L 1 R 129/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 4 RA 540/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 129/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RS 3/11 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. Februar 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben sich in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob zugunsten des Klägers Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz mit den dabei erzielten Entgelten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) festzustellen sind.

Der ... geborene Kläger war nach der Urkunde der Ingenieurhochschule M. vom ... berechtigt, die Berufsbezeichnung Hochschulingenieur zu führen. Vom 1. März 1974 bis zum 31. Dezember 1975 war er als Entwicklungsingenieur im VEB ... und im VEB ... tätig. Vom 1. Januar 1976 bis zum 31. Dezember 1983 arbeitete er als Betriebsingenieur und später als Systemingenieur beim VEB ... Im Jahr 1983 wurde der VEB ... aufgelöst und der VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt neu gegründet. Der Kläger war ab dem ... bis zum 30. Juni 1990 in diesem neugegründeten VEB als ... tätig. Der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung trat er ab dem ... bei und entrichtete seitdem Beiträge zu dieser Versicherung. Eine schriftliche Versorgungszusage über eine Zusatzversorgung erhielt er zur Zeit der DDR nicht.

Am 23. Februar 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. April 2004 ab. Hiergegen legte der Kläger am 13. Mai 2004 Widerspruch ein und führte unter anderem aus, dass der 1983 gegründete VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt einen Produktionsbereich beinhaltet habe, in dem ca. 120 Mitarbeiter jährlich 200.000 t Mischfutter produziert hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2004 wies die Beklagte diesen Widerspruch mit der Begründung zurück, der Betrieb sei kein volkseigener Produktionsbetrieb und auch kein gleichgestellter Betrieb gewesen. Er sei der Wirtschaftsgruppe 52212 und damit dem Bereich Produktionsmittelhandel mit Erzeugnissen der Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft zugeordnet gewesen.

Daraufhin hat der Kläger am 9. Dezember 2004 beim Sozialgericht Halle (SG) Klage erhoben und unter anderem ausgeführt, es habe sich bei seinem Beschäftigungsbetrieb um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Dass es eine Vertriebsabteilung gegeben habe, die sich mit Absatz, Beschaffung und Lagerung des hergestellten Futters befasst habe, ändere nichts an dem Charakter des Betriebes als Produktionsbetrieb für Mischfutter. Die Beklagte hat auf Anforderung des SG betriebliche Unterlagen übersandt (u. a. Registerauszüge sowie Auszug aus dem statistischen Betriebsregister der DDR für 1989), die in Kopie an den Kläger weitergeleitet worden sind. Das SG hat weitere betriebliche Unterlagen angefordert (u. a. Antrag auf Löschung des VEB Getreidewirtschaft Querfurt vom 13. Juni 1983, Auszug aus dem ursprünglichen Gründungsbericht zur Umwandlung des VEB in eine Kapitalgesellschaft vom 17. Mai 1990, Handelsregisterauszug des Rechtsnachfolgers GEKRA Getreide und Kraftfutter GmbH Querfurt, Auszug aus der Sanierungskonzeption für die GEKRA Getreide und Kraftfutter GmbH Querfurt vom 10. Dezember 1990 sowie die Bilanz zum 30. April 1990 vom 31. Mai 1990), die den Beteiligten übersandt worden sind. Mit Urteil vom 26. Februar 2007 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 15. April 2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 10. November 2004 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Zeitraum vom ... bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem mit den während dieses Zeitraums erzielten Arbeitsentgelten festzustellen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, dass es sich bei dem VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt um einen Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gehandelt habe. Denn aus den Unterlagen sei ersichtlich, dass Hauptgegenstand des Betriebes die industrielle Herstellung von Kraftfutter gewesen sei. Im Jahr 1989 sei Tierfutter in einer Gesamtmenge von 252.750 t produziert worden. Daneben sei der Betrieb auch im Getreidehandel tätig gewesen. Die Menge hierfür sei mit 146.200 t angegeben worden. Aus der Verteilung der Mengen werde deutlich, dass die industrielle Sachgüterproduktion dem Betrieb das Gepräge gegeben habe.

