Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 2613/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2624/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Mai 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erhebt noch Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit vom 01. August 2008 bis 30. April 2009.
Der am 1948 in Amsterdam geborene Kläger durchlief in den Niederlanden Schulausbildung und Fachschulausbildung zum Ingenieur im Maschinenbau. Als solcher war er ab 12. Juni 1969 im Inland beschäftigt. Die Zeiten bis 31. Dezember 1992 sind durchgängig mit Pflichtbeiträgen wegen versicherungspflichtiger Beschäftigung belegt. Ab 01. Januar 1993 blieb der Kläger arbeitslos und bezog Leistungen der Arbeitslosenversicherung, in den 1990er Jahren unterbrochen von mehreren geförderten Ausbildungen. Ab 09. August 1997 bestand wieder durchgängig Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug, zuletzt von Arbeitslosenhilfe bis zu deren Abschaffung mit 31. Dezember 2004. Ab 01. Januar 2005 war der Kläger bei Bezug von Arbeitslosengeld II wieder arbeitslos gemeldet, dies jedoch nach dem 30. Juni 2006 nicht mehr (Bescheinigung der Kommunalen Arbeitsförderung O. vom 11. April 2008). Vom 01. bis 31. Juli 2008 wurde eine als Pflichtbeitragszeit bewertete geringfügige Beschäftigung ausgeübt. Vom 01. Januar bis 30. April 2009 bestand nochmals Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug.
Unter dem 12. Dezember 2001 wurde ein Bescheid mit Versicherungsverlauf erteilt. Ein weiterer Versicherungsverlauf datiert vom 15. November 2006. Ein Schreiben der Beklagten an den Kläger vom selben Tag zitiert den Wortlaut des § 237 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) über die Voraussetzungen der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 60. Lebensjahr. Weitere Hinweisschreiben zur Vormerkung von Zeiten der Arbeitslosigkeit ergingen unter dem 06. Dezember 2006, 18. April, 10. Juni, 05. August und 16. Oktober 2008.
Nachdem der Kläger im Juli 2008 die zitierte geringfügige Beschäftigung mit Pflichtbeitragszeit zurückgelegt hatte, stellte er am 05. August 2008 formlos, am 28. August 2008 förmlich Antrag auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Die Agentur für Arbeit Offenburg hatte mit Schreiben vom 08. Mai 2008 bestätigt, dass der Kläger seit dem 10. April 2008 (wieder) arbeitslos geführt werde. Durch Bescheid vom 17. Februar 2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Altersrente ab, weil Arbeitslosigkeit im Sinne des § 237 SGB VI für den Zeitraum vom 01. Juli 2006 bis 09. April 2008 nicht nachgewiesen sei.
Der Kläger erhob Widerspruch. Seit seinem 49. Lebensjahr habe die Tätigkeit des Arbeitsamtes lediglich im Nicht-Vermitteln eines Arbeitsplatzes bestanden. Vom 50. Lebensjahr an habe er sich nicht mal mehr pro forma melden müssen. Im Januar 2005 habe die Kommunale Arbeitsförderung das Nicht-Vermitteln übernommen. Mit Juni 2006 habe die Kommunale Arbeitsförderung ihre Tätigkeit völlig eingestellt und ihn an die Krankenkasse verwiesen. Nachdem er erfahren habe, dass eine Meldung bei der Agentur für Arbeit zwar originär sinnlos, jedoch ein realistisches Kriterium sei, habe er sich voller Hoffnung wieder arbeitslos gemeldet. Im streitigen Zeitraum habe er sich hauptsächlich auf Kleinanzeigen für unqualifizierte Stellen beworben; ihm sei entweder gleich am Telefon oder durch Ausbleiben einer Antwort abgesagt worden. Etwaige doch ergangene schriftliche Ablehnungen habe er nicht als Trophäe seiner Erfolglosigkeit aufgehoben. Ein Absageschreiben habe er noch gefunden (H. Personaldienstleistungen GmbH, vom 24. April 2008). Die Beklagte verwies mit Schreiben vom 06. März 2009 auf ihre unter dem 15. November 2006 und in den bereits zitierten weiteren Schreiben erteilten Hinweise zum Begriff der Arbeitslosigkeit im Sinne der Rentenversicherung. Der Kläger äußerte sich nochmals unter dem 13. März 2009. Durch Widerspruchsbescheid vom 05. Mai 2009 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Gegenüber den Darlegungen im angefochtenen Bescheid und im letzten Schreiben vom 06. März 2009, dass für die umstrittene Zeit vom 01. Juli 2006 bis 09. April 2008 Arbeitslosigkeit nicht nachgewiesen sei, hätten sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben.
