L 22 R 488/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 1 R 7205/08 Berlin
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 488/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. Mai 2010 und der Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2008 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zur Zahlung von freiwilligen Beiträgen zuzulassen und dem Kläger nach erfolgter Zahlung unter Berücksichtigung von Beitragszeiten vom 01. Mai 1942 bis zum 07. Dezember 1970 Regelaltersrente ab 23. März 2005 zu gewähren. Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob dem Kläger ein Anspruch auf Nachentrichtung von Beiträgen und auf Regelaltersrente nach § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unter Anerkennung von in Rumänien zurück gelegten Beitragszeiten zusteht.

Der 1916 in G (heute G)/R geborene Kläger jüdischer Religionszugehörigkeit war r Staatsbürger und wanderte mit seiner Ehefrau, EP im Januar 1971 über I nach K aus, wo er seit April 1971 in T lebt. Kanadischer Staatsbürger ist er seit 01. September 1976. Im Verwaltungsverfahren schilderte er seinen Lebenslauf wie folgt: Er habe in G eine deutsche Privat-Volksschule besucht. Mit seiner verwitweten Mutter und seinem älteren Bruder sei er 1927 – nach anderer Angabe 1928 – nach B übergesiedelt, wo er ab 1927 – nach anderer Angabe ab dem 01. September 1928 – das Lyzeum "M V" bis zum 15. Juni 1936 absolvierte. Vom 05. September 1936 bis zum 30. April 1942 habe er die Universität Polytechnik für Bauwesen B besucht und mit Diplom am 26. Februar 1943 abgeschlossen. Im Zeitraum von Mai 1942 bis Dezember 1970 war der Kläger nach der Übersetzung der Kanadischen Einwanderungsidentitätskarten u.a. als Ingenieur bzw. Chefingenieur auch im Bauministerium beschäftigt. Am 23. März 2005 stellte der Kläger bei der Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg eingehend Anträge auf Gewährung von Altersruhegeld, hilfsweise Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente unter Berufung auf das Deutsch-Kanadische Sozialversicherungsabkommen sowie auf Gestattung der Nachentrichtung von Beiträgen. Er gab - u. a. - an, einen Antrag nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) nicht gestellt zu haben, aber Verfolgter im Sinne des § 1 BEG zu sein. Von Juli 1941 bis August 1944 sei er beim Studium sowie nachher am Arbeitsplatz schikaniert worden; er sei sehr oft zur Zwangsarbeit gezwungen worden. Er habe eine geringer bezahlte rentenversicherungspflichtige Beschäftigung/ein geringeres Arbeitsentgelt als ein nicht verfolgter Versicherter für eine gleichartige rentenversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten in der Zeit vom 01. Dezember 1959 bis zum 31. Oktober 1969, weil er zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) gehört und einen Auswanderungsantrag gestellt gehabt habe.

In seinem "Antrag auf Anerkennung von Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG)" gab der Kläger an, dass seine Muttersprache Deutsch gewesen sei, wobei der persönliche Sprachgebrauch in R Deutsch und R gewesen sei, ebenso wie die Umgangssprache. Niemand in seiner Familie habe Jiddisch gekannt oder gesprochen. Im Elternhaus sei ausschließlich Deutsch gesprochen worden, im Beruf Deutsch und R. Mit seiner Frau, seiner Tochter und Verwandten sei ausschließlich Deutsch, sonst auch R gesprochen worden. Von 1923 bis 1927 habe er in G dem deutschen Jugend-Turnverein angehört, von 1927 bis 1944 in B dem Goethe Haus und dem deutschen Spielklub. Sein Vater sei Ö aus C gewesen mit der Muttersprache Deutsch. Auch sein Vater habe im persönlichen Bereich ausschließlich Deutsch gesprochen, im Beruf Deutsch und R. Ebenso sei die deutsche Sprache die Muttersprache seiner in G geborenen r Mutter gewesen.

Der Kläger fügte seinem Antrag mehrere Urkunden bei, darunter eine englische Übersetzung des rumänischen Justizministeriums über eine Bescheinigung der beruflichen Tätigkeiten des Klägers vom 01. Mai 1942 bis zum 07. Dezember 1970, basierend auf dem Arbeitsbuch (Nr. 477049) der Buildingyards Group Bucharest.

Die Beklagte zog die Entschädigungsunterlagen der Claims Conference Zwangsarbeiter-Fonds über den Kläger bei: Es wurde mitgeteilt, dass der Kläger eine Entschädigung in Höhe von 5 000,00 DM aufgrund seines Verfolgungsschicksals in den Ghettos J und B in den Jahren 1941 bis 1942, in den Ghettos B und J in den Jahren 1942 bis 1943 und im Arbeitslager F im Jahre 1943 erhalten habe.

Nachdem die Beklagte auf eine Sprachprüfung im Hinblick auf das Lebensalter des Klägers verzichtet hatte, der Kläger zwei eidesstattliche Erklärungen von einen Nachbarn bzw. einer Bekannten der Familie des Klägers aus B über die Verwendung der deutschen Sprache in der Familie des Klägers übersandt und erklärt hatte, dass er nie im Ghetto gewesen sei und Ansprüche nach dem ZRBG nicht infrage kämen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juli 2007 den Antrag des Klägers auf Altersrente und Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nach § 17 a FRG i. V. m. dem Zusatzabkommen zum Deutsch-Kanadischen Sozialversicherungsabkommen (ZA/DKSVA) ab, weil in das Ausland zahlbare Beitragszeiten nicht vorhanden seien. Der Kläger sei auch nicht zur Nachentrichtung in Anwendung des § 17 a FRG zugelassen, da die in dem ZA/DKSVA eingeräumte Möglichkeit der Anwendung des § 17 a FRG nicht für Personen gelte, deren FRG Zeiten bereits aufgrund früherer Vorschriften anrechenbar seien. Nach Aktenlage gehöre der Kläger zum Personenkreis des § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG), was die Berechtigung zur Nachentrichtung nach dem Zusatzabkommen ausschließe.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, den er damit begründete, dass er kein Opfer nationalsozialistischer Verfolgung im Sinne des § 1 BEG gewesen sei und im Übrigen auch keinen Schaden in seiner Sozialversicherung gehabt habe. Er reichte eine eidesstattliche Versicherung ein, wonach er nach dem Krieg keine Benachteiligung wegen seines Deutschtums erfahren habe. Dies zeige auch sein beruflicher Werdegang. Er wäre nicht so verlaufen, wenn man ihn wegen seiner deutschen Kulturzugehörigkeit irgendwie zurückgesetzt hätte. Er habe sich vielmehr unter der Kommunistischen Diktatur nicht innerlich so anpassen können, dass er den weiteren Verbleib in R ausgehalten hätte.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2008 zurück.

