L 2 P 47/09 B

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 P 39/08 ER, S 4
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 47/09 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Zur Unanfechtbarkeit einer im Beschlussverfahren ergangenen Kostengrundentscheidung.
2. Zur Festsetzung des Streitwertes auf die Hälfte des Hauptsachestreitwertes in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, das auf den vorläufigen Abschluss eines befristeten Versorgungsvertrages gerichtet ist.
I. Die Beschwerde der Beschwerdegegner gegen Nummer I. des Beschlusses des Sozialgerichts Landshut vom 7. Oktober 2009 wird verworfen.

II. Die Anschlussbeschwerde des Beschwerdeführers gegen Nummer I. des Beschlusses wird verworfen.

III. Der Streitwert des Anordnungsverfahrens wird unter Abänderung der Nummer III. des Beschlusses auf 144.000,00 EUR festgesetzt.

IV. Die Beteiligten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (zu Nrn. I und II) jeweils zur Hälfte.



Gründe:


I.

In den vor dem Sozialgericht Landshut geführten Verfahren stritten die Beteiligten über den Abschluss eines Versorgungsvertrages gemäß § 72 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI). Der Kläger und Antragsteller beantragte im Hauptantrag des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, die Antragsgegner zu verpflichten, mit ihm einen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache befristeten Versorgungsvertrag abzuschließen, der inhaltlich dem am 1. November 2002 in Kraft getretenen Vertrag sowie den beiden am 1. Juni 2004 in Kraft getretenen Ergänzungsvereinbarungen entspricht, die zwischen den Antragsgegnern und Herrn H. P. abgeschlossen wurden. Mit Bescheid vom 28. Februar 2008 hatten die Beklagten und Antragsgegner den am 6. Juli 2007 beantragten Abschluss eines Versorgungsvertrages für den Bereich der ambulanten Pflege abgelehnt. Hiergegen richtete sich das Klageverfahren vor dem Sozialgericht.

Am 11. Juli 2008 schlossen die Beteiligten vor dem Sozialgericht einen gerichtlichen Vergleich, wonach die Beklagten und Antragsgegner sich bereit erklärten, mit dem Kläger und Antragsteller mit Wirkung ab 1. Oktober 2008 einen unbefristeten Versorgungsvertrag abzuschließen. Dabei erklärten der Kläger und Antragsteller als Käufer und der Verkäufer des Pflegedienstes, dass von einem monatlichen Gewinn von 8.000 EUR ausgegangen werden könne.

Nachdem die Beteiligten eine Kostengrundentscheidung und eine Entscheidung über den Streitwert im Hauptsache- und Antragsverfahren beantragt hatten, legte das Sozialgericht mit Beschluss vom 7. Oktober 2009 den Beklagten und Antragsgegnern gesamtschuldnerisch 2/3 der Kosten des Rechtsstreits auf (Nr. I des Beschlusses), setzte den Streitwert im Klageverfahren auf 288.000,00 EUR (Nr. II des Beschlusses) und den Streitwert des Anordnungsverfahrens auf 72.000,00 EUR (Nr. III des Beschlusses) fest. Bei der Kostenentscheidung sei zu berücksichtigen, dass die Klage ab 1. Oktober 2008 begründet gewesen sei. Erst nach Streichung einer klägerischen Verurteilung zum 30. September 2008 aus dem Bundeszentralregister habe ein derartiger Anspruch auf Abschluss des Versorgungsvertrages bestanden.
Angesichts der Bedeutung des zukunftsgerichteten Versorgungsvertrages für die wirtschaftliche Existenz des Klägers und Antragstellers sei der Streitwert entsprechend dem Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit nach dem Überschuss aus den Gesamteinnahmen und den Betriebsausgaben innerhalb von drei Jahren festzusetzen. Nach den vorliegenden Unterlagen und Erklärungen sei danach (mindestens) von einem Betrag von 288.000,00 EUR im Klageverfahren auszugehen. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes halte das Gericht ein Viertel der Kosten für angemessen und ausreichend.

Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) hat mit Schriftsatz vom 3. November 2009 beantragt, den Streitwert auch für das Anordnungsverfahren unter Abänderung von Nr. III des Beschlusses auf 288.000,00 EUR festzusetzen. Dies sei bei Vorwegnahme der Hauptsache angezeigt. Auch die vorläufige Vorwegnahme der Hauptsache stelle eine Vorwegnahme im Rechtssinne dar, wenn sie dem Antragsteller für die Dauer des Klageverfahrens die Rechtsposition vermittelt, die er in der Hauptsache anstrebt. In keinem Fall könne der Streitwert aber niedriger als mit der Hälfte des Hauptsachestreitwerts angesetzt werden, da die wirtschaftliche Existenz des Bf. von der raschen Klärung der Vertragsbeziehung mit den Beklagten, Antrags- und Beschwerdegegnern (im Folgenden: Bg.) abhängt.