Mit der am 22. Mai 2009 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Die Kommunale Arbeitsförderung habe es vom 01. Januar 2005 bis 30. Juni 2006 nicht vermocht, ihm Arbeit zu vermitteln. Im Juli 2006 habe sie diese Nicht-Vermittlung in eine offizielle umgewandelt, weil er nicht mehr auf Lohnersatzleistungen angewiesen gewesen sei. Ihm sei lediglich nahegelegt worden, sich mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen. Auf eine Pro-Forma-Meldung bei der Agentur für Arbeit habe man ihn nicht hingewiesen. Etwaige tatsächlich vorhandene Arbeitsangebote seien bekanntlich den Beziehern von Leistungen vorbehalten. Er verbleibe dabei, dass er sich im umstrittenen Zeitraum hauptsächlich auf Kleinanzeigen für unqualifizierte Stellen beworben habe, er jedoch gleich am Telefon oder ohne schriftliche Antworten Absagen erhalten habe. Die einzige schriftliche Absage vom 24. April 2008 habe er bereits vorgelegt. Im Übrigen habe ein Merkblatt den Hinweis erhalten, dass Bezieher von Arbeitslosengeld nach § 428 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 237 Abs. 2 SGB VI subjektiv nicht arbeitsbereit zu sein bräuchten. Diesem Personenkreis gegenüber werde er schlechter gestellt. Im Übrigen habe er etwa 2500 schriftliche Bewerbungen versucht. Dass diese sämtlich erfolglos gewesen seien, zeige die Absurdität der Forderung nach einer förmlichen Arbeitslosmeldung. Dies verstoße letztlich auch gegen den Gleichheitssatz und das Willkürverbot nach Art. 3 Grundgesetz (GG).
Die Beklagte trat unter Hinweis auf ihr bisheriges Vorbringen und auf die gesetzlichen Bestimmungen der Klage entgegen. Sie bewilligte dem Kläger durch Bescheid vom 02. Juli 2009 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 01. Mai 2009 (anfänglicher monatlicher Nettobetrag EUR 848,50).
Durch Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2010 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, nach den Bestimmungen des § 237 SGB VI hätte der Kläger ab 26. Januar 2007 (58. Lebensjahr und sechs Monate) 52 Wochen arbeitslos gewesen sein müssen. Bei fehlender Meldung bei einer Arbeitsagentur hätte er den überzeugenden Nachweis ernsthafter und ständiger Bemühungen um eine Arbeitsstelle führen müssen. Solche Bemühungen seien nicht nachgewiesen. Die Regelungen verstießen auch nicht gegen den Gleichheitssatz oder das Willkürverbot.
Hiergegen hat der Kläger am 04. Juni 2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er nochmals darauf, dass bei Beziehern von Arbeitslosengeld gemäß § 428 Abs. 1 SGB III und § 237 Abs. 2 SGB VI subjektive Arbeitsbereitschaft nicht verlangt werde. Es gebe dann keinen Grund, weshalb bei ihm bei fehlender Meldung und fehlendem Leistungsbezug subjektive Bemühungen verlangt werden dürften. Es sei unverständlich, dass die Bezieher von Arbeitslosengeld ihre Bewerbungen nicht nachweisen bräuchten. Dagegen werde er trotz fehlender Inanspruchnahme von Leistungen noch durch den fehlenden Rentenbezug bestraft. Er verbleibe auch dabei, dass ihn die Kommunale Arbeitsförderung ebenso wie die Agentur für Arbeit deutlich auf die Notwendigkeit von Bewerbungen hätte hinweisen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 17. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2009 zu verurteilen, Rente wegen Arbeitslosigkeit vom 01.August 2008 bis 30. April 2009 zu zahlen sowie die Nachteile durch Zinsverlust und eine ihm günstigere bisherige und zukünftige Versteuerung auszugleichen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist wiederum auf die Bestimmungen des § 237 SGB VI. Bei fehlender Meldung seien strenge Anforderungen an Nachweise über eigene Bewerbungsbemühungen zu stellen. Die Rüge eines Verstoßes gegen Gleichheitssatz und Willkürverbot könne deshalb keinen Erfolg haben, weil die von § 428 SGB III Betroffenen immerhin bei einer Agentur für Arbeit gemeldet sein müssten.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers kann in der Sache keinen Erfolg haben. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2010 zutreffend entschieden, dass die Beklagte im Bescheid vom 17. Februar 2009 (Widerspruchsbescheid vom 05. Mai 2009) die Zahlung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit an den Kläger (bereits) ab 01. August 2008 zu Recht abgelehnt hat. Dem Kläger steht (vgl. Bescheid vom 02. Juli 2009) diese Rente erst ab 01. Mai 2009 zu.