Am 26. November 2008 hat der Kläger beim Sozialgericht Berlin (SG) Klage erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung ist im Wesentlichen - wie bereits im Widerspruchsverfahren - vorgetragen worden, dass die Voraussetzungen des § 20 WGSVG beim Kläger nicht vorlägen. Der Kläger habe R nicht wegen seiner Zugehörigkeit zum dSK verlassen. Er habe nach dem Krieg keinerlei Benachteiligung wegen seines Deutschtums erlitten. Grund für die Auswanderung sei gewesen, dass er sich unter der kommunistischen Diktatur ständig bedrückt und gefährdet gefühlt habe und sich nicht der politischen Situation in R habe anpassen können. Er sei auch kein Verfolgter, obwohl dies in verschiedenen Verfahren im Sinne einer subjektiven Meinung vorgetragen worden sei. Er sei auch nirgends als Verfolgter anerkannt worden. Es lägen auch nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEG vor, denn er habe keinen Freiheitsschaden erlitten. Er sei in der Zeit vom 01. Mai 1942 bis zum 01. Juni 1945 als Bauingenieur tätig gewesen und habe zwar wiederholt Zwangsarbeiten kurzzeitig leisten müssen, aber nicht unter menschenunwürdigen Bedingungen, so dass diese Arbeiten nicht Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsentziehung im Sinne des BEG gewesen seien. Er habe auch keine nationalsozialistische Verfolgung erlitten. R sei ein souveräner Staat gewesen, etwaige antijüdische Maßnahmen seien nicht auf deutsche Veranlassung erfolgt. Für den Kläger hätten auch niemals haftähnliche Bedingungen vorgelegen. Soweit die Beklagte sich auf die Vermutungsregelung des § 20 WGSVG berufe, wonach die Auswanderung bei Personen, die vor oder nach der Verfolgung dem Deutschtum angehört haben, wegen dieser Zugehörigkeit zum dSK erfolgt sei, könne dies nicht zu seinen Ungunsten ausgelegt werden. Denn diese Vermutung sei zugunsten der Antragsteller geschaffen worden. Im Übrigen fehle es auch an einem Schaden in der Sozialversicherung. Denn die r Sozialversicherungsbehörden hätten auch Verfolgungszeiten als Beitragszeiten anerkannt.

Der Kläger hat schriftsätzlich erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juli 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2008 zu verurteilen, den Kläger zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach dem Zusatzabkommen vom 27. August 2002 zum Deutsch-Kanadischen Sozialversicherungsabkommen zu gestatten und dem Kläger eine entsprechende Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen vorgetragen worden, dass der Vortrag des Klägers, wonach er keine Benachteiligung wegen seiner Zugehörigkeit zum dSK in R gehabt habe, unstimmig sei. Die Vermutung, dass die Ausreise aus R überwiegend aufgrund der Zugehörigkeit des Klägers zum dSK erfolgt sei, sei nicht hinreichend widerlegt. Ein Schaden in der Sozialversicherung im Sinne des § 1 Abs. 1 WGSVG sei bei der Anwendung des § 20 WGSVG nicht erforderlich.

Durch Gerichtsbescheid vom 25. Mai 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass ein Anspruch auf Gewährung einer Rente nach § 35 SGB VI nicht bestehe, weil eine Beitragsleistung im Geltungsbereich des SGB VI nicht erfolgt sei. Die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach § 17 a FRG i. V. m. Nr. 12 a Schlussprotokoll zum Deutsch-Kanadischen Sozialversicherungsabkommen vom 14. November 1985 in der Fassung des Zusatzabkommens vom 27. August 2002 sei zutreffend von der Beklagten abgelehnt worden. Insoweit fehle es an dem Merkmal der "Erstmaligkeit" der Anwendbarkeit des § 17 a FRG. Denn der Kläger habe bereits über § 20 WGSVG die Möglichkeit der Anerkennung von Beitragszeiten nach dem FRG gehabt. Die hierfür maßgeblichen Voraussetzungen des § 20 WGSVG lägen in der Person des Klägers vor. Bei diesem handele es sich unzweifelhaft um einen vertriebenen Verfolgten im Sinne des § 20 WGSVG. Der Kläger sei als Angehöriger des jüdischen Glaubens Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen. Insoweit seien die eigenen Angaben des Klägers, die dieser gegenüber der Claims Conference gemacht habe, maßgebend für die Beurteilung. Daraus ergebe sich unzweifelhaft die Verfolgtenstellung des Klägers. Die Zugehörigkeit des Klägers zum dSK sei wesentliche Ursache für das Verlassen des Vertreibungsgebiets gewesen. Der Kläger habe in seinem im Jahr 2005 gestellten Rentenantrag selbst angegeben, dass er aus Verfolgungsgründen eine geringer bezahlte rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit als vor der Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zum dSK und des Antrags auf Auswanderung ausgeübt habe. Die im § 20 Abs. 2 Satz 1 WGSVG enthaltene Vermutungsregelung sei nur dann nicht anzuwenden, wenn das Vertreibungsgebiet nachweislich aus wesentlich anderen Gründen verlassen worden sei als der Zugehörigkeit zum dSK. Dieser Nachweis sei vom Kläger nicht erbracht worden. Der Kläger sei auch Verfolgter im Sinne des § 1 BEG.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 02. Juni 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am selben Tage Berufung beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Zur Begründung wird im Wesentlichen das bereits im Widerspruchs- und Klageverfahren Vorgetragene wiederholt: Der Kläger habe in R keine nationalsozialistische Verfolgung erlitten. Einzelheiten der Flucht, die das SG zur Begründung seiner Entscheidung herangezogen habe, seien nicht näher untersucht und dargestellt worden. Es könne sich ohnehin nur um eine Flucht vor r Maßnahmen gehandelt haben. Die Zugehörigkeit zum dSK sei kein Auswanderungsgrund gewesen. Es werde verkannt, dass der Kläger als Motiv für seine Auswanderung niemals eine Kürzung seiner Vergütung angegeben habe. Er habe, ebenso wie seine Frau, in R ein sicheres Auskommen gehabt. Es sei deshalb eine gewagte Konstruktion, eine Gehaltskürzung als wesentliches Motiv für die Auswanderung zu sehen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Berlin vom 25. Mai 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung von Fremdbeitragszeiten vom 01.Mai 1942 bis zum 07. Dezember 1970 und nach zuzulassender Beitrags-nachentrichtung gemäß dem Zusatzabkommen zum Deutsch-Kanadischen Sozialversicherungsabkommen Regelaltersrente ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte (Az.: ), die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig (vgl. zu deren Zulässigkeit bei gleicher Fallgestaltung wie vorliegend: BSG, Urteil vom 10. April 2003, B 4 RA 43/02 R, zitiert nach juris).