Mit Schriftsatz vom 13. November 2009 haben auch die Bg. (und insoweit Beschwerdeführer) Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss aufzuheben und die Kosten der Verfahren dem Bf. (und insoweit nun Beschwerdegegner) aufzuerlegen. Die Kostenentscheidung sei aus mehreren Gründen falsch.

In einer am 20. November 2009 eingegangenen Anschlussbeschwerde hat der Bf. beantragt, den Bg. die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Der Senat hat die Beteiligten auf die Unzulässigkeit von Beschwerden gegen die Kostengrundentscheidung hingewiesen. Eine Äußerung der Bg. ging trotz Erinnerung nicht ein; der Bf. hat eine Rücknahme der Anschlussbeschwerde lediglich verbindlich zugesichert, wenn die Ag. ihre Beschwerde zurücknehmen.

II.

Die Beschwerde der Bg. sowie die Anschlussbeschwerde des Bf. sind als unzulässig zu verwerfen, da sie sich gegen die Kostengrundentscheidung des Sozialgerichts richten.

Die Anschlussbeschwerde wurde nicht zurückgenommen, da eine Rücknahme lediglich zugesichert wurde und insgesamt unter einer Bedingung geäußert wurde. Zum einen ist diese Bedingung - nämlich die Rücknahme der Beschwerde durch die Bg. - nicht eingetreten, zum anderen ist die Rücknahme als Prozesshandlung bedingungsfeindlich.

Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nun auch eine Beschwerde ausgeschlossen gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG. In wie hier vorliegenden Verfahren nach § 197 a SGG regelte bereits vor Inkrafttreten des § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG zum 1. April 2008 § 197 a Abs. 1 S. 1 HS 2 SGG in Verbindung mit § 158 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), dass die Entscheidung über die Kosten unanfechtbar ist, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen ist. Auch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung vermag nicht zu einer Statthaftigkeit der Beschwerde zu führen.

Die Beschwerde und Anschlussbeschwerde gegen Nr. I des Beschlusses waren daher zu verwerfen.

Die Streitwertfestsetzung für das Klageverfahren in Höhe von 288.000,00 EUR (Nr. II des Beschlusses) wurde nicht angegriffen, jedoch die Reduzierung des Streitwertes auf 1/4 für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Nr. III des Beschlusses). Nach Ansicht des Senats ist der Streitwert zutreffend auf die Hälfte des für das Klageverfahren maßgeblichen Betrages festzusetzen und der Beschluss insoweit unter Nr. III abzuändern.

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren richtet sich der Streitwert gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 4 GKG nach § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Maßgebend ist die sich aus dem Antrag für den Bf. ergebende Bedeutung der Sache bzw. das Interesse des Bf. an dem Erlass der einstweiligen Anordnung. Nur wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 5.000 EUR anzunehmen. Dabei liegt der Streitwert im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch in der Regel deutlich unter dem des Hauptsacheverfahrens.

Zutreffend stellte das Sozialgericht bei der Streitwertfestsetzung unter Anwendung des auf der Rechtsprechung entwickelten Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit für ein auf Zulassung zur Pflege durch Abschluss eines Versorgungsvertrages gerichtetes Verfahren auf den dreifachen Jahresgewinn ab (vgl. dort Nr. V 1.). Dabei ist es vorliegend nicht sachgerecht, den vollen Streitwert auch für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anzunehmen. Bereits aus dem Antrag des Bf. ergibt sich, dass dieser auf ein deutliches "Weniger" als durch die Klageschrift beantragt gerichtet war. Durch eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG sollte - insoweit zutreffend - lediglich ein vorläufiger Abschluss eines befristeten Versorgungsvertrages erreicht werden, also weder ein Vertrag, der über den Zeitpunkt einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache hin-ausgeht, noch ein unbefristeter Versorgungsvertrag abgeschlossen werden. Der Antrag entsprach dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweg zu nehmen. Damit muss der Streitwert deutlich unter dem des Hauptsacheverfahrens liegen.

Im Hinblick auf den im Hauptsacheverfahren anzunehmenden Berechnungszeitraum von drei Jahren für den Überschuss aus den Gesamteinnahmen und den Betriebsausgaben, die übliche Verfahrensdauer und das wirtschaftliche Interesse des Bf. an einer zügigen Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erscheint dem Senat eine Reduzierung auf 1/4 jedoch als nicht angemessen. Zutreffend weist der Bf. darauf hin, dass der Streitwert in diesem Fall nicht niedriger als mit der Hälfte des Hauptsachestreitwertes angesetzt werden sollte. Der Streitwert ist demgemäß auf 144.000,00 EUR festzusetzen.

Der Beschluss ist nur soweit er die Festsetzung des Streitwertes betrifft kostenfrei (§ 68 Abs. 3 GKG). Im Übrigen ergibt sich die Kostenregelung gemäß § 197 a SGG (vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 176 Rdnr. 5 a m.w.N.).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG; § 68 Abs. 3 S. 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 S. 3 GKG).
Rechtskraft
Aus
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