L 4 KR 677/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 1510/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 677/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, seit 01. Dezember 1998, hilfsweise seit 02. August 2005, bis 05. Mai 2010 bei der zu 1) beigeladenen GmbH nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen zu sein.

Die Beigeladene zu 1) wurde am 10. Dezember 1991 durch N. Z. als damals alleinigen Geschäftsführer und Gesellschafter mit einem Stammkapital von DM 50.000,00 gegründet. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrags ist Gegenstand des Unternehmens die Beratung und Entwicklung von Computersoftware sowie der Handel mit Soft- und Hardware. Nach § 5 des Gesellschaftsvertrages hat die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft von zwei Geschäftsführern gemeinschaftlich vertreten. Jedem Geschäftsführer kann Alleinvertretungsbefugnis erteilt werden, ebenso Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Gemäß § 6 werden Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz zwingend eine anderen Mehrheit vorschreiben. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Je DM 100,00 eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme.

Der am 1959 geborene Kläger hatte das Studium der Elektrotechnik mit dem Abschluss des Diplomingenieurs abgeschlossen. Von 1994 bis 1998 war er als Bereichsleiter mit Handlungsvollmacht bei der D. GmbH in G. (im Folgenden D. GmbH) beschäftigt. Die D. GmbH übernahm nach Angaben des Herrn N. Z. gegenüber dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) 1996 26% der Gesellschaftsanteile an der Beigeladenen zu 1) (DM 13.000,00 bei eine Stammkapital von DM 50.000,00). Mit Wirkung zum 30. April 1998 schlossen die D. GmbH und die Beigeladene zu 1) eine Vereinbarung, wonach der bisher von der D. GmbH übernommene Vertrieb bestimmter Produkte der Beigeladenen zu 1) nunmehr von der Beigeladenen zu 1) selbst besorgt werden solle und wonach der bisher bei der D. GmbH beschäftigte Kläger zur Beigeladenen zu 1) wechseln solle.

Am 24. November 1998 hielten N. Z. sowie Dr. Ing. M. Z. als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer für die D. GmbH eine Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) ab und beschlossen den Gegenstand des Unternehmens in Abänderung von § 2 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen zu 1) wie folgt zu ändern: Gegenstand des Unternehmens ist die Beratung und Entwicklung von Computersoftware, weiterhin die Ausführung von Ingenieurleistungen, der Handel sowie Dienstleistungen, alles i.V.m. Hard- und Software. Des Weiteren bestellten sie zum weiteren Geschäftsführer der Gesellschaft den Kläger und erteilten diesem sowie dem bisherigen Geschäftsführer N. Z. jeweils Alleinvertretungsbefugnis und Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB.

Am 13. Dezember 1998 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) einen Geschäftsführervertrag. Gemäß dessen § 1 vertritt der Kläger als Geschäftsführer die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Er ist einzelvertretungs- und einzelgeschäftsführungsbefugt. Er hat seine beruflichen Erfahrungen und seine ganze Arbeitskraft im Interesse des Unternehmens einzusetzen. Ist ein zweiter Geschäftsführer vorhanden, so ist die Arbeit nach Zweckmäßigkeit und Befähigung aufzuteilen. Der Geschäftsführer kann alle Handlungen, die der normale Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt, wahrnehmen (§ 3). Für den Fall, dass der Geschäftsführer Nebentätigkeiten ausüben will, sind diese durch eine entsprechende Ergänzung des Geschäftsführervertrages festzulegen (§ 4). Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (§ 5). Der Geschäftsführer erhält ein festes Monatsgehalt von DM 9.948,33 sowie eine Tantieme in Höhe von 15%, die sich aus dem vorläufig zu versteuernden Einkommen vor Abzug aller Geschäftsführertantiemen und vor Abzug des Gewinnanteils stiller Gesellschafter berechnet. Im Falle einer unverschuldeten Verhinderung oder unverschuldeten Erkrankung wird das monatliche Gehalt dem Geschäftsführer auf die Dauer von sechs Wochen voll weiterbezahlt. Die Tantieme wird um ein Zwölftel je Krankheits-, bzw. Fehlmonat gekürzt (§ 6). Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Die Zeit des Urlaubs ist mit dem Betrieb entsprechend abzustimmen. Nicht verbrauchter Jahresurlaub ist zu vergüten (§ 7). Der Vertrag tritt am 01. Juni 1998 in Kraft und gilt zunächst für die Dauer von fünf Jahren. Er verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, falls er nicht ein halbes Jahr vor Ablauf des Kalenderjahres gekündigt wird (§ 8). Jegliche Veränderungen bedürfen der Schriftform (§ 10).Gerichtsstand ist das zuständige Amtsgericht bzw. Arbeitsgericht für Karlsruhe (§11).