Sie ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Das Urteil und der rechtswidrige Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2008 sind deshalb aufzuheben. Der Kläger hat Anspruch auf Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten vom 01. Mai 1942 bis zum 07. Dezember 1970 ab Antragstellung nach Zahlung von freiwilligen Beiträgen, wofür er zuzulassen ist.

Gemäß § 33 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und § 35 SGB VI hat Anspruch auf Regealtersrente, wer als Versicherter das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Diese Vorschrift ist trotz des Auslandswohnsitzes des Klägers (vgl. § 30 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, SGB I) anwendbar. Dies folgt aus § 30 Abs. 2 SGB I iVm dem Abkommen vom 14. November 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada über soziale Sicherheit (DKSVA, idF des Zusatzabkommens vom 27. August 2002, BGBl 1988 II 28, 2003 II 666), das in Art. 4 Abs. 1 iVm Art. 3 Abs. 1 Buchst. a und Art 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a eine Gleichstellung kanadischer Staatsangehöriger, die sich in Kanada aufhalten, mit deutschen Staatsangehörigen vorsieht. Die Gleichstellung der Staatsangehörigen Deutschlands und Kanadas (Art. 3 DKSVA) und die Gleichstellung der Staatsgebiete (Art. 4 DKSVA) - für die Entstehung von Ansprüchen auf Leistungen, die Gewährung von Leistungen und die Zahlung von Geldleistungen (Art. 5 DKSVA) - bewirken für das Rentenversicherungsrecht, dass in Deutschland rentenversicherte Staatsangehörige K, die in Kanada wohnen, in den genannten Hinsichten so zu behandeln sind, als hielten sie sich gewöhnlich in Deutschland auf.

Dem stehen nicht die §§ 110 ff. ("Leistungen an Berechtigte im Ausland") entgegen. Denn diese Vorschriften betreffen von vornherein nicht das Stammrecht auf Rente, sondern nur die grundsätzlich zu Beginn eines jeden Monats (und für diesen als Bezugszeiten) aus dem Stammrecht als dessen Rechtsfrüchte entstehenden einzelnen Zahlungsansprüche. Die genannten Rechtsnormen legen ausdrücklich zugrunde, dass der Versicherte, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, Berechtigter bleibt, jedoch die Leistungen nur nach Maßgabe dieser Vorschriften erhält (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2003, B 4 RA 43/02 R, zitiert nach juris, Rz. 15).

Der Kläger hatte am 16. Juli 1981 das 65. Lebensjahr vollendet, so dass der Versicherungsfall des Alters eingetreten war. Er erfüllte auch die allgemeine Wartezeit.

Diese ist gemäß §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und 4 SGB VI erfüllt, wenn ein Versicherter mindestens fünf Jahre an Beitrags- und Ersatzzeiten erworben hat. Beitragszeiten sind nicht nur Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind sowie Zeiten, für die Pflichtbeiträge als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 SGB VI), sondern auch die Fremdbeitragszeiten nach § 15 Abs. 1 S. 1 und 2 FRG bzw. Beschäftigungszeiten nach 16 FRG, da sie den nach Bundesrecht zurückgelegten Zeiten gleich stehen (BSG, Urteil vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, veröffentlicht in juris, Rz. 27). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten Beitragszeiten gleich, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind. Sind die Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihm zugrunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

Beim Kläger sind versicherungspflichtige Beitragszeiten für die Zeit vom 01. Mai 1942 bis zum 07. Dezember 1970 in Rumänien – also über 60 Kalendermonate – belegt, die nach § 15 FRG zu berücksichtigen sind. Der Anwendungsbereich des FRG ist dem Kläger durch § 17 a FRG, dessen Voraussetzungen hier vorliegen, eröffnet.

Die aus dem r Arbeitsbuch des Klägers hergestellte Bescheinigung über Beschäftigungen des Klägers in Rumänien, die in sich schlüssig ist, und für die keine Anhaltspunkte bestehen, dass es sich um eine Gefälligkeitsbescheinigung oder eine gefälschte Bescheinigung handeln könnte, weist als Beschäftigungszeiten des Klägers im einzelnen folgende Zeiträume nach: - 01. Mai 1942 bis 01. Juni 1945 als Ingenieur bei dem Architekten Octav V. Ionescu in Bukarest, - 02. Juni 1945 bis 15. März 1946 als Ingenieursdirektor bei Zidarul (Kooperative) in Bukarest, - 16. März 1946 bis 31. Dezember 1948 als Ingenieur bei Telega Moreni Co. - 15. März 1949 bis 25. Februar 1951 als Chefingenieur beim Bauministerium Enterprise II Resita, - 26. Februar 1951 bis 05. Mai 1954 als Chefingenieur beim Bauministerium Trust I Construction in Bukarest, - 06. Mai 1954 bis 22. Juni 1954 als Assistent des Chefingenieurs beim Bauministerium Trust 3 Construction in Bukarest, - 23. Juni 1954 bis 03. Februar 1955 als Chefingenieur beim Bauministerium Trust 10 Constanta, - 04. Februar 1955 bis 04. November 1958 als technischer Direktor beim Bauministerium in Bukarest, - 04. November 1958 bis 19. Februar 1959 als Chefingenieur bei Trust for Engines-Fittings of Chemical Works, - 19. Februar 1959 bis 30. November 1959 als Ingenieur bei Enterprise for Constructions, - 01. Dezember 1959 bis 01. Juni 1966 als Assistent des Chefingenieurs bei M.I.P.C.I.M.B. in Bukarest, - 01. Juni 1966 bis 08. März 1967 als Assistent des Chefingenieurs bei Enterprise for Constructions, - 08. März 1967 bis 31. Oktober 1969 als beauftragter Projektleiter, - 01. Oktober 1969 bis 07. Dezember 1970 als Beauftragter des Bauministeriums an das Institut für Bauprojektleitung als Ingenieur.

In diesen Zeiträumen wurden für den Kläger jeweils Beiträge zur rumänischen gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet, wovon auch die Beklagte ausweislich ihres "Aktenvermerks über die Anerkennung/Ablehnung von FRG-, VuVo-, Anrechnungs- und Ersatzzeiten" vom 30. April 2007 ausgeht. Ob es sich dabei um nachgewiesene oder, was im Hinblick darauf, dass keinerlei Krankheits- oder sonstige Fehlzeiten bescheinigt sind und Angaben in den rumänischen Arbeitsbüchern zwar Beginn und Ende von Beschäftigungszeiten verzeichnen, nicht aber deren Unterbrechungen eher wahrscheinlich erscheint, um glaubhaft gemachte Zeiten handelt, kann hier dahin stehen. Denn dies ist nur für die Ermittlung von Entgeltpunkten nach Maßgabe des § 22 ff. FRG von Bedeutung.

