Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 SF 335/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Vergütung für das vom Antragsteller erstellte Sachverständigengutachten vom 9. August 2009 wird auf 2.295,66 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
In der Rentenversicherungsstreitsache vor dem Hessischen Landessozialgericht Z. gegen Deutsche Rentenversicherung Hessen, Az. L 5 R 166/09, wurde der Antragsteller mit Beweisanordnung vom 1. Juli 2009 mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dabei ging es um die Feststellung von Gesundheitsstörungen im psychisch-psychosomatischen Bereich und deren Auswirkungen auf das Leistungsvermögen. Dem Antragsteller wurden dazu 310 Blatt Gerichtsakten, 263 Blatt Verwaltungsakten und ein Hefter als Anlage zu einem zuvor von anderer Seite erstellten Sachverständigengutachten übersandt. Das Gutachten war dem Gericht dreifach zu übersenden. Am 20. August 2009 legte der Antragsteller sein insgesamt 48 Seiten umfassendes Gutachten vom 9. August 2009 vor. Mit Rechnung vom 15. August 2009 beanspruchte er eine Vergütung von insgesamt 3981,46 EUR, davon 3102,50 EUR als Leistungshonorar (36,50 Stunden á 85,- EUR), Porto in Höhe von 9,00 EUR sowie nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnete Leistungen in Höhe von 160,68 EUR, 42,00 EUR für Schreibauslagen (56962 Zeichen ohne Leerzeichen) und 31,30 EUR für Mehrausfertigungen (50 Seiten zu 0,50 EUR und weitere 42 Seiten zu 0,15 EUR Ablichtungen) sowie ferner Umsatzsteuer in Höhe von 635,68 EUR auf einen Betrag von 3345,78 EUR. Der Kostenbeamte berechnete die Gesamtvergütung mit 1926,41 EUR und informierte den Antragsteller mit Schreiben vom 9. September 2009. Im Einzelnen kürzte er den Stundensatz auf 60,00 EUR und den Zeitaufwand auf 24,50 Stunden, übernahm die Portokosten und die nach GOÄ abgerechneten Leistungen in Höhe von 160,68 EUR und berechnete die Schreibauslagen mit 50,25 EUR (66744 Anschläge zu 0,75 EUR pro 1000 Anschlägen); ferner berechnete er für die beiden Mehrausfertigungen des Gutachtens 28,60 EUR (50 Seiten x 0,50 =25,50 EUR zzgl. 24 Seiten x 0,14 =3,60 EUR).
Der Antragsteller hat am 15. September 2009 mit Schreiben vom 12. September 2009 richterliche Festsetzung seiner Vergütung nach § 4 des Gesetzes über die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern (JVEG) beantragt.
Hierbei macht er zusammengefasst geltend, die Schwierigkeit für die Erstellung des Sachverständigengutachtens sei aus der Vielzahl der abzugleichenden Vorbefunde sowie darüber hinaus der komplexen psychiatrisch-psychologischen Beurteilung und der Testverfahren erwachsen, so dass eine Einstufung in die Honorargruppe 3 vorzunehmen sei.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die Vergütung für sein im Rechtsstreit L 5 R 166/09 erstelltes Gutachten vom 9. August 2009 auf insgesamt 3981,46 EUR festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt (sinngemäß),
die Vergütung auf insgesamt 2295,66 EUR festzusetzen.
Auf die ausführliche Begründung des Antragsgegners im Schreiben vom 2. Juni 2010 wird verwiesen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Antragsakte sowie die beigezogene Streitakte mit Kostenheft, die vorgelegen haben.
II.
Die rechtzeitig (§ 2 Abs. 1 JVEG) vom Antragsteller geltend gemachte Gesamtvergütung für die von ihm mit dem Gutachten vom 9. August 2009 erbrachte Leistung ist auf insgesamt 2295,66 EUR festzustellen.
Die Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse sie beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Hier hat der Antragsteller die Festsetzung durch das Gericht beantragt. Das Gericht entscheidet über den Festsetzungsantrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und angesichts der bestehenden Rechtssprechung des erkennenden Senats keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 4 Abs. 7 JVEG).
Zwischen den Beteiligten ist allein die Einstufung der Sachverständigenentschädigung in die Honorargruppe M 2 oder M 3 im Streit. Allerdings hat der Senat mit seiner Entscheidung die angefochtene Festsetzung in vollem Umfang zu überprüfen
Die Vergütung des Sachverständigen richtet sich nach § 8 JVEG. Gemäß § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung ein Honorar für ihre Leistungen, eine Entschädigung für Aufwand sowie Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen nach den §§ 9 bis 11, 5 bis 7 und 12 JVEG.
Dabei ist die Höhe des nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG zu bemessenden Stundensatzes mit 60,- EUR nach der Honorargruppe M 2 anzusetzen. Der Antragsteller hatte ein medizinisches Zustandsgutachten im Rahmen eines Streitverfahrens in der gesetzlichen Rentenversicherung zum Leistungsvermögen des Klägers zu erstellen und hat diese Leistung auch erbracht. Für die Honorierung der Stundensätze sind in der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG medizinische und psychologische Gutachten aufsteigend in die Schwierigkeitsgruppen M 1 bis M 3 eingeteilt.
