Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 517/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 159/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Umwandlung einer Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Berufsunfähigkeitsrente aufgrund Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.02.2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 30.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.07.2001, mit dem die Beklagte die mit Bescheid vom 17.03.1995 bewilligte Erwerbsunfähigkeitsrente rückwirkend ab dem 01.12.1995 in eine Rente wegen Berufsunfähigkeit umgewandelt und die hierdurch erfolgte Überzahlung in Höhe von 26.817,57 DM zurückgefordert hat.
Der 1937 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 31.05.1994 die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, nachdem er zuvor als Kraftfahrer und Straßenbauarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt gewesen war. In der Anlage B zum Rentenantrag war erklärt, dass er keine selbstständige Tätigkeit ausübe. Die Beklagte lehnte zunächst mit Bescheid vom 28.07.1994 eine Rentenbewilligung ab, nach Widerspruch des Klägers wurde mit Abhilfebescheid vom 17.03.1995 sodann ab dem 11.11.1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von monatlich 1.436,05 DM gewährt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit habe. Für die Anerkennung des Rentenanspruchs seien die Verhältnisse des Arbeitsmarktes ausschlaggebend. Auf Seite 4 des Rentenbescheides war ausdrücklich auf Mitteilungspflichten hingewiesen. Es bestehe die gesetzliche Verpflichtung, jede Aufnahme oder Ausübung einer Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass, soweit Änderungen Einfluss auf den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe hätten, der Bescheid auch rückwirkend ganz oder teilweise aufgehoben und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückgefordert würden. Auch im weiteren Rentenbescheid vom 15.07.1998 wurde nochmals auf die Mitteilungspflichten ausdrücklich und wortgleich hingewiesen.
Im Rahmen einer Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 04.11.2000 wegen der bevorstehenden Rechtsänderung der Erwerbsminderungsrenten zum 01.01.2001 teilte der Kläger mit Schreiben vom 21.11.2000 mit, dass er Arbeits- einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit in Höhe von ca. 300,00 bis 400,00 DM monatlich brutto beziehe. Handschriftlich war angefügt: "(Brot ausliefern auch ab 1/2001)". Ferner war eine Verdienstbescheinigung der "Z.-GmbH" für Oktober 2000 in Höhe eines Gesamt-Bruttoverdienstes von 81,89 DM beigefügt, auf der handschriftlich vermerkt war: "Ab 01.12.2000 keine Zeitung mehr". Aus dem Fragebogen für Gewerbeanmeldungen ergab sich, dass es sich bei dem angemeldeten Gewerbe um Brotauslieferung handele und hieraus Einnahmen in Höhe von ca. 320,00 DM monatlich erzielt würden. Ein Einkommenssteuerbescheid hierüber liege nicht vor. Als sonstige Einkünfte war eine Rente in Höhe von 1.440,00 DM monatlich angegeben. Ausweislich der Gewerbekartei hatte der Kläger für den Brotverkauf ein Reisegewerbe ab dem 23.11.1995 angemeldet.
Mit Schreiben vom 12.12.2000 hörte die Beklagte den Kläger wegen einer beabsichtigten Aufhebung des Bescheides vom 17.03.1995 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung für die Vergangenheit an. Eine Äußerung des Klägers hierzu ist nicht erfolgt. Die Beklagte bewilligte dem Kläger sodann mit streitgegenständlichem Bescheid vom 30.01.2001 anstelle der bisherigen Erwerbsunfähigkeitsrente eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01.12.1995 in Höhe von monatlich 1.005,66 DM und stellte zugleich für die Zeit vom 01.12.1995 bis 28.02.2001 eine Überzahlung in Höhe von 31.004,01 DM fest. Zur Begründung war ausgeführt, dass die Anspruchsvoraussetzungen seit dem 15.09.1993 erfüllt seien. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bestehe nicht, weil der Kläger selbstständig tätig sei.