Die Beitragszeiten stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich gemäß § 15 FRG. Die Vorschrift findet gemäß § 17 a Buchstabe a FRG Anwendung. Nach dieser Regelung finden die für die gesetzliche Rentenversicherung maßgeblichen Vorschriften des FRG auch auf Personen Anwendung, die bis zu dem Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf ihr jeweiliges Heimatgebiet erstreckt hat, 1. dem dSK angehört haben, 2. das 16. Lebensjahr bereits vollendet hatten oder im Zeitpunkt des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem dSK angehört haben und sich 3. wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt hatten und die Vertreibungsgebiete nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 des BVFG verlassen haben.

Die Voraussetzungen liegen vor, die erforderlichen Tatsachen sind glaubhaft gemacht. Für die Feststellung der erheblichen Tatsachen genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 4 FRG). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache dann, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, d. h. mehr dafür als dagegen spricht (§ 4 Abs. 1 S. 2 FRG).

Zu § 17 a Buchstabe a Nr.1 FRG:

Der Kläger gehörte in seiner Heimat R dem dSK an. Nach der Rechtsprechung des BSG kommt dem Gebrauch der deutschen Sprache für die Zugehörigkeit zum dSK eine "im Regelfall" ausschlaggebende Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 05. November 1980, 11 RA 74/79, zitiert nach juris). Denn wer eine Sprache im persönlichen Bereich ständig gebraucht, gehört nicht nur diesem Sprachkreis, sondern auch dem durch die Sprache vermittelten Kulturkreis an, weil sie ihm den Zugang zu dessen Weltbild und Denkwelt erschließt. Die Zugehörigkeit zum dSK ergibt sich daher im Regelfall aus dem zumindest überwiegenden Gebrauch der deutschen Muttersprache im persönlichen Lebensbereich, der in erster Linie die Sphäre von Ehe und Familie, aber auch den Freundeskreis umfasst. Eine Mehrsprachigkeit steht der Zugehörigkeit zum dSK dann nicht entgegen, wenn die Sprache wie eine Muttersprache beherrscht und sie in seinem Bereich überwiegend gebraucht hat.

Für den Senat ist glaubhaft, dass in der Familie des Klägers (in seiner Herkunftsfamilie und in der mit seiner Ehefrau gegründeten Familie) ausschließlich Deutsch gesprochen wurde. R hat der Kläger erst nach Übersiedlung der Familie (verwitwete Mutter, Bruder und der Kläger selbst) im Jahre 1927/1928 nach Bukarest erlernt. Seine Muttersprache ist Deutsch. Er war von 1923 bis 1927/1928 im deutschen Jugend-Turnverein in G gewesen und ab 1927/1928 bis 1944 in B im Goethe Haus und deutschen Spielklub. Seine Lektüre im persönlichen Bereich waren Morgenblatt, Allgemeine Zeitung, Neuer Weg und Literatur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Auch nach seiner Heirat hat er im persönlichen Bereich ausschließlich Deutsch gesprochen, was auch nach dem Ergebnis der Sprachprüfung seiner Ehefrau ungeachtet dessen, dass sie auch rspricht, glaubhaft ist. Zudem ist mit Freunden ausschließlich Deutsch und R gesprochen worden.

Die Zugehörigkeit des Klägers zum dSK bestätigen die Aussagen von Zeugen. So hat der Zeuge M D in seiner eidesstattlichen Erklärung angegeben, dass er den Kläger und seine Frau in B sehr gut gekannt habe, da sie Nachbarn gewesen seien. Er konnte sich erinnern, dass der Kläger und seine Frau im Jahr 1942 geheiratet hatten und deren Tochter im Jahr 1946 geboren wurde. Er wies darauf hin, dass die Tochter den deutschen Namen I erhalten habe, was in R außergewöhnlich gewesen sei. Die Tochter sei mit deutscher Muttersprache und "im deutschen Geiste" erzogen worden. Er bezeugt aus eigener Wahrnehmung, dass der Kläger und seine Ehefrau sowohl im Hause als auch in der Familie und in deren Freundeskreis ausschließlich Deutsch gesprochen haben.

Die Zeugin C S hat in ihrer eidesstattlichen Versicherung angegeben, dass sie den Kläger und seine Frau sehr gut gekannt habe, weil diese mit ihren Eltern sehr befreundet gewesen seien. Sie bezeugte aus eigener Wahrnehmung, dass im Haus der Familie des Klägers ausschließlich Deutsch gesprochen wurde. Auch sie weist auf den deutschen Namen der Tochter des Klägers hin und darauf, dass diese mit deutscher Muttersprache und "im deutschen Geiste" erzogen worden sei.

Dass der Kläger im beruflichen Bereich auch R gesprochen hat, ändert an der Tatsache seiner Zugehörigkeit zum dSK nichts. Auch wenn aufgrund des hohen Alters des Klägers auf eine Sprachprüfung verzichtet worden ist und lediglich eine Sprachprüfung mit seiner Frau vorgenommen ist und der "dabei erzielte Eindruck positiv gewesen" ist, ist die Zugehörigkeit des Klägers zum dSK während seines Aufenthaltes in R glaubhaft.

Zu § 17 a Buchstabe a Nr.2 FRG:

Auch diese Voraussetzungen liegen vor. Der 1916 geborene Kläger hatte zum Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf R – ein Vertreibungsgebiet im Sinne des BVFG (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG) – erstreckte, das 16. Lebensjahr bereits vollendet. Denn der nationalsozialistische Einfluss auf R hat, entsprechend der Zeitangabe in § 43 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BEG, am 06. April 1941 begonnen (BSG, Urteil vom 29. Juni 2000, B 4 RA 47/99 R, zitiert nach juris). Insoweit ist eine vom Kläger in anderem Zusammenhang angeführte staatliche "Souveränität" Rumäniens unerheblich. Der Kläger hatte auch im Zeitpunkt des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem dSK angehört.

Zu § 17 a Buchstabe a Nr.3 FRG:

Der Kläger erfüllt auch die Voraussetzungen des § 17 a Buchst. a Nr. 3 FRG, da er zum maßgeblichen Zeitpunkt der Ausdehnung des nationalsozialistischen Einflussbereichs "dem Judentum zugehörig", d. h. Jude im Sinn der NS-Ideologie gewesen ist. Weitere Feststellungen dazu, ob der Kläger "sich wegen seiner Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt hatte" brauchte der Senat nicht zu treffen, da diese Vorschrift die Gleichstellung der Juden mit den deutschstämmigen Aussiedlern bezweckt (vgl. BSG, Urteil vom 27. November 1991, 4 RA 82/90, zitiert nach juris, Rz.16 unter Bezugnahme auf BT-Drucksache 11/5530 S. 29).

