Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 159/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 551/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Verweisbarkeit eines Facharbeiters auf die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters und einer angelernten Registraturkraft.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.06.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1957 geborene Kläger erlernte von 1972 bis 1975 den Beruf eines Malers. In diesem Beruf war er bis 31.08.1998 tätig. Danach folgten Zeiten der Arbeitslosigkeit sowie seit 01.01.2005 der Bezug von Arbeitslosengeld II.
Der Kläger beantragte am 28.02.2007 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Mit Bescheid vom 14.03.2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Nach Widerspruch hiergegen beauftragte die Beklagte den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser kam am 16.08.2007 zu dem Ergebnis, der Kläger könne bei Fehlhaltungen der Wirbelsäule und degenerativen Veränderungen an Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule bei zusätzlichem Zustand nach Bandscheibenvorfall und Schmerzsymptomatik und Funktionseinschränkung des linken Kniegelenks nach Tibiakopftrümmerfraktur 7/2006 noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte, zeitweise auch mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus bzw. im Sitzen verrichten. Zu vermeiden sei häufiges Bücken, lang anhaltende bzw. häufige Überkopfarbeiten, häufiges Klettern oder Steigen, Tätigkeiten im Knien oder in der Hocke, Nachtschicht und Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck. Die weiter beauftragte Neurologin, Psychiaterin und Sozialmedizinerin Dr. B. kam am 11.09.2007 zu dem Ergebnis, bei der Diagnose von rezidivierend auftretenden Kreuzschmerzen bei degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit einer Bandscheibenoperation in Höhe L 4/L 5 und L 5/S 1 könne der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Nachtschicht im Wechselrhythmus verrichten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die dagegen zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhobene Klage hat der Kläger im Wesentlichen damit begründet, sein Leistungsvermögen lasse eine wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichtende Tätigkeit nicht zu, desgleichen könne er eine medizinisch und sozial zumutbare Verweisungstätigkeit nicht sechs Stunden täglich ausüben.
Das SG hat die medizinischen Unterlagen beigezogen und ein Gutachten von dem Chirurgen Dr. S. eingeholt. Dieser beschreibt in seinem Gutachten vom 03.06.2008 Fehlhaltungen im Bereich der Wirbelsäule, leichtgradige Funktionsbehinderungen in der Halswirbelsäule, leicht bis mittelgradig in der Lendenwirbelsäule, Zustand nach mehrfacher Bandscheibenoperation an der unteren Wirbelsäule, ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, rezidivierende Kreuzschmerzen, posttraumatische Arthrose am linken Kniegelenk mit leichter Ergussbildung und Muskelminderung am linken Bein, Bandlockerung im Kniegelenk, Fuß- und Zehenfehlform beidseits. Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen verrichten. Zu vermeiden seien schwere und mittelschwere Hebe- und Tragetätigkeiten, Zwangshaltungen, bückende und kniende Arbeiten, häufiges Steigen, Schutz vor Nässe, Kälte und Zugluft.
Mit Urteil vom 03.06.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten und zumutbar auf den Verweisungsberuf eines Telefonisten verwiesen werden.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, er sei nicht mehr in der Lage, die Verweisungstätigkeit eines Telefonisten auszuüben. Die Tätigkeit eines Telefonisten werde in Schichtarbeit ausgeübt und sei mit erheblichem Zeitdruck belastet. Er sei jedoch nicht mehr in der Lage, Schichtarbeit und Arbeit mit erheblichem Zeitdruck zu verrichten. Im Übrigen bestehe auch kein sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Der Senat hat aktuelle Befundberichte für die Zeit ab 2008 eingeholt und den Orthopäden, Rheumatologen und Chirurgen Dr. C. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 11.02.2010 folgende Diagnosen gestellt:
- Schmerzsymptomatik und Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei degenerativ-umformenden Veränderungen und bei Zustand nach Bandscheibenvorfall sowie zweimaligen operativen Eingriffen in den 90er Jahren.
- Schmerzsymptomatik des linken Kniegelenkes sowie leichte Bewegungseinschränkung und Instabilität. Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur links. Reizlose Narben bei Zustand nach knöcherner Verletzung des kniegelenknahen Schienbeines und operativer Versorgung 2006. Degenerativ umformende Veränderungen des linken Kniegelenkes. Leichte Funktionseinschränkung des linken Sprunggelenkes. Hautexanthem über dem sprunggelenknahen linken Unterschenkel.