Seit 01. Juni 1998 führt die Beigeladene zu 1) von dem an den Kläger gezahlten Entgelt Lohnsteuer sowie Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung ab. Das Entgelt wird als Betriebsausgabe verbucht. In der Krankenversicherung ist der Kläger bei der Beklagten freiwillig versichert. Pflegeversicherung besteht bei der Beigeladenen zu 3).

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 02. August 2005 erwarb der Kläger von der D. GmbH deren Anteil von DM 13.000,00 am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) von insgesamt DM 50.000,00 gegen Zahlung eines Kaufpreises von EUR 13.000,00. Das Stammkapital wurde nach Umrechnung in Euro auf EUR 26.000,00 erhöht. Der Kläger erwarb durch Zahlung eines Aufstockungsbetrages von EUR 113,21 insgesamt Geschäftsanteile im Nennwert von EUR 6.760,00. Beim Gesellschafter N. Z. verblieben nach Aufstockung um EUR 322,80 Geschäftsanteile im Nennwert von EUR 19.240,00. Ferner wurde § 6 des Gesellschaftsvertrags insoweit geändert, als je EUR 20,00 eines Geschäftsanteils eine Stimme gewähren.

Mit Schreiben vom 07. Dezember 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten, sein Beschäftigungsverhältnis versicherungsrechtlich zu beurteilen und führte aus, er sei seit 01. Dezember 1998 alleinvertretungsberechtigt, dem Wohle des ganzen Unternehmens verantwortlich, erhalte Gewinnausschüttung, sei Gesellschaftergeschäftsführer der Beigeladenen zu 1) und könne durch seine vertragliche Beziehung zu der Beigeladenen zu 1) Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmen. Er sei für den gesamten technischen Bereich der Beigeladenen zu 1) tätig. Durch sein Fachwissen habe er maßgeblichen Einfluss bei Gesellschafterversammlungen. N. Z. habe keine abgeschlossene Berufsausbildung. Gerade deshalb sei er ja mit dem Ausstieg des Vaters von N. Z. in das Unternehmen eingestiegen. Neben den bereits genannten Unterlagen legte der Kläger der Beklagten vor den Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH vom 18. Dezember 2006 sowie zwei zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) geschlossene Darlehensverträge vom 17. Mai 2004 (zinslos, vereinbarte Rückzahlung zum 31. Dezember 2004) sowie vom 15. Juli 2005 (Verzinsung 2.5 % jährlich, Rückzahlung jederzeit möglich), wonach er der Beigeladenen zu 1) jeweils ein Darlehen in Höhe von EUR 10.000,00 gewährte. Er gab im Feststellungsbogen an, er könne durch Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen oder verhindern. Er verfüge als Einziger über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse. Die tatsächliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 50 bis 60 Stunden. Einem Direktionsrecht der Gesellschaft unterliege er nicht. Er könne im gesamten Umfang des Unternehmens selbstständig Personal einstellen und/oder entlassen. Er müsse sich seinen Urlaub nicht genehmigen lassen. Er erhalte eine monatliche gleichbleibende Vergütung von EUR 6.737,40, von der Lohnsteuer entrichtet werde, sowie Tantiemen. Er erhalte Weiterzahlung der Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit, wobei die Dauer nicht geregelt sei. Ein Beitragsbescheid sei in der Vergangenheit von einem Versicherungsträger über die Versicherungspflicht nicht erlassen worden. Der weitere Geschäftsführer und Gesellschafter N. Z. bestätigte die Richtigkeit dieser Angaben.