Die Gründe für das Verlassen des "Aussiedlungsgebietes" nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG sind für die Anwendung des § 17 a FRG unbeachtlich; insbesondere braucht, schon nach dem Wortlaut im Gegensatz zum Wortlaut des § 20 Abs. 2 WGSVG kein Ursachenzusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zum dSK und dem Verlassen zu bestehen (vgl. auch Verbandskommentar, Stand: 01. Januar 1992, § 17 a FRG, Nr. 3.7).

Der Kläger kann auch Zahlung ins Ausland verlangen. Zwar können Berechtigte, die sich im Ausland aufhalten und keine (hinreichenden) Bundesgebiets-Beitragszeiten haben, grundsätzlich keine Zahlung ins Ausland verlangen. Für Berechtigte, die - wie der Kläger - ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, entstehen aus ihren Stammrechten monatliche Rentenansprüche wegen des materiell-rechtlichen rechtshindernden Einwandes des Auslandswohnsitzes grundsätzlich nicht. Anderes gilt allerdings, soweit dieser Einwand des Auslandswohnsitzes seinerseits durch den Gegeneinwand ausreichender Bundesgebiets-Beitragszeiten ausgeräumt ist. Dies ist hier der Fall.

Den Einwand des Auslandswohnsitzes kann der Kläger durch den Gegeneinwand ausreichender Bundesgebiets-Beitragszeiten ausräumen, denn der Kläger kann wirksam nach Nr. 12 a Buchstabe a des Schlussprotokolls zum DKSVA (SP/DKSVA) in der Fassung des Art. 1 Abs. 16 des Zusatzabkommens vom 27. August 2002 (BGBl. 2003 II, Seite 666) freiwillige Beiträge nachentrichten, die dann zur Auszahlung einer Regelaltersrente in K führen.

Nach Nr. 12 a Buchstabe a Satz 1 des SP/DKSVA können die in Art. 3 Buchstabe a bis c des DKSVA bezeichneten Personen (u. a. k Staatsangehörige), die bis zu dem Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf ihr jeweiliges Heimatgebiet erstreckt hat, - dem dSK angehört haben, - das 16. Lebensjahr bereits vollendet hatten und - sich wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum zum deutschen Volkstum nicht bekannt hatten und die die Vertreibungsgebiete nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 des deutschen Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) verlassen haben, auf Antrag freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung nachentrichten, sofern für sie durch die Anwendung des § 17 a FRG erstmals Beitragszeiten oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen sind. Die Nachentrichtung ist nur für Zeiten nach Vollendung des 16. Lebensjahres und vor Vollendung des 65. Lebensjahres und ab dem Zeitpunkt zulässig, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf das jeweilige Heimatgebiet erstreckt hat. Die Nachentrichtung ist nur für Zeiten zulässig, die nicht bereits mit Beitragszeiten nach den deutschen Rechtsvorschriften belegt sind. Der Eintritt des Versicherungsfalls bis zum Ablauf der Nachentrichtungsfrist steht der Nachentrichtung nicht entgegen.

Nach Nr. 12 a Buchstabe f des SP/DKSVA finden die Buchstaben a bis e der Nr. 12 a nur auf Berechtigte Anwendung, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt vor dem 01. Juli 1990 in Kanada hatten. Nach Nr. 12 a Buchstabe h des SP/DKSVA beträgt die Antragsfrist zur Nachentrichtung 24 Monate nach In Kraft Treten des Zusatzabkommens, sie ist also vom 01. Dezember 2003 bis zum 31. Dezember 2005 gelaufen (zum In Kraft Treten: BGBl. 2003 II Seite 666).

Sämtliche Voraussetzungen sind erfüllt.

Der Kläger hat seinen diesbezüglichen Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen rechtzeitig im März 2005 gestellt. Der Kläger hat auch vor dem 01. Juli 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Kanada genommen. Die Voraussetzungen der Nr. 12 a Buchstabe a Satz 1 des SP/ DKSVA entsprechen denen des zum 01. Juli 1990 in Kraft getretenen § 17 a FRG (Art. 15 Rentenreformgesetz 1992 vom 18. Dezember 1989, BGBl. I Seite 2261 in der Fassung des Art. 14 Renten-Überleitungsgesetz vom 25. Juli 1991, BGBl. I Seite 1606), so dass die entgegen stehenden Bescheide der Kläger aufzuheben waren und der Kläger zur Nachentrichtung von Beiträgen zuzulassen war, über die im Einzelnen die Beklagte noch zu entscheiden haben wird.

Der Kläger erfüllt insbesondere auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift, soweit sie verlangt, dass durch die Anwendung des § 17 a FRG erstmals Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG waren die Fremdrentenzeiten des Klägers nicht bereits früher nach § 20 WGSVG zu berücksichtigen.

Die Ausschlussklausel ist nach der Rechtsprechung des BSG weit auszulegen. Von ihr werden nicht nur Personen erfasst, bei denen vor In Kraft Treten des § 17 a FRG die Anrechenbarkeit von Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG bereits aufgrund anderer Rechtsgrundlagen verbindlich festgestellt worden war, sondern auch Personen, die dies nach anderen Vorschriften bereits früher – mit Erfolg – hätten beanspruchen können. Dies hat der 4. Senat des BSG entschieden zur inhaltsgleichen Nachentrichtungsvorschrift der Nr. 8 Buchstabe a Satz 1 des Schlussprotokolls zum Deutsch-Amerikanischen Sozialversicherungsabkommen (BSG, Urteil vom 10. April 2004, B 4 RA 43/02 R, Rz. 23 bis 28, zitiert nach juris, u.a. unter Bezugnahme auf die inhaltsgleiche Nachentrichtungsvorschrift der Nr. 11 des Schlussprotokolls zum Deutsch-Israelischen Sozialversicherungsabkommen, Urteil vom 22. März 2001, B 12 RA 5/00 R, veröffentlicht in juris). Dieser Auslegung schließt sich der erkennende Senat an.

Nach dieser Rechtsprechung beschränkt sich das Nachentrichtungsrecht nach Nr. 12 a Buchstabe a Satz 1 SP/DKSVA auf die Personen mit ständigem Aufenthalt in Kanada, die erstmals durch die Regelung des § 17 a FRG begünstigt werden, und schließt im Umkehrschluss alle diejenigen von der Nachentrichtung aus, bei denen Beitragszeiten nach dem FRG nach einer bereits vor In Kraft Treten des § 17 a FRG (am 01. Juli 1990) geltenden anderen Vorschrift zu berücksichtigen waren und ein Recht auf Nachrichtung vermittelt hatten, durch die der Einwand des Auslandswohnsitzes hätte ausgeräumt werden können, wenn der Berechtigte davon Gebrauch gemacht hätte (BSG, a. a. O., Rz. 24).