Wie vom Senat auch mit Blick auf die Historie und die Entwicklung von der früheren Invalidenversicherung zum heutigen Rentenrecht bereits mehrfach entschieden, sind medizinische Sachverständigengutachten zur Ermittlung des gesundheitlichen Leistungsvermögens im Streitfall der Erwerbsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich den in der Honorargruppe M 2 beispielhaft aufgeführten medizinischen Zustandsgutachten "zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität" zuzurechnen (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11. April 2005, L 2/9 SF 82/04; Beschluss vom 14. August 2006, L 2 SF 2/05 R; Beschluss vom 18. November 2009, L 2 KR 177/09 B). Nach der Rechtsprechung des Senats werden diese medizinischen Zustandsgutachten im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung als durchschnittlich schwierig eingestuft. Sie erfordern eingehende Überlegungen zum Zusammenhang zwischen Diagnosen und Leistungsvermögen, regelmäßig unter Berücksichtigung von Fremdbefunden und Vorgutachten. Eine solche Leistung kann sachgerecht der Honorargruppe M 2 zugeordnet werden. Eine andere Zuordnung, insb. zur Honorargruppe M 3, ist nach Wortlaut, Aufbau und Systematik der Anlage 1 nicht zu begründen.
Nach § 9 Abs. 1 JVEG erhält der Sachverständige für jede Stunde nach der Honorargruppe M 2 ein Honorar in Höhe von 60,00 Euro und nach der Honorargruppe M 3 ein Honorar von 85,00 Euro. Nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG gehören dabei in die Honorargruppe M 2 beschreibende (Ist-Zustand-Begutachtungen) nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad. In die Honorargruppe M 3 gehören dagegen Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtung spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen), insbesondere Gutachten zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das vorliegende Gutachten entgegen der Auffassung des Antragstellers der Honorargruppe M 2, nicht dagegen der Honorargruppe M 3 zuzuordnen. Das Gutachten ist ein Zustandsgutachten, wie es von der Honorargruppe M 2 umfasst wird. Der Antragsteller hatte laut Gutachtensauftrag vom 1. Juli 2009 ein Gutachten zu den vorliegenden Krankheiten oder Behinderungen körperlicher, geistiger oder seelischer Art des Klägers zu erstatten und hierbei den erwerbsmindernden Dauereinfluss der Beeinträchtigungen zu ermitteln sowie das zeitliche Restleistungsvermögen unter Berücksichtigung eventuell erforderlicher betriebsunüblicher Pausen und der Wegefähigkeit zu beurteilen. Ferner war der Eintritt des zeitlichen Restleistungsvermögens darzustellen. Damit ist allein ein Zustandsgutachten - wie es von der Honorargruppe M 2 umfasst wird - in Auftrag gegeben worden. Bei Gutachten aus dem Bereich der Rentenversicherung auf dem Gebiet der Erwerbsminderung sind regelmäßig eingehende Zusammenhangsüberlegungen zwischen Diagnosen und Beurteilung des Leistungsvermögens unter Berücksichtigung von Fremdbefunden und Vorgutachten erforderlich. Diese Gutachten weisen daher einen nur durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad auf und sind grundsätzlich nach der Honorargruppe M 2 zu vergüten. Denn insbesondere Kausalzusammenhänge oder strittige Kausalfragen sind nicht zu erörtern. Wie bereits vom Antragsgegner zutreffend ausgeführt, gehören in die geltend gemachte Honorargruppe M 3 Kausalgutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad, die regelmäßig im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung vorkommen, wenn über die Feststellung des Gesundheitszustandes hinaus vielschichtige Fragen des Kausalzusammenhangs zwischen Gesundheitsstörungen und schädigenden Ereignissen oder Einwirkungen zu klären sind. Hingegen gehört die Auswertung und Bewertung von Vorbefunden und -gutachten zum regelmäßigen Erscheinungsbild von Sachverständigengutachten im sozialgerichtlichen Verfahren. Zutreffend macht der Antragsgegner geltend, dass die Auseinandersetzung mit den Vorbefunden einschließlich einer umfassenden Anamnese und die Durchführung von Testverfahren nach jeweiligem Fachgebiet ihren Niederschlag bereits in der zeitlichen Komponente der Gutachtenerstellung finden und nicht zusätzlich bei der Beurteilung des Schwierigkeitsgrades zu berücksichtigen sind. Probleme differenzialdiagnostischer Art waren lediglich in diesem Rahmen zu diskutieren, da es auf die Frage der Entstehung nicht ankam und vielmehr lediglich die entscheidenden Funktionsbeeinträchtigungen darzustellen waren; eine Prognoseentscheidung war nicht zu treffen. Die Voraussetzungen der Honorargruppe M 3 sind damit nicht erfüllt. Dass im Einzelfall die Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild auch auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung medizinisch komplex ist, ändert nichts an der grundsätzlichen Richtung der ärztlichen Begutachtung. Gleichermaßen kann allein der Umstand, dass im Bereich der psychiatrisch-psychologischen Begutachtung bestimmte Kriterien eingehalten und umfangreiche Testungen durchgeführt werden müssen, nicht zu einer Besonderheit gegenüber anderen Fachgebieten führen. Diese Umstände werden allein durch den abrechnungsfähigen Zeitaufwand ausgeglichen. Die Honorargruppe M 2 ist damit auch im vorliegenden Fall angemessen.
Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt; die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung einer Leistung erforderlich war; andernfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages (§ 8 Abs. 2 JVEG). Der vom Sachverständigen geltend gemachte Zeitaufwand für die Gutachtenserstellung wird nach den von der Rechtsprechung des Kostensenats entwickelten Grundsätzen überprüft und lediglich dann korrigiert, wenn er hiervon wesentlich abweicht; der unbestimmte Rechtsbegriff "erforderliche Zeit" ist in Anlehnung an die frühere Vorschrift des § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) und die dazu ergangene Rechtsprechung des Senats auszulegen (Beschluss des erkennenden Senats vom 11. April 2005, Az.: L 2/9 SF 82/04; Beschluss vom 14. August 2006, Az.: L 2 SF 11/05 R). Dazu wird die erbrachte gutachterliche Leistung für die kostenrechtliche Überprüfung grundsätzlich aufgegliedert in die verschiedenen Leistungsabschnitte für Aktendurchsicht und gutachtensvorbereitende Arbeiten, Erhebung der Vorgeschichte und Untersuchung/Befund, Abfassung der Beurteilung sowie Diktat und Korrektur des Gutachtens.
Für den Leistungsabschnitt "Aktendurchsicht und gutachtensvorbereitende Arbeiten" sind danach im vorliegenden Fall bei der Anzahl der übersandten Aktenblätter (allein 573 Blatt für Gerichts- und Verwaltungsakten zuzüglich des übersandten Hefters als Anlage zu einem anderen Gutachten) neun Stunden als angemessen anzusetzen. Denn der Senat geht davon aus, dass ein Sachverständiger im Schnitt pro Stunde etwa 50 bis 100 Aktenblätter, somit durchschnittlich ca. 75 Aktenblätter pro Stunde, durchsehen kann, um diese auch fachgerecht zur Verwertung im zu fertigenden Gutachten aufzubereiten (Beschluss vom 11. April 2005, a.a.O.). Dabei kann es im Einzelfall Besonderheiten geben, z.B. wenn wenig oder besonders umfangreiches gutachtensrelevantes Material durchzuarbeiten ist, was den Zeitaufwand (und die Vergütung) beeinflusst. Derartige Besonderheiten liegen hier aber ersichtlich nicht vor.
Hinsichtlich des Zeitaufwandes für den Leistungsabschnitt "Erhebung der Vorgeschichte und Untersuchung/Befundauswertung" ist den Angaben des Sachverständigen (5,25 Stunden) grundsätzlich zu folgen. Andererseits ist es beachtlich, wenn der Antragsgegner einwendet, der Antragsteller habe bestimmte technische Untersuchungen durchgeführt (EEG, EKG, EMG und NLG, sensible NLG und Tibialis-SSEP), deren Vergütung sich allein § 10 Abs. 2 Satz 2 JVEG und § 4 Abs. 2 bis 4 Satz 1 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) richtet, so dass der Zeitaufwand für diese Untersuchungen bereits mit den Gebühren der GOÄ abgegolten ist. Angesichts der weiteren vom Sachverständigen selbst durchgeführten Testung (ZU.-Test, Bl. 28 des Gutachtens) erscheint der vom Antragsgegner geschätzte Zeitaufwand von vier Stunden als angemessen, zumal der Antragsteller nach seinen Angaben bereits 2,75 Stunden für die Anamneseerhebung benötigt hat.
Nach der Rechtsprechung des Senats beträgt der Zeitaufwand für die Abfassung der gutachtlichen Beurteilung pro Seite etwa eine Stunde (Beschluss vom 11. Februar 2005, L 2/9 SF 37/04 RJ). Dabei können aber nur solche Ausführungen des Sachverständigen als Beurteilung angesehen werden, die sich nicht in der bloßen Wiederholung von vorausgegangenen Textpassagen erschöpfen. Zu diesem Leistungsabschnitt werden vielmehr Ausführungen des Sachverständigen gerechnet, die sachverständige Schlussfolgerungen in Bezug auf das Beweisthema und eine Auseinandersetzung mit den gestellten Beweisfragen enthalten. Neben diesem inhaltlichen Erfordernis ist nach dem JVEG noch als formale Voraussetzung zu beachten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senates an der Berechnung festgehalten wird, nach der pro Seite 30 Zeilen zu je 60 Anschlägen angesetzt werden (Beschluss vom 11. April 2005, Az.: L 2/9 SF 82/04, mit ausführlicher Begründung der Berechnung).
Danach ist die Standardseite (Schriftzeichen einschließlich Leerzeichen) mit 1.800 Anschlägen (30 Zeilen zu jeweils 60 Anschlägen) zu bemessen. Vorliegend kommen für den vom Senat unter dem Begriff der "Abfassung der Beurteilung" bezeichneten Leistungsabschnitt im Sachverständigengutachten des Antragstellers nur der Abschnitt "Diskussion der verschiedenen Diagnosen" (Seite 37 bis 44 oben) sowie die Beantwortung der Beweisfragen (Seite 44 bis 46 oben) in Betracht, da zuvor die Anamneseerhebung und eine Zusammenfassung der bisherigen Behandlungen des Klägers referiert werden. Ferner erreicht die Beschriftung der Seiten des Gutachtens nicht die Anzahl von 30 Zeilen zu 60 Anschlägen, sondern lediglich eine unterschiedliche Anschlagszahl von 21 bis 26 Zeilen mit bis zu 70 Anschlägen. Zutreffend ist daher die Unterbeschriftung des Gutachtens mit ca. 90 %, somit von neun Seiten (Seite 46 umfasst lediglich 1,5 Seiten) entsprechend 8 Stunden (neun Seiten x 90 %) anzusetzen.