Mit Bescheid vom 26. Januar 2007, den sie auch der Beigeladenen zu 1) bekanntgab, stellte die Beklagte fest, der Kläger sei bei der Beigeladenen zu 1) seit 01. Dezember 1998 als Geschäftsführer abhängig beschäftigt. Der Kläger verfüge nicht über eine Sperrminorität, mit der er Gesellschaftsbeschlüsse verhindern könne. Geschäftsführer einer GmbH, die weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügten, seien grundsätzlich abhängig beschäftigt. Zudem lägen folgende Merkmale vor, die eine abhängige Beschäftigung kennzeichneten: Der Kläger erhalte unabhängig von der Ertragslage ein monatliches Festgehalt und trage daher kein Unternehmerrisiko wie ein Selbstständiger. Er habe Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall sowie auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub. Als Arbeitnehmer sei er grundsätzlich pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig. In der Krankenversicherung werde er als freiwilliges Mitglied geführt.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 31. Januar 2007 Widerspruch ein. Er habe mit einem Geschäftsanteil von 26 % eine Sperrminorität, so dass ohne seine Zustimmung keine Satzungsänderungen möglich seien. Er erhalte erfolgsabhängige Tantiemen. In den wirtschaftlich schwierigen Jahren 2004 und 2005 habe er zeitweise auf die pünktliche Auszahlung seines sogenannten "monatlichen Festgehalts" verzichten müssen und zusätzlich der Beigeladenen zu 1) noch einen Kredit gewährt. Genauso wie der einzige weitere Geschäftsführer erhalte er zwar Gehaltsfortzahlung und bezahlten Urlaub. Von diesem Urlaub nehme er aber im Schnitt keine 50% in Anspruch und verzichte auch auf den Ausgleich bzw. die Auszahlung. Er habe auch kein Recht auf Anrechnung seiner Überstunden, in den letzten Jahren mindestens 400 Stunden pro Jahr. Er sei als Diplomingenieur für Elektrotechnik auch der einzige mit entsprechendem Fachwissen und damit "Kopf und Seele" der Beigeladenen zu 1). Dies ergebe insgesamt eindeutig eine sozialversicherungsfreie Tätigkeit. Das Hessische Landessozialgericht (L 1 KR 763/03) habe sogar einen am Kapital der Gesellschaft gar nicht beteiligten Geschäftsführer als nicht sozialversicherungspflichtig angesehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2007 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Der Kläger übe seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) seit dem 01. Dezember 1998 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Es bestehe Versicherungspflicht in der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. In der Krankenversicherung sei der Kläger wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und als freiwilligtes Mitglied bei ihr (der Beklagten) versichert. Im Falle des Klägers überwögen die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen. Beschlüsse der Beigeladenen zu 1) würden gemäß § 6 des Gesellschaftsvertrages mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit vorschrieben. Der Kläger sei bis 02. August 2005 überhaupt nicht am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) beteiligt gewesen, seither bestehe lediglich eine 26-prozentige Beteiligung. Er habe somit keine Möglichkeit, Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen oder zu verhindern und damit maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Beigeladenen zu 1) zu nehmen. Auch wenn der Kläger aufgrund der Beteiligung in der Lage sei, Entscheidungen zu verhindern, die eine Dreiviertelmehrheit erforderten - wie Änderungen des Gesellschaftsvertrages oder die Auflösung der Gesellschaft - führe dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Diese Sperrminorität beziehe sich nicht auf alle Angelegenheiten der Beigeladenen zu 1) und versetze den Kläger nicht in die Lage, ihm nicht genehme Weisungen in Bezug auf seine Tätigkeit als Geschäftsführer zu verhindern. Obgleich der Kläger bei der Durchführung seiner Tätigkeit und hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs nicht an Einzelweisungen gebunden sei, habe er die Beigeladene zu 1) nach Maßgabe der Gesetze und der Satzung der Gesellschaft zu führen. Auch der Geschäftsführervertrag enthalte diesbezügliche Vorgaben. Betriebsorganisation und Geschäftsablauf lägen letztlich in der Hand der Gesellschafter. Der Kläger füge sich nicht in eine eigene selbst gegebene, sondern in eine vorgegebene fremde Betriebsorganisation ein, sodass er funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teilhabe und seine Arbeitsleistung demnach fremdbestimmt sei. Ebenso führe das Vorliegen einschlägiger Branchenkenntnisse nicht zu einer anderen Beurteilung. Es sei durchaus üblich, dass Geschäftsführer spezielle Fachkenntnisse aufweisen und diese seien vielfach gerade Voraussetzung für die Übertragung der Aufgabe. Es fehle das die selbstständige Tätigkeit kennzeichnende Unternehmerrisiko. Allein die Tatsache, dass der Kläger eine Tantieme erhalte, sei für die Annahme eines unternehmerischen Risikos nicht ausreichend. Die Zahlung einer Tantieme sei für Leitende Angestellte durchaus üblich. Auch die Darlehensgewährung führe nicht dazu, dass ein typisches Unternehmerrisiko angenommen werden könne, insbesondere da es sich um ein zu verzinsendes Darlehen handele und vertraglich die jederzeitige Rückzahlung vereinbart worden sei.