Hiergegen legte der Kläger am 13.02.2001 Widerspruch ein, der mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22.02.2001 dahingehend begründet wurde, dass es unverhältnismäßig sei, die Rente für so einen langen Zeitraum rückwirkend von Erwerbs- auf Berufsunfähigkeitsrente umzustellen. Der Beklagten sei es seit längerer Zeit bekannt gewesen, dass er diese Tätigkeit ausübe. Der Kläger hätte sicherlich früher darauf reagiert, wenn er richtig aufgeklärt worden wäre bzw. wenn man ihn darauf hingewiesen hätte, dass er nicht in dem Umfang tätig sein dürfe. Der Kläger habe bereits im November 2000 sein Gewerbe abgemeldet und seine Tätigkeit erheblich eingeschränkt. Er sei rechtsunkundig und auch beim Lesen eines Bescheides falle ihm ein Rechtsverstoß oder Ähnliches nicht auf. Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 05.06.2001 als unbegründet zurückgewiesen. Der Bescheid vom 17.03.1995 werde ab 01.12.1995 gemäß § 45 SGB X teilweise zurückgenommen, weil der Kläger seit 23.11.1995 eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübe und ihm deshalb lediglich eine Berufsunfähigkeitsrente zustehe. Da dem Kläger ab dem 01.11.2000 eine Altersrente für Berufsunfähige bzw. Erwerbsunfähige nach § 37 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zustehe, sei die mit Bescheid vom 19.02.2001 festgestellte Nachzahlung in Höhe von 2.513,80 DM sowie die durch Neufeststellung der Witwerrente am 23.03.2001 entstandene Nachzahlung in Höhe von 1.672,64 DM zur teilweisen Abrechnung der Überzahlung einbehalten worden. Die Überzahlung habe sich deshalb auf 26.817,57 DM reduziert.
Die hiergegen am 29.06.2001 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobene Klage hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 05.02.2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger ab dem 01.12.1995 wegen Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit keinen Anspruch auf Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente über den 30.11.1995 hinaus gehabt habe. Er habe eine ihm obliegende Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht erfüllt, sodass der Rentenbewilligungsbescheid vom 17.03.1995 gemäß § 48 Abs 1 2.Alternative SGB X m.W. für die Vergangenheit aufzuheben gewesen sei. Die Beklagte habe den Kläger im Bescheid vom 17.03.1995 ausdrücklich und deutlich auf die gesetzliche Pflicht hingewiesen, jede Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Diese Hinweispflicht habe die Beklagte im Bescheid vom 15.07.1998 wortgleich wiederholt. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger die Belehrung nicht verstanden haben könnte. Soweit der Verwaltungsakt aufgehoben worden sei, seien bereits erbrachte Leistungen gemäß § 50 Abs 1 SGB X zu erstatten. Die Einwände des Klägers führten zu keiner anderen Beurteilung. Das Landratsamt sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger bei der Gewerbeanmeldung auf die Auswirkungen auf die bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente hinzuweisen. Es bestehe auch keine Funktionseinheit, aufgrund derer sich die Beklagte ein - hierzu verneinendes - Fehlverhalten des Landratsamtes zurechnen lassen müsse. Die Beklagte habe von der selbstständigen Erwerbstätigkeit des Klägers keine frühere Kenntnis erlangt. Der Hinweis auf die Meldepflichten bei Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit sei auch für einen
Rechtsunkundigen zu verstehen.
Mit der hiergegen am 23.02.2007 zum Bayer. Landessozialgericht erhobenen Berufung trägt der Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, dass der Kläger sich nach wie vor nicht damit einverstanden erklären könne, dass die bewilligte Erwerbsunfähigkeitsrente in eine solche wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01.12.1995 umgewandelt und durch diese Umwandlung eine Überzahlung in Höhe von 31.004,01 DM festgestellt worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.02.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.01.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom
05.02.2007 zurückzuweisen.
Auf Nachfrage des Senats hat die Beklagte mit Schreiben vom 19.10.2010 mitgeteilt, dass sich die Überzahlung insgesamt auf 28.490,21 DM (= 14.566,81 EUR) belaufe. Durch die rückwirkende Bewilligung von Altersrente wegen Schwerbehinderung zum 01.11.2000 sei eine Nachzahlung in Höhe von 2.513,80 DM entstanden, die mit der Überzahlung aus dem Bescheid vom 30.01.2001 verrechnet worden sei. Entgegen den Angaben im Widerspruchsbescheid vom 05.07.2001 sei eine weitere Verrechnung mit der weiteren Nachzahlung wegen rückwirkender Gewährung der Witwerrente jedoch nicht erfolgt.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 05.02.2007 die Klage gegen den Bescheid vom 30.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2001 abgewiesen, denn der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Fortgewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente über den 30.11.1995 hinaus. Mit Aufnahme der selbständigen Tätigkeit als Brotauslieferer ab dem 23.11.1995 ist eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten, so dass der Bescheid vom 17.03.1995 ab diesem Zeitpunkt abzuändern war. Der Kläger hat die durch die zu Unrecht ab dem 01.12.1995 bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente entstandene Überzahlung gemäß § 50 Abs 1 SGB X zu erstatten, zumindest in Höhe des mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2001 geforderten Betrages von 26.817,57 DM (= 13.711,61 EUR).
Gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, wenn der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs 2 S. 3 Nr 3 2. Hs SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in grobem Maße verletzt hat, wobei auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie das Einsichtsvermögen und Verhalten des Begünstigen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles abzustellen ist (Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl., 2010, § 48 Rdnr 23 m.w.N.).
Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 17.03.1995 ab dem 11.11.1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (arbeitsmarktbezogen) bewilligt. Diese Rentenbewilligung war ursprünglich rechtmäßig. Gemäß § 44 Abs 2 S 2 SGB VI in der ab dem 01.01.1992 geltenden Fassung (BGBl 1989 I S 2261, 1990 I S. 1337) ist jedoch nicht erwerbsunfähig, wer eine selbständige Tätigkeit ausübt. Der Kläger hat am 23.11.1995, damit also zeitlich nach Erlass des Rentenbescheides vom 17.03.1995, eine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Dies stellt eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dar, die der Rentenbewilligung zugrunde gelegen waren. Unerheblich ist hierbei grundsätzlich, in welchem zeitlichen Umfang die selbständige Tätigkeit ausgeübt wird und welche Einnahmen hieraus erzielt werden. Der Kläger wäre gemäß § 60 Abs 1 Nr 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I - verpflichtet gewesen, der Beklagten diese wesentliche Änderung unverzüglich mitzuteilen. Dieser gesetzlichen Mitteilungspflicht ist der Kläger nicht nachgekommen, obwohl er von der Beklagten im Rentenbescheid vom 17.03.1995 ausdrücklich auf diese Mitteilungspflicht bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit hingewiesen worden ist. Wortgleich wurde auch im weiteren Rentenbescheid vom 15.07.1998 auf diese Mitteilungspflichten ausdrücklich hingewiesen. Auch hierauf hat der Kläger nicht reagiert. Der Hinweis der Beklagten in den beiden Rentenbescheiden war allgemein verständlich gehalten, so dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass der Kläger - selbst als Rechts-unkundiger - diese Mitteilungspflicht gegebenenfalls nicht hätte verstehen und erfassen können. Ein Unterlassen der Mitteilung der wesentlichen Änderung der Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit ist deshalb zumindest als grob fahrlässig einzustufen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Kläger die vollständigen rechtlichen Auswirkungen auf seine laufende Rentenleistung überblicken können müsste. Mit Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ab den 23.11.1995 stand dem Kläger nur noch Rente wegen Berufsunfähigkeit zu, so dass die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 30.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2001 zu Recht die gewährte Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Rente wegen Berufsunfähigkeit umwandelte und die für die Zeit vom 01.12.1995 bis 28.02.2001 erfolgte Überzahlung in Höhe von 26.817,57 DM zurückforderte.
Der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 30.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.07.2001 steht dabei nicht entgegen, dass der Kläger zu einer beabsichtigten Aufhebung des Bescheids vom 17.03.1995 nach § 45 SGB X angehört wurde, die Entscheidung der Beklagten jedoch auf § 48 SGB X als Rechtsgrundlage gestützt wurde. Für den Kläger war aus dem Anhörungsschreiben der Beklagten vom 12.12.2000 eindeutig erkennbar, dass eine Aufhebung der Rentenbewilligung vom 17.03.1995 wegen des Umstandes der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab dem 01.12.1995 beabsichtigt war. Damit wurde dem rechtlichen Schutzgedanken des notwendigerweise vor einer Aufhebungsentscheidung durchzuführenden Anhörungsverfahrens hinreichend Rechnung getragen. Der Kläger konnte im Anhörungsverfahren alle aus seiner Sicht rechtlich erheblichen Gesichtspunkte für die anstehende Entscheidung der Beklagten vortragen. Ob die Beklagte ihre Entscheidung dann auf die materiell-rechtlich richtige Rechtsgrundlage stützt, ist für den Kläger ohne Belang (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 16).
