Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 11 R 101/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 88/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung § 229 a SGB VI
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) streitig.
Ab 1. Mai 1989 betrieb der Kläger aufgrund einer Gewerbegenehmigung vom 26. April 1989 die Gaststätte "J." in W ... Er entrichtete bis zum 31. Dezember 1991 Rentenversicherungsbeiträge an die Überleitungsanstalt Sozialversicherung.
Am 13. Oktober 2005 beantragte der Kläger bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt (LVA), der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Klärung seines Versicherungskontos und legte hierzu zahlreiche Unterlagen (u.a. Lehrvertrag, Facharbeiterzeugnis, Arbeits- und Änderungsverträge) vor. Am 19. Oktober 2005 vergab die LVA für den Kläger eine Versicherungsnummer. Mit Schreiben vom 10. Mai 2006 wies die Beklagte den Kläger auf eine ab Januar 1992 fortbestehende Versicherungspflicht hin und bat um Mitteilung, auf welcher Grundlage die Beitragsberechnung erfolgen solle. Der Kläger äußerte sich hierzu nicht.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2006 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers aufgrund dessen versicherungspflichtiger Tätigkeit im Beitrittsgebiet am 31. Dezember 1991 nach § 229 a Abs. 1 SGB VI fest. Dem Bescheid angefügt war die Beitragsberechnung für die Pflichtbeiträge der Monate Dezember 2000 bis August 2006 in Höhe der Hälfte des Regelbeitrages mit einer Gesamtforderung in Höhe von 26.268,71 EUR.
Am 31. Juli 2006 erhob der Kläger Widerspruch. Die Widerspruchsbegründung verfasste der im Verwaltungsverfahren bevollmächtigte R. G. mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 im Namen der A. Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungsgesellschaft mbH. Er führte aus, der Kläger habe am 14. Dezember 1992 bei der "Gesellschaft der Beklagten" einen Antrag auf Befreiung von seiner Versicherungspflicht gestellt. Den Eingang des Antrages sehe er "aufgrund der von Ihnen aus der Vergangenheit geübten Praxis (fast 14 Jahre), Herrn H. als nicht rentenversicherungspflichtig einzustufen, als gegeben an".
Auf ihre Ermittlungen hin erhielt die Beklagte von der Deutschen Rentenversicherung Bund die Mitteilung, es lägen dort keine Versicherungsunterlagen des Klägers vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2007 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen, da nach § 10 Abs. 1 Gesetz über die Sozialversicherung (SVG) alle selbstständig Tätigen im Beitrittsgebiet bis zum 31. Juli 1991 versicherungspflichtig gewesen seien. Ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG wäre möglich gewesen, sei aber nicht gestellt worden. Nachdem ab dem 1. Januar 1992 das SGB VI im Beitrittsgebiet in Kraft getreten sei, sei § 229 a Abs. 1 SGB VI einschlägig, wonach bei bestehender Versicherungspflichtigkeit im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1991 die Versicherungspflicht in der jeweiligen Tätigkeit fortbestehe. Auf Antrag hätten selbstständig Tätige ihre Versicherungspflicht bis zum 31. Dezember 1994 beenden können, wenn sie dies beantragt hätten. Da ein Antrag auf Beendigung der Versicherungspflicht des Klägers nicht vorliege, sei nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast von dessen weiter bestehender Versicherungspflicht auszugehen. Die für den Zeitraum bis zum 30. November 2000 aufgelaufenen Beitragsrückstände seien verjährt und könnten daher nicht mehr vom Kläger gefordert werden.
Mit Bescheid vom 20. September 2006 wurden die rückständigen Beiträge einschließlich Säumniszuschläge auf eine Gesamtforderung in Höhe von 26.937,89 EUR festgesetzt. Mit weiterem Bescheid vom 19. November 2006 teilte die Beklagte die dann aktuelle Forderungshöhe mit.
Der Kläger hat mit der am 13. Februar 2007 beim Sozialgericht Halle erhobenen Klage sein Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, er habe sich unter dem 14. Dezember 1992 von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen und sich zeitgleich bei der H.-M. Versicherung versichert. Seinem Befreiungsantrag sei auch stattgegeben worden. Er verfüge aber über keinerlei Unterlagen mehr. Im Übrigen hätten seine Einkünfte unter der Beitragsbemessungsgrenze gelegen. Schließlich seien die Beiträge bis einschließlich November 2001 verjährt. Da 13 Jahre lang keine Beitragsforderung gestellt worden sei, seien die Beiträge vor Oktober 2005 als verwirkt anzusehen. Für das Jahr 1991 habe er noch Zahlungen an die Überleitungsanstalt Sozialversicherung geleistet, daher müssten auch eine Rentenversicherungsnummer und ein Aktenvorgang für ihn existieren. Nach Vorlage des Musterformulars "Fragebogen/Antrag auf Beitragszahlung zur Arbeiterrentenversicherung im Beitrittsgebiet ab 1. Januar 1992" durch die Beklagte hat der Kläger erklärt, er habe einen solchen Fragebogen per Post erhalten, unterzeichnet und seine Frau habe dann den ausgefüllten Fragebogen auf dem Postweg zurückgeschickt. Er selbst sei nie auf einer Geschäftsstelle eines Rentenversicherungsträgers gewesen; es sei für ihn auch nicht einzusehen gewesen, weshalb er sich dort einen Fragebogen hätte abholen sollen. Bereits im Jahr 1990 sei für ihn wegen seiner geleisteten Zahlungen eine Versicherungsnummer vergeben worden.
In der öffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Halle vom 18. Januar 2010 hat der Kläger erklärt, er habe sich nicht gewundert, dass er angesichts der Pflichtbeiträge aus 1991 und 1992 keine Versicherungsnummer bekommen habe. Auf Intervention seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger seine Angabe dahingehend korrigiert, sich weder daran erinnern zu können, eine Versicherungsnummer erhalten zu haben noch daran, an wen er damals die Beiträge gezahlt habe (Bl. 154 GA).