- Deutliche Fußdeformität mit Senk-Spreizfüßen sowie Hallux valgus-Deformität beiderseits ohne wesentliche Schmerzsymptomatik.
- Gelegentlich auftretende leichte Schmerzsymptomatik des linken Auges bei Zustand nach Polytrauma 08.07.2006 mit Schädel-Hirn-Trauma, Kieferhöhlenwandfraktur, Jochbeinfraktur und Unterkieferfraktur.
Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis kurzzeitige mittelschwere körperliche Tätigkeiten, überwiegend sitzend oder im Wechselrhythmus verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen wie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, Heben von schweren Lasten, Arbeiten unter Zwangshaltungen im Knien sowie in gebeugter Haltung.
Im Erörterungstermin am 05.10.2010 hat der Kläger erklärt, er habe zuhause einen PC. Er sei kein Profi. Ab und zu schreibe er einen Brief und nutze das Internet. Der Klägervertreter hat weiter vorgetragen, die bei dem Kläger spärlich vorhandenen und für den "Hausgebrauch" ausreichenden PC-Kenntnisse genügten nicht, dass der Kläger qualifizierte Registratur- oder Telefonistentätigkeiten in einer Anlernzeit von bis zu drei Monaten erlernen könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Nürnberg vom 03.06.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2008 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die gesetzlichen Leistungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf den Antrag vom 28.02.2007 hin zu gewähren, hilfs- weise die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens zu der Frage, ob der Kläger als Facharbeiter zumutbar verwiesen werden kann.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 03.06.2008 zurückzuweisen.
Der Kläger könne auch auf die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters verwiesen werden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat, denn der Kläger kann mit seinem noch wenigstens sechs Stunden täglichen Leistungsvermögen mit qualitativen Einschränkungen in den Verweisungsberufen als Poststellenmitarbeiter oder angelernte Registraturkraft tätig sein.
Gemäß § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf unter sechs Stunden gesunken ist, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die deren Fähigkeiten und Kräften entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats die zuletzt versicherungspflichtig verrichtete Tätigkeit als Maler nicht mehr ausüben, denn sein Leistungsvermögen entspricht nicht dem Anforderungsprofil dieses Berufes mit Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten im Knien und Stehen.
Vielmehr stellt sich sein Leistungsvermögen folgendermaßen dar: Der Kläger ist noch in der Lage, wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis kurzzeitig auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten überwiegend sitzend oder im Wechselrhythmus zu verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, Heben und Tragen von schweren Lasten, Tätigkeiten in Zwangshaltungen, im Knien sowie in gebeugter Haltung sowie unter ungünstigen äußeren Bedingungen. Zu vermeiden sind ebenfalls Nachtschicht und Arbeiten mit besonderem Zeitdruck.
Zur Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers stützt sich der Senat auf die Feststellungen der Sachverständigen Dr. C. und des im SG-Verfahren gehörten Dr. S ... Eingeschränkt ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers im Wesentlichen auf orthopädischem Gebiet durch eine Schmerzsymptomatik und Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei degenerativ umformenden Veränderungen und bei Zustand nach Bandscheibenvorfall sowie zweimaligen operativen Eingriffen, Schmerzsymptomatik des linken Kniegelenkes sowie leichte Bewegungseinschränkung und Instabilität, deutliche Fußdeformität mit Senk-Spreiz-Füßen sowie Hallux valgus-Deformität beidseits ohne wesentliche Schmerzsymptomatik sowie eine gelegentlich auftretende leichte Schmerzsymptomatik des linken Auges bei Zustand nach Polytrauma am 08.07.2006. Allerdings bedingen diese Behinderungen keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens. Dr. C. und Dr. S. führen aus, dass die orthopädischen Beschwerden lediglich eine Einschränkung des Bewegungs- und Stützsystems im o.g. Sinne bedingen.
Auf nervenärztlichem Fachgebiet hat Dr. B. im Verwaltungsverfahren keine Diagnose von erwerbsmindernder Bedeutung gestellt, sie hat jedoch eine qualitative Einschränkung dahingehend formuliert, dass Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck und Nachtschicht nicht verrichten werden könnten. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob diese Einschränkung (ohne Bezug zu einer Diagnose) tatsächlich vorliegt, denn sie führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.
Der Kläger ist nicht berufsunfähig, denn er kann zumutbar auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft wie auch eines Poststellenmitarbeiters verwiesen werden.