Am 06. August 2007 erhob der Kläger Klage zum SG (S 3 KR 3875/07). Mit Beschluss vom 26. Februar 2008 ordnete das SG im Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens an, weil in anhängigen Berufungsverfahren die Frage zu klären war, ob für die begehrte Feststellung die Beklagte oder die Beigeladene zu 2) zuständig ist. Am 03. April 2009 rief der Kläger das Verfahren wieder an (S 3 KR 1510/09).

Er wiederholte sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und trug weiter vor, der weitere Gesellschafter und Geschäftsführer N. Z. sei intern für die Produktentwicklung zuständig. Er selbst vertrete die Firma im Wesentlichen nach außen und sei von Anfang an Alleinverantwortlicher für den Vertrieb gewesen. Dies habe sich auch aus der Geschichte der Beigeladenen zu 1) und der früheren Zusammenarbeit mit der D. GmbH ergeben. Während sich N. Z. voll auf die Produktentwicklung konzentriert habe, sei er (der Kläger) eigenverantwortlich für den Personalbereich, aber auch die Finanzierung der Beigeladenen zu 1) zuständig. Er habe eigenverantwortlich die Hausbank gewechselt und auch eigenverantwortlich im Jahre 2002 mit der S. AG einen Vertriebsvertrag geschlossen. Er stelle die Produkte der Beigeladenen zu 1) den Kunden vor, führe die Vertragsverhandlungen und sei auch an der Erarbeitung der Richtlinien für die wegweisende Beschilderung außerhalb von Autobahnen beteiligt gewesen. Auch aus seinen vorherigen Berufstätigkeiten als Mitarbeiter u.a. der Bundesanstalt für Straßenwesen ergäben sich seine umfassenden Branchenkenntnisse. Sämtliche Verträge mit den sogenannten Vorbehaltskunden (die nicht durch die S. AG betreut würden) würden alleinverantwortlich von ihm geschlossen. Er habe vollen Entscheidungsspielraum hinsichtlich Preiskalkulation und Zahlungsweise. Er habe und habe von Anfang an Bank- und Postvollmacht gehabt. Aufgrund des bestehenden Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und N. Z. habe er sich bereits seit 1998 in keinerlei betriebliche Ordnung einzufügen gehabt. So habe er volle Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Anschaffung von Produktionsmitteln. Es sei evident, dass nach den Kriterien Weisungsfreiheit, Beteiligung und Unternehmerrisiko er bei der Beigeladenen zu 1) nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Es sei auch nicht etwa erforderlich, dass er einen eigenen Anteil am Stammkapital von Anfang an gehalten habe, um als selbstständig zu gelten. Er treffe allein die strategischen Entscheidungen des Unternehmens.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG lud mit Beschluss vom 04. September 2009 die C. Computersoftware für anwendungsorientierte Systeme GmbH als Beigeladene zu 1) sowie die Deutsche Rentenversicherung Bund als Beigeladene zu 2) bei. Die Beigeladene zu 2) erklärte, sie halte die Beklagte für zuständig für die begehrte Statusfeststellung, da bei Antragstellung das Beschäftigungsverhältnis bereits bestanden habe. Inhaltlich schloss sie sich der Auffassung der Beklagten an.