Nach § 237 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie 1. vor dem 01. Januar 1952 geboren sind, 2. das 60. Lebensjahr vollendet haben, 3. entweder a) bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung eines Lebensalters von 58 und sechs Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben oder b) die Arbeitszeit aufgrund von Arbeitsteilzeitarbeit i.S. der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes für mindestens 24 Kalendermonate vermindert haben, 4. in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei sich der Zeitraum von zehn Jahren um Anrechnungszeiten, Berücksichtigungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente aus eigener Versicherung, die nicht auch Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit sind, verlängert, und 5. die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.
Der Kläger hat zwar die Voraussetzungen der Nrn. 1, 2, 4 und 5 dieser Vorschrift erfüllt. Er ist am 26. Juli 1948 und damit vor dem 01. Januar 1952 geboren, hatte mithin am 01. August 2008 (frühestmöglicher Rentenbeginn, vgl. § 99 Abs. 1 Satz1 SGB VI) das 60. Lebensjahr vollendet, hatte auch in den letzten zehn Jahren vor dem möglichen Rentenbeginn acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, weil erst nach dem 30. Juni 2006 eine Lücke im Versicherungsverlauf besteht, und hatte auch die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt. Der Senat vermag jedoch nicht festzustellen, dass der Kläger (einzig in Betracht kommender Tatbestand) im Sinne von Nr. 3 Buchst. a beim möglichen Rentenbeginn am 01. August 2008 bis 30. April 2009 nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und sechs Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos war.
Der Kläger hat am 26. Januar 2007 das Lebensalter von 58 Jahren und sechs Monaten vollendet. Zu diesem Zeitpunkt war er seit 30. Juni 2006 aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet. Zu letzterem Zeitpunkt endete der Bezug von Arbeitslosengeld II. Eine Meldung bei der Agentur für Arbeit O. ist gemäß deren Bestätigung vom 08. Mai 2008 erst wieder ab 10. April 2008 erfolgt. Von diesem Tag an 52 Wochen gerechnet ist die notwendige Tatbestandsvoraussetzung erst wieder mit dem 09. April 2009 erfüllt gewesen.
Anders als § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI für die Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit schreibt § 237 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a zwar nicht vor, dass sich der Versicherte bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet hat (Bundessozialgericht - BSG - SozR 4-2600 § 237 Nrn. 7 und 10). Erfolgte keine Arbeitslosmeldung, sind aber an den Nachweis der Arbeitslosigkeit strenge Anforderungen zu stellen. Da nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Begriff Arbeitslosigkeit im Rentenrecht so zu verstehen ist, wie er durch das jeweils maßgebende Recht der Arbeitslosenversicherung bestimmt wird, muss der Betreffende auch entsprechend der objektiven Verfügbarkeit arbeitsbereit sein, also subjektiv der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden haben (vgl. z.B. BSG SozR 4-2600 § 237 Nr. 10). Erforderlich ist deshalb der Nachweis lückenloser, ernsthafter und fortlaufender Bemühungen um Arbeit, etwa durch Bewerbungsschreiben oder Reaktion auf Zeitungsanzeigen (vgl. auch Niesel in Kasseler Kommentar, § 237 SGB VI Rdnr. 14 m.N.). Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht erfüllt. Die bloße Behauptung, sich im streitigen Zeitraum (01. Juli 2006 bis 09. April 2008) um Arbeit bemüht zu haben, vermag nicht auszureichen. Schriftliche Nachweise für den streitigen Zeitraum wurden nicht aufbewahrt, auch Zeugenbeweis konnte nicht benannt werden. Das einzige aufbewahrte Absageschreiben stammt von der H. Personaldienstleistungen GmbH vom 24. April 2008, also kurz nach der Meldung bei der Agentur für Arbeit O. am 10. April 2008.