Zur Beurteilung der verschiedenen beruflichen Tätigkeiten und der Zumutbarkeit einer Verweisung auf andere Tätigkeiten hat das Bundessozialgericht ein Mehrstufenschema entwickelt. Danach können die Berufe der Versicherten im Bereich der Arbeiter in Gruppen eingeteilt werden. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Danach werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters und des ungelernten Arbeiters qualifiziert. Für den Bereich der Angelernten ist zu unterscheiden zwischen einer Ausbildung von 12 bis zu 24 Monaten (oberer Bereich) und einem sonstigen Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von 3 Monaten bis zu 12 Monaten (unterer Bereich). Versicherte sind grundsätzlich auf die Tätigkeiten der gleichen oder nächstniedrigeren Stufe verweisbar (BSG, Urteil vom 25.01.1994 - B 4 RAR 35/93; Urteil vom 29.07.2004
- B 4 RA 5/04 - veröffentlicht in juris).
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Facharbeiter auf die Tätigkeit eines Telefonisten verwiesen werden kann. Denn er ist subjektiv zumutbar verweisbar auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft. Diese entspricht der nächstniedrigeren Stufe. Zum Aufgabenbereich zählt das Sortieren und Ablegen von Schriftgut, das Beschriften von Ordnern und Heften, das Ziehen und das Ablegen/Abhängen von Vorgängen, das Aussondern und Vorbereiten der Aufgabe zum Vernichten von Akten, das Führen von nach bestimmten Kriterien geordneten Karten und Terminüberwachungslisten und gegebenenfalls das Anfertigen von Fotokopien. Die Tätigkeit einer Registraturkraft ist als körperlich leichte Tätigkeit zu qualifizieren, welche bereits aus arbeitsorganisatorischen Gründen im Wechsel zwischen Sitzen und Stehen und Gehen verrichtet wird. Schweres Heben und Tragen wird nicht gefordert. In den Registraturen sind die erforderlichen Hilfsmittel (Registraturwagen, Ablagemöglichkeiten etc.) in der Regel vorhanden. Die körperlichen Belastungen hängen weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsplatzorganisation ab. Folglich sind das Handhaben schwerer Aktenvorgänge, Zwangshaltungen und das Arbeiten auf Leitern nicht generell mit der Tätigkeit einer Registraturkraft verbunden. An die geistigen Anforderungen einer Tätigkeit als Registraturkraft werden keine über das normal übliche Maß hinausgehenden Ansprüche gestellt. Soweit der Arbeitsplatz mit einem vernetzten PC ausgestattet ist, können die für alle Beschäftigten somit auch die für die Registraturkräfte erforderlichen grundlegenden Kenntnisse innerhalb der Einarbeitungszeit auch von Beschäftigten ohne Vorkenntnisse bzw. bisher nicht in der Bedienung einer Tastatur geübten Beschäftigten angeeignet werden. Die Tätigkeit als Registraturkraft reicht von vorwiegend mechanischen Tätigkeiten (ehemals nach X BAT vergütet), über einfachere Arbeiten (ehemals IX BAT), schwierige Tätigkeiten (ehemals VIII BAT) bis zu Arbeiten mit gründlichen und besonders qualifizierten Fachkenntnissen und/oder leitenden Funktionen (ehemals VII bis V BAT). Bei der Tätigkeit nach der Vergütungsgruppe VIII BAT handelte es sich um eine angelernte Tätigkeit (Urteil des BayLSG vom 10.02.2010 - L 13 R 1010/08, Urteil des BayLSG vom 19.12.2007 - L 19 R 904/05 - veröffentlicht in juris), auf die ein Facharbeiter grundsätzlich verwiesen werden kann (BSG, Urteil vom 25.08.1993 - 13 RJ 59/92 - veröffentlicht in juris).
Der Kläger kann sich in diese Tätigkeit auch innerhalb von drei Monaten einarbeiten (vgl zu diesem Erfordernis BSG, Urteil vom 22.09.1977 - 5 RJ 96/76 - veröffentlicht in juris). Der Kläger besitzt schon PC-Kenntnisse, hinsichtlich seiner Umstellungsfähigkeit auf neue Tätigkeiten bestehen ebenfalls keinerlei Einschränkungen.