Gegen das ihr am 22. März 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. März 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und vorgetragen, dass es sich bei dem VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt um einen Dienstleistungsbetrieb gehandelt habe. Dessen Aufgaben seien der Handel und die Lagerung von Getreide und ähnlichen Erzeugnissen sowie die Herstellung von Kraftfutter gewesen. Dies zeige die Zuordnung des Betriebes in der Systematik der Volkswirtschaftszweige zum Wirtschaftsbereich 5 ("Handel"). Der Betrieb sei dem Rat des Bezirkes H. – Produktionsleitung für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft – unterstellt gewesen. Das Zusammenfügen verschiedener Komponenten als Kraftfutter stelle nicht die Fertigung eines industriellen Sachgutes dar.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. Februar 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. Februar 2007 zurückzuweisen.

Er erwidert, die Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 52212 beziehe sich nur auf den Vorgängerbetrieb, den VEB Getreidewirtschaft Querfurt. Hauptgegenstand des VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt sei die industrielle Herstellung von Kraftfutter gewesen. Bei einem Kraftfutter herstellenden Betrieb handele es sich um eine komplexe industrielle Anlage, die den üblichen Definitionen der Industrie vollumfänglich entspreche. Insoweit wird auf Definitionen im Lexikon "Brockhaus" und anderen Lexika verwiesen. Der Produktionsprozess beschränke sich nicht allein darauf, verschiedene Getreidesorten zu vermischen und diese dann als Kraftfutter zu verkaufen. Vielmehr handele es sich um einen hochkomplexen industriellen Vorgang, bei dem aus verschiedenen Rohstoffen unter Zuführung von thermischer und mechanischer Energie ein neues Sachprodukt gleichbleibender Güte in Form der Massenproduktion hergestellt werde. Zwar bedürfe die Lagerung von Getreide eines gewissen logistischen Aufwands, doch dieser stehe gänzlich außer Verhältnis zur Produktion des Kraftfutters. Von den 302,1 kt, die insgesamt im Jahr 1990 in der Eröffnungsbilanz unter Getreidehandel aufgeführt worden seien, seien 120 kt in den Kraftfuttervertrieb gegangen. Anderen Mitarbeitern des VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt sei bereits die begehrte Feststellung erteilt worden, so dass sich auch aus dem Gleichheitsgrundsatz ein Anspruch des Klägers auf diese Feststellungen ergebe.

Der Senat hat weitere betriebliche Unterlagen zum VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt und zu dessen Kapitalnachfolgegesellschaft angefordert und an die Beteiligten übersandt. Hierin sind insbesondere enthalten

die Anmeldung der Firma GEKRA GmbH Querfurt beim Staatlichen Vertragsgericht beim Ministerrat vom 27. Juni 1990

die Erklärung über die Umwandlung des VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt vom 27. Juni 1990

der Gesellschaftsvertrag der Nachfolgekapitalgesellschaft vom 27. Juni 1990,

der Gründungsbericht der Nachfolgekapitalgesellschaft mit Wirkung vom 1. Juli 1990,

der Bericht zur Prüfung der DM-Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990,

Schreiben der VEB Getreidewirtschaft Querfurt, u. a. vom 10. Juni 1983 sowie

weitere Schreiben des VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt.

Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass der Senat der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur fiktiven Einbeziehung nicht folgt.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat Erfolg.

Die Berufung ist begründet, da die Verwaltungsentscheidung der Beklagten rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Das Urteil des SG ist nicht zutreffend und war deshalb aufzuheben.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 11).

Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Falle nicht stattgefunden.

Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).

I.

Der Senat ist zum einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom BSG behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des BSG tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das BSG wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) veranlassen müssen. Denn die vom BSG vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene Interpretation nicht hergibt. Es ist deshalb schon nicht möglich, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 10 EG 1/08 R – juris, Rdnr. 19). Auch für eine richterliche Rechtsfortbildung im Wege der Analogie fehlt es – wie noch auszuführen sein wird – an der erforderlichen Regelungslücke.