Die fehlenden Bemühungen um Arbeit können nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden. Dieser setzt voraus, dass ein Sozialleistungsträger aufgrund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses eine den Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -), verletzt und dadurch den Betroffenen einen rechtlichen Nachteil zufügt. Auf der Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte. Der dem Versicherten entstandene Nachteil muss mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung ausgeglichen werden können. Dies bedeutet umgekehrt, dass in Fällen, in denen der durch möglicherweise pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann, für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum bleibt. Hintergrund dieser Differenzierung zwischen "ersetzbaren" und "nicht ersetzbaren" Voraussetzungen ist das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG), das es nicht zulässt, dass die Verwaltung gesetzeswidrig handelt, wenn sie zuvor eine falsche Auskunft oder Beratung erteilt hat (vgl. zu alledem eingehend mit zahlreichen Nachweisen BSG, Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 16/03 R - BSGE 92, 241 ff. = SozR 4-2600 § 58 Nr. 3).
Arbeitsuche hat durch den Arbeitslosen selbst zu erfolgen und ist nicht der Gestaltung durch Verwaltungshandeln zugänglich. Die Vergünstigung des § 237 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a SGB VI soll denjenigen Versicherten zukommen, die aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen - trotz Erwerbsfähigkeit und aktiver Arbeitsplatzsuche - keine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausüben können. Die Vergünstigung soll mit anderen Worten nur solchen Versicherten zukommen, die sich selbst solidarisch verhalten, also vorbehaltlos nach Arbeit suchen, die mithin nicht nur arbeitslos und erwerbsfähig, sondern auch bemüht sind, eine Beschäftigung oder Tätigkeit wieder zu erlangen (vgl. zum vergleichbaren Tatbestand des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI nochmals BSGE 92, 241, 245 m.N.). Der Kläger hat im streitigen Zeitraum weder die Möglichkeiten der Arbeitsvermittlung in Anspruch genommen noch eigene Bemühungen nachgewiesen. Dies ist aus den dargelegten Gründen nicht im Rahmen des Herstellungsanspruchs ersetzbar. Dass die gegenwärtige Arbeitsmarktlage für Bewerber im Lebensalter des Klägers bekanntermaßen ungünstig ist, vermag nicht zum Absehen von jeglichen Bemühungen zu ermächtigen.
Der Kläger vermag auch nicht aufgrund der Vorschrift des § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI durchzudringen. Hiernach entfällt der Anspruch auf die Altersrente nicht, wenn der Versicherte nur deshalb der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand, weil er nicht arbeitsbereit war und nicht alle Möglichkeiten nutzte und nutzen wollte, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Diese Bestimmung steht im Zusammenhang mit § 428 SGB III, der ermöglicht, dass Arbeitslose, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, auch dann Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, wenn sie nicht arbeitsbereit waren (vgl. BSG SozR 4-2600 § 237 Nr. 10). Erforderlich ist also der tatsächliche Bezug von Arbeitslosengeld nach dem SGB III trotz fehlender subjektiver Verfügbarkeit. Dieser Tatbestand ist in der Person des Klägers nicht erfüllt gewesen. Denn der Kläger konnte im streitigen Zeitraum keine Leistungen nach dem SGB III beziehen. Der Bezug dieser Leistungen, zuletzt Arbeitslosenhilfe, endete mit deren Abschaffung am 31. Dezember 2004. Danach konnte der Kläger nur noch Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehen, wie dies auch bis 30. Juni 2006 erfolgte. Des Weiteren stehen die von den zitierten Vorschriften Betroffenen immerhin der Arbeitsvermittlung grundsätzlich (objektiv) zur Verfügung und können im Einzelfall, bei Vermittlung interessierender Angebote, ihre subjektive Verfügbarkeit wiederherstellen.
Die mit § 428 SGB III bewirkte besondere Situation lässt sich nicht mit dem Verweis auf Gleichheitssatz und Willkürverbot auf diejenige des Klägers übertragen. Dieser hatte sich nach der Abmeldung mit 30. Juni 2006 bis zur erneuten Meldung am 10. April 2008 aus den dargelegten Gründen aus jeglicher Beziehung zu Arbeitsmarkt und Arbeitsvermittlung zurückgezogen. Demgemäß kann ihm auch nicht der Vorteil zukommen, ohne Erfüllung der Zeit von 52 Wochen Arbeitslosigkeit im dargelegten Sinne die begehrte vorzeitige Altersrente zu beziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erhebt noch Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit vom 01. August 2008 bis 30. April 2009.