Ebenso unbeachtlich ist der Umstand, dass der Bescheid vom 20.01.2001 nicht ausdrücklich als Aufhebungsbescheid bezeichnet wurde, sondern als Bewilligungsbescheid für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01.12.1995. Aus dem Tenor des Bescheids geht eindeutig erkennbar hervor, dass dem Kläger ab dem 01.12.1995 nur noch eine betragsmäßig niedrigere Berufsunfähigkeitsrente zustand, er bis einschließlich 28.02.2001 zuviel Rente erhalten hatte und dass die überzahlte Rente in Höhe von zunächst 31.004,01 DM zurückgefordert wurde. Eine ausdrückliche Aufhebung des Bescheids vom 17.03.1995 musste deshalb nicht zwingend erfolgen. Im Zweifel wäre dieser Mangel aber durch den Widerspruchsbescheid vom 05.06.2001 geheilt worden (§ 41 SGB X).
Soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 05.07.2001 als Rechtsgrundlage § 45 SGB X benennt, die Begründung jedoch auf § 48 SGB X stützt, kann daraus ebenfalls nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abgeleitet werden. Zum einen ist der sogenannte Verfügungssatz des Bescheides entscheidend, der eindeutig und verständlich ist und der die Rechtsgrundlage der Entscheidung nicht nennt und auch nicht nennen muss. Zum anderen wäre der Bescheid jedoch auch unzweifelhaft dahingehend auszulegen, dass die Beklagte die Rentenbewilligung wegen Eintritts einer wesentlichen Änderung, nämlich Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 23.11.1995 nach ursprünglich rechtmäßiger Rentenbewilligung, abändern wollte und damit § 48 SGB X als Rechtsgrundlage anzuwenden gehabt hätte. Da vorliegend keine Änderung des Verfügungssatzes eintritt, kann die angewandte Rechtsnorm des § 45 SGB X gegen § 48 SGB X ausgetauscht werden, ohne dass dies Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides hat (BSG SozR 3-4100 § 63 Nr 2). Im Zweifel wäre aber gegebenenfalls auch eine Umdeutung nach § 43 SGB X denkbar (BSG SozR 3-1300 § 48
Nr 25; Schütze, a.a.O., § 43 Rdnr 8 m.w.N.).
Die Beklagte hat auch die Jahresfrist der §§ 48 Abs 4, 45 Abs 3 S. 4 SGB X gewahrt, da sie innerhalb eines Jahres nach Kenntniserlangung vom Eintritt der wesentlichen Änderung den streitgegenständlichen Bescheid erlassen hat. Die Beklagte hatte frühestens im November 2000 Kenntnis von der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit durch den Kläger, nachdem dieser auf Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 21.11.2000 eine entsprechende Mitteilung machte. Aus den Akten ist kein früherer Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch die Beklagte ersichtlich. Zwar hatte der Kläger vorgetragen, die Beklagte habe bereits seit längerer Zeit Kenntnis von dieser Tätigkeit gehabt, er hat dies allerdings weder substantiiert vorgetragen, noch nachgewiesen. Wie das Sozialgericht bereits zutreffend im Gerichtsbescheid vom 05.02.2007 ausführte, braucht sich die Beklagte eine eventuelle Kenntnis des Landratsamtes von der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nicht zurechnen lassen. Das Landratsamt ist auch nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu betrachten. Die Jahresfrist für die Aufhebung des Rentenbescheides wurde erst mit Durchführung des Anhörungsverfahrens, das die Beklagte mit Schreiben vom 12.12.2000 einleitete, in Gang gesetzt.
Die Beklagte hat auch erkannt, dass ihr hinsichtlich des Zeitraums der Aufhebung des Bescheids mit Wirkung ab Eintritt der wesentlichen Änderung ein - wenn auch gesetzlich eingeschränkter - Ermessensspielraum zusteht. Von diesem Ermessen hat sie erkennbar Gebrauch gemacht und zu Recht darauf hingewiesen, dass Anhaltspunkte für einen atypischen Fall, die es rechtfertigen könnten, die Rentengewährung erst mit Wirkung für die Zukunft abzuändern, nicht vorliegen.
Soweit der Bescheid vom 17.03.1995 damit durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 30.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2001 abgeändert wurde, sind gemäß § 50 Abs 1 SGB X die gewährten Leistungen vom Kläger zu erstatten. Da unter Berücksichtigung des Schreibens der Beklagten vom 19.10.2010 davon auszugehen ist, dass die tatsächlich erfolgte Überzahlung höher ist als die mit dem streitgegenständlichen Bescheid geltend gemachte Erstattungssumme in Höhe von 26.817,57 DM, ist zumindest dieser Betrag zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 30.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.07.2001, mit dem die Beklagte die mit Bescheid vom 17.03.1995 bewilligte Erwerbsunfähigkeitsrente rückwirkend ab dem 01.12.1995 in eine Rente wegen Berufsunfähigkeit umgewandelt und die hierdurch erfolgte Überzahlung in Höhe von 26.817,57 DM zurückgefordert hat.