Die Reduzierung des textlichen Gutachtensumfangs wegen der vorliegenden Unterbeschriftung betrifft auch den Leistungsabschnitt "Diktat und Korrektur der Gutachtensreinschrift". Für die Vergütung des nominell 46 Seiten umfassenden Gutachtens können daher nur 38 Seiten zugrunde gelegt werden, da die ermittelten Anschläge für das Gesamtgutachten nach der nicht zu beanstandenden Ermittlung des Kostenbeamten 66744 betragen. Damit handelt es sich bei einer zugrunde zu legenden Anschlagzahl von 1800 pro Seite um ein Gutachten mit objektivierbar ermittelten 38 Seiten. Bei Anwendung der vom Senat für diesen Leistungsabschnitt entwickelten Praxis, dass ein Sachverständiger etwa 5 bis 6 Seiten pro Stunde zu diktieren und anschließend zur Korrektur durchzusehen vermag (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 14. November 1996, L 9 S 59/95), können vorliegend sieben Stunden berücksichtigt werden.
Damit beträgt der Zeitaufwand für das Gutachten insgesamt (9 + 4 + 8 + 7 =) 28 Stunden. Daraus errechnet sich ein Gesamtleistungshonorar von 1680,- EUR.
Die Aufwendungen des Sachverständigen nach § 10 Abs. 2 Satz 2 JVEG und § 4 Abs. 2 bis 4 Satz 1 GOÄ, die nach der GOÄ (s.o.) abzurechnen waren, sind antragsgemäß in Höhe von 160,98 EUR erstattet worden, was nicht zu beanstanden ist.
Nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 JVEG hat der Antragsteller Anspruch auf Ersatz für besondere Aufwendungen, zu denen nach der Vorschrift die Schreibkosten rechnen. Der Aufwendungsersatz beträgt 0,75 EUR je angefallene 1.000 Anschläge für die schriftliche Erstellung des Gutachtens. Dabei ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die moderne Computertechnik es heute entbehrlich macht, zur Vermeidung unzumutbaren Zählaufwandes bei der – außerdem nur ungefähren – Ermittlung der Anzahl der Anschläge auf Zeilenzählung abzustellen (BT-Drucks. 15/1971 zu § 12 S. 184 unter Hinweis auf § 11 S. 183). Ist die Zahl der Anschläge nicht bekannt, so ist sie gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3, 2. HS JVEG zu schätzen, wobei dies auf der Grundlage von Stichproben zu erfolgen hat. Nach der vom Senat nicht zu beanstandenden Schätzung des Kostenbeamten umfasst das Gutachten ca. 66744 Anschläge. Daraus errechnet sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 JVEG ein Aufwendungsersatz für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens von 50,25 EUR (ca. 67000 Anschläge x 0,75 EUR/1000 Anschläge). Die Zahl der Gutachtenseiten ist – anders als bei den übrigen Positionen – für die Berechnung des Aufwendungsersatzes für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens unerheblich, weil das Gesetz hier nur allein an die Zahl der Anschläge anknüpft.
Dem Antragsteller ist Aufwendungsersatz für die mit der richterlichen Beweisanordnung vom 1. Juli 2009 geforderten zwei weiteren Ausfertigungen (Mehrexemplare) zu leisten. Allerdings ist auch bei Berechnung der Pauschale für vom Gericht geforderte Mehrausfertigungen des Gutachtens nicht die Anzahl der geschriebenen und kopierten Seiten des Gutachtens maßgebend, sondern auch insoweit ist Maßstab der objektiv erforderliche Textumfang (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11. April 2005, L 2/9 SF 82/04). Kopierkosten sind demnach für die nach dem Gutachtenauftrag zu fertigenden beiden Mehrausfertigungen für insgesamt 76 Seiten (bei nach ca. 66744 Anschlägen zu 1800 Anschlägen pro Seite objektivierbaren 38 Seiten für das Gutachten selbst, weitere Berechnung s.o.) zu erstatten. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 JVEG werden für die Anfertigung von Ablichtungen und Ausdrucken 0,50 EUR für die ersten 50 Seiten und 0,15 EUR für jede weitere Seite ersetzt. Damit umfassen die beiden Mehrausfertigungen 76 Seiten, von denen 50 mit 0,50 EUR und die restlichen 26 Seiten mit 0,15 EUR je Seite zu vergüten sind (50 x 0,50 EUR zzgl. 26 x 0,15 EUR = 28,90 EUR insgesamt).
Damit ergibt sich eine festzusetzende Gesamtvergütung für das Sachverständigengutachten von 2295,66 EUR (28 Std. zu 60 EUR = 1680,00 EUR, Leistungen nach GOÄ - § 10 JVEG - 160,98 EUR, Schreibauslagen von 50,25 EUR, Kopierkosten von 28,90 EUR, Portokosten von 9,00 EUR und Umsatzsteuer in Höhe von 366,53 EUR).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
Gründe:
I.