Der am 1948 in Amsterdam geborene Kläger durchlief in den Niederlanden Schulausbildung und Fachschulausbildung zum Ingenieur im Maschinenbau. Als solcher war er ab 12. Juni 1969 im Inland beschäftigt. Die Zeiten bis 31. Dezember 1992 sind durchgängig mit Pflichtbeiträgen wegen versicherungspflichtiger Beschäftigung belegt. Ab 01. Januar 1993 blieb der Kläger arbeitslos und bezog Leistungen der Arbeitslosenversicherung, in den 1990er Jahren unterbrochen von mehreren geförderten Ausbildungen. Ab 09. August 1997 bestand wieder durchgängig Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug, zuletzt von Arbeitslosenhilfe bis zu deren Abschaffung mit 31. Dezember 2004. Ab 01. Januar 2005 war der Kläger bei Bezug von Arbeitslosengeld II wieder arbeitslos gemeldet, dies jedoch nach dem 30. Juni 2006 nicht mehr (Bescheinigung der Kommunalen Arbeitsförderung O. vom 11. April 2008). Vom 01. bis 31. Juli 2008 wurde eine als Pflichtbeitragszeit bewertete geringfügige Beschäftigung ausgeübt. Vom 01. Januar bis 30. April 2009 bestand nochmals Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug.
Unter dem 12. Dezember 2001 wurde ein Bescheid mit Versicherungsverlauf erteilt. Ein weiterer Versicherungsverlauf datiert vom 15. November 2006. Ein Schreiben der Beklagten an den Kläger vom selben Tag zitiert den Wortlaut des § 237 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) über die Voraussetzungen der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 60. Lebensjahr. Weitere Hinweisschreiben zur Vormerkung von Zeiten der Arbeitslosigkeit ergingen unter dem 06. Dezember 2006, 18. April, 10. Juni, 05. August und 16. Oktober 2008.
Nachdem der Kläger im Juli 2008 die zitierte geringfügige Beschäftigung mit Pflichtbeitragszeit zurückgelegt hatte, stellte er am 05. August 2008 formlos, am 28. August 2008 förmlich Antrag auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Die Agentur für Arbeit Offenburg hatte mit Schreiben vom 08. Mai 2008 bestätigt, dass der Kläger seit dem 10. April 2008 (wieder) arbeitslos geführt werde. Durch Bescheid vom 17. Februar 2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Altersrente ab, weil Arbeitslosigkeit im Sinne des § 237 SGB VI für den Zeitraum vom 01. Juli 2006 bis 09. April 2008 nicht nachgewiesen sei.
Der Kläger erhob Widerspruch. Seit seinem 49. Lebensjahr habe die Tätigkeit des Arbeitsamtes lediglich im Nicht-Vermitteln eines Arbeitsplatzes bestanden. Vom 50. Lebensjahr an habe er sich nicht mal mehr pro forma melden müssen. Im Januar 2005 habe die Kommunale Arbeitsförderung das Nicht-Vermitteln übernommen. Mit Juni 2006 habe die Kommunale Arbeitsförderung ihre Tätigkeit völlig eingestellt und ihn an die Krankenkasse verwiesen. Nachdem er erfahren habe, dass eine Meldung bei der Agentur für Arbeit zwar originär sinnlos, jedoch ein realistisches Kriterium sei, habe er sich voller Hoffnung wieder arbeitslos gemeldet. Im streitigen Zeitraum habe er sich hauptsächlich auf Kleinanzeigen für unqualifizierte Stellen beworben; ihm sei entweder gleich am Telefon oder durch Ausbleiben einer Antwort abgesagt worden. Etwaige doch ergangene schriftliche Ablehnungen habe er nicht als Trophäe seiner Erfolglosigkeit aufgehoben. Ein Absageschreiben habe er noch gefunden (H. Personaldienstleistungen GmbH, vom 24. April 2008). Die Beklagte verwies mit Schreiben vom 06. März 2009 auf ihre unter dem 15. November 2006 und in den bereits zitierten weiteren Schreiben erteilten Hinweise zum Begriff der Arbeitslosigkeit im Sinne der Rentenversicherung. Der Kläger äußerte sich nochmals unter dem 13. März 2009. Durch Widerspruchsbescheid vom 05. Mai 2009 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Gegenüber den Darlegungen im angefochtenen Bescheid und im letzten Schreiben vom 06. März 2009, dass für die umstrittene Zeit vom 01. Juli 2006 bis 09. April 2008 Arbeitslosigkeit nicht nachgewiesen sei, hätten sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben.