In einer mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 2009 befragte das SG den weiteren Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) N. Z. und wies sodann mit Urteil vom gleichen Tage die Klage ab. Es überwögen die Gesichtspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen. Der Kläger verfüge lediglich über eine partielle Sperrminorität, die der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegenstehe. Demgemäß sei der Kläger rechtlich nicht in der Lage, ihm nicht genehme Weisungen auf dem Gebiet der Geschäftsführung oder seine Abberufung als Geschäftsführer zu verhindern. Seine Darlegungen belegten nicht, dass er wirtschaftlich gesehen seine Tätigkeit nicht für ein fremdes, sondern für ein eigenes Unternehmen ausübe. Die vom Kläger eigenständig und eigenverantwortlich erbrachten Leistungen entsprächen, wie von diesem und dem weiteren geschäftsführenden Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) übereinstimmend dargelegt, dem vertraglich zugewiesenen Aufgabenbereich und der organisatorischen Aufgabenteilung unter den beiden Gesellschaftern und Geschäftsführern. Darüber hinaus sei er lediglich befugt, alle Handlungen, die der normale Betrieb der Gesellschaft mit sich bringe, wahrzunehmen mit der Verpflichtung, die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu beachten. Der Inhalt des Geschäftsführervertrages entspreche in allen wesentlichen Punkten den ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis prägenden Merkmalen.

Am 10. Februar 2010 hat der Kläger gegen das seinem Bevollmächtigten am 15. Januar 2010 zugestellte Urteil des SG Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zu deren Begründung verwies er auf den (vorgelegten) Geschäftsführervertrag zwischen der Beigeladenen zu 1) und N. Z. vom 15. Januar 1992, der ebenfalls ein festes Monatsgehalt und eine Tantieme von 15%, einen Anspruch auf Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen sowie Entgeltfortzahlung im Falle einer Erkrankung auf die Dauer von sechs Monaten vorsehe. Er trägt vor, in tatsächlicher Hinsicht sei der weitere Gesellschafter-Geschäftsführer N. Z. für seine Tätigkeiten in der Produktentwicklung maßgeblich davon abhängig, was er, der Kläger, nach außen hin an Potential umsetzen könne. Zum Erwerb des Gesellschaftsanteils von 26% sei es dadurch gekommen, dass die D. GmbH mit einem solchen Anteil an der Gesellschaft beteiligt gewesen sei. Es habe sich etwa zwei Jahre nach seiner Ernennung zum Geschäftsführer gezeigt, dass die Beteiligung der D. GmbH an der Beigeladenen zu 1) eher hinderlich in der Beschlussfassung gewesen sei und dass die Ziele nicht die gleichen gewesen seien. Er habe daher wiederholt den Wunsch geäußert, diese Anteile zu erwerben. Dies sei dann erst unter einem neuen Geschäftsführer der D. GmbH im Jahre 2005 möglich gewesen. Da Zusammenarbeit und Vertrauensverhältnis mit Herrn Z. sehr gut gewesen seien und weiterhin seien, habe es keinen Anlass gegeben, die Beteiligungsverhältnisse darüber hinaus zu ändern. Der bloße Abschluss eines Anstellungsvertrages mit Vergütungsregelung spreche nicht für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Diese Vertragsgestaltung sei vielmehr der Rechtslage der GmbH und des Einkommens- und Körperschaftssteuerrechtes geschuldet. Verschiedene Aspekte machten es dringend erforderlich, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer auch im eigenen Unternehmen einen Geschäftsführerdienstvertrag abschließe und, auch wenn er selbst Halter des Stammkapitals sei, nicht lediglich auf eine Gewinnausschüttung warten könne. Der Kläger hat die Lohnkonten der Jahre 1998 bis 2009 sowie auf Anfrage des Berichterstatters das Schreiben der Buchstelle Oberrhein GmbH Steuerberatungsgesellschaft vom 14. März 2011 vorgelegt, wonach das an ihn gezahlte Entgelt auch 2010 und laufend als Betriebsausgabe der Beigeladenen zu 1) verbucht sowie Lohnsteuer und Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung hieraus abgeführt würden. Auch das Entgelt des N. Z. werde als Betriebsausgabe verbucht; auch hieraus werde Lohnsteuer abgeführt.

Am 06. Mai 2010 haben der Kläger und N. Z. eine Gesellschafterversammlung abgehalten und § 6 der Satzung der Beigeladenen zu 1) dahingehend geändert, dass Gesellschafterbeschlüsse mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen gefasst werden, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit vorschreiben. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung des Senats sein Feststellungsbegehren auf die Zeit bis 05. Mai 2010 beschränkt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Dezember 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2007 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger seit dem 01. Dezember 1998, hilfsweise seit dem 02. August 2005, bis 05. Mai 2010 bei der Beigeladenen zu 1) nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht die Entscheidungsgründe des Urteils des SG zum Gegenstand ihrer Berufungserwiderung und schließt sich den dortigen Ausführungen an. Sie hat in der mündlichen Verhandlung des Senats den Bescheid vom 26. Januar 2007 und den Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2007 zurückgenommen, soweit Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung festgestellt worden ist.