Die Ehefrau des Klägers, S. H., hat in der vorgenannten Verhandlung als Zeugin ausgesagt, sie könne nicht mehr genau sagen, was Gegenstand des Schriftwechsels mit der Überleitungsanstalt gewesen sei oder wie der Antrag geheißen habe. Es sei aber so, dass auf dem Formular der Rentenversicherung ein Kreuz zu machen gewesen sei, um aus der gesetzlichen Rentenversicherung auszutreten. Auf Nachfrage des Gerichts hat die Zeugin erklärt, der Antrag sei durch den Versicherungsvertreter der H.-M., V. B., auf den Weg gebracht worden. Der Versicherungsvertreter B. habe gesagt, er wolle sich um alles kümmern, was zu tun sei; dies habe sich auch auf die Korrespondenz mit anderen Versicherungsträgern bezogen. Herr B. habe dann alle Formalitäten erledigt. Auf weitere Nachfrage des Sozialgerichts hat die Zeugin mitgeteilt, sie könne sich nicht daran erinnern, einen Beendigungsbescheid zur gesetzlichen Rentenversicherung gesehen zu haben. Auf Bitte des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist zusätzlich protokolliert worden, dass die Zeugin sich nicht sicher sei, den Beendigungsbescheid gesehen zu haben. Schließlich hat die Zeugin erklärt, dass das Antragsformular für den Austritt aus der gesetzlichen Rentenversicherung von der H.-M. Versicherung gestammt habe. Im Einzelnen wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Halle vom 18. Januar 2010 Bezug genommen.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Abschluss einer privaten Lebensversicherung sei zum behaupteten Zeitpunkt der Antragstellung am 14. Dezember 1992 keine Voraussetzung für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gewesen. Es sei nicht bewiesen, dass der Kläger einen Antrag zur Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gestellt habe. Die Versicherungsträger seien nach § 67 Satz 1 SVG verpflichtet worden, unter Verwendung einer Versicherungsnummer schrittweise ein Versichertenverzeichnis aufzubauen; dieser Aufbau sei zum 31. Dezember 1991 noch nicht beendet gewesen. Der Kläger sei seinerseits bis zum 31. Dezember 1991 verpflichtet gewesen, die Rentenversicherungsbeiträge an die Überleitungsanstalt Sozialversicherung zu zahlen, deren Konten dann bis zum 31. Januar 1992 geschlossen worden seien. Da sich der Kläger als Selbstständiger entgegen seiner Verpflichtung die Beitragszahlungen für 1991 nicht habe bestätigen lassen, liege auch kein Verwaltungsvorgang aus 1991/1992 vor und der Kläger habe nicht namentlich erfasst werden können. Der Umstand, dass für den Kläger erst am 19. Oktober 2005 eine Rentenversicherungsnummer vergeben worden sei, indiziere, dass der Kläger sich im Jahr 1992 nicht beim Rentenversicherungsträger gemeldet habe und auch keine Befreiung von der Versicherungspflicht vorgenommen worden sei. Der Beklagten lägen Unterlagen des Klägers erst ab dessen Antrag auf Kontenklärung vom 13. Oktober 2005 vor. Die von ihm angegebene Steuernummer stelle kein von der Beklagten verwendetes Sortiermerkmal dar; erst mit Einholung einer Bestätigung der Beitragszahlung für das Jahr 1991 wäre bei der Beklagten ein Vorgang eröffnet worden. Seit 1992 sei die Versicherungsnummer das bei der Beklagten verwendete Sortiermerkmal; unter dieser Versicherungsnummer seien alle den Kläger betreffende Unterlagen abgelegt bzw. gespeichert. Laut Stammsatzauskunft sei für den Kläger erst am 19. Oktober 2005 eine Versicherungsnummer vergeben worden. Die Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass der Fragebogen "Antrag auf Beitragszahlung zur Arbeiterrentenversicherung im Beitrittsgebiet ab 1. Januar 1992" durch den Rentenversicherungsträger in der Regel nicht versandt, sondern in den Geschäftsstellen ausgehändigt worden sei, zumal dem Rentenversicherungsträger die damals selbstständig Tätigen nicht namentlich bekannt gewesen seien. Aus diesem Grunde seien die selbstständig Tätigen auch aufgefordert gewesen, sich die Beitragszahlungen für das Jahr 1991 vom Rentenversicherungsträger bestätigen zu lassen. Erst hierauf hätte dann ein Rentenversicherungskonto eröffnet werden können. Die Beklagte gehe schließlich davon aus, dass auch die weiteren Forderungsbescheide vom 23. März, 22. April, 24. Mai, 21. Juni, 24. Juli, 23. August, 20. September, 23. Oktober, 22. November, 18. Dezember 2007, 23. Januar, 21. Februar und 19. März 2008 Gegenstand des Verfahrens seien.
Zur Forderungshöhe hat die Beklagte ausgeführt, die beitragspflichtigen Einnahmen stellten nach § 161 Abs. 1 SGB VI die Beitragsbemessungsgrundlage dar. Bei selbstständig Tätigen sei dies nach § 165 Abs. 1 SGB VI ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitseinkommen in Höhe von 400,00 EUR. Mangels eines Antrags auf einkommensgerechte Beitragszahlung sei der Kläger mit Bescheid vom 3. Juli 2006 zur Zahlung des halben Regelbeitrages veranlagt worden.
Die in Rechnung gestellten Beiträge seien nach der vierjährigen Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) nicht verjährt, da eine Hemmungswirkung nach § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV durch das seit 13. Oktober 2005 anhängige Kontenklärungsverfahren eingetreten sei. Das Kontenklärungsverfahren sei mit dem Feststellungsbescheid zur Versicherungspflicht nach § 229 a Abs. 1 SGB VI vom 3. Juli 2006 beendet worden. Im vorgenannten Zeitraum sei der Fristablauf der Verjährung gehemmt gewesen; daher könnten die Beiträge ab Dezember 2000 noch gefordert werden.