Das gleiche gilt für die Verweisung auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle. Diese Tätigkeit ist ebenfalls der Vergütungsgruppe BAT VIII zuzuordnen (so auch Urteil des LSG Sachsen- Anhalt vom 21.01.2010 - L 10 KN 2/08 - veröffentlicht in juris). Es handelt sich hierbei um eine körperlich leichte, gelegentliche mittelschwere Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen sowie die Feinmotorik der Hände. Die erforderlichen Lese- und Schreibkenntnisse sind als normal zu bewerten. Arbeiten unter gelegentlichem Stress und Zeitdruck sind nicht auszuschließen. Die Tätigkeit umfasst die Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost sowie der Hauspost, die Entnahme des Inhalts von Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels, das Auszeichnen, Sortieren und Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen. Die Mitarbeiter einer Poststelle bereiten ebenfalls die Ausgangspost vor. Dies geschieht durch Falten und Kuvertieren, Wiegen und Feststellen des Briefpaketportos, Frankieren per Hand bzw. mit Frankiermaschinen, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in die Auslieferungsbücher. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln wie PC, Scanner, Faxgerät und Kopierer sowie Brieföffnungsmaschinen, Kuvertiermaschinen und Frankiermaschinen (berufskundliche Stellungnahme des Landesarbeitsamts Hessen vom 26.05.2009 in dem Verfahren S 2 R 618/05 vor dem Sozialgericht Giessen).
Auch diese Tätigkeit entspricht dem Leistungsvermögen des Klägers. Der mit dieser Tätigkeit verbundene "gelegentliche Zeitdruck" ist nicht gleichzusetzen mit Tätigkeiten, die mit einem "besonderen Zeitdruck", d.h. ständigen Termindruck verbunden sind. Der Kläger ist also subjektiv und objektiv auf diese Tätigkeit verweisbar.
Dem Hilfsantrag des Klägers auf Einholung eines berufskundlichen Gutachtens zu der Frage, ob der Kläger als Facharbeiter zumutbar verwiesen werden kann, war nicht nachzukommen. Diese Fragestellung ist zum einen zu unbestimmt, zum anderen ist die allgemeine Frage der Verweisbarkeit eines Facharbeiters im Rahmen des § 240 SGB VI eine Rechtsfrage, die nicht durch eine berufskundliche Stellungnahme geklärt werden kann, sondern der richterlichen Würdigung unterliegt.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1957 geborene Kläger erlernte von 1972 bis 1975 den Beruf eines Malers. In diesem Beruf war er bis 31.08.1998 tätig. Danach folgten Zeiten der Arbeitslosigkeit sowie seit 01.01.2005 der Bezug von Arbeitslosengeld II.
Der Kläger beantragte am 28.02.2007 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Mit Bescheid vom 14.03.2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Nach Widerspruch hiergegen beauftragte die Beklagte den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser kam am 16.08.2007 zu dem Ergebnis, der Kläger könne bei Fehlhaltungen der Wirbelsäule und degenerativen Veränderungen an Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule bei zusätzlichem Zustand nach Bandscheibenvorfall und Schmerzsymptomatik und Funktionseinschränkung des linken Kniegelenks nach Tibiakopftrümmerfraktur 7/2006 noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte, zeitweise auch mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus bzw. im Sitzen verrichten. Zu vermeiden sei häufiges Bücken, lang anhaltende bzw. häufige Überkopfarbeiten, häufiges Klettern oder Steigen, Tätigkeiten im Knien oder in der Hocke, Nachtschicht und Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck. Die weiter beauftragte Neurologin, Psychiaterin und Sozialmedizinerin Dr. B. kam am 11.09.2007 zu dem Ergebnis, bei der Diagnose von rezidivierend auftretenden Kreuzschmerzen bei degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit einer Bandscheibenoperation in Höhe L 4/L 5 und L 5/S 1 könne der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Nachtschicht im Wechselrhythmus verrichten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die dagegen zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhobene Klage hat der Kläger im Wesentlichen damit begründet, sein Leistungsvermögen lasse eine wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichtende Tätigkeit nicht zu, desgleichen könne er eine medizinisch und sozial zumutbare Verweisungstätigkeit nicht sechs Stunden täglich ausüben.