Der Senat hat mit Beschluss vom 24. Februar 2010 die bei der Beklagten errichtete Pflegekasse als Beigeladene zu 3) sowie die Bundesagentur für Arbeit als Beigeladene zu 4) zum Verfahren beigeladen.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Anfechtungs- und Feststellungsklage des Klägers (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 SGG) zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2007 rechtmäßig ist und ihn nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger seit 01. Dezember 1998 bis 05. Mai 2010 - auf diesen Endzeitpunkt hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung des Senats sein Feststellungsbegehren beschränkt - bei der Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer abhängig beschäftigt war und deshalb der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag. In der Krankenversicherung bestand aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze seit Beginn der Tätigkeit Versicherungsfreiheit (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -). Der Kläger war freiwilliges Mitglied der Beklagten in der Krankenversicherung. In der sozialen Pflegeversicherung bestand deshalb Versicherungspflicht nicht aufgrund einer Beschäftigung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI -), sondern aufgrund der freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 20 Abs. 3 SGB XI).

Nach § 28h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist nach § 28i Satz 1 SGB IV die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird. Danach ist die Beklagte zuständige Einzugsstelle, weil der Kläger mindestens seit 01. Dezember 1998 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert ist. Nachdem die Beklagte auf entsprechende Anfrage des Klägers ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht eingeleitet hat, scheidet das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV aus, für das die Beigeladene zu 2) zuständig wäre. Deren Zuständigkeit, die eine solche der Beklagten ausschlösse, ergibt sich hier auch nicht aus § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV, eingefügt mit Wirkung vom 01. Januar 2005 durch Art. 4 Nr.3 des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954). Nach dieser Bestimmung hat die Einzugsstelle einen Antrag nach Satz 1 der Vorschrift zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte (bis 31. Dezember 2008) Angehöriger des Arbeitgebers, (seit 01. Januar 2009) Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers (geändert durch Art. 1 Nr. 1 des Zweites Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 [BGBl. I, 2933]) oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die entsprechende Meldung erfolgte nicht nach, sondern vor Inkrafttreten dieser Bestimmung. Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren ist indes erst bei Tätigkeiten durchzuführen, die danach aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a RdNr. 3, Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a RdNr. 11). In den Fällen, in denen die Tätigkeit - wie im vorliegenden Fall - bereits zuvor ausgeübt worden war, verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV.

Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dabei ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht [BVerfG] SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 16).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinn gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinn gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 17; Urteile vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R - Rdnr. 22 und vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - Rdnr. 18).

Der Geschäftsführer einer GmbH, der am Stammkapital der Gesellschaft nicht beteiligt ist (Fremdgeschäftsführer), ist grundsätzlich abhängig Beschäftigter der GmbH und versicherungspflichtig. Ausnahmen von dem Grundsatz werden in den Fällen erwogen, in denen der oder die Gesellschafter dem Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit völlig freie Hand lassen und er - wirtschaftlich gesehen - seine Tätigkeit nicht für ein fremdes, sondern wie für ein eigenes Unternehmen ausübt (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20 m.w.N.).

Auch ein Gesellschafter einer GmbH kann zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Dies ist grundsätzlich neben seiner Stellung als Gesellschafter möglich. Eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft ist nicht bereits durch die Stellung des Gesellschafters als Geschäftsführer ausgeschlossen. Bei am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführern sind Umfang der Beteiligung und Ausmaß des sich daraus ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft wesentliche Merkmale. Bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine sogenannte Sperrminorität verfügen, liegt regelmäßig eine abhängige Beschäftigung vor (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalles den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Eine Sperrminorität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrags Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4).