Mit Urteil vom 18. Januar 2010 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe eigenem Vortrag zufolge nur auf dem Antragsformular der H.-Mannheimer Versicherung angekreuzt, dass er beabsichtige, aus der gesetzlichen Rentenversicherung auszutreten, was lediglich eine Absichtserklärung gegenüber der H.-M. Versicherung darstelle. Auch nach der Zeugenaussage der Ehefrau S. H. sei lediglich das Antragsformular der H.-M. ausgefüllt worden, ohne dass sie oder der Kläger selbst hätten erklären können, ob ein Antrag auf Befreiung an die Beklagte oder deren Rechtsvorgängerin abgesendet oder anderweitig zur Beklagten auf den Weg gebracht worden war. Das Sozialgericht hat hierin keine Antragstellung nach § 16 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (Allgemeiner Teil - SGB I) gesehen; weder die Absendung noch der Zugang eines Befreiungsantrages an die Rechtsvorgängerin der Beklagten sei damit zu beweisen. Mit Bescheid vom 16. Februar 2009 seien die Beiträge für die Zeit ab 1. Dezember 2000 auch einkommensgerecht von der Beklagten ermittelt worden. Die Beiträge für Dezember 2000 seien im Januar 2001 fällig gewesen und demzufolge habe die Verjährung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV am 1. Januar 2002 begonnen und zum Jahresende 2005 geendet. Durch ein Beitragsverfahren, worunter auch das vorliegende Kontenklärungsverfahren zu verstehen sei, werde die Verjährung gem. § 198 SGB VI gehemmt. Die Hemmung ende sechs Monate nach Abschluss des Kontenklägungsverfahrens, welches vom 13. Oktober 2005 bis zum 12. Juni 2006 bei der Beklagten anhängig gewesen sei, so dass der Bescheid vom 3. Juli 2006 in den sechsmonatigen Hemmungszeitraum nach Beendigung falle. Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen für eine Verwirkung der Beitragsforderung nicht vor. Hierfür hätte es neben dem reinen Zeitablauf eines Verwirkungsverhaltens der Beklagten bedurft in Form von besonderen Umständen, die eine spätere Geltendmachung nach Treu und Glauben missbräuchlich hatten erscheinen lassen. Ein entsprechender Vertrauenstatbestand sei beim Kläger durch die Beklagte oder ihrer Rechtsvorgänger nicht geschaffen worden.
Gegen das ihm am 1. März 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. März 2010 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Er trägt mit der Berufung vor, er habe erstinstanzlich den Versicherungsvertreter der H.-M., Herrn B., als Zeugen anbieten wollen, ihm sei aber dessen Aufenthalt nicht bekannt gewesen. Nachdem ihm zwischenzeitlich die ladungsfähige Anschrift des Zeugen B. vorliege, möge dieser Zeugenbeweis im Berufungsverfahren erhoben werden, da V. B. den Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung versandt habe. Herr B. könne auch bestätigen, dass dem Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung stattgegeben worden sei. Auch sein damaliger Steuerberater G. wisse von seiner damaligen Absicht einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. Januar 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2007 sowie den Bescheid vom 16. Februar 2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger für den Zeitraum ab dem 1. Januar 1992 nicht mehr der Versicherungspflicht der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Der Senat hat den 1992 für die H.-M. Versicherung tätigen V. B. und den im Vorverfahren bevollmächtigten R. G. als Zeugen zu den Umständen der vom Kläger behaupteten Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und der zugrundeliegenden Korrespondenz hierüber mit der Überleitungsanstalt Sozialversicherung im Zeitraum 1992/1993 vernommen. Im Hinblick auf deren Aussagen wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 10. November 2010 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Kläger unterliegt auch über den 31. Dezember 1991 hinaus als selbstständig tätiger Gastronom der Versicherungspflicht mit der Folge, dass er entsprechend seinem Einkommen Beiträge zu leisten hat.
Nach § 229 a Abs. 1 SGB VI bleiben Personen, die am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig waren, nicht ab dem 1. Januar 1992 nach den §§ 1 bis 3 versicherungspflichtig geworden sind, in der jeweiligen Tätigkeit versicherungspflichtig. Selbstständig Tätige, die ausschließlich nach § 229 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI ab dem 1. Januar 1992 weiterhin rentenversicherungspflichtig sind, konnten diese Versicherungspflicht beenden, wenn sie dies beim Rentenversicherungsträger bis zum 31. Dezember 1994 beantragten. Für die Befreiung von der Versicherungspflicht im Jahr 1992 kommt es im Beitrittsgebiet auf die Regelungen nach dem SVG nicht mehr an, da ab dem 1. Januar 1992 hierfür die vorgenannte Norm des SGB VI in Kraft getreten ist.
Der Senat konnte auch nach Erhebung weiteren Zeugenbeweises nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger am 14. Dezember 1992 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gestellt hat.
Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, der auch im Sozialrecht Anwendung findet, hat nach Ausschöpfung aller Mittel zur Aufklärung des Sachverhaltes derjenige die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R -, BSGE 96, 238, 245). Soweit der Kläger im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 durch seinen damaligen Bevollmächtigten G. hat vortragen lassen, es sei eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei "Ihrer Gesellschaft" beantragt worden, lässt diese Diktion bereits Zweifel aufkommen, ob ein Antrag an die Rechtsvorgängerin der Beklagten, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, gerichtet gewesen seien kann. Eine private "Gesellschaft" war nie gesetzlicher Rentenversicherungsträger und scheidet daher als Adressat eines Befreiungsantrages aus. Soweit der Kläger mit Anlage K 3 ein Vordruckblatt der H.-M. mit Titel Zusatzinformationen zum Antrag von Selbstständigen vorlegt, auf welchem er angekreuzt hat, er sei nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. beabsichtige, von der bestehenden Möglichkeit der Beendigung der Versicherungspflicht bzw. Befreiung von der Versicherungspflicht Gebrauch zu machen, stellt dies erkennbar keinen Antrag auf Befreiung gegenüber der Beklagten oder ihrer Rechtsvorgängerin dar. Es liegt daher nahe, dass der Kläger die Angabe gegenüber der H.-M. zur beabsichtigten Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Antrag gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung auf Befreiung verwechselt hat. Wie das Sozialgericht hält der Senat es im Übrigen für nicht nachvollziehbar, dass der Kläger einerseits Unterlagen aus dem streitgegenständlichen Zeitraum, die die H.-Mannheimer Versicherung betreffen, sowie die Einzahlungsbelege an die Überleitungsanstalt bis Ende 1991 und sämtliche Zeugnisse und Arbeits- bzw. Änderungsverträge über sein Berufsleben vorlegen konnte, andererseits aber die Unterlagen zur Antragstellung gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Befreiung, die damit nach seiner Sachverhaltsdarstellung in unmittelbarem Zusammenhang standen, vernichtet haben will.
Widersprüchlich und daher nicht glaubhaft ist ferner die Angabe des Klägers, seine Frau habe den Befreiungsantrag ausgefüllt und dann abgesendet; demgegenüber hat er später erklärt, der Zeuge B. habe alles erledigt und die Beantragung gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgenommen. Dementsprechend wenig nachvollziehbar und widersprüchlich sind die klägerischen Angaben zum angeblichen Befreiungsbescheid, den er und die Zeugen gesehen haben sollen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger dagegen zu Protokoll gegeben, er erinnere sich nicht, einen Befreiungsbescheid bekommen zu haben. Auf den Vorhalt zu seinen widersprüchlichen Angaben zum Absenden des Befreiungsantrages durch seine Ehefrau einerseits und der Beauftragung des Zeugen B. mit der Stellung des Befreiungsantrages andererseits hat er erklärt, sich nicht mehr so genau erinnern zu können.