Der Kläger hatte vor dem In-Kraft-Treten des SD/DKSVA idF des Zusatzabkommens am 01. Dezember 2003 nicht die Möglichkeit, freiwillige Beiträge zur Zahlbarmachung einer Regelaltersrente zu entrichten.

Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Nachentrichtung von Beiträgen nach § 9 WGSVG in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1970 (BGBl I, S. 1846, gültig bis zum 31. Dezember 1991) oder der Nachfolgevorschrift des § 10 WGSVG in der Fassung des Art. 21 Nr. 2 Rentenreform-Gesetz (RRG) 1992 (Gesetz vom 18. Dezember 1989, BGBl I, S. 2261, mit Wirkung vom 01. Januar 1992 gemäß Art. 85 Abs. 1 RRG 1992).

Nach § 9 WGSVG a. F. können sich u. a. Verfolgte mit einer Versicherungszeit von mindestens 60 Kalendermonaten, deren rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit aus Verfolgungsgründen unterbrochen oder beendet worden ist, auf Antrag weiterversichern; nach § 10 WGSVG können sich pflichtversicherte Verfolgte freiwillig versichern, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Beide Vorschriften regeln das Recht zur freiwilligen Versicherung für pflichtversicherte Verfolgte i. S. des § 1 Abs. 2 Nr. 3 WGSVG, deren rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit aus Verfolgungsgründen endete. Sie hat nach der amtlichen Begründung zur Neufassung des § 10 WGSVG durch das RRG 1992 (BT-Drucksache 11/4124, 224) "insbesondere Bedeutung nur noch für solche Personen, die nicht Deutsche sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgesetzbuches haben".

Der Kläger gehörte und gehört zwar zu diesem Personenkreis insoweit, als er kanadischer Staatsbürger mit gewöhnlichem Aufenthalt in Kanada ist und die allgemeine Wartezeit des § 50 Abs. 1 SGB VI – wie festgestellt mit FRG-Zeiten – bereits erfüllt hatte, als er aus Rumänien ausgewandert ist. Die weitere Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 9 WGSVG a. F. bzw. des § 10 WGSVG, die sich aus den §§ 1, 20 WGSVG ergeben, lassen sich aber nicht feststellen, so dass der Kläger ein früheres Nachentrichtungsrecht als das ihm durch das SP/DKSVA eingeräumte nicht hatte.

Nach § 20 Abs. 1 S. 1 WGSVG stehen bei der Anwendung des FRG den anerkannten Vertriebenen im Sinne des BVFG vertriebene Verfolgte gleich, die lediglich deswegen nicht als Vertriebene anerkannt sind oder anerkannt werden können, weil sie sich nicht zum deutschen Volkstum bekannt haben. § 19 Abs. 2 Buchstabe a zweiter Absatz gilt entsprechend.

Nach § 20 Abs. 2 WGSVG wird vermutet, dass die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis eine wesentliche Ursache für das Verlassen des Vertreibungsgebietes ist. Dies gilt nicht, wenn das Vertreibungsgebiet nachweislich im Wesentlichen aus anderen Gründen verlassen worden ist, weil der Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis im Verhältnis zu anderen Gründen nicht annähernd das gleiche Gewicht zukommt. Eine verfolgungsbedingte Abwendung vom deutschen Sprach- und Kulturkreis oder eine Wohnsitznahme in einem nichtdeutschsprachigen Land widerlegt allein die Vermutung nach Satz 1 nicht.

Nach § 20 Abs. 3 WGSVG gelten die Absätze 1 und 2 ab 01. Februar 1971. Die Verjährungsfristen nach dem Sozialgesetzbuch und § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch bleiben unberührt. Sofern in der Zeit vom 01. Januar 1987 bis zum 31. Dezember 1989 ein Antrag gestellt worden ist, der unter Berücksichtigung des Absatzes 2 zu einem Anspruch auf rückwirkend zu erbringende Leistungen führt, ist für die Berechnung der Verjährungsfrist und der Frist des § 44 Abs. 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch der Zeitpunkt dieses Antrags maßgebend, wenn dies bis zum 31. Dezember 1990 beantragt wird.

Aufgrund der Verweisung in § 20 Abs. 1 Satz 2 WGSVG auf § 19 Abs. 2 Buchstabe a 2. Halbsatz WGSVG genügt es, wenn der Verfolgte im Zeitraum des Verlassens des Vertreibungsgebiets dem dSK angehörte und deswegen das Vertreibungsgebiet verlassen hat. Die Normen erweitern den Anwendungsbereich des zugunsten von (anerkannten) Vertriebenen geschaffenen Rechts auf diejenigen Verfolgten, die auch noch das Vertriebenenschicksal erlitten haben. Derjenige, den § 20 WGSVG erfasst, muss sowohl Verfolgter im Sinne des § 1 BEG als auch Vertriebener im Sinne des § 1 BVFG sein (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, B 4 RA 52/05 R, zitiert nach juris, Rz. 33).

Der Senat vermag nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht festzustellen, dass der Kläger Verfolgter i. S. des Gesetzes war. Dies erscheint nicht als überwiegend wahrscheinlich. Auch ist die Vermutung des § 20 Abs. 2 WGSVG zur Überzeugung des Senats widerlegt.

Verfolgte im Sinne des WGSVG sind die in § 1 Abs. 1 – 3 BEG genannten Personen nach Maßgabe der dort näher bestimmten Voraussetzungen.

Die hier einschlägigen Norm des § 1 Abs. 1 BEG definiert: Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung ist, wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist und hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen in ihrem beruflichen oder ihrem wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat (Verfolgter). Unerheblich ist, ob nach dem BEG ein Anspruch auf Entschädigung besteht (BSG, Urteil vom 07. Juli 1965, 1 RA 95/64, zitiert nach juris, Rz. 16; Urteil vom 14. August 2003, B 13 RJ 27/02 R, zitiert nach juris, Rz. 23).

Für die Feststellung der erheblichen Tatsachen ist nach § 3 WGSVG die Glaubhaftmachungausreichend Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache nach § 3 Abs. 1 WGSVG, wenn sie "überwiegend wahrscheinlich" ist. Glaubhaftmachung bedeutet danach zwar mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird; gewisse noch verbleibende Zweifel sind unbeachtlich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1980, 12 RK 42/80, veröffentlicht in juris).