Das SG hat die medizinischen Unterlagen beigezogen und ein Gutachten von dem Chirurgen Dr. S. eingeholt. Dieser beschreibt in seinem Gutachten vom 03.06.2008 Fehlhaltungen im Bereich der Wirbelsäule, leichtgradige Funktionsbehinderungen in der Halswirbelsäule, leicht bis mittelgradig in der Lendenwirbelsäule, Zustand nach mehrfacher Bandscheibenoperation an der unteren Wirbelsäule, ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, rezidivierende Kreuzschmerzen, posttraumatische Arthrose am linken Kniegelenk mit leichter Ergussbildung und Muskelminderung am linken Bein, Bandlockerung im Kniegelenk, Fuß- und Zehenfehlform beidseits. Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen verrichten. Zu vermeiden seien schwere und mittelschwere Hebe- und Tragetätigkeiten, Zwangshaltungen, bückende und kniende Arbeiten, häufiges Steigen, Schutz vor Nässe, Kälte und Zugluft.
Mit Urteil vom 03.06.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten und zumutbar auf den Verweisungsberuf eines Telefonisten verwiesen werden.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, er sei nicht mehr in der Lage, die Verweisungstätigkeit eines Telefonisten auszuüben. Die Tätigkeit eines Telefonisten werde in Schichtarbeit ausgeübt und sei mit erheblichem Zeitdruck belastet. Er sei jedoch nicht mehr in der Lage, Schichtarbeit und Arbeit mit erheblichem Zeitdruck zu verrichten. Im Übrigen bestehe auch kein sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Der Senat hat aktuelle Befundberichte für die Zeit ab 2008 eingeholt und den Orthopäden, Rheumatologen und Chirurgen Dr. C. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 11.02.2010 folgende Diagnosen gestellt:
- Schmerzsymptomatik und Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei degenerativ-umformenden Veränderungen und bei Zustand nach Bandscheibenvorfall sowie zweimaligen operativen Eingriffen in den 90er Jahren.
- Schmerzsymptomatik des linken Kniegelenkes sowie leichte Bewegungseinschränkung und Instabilität. Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur links. Reizlose Narben bei Zustand nach knöcherner Verletzung des kniegelenknahen Schienbeines und operativer Versorgung 2006. Degenerativ umformende Veränderungen des linken Kniegelenkes. Leichte Funktionseinschränkung des linken Sprunggelenkes. Hautexanthem über dem sprunggelenknahen linken Unterschenkel.
- Deutliche Fußdeformität mit Senk-Spreizfüßen sowie Hallux valgus-Deformität beiderseits ohne wesentliche Schmerzsymptomatik.
- Gelegentlich auftretende leichte Schmerzsymptomatik des linken Auges bei Zustand nach Polytrauma 08.07.2006 mit Schädel-Hirn-Trauma, Kieferhöhlenwandfraktur, Jochbeinfraktur und Unterkieferfraktur.
Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis kurzzeitige mittelschwere körperliche Tätigkeiten, überwiegend sitzend oder im Wechselrhythmus verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen wie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, Heben von schweren Lasten, Arbeiten unter Zwangshaltungen im Knien sowie in gebeugter Haltung.
Im Erörterungstermin am 05.10.2010 hat der Kläger erklärt, er habe zuhause einen PC. Er sei kein Profi. Ab und zu schreibe er einen Brief und nutze das Internet. Der Klägervertreter hat weiter vorgetragen, die bei dem Kläger spärlich vorhandenen und für den "Hausgebrauch" ausreichenden PC-Kenntnisse genügten nicht, dass der Kläger qualifizierte Registratur- oder Telefonistentätigkeiten in einer Anlernzeit von bis zu drei Monaten erlernen könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Nürnberg vom 03.06.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2008 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die gesetzlichen Leistungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf den Antrag vom 28.02.2007 hin zu gewähren, hilfs- weise die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens zu der Frage, ob der Kläger als Facharbeiter zumutbar verwiesen werden kann.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 03.06.2008 zurückzuweisen.
Der Kläger könne auch auf die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters verwiesen werden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat, denn der Kläger kann mit seinem noch wenigstens sechs Stunden täglichen Leistungsvermögen mit qualitativen Einschränkungen in den Verweisungsberufen als Poststellenmitarbeiter oder angelernte Registraturkraft tätig sein.
Gemäß § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf unter sechs Stunden gesunken ist, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die deren Fähigkeiten und Kräften entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats die zuletzt versicherungspflichtig verrichtete Tätigkeit als Maler nicht mehr ausüben, denn sein Leistungsvermögen entspricht nicht dem Anforderungsprofil dieses Berufes mit Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten im Knien und Stehen.