Damit sind bereits die Angaben des Klägers selbst nicht geeignet, die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht glaubhaft und nachvollziehbar darzustellen.
Auch durch das Zeugnis des Versicherungsvertreters B. und des Steuerberaters G. kann der Zugang eines Antrages auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Rechtsvorgängern der Beklagten nicht nachgewiesen werden. Der Zeuge B. hat glaubhaft mitgeteilt, er habe weder einen Befreiungsbescheid für den Kläger gesehen noch sei er von diesem zur Erledigung von Rechtsgeschäften bevollmächtigt gewesen. Er könne sich nicht mehr genau erinnern, aber möglicherweise sei das "Paket" - bestehend aus Abschluss einer privaten Rentenversicherung und Austritt aus der gesetzlichen Rentenversicherung - zusammen an die H.-M. Versicherung nach G. geschickt worden. Die Stellung eines Befreiungsantrages für den Kläger bei der Rechtsvorgängerin durch den Zeugen B. kann damit nicht als erwiesen angesehen werden.
Der Zeuge G. stand in einem Steuerberatungsverhältnis zum Kläger und hat diesen darüber hinaus auch im Verwaltungsverfahren gegenüber der Beklagten vertreten. Er hat bekundet, selber keinen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für den Kläger gestellt und auch nicht gesehen zu haben, dass der Kläger einen derartigen Antrag gestellt hat. Der Zeuge hat dann angegeben, er habe Anfang 1993 einen Befreiungsbescheid gesehen und ausgeführt, er habe ab Januar 1993 Beiträge für die private Lebensversicherung des Klägers gebucht; daraus schließe er, dass ihm ein entsprechender Befreiungsbescheid vorgelegen haben müsse. Auf die Nachfrage, von wem der Befreiungsbescheid stammte und ab wann eine Befreiung ausgesprochen worden sei, hat er angegeben, sich an Einzelheiten nicht erinnern zu können. Ferner hat er angegeben, bevor er ab 1993 Beiträge an die H.-M. überwiesen habe, Beiträge an die Überleitungsanstalt gezahlt zu haben. Anschließend hat er zu Protokoll gegeben, sich an eine Beitragsabführung für 1992 nicht zu erinnern. Dem Zeugen ist seine Formulierung in der Widerspruchsbegründung, der Kläger sei 14 Jahre als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuft gewesen und daher sei der Befreiungsantrag als gegeben anzusehen gewesen, vorgehalten worden. Auf den Hinweis, die Widerspruchsformulierung impliziere nicht, dass ihm ein Befreiungsbescheid vorgelegen habe, hat der Zeuge G. darauf beharrt, einen Befreiungsbescheid gesehen zu haben.
Die Aussage des Zeugen G. hat den Senat bereits nicht davon überzeugen können, dass ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt worden ist. Sie hat aber auch nicht glaubhaft machen können, dass von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgänger ein Befreiungsbescheid erteilt worden ist und dem Zeugen vorgelegen hat. Denn der Zeuge hat dem Senat vielmehr den Eindruck vermittelt, es gehe ihm vor allem darum, mit der Aussage das eigene Handeln auf Grund des Steuerberatungsverhältnisses wie auch der vorgerichtlichen Rechtsvertretung korrekt erscheinen zu lassen. Angesichts der Vorbefasstheit des Zeugen G. und seiner nicht plausiblen inkohärenten Aussage hat der Senat erhebliche Zweifel an deren Wahrheitsgehalt. Zunächst verwechselt der Zeuge Wahrnehmung und Schlussfolgerung. Aus dem Umstand der Buchungen zugunsten einer privaten Lebensversicherung schlussfolgert der Zeuge das Vorliegen einer Befreiung von der Versicherungspflicht. Das Insistieren des Zeugen darauf, den Befreiungsbescheid gesehen zu haben, ohne nähere Einzelheiten des Bescheides (Absender und Beginn des Befreiungszeitraumes) hierfür angeben zu können, lässt im Kontext mit seiner vorangegangenen Tätigkeit für den Kläger den Wahrheitsgehalt der Aussage zweifelhaft erscheinen. Im Übrigen erachtet der Senat die Zeugenaussage auch im Zusammenhang mit dessen Vorbringen im Vorverfahren als nicht schlüssig. Unstimmig sind zudem die Angaben hinsichtlich der Beitragszahlungen für das Jahr 1992. Mithin überzeugt die Aussage des Zeugen G. den Senat weder hinsichtlich der Stellung eines Antrages am 14. Dezember 1992 auf Befreiung von der Versicherungspflicht noch hinsichtlich der Existenz eines entsprechenden Befreiungsbescheides.
Schließlich vermag auch die Zeugenaussage der Ehefrau des Klägers, S. H., vor dem Sozialgericht Halle nicht den Vollbeweis der Stellung eines Befreiungsantrages erbringen. Der Senat verweist insoweit auf die Würdigung im angefochtenen Urteil.
Die Beitragsrechnung im Bescheid vom 3. Juli 2006 ist grundsätzlich nicht Bestandteil des Verfügungssatzes, sondern dient als Anhang nach der Rechtsmittelbelehrung lediglich der Information des aktuellen Kontenstandes. Ein eigenständiger Beitragsbescheid ist hierin nicht zu sehen. Auch die nachfolgenden Forderungsbescheide sind nicht Gegenstand des Verfahrens nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da der Ursprungsbescheid über die Feststellung der Versicherungspflicht durch die Beitragsbescheide weder abgeändert noch ersetzt wird. Nachdem allerdings das Sozialgericht über die entsprechenden Klageanträge entschieden hat, ist von einer konkludenten Klageerweiterung insoweit auszugehen, als sich die Beteiligten nach § 99 SGG rügelos eingelassen haben.
Hinsichtlich des letzten Forderungsbescheides für die monatlichen Pflichtbeiträge und die aufgelaufenen Rückstände in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Februar 2009 wird die Berufung aus den Gründen des Sozialgerichts Halle als unbegründet zurückgewiesen. Die Geltendmachung der ausstehenden Beiträge ist schließlich weder verjährt noch verwirkt. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab und nimmt insoweit nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) streitig.