Der 1937 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 31.05.1994 die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, nachdem er zuvor als Kraftfahrer und Straßenbauarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt gewesen war. In der Anlage B zum Rentenantrag war erklärt, dass er keine selbstständige Tätigkeit ausübe. Die Beklagte lehnte zunächst mit Bescheid vom 28.07.1994 eine Rentenbewilligung ab, nach Widerspruch des Klägers wurde mit Abhilfebescheid vom 17.03.1995 sodann ab dem 11.11.1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von monatlich 1.436,05 DM gewährt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit habe. Für die Anerkennung des Rentenanspruchs seien die Verhältnisse des Arbeitsmarktes ausschlaggebend. Auf Seite 4 des Rentenbescheides war ausdrücklich auf Mitteilungspflichten hingewiesen. Es bestehe die gesetzliche Verpflichtung, jede Aufnahme oder Ausübung einer Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass, soweit Änderungen Einfluss auf den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe hätten, der Bescheid auch rückwirkend ganz oder teilweise aufgehoben und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückgefordert würden. Auch im weiteren Rentenbescheid vom 15.07.1998 wurde nochmals auf die Mitteilungspflichten ausdrücklich und wortgleich hingewiesen.
Im Rahmen einer Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 04.11.2000 wegen der bevorstehenden Rechtsänderung der Erwerbsminderungsrenten zum 01.01.2001 teilte der Kläger mit Schreiben vom 21.11.2000 mit, dass er Arbeits- einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit in Höhe von ca. 300,00 bis 400,00 DM monatlich brutto beziehe. Handschriftlich war angefügt: "(Brot ausliefern auch ab 1/2001)". Ferner war eine Verdienstbescheinigung der "Z.-GmbH" für Oktober 2000 in Höhe eines Gesamt-Bruttoverdienstes von 81,89 DM beigefügt, auf der handschriftlich vermerkt war: "Ab 01.12.2000 keine Zeitung mehr". Aus dem Fragebogen für Gewerbeanmeldungen ergab sich, dass es sich bei dem angemeldeten Gewerbe um Brotauslieferung handele und hieraus Einnahmen in Höhe von ca. 320,00 DM monatlich erzielt würden. Ein Einkommenssteuerbescheid hierüber liege nicht vor. Als sonstige Einkünfte war eine Rente in Höhe von 1.440,00 DM monatlich angegeben. Ausweislich der Gewerbekartei hatte der Kläger für den Brotverkauf ein Reisegewerbe ab dem 23.11.1995 angemeldet.
Mit Schreiben vom 12.12.2000 hörte die Beklagte den Kläger wegen einer beabsichtigten Aufhebung des Bescheides vom 17.03.1995 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung für die Vergangenheit an. Eine Äußerung des Klägers hierzu ist nicht erfolgt. Die Beklagte bewilligte dem Kläger sodann mit streitgegenständlichem Bescheid vom 30.01.2001 anstelle der bisherigen Erwerbsunfähigkeitsrente eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01.12.1995 in Höhe von monatlich 1.005,66 DM und stellte zugleich für die Zeit vom 01.12.1995 bis 28.02.2001 eine Überzahlung in Höhe von 31.004,01 DM fest. Zur Begründung war ausgeführt, dass die Anspruchsvoraussetzungen seit dem 15.09.1993 erfüllt seien. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bestehe nicht, weil der Kläger selbstständig tätig sei.