Mit der am 22. Mai 2009 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Die Kommunale Arbeitsförderung habe es vom 01. Januar 2005 bis 30. Juni 2006 nicht vermocht, ihm Arbeit zu vermitteln. Im Juli 2006 habe sie diese Nicht-Vermittlung in eine offizielle umgewandelt, weil er nicht mehr auf Lohnersatzleistungen angewiesen gewesen sei. Ihm sei lediglich nahegelegt worden, sich mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen. Auf eine Pro-Forma-Meldung bei der Agentur für Arbeit habe man ihn nicht hingewiesen. Etwaige tatsächlich vorhandene Arbeitsangebote seien bekanntlich den Beziehern von Leistungen vorbehalten. Er verbleibe dabei, dass er sich im umstrittenen Zeitraum hauptsächlich auf Kleinanzeigen für unqualifizierte Stellen beworben habe, er jedoch gleich am Telefon oder ohne schriftliche Antworten Absagen erhalten habe. Die einzige schriftliche Absage vom 24. April 2008 habe er bereits vorgelegt. Im Übrigen habe ein Merkblatt den Hinweis erhalten, dass Bezieher von Arbeitslosengeld nach § 428 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 237 Abs. 2 SGB VI subjektiv nicht arbeitsbereit zu sein bräuchten. Diesem Personenkreis gegenüber werde er schlechter gestellt. Im Übrigen habe er etwa 2500 schriftliche Bewerbungen versucht. Dass diese sämtlich erfolglos gewesen seien, zeige die Absurdität der Forderung nach einer förmlichen Arbeitslosmeldung. Dies verstoße letztlich auch gegen den Gleichheitssatz und das Willkürverbot nach Art. 3 Grundgesetz (GG).
Die Beklagte trat unter Hinweis auf ihr bisheriges Vorbringen und auf die gesetzlichen Bestimmungen der Klage entgegen. Sie bewilligte dem Kläger durch Bescheid vom 02. Juli 2009 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 01. Mai 2009 (anfänglicher monatlicher Nettobetrag EUR 848,50).
Durch Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2010 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, nach den Bestimmungen des § 237 SGB VI hätte der Kläger ab 26. Januar 2007 (58. Lebensjahr und sechs Monate) 52 Wochen arbeitslos gewesen sein müssen. Bei fehlender Meldung bei einer Arbeitsagentur hätte er den überzeugenden Nachweis ernsthafter und ständiger Bemühungen um eine Arbeitsstelle führen müssen. Solche Bemühungen seien nicht nachgewiesen. Die Regelungen verstießen auch nicht gegen den Gleichheitssatz oder das Willkürverbot.
Hiergegen hat der Kläger am 04. Juni 2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er nochmals darauf, dass bei Beziehern von Arbeitslosengeld gemäß § 428 Abs. 1 SGB III und § 237 Abs. 2 SGB VI subjektive Arbeitsbereitschaft nicht verlangt werde. Es gebe dann keinen Grund, weshalb bei ihm bei fehlender Meldung und fehlendem Leistungsbezug subjektive Bemühungen verlangt werden dürften. Es sei unverständlich, dass die Bezieher von Arbeitslosengeld ihre Bewerbungen nicht nachweisen bräuchten. Dagegen werde er trotz fehlender Inanspruchnahme von Leistungen noch durch den fehlenden Rentenbezug bestraft. Er verbleibe auch dabei, dass ihn die Kommunale Arbeitsförderung ebenso wie die Agentur für Arbeit deutlich auf die Notwendigkeit von Bewerbungen hätte hinweisen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 17. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2009 zu verurteilen, Rente wegen Arbeitslosigkeit vom 01.August 2008 bis 30. April 2009 zu zahlen sowie die Nachteile durch Zinsverlust und eine ihm günstigere bisherige und zukünftige Versteuerung auszugleichen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist wiederum auf die Bestimmungen des § 237 SGB VI. Bei fehlender Meldung seien strenge Anforderungen an Nachweise über eigene Bewerbungsbemühungen zu stellen. Die Rüge eines Verstoßes gegen Gleichheitssatz und Willkürverbot könne deshalb keinen Erfolg haben, weil die von § 428 SGB III Betroffenen immerhin bei einer Agentur für Arbeit gemeldet sein müssten.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers kann in der Sache keinen Erfolg haben. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2010 zutreffend entschieden, dass die Beklagte im Bescheid vom 17. Februar 2009 (Widerspruchsbescheid vom 05. Mai 2009) die Zahlung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit an den Kläger (bereits) ab 01. August 2008 zu Recht abgelehnt hat. Dem Kläger steht (vgl. Bescheid vom 02. Juli 2009) diese Rente erst ab 01. Mai 2009 zu.