Gemessen an diesen Maßstäben ist die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) seit 01. Dezember 1998 als abhängiges Beschäftigungsverhältnis einzustufen. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 13. Dezember 1998 zeigt deutlich das Bild einer abhängigen Beschäftigung. So sind dem Kläger lediglich alle Handlungen gestattet, die der normale Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt. Nebentätigkeiten sind genehmigungspflichtig in dem Sinne, dass es zu deren Ausübung einer entsprechenden Ergänzung des Geschäftsführervertrages bedarf. Der Kläger erhält ein festes Monatsgehalt nebst Tantieme. Entgeltfortzahlung wird für die Dauer von sechs Wochen gewährt, bei Krankheit bzw. Fehlen wird die Tantieme entsprechend gekürzt. Ein Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen wird gewährt, nicht verbrauchter Urlaub ist zu vergüten. Dass die am Vertragsschluss Beteiligten die Qualifizierung des Geschäftsführervertrages als Arbeitsvertrag zumindest für möglich gehalten haben, zeigt sich auch an der Gerichtsstandsklausel, wonach das zuständige Amts- bzw. Arbeitsgericht für Streitigkeiten zuständig sein soll. Insbesondere unterscheidet sich der mit dem Kläger geschlossene Geschäftsführervertrag auch in zwei wesentlichen Punkten von dem Geschäftsführervertrag des Gesellschafters N. Z ... In jenem Vertrag ist keine Klausel enthalten, die die Befugnisse des Geschäftsführers auf alle Handlungen, die der normale Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt, beschränkt. Zudem erfolgt Entgeltfortzahlung bei Erkrankung im Falle des Mehrheitsgesellschafters N. Z. auf die Dauer von sechs Monaten.

Der vereinbarte Anstellungsvertrag ist auch insoweit tatsächlich praktiziert worden, als dem Kläger tatsächlich ein regelmäßig gleichbleibendes monatliches Entgelt gezahlt worden ist, wie sich aus den vorgelegten Lohnkonten und Lohnsteuerbescheinigungen ergibt. Soweit es tatsächlich, wie vom Kläger vorgetragen, in den Jahren 2004 und 2005 teilweise zu einer verspäteten Auszahlung des monatlichen Gehalts des Klägers gekommen sein sollte, ändert dies nichts an der grundsätzlichen Ausprägung des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Verspätete Lohnzahlungen müssen unter wirtschaftlich schwierigen Bedingungen auch viele Arbeitnehmer immer wieder hinnehmen. Die Gewährung von Darlehen in Höhe von EUR 10.000,00 seitens des Klägers an die Beigeladene zu 1) begründen nicht die Übernahme eines derartigen Unternehmerrisikos, dass dies der Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) das Gepräge gäbe. In Relation zum vom Kläger bezogenen Gehalt handelt es sich noch um eine vergleichsweise geringe Summe, zumal es sich offenkundig nur um die vorübergehende Überbrückung finanzieller Schwierigkeiten handelte und nicht um die dauerhafte Zuführung von Kapital an die Beigeladene zu 1). Die Nichtinanspruchnahme von Teilen des Urlaubs und Erbringung unbezahlter Überstunden schließlich sind Umstände, die auch für die abhängige Beschäftigung vieler Leitender Angestellter typisch sind und daher auch nicht entscheidend zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit dienen können.

Der Kläger ist auch nicht einmal aufgrund alleinig bei ihm vorhandener Fachkenntnisse als "Kopf und Seele" des Unternehmens anzusehen. Schon die Entstehungsgeschichte der Beigeladenen zu 1) spricht dagegen: Die Beigeladene zu 1) wurde am 10. Dezember 1991 durch den Mehrheitsgesellschafter N. Z. gegründet, der ein Informatikstudium nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Klägers begonnen, aber nicht abgeschlossen hat. Der Kläger als Diplomingenieur der Elektrotechnik ist erst 1998 zu der Beigeladenen zu 1) gestoßen, nachdem er zuvor bereits aufgrund der bestehenden Vertriebsverträge mit dem Vertrieb von deren Produkten als Mitarbeiter der D. GmbH betraut war, dies allerdings auch erst seit 1994. Der Kläger war also an der Gründung der Beigeladenen zu 1) nicht beteiligt. Die Geschäftsverbindung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der D. GmbH ergab sich vielmehr daraus, dass der Vater des Mehrheitsgesellschafters N. Z., Dr. Ing. M. Z., alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der D. GmbH war. Als "Kopf und Seele" des Unternehmens könnte unter diesen Umständen allenfalls dessen Mehrheitsgesellschafter und Gründer N. Z. angesehen werden, nicht aber der Kläger. Sicherlich ist der für die Produktentwicklung zuständige Gesellschafter-Geschäftsführer N. Z. auf die Vertriebserfolge des Klägers für seine Arbeit angewiesen. Umgekehrt ist aber der Kläger auf die Arbeit des N. Z. in der Produktentwicklung angewiesen, damit er überhaupt entsprechende Produkte zur Verfügung hat, die am Markt platziert werden können.