In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a.a.O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).

Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a.a.O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".

Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.

Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – a.a.O., S. 12).

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird indes verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z.B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. – juris, Rdnr. 36).

Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb das BSG der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a.a.O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 – 1 BvF 1/05 – juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.

Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.

Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a.a.O., Rdnr. 45):

"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."

Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das BVerfG genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.

Aus diesen Gründen liegt auch keine Gesetzeslücke vor, die möglicherweise im Wege einer Analogie zu schließen gewesen wäre.

Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009). Sie hat darauf hingewiesen, dass Verdienste oberhalb von 600 Mark für Beschäftigungszeiten ab März 1971 ohne Versorgungszusage wie bei allen übrigen Versicherten, die keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört haben, nur bei entsprechenden Beitragszahlungen zur FZR rentenrechtlich hätten berücksichtigt werden können. Dieser Hinweis der Bundesregierung auf die FZR ähnelt der soeben dargestellten Argumentation des Bundesverfassungsgerichts.

II.

Nach der Rechtsprechung des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844, VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. I S. 487, 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für

Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und

die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar

in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben.

Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte der Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist. Eine Versorgungsanwartschaft konnte nur bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb in der Industrie oder im Bauwesen oder in einem gleichgestellten Betrieb erworben werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 5, S. 30). Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – juris). Das BSG setzt industriell und serienmäßig wiederkehrend ausdrücklich gleich (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R –, juris, dort Rdnr. 28). Schließlich muss die industrielle Serienproduktion dem Betrieb das Gepräge gegeben haben.

Bei dem VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Ein Indiz dafür, ob es sich bei dem betreffenden volkseigenen Betrieb um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat, lässt sich aus der Zuordnung zu einem bestimmten Fachministerium entnehmen (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 6, S. 47, 48). Allerdings spricht nicht allein der Umstand, dass der Betrieb nicht direkt einem Industrieministerium unterstellt war, bereits dafür, dass es sich nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat (BSG, Urteil vom 8. Juni 2006 – B 4 RA 57/03 R – SozR 4-8570 § 1 AAÜG, Nr. 3, Rdnr. 16). Außerdem können den betrieblichen Unterlagen, soweit dort Angaben zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Betriebes enthalten sind, Anhaltspunkte dafür entnommen werden, ob es sich um einen Produktionsbetrieb der Industrie handelte (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R – SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 5, S. 34). Soweit danach eine Zuordnung nicht eindeutig möglich ist, kommt es darauf an, ob die industrielle Produktion dem VEB das Gepräge gegeben hat, ob diese also überwiegend und vorherrschend war (BSG, a. a. O., S. 35). Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – juris).

Der VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt war dem Rat des Bezirkes H. – Produktionsleitung für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft –und damit keinem Industrieministerium unterstellt. Dies ergibt sich zwar noch nicht eindeutig aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft. Denn hier ist nur im Hinblick auf den Vorgängerbetrieb VEB Getreidewirtschaft Querfurt als unmittelbar übergeordnetes Organ der Rat des Bezirkes H. genannt, während diese Angabe bezüglich des VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt fehlt. Aus dem Schreiben des VEB Getreidewirtschaft Querfurt vom 10. Juni 1983 folgt jedoch, dass auch der Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 1. Juni 1990 dem Rat des Bezirkes H. unterstellt war. Denn mit diesem Schreiben beantragte der VEB Getreidewirtschaft Querfurt, an seiner Stelle den VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt in das Register der volkseigenen Wirtschaft einzutragen. Dieser Antrag beruhte – ausweislich der Begründung in dem Schreiben – auf einer Beschlussvorlage des Rates des Bezirkes H ... Es wird weiterhin der Bereich "Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft" genannt. Damit blieb auch der Nachfolge-VEB, der VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt, dem Rat des Bezirkes H. als übergeordnetem Organ unterstellt.