In der Rentenversicherungsstreitsache vor dem Hessischen Landessozialgericht Z. gegen Deutsche Rentenversicherung Hessen, Az. L 5 R 166/09, wurde der Antragsteller mit Beweisanordnung vom 1. Juli 2009 mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dabei ging es um die Feststellung von Gesundheitsstörungen im psychisch-psychosomatischen Bereich und deren Auswirkungen auf das Leistungsvermögen. Dem Antragsteller wurden dazu 310 Blatt Gerichtsakten, 263 Blatt Verwaltungsakten und ein Hefter als Anlage zu einem zuvor von anderer Seite erstellten Sachverständigengutachten übersandt. Das Gutachten war dem Gericht dreifach zu übersenden. Am 20. August 2009 legte der Antragsteller sein insgesamt 48 Seiten umfassendes Gutachten vom 9. August 2009 vor. Mit Rechnung vom 15. August 2009 beanspruchte er eine Vergütung von insgesamt 3981,46 EUR, davon 3102,50 EUR als Leistungshonorar (36,50 Stunden á 85,- EUR), Porto in Höhe von 9,00 EUR sowie nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnete Leistungen in Höhe von 160,68 EUR, 42,00 EUR für Schreibauslagen (56962 Zeichen ohne Leerzeichen) und 31,30 EUR für Mehrausfertigungen (50 Seiten zu 0,50 EUR und weitere 42 Seiten zu 0,15 EUR Ablichtungen) sowie ferner Umsatzsteuer in Höhe von 635,68 EUR auf einen Betrag von 3345,78 EUR. Der Kostenbeamte berechnete die Gesamtvergütung mit 1926,41 EUR und informierte den Antragsteller mit Schreiben vom 9. September 2009. Im Einzelnen kürzte er den Stundensatz auf 60,00 EUR und den Zeitaufwand auf 24,50 Stunden, übernahm die Portokosten und die nach GOÄ abgerechneten Leistungen in Höhe von 160,68 EUR und berechnete die Schreibauslagen mit 50,25 EUR (66744 Anschläge zu 0,75 EUR pro 1000 Anschlägen); ferner berechnete er für die beiden Mehrausfertigungen des Gutachtens 28,60 EUR (50 Seiten x 0,50 =25,50 EUR zzgl. 24 Seiten x 0,14 =3,60 EUR).
Der Antragsteller hat am 15. September 2009 mit Schreiben vom 12. September 2009 richterliche Festsetzung seiner Vergütung nach § 4 des Gesetzes über die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern (JVEG) beantragt.
Hierbei macht er zusammengefasst geltend, die Schwierigkeit für die Erstellung des Sachverständigengutachtens sei aus der Vielzahl der abzugleichenden Vorbefunde sowie darüber hinaus der komplexen psychiatrisch-psychologischen Beurteilung und der Testverfahren erwachsen, so dass eine Einstufung in die Honorargruppe 3 vorzunehmen sei.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die Vergütung für sein im Rechtsstreit L 5 R 166/09 erstelltes Gutachten vom 9. August 2009 auf insgesamt 3981,46 EUR festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt (sinngemäß),
die Vergütung auf insgesamt 2295,66 EUR festzusetzen.
Auf die ausführliche Begründung des Antragsgegners im Schreiben vom 2. Juni 2010 wird verwiesen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Antragsakte sowie die beigezogene Streitakte mit Kostenheft, die vorgelegen haben.
II.
Die rechtzeitig (§ 2 Abs. 1 JVEG) vom Antragsteller geltend gemachte Gesamtvergütung für die von ihm mit dem Gutachten vom 9. August 2009 erbrachte Leistung ist auf insgesamt 2295,66 EUR festzustellen.
Die Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse sie beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Hier hat der Antragsteller die Festsetzung durch das Gericht beantragt. Das Gericht entscheidet über den Festsetzungsantrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und angesichts der bestehenden Rechtssprechung des erkennenden Senats keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 4 Abs. 7 JVEG).
Zwischen den Beteiligten ist allein die Einstufung der Sachverständigenentschädigung in die Honorargruppe M 2 oder M 3 im Streit. Allerdings hat der Senat mit seiner Entscheidung die angefochtene Festsetzung in vollem Umfang zu überprüfen
Die Vergütung des Sachverständigen richtet sich nach § 8 JVEG. Gemäß § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung ein Honorar für ihre Leistungen, eine Entschädigung für Aufwand sowie Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen nach den §§ 9 bis 11, 5 bis 7 und 12 JVEG.
Dabei ist die Höhe des nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG zu bemessenden Stundensatzes mit 60,- EUR nach der Honorargruppe M 2 anzusetzen. Der Antragsteller hatte ein medizinisches Zustandsgutachten im Rahmen eines Streitverfahrens in der gesetzlichen Rentenversicherung zum Leistungsvermögen des Klägers zu erstellen und hat diese Leistung auch erbracht. Für die Honorierung der Stundensätze sind in der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG medizinische und psychologische Gutachten aufsteigend in die Schwierigkeitsgruppen M 1 bis M 3 eingeteilt.