Vielmehr stellt sich sein Leistungsvermögen folgendermaßen dar: Der Kläger ist noch in der Lage, wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis kurzzeitig auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten überwiegend sitzend oder im Wechselrhythmus zu verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, Heben und Tragen von schweren Lasten, Tätigkeiten in Zwangshaltungen, im Knien sowie in gebeugter Haltung sowie unter ungünstigen äußeren Bedingungen. Zu vermeiden sind ebenfalls Nachtschicht und Arbeiten mit besonderem Zeitdruck.
Zur Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers stützt sich der Senat auf die Feststellungen der Sachverständigen Dr. C. und des im SG-Verfahren gehörten Dr. S ... Eingeschränkt ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers im Wesentlichen auf orthopädischem Gebiet durch eine Schmerzsymptomatik und Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei degenerativ umformenden Veränderungen und bei Zustand nach Bandscheibenvorfall sowie zweimaligen operativen Eingriffen, Schmerzsymptomatik des linken Kniegelenkes sowie leichte Bewegungseinschränkung und Instabilität, deutliche Fußdeformität mit Senk-Spreiz-Füßen sowie Hallux valgus-Deformität beidseits ohne wesentliche Schmerzsymptomatik sowie eine gelegentlich auftretende leichte Schmerzsymptomatik des linken Auges bei Zustand nach Polytrauma am 08.07.2006. Allerdings bedingen diese Behinderungen keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens. Dr. C. und Dr. S. führen aus, dass die orthopädischen Beschwerden lediglich eine Einschränkung des Bewegungs- und Stützsystems im o.g. Sinne bedingen.
Auf nervenärztlichem Fachgebiet hat Dr. B. im Verwaltungsverfahren keine Diagnose von erwerbsmindernder Bedeutung gestellt, sie hat jedoch eine qualitative Einschränkung dahingehend formuliert, dass Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck und Nachtschicht nicht verrichten werden könnten. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob diese Einschränkung (ohne Bezug zu einer Diagnose) tatsächlich vorliegt, denn sie führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.
Der Kläger ist nicht berufsunfähig, denn er kann zumutbar auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft wie auch eines Poststellenmitarbeiters verwiesen werden.
Zur Beurteilung der verschiedenen beruflichen Tätigkeiten und der Zumutbarkeit einer Verweisung auf andere Tätigkeiten hat das Bundessozialgericht ein Mehrstufenschema entwickelt. Danach können die Berufe der Versicherten im Bereich der Arbeiter in Gruppen eingeteilt werden. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Danach werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters und des ungelernten Arbeiters qualifiziert. Für den Bereich der Angelernten ist zu unterscheiden zwischen einer Ausbildung von 12 bis zu 24 Monaten (oberer Bereich) und einem sonstigen Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von 3 Monaten bis zu 12 Monaten (unterer Bereich). Versicherte sind grundsätzlich auf die Tätigkeiten der gleichen oder nächstniedrigeren Stufe verweisbar (BSG, Urteil vom 25.01.1994 - B 4 RAR 35/93; Urteil vom 29.07.2004
- B 4 RA 5/04 - veröffentlicht in juris).
