Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 P 37/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 12/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ob Plfegebedürftigkeit vorliegt, richtet sich nicht danach, ob bestimmte Krankheiten oder die Schwerbehinderteneigenschaft gegeben sind.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom
21.01.2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I zu gewähren sind.
Die bei der Beklagten versicherte Klägerin beantragte am 25.08.2008 Leistungen der Pflegestufe I in Form von Pflegegeld. In einem von der Beklagten in Auftrag gegebenen sozialmedizinischen Gutachten vom 20.11.2008 stellte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) aufgrund eines Hausbesuches einen Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege von 19 Minuten täglich und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 45 Minuten am Tag fest. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 25.11.2008 den Antrag ab.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29.04.2009).
Hiergegen hat die Klägerin am 13.05.2009 Klage beim Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Es seien auch Zeiten für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zu berücksichtigen. Duschen sei aufgrund des Fehlens einer Dusche unmöglich. Es müsse ein tägliches Bad mit einem Zeitaufwand von mindestens 80 Minuten täglich berücksichtigt werden.
Im vorbereitenden Verfahren hat das SG einen schriftlichen Befundbericht des Hausarztes Dr. B. vom 06.07.2009 eingeholt, demzufolge die letzte Behandlung der Klägerin am 14.08.2008 stattgefunden habe. Im Auftrag des SG hat die Pflegesachverständige W. nach Hausbesuch ein sozialmedizinisches Gutachten zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit vom 24.07.2009 erstellt. Der Grundpflegebedarf betrage täglich 22 Minuten, der Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung 45 Minuten.
In einer ergänzenden Stellungnahme blieb die Sachverständige bei ihrer Einschätzung.
Einen Antrag der Klägerin, die Sachverständige W. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat das SG mit Beschluss vom 23.10.2009 abgelehnt.
Mit Urteil vom 21.01.2010 wies das Sozialgericht Augsburg die Klage ab und stützte sich dabei auf die Ausführungen der Pflegesachverständigen W ...
Hiergegen hat die Klägerin am 18.02.2010 Berufung eingelegt. Das Gutachten der Pflegesachverständigen W., gegen die sie einen Befangenheitsantrag gestellt hatte, sei nicht überzeugend. Auch hätte ein Orthopäde zu ihrer Gehbehinderung befragt werden müssen.
Im Auftrag des Senats erstellte die Ärztin Dr. B. am 03.08.2010 ein weiteres Gutachten nach Hausbesuch. Als pflegerelevante Gesundheitsstörungen seien eine Polyarthrose der kleinen und großen Gelenke zu benennen sowie eine operative Versorgung einer Oberschenkelhalsfraktur rechts im April 2005 nach einem Sturz mit schmerzhafter Gang- und Standunsicherheit. Zudem leide die Klägerin an einer Harninkontinenz. Die Klägerin benötige bei wenigen Verrichtungen des täglichen Lebens Hilfe. Sie versorge sich überwiegend selbst sowohl grundpflegerisch als auch teilweise hauswirtschaftlich. Derzeit werde 14-tägig gebadet und zweimal wöchentlich übernehme eine Nachbarin die hauswirtschaftliche Versorgung. Für die Grundpflege sei der Pflegebedarf im Tagesdurchschnitt mit 22 Minuten einzuschätzen. Hierbei entfielen auf die Körperpflege 15 Minuten, wobei von einer Teilübernahme bei einem einmal täglichen Badevorgang ausgegangen wurde. Für die Mobilität wurden für das Anziehung der Socken und Strümpfe einmal täglich 2 Minuten, für das Stehen zweimal täglich 2 Minuten = 4 Minuten geschätzt. Es ergab sich ein Hilfebedarf von 22 Minuten.
Die Klägerin machte erneut geltend, dass eine professionell ausgebildete Pflegefachkraft ihres Pflegedienstes annähernd 60 Minuten für den Badevorgang benötige. Im Übrigen zweifelt sie das Gutachten der Frau Dr. B. an.
Zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss wurde den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Die Klägerin stellt sinngemäß den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.01.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2009 zu verurteilen, ihr Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für nicht begründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich.