Wie vom Senat auch mit Blick auf die Historie und die Entwicklung von der früheren Invalidenversicherung zum heutigen Rentenrecht bereits mehrfach entschieden, sind medizinische Sachverständigengutachten zur Ermittlung des gesundheitlichen Leistungsvermögens im Streitfall der Erwerbsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich den in der Honorargruppe M 2 beispielhaft aufgeführten medizinischen Zustandsgutachten "zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität" zuzurechnen (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11. April 2005, L 2/9 SF 82/04; Beschluss vom 14. August 2006, L 2 SF 2/05 R; Beschluss vom 18. November 2009, L 2 KR 177/09 B). Nach der Rechtsprechung des Senats werden diese medizinischen Zustandsgutachten im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung als durchschnittlich schwierig eingestuft. Sie erfordern eingehende Überlegungen zum Zusammenhang zwischen Diagnosen und Leistungsvermögen, regelmäßig unter Berücksichtigung von Fremdbefunden und Vorgutachten. Eine solche Leistung kann sachgerecht der Honorargruppe M 2 zugeordnet werden. Eine andere Zuordnung, insb. zur Honorargruppe M 3, ist nach Wortlaut, Aufbau und Systematik der Anlage 1 nicht zu begründen.
Nach § 9 Abs. 1 JVEG erhält der Sachverständige für jede Stunde nach der Honorargruppe M 2 ein Honorar in Höhe von 60,00 Euro und nach der Honorargruppe M 3 ein Honorar von 85,00 Euro. Nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG gehören dabei in die Honorargruppe M 2 beschreibende (Ist-Zustand-Begutachtungen) nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad. In die Honorargruppe M 3 gehören dagegen Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtung spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen), insbesondere Gutachten zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das vorliegende Gutachten entgegen der Auffassung des Antragstellers der Honorargruppe M 2, nicht dagegen der Honorargruppe M 3 zuzuordnen. Das Gutachten ist ein Zustandsgutachten, wie es von der Honorargruppe M 2 umfasst wird. Der Antragsteller hatte laut Gutachtensauftrag vom 1. Juli 2009 ein Gutachten zu den vorliegenden Krankheiten oder Behinderungen körperlicher, geistiger oder seelischer Art des Klägers zu erstatten und hierbei den erwerbsmindernden Dauereinfluss der Beeinträchtigungen zu ermitteln sowie das zeitliche Restleistungsvermögen unter Berücksichtigung eventuell erforderlicher betriebsunüblicher Pausen und der Wegefähigkeit zu beurteilen. Ferner war der Eintritt des zeitlichen Restleistungsvermögens darzustellen. Damit ist allein ein Zustandsgutachten - wie es von der Honorargruppe M 2 umfasst wird - in Auftrag gegeben worden. Bei Gutachten aus dem Bereich der Rentenversicherung auf dem Gebiet der Erwerbsminderung sind regelmäßig eingehende Zusammenhangsüberlegungen zwischen Diagnosen und Beurteilung des Leistungsvermögens unter Berücksichtigung von Fremdbefunden und Vorgutachten erforderlich. Diese Gutachten weisen daher einen nur durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad auf und sind grundsätzlich nach der Honorargruppe M 2 zu vergüten. Denn insbesondere Kausalzusammenhänge oder strittige Kausalfragen sind nicht zu erörtern. Wie bereits vom Antragsgegner zutreffend ausgeführt, gehören in die geltend gemachte Honorargruppe M 3 Kausalgutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad, die regelmäßig im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung vorkommen, wenn über die Feststellung des Gesundheitszustandes hinaus vielschichtige Fragen des Kausalzusammenhangs zwischen Gesundheitsstörungen und schädigenden Ereignissen oder Einwirkungen zu klären sind. Hingegen gehört die Auswertung und Bewertung von Vorbefunden und -gutachten zum regelmäßigen Erscheinungsbild von Sachverständigengutachten im sozialgerichtlichen Verfahren. Zutreffend macht der Antragsgegner geltend, dass die Auseinandersetzung mit den Vorbefunden einschließlich einer umfassenden Anamnese und die Durchführung von Testverfahren nach jeweiligem Fachgebiet ihren Niederschlag bereits in der zeitlichen Komponente der Gutachtenerstellung finden und nicht zusätzlich bei der Beurteilung des Schwierigkeitsgrades zu berücksichtigen sind. Probleme differenzialdiagnostischer Art waren lediglich in diesem Rahmen zu diskutieren, da es auf die Frage der Entstehung nicht ankam und vielmehr lediglich die entscheidenden Funktionsbeeinträchtigungen darzustellen waren; eine Prognoseentscheidung war nicht zu treffen. Die Voraussetzungen der Honorargruppe M 3 sind damit nicht erfüllt. Dass im Einzelfall die Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild auch auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung medizinisch komplex ist, ändert nichts an der grundsätzlichen Richtung der ärztlichen Begutachtung. Gleichermaßen kann allein der Umstand, dass im Bereich der psychiatrisch-psychologischen Begutachtung bestimmte Kriterien eingehalten und umfangreiche Testungen durchgeführt werden müssen, nicht zu einer Besonderheit gegenüber anderen Fachgebieten führen. Diese Umstände werden allein durch den abrechnungsfähigen Zeitaufwand ausgeglichen. Die Honorargruppe M 2 ist damit auch im vorliegenden Fall angemessen.
Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt; die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung einer Leistung erforderlich war; andernfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages (§ 8 Abs. 2 JVEG). Der vom Sachverständigen geltend gemachte Zeitaufwand für die Gutachtenserstellung wird nach den von der Rechtsprechung des Kostensenats entwickelten Grundsätzen überprüft und lediglich dann korrigiert, wenn er hiervon wesentlich abweicht; der unbestimmte Rechtsbegriff "erforderliche Zeit" ist in Anlehnung an die frühere Vorschrift des § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) und die dazu ergangene Rechtsprechung des Senats auszulegen (Beschluss des erkennenden Senats vom 11. April 2005, Az.: L 2/9 SF 82/04; Beschluss vom 14. August 2006, Az.: L 2 SF 11/05 R). Dazu wird die erbrachte gutachterliche Leistung für die kostenrechtliche Überprüfung grundsätzlich aufgegliedert in die verschiedenen Leistungsabschnitte für Aktendurchsicht und gutachtensvorbereitende Arbeiten, Erhebung der Vorgeschichte und Untersuchung/Befund, Abfassung der Beurteilung sowie Diktat und Korrektur des Gutachtens.
Für den Leistungsabschnitt "Aktendurchsicht und gutachtensvorbereitende Arbeiten" sind danach im vorliegenden Fall bei der Anzahl der übersandten Aktenblätter (allein 573 Blatt für Gerichts- und Verwaltungsakten zuzüglich des übersandten Hefters als Anlage zu einem anderen Gutachten) neun Stunden als angemessen anzusetzen. Denn der Senat geht davon aus, dass ein Sachverständiger im Schnitt pro Stunde etwa 50 bis 100 Aktenblätter, somit durchschnittlich ca. 75 Aktenblätter pro Stunde, durchsehen kann, um diese auch fachgerecht zur Verwertung im zu fertigenden Gutachten aufzubereiten (Beschluss vom 11. April 2005, a.a.O.). Dabei kann es im Einzelfall Besonderheiten geben, z.B. wenn wenig oder besonders umfangreiches gutachtensrelevantes Material durchzuarbeiten ist, was den Zeitaufwand (und die Vergütung) beeinflusst. Derartige Besonderheiten liegen hier aber ersichtlich nicht vor.
Hinsichtlich des Zeitaufwandes für den Leistungsabschnitt "Erhebung der Vorgeschichte und Untersuchung/Befundauswertung" ist den Angaben des Sachverständigen (5,25 Stunden) grundsätzlich zu folgen. Andererseits ist es beachtlich, wenn der Antragsgegner einwendet, der Antragsteller habe bestimmte technische Untersuchungen durchgeführt (EEG, EKG, EMG und NLG, sensible NLG und Tibialis-SSEP), deren Vergütung sich allein § 10 Abs. 2 Satz 2 JVEG und § 4 Abs. 2 bis 4 Satz 1 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) richtet, so dass der Zeitaufwand für diese Untersuchungen bereits mit den Gebühren der GOÄ abgegolten ist. Angesichts der weiteren vom Sachverständigen selbst durchgeführten Testung (ZU.-Test, Bl. 28 des Gutachtens) erscheint der vom Antragsgegner geschätzte Zeitaufwand von vier Stunden als angemessen, zumal der Antragsteller nach seinen Angaben bereits 2,75 Stunden für die Anamneseerhebung benötigt hat.
Nach der Rechtsprechung des Senats beträgt der Zeitaufwand für die Abfassung der gutachtlichen Beurteilung pro Seite etwa eine Stunde (Beschluss vom 11. Februar 2005, L 2/9 SF 37/04 RJ). Dabei können aber nur solche Ausführungen des Sachverständigen als Beurteilung angesehen werden, die sich nicht in der bloßen Wiederholung von vorausgegangenen Textpassagen erschöpfen. Zu diesem Leistungsabschnitt werden vielmehr Ausführungen des Sachverständigen gerechnet, die sachverständige Schlussfolgerungen in Bezug auf das Beweisthema und eine Auseinandersetzung mit den gestellten Beweisfragen enthalten. Neben diesem inhaltlichen Erfordernis ist nach dem JVEG noch als formale Voraussetzung zu beachten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senates an der Berechnung festgehalten wird, nach der pro Seite 30 Zeilen zu je 60 Anschlägen angesetzt werden (Beschluss vom 11. April 2005, Az.: L 2/9 SF 82/04, mit ausführlicher Begründung der Berechnung).
Danach ist die Standardseite (Schriftzeichen einschließlich Leerzeichen) mit 1.800 Anschlägen (30 Zeilen zu jeweils 60 Anschlägen) zu bemessen. Vorliegend kommen für den vom Senat unter dem Begriff der "Abfassung der Beurteilung" bezeichneten Leistungsabschnitt im Sachverständigengutachten des Antragstellers nur der Abschnitt "Diskussion der verschiedenen Diagnosen" (Seite 37 bis 44 oben) sowie die Beantwortung der Beweisfragen (Seite 44 bis 46 oben) in Betracht, da zuvor die Anamneseerhebung und eine Zusammenfassung der bisherigen Behandlungen des Klägers referiert werden. Ferner erreicht die Beschriftung der Seiten des Gutachtens nicht die Anzahl von 30 Zeilen zu 60 Anschlägen, sondern lediglich eine unterschiedliche Anschlagszahl von 21 bis 26 Zeilen mit bis zu 70 Anschlägen. Zutreffend ist daher die Unterbeschriftung des Gutachtens mit ca. 90 %, somit von neun Seiten (Seite 46 umfasst lediglich 1,5 Seiten) entsprechend 8 Stunden (neun Seiten x 90 %) anzusetzen.