Ab 1. Mai 1989 betrieb der Kläger aufgrund einer Gewerbegenehmigung vom 26. April 1989 die Gaststätte "J." in W ... Er entrichtete bis zum 31. Dezember 1991 Rentenversicherungsbeiträge an die Überleitungsanstalt Sozialversicherung.
Am 13. Oktober 2005 beantragte der Kläger bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt (LVA), der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Klärung seines Versicherungskontos und legte hierzu zahlreiche Unterlagen (u.a. Lehrvertrag, Facharbeiterzeugnis, Arbeits- und Änderungsverträge) vor. Am 19. Oktober 2005 vergab die LVA für den Kläger eine Versicherungsnummer. Mit Schreiben vom 10. Mai 2006 wies die Beklagte den Kläger auf eine ab Januar 1992 fortbestehende Versicherungspflicht hin und bat um Mitteilung, auf welcher Grundlage die Beitragsberechnung erfolgen solle. Der Kläger äußerte sich hierzu nicht.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2006 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers aufgrund dessen versicherungspflichtiger Tätigkeit im Beitrittsgebiet am 31. Dezember 1991 nach § 229 a Abs. 1 SGB VI fest. Dem Bescheid angefügt war die Beitragsberechnung für die Pflichtbeiträge der Monate Dezember 2000 bis August 2006 in Höhe der Hälfte des Regelbeitrages mit einer Gesamtforderung in Höhe von 26.268,71 EUR.
Am 31. Juli 2006 erhob der Kläger Widerspruch. Die Widerspruchsbegründung verfasste der im Verwaltungsverfahren bevollmächtigte R. G. mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 im Namen der A. Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungsgesellschaft mbH. Er führte aus, der Kläger habe am 14. Dezember 1992 bei der "Gesellschaft der Beklagten" einen Antrag auf Befreiung von seiner Versicherungspflicht gestellt. Den Eingang des Antrages sehe er "aufgrund der von Ihnen aus der Vergangenheit geübten Praxis (fast 14 Jahre), Herrn H. als nicht rentenversicherungspflichtig einzustufen, als gegeben an".
Auf ihre Ermittlungen hin erhielt die Beklagte von der Deutschen Rentenversicherung Bund die Mitteilung, es lägen dort keine Versicherungsunterlagen des Klägers vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2007 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen, da nach § 10 Abs. 1 Gesetz über die Sozialversicherung (SVG) alle selbstständig Tätigen im Beitrittsgebiet bis zum 31. Juli 1991 versicherungspflichtig gewesen seien. Ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG wäre möglich gewesen, sei aber nicht gestellt worden. Nachdem ab dem 1. Januar 1992 das SGB VI im Beitrittsgebiet in Kraft getreten sei, sei § 229 a Abs. 1 SGB VI einschlägig, wonach bei bestehender Versicherungspflichtigkeit im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1991 die Versicherungspflicht in der jeweiligen Tätigkeit fortbestehe. Auf Antrag hätten selbstständig Tätige ihre Versicherungspflicht bis zum 31. Dezember 1994 beenden können, wenn sie dies beantragt hätten. Da ein Antrag auf Beendigung der Versicherungspflicht des Klägers nicht vorliege, sei nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast von dessen weiter bestehender Versicherungspflicht auszugehen. Die für den Zeitraum bis zum 30. November 2000 aufgelaufenen Beitragsrückstände seien verjährt und könnten daher nicht mehr vom Kläger gefordert werden.
Mit Bescheid vom 20. September 2006 wurden die rückständigen Beiträge einschließlich Säumniszuschläge auf eine Gesamtforderung in Höhe von 26.937,89 EUR festgesetzt. Mit weiterem Bescheid vom 19. November 2006 teilte die Beklagte die dann aktuelle Forderungshöhe mit.
Der Kläger hat mit der am 13. Februar 2007 beim Sozialgericht Halle erhobenen Klage sein Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, er habe sich unter dem 14. Dezember 1992 von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen und sich zeitgleich bei der H.-M. Versicherung versichert. Seinem Befreiungsantrag sei auch stattgegeben worden. Er verfüge aber über keinerlei Unterlagen mehr. Im Übrigen hätten seine Einkünfte unter der Beitragsbemessungsgrenze gelegen. Schließlich seien die Beiträge bis einschließlich November 2001 verjährt. Da 13 Jahre lang keine Beitragsforderung gestellt worden sei, seien die Beiträge vor Oktober 2005 als verwirkt anzusehen. Für das Jahr 1991 habe er noch Zahlungen an die Überleitungsanstalt Sozialversicherung geleistet, daher müssten auch eine Rentenversicherungsnummer und ein Aktenvorgang für ihn existieren. Nach Vorlage des Musterformulars "Fragebogen/Antrag auf Beitragszahlung zur Arbeiterrentenversicherung im Beitrittsgebiet ab 1. Januar 1992" durch die Beklagte hat der Kläger erklärt, er habe einen solchen Fragebogen per Post erhalten, unterzeichnet und seine Frau habe dann den ausgefüllten Fragebogen auf dem Postweg zurückgeschickt. Er selbst sei nie auf einer Geschäftsstelle eines Rentenversicherungsträgers gewesen; es sei für ihn auch nicht einzusehen gewesen, weshalb er sich dort einen Fragebogen hätte abholen sollen. Bereits im Jahr 1990 sei für ihn wegen seiner geleisteten Zahlungen eine Versicherungsnummer vergeben worden.
In der öffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Halle vom 18. Januar 2010 hat der Kläger erklärt, er habe sich nicht gewundert, dass er angesichts der Pflichtbeiträge aus 1991 und 1992 keine Versicherungsnummer bekommen habe. Auf Intervention seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger seine Angabe dahingehend korrigiert, sich weder daran erinnern zu können, eine Versicherungsnummer erhalten zu haben noch daran, an wen er damals die Beiträge gezahlt habe (Bl. 154 GA).