Nach § 237 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie 1. vor dem 01. Januar 1952 geboren sind, 2. das 60. Lebensjahr vollendet haben, 3. entweder a) bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung eines Lebensalters von 58 und sechs Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben oder b) die Arbeitszeit aufgrund von Arbeitsteilzeitarbeit i.S. der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes für mindestens 24 Kalendermonate vermindert haben, 4. in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei sich der Zeitraum von zehn Jahren um Anrechnungszeiten, Berücksichtigungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente aus eigener Versicherung, die nicht auch Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit sind, verlängert, und 5. die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.
Der Kläger hat zwar die Voraussetzungen der Nrn. 1, 2, 4 und 5 dieser Vorschrift erfüllt. Er ist am 26. Juli 1948 und damit vor dem 01. Januar 1952 geboren, hatte mithin am 01. August 2008 (frühestmöglicher Rentenbeginn, vgl. § 99 Abs. 1 Satz1 SGB VI) das 60. Lebensjahr vollendet, hatte auch in den letzten zehn Jahren vor dem möglichen Rentenbeginn acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, weil erst nach dem 30. Juni 2006 eine Lücke im Versicherungsverlauf besteht, und hatte auch die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt. Der Senat vermag jedoch nicht festzustellen, dass der Kläger (einzig in Betracht kommender Tatbestand) im Sinne von Nr. 3 Buchst. a beim möglichen Rentenbeginn am 01. August 2008 bis 30. April 2009 nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und sechs Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos war.
Der Kläger hat am 26. Januar 2007 das Lebensalter von 58 Jahren und sechs Monaten vollendet. Zu diesem Zeitpunkt war er seit 30. Juni 2006 aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet. Zu letzterem Zeitpunkt endete der Bezug von Arbeitslosengeld II. Eine Meldung bei der Agentur für Arbeit O. ist gemäß deren Bestätigung vom 08. Mai 2008 erst wieder ab 10. April 2008 erfolgt. Von diesem Tag an 52 Wochen gerechnet ist die notwendige Tatbestandsvoraussetzung erst wieder mit dem 09. April 2009 erfüllt gewesen.
Anders als § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI für die Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit schreibt § 237 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a zwar nicht vor, dass sich der Versicherte bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet hat (Bundessozialgericht - BSG - SozR 4-2600 § 237 Nrn. 7 und 10). Erfolgte keine Arbeitslosmeldung, sind aber an den Nachweis der Arbeitslosigkeit strenge Anforderungen zu stellen. Da nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Begriff Arbeitslosigkeit im Rentenrecht so zu verstehen ist, wie er durch das jeweils maßgebende Recht der Arbeitslosenversicherung bestimmt wird, muss der Betreffende auch entsprechend der objektiven Verfügbarkeit arbeitsbereit sein, also subjektiv der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden haben (vgl. z.B. BSG SozR 4-2600 § 237 Nr. 10). Erforderlich ist deshalb der Nachweis lückenloser, ernsthafter und fortlaufender Bemühungen um Arbeit, etwa durch Bewerbungsschreiben oder Reaktion auf Zeitungsanzeigen (vgl. auch Niesel in Kasseler Kommentar, § 237 SGB VI Rdnr. 14 m.N.). Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht erfüllt. Die bloße Behauptung, sich im streitigen Zeitraum (01. Juli 2006 bis 09. April 2008) um Arbeit bemüht zu haben, vermag nicht auszureichen. Schriftliche Nachweise für den streitigen Zeitraum wurden nicht aufbewahrt, auch Zeugenbeweis konnte nicht benannt werden. Das einzige aufbewahrte Absageschreiben stammt von der H. Personaldienstleistungen GmbH vom 24. April 2008, also kurz nach der Meldung bei der Agentur für Arbeit O. am 10. April 2008.