Zu Recht hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren konnte zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen. Wie die ärztliche Sachverständige Dr. B. im Gutachten vom 03.08.2010 ausgeführt hat, ist ein Pflegebedarf, der Leistungen der Pflegestufe I begründen könnte, nicht festzustellen. Hilfe braucht die Klägerin beim täglichen Baden in Form von teilweiser Übernahme. Aufgrund der Standunsicherheit wird Hilfe beim Waschen des Unterkörpers in der Badewanne benötigt. Der Oberkörper sowie Hände und Gesicht können von der Klägerin noch selbstständig gewaschen werden. Auch in den übrigen Verrichtungen der Körperpflege ist Selbstständigkeit gegeben. Bei der Ernährung ist keine Hilfe erforderlich. Die Klägerin kann gekochte Speisen oder Fertiggerichte selbstständig zerkleinern und essen. Frühstück und Abendessen werden selbst vorbereitet. Bei der Mobilität ist Hilfe beim Ankleiden von Socken oder Strümpfen erforderlich, sowie der tägliche Transfer (= Stehen) in die bzw. aus der Badewanne. Aufstehen und Zubettgehen, Entkleiden und Gehen mit Hilfsmitteln gelingt selbstständig. Treppensteigen ist innerhalb der Wohnung nicht erforderlich. Das Verlassen/Wiederaufsuchen des Hauses ist regelmäßig zu Arzt- oder Therapiebesuchen nicht nötig.
Dem Gutachten der Sachverständigen Dr. B. ist zu folgen, da die Sachverständige sich bei ihrem Hausbesuch bei der Klägerin ein umfassendes Bild vom Pflegebedarf machen konnte. Die Sachverständige stimmt überein mit dem Gutachten der Pflegesachverständigen W., die ihr Gutachten für das Sozialgericht erstellt hat. Im Rahmen der Anfechtungs- und Leistungsklage war die Einholung eines weiteren Gutachtens in der zweiten Instanz angezeigt.
Die hiergegen von der Klägerin erneut vorgebrachten Einwände, insbesondere gegen die Tatsache, dass die Sachverständige Dr. B. Einsicht in die Akten hatte, greift nicht durch. Im Gegenteil ist der Sachverständigen der komplette Akteninhalt zur Kenntnis zu geben, damit sich diese ein Gesamtbild machen kann.
Der zeitliche Ansatz von 15 Minuten für das Baden ist an der Höchstgrenze, da dieses nur eine Teilübernahme erfordert.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
21.01.2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I zu gewähren sind.
Die bei der Beklagten versicherte Klägerin beantragte am 25.08.2008 Leistungen der Pflegestufe I in Form von Pflegegeld. In einem von der Beklagten in Auftrag gegebenen sozialmedizinischen Gutachten vom 20.11.2008 stellte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) aufgrund eines Hausbesuches einen Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege von 19 Minuten täglich und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 45 Minuten am Tag fest. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 25.11.2008 den Antrag ab.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29.04.2009).
Hiergegen hat die Klägerin am 13.05.2009 Klage beim Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Es seien auch Zeiten für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zu berücksichtigen. Duschen sei aufgrund des Fehlens einer Dusche unmöglich. Es müsse ein tägliches Bad mit einem Zeitaufwand von mindestens 80 Minuten täglich berücksichtigt werden.
Im vorbereitenden Verfahren hat das SG einen schriftlichen Befundbericht des Hausarztes Dr. B. vom 06.07.2009 eingeholt, demzufolge die letzte Behandlung der Klägerin am 14.08.2008 stattgefunden habe. Im Auftrag des SG hat die Pflegesachverständige W. nach Hausbesuch ein sozialmedizinisches Gutachten zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit vom 24.07.2009 erstellt. Der Grundpflegebedarf betrage täglich 22 Minuten, der Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung 45 Minuten.
In einer ergänzenden Stellungnahme blieb die Sachverständige bei ihrer Einschätzung.
Einen Antrag der Klägerin, die Sachverständige W. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat das SG mit Beschluss vom 23.10.2009 abgelehnt.
Mit Urteil vom 21.01.2010 wies das Sozialgericht Augsburg die Klage ab und stützte sich dabei auf die Ausführungen der Pflegesachverständigen W ...
Hiergegen hat die Klägerin am 18.02.2010 Berufung eingelegt. Das Gutachten der Pflegesachverständigen W., gegen die sie einen Befangenheitsantrag gestellt hatte, sei nicht überzeugend. Auch hätte ein Orthopäde zu ihrer Gehbehinderung befragt werden müssen.