Wegen der widersprüchlichen Angaben zum Werdegang des Klägers nach Beginn der nationalsozialistischen Einflussnahme auf Ram 06. April 1941 bleibt es allenfalls eine bloße Möglichkeit, dass der Kläger Verfolgter im Sinne des BEG gewesen ist. Überwiegend wahrscheinlich ist dies allerdings nicht. Dies steht in Übereinstimmung damit, dass der Kläger selbst keinen Antrag als Verfolgter nach dem BEG gestellt hatte.

Soweit das SG im angegriffenen Gerichtsbescheid zur Begründung für die Verfolgteneigenschaft des Klägers auf dessen Angaben im Rahmen eines Entschädigungsverfahrens der Claims Conference Zwangsarbeiter-Fonds bzw. Claims-Conference Hardship-Fund zurückgegriffen hat, lässt sich lediglich feststellen, dass der Kläger 1982 auf der Grundlage seiner Schilderungen eine Entschädigung aus dem Claims Conference Hardship Fund erhalten hat für "harte Arbeit beim Eisenbahnbau" mit Aufenthalt im "Zentralarbeitslager" "Jilava, nahe bei dem Gefängnis gleichen Namens in Rumänien" für die Zeit vom Juli bis Dezember 1941, für "harte Arbeit bei der Verdoppelung der Eisenbahngleise nach Marasesti" mit Aufenthalt im "Arbeitslager Buzau, Rumänien" für die Zeit von Januar 1942 bis Januar 1943, für "harte Arbeit beim (Kies-)Straßenbau" mit Aufenthalt im "Arbeitslager Turnu-Magurele, Rumänien" für die Zeit von Februar bis Dezember 1943 sowie für die Zeit von Januar bis September 1944 für "ein verstecktes Leben in einem geheimen Keller, um einem Arbeitslager zu entkommen" – dessen Insassen zum Bau von Befestigungswerken an der Front vor den herannahenden russischen Truppen eingesetzt wurden – bzw. "um sein Leben zu retten".

Für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben ergibt sich hieraus nichts.

Die Schilderungen des Klägers wurden auch von dem damaligen Sachbearbeiter des Jewish Claims Conference Hardship Fund als "gewiss hochstilisiert" beurteilt. Wenn die Darstellung des Klägers dort gleichwohl als "in Bukarest den doch üblichen Verfolgungen ausgesetzt" beurteilt wurde, ist dies für den Senat weder bindend noch glaubhaft. Im Widerspruch hierzu stehen die sonstigen Angaben des Klägers über seinen Werdegang im Zeitraum vom 06. April 1941 bis zum Ende seiner Verfolgung im September 1944. Er will bis 1944 im Goethehaus und im deutschen Spielklub verkehrt haben, obwohl er angegeben hat, einen Judenstern getragen zu haben. Auch der Verlauf seiner beruflichen Entwicklung spricht dagegen: Sie verlief reibungslos. Durch Vorlage der Bescheinigung über die entsprechende Übernahme der Daten aus dem Arbeitsbuch ist nachgewiesen, dass er - nach seinem Studium an der Universität/Polytechnikum Bukarest - ab dem 01. Mai 1942 bis zum 01. Juni 1946 als Bauingenieur in dem Unternehmen des Architekten O. V. Ionescu versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist. Dass es dabei zu Unterbrechungen gekommen ist, ist weder der genannten Bescheinigung noch den Angaben des Klägers zu seinem beruflichen Werdegang zu entnehmen. Nach der Diplomurkunde des Klägers ist er ab 26. Februar 1943 als Diplomingenieur anerkannt. Dies ist Ausdruck seiner erfolgreichen Beendigung seines Ingenieurstudiums.

Andererseits gibt der Kläger an, er habe sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Arbeitslager Turnu-Magurele befunden, nach durchgehend seit Juli 1941 stattgehabten Aufenthalten in den Arbeitslagern Jilava und Buzau. Auch soweit in der Diplomurkunde die Rede ist von einem "viereinhalbjährigen Studium" des Klägers, erscheint dies dem Senat mit Verfolgungsmaßnahmen von Juli 1941 bis durchgehend September 1944 bei Aufenthalten in verschiedenen Arbeitslagern und einem Versteck in einem Keller unvereinbar.

Soweit der Kläger bezüglich der Zeit vor dem 06. April 1941 ausweislich der Entschädigungsunterlagen der Claims Conference Zwangsarbeiter-Fonds bzw. des Claims Conference Hardship-Fund angegeben hatte, dass er im September 1940 "als jüdischer Student von Gardisten bis auf’s Blut verprügelt worden" und "sich im Januar 1941 bei einem Pogrom, bei dem das Wohnhaus geplündert und niedergebrannt worden sei, in seinem Stadtviertel tagelang versteckt gehalten" habe, liegen diese Ereignisse vor der nationalsozialistischen Einflussnahme in Rumänien ab dem 06. April 1941 und sind schon aus diesem Grund keine Verfolgung im Sinne des § 1 BEG. Der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt auch nicht aus Furcht vor der Gefahr einer nationalsozialistischen Verfolgung auf der Flucht, was nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 09. August 1995, 13 RJ 25/94, zitiert nach juris, Rz. 25) für die Anerkennung als Verfolgter im Sinne des BEG ausreichen würde. Denn im Januar 1941 stand die Gefahr einer nationalsozialistischen Verfolgung aus Gründen der Rasse noch nicht unmittelbar bevor (vgl. BSG, a.a.O., Rz. 25 unter Bezugnahme auf das Datum des Beginns des Überfalls des Deutschen Reiches auf die Sowjetunion am 21. Juni 1942 sowie die Einnahme Rumäniens durch die 18. Armee der Deutschen Wehrmacht am 02. Juli 1941).

Der Kläger kann auch nicht den anerkannten Vertriebenen im Sinne von § 20 Abs. 1 WGSVG bei Anwendung des FRG gleichgestellt werden. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 1 BVFG ist Vertriebener auch, wer als deutscher Volkszugehöriger nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 01. Juli 1990 oder danach- u. a. - R verlassen hat. Deutscher Volkszugehöriger im Sinne des BVFG ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird (§ 6 BVFG). Dazu wird in § 20 Abs. 1 Satz 2 WGSVG angeordnet, dass § 19 Abs. 2 Buchstabe a Halbsatz 2 WGSVG entsprechend gilt. Nach dieser Vorschrift genügt es, soweit es auf die deutsche Volkszugehörigkeit ankommt, dass der Verfolgte im Zeitraum des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem dSK angehört hat.