Die fehlenden Bemühungen um Arbeit können nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden. Dieser setzt voraus, dass ein Sozialleistungsträger aufgrund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses eine den Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -), verletzt und dadurch den Betroffenen einen rechtlichen Nachteil zufügt. Auf der Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte. Der dem Versicherten entstandene Nachteil muss mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung ausgeglichen werden können. Dies bedeutet umgekehrt, dass in Fällen, in denen der durch möglicherweise pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann, für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum bleibt. Hintergrund dieser Differenzierung zwischen "ersetzbaren" und "nicht ersetzbaren" Voraussetzungen ist das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG), das es nicht zulässt, dass die Verwaltung gesetzeswidrig handelt, wenn sie zuvor eine falsche Auskunft oder Beratung erteilt hat (vgl. zu alledem eingehend mit zahlreichen Nachweisen BSG, Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 16/03 R - BSGE 92, 241 ff. = SozR 4-2600 § 58 Nr. 3).
Arbeitsuche hat durch den Arbeitslosen selbst zu erfolgen und ist nicht der Gestaltung durch Verwaltungshandeln zugänglich. Die Vergünstigung des § 237 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a SGB VI soll denjenigen Versicherten zukommen, die aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen - trotz Erwerbsfähigkeit und aktiver Arbeitsplatzsuche - keine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausüben können. Die Vergünstigung soll mit anderen Worten nur solchen Versicherten zukommen, die sich selbst solidarisch verhalten, also vorbehaltlos nach Arbeit suchen, die mithin nicht nur arbeitslos und erwerbsfähig, sondern auch bemüht sind, eine Beschäftigung oder Tätigkeit wieder zu erlangen (vgl. zum vergleichbaren Tatbestand des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI nochmals BSGE 92, 241, 245 m.N.). Der Kläger hat im streitigen Zeitraum weder die Möglichkeiten der Arbeitsvermittlung in Anspruch genommen noch eigene Bemühungen nachgewiesen. Dies ist aus den dargelegten Gründen nicht im Rahmen des Herstellungsanspruchs ersetzbar. Dass die gegenwärtige Arbeitsmarktlage für Bewerber im Lebensalter des Klägers bekanntermaßen ungünstig ist, vermag nicht zum Absehen von jeglichen Bemühungen zu ermächtigen.
Der Kläger vermag auch nicht aufgrund der Vorschrift des § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI durchzudringen. Hiernach entfällt der Anspruch auf die Altersrente nicht, wenn der Versicherte nur deshalb der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand, weil er nicht arbeitsbereit war und nicht alle Möglichkeiten nutzte und nutzen wollte, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Diese Bestimmung steht im Zusammenhang mit § 428 SGB III, der ermöglicht, dass Arbeitslose, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, auch dann Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, wenn sie nicht arbeitsbereit waren (vgl. BSG SozR 4-2600 § 237 Nr. 10). Erforderlich ist also der tatsächliche Bezug von Arbeitslosengeld nach dem SGB III trotz fehlender subjektiver Verfügbarkeit. Dieser Tatbestand ist in der Person des Klägers nicht erfüllt gewesen. Denn der Kläger konnte im streitigen Zeitraum keine Leistungen nach dem SGB III beziehen. Der Bezug dieser Leistungen, zuletzt Arbeitslosenhilfe, endete mit deren Abschaffung am 31. Dezember 2004. Danach konnte der Kläger nur noch Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehen, wie dies auch bis 30. Juni 2006 erfolgte. Des Weiteren stehen die von den zitierten Vorschriften Betroffenen immerhin der Arbeitsvermittlung grundsätzlich (objektiv) zur Verfügung und können im Einzelfall, bei Vermittlung interessierender Angebote, ihre subjektive Verfügbarkeit wiederherstellen.
Die mit § 428 SGB III bewirkte besondere Situation lässt sich nicht mit dem Verweis auf Gleichheitssatz und Willkürverbot auf diejenige des Klägers übertragen. Dieser hatte sich nach der Abmeldung mit 30. Juni 2006 bis zur erneuten Meldung am 10. April 2008 aus den dargelegten Gründen aus jeglicher Beziehung zu Arbeitsmarkt und Arbeitsvermittlung zurückgezogen. Demgemäß kann ihm auch nicht der Vorteil zukommen, ohne Erfüllung der Zeit von 52 Wochen Arbeitslosigkeit im dargelegten Sinne die begehrte vorzeitige Altersrente zu beziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
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