Die Ehefrau des Klägers, S. H., hat in der vorgenannten Verhandlung als Zeugin ausgesagt, sie könne nicht mehr genau sagen, was Gegenstand des Schriftwechsels mit der Überleitungsanstalt gewesen sei oder wie der Antrag geheißen habe. Es sei aber so, dass auf dem Formular der Rentenversicherung ein Kreuz zu machen gewesen sei, um aus der gesetzlichen Rentenversicherung auszutreten. Auf Nachfrage des Gerichts hat die Zeugin erklärt, der Antrag sei durch den Versicherungsvertreter der H.-M., V. B., auf den Weg gebracht worden. Der Versicherungsvertreter B. habe gesagt, er wolle sich um alles kümmern, was zu tun sei; dies habe sich auch auf die Korrespondenz mit anderen Versicherungsträgern bezogen. Herr B. habe dann alle Formalitäten erledigt. Auf weitere Nachfrage des Sozialgerichts hat die Zeugin mitgeteilt, sie könne sich nicht daran erinnern, einen Beendigungsbescheid zur gesetzlichen Rentenversicherung gesehen zu haben. Auf Bitte des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist zusätzlich protokolliert worden, dass die Zeugin sich nicht sicher sei, den Beendigungsbescheid gesehen zu haben. Schließlich hat die Zeugin erklärt, dass das Antragsformular für den Austritt aus der gesetzlichen Rentenversicherung von der H.-M. Versicherung gestammt habe. Im Einzelnen wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Halle vom 18. Januar 2010 Bezug genommen.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Abschluss einer privaten Lebensversicherung sei zum behaupteten Zeitpunkt der Antragstellung am 14. Dezember 1992 keine Voraussetzung für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gewesen. Es sei nicht bewiesen, dass der Kläger einen Antrag zur Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gestellt habe. Die Versicherungsträger seien nach § 67 Satz 1 SVG verpflichtet worden, unter Verwendung einer Versicherungsnummer schrittweise ein Versichertenverzeichnis aufzubauen; dieser Aufbau sei zum 31. Dezember 1991 noch nicht beendet gewesen. Der Kläger sei seinerseits bis zum 31. Dezember 1991 verpflichtet gewesen, die Rentenversicherungsbeiträge an die Überleitungsanstalt Sozialversicherung zu zahlen, deren Konten dann bis zum 31. Januar 1992 geschlossen worden seien. Da sich der Kläger als Selbstständiger entgegen seiner Verpflichtung die Beitragszahlungen für 1991 nicht habe bestätigen lassen, liege auch kein Verwaltungsvorgang aus 1991/1992 vor und der Kläger habe nicht namentlich erfasst werden können. Der Umstand, dass für den Kläger erst am 19. Oktober 2005 eine Rentenversicherungsnummer vergeben worden sei, indiziere, dass der Kläger sich im Jahr 1992 nicht beim Rentenversicherungsträger gemeldet habe und auch keine Befreiung von der Versicherungspflicht vorgenommen worden sei. Der Beklagten lägen Unterlagen des Klägers erst ab dessen Antrag auf Kontenklärung vom 13. Oktober 2005 vor. Die von ihm angegebene Steuernummer stelle kein von der Beklagten verwendetes Sortiermerkmal dar; erst mit Einholung einer Bestätigung der Beitragszahlung für das Jahr 1991 wäre bei der Beklagten ein Vorgang eröffnet worden. Seit 1992 sei die Versicherungsnummer das bei der Beklagten verwendete Sortiermerkmal; unter dieser Versicherungsnummer seien alle den Kläger betreffende Unterlagen abgelegt bzw. gespeichert. Laut Stammsatzauskunft sei für den Kläger erst am 19. Oktober 2005 eine Versicherungsnummer vergeben worden. Die Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass der Fragebogen "Antrag auf Beitragszahlung zur Arbeiterrentenversicherung im Beitrittsgebiet ab 1. Januar 1992" durch den Rentenversicherungsträger in der Regel nicht versandt, sondern in den Geschäftsstellen ausgehändigt worden sei, zumal dem Rentenversicherungsträger die damals selbstständig Tätigen nicht namentlich bekannt gewesen seien. Aus diesem Grunde seien die selbstständig Tätigen auch aufgefordert gewesen, sich die Beitragszahlungen für das Jahr 1991 vom Rentenversicherungsträger bestätigen zu lassen. Erst hierauf hätte dann ein Rentenversicherungskonto eröffnet werden können. Die Beklagte gehe schließlich davon aus, dass auch die weiteren Forderungsbescheide vom 23. März, 22. April, 24. Mai, 21. Juni, 24. Juli, 23. August, 20. September, 23. Oktober, 22. November, 18. Dezember 2007, 23. Januar, 21. Februar und 19. März 2008 Gegenstand des Verfahrens seien.
Zur Forderungshöhe hat die Beklagte ausgeführt, die beitragspflichtigen Einnahmen stellten nach § 161 Abs. 1 SGB VI die Beitragsbemessungsgrundlage dar. Bei selbstständig Tätigen sei dies nach § 165 Abs. 1 SGB VI ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitseinkommen in Höhe von 400,00 EUR. Mangels eines Antrags auf einkommensgerechte Beitragszahlung sei der Kläger mit Bescheid vom 3. Juli 2006 zur Zahlung des halben Regelbeitrages veranlagt worden.
Die in Rechnung gestellten Beiträge seien nach der vierjährigen Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) nicht verjährt, da eine Hemmungswirkung nach § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV durch das seit 13. Oktober 2005 anhängige Kontenklärungsverfahren eingetreten sei. Das Kontenklärungsverfahren sei mit dem Feststellungsbescheid zur Versicherungspflicht nach § 229 a Abs. 1 SGB VI vom 3. Juli 2006 beendet worden. Im vorgenannten Zeitraum sei der Fristablauf der Verjährung gehemmt gewesen; daher könnten die Beiträge ab Dezember 2000 noch gefordert werden.
