L 13 AS 5179/10 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 3444/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 5179/10 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 1. Oktober 2010 (S 2 AS 3444/10) wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 1. Oktober 2010 (S 2 AS 3444/10) ist statthaft (vgl. § 145 Abs. 1 SGG), sie ist jedoch nicht begründet.

Mit Urteil vom 1. Oktober 2010 hat das SG die auf Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2010 und des Bescheids vom 15. April 2020, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Sinne der §§ 19 ff SGB II für die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 30. April 2010 aufgehoben und die Erstattung von 360,10 Euro angeordnet hat, gerichtete Klage Euro abgewiesen; das SG hat die Berufung nicht zugelassen. Gegen das ihr am 6. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am (Montag) 8. November 2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Wert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Denn bei einer Wert des aufgehobenen Rechts in Höhe von 360,00 Euro und der Festsetzung der entsprechenden Erstattung wird der Betrag von 750,00 Euro nicht somit nicht erreicht.

Da das SG die Berufung im Urteil nicht zugelassen hat, bedarf eine Berufung der Zulassung durch Beschluss des LSG (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Die Klägerin macht in ihrer Beschwerde lediglich geltend, sie sei mit dem Urteil des SG nicht einverstanden. Damit sie Beschwerde einlegen könne, brauche sie die Hilfe eines Rechtsanwaltes; vorher habe sie die Rechtsanwaltskosten gespart, einige Fehler gemacht und verloren.

Mit ihrem Vorbringen macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Entscheidung des SG sei unrichtig und deswegen rechtswidrig. Mit diesem Vorbringen rügt die Klägerin zunächst die (aus ihrer Sicht) materielle Unrichtigkeit des Urteils des SG; hierauf kann die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nicht (mit Erfolg) gestützt werden. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit BSGE 2, 121, 132 zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 144 Rndr. 28; vgl. dort auch § 160 Rdnr. 6 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Eine (noch) klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinn wirft die Streitsache nicht auf, denn in Rechtsprechung und Literatur ist geklärt, dass ein per Email eingelegter Widerspruch im Sinne des § 84 SGG formunwirksam ist und den Bescheid bestandskräftig werden lässt. Eine hiergegen gerichtete Klage ist unzulässig (Lüdtke in SGG, 3. Auflage, § 84 Rn. 5), jedenfalls unbegründet (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. September 2010 - L 18 AL 76/10 - juris unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 12. Oktober 1979 - 12 RK 19/78 - BSGE 49, 85-92 = SozR 2200 § 1422 Nr. 1 = juris; zum Problem vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 11. Juli 2007 - L 9 AS 161/07 ER - juris Rn. 5).

Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung zuständigen Landessozialgerichts (hier: LSG Baden-Württemberg), des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Breitkreuz in Breitkreuz/ Fichte, SGG, § 144 Rdnr. 35; Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 30 sowie § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen allgemein gültigen Rechtssatz, der von der Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg, des BSG oder der anderen in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte hat das SG in seinem Urteil nicht aufgestellt. Damit liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor.

Auch liegt kein Verfahrensfehler im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG vor. Einen solchen hat die Klägerin weder geltend gemacht, noch konnte ein solcher vom Senat festgestellt werden. Damit war die Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen.

Die Ausführungen der Klägerin in ihrer Beschwerde vom 8. November 2010 waren nicht als Antrag auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu verstehen, denn die Klägerin hat zwar mitgeteilt, sie wolle einen Rechtsanwalt beiziehen, hat jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie dazu der finanziellen Unterstützung durch die Staatskasse bedürfe. Alleine daraus, dass es sich um einen Rechtsstreit im Sachbereich des SGB II handelt, ist noch nicht zu folgern, dass der jeweilige Kläger die Gewährung von Prozesskostenhilfe begehrt.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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