Hiergegen legte der Kläger am 13.02.2001 Widerspruch ein, der mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22.02.2001 dahingehend begründet wurde, dass es unverhältnismäßig sei, die Rente für so einen langen Zeitraum rückwirkend von Erwerbs- auf Berufsunfähigkeitsrente umzustellen. Der Beklagten sei es seit längerer Zeit bekannt gewesen, dass er diese Tätigkeit ausübe. Der Kläger hätte sicherlich früher darauf reagiert, wenn er richtig aufgeklärt worden wäre bzw. wenn man ihn darauf hingewiesen hätte, dass er nicht in dem Umfang tätig sein dürfe. Der Kläger habe bereits im November 2000 sein Gewerbe abgemeldet und seine Tätigkeit erheblich eingeschränkt. Er sei rechtsunkundig und auch beim Lesen eines Bescheides falle ihm ein Rechtsverstoß oder Ähnliches nicht auf. Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 05.06.2001 als unbegründet zurückgewiesen. Der Bescheid vom 17.03.1995 werde ab 01.12.1995 gemäß § 45 SGB X teilweise zurückgenommen, weil der Kläger seit 23.11.1995 eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübe und ihm deshalb lediglich eine Berufsunfähigkeitsrente zustehe. Da dem Kläger ab dem 01.11.2000 eine Altersrente für Berufsunfähige bzw. Erwerbsunfähige nach § 37 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zustehe, sei die mit Bescheid vom 19.02.2001 festgestellte Nachzahlung in Höhe von 2.513,80 DM sowie die durch Neufeststellung der Witwerrente am 23.03.2001 entstandene Nachzahlung in Höhe von 1.672,64 DM zur teilweisen Abrechnung der Überzahlung einbehalten worden. Die Überzahlung habe sich deshalb auf 26.817,57 DM reduziert.
Die hiergegen am 29.06.2001 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobene Klage hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 05.02.2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger ab dem 01.12.1995 wegen Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit keinen Anspruch auf Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente über den 30.11.1995 hinaus gehabt habe. Er habe eine ihm obliegende Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht erfüllt, sodass der Rentenbewilligungsbescheid vom 17.03.1995 gemäß § 48 Abs 1 2.Alternative SGB X m.W. für die Vergangenheit aufzuheben gewesen sei. Die Beklagte habe den Kläger im Bescheid vom 17.03.1995 ausdrücklich und deutlich auf die gesetzliche Pflicht hingewiesen, jede Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Diese Hinweispflicht habe die Beklagte im Bescheid vom 15.07.1998 wortgleich wiederholt. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger die Belehrung nicht verstanden haben könnte. Soweit der Verwaltungsakt aufgehoben worden sei, seien bereits erbrachte Leistungen gemäß § 50 Abs 1 SGB X zu erstatten. Die Einwände des Klägers führten zu keiner anderen Beurteilung. Das Landratsamt sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger bei der Gewerbeanmeldung auf die Auswirkungen auf die bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente hinzuweisen. Es bestehe auch keine Funktionseinheit, aufgrund derer sich die Beklagte ein - hierzu verneinendes - Fehlverhalten des Landratsamtes zurechnen lassen müsse. Die Beklagte habe von der selbstständigen Erwerbstätigkeit des Klägers keine frühere Kenntnis erlangt. Der Hinweis auf die Meldepflichten bei Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit sei auch für einen
Rechtsunkundigen zu verstehen.
Mit der hiergegen am 23.02.2007 zum Bayer. Landessozialgericht erhobenen Berufung trägt der Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, dass der Kläger sich nach wie vor nicht damit einverstanden erklären könne, dass die bewilligte Erwerbsunfähigkeitsrente in eine solche wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01.12.1995 umgewandelt und durch diese Umwandlung eine Überzahlung in Höhe von 31.004,01 DM festgestellt worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.02.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.01.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom
05.02.2007 zurückzuweisen.
Auf Nachfrage des Senats hat die Beklagte mit Schreiben vom 19.10.2010 mitgeteilt, dass sich die Überzahlung insgesamt auf 28.490,21 DM (= 14.566,81 EUR) belaufe. Durch die rückwirkende Bewilligung von Altersrente wegen Schwerbehinderung zum 01.11.2000 sei eine Nachzahlung in Höhe von 2.513,80 DM entstanden, die mit der Überzahlung aus dem Bescheid vom 30.01.2001 verrechnet worden sei. Entgegen den Angaben im Widerspruchsbescheid vom 05.07.2001 sei eine weitere Verrechnung mit der weiteren Nachzahlung wegen rückwirkender Gewährung der Witwerrente jedoch nicht erfolgt.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 05.02.2007 die Klage gegen den Bescheid vom 30.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2001 abgewiesen, denn der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Fortgewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente über den 30.11.1995 hinaus. Mit Aufnahme der selbständigen Tätigkeit als Brotauslieferer ab dem 23.11.1995 ist eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten, so dass der Bescheid vom 17.03.1995 ab diesem Zeitpunkt abzuändern war. Der Kläger hat die durch die zu Unrecht ab dem 01.12.1995 bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente entstandene Überzahlung gemäß § 50 Abs 1 SGB X zu erstatten, zumindest in Höhe des mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2001 geforderten Betrages von 26.817,57 DM (= 13.711,61 EUR).
Gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, wenn der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs 2 S. 3 Nr 3 2. Hs SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in grobem Maße verletzt hat, wobei auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie das Einsichtsvermögen und Verhalten des Begünstigen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles abzustellen ist (Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl., 2010, § 48 Rdnr 23 m.w.N.).
Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 17.03.1995 ab dem 11.11.1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (arbeitsmarktbezogen) bewilligt. Diese Rentenbewilligung war ursprünglich rechtmäßig. Gemäß § 44 Abs 2 S 2 SGB VI in der ab dem 01.01.1992 geltenden Fassung (BGBl 1989 I S 2261, 1990 I S. 1337) ist jedoch nicht erwerbsunfähig, wer eine selbständige Tätigkeit ausübt. Der Kläger hat am 23.11.1995, damit also zeitlich nach Erlass des Rentenbescheides vom 17.03.1995, eine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Dies stellt eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dar, die der Rentenbewilligung zugrunde gelegen waren. Unerheblich ist hierbei grundsätzlich, in welchem zeitlichen Umfang die selbständige Tätigkeit ausgeübt wird und welche Einnahmen hieraus erzielt werden. Der Kläger wäre gemäß § 60 Abs 1 Nr 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I - verpflichtet gewesen, der Beklagten diese wesentliche Änderung unverzüglich mitzuteilen. Dieser gesetzlichen Mitteilungspflicht ist der Kläger nicht nachgekommen, obwohl er von der Beklagten im Rentenbescheid vom 17.03.1995 ausdrücklich auf diese Mitteilungspflicht bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit hingewiesen worden ist. Wortgleich wurde auch im weiteren Rentenbescheid vom 15.07.1998 auf diese Mitteilungspflichten ausdrücklich hingewiesen. Auch hierauf hat der Kläger nicht reagiert. Der Hinweis der Beklagten in den beiden Rentenbescheiden war allgemein verständlich gehalten, so dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass der Kläger - selbst als Rechts-unkundiger - diese Mitteilungspflicht gegebenenfalls nicht hätte verstehen und erfassen können. Ein Unterlassen der Mitteilung der wesentlichen Änderung der Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit ist deshalb zumindest als grob fahrlässig einzustufen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Kläger die vollständigen rechtlichen Auswirkungen auf seine laufende Rentenleistung überblicken können müsste. Mit Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ab den 23.11.1995 stand dem Kläger nur noch Rente wegen Berufsunfähigkeit zu, so dass die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 30.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2001 zu Recht die gewährte Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Rente wegen Berufsunfähigkeit umwandelte und die für die Zeit vom 01.12.1995 bis 28.02.2001 erfolgte Überzahlung in Höhe von 26.817,57 DM zurückforderte.
Der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 30.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.07.2001 steht dabei nicht entgegen, dass der Kläger zu einer beabsichtigten Aufhebung des Bescheids vom 17.03.1995 nach § 45 SGB X angehört wurde, die Entscheidung der Beklagten jedoch auf § 48 SGB X als Rechtsgrundlage gestützt wurde. Für den Kläger war aus dem Anhörungsschreiben der Beklagten vom 12.12.2000 eindeutig erkennbar, dass eine Aufhebung der Rentenbewilligung vom 17.03.1995 wegen des Umstandes der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab dem 01.12.1995 beabsichtigt war. Damit wurde dem rechtlichen Schutzgedanken des notwendigerweise vor einer Aufhebungsentscheidung durchzuführenden Anhörungsverfahrens hinreichend Rechnung getragen. Der Kläger konnte im Anhörungsverfahren alle aus seiner Sicht rechtlich erheblichen Gesichtspunkte für die anstehende Entscheidung der Beklagten vortragen. Ob die Beklagte ihre Entscheidung dann auf die materiell-rechtlich richtige Rechtsgrundlage stützt, ist für den Kläger ohne Belang (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 16).