Mit Urteil vom 18. Januar 2010 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe eigenem Vortrag zufolge nur auf dem Antragsformular der H.-Mannheimer Versicherung angekreuzt, dass er beabsichtige, aus der gesetzlichen Rentenversicherung auszutreten, was lediglich eine Absichtserklärung gegenüber der H.-M. Versicherung darstelle. Auch nach der Zeugenaussage der Ehefrau S. H. sei lediglich das Antragsformular der H.-M. ausgefüllt worden, ohne dass sie oder der Kläger selbst hätten erklären können, ob ein Antrag auf Befreiung an die Beklagte oder deren Rechtsvorgängerin abgesendet oder anderweitig zur Beklagten auf den Weg gebracht worden war. Das Sozialgericht hat hierin keine Antragstellung nach § 16 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (Allgemeiner Teil - SGB I) gesehen; weder die Absendung noch der Zugang eines Befreiungsantrages an die Rechtsvorgängerin der Beklagten sei damit zu beweisen. Mit Bescheid vom 16. Februar 2009 seien die Beiträge für die Zeit ab 1. Dezember 2000 auch einkommensgerecht von der Beklagten ermittelt worden. Die Beiträge für Dezember 2000 seien im Januar 2001 fällig gewesen und demzufolge habe die Verjährung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV am 1. Januar 2002 begonnen und zum Jahresende 2005 geendet. Durch ein Beitragsverfahren, worunter auch das vorliegende Kontenklärungsverfahren zu verstehen sei, werde die Verjährung gem. § 198 SGB VI gehemmt. Die Hemmung ende sechs Monate nach Abschluss des Kontenklägungsverfahrens, welches vom 13. Oktober 2005 bis zum 12. Juni 2006 bei der Beklagten anhängig gewesen sei, so dass der Bescheid vom 3. Juli 2006 in den sechsmonatigen Hemmungszeitraum nach Beendigung falle. Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen für eine Verwirkung der Beitragsforderung nicht vor. Hierfür hätte es neben dem reinen Zeitablauf eines Verwirkungsverhaltens der Beklagten bedurft in Form von besonderen Umständen, die eine spätere Geltendmachung nach Treu und Glauben missbräuchlich hatten erscheinen lassen. Ein entsprechender Vertrauenstatbestand sei beim Kläger durch die Beklagte oder ihrer Rechtsvorgänger nicht geschaffen worden.
Gegen das ihm am 1. März 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. März 2010 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Er trägt mit der Berufung vor, er habe erstinstanzlich den Versicherungsvertreter der H.-M., Herrn B., als Zeugen anbieten wollen, ihm sei aber dessen Aufenthalt nicht bekannt gewesen. Nachdem ihm zwischenzeitlich die ladungsfähige Anschrift des Zeugen B. vorliege, möge dieser Zeugenbeweis im Berufungsverfahren erhoben werden, da V. B. den Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung versandt habe. Herr B. könne auch bestätigen, dass dem Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung stattgegeben worden sei. Auch sein damaliger Steuerberater G. wisse von seiner damaligen Absicht einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. Januar 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2007 sowie den Bescheid vom 16. Februar 2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger für den Zeitraum ab dem 1. Januar 1992 nicht mehr der Versicherungspflicht der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Der Senat hat den 1992 für die H.-M. Versicherung tätigen V. B. und den im Vorverfahren bevollmächtigten R. G. als Zeugen zu den Umständen der vom Kläger behaupteten Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und der zugrundeliegenden Korrespondenz hierüber mit der Überleitungsanstalt Sozialversicherung im Zeitraum 1992/1993 vernommen. Im Hinblick auf deren Aussagen wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 10. November 2010 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Kläger unterliegt auch über den 31. Dezember 1991 hinaus als selbstständig tätiger Gastronom der Versicherungspflicht mit der Folge, dass er entsprechend seinem Einkommen Beiträge zu leisten hat.
Nach § 229 a Abs. 1 SGB VI bleiben Personen, die am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig waren, nicht ab dem 1. Januar 1992 nach den §§ 1 bis 3 versicherungspflichtig geworden sind, in der jeweiligen Tätigkeit versicherungspflichtig. Selbstständig Tätige, die ausschließlich nach § 229 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI ab dem 1. Januar 1992 weiterhin rentenversicherungspflichtig sind, konnten diese Versicherungspflicht beenden, wenn sie dies beim Rentenversicherungsträger bis zum 31. Dezember 1994 beantragten. Für die Befreiung von der Versicherungspflicht im Jahr 1992 kommt es im Beitrittsgebiet auf die Regelungen nach dem SVG nicht mehr an, da ab dem 1. Januar 1992 hierfür die vorgenannte Norm des SGB VI in Kraft getreten ist.
Der Senat konnte auch nach Erhebung weiteren Zeugenbeweises nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger am 14. Dezember 1992 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gestellt hat.
Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, der auch im Sozialrecht Anwendung findet, hat nach Ausschöpfung aller Mittel zur Aufklärung des Sachverhaltes derjenige die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R -, BSGE 96, 238, 245). Soweit der Kläger im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 durch seinen damaligen Bevollmächtigten G. hat vortragen lassen, es sei eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei "Ihrer Gesellschaft" beantragt worden, lässt diese Diktion bereits Zweifel aufkommen, ob ein Antrag an die Rechtsvorgängerin der Beklagten, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, gerichtet gewesen seien kann. Eine private "Gesellschaft" war nie gesetzlicher Rentenversicherungsträger und scheidet daher als Adressat eines Befreiungsantrages aus. Soweit der Kläger mit Anlage K 3 ein Vordruckblatt der H.-M. mit Titel Zusatzinformationen zum Antrag von Selbstständigen vorlegt, auf welchem er angekreuzt hat, er sei nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. beabsichtige, von der bestehenden Möglichkeit der Beendigung der Versicherungspflicht bzw. Befreiung von der Versicherungspflicht Gebrauch zu machen, stellt dies erkennbar keinen Antrag auf Befreiung gegenüber der Beklagten oder ihrer Rechtsvorgängerin dar. Es liegt daher nahe, dass der Kläger die Angabe gegenüber der H.-M. zur beabsichtigten Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Antrag gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung auf Befreiung verwechselt hat. Wie das Sozialgericht hält der Senat es im Übrigen für nicht nachvollziehbar, dass der Kläger einerseits Unterlagen aus dem streitgegenständlichen Zeitraum, die die H.-Mannheimer Versicherung betreffen, sowie die Einzahlungsbelege an die Überleitungsanstalt bis Ende 1991 und sämtliche Zeugnisse und Arbeits- bzw. Änderungsverträge über sein Berufsleben vorlegen konnte, andererseits aber die Unterlagen zur Antragstellung gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Befreiung, die damit nach seiner Sachverhaltsdarstellung in unmittelbarem Zusammenhang standen, vernichtet haben will.
Widersprüchlich und daher nicht glaubhaft ist ferner die Angabe des Klägers, seine Frau habe den Befreiungsantrag ausgefüllt und dann abgesendet; demgegenüber hat er später erklärt, der Zeuge B. habe alles erledigt und die Beantragung gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgenommen. Dementsprechend wenig nachvollziehbar und widersprüchlich sind die klägerischen Angaben zum angeblichen Befreiungsbescheid, den er und die Zeugen gesehen haben sollen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger dagegen zu Protokoll gegeben, er erinnere sich nicht, einen Befreiungsbescheid bekommen zu haben. Auf den Vorhalt zu seinen widersprüchlichen Angaben zum Absenden des Befreiungsantrages durch seine Ehefrau einerseits und der Beauftragung des Zeugen B. mit der Stellung des Befreiungsantrages andererseits hat er erklärt, sich nicht mehr so genau erinnern zu können.