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Facharbeiter auf die Tätigkeit eines Telefonisten verwiesen werden kann. Denn er ist subjektiv zumutbar verweisbar auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft. Diese entspricht der nächstniedrigeren Stufe. Zum Aufgabenbereich zählt das Sortieren und Ablegen von Schriftgut, das Beschriften von Ordnern und Heften, das Ziehen und das Ablegen/Abhängen von Vorgängen, das Aussondern und Vorbereiten der Aufgabe zum Vernichten von Akten, das Führen von nach bestimmten Kriterien geordneten Karten und Terminüberwachungslisten und gegebenenfalls das Anfertigen von Fotokopien. Die Tätigkeit einer Registraturkraft ist als körperlich leichte Tätigkeit zu qualifizieren, welche bereits aus arbeitsorganisatorischen Gründen im Wechsel zwischen Sitzen und Stehen und Gehen verrichtet wird. Schweres Heben und Tragen wird nicht gefordert. In den Registraturen sind die erforderlichen Hilfsmittel (Registraturwagen, Ablagemöglichkeiten etc.) in der Regel vorhanden. Die körperlichen Belastungen hängen weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsplatzorganisation ab. Folglich sind das Handhaben schwerer Aktenvorgänge, Zwangshaltungen und das Arbeiten auf Leitern nicht generell mit der Tätigkeit einer Registraturkraft verbunden. An die geistigen Anforderungen einer Tätigkeit als Registraturkraft werden keine über das normal übliche Maß hinausgehenden Ansprüche gestellt. Soweit der Arbeitsplatz mit einem vernetzten PC ausgestattet ist, können die für alle Beschäftigten somit auch die für die Registraturkräfte erforderlichen grundlegenden Kenntnisse innerhalb der Einarbeitungszeit auch von Beschäftigten ohne Vorkenntnisse bzw. bisher nicht in der Bedienung einer Tastatur geübten Beschäftigten angeeignet werden. Die Tätigkeit als Registraturkraft reicht von vorwiegend mechanischen Tätigkeiten (ehemals nach X BAT vergütet), über einfachere Arbeiten (ehemals IX BAT), schwierige Tätigkeiten (ehemals VIII BAT) bis zu Arbeiten mit gründlichen und besonders qualifizierten Fachkenntnissen und/oder leitenden Funktionen (ehemals VII bis V BAT). Bei der Tätigkeit nach der Vergütungsgruppe VIII BAT handelte es sich um eine angelernte Tätigkeit (Urteil des BayLSG vom 10.02.2010 - L 13 R 1010/08, Urteil des BayLSG vom 19.12.2007 - L 19 R 904/05 - veröffentlicht in juris), auf die ein Facharbeiter grundsätzlich verwiesen werden kann (BSG, Urteil vom 25.08.1993 - 13 RJ 59/92 - veröffentlicht in juris).
Der Kläger kann sich in diese Tätigkeit auch innerhalb von drei Monaten einarbeiten (vgl zu diesem Erfordernis BSG, Urteil vom 22.09.1977 - 5 RJ 96/76 - veröffentlicht in juris). Der Kläger besitzt schon PC-Kenntnisse, hinsichtlich seiner Umstellungsfähigkeit auf neue Tätigkeiten bestehen ebenfalls keinerlei Einschränkungen.
Das gleiche gilt für die Verweisung auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle. Diese Tätigkeit ist ebenfalls der Vergütungsgruppe BAT VIII zuzuordnen (so auch Urteil des LSG Sachsen- Anhalt vom 21.01.2010 - L 10 KN 2/08 - veröffentlicht in juris). Es handelt sich hierbei um eine körperlich leichte, gelegentliche mittelschwere Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen sowie die Feinmotorik der Hände. Die erforderlichen Lese- und Schreibkenntnisse sind als normal zu bewerten. Arbeiten unter gelegentlichem Stress und Zeitdruck sind nicht auszuschließen. Die Tätigkeit umfasst die Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost sowie der Hauspost, die Entnahme des Inhalts von Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels, das Auszeichnen, Sortieren und Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen. Die Mitarbeiter einer Poststelle bereiten ebenfalls die Ausgangspost vor. Dies geschieht durch Falten und Kuvertieren, Wiegen und Feststellen des Briefpaketportos, Frankieren per Hand bzw. mit Frankiermaschinen, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in die Auslieferungsbücher. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln wie PC, Scanner, Faxgerät und Kopierer sowie Brieföffnungsmaschinen, Kuvertiermaschinen und Frankiermaschinen (berufskundliche Stellungnahme des Landesarbeitsamts Hessen vom 26.05.2009 in dem Verfahren S 2 R 618/05 vor dem Sozialgericht Giessen).
Auch diese Tätigkeit entspricht dem Leistungsvermögen des Klägers. Der mit dieser Tätigkeit verbundene "gelegentliche Zeitdruck" ist nicht gleichzusetzen mit Tätigkeiten, die mit einem "besonderen Zeitdruck", d.h. ständigen Termindruck verbunden sind. Der Kläger ist also subjektiv und objektiv auf diese Tätigkeit verweisbar.
Dem Hilfsantrag des Klägers auf Einholung eines berufskundlichen Gutachtens zu der Frage, ob der Kläger als Facharbeiter zumutbar verwiesen werden kann, war nicht nachzukommen. Diese Fragestellung ist zum einen zu unbestimmt, zum anderen ist die allgemeine Frage der Verweisbarkeit eines Facharbeiters im Rahmen des § 240 SGB VI eine Rechtsfrage, die nicht durch eine berufskundliche Stellungnahme geklärt werden kann, sondern der richterlichen Würdigung unterliegt.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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