Im Auftrag des Senats erstellte die Ärztin Dr. B. am 03.08.2010 ein weiteres Gutachten nach Hausbesuch. Als pflegerelevante Gesundheitsstörungen seien eine Polyarthrose der kleinen und großen Gelenke zu benennen sowie eine operative Versorgung einer Oberschenkelhalsfraktur rechts im April 2005 nach einem Sturz mit schmerzhafter Gang- und Standunsicherheit. Zudem leide die Klägerin an einer Harninkontinenz. Die Klägerin benötige bei wenigen Verrichtungen des täglichen Lebens Hilfe. Sie versorge sich überwiegend selbst sowohl grundpflegerisch als auch teilweise hauswirtschaftlich. Derzeit werde 14-tägig gebadet und zweimal wöchentlich übernehme eine Nachbarin die hauswirtschaftliche Versorgung. Für die Grundpflege sei der Pflegebedarf im Tagesdurchschnitt mit 22 Minuten einzuschätzen. Hierbei entfielen auf die Körperpflege 15 Minuten, wobei von einer Teilübernahme bei einem einmal täglichen Badevorgang ausgegangen wurde. Für die Mobilität wurden für das Anziehung der Socken und Strümpfe einmal täglich 2 Minuten, für das Stehen zweimal täglich 2 Minuten = 4 Minuten geschätzt. Es ergab sich ein Hilfebedarf von 22 Minuten.
Die Klägerin machte erneut geltend, dass eine professionell ausgebildete Pflegefachkraft ihres Pflegedienstes annähernd 60 Minuten für den Badevorgang benötige. Im Übrigen zweifelt sie das Gutachten der Frau Dr. B. an.
Zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss wurde den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Die Klägerin stellt sinngemäß den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.01.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2009 zu verurteilen, ihr Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für nicht begründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich.
Zu Recht hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren konnte zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen. Wie die ärztliche Sachverständige Dr. B. im Gutachten vom 03.08.2010 ausgeführt hat, ist ein Pflegebedarf, der Leistungen der Pflegestufe I begründen könnte, nicht festzustellen. Hilfe braucht die Klägerin beim täglichen Baden in Form von teilweiser Übernahme. Aufgrund der Standunsicherheit wird Hilfe beim Waschen des Unterkörpers in der Badewanne benötigt. Der Oberkörper sowie Hände und Gesicht können von der Klägerin noch selbstständig gewaschen werden. Auch in den übrigen Verrichtungen der Körperpflege ist Selbstständigkeit gegeben. Bei der Ernährung ist keine Hilfe erforderlich. Die Klägerin kann gekochte Speisen oder Fertiggerichte selbstständig zerkleinern und essen. Frühstück und Abendessen werden selbst vorbereitet. Bei der Mobilität ist Hilfe beim Ankleiden von Socken oder Strümpfen erforderlich, sowie der tägliche Transfer (= Stehen) in die bzw. aus der Badewanne. Aufstehen und Zubettgehen, Entkleiden und Gehen mit Hilfsmitteln gelingt selbstständig. Treppensteigen ist innerhalb der Wohnung nicht erforderlich. Das Verlassen/Wiederaufsuchen des Hauses ist regelmäßig zu Arzt- oder Therapiebesuchen nicht nötig.
Dem Gutachten der Sachverständigen Dr. B. ist zu folgen, da die Sachverständige sich bei ihrem Hausbesuch bei der Klägerin ein umfassendes Bild vom Pflegebedarf machen konnte. Die Sachverständige stimmt überein mit dem Gutachten der Pflegesachverständigen W., die ihr Gutachten für das Sozialgericht erstellt hat. Im Rahmen der Anfechtungs- und Leistungsklage war die Einholung eines weiteren Gutachtens in der zweiten Instanz angezeigt.
Die hiergegen von der Klägerin erneut vorgebrachten Einwände, insbesondere gegen die Tatsache, dass die Sachverständige Dr. B. Einsicht in die Akten hatte, greift nicht durch. Im Gegenteil ist der Sachverständigen der komplette Akteninhalt zur Kenntnis zu geben, damit sich diese ein Gesamtbild machen kann.
Der zeitliche Ansatz von 15 Minuten für das Baden ist an der Höchstgrenze, da dieses nur eine Teilübernahme erfordert.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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