Die Reduzierung des textlichen Gutachtensumfangs wegen der vorliegenden Unterbeschriftung betrifft auch den Leistungsabschnitt "Diktat und Korrektur der Gutachtensreinschrift". Für die Vergütung des nominell 46 Seiten umfassenden Gutachtens können daher nur 38 Seiten zugrunde gelegt werden, da die ermittelten Anschläge für das Gesamtgutachten nach der nicht zu beanstandenden Ermittlung des Kostenbeamten 66744 betragen. Damit handelt es sich bei einer zugrunde zu legenden Anschlagzahl von 1800 pro Seite um ein Gutachten mit objektivierbar ermittelten 38 Seiten. Bei Anwendung der vom Senat für diesen Leistungsabschnitt entwickelten Praxis, dass ein Sachverständiger etwa 5 bis 6 Seiten pro Stunde zu diktieren und anschließend zur Korrektur durchzusehen vermag (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 14. November 1996, L 9 S 59/95), können vorliegend sieben Stunden berücksichtigt werden.
Damit beträgt der Zeitaufwand für das Gutachten insgesamt (9 + 4 + 8 + 7 =) 28 Stunden. Daraus errechnet sich ein Gesamtleistungshonorar von 1680,- EUR.
Die Aufwendungen des Sachverständigen nach § 10 Abs. 2 Satz 2 JVEG und § 4 Abs. 2 bis 4 Satz 1 GOÄ, die nach der GOÄ (s.o.) abzurechnen waren, sind antragsgemäß in Höhe von 160,98 EUR erstattet worden, was nicht zu beanstanden ist.
Nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 JVEG hat der Antragsteller Anspruch auf Ersatz für besondere Aufwendungen, zu denen nach der Vorschrift die Schreibkosten rechnen. Der Aufwendungsersatz beträgt 0,75 EUR je angefallene 1.000 Anschläge für die schriftliche Erstellung des Gutachtens. Dabei ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die moderne Computertechnik es heute entbehrlich macht, zur Vermeidung unzumutbaren Zählaufwandes bei der – außerdem nur ungefähren – Ermittlung der Anzahl der Anschläge auf Zeilenzählung abzustellen (BT-Drucks. 15/1971 zu § 12 S. 184 unter Hinweis auf § 11 S. 183). Ist die Zahl der Anschläge nicht bekannt, so ist sie gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3, 2. HS JVEG zu schätzen, wobei dies auf der Grundlage von Stichproben zu erfolgen hat. Nach der vom Senat nicht zu beanstandenden Schätzung des Kostenbeamten umfasst das Gutachten ca. 66744 Anschläge. Daraus errechnet sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 JVEG ein Aufwendungsersatz für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens von 50,25 EUR (ca. 67000 Anschläge x 0,75 EUR/1000 Anschläge). Die Zahl der Gutachtenseiten ist – anders als bei den übrigen Positionen – für die Berechnung des Aufwendungsersatzes für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens unerheblich, weil das Gesetz hier nur allein an die Zahl der Anschläge anknüpft.
Dem Antragsteller ist Aufwendungsersatz für die mit der richterlichen Beweisanordnung vom 1. Juli 2009 geforderten zwei weiteren Ausfertigungen (Mehrexemplare) zu leisten. Allerdings ist auch bei Berechnung der Pauschale für vom Gericht geforderte Mehrausfertigungen des Gutachtens nicht die Anzahl der geschriebenen und kopierten Seiten des Gutachtens maßgebend, sondern auch insoweit ist Maßstab der objektiv erforderliche Textumfang (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11. April 2005, L 2/9 SF 82/04). Kopierkosten sind demnach für die nach dem Gutachtenauftrag zu fertigenden beiden Mehrausfertigungen für insgesamt 76 Seiten (bei nach ca. 66744 Anschlägen zu 1800 Anschlägen pro Seite objektivierbaren 38 Seiten für das Gutachten selbst, weitere Berechnung s.o.) zu erstatten. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 JVEG werden für die Anfertigung von Ablichtungen und Ausdrucken 0,50 EUR für die ersten 50 Seiten und 0,15 EUR für jede weitere Seite ersetzt. Damit umfassen die beiden Mehrausfertigungen 76 Seiten, von denen 50 mit 0,50 EUR und die restlichen 26 Seiten mit 0,15 EUR je Seite zu vergüten sind (50 x 0,50 EUR zzgl. 26 x 0,15 EUR = 28,90 EUR insgesamt).
Damit ergibt sich eine festzusetzende Gesamtvergütung für das Sachverständigengutachten von 2295,66 EUR (28 Std. zu 60 EUR = 1680,00 EUR, Leistungen nach GOÄ - § 10 JVEG - 160,98 EUR, Schreibauslagen von 50,25 EUR, Kopierkosten von 28,90 EUR, Portokosten von 9,00 EUR und Umsatzsteuer in Höhe von 366,53 EUR).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
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