Zwar gehörte der Kläger nach seinen Angaben auch im Zeitraum des Verlassens des Vertreibungsgebiets R im Januar 1971, der vor dem Stichtag des 01. Juli 1990 liegt, noch dem dSK an. Vertrieben im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1 WGSVG kann aber nur sein, wer im Zusammenhang mit den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung (§ 1 Abs. 1 BVFG) seinen Wohnsitz verloren hat, also deshalb, weil er dem dSK angehört hat und daher mit dieser Volksgruppe das Schicksal der Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg geteilt hat (sog. Nötigungszusammenhang).

Nach § 20 Abs. 2 S. 1 WGSVG wird vermutet, dass die Zugehörigkeit zum dSK eine wesentliche Ursache für das Verlassen des Vertreibungsgebietes ist. Nach S. 2 gilt dies nicht, wenn das Vertreibungsgebiet nachweislich im Wesentlichen aus anderen Gründen verlassen worden ist, weil der Zugehörigkeit zum dSK nicht annähernd das gleiche Gewicht zukommt. Nach S. 3 widerlegt eine verfolgungsbedingte Abwendung vom dSK oder eine Wohnsitznahme in einem nicht deutschsprachigen Land allein die Vermutung nicht.

Zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung müssen, da die Vermutung unabhängig vom Grad ihrer Wahrscheinlichkeit im Einzelfall gilt, Tatsachen vorliegen, aus denen sich das Gegenteil von dem ergibt, was das Gesetz vermutet, die also jede Möglichkeit ausschließen, dass die gesetzliche Vermutung zutreffen könnte, der deutsche Volkszugehörige sei wegen der Spätfolgen der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen ausgereist (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03. November 1992, 9 C 32/92, zitiert nach juris, Rz. 29).

Nach diesen Maßgaben ist der vermutete Nötigungszusammenhang hier zur Überzeugung des Senats widerlegt.

Wie sich aus den k Einwanderungsidentitätskarten ergibt, hat der Kläger eine berufliche Karriere gemacht, die eine Benachteiligung aufgrund seiner Zugehörigkeit zum dSK widerlegt. Da aber eine wesentliche Benachteiligung aufgrund dieser Zugehörigkeit nicht feststellbar ist, ist auch diese nicht wesentliche (Mit-)Ursache für seine Ausreise.

Der Kläger hat seit dem 15. März 1949 als Ingenieur, Chefingenieur, Technischer Direktor, Hauptingenieur in verschiedenen Ministerien Rgearbeitet. Dazu wird Bezug genommen auf die auf Seite 9 dieses Urteils genannten Beschäftigungen. Der erkennbare berufliche Aufstieg des Klägers, der auch durch die Angaben des Klägers zu seinem monatlichen Arbeitsverdienst (zuletzt 4.000 Lei nach zuvor 2.500 und 700 Lei) belegt wird, widerlegt, dass der Kläger wegen Spätfolgen der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen ausgereist ist. Insoweit ist für den Senat - auch wegen der Zugehörigkeit des Klägers zu einer Funktionselite - überzeugend dessen Erklärung, keine Benachteiligung wegen seines Deutschtums erfahren zu haben nach dem Krieg und galubhaft, dass er und seine Frau wirtschaftlich und finanziell ihr Auskommen in Rgehabt hatten und nicht gesellschaftlich isoliert waren. Ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung vom 12. Oktober 2007 hat er eine wesentliche Benachteiligung erst nach Stellung der Ausreiseanträge für sich und seine Frau erfahren.

In Anbetracht dessen scheidet eine geringere Entlohnung als wesentliche Ursache aus. Soweit er im "Fragebogen für Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch" durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens und die Erklärung, vom "1.12.1959 – 31.10.1969" durch Zugehörigkeit zum deutschen Kultur- und Sprachkreis und Antrag auf Auswanderung aus R" eine geringer bezahlte rentenversicherungspflichtige Tätigkeit als vor der Verfolgung ausgeübt zu haben, den Eindruck erweckt hatte, dass die Zugehörigkeit zum dSK zu Nachteilen geführt habe, war dies missverständlich. Denn in seinen "Angaben zum Versicherungsleben" im "Antrag auf Versichertenrente aus der deutschen Rentenversicherung" für die gleiche Zeit vom 01. Dezember 1959 bis zum 31. Oktober 1969 hat der Kläger mitgeteilt, dass er "beim gleichen Ministerium" - nämlich dem für Petrolchemie - "mindere Stellungen" - nämlich Hilfsingenieur und Chefprojektant" - gehabt habe, weil er "um Auswanderung angesucht" habe - von einer Benachteiligung wegen seiner Zugehörigkeit zum dSK ist hier keine Rede. Dieses Missverständnis hat der Kläger mit seiner eidesstattlichen Versicherung vom 20. Oktober 2007 dann ausgeräumt, indem er ausdrücklich unter Hinweis auf seinen beruflichen Werdegang versichert hat, keine Benachteiligung wegen seines Deutschtums gehabt zu haben.

Zudem war eine zu geringe Entlohnung für die Zeit vom 01. Dezember 1959 bis 31. Oktober 1969 angegeben. Der Kläger ist allerdings gerade zu der Zeit ausgereist, als er nicht mehr geringer entlohnt wurde.

Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger in einem Alter ausgereist ist, in dem er eine gesicherte berufliche Existenz aufgab. Nach seinem glaubhaften Vorbringen war ungewiss, wie es in Kanada weitergehen würde. Unplausibel ist, dass er diese existenzielle Unsicherheit in Kauf genommen haben soll aus Anlass einer früheren - nunmehr abgeschlossenen Zeit - geringere Entlohnung.

Die vom Kläger genannten Motive für seine Ausreise sind im Übrigen solche, die keinen Zusammenhang mit einer Zugehörigkeit des Klägers zum dSK erkennen lassen. Die Einschränkung der persönlichen Freiheit - der Kläger nennt als Beispiel die fehlende Reisefreiheit, die Einschränkung der freien Religionsausübung - betraf nicht allein die Minderheit der zum dSK Zugehörigen, sondern auch - wie der Kläger in seiner eidesstattlichen Versicherung betont hat "jeden" ("Jeder wurde verdächtigt, ein Gegner des Regimes zu sein"). Insoweit war es nicht ein Wunsch nach "Distanzierung von dem herrschenden kommunistischen System", der nach der Rechtsprechung des BSG "nicht von vornherein" den Nötigungszusammenhang ausschließen soll (Urteil vom 19. Dezember 1991, 4/1 RA 41/90, zitiert nach juris, Rz. 24), der den Kläger und seine Frau zur Ausreise bewegt hat. Hingegen wollte der Kläger die konkret erlebten Einschränkungen im "normalen" Leben, mit seiner Frau nicht mehr hinnehmen trotz der Ungewissheiten einer Emigration.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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