Damit sind bereits die Angaben des Klägers selbst nicht geeignet, die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht glaubhaft und nachvollziehbar darzustellen.
Auch durch das Zeugnis des Versicherungsvertreters B. und des Steuerberaters G. kann der Zugang eines Antrages auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Rechtsvorgängern der Beklagten nicht nachgewiesen werden. Der Zeuge B. hat glaubhaft mitgeteilt, er habe weder einen Befreiungsbescheid für den Kläger gesehen noch sei er von diesem zur Erledigung von Rechtsgeschäften bevollmächtigt gewesen. Er könne sich nicht mehr genau erinnern, aber möglicherweise sei das "Paket" - bestehend aus Abschluss einer privaten Rentenversicherung und Austritt aus der gesetzlichen Rentenversicherung - zusammen an die H.-M. Versicherung nach G. geschickt worden. Die Stellung eines Befreiungsantrages für den Kläger bei der Rechtsvorgängerin durch den Zeugen B. kann damit nicht als erwiesen angesehen werden.
Der Zeuge G. stand in einem Steuerberatungsverhältnis zum Kläger und hat diesen darüber hinaus auch im Verwaltungsverfahren gegenüber der Beklagten vertreten. Er hat bekundet, selber keinen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für den Kläger gestellt und auch nicht gesehen zu haben, dass der Kläger einen derartigen Antrag gestellt hat. Der Zeuge hat dann angegeben, er habe Anfang 1993 einen Befreiungsbescheid gesehen und ausgeführt, er habe ab Januar 1993 Beiträge für die private Lebensversicherung des Klägers gebucht; daraus schließe er, dass ihm ein entsprechender Befreiungsbescheid vorgelegen haben müsse. Auf die Nachfrage, von wem der Befreiungsbescheid stammte und ab wann eine Befreiung ausgesprochen worden sei, hat er angegeben, sich an Einzelheiten nicht erinnern zu können. Ferner hat er angegeben, bevor er ab 1993 Beiträge an die H.-M. überwiesen habe, Beiträge an die Überleitungsanstalt gezahlt zu haben. Anschließend hat er zu Protokoll gegeben, sich an eine Beitragsabführung für 1992 nicht zu erinnern. Dem Zeugen ist seine Formulierung in der Widerspruchsbegründung, der Kläger sei 14 Jahre als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuft gewesen und daher sei der Befreiungsantrag als gegeben anzusehen gewesen, vorgehalten worden. Auf den Hinweis, die Widerspruchsformulierung impliziere nicht, dass ihm ein Befreiungsbescheid vorgelegen habe, hat der Zeuge G. darauf beharrt, einen Befreiungsbescheid gesehen zu haben.
Die Aussage des Zeugen G. hat den Senat bereits nicht davon überzeugen können, dass ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt worden ist. Sie hat aber auch nicht glaubhaft machen können, dass von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgänger ein Befreiungsbescheid erteilt worden ist und dem Zeugen vorgelegen hat. Denn der Zeuge hat dem Senat vielmehr den Eindruck vermittelt, es gehe ihm vor allem darum, mit der Aussage das eigene Handeln auf Grund des Steuerberatungsverhältnisses wie auch der vorgerichtlichen Rechtsvertretung korrekt erscheinen zu lassen. Angesichts der Vorbefasstheit des Zeugen G. und seiner nicht plausiblen inkohärenten Aussage hat der Senat erhebliche Zweifel an deren Wahrheitsgehalt. Zunächst verwechselt der Zeuge Wahrnehmung und Schlussfolgerung. Aus dem Umstand der Buchungen zugunsten einer privaten Lebensversicherung schlussfolgert der Zeuge das Vorliegen einer Befreiung von der Versicherungspflicht. Das Insistieren des Zeugen darauf, den Befreiungsbescheid gesehen zu haben, ohne nähere Einzelheiten des Bescheides (Absender und Beginn des Befreiungszeitraumes) hierfür angeben zu können, lässt im Kontext mit seiner vorangegangenen Tätigkeit für den Kläger den Wahrheitsgehalt der Aussage zweifelhaft erscheinen. Im Übrigen erachtet der Senat die Zeugenaussage auch im Zusammenhang mit dessen Vorbringen im Vorverfahren als nicht schlüssig. Unstimmig sind zudem die Angaben hinsichtlich der Beitragszahlungen für das Jahr 1992. Mithin überzeugt die Aussage des Zeugen G. den Senat weder hinsichtlich der Stellung eines Antrages am 14. Dezember 1992 auf Befreiung von der Versicherungspflicht noch hinsichtlich der Existenz eines entsprechenden Befreiungsbescheides.
Schließlich vermag auch die Zeugenaussage der Ehefrau des Klägers, S. H., vor dem Sozialgericht Halle nicht den Vollbeweis der Stellung eines Befreiungsantrages erbringen. Der Senat verweist insoweit auf die Würdigung im angefochtenen Urteil.
Die Beitragsrechnung im Bescheid vom 3. Juli 2006 ist grundsätzlich nicht Bestandteil des Verfügungssatzes, sondern dient als Anhang nach der Rechtsmittelbelehrung lediglich der Information des aktuellen Kontenstandes. Ein eigenständiger Beitragsbescheid ist hierin nicht zu sehen. Auch die nachfolgenden Forderungsbescheide sind nicht Gegenstand des Verfahrens nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da der Ursprungsbescheid über die Feststellung der Versicherungspflicht durch die Beitragsbescheide weder abgeändert noch ersetzt wird. Nachdem allerdings das Sozialgericht über die entsprechenden Klageanträge entschieden hat, ist von einer konkludenten Klageerweiterung insoweit auszugehen, als sich die Beteiligten nach § 99 SGG rügelos eingelassen haben.
Hinsichtlich des letzten Forderungsbescheides für die monatlichen Pflichtbeiträge und die aufgelaufenen Rückstände in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Februar 2009 wird die Berufung aus den Gründen des Sozialgerichts Halle als unbegründet zurückgewiesen. Die Geltendmachung der ausstehenden Beiträge ist schließlich weder verjährt noch verwirkt. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab und nimmt insoweit nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
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