Entscheidende Bedeutung kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Tatsache zu, dass die Beteiligten die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) seit 01. Dezember 1998 bis heute tatsächlich wie ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis abgewickelt haben und weiterhin abwickeln. Aus dem gezahlten Bruttoentgelt, das als Betriebsausgabe bei der Beigeladenen zu 1) verbucht wird, wird Lohnsteuer abgeführt. Die Verbuchung als Betriebsausgabe und die tatsächliche zeitnahe Entrichtung von Lohnsteuer sind insoweit ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung (BSG SozR Nr. 22 zu § 165 RVO). Für den Kläger werden von der Beigeladenen zu 1) durchgängig Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung abgeführt, bei dem Mehrheitsgesellschafter N. Z. hingegen nicht, wie im Umkehrschluss dem Schreiben der Buchstelle Oberrhein vom 14. März 2011 entnommen werden kann. Daraus kann auch nur der Schluss gezogen werden, dass die Beigeladene zu 1) die rechtliche Stellung ihres Mehrheitsgesellschafter N. Z. innerhalb des Betriebs anders beurteilt hat und weiterhin beurteilt als die des Klägers und insoweit keine Gleichrangigkeit bzw. Gleichberechtigung gesehen hat und auch weiterhin nicht sieht.

Die weitgehende Weisungsfreiheit des Klägers in den üblichen, "normalen" Geschäften des Geschäftsführers schließt eine abhängige Beschäftigung nicht aus. Insbesondere bei hochqualifizierten Tätigkeiten ist die inhaltliche oder fachliche Weisungsbefugnis eingeschränkt. Aufgabe des Geschäftsführers ist es ja gerade, das Unternehmen mit seinen Fachkenntnissen und Fähigkeiten zu führen.

Dies gilt insbesondere, wenn der betreffende Geschäftsführer - wie hier jedenfalls zu Beginn des Anstellungsverhältnisses ab 01. Dezember 1998 - über keinen Anteil am Kapital der Gesellschaft verfügt. Er trägt insoweit kein Unternehmerrisiko. Insbesondere hat er für von ihm abgeschlossene Verträge und deren Erfüllung nicht persönlich als Arbeitgeber/Unternehmer einzustehen und zu haften. Das Insolvenzrisiko trägt die Beigeladene zu 1) und damit korrespondierend auch die maßgebliche Gewinnaussicht. Der Kläger ist auch nicht an seiner eigenen Betriebsstätte tätig, sondern in den von der Beigeladenen zu 1) eingerichteten Räumen. Ein sozialversicherungsrechtlich relevantes Unternehmerrisiko ergibt sich für den Kläger nicht dadurch, dass der Erfolg der Beigeladenen zu 1) insbesondere auch von seinen Fähigkeiten und seinem Engagement abhängt. Denn dies unterscheidet seine Position qualitativ nicht wesentlich von derjenigen Leitender Angestellter, die unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung der eigenen Bezüge sich für die Prosperität des Unternehmens einsetzen und im Übrigen auch unternehmerische (Teil )Aufgaben wahrzunehmen haben (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz, vgl. Bundesarbeitsgericht - BAG - NJW 2010, 2746). Hieran hat sich auch nichts Wesentliches dadurch geändert, dass der Kläger am 02. August 2005 einen Anteil von 26% am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) erworben hat. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 10. Dezember 1991 wurden Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, abgestimmt wurde nach Geschäftsanteilen. Der Kläger konnte also trotz seiner Beteiligung an der Gesellschaft jederzeit von dem Mitgesellschafter N. Z. aufgrund dessen Mehrheitsbeteiligung von 74% überstimmt werden und hatte nicht die Rechtsmacht, sich soweit Entscheidungen und Weisungen des Mehrheitsgesellschafters zu widersetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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