeutung, dass dem Grundfreibetrag (§ 85 Abs. 1 Nr. 1) noch die (anteiligen) Kosten für die Unterkunft (§ 85 Abs. 1 Nr. 2) hinzuzurechnen sind.

Auch wenn danach kein über den Einkommensgrenzen liegendes Einkommen bei den Klägern vorhanden ist, so schließt dies nicht aus, dass auch unter der Einkommensgrenze liegendes Einkommen einzusetzen ist, wie sich aus § 88 SGB XII ergibt. Zu erwägen ist hier allenfalls ein Anwendungsfall des § 88 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII; da die Kläger in einer teilstationären Ein-reichung Eingliederungshilfe erhalten, ist § 88 Abs. 2 SGB XII nicht anwendbar. Aber auch Abs. 1 Nr. 2 ist vorliegend nicht einschlägig, weil mit dieser Vorschrift lediglich ausgeschlos-sen werden soll, dass der Sozialhilfeträger durch sogenannte Bagatellfälle unnötig in Anspruch genommen wird (Schoch in LPK – SGB XII, 8. Auflage, Rdzf. 8f zu § 88 mwN). Ein solcher Bagatellfall liegt bezogen auf den Beklagten jedoch nicht vor, da er die durchaus beachtlichen Kosten des Besuchs der Tagesstätte durch die Kläger in lediglich geringem Maße gemindert wissen will.

Auch der 4. Abschnitt des 11. Kapitels, der mit "Einschränkung der Anrechnung" überschrie-ben ist, rechtfertigt die geforderte Beteiligung an den Kosten des Mittagessens nicht.

Fraglich könnte bereits sein, ob die §§ 92, 92 a SGB XII isoliert von den §§ 85 ff SGB XII anzuwenden sind oder ob die in §§ 92, 92 a SGB XII angesprochene Kostenbeteiligung nur das die Einkommensgrenzen übersteigende zumutbar einzusetzende Einkommen betrifft (siehe dazu LSG Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2009 - L 8 SO 154/07, zitiert nach juris). Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen.

Gemäß § 92 a Abs. 1 SGB XII kann, wenn eine Person in einer teilstationären oder stationären Einrichtung Leistungen erhält, die Aufbringung der Mittel für die Leistungen in der Einrich-tung nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegat-ten oder Lebenspartner aus dem gemeinsamen Einkommen verlangt werden, soweit Aufwen-dungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Hier ist im Hinblick auf die durch § 35 SGB X vorgenommene Trennung von Leistungen in besonderen Lebenslagen und not-wendigem Lebensunterhalt schon nicht feststellbar, dass die Kläger mit der allein gewährten Eingliederungshilfe – Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel erhalten sie mangels Bedürftigkeit nicht – überhaupt Leistungen zum Lebensunterhalt erhalten. Vielmehr ist die Einnahme des Mittagessens in der hier besuchten Tagesstätte für Behinderte als integraler Be-standteil der Eingliederungshilfe anzusehen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09. Dezember 2008 – B 8/9b SO 10/07 R - ,aaO).

Aber auch wenn man der Auffassung des Beklagten folgen und das im von der Beklagten ü-bernommenen Tagessatz enthaltene Mittagessen als Leistung zum Lebensunterhalt ansehen wollte, um damit dem vom Beklagten im Ergebnis empfundenen Bedürfnis zur Vermeidung von Doppelleistungen zu folgen, bliebe zu beachten, dass nach der Systematik des SGB XII je nach in Anspruch genommener Leistung eine unterschiedliche Strenge beim Einsatz von Ein-kommen und Vermögen vom Gesetzgeber angelegt wird. Dem entspricht, dass gemäß § 92 a Abs. 4 SGB XII die Regelung in § 92 Abs. 2 SGB XII unberührt bleibt. Diese Vorschrift sieht für die in § 19 Abs. 3 SGB XII genannten Personen nur die Aufbringung der Mittel für Kosten des Lebensunterhalts als zumutbar an in den dort genannten Fällen, wobei vorliegend die Nr. 8 in § 92 Abs. 2 S. 1 SGB XII einschlägig sein dürfte. Nach Satz 4 des § 92 Abs. 2 SGB XII ist die Aufbringung der Mittel nach Satz 1 Nr. 7 und 8 aus dem Einkommen nicht zumutbar, wenn das Einkommen des behinderten Menschen insgesamt einen Betrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes nicht übersteigt (vgl. dazu Brühl/Schoch in LPK – SGB XII, Rdzf. 17 zu § 92 a). Dieser Grenzbetrag wird jedoch – wie bereits erwähnt – von beiden Klägern nicht über-schritten.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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