Ebenso unbeachtlich ist der Umstand, dass der Bescheid vom 20.01.2001 nicht ausdrücklich als Aufhebungsbescheid bezeichnet wurde, sondern als Bewilligungsbescheid für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01.12.1995. Aus dem Tenor des Bescheids geht eindeutig erkennbar hervor, dass dem Kläger ab dem 01.12.1995 nur noch eine betragsmäßig niedrigere Berufsunfähigkeitsrente zustand, er bis einschließlich 28.02.2001 zuviel Rente erhalten hatte und dass die überzahlte Rente in Höhe von zunächst 31.004,01 DM zurückgefordert wurde. Eine ausdrückliche Aufhebung des Bescheids vom 17.03.1995 musste deshalb nicht zwingend erfolgen. Im Zweifel wäre dieser Mangel aber durch den Widerspruchsbescheid vom 05.06.2001 geheilt worden (§ 41 SGB X).
Soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 05.07.2001 als Rechtsgrundlage § 45 SGB X benennt, die Begründung jedoch auf § 48 SGB X stützt, kann daraus ebenfalls nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abgeleitet werden. Zum einen ist der sogenannte Verfügungssatz des Bescheides entscheidend, der eindeutig und verständlich ist und der die Rechtsgrundlage der Entscheidung nicht nennt und auch nicht nennen muss. Zum anderen wäre der Bescheid jedoch auch unzweifelhaft dahingehend auszulegen, dass die Beklagte die Rentenbewilligung wegen Eintritts einer wesentlichen Änderung, nämlich Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 23.11.1995 nach ursprünglich rechtmäßiger Rentenbewilligung, abändern wollte und damit § 48 SGB X als Rechtsgrundlage anzuwenden gehabt hätte. Da vorliegend keine Änderung des Verfügungssatzes eintritt, kann die angewandte Rechtsnorm des § 45 SGB X gegen § 48 SGB X ausgetauscht werden, ohne dass dies Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides hat (BSG SozR 3-4100 § 63 Nr 2). Im Zweifel wäre aber gegebenenfalls auch eine Umdeutung nach § 43 SGB X denkbar (BSG SozR 3-1300 § 48
Nr 25; Schütze, a.a.O., § 43 Rdnr 8 m.w.N.).
Die Beklagte hat auch die Jahresfrist der §§ 48 Abs 4, 45 Abs 3 S. 4 SGB X gewahrt, da sie innerhalb eines Jahres nach Kenntniserlangung vom Eintritt der wesentlichen Änderung den streitgegenständlichen Bescheid erlassen hat. Die Beklagte hatte frühestens im November 2000 Kenntnis von der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit durch den Kläger, nachdem dieser auf Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 21.11.2000 eine entsprechende Mitteilung machte. Aus den Akten ist kein früherer Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch die Beklagte ersichtlich. Zwar hatte der Kläger vorgetragen, die Beklagte habe bereits seit längerer Zeit Kenntnis von dieser Tätigkeit gehabt, er hat dies allerdings weder substantiiert vorgetragen, noch nachgewiesen. Wie das Sozialgericht bereits zutreffend im Gerichtsbescheid vom 05.02.2007 ausführte, braucht sich die Beklagte eine eventuelle Kenntnis des Landratsamtes von der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nicht zurechnen lassen. Das Landratsamt ist auch nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu betrachten. Die Jahresfrist für die Aufhebung des Rentenbescheides wurde erst mit Durchführung des Anhörungsverfahrens, das die Beklagte mit Schreiben vom 12.12.2000 einleitete, in Gang gesetzt.
Die Beklagte hat auch erkannt, dass ihr hinsichtlich des Zeitraums der Aufhebung des Bescheids mit Wirkung ab Eintritt der wesentlichen Änderung ein - wenn auch gesetzlich eingeschränkter - Ermessensspielraum zusteht. Von diesem Ermessen hat sie erkennbar Gebrauch gemacht und zu Recht darauf hingewiesen, dass Anhaltspunkte für einen atypischen Fall, die es rechtfertigen könnten, die Rentengewährung erst mit Wirkung für die Zukunft abzuändern, nicht vorliegen.
Soweit der Bescheid vom 17.03.1995 damit durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 30.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2001 abgeändert wurde, sind gemäß § 50 Abs 1 SGB X die gewährten Leistungen vom Kläger zu erstatten. Da unter Berücksichtigung des Schreibens der Beklagten vom 19.10.2010 davon auszugehen ist, dass die tatsächlich erfolgte Überzahlung höher ist als die mit dem streitgegenständlichen Bescheid geltend gemachte Erstattungssumme in Höhe von 26.817,57 DM, ist zumindest dieser Betrag zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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