Dieses Indiz wird durch weitere Anhaltspunkte dafür bestärkt, dass der VEB Getreidewirtschaft und Kraftfuttermischwerk Querfurt nicht durch die industrielle Produktion geprägt war, sondern durch den Getreidehandel. Nach dem Gesellschaftsvertrag der Nachfolgegesellschaft war Gegenstand des Unternehmens der Handel, die Lagerung und der Vertrieb von Körnerfrüchten, die Herstellung und der Vertrieb von Futtermitteln, die Herstellung und der Vertrieb von Wärmeenergie und die Herstellung und der Vertrieb von Speisen jeglicher Art. Dieser Unternehmensgegenstand folgt auch aus der DM-Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990. Im Hinblick auf die Verteilung der Absätze im Bereich Getreidehandel und im Bereich Kraftfuttervertrieb werden unter Punkt 10 der DM-Eröffnungsbilanz Zahlen für das Jahr 1990 mitgeteilt, die – da der Bericht zur Mitte des Jahres erstellt wurde – teilweise auf einer Schätzung beruhen. Danach lag der Umsatz im Getreidehandel bei 302,1 kt und der Umsatz im Bereich Kraftfuttervertrieb bei 150,0 kt. Aus der Verteilung der Mengen wird deutlich, dass der Getreidehandel und nicht die Kraftfutterproduktion den Betrieb im Juni 1990 prägten. Der Senat folgt nicht der im Erörterungstermin am 3. November 2010 vorgetragenen Interpretation des Klägers, wonach diese Aufteilung so zu verstehen sei, dass innerhalb der 302,1 kt Absatz Getreidehandel bereits 120 kt Kraftfuttervertrieb enthalten seien und die Zahl 302,1 kt um ca. 120 kt reduziert werden müsse. Denn die Bilanz weist den jeweiligen Bereichen eindeutig bestimmte Kilotonnen-Zahlen zu. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Angabe im Hinblick auf den Kraftfuttervertrieb noch einmal im Bereich Getreidehandel "verstecken" würde. Denn dann wäre die Bilanz unzutreffend, jedenfalls nicht aus sich heraus verständlich, wovon der Senat nicht ausgehen kann. Diese Gewichtung wird dadurch unterstützt, dass der Kläger im Erörterungstermin vorgetragen hat, dass der Kraftfuttervertrieb im Jahr 1990 zurückgegangen sei, da die Versorgung aus den westlichen Bundesländern eingesetzt habe. Dieser Rückgang ergibt sich deutlich aus der Tabelle unter Punkt 10 der DM-Eröffnungsbilanz: Im Jahr 1990 ist der Absatz im Kraftfuttervertrieb von zuvor 251,2 kt im Jahr 1989 auf (teilweise geschätzte) 150,0 kt zurückgegangen. Auch aus den Mitarbeiterzahlen unter Ziff. 11 der DM-Eröffnungsbilanz ergibt sich ein entsprechendes Bild. Die Mitarbeiterzahl im Bereich "Getreide Aufnahme, Lagerung und Handel" lag bei 120, diejenige im Bereich "Kraftfutter Produktion und Vertrieb" bei 90. Auch hieraus folgt, dass die Kraftfutterproduktion den Betrieb jedenfalls nicht geprägt hat. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Klägers, dass sich unter den Mitarbeitern, die für den Bereich Handel ausgewiesen waren, auch Mitarbeiter befanden, die eigentlich zum Bereich Kraftfutter gehörten oder für diesen arbeiten mussten. Denn dies ist aus der Bilanz nicht ersichtlich, so dass der Senat diese Behauptung nicht nachvollziehen kann. Für die Einschätzung des Senats spricht schließlich, dass sich am 30. September 1990 188 Mitarbeiter in Kurzarbeit befanden, von denen 70 Mitarbeiter von sogenannter "Null-Kurzarbeit" betroffen waren. Hier machte sich nach Überzeugung des Senats der vom Kläger im Erörterungstermin mitgeteilte Rückgang im Kraftfuttervertrieb im Jahr 1990 bemerkbar. Er hat auf Nachfrage mitgeteilt, dass diese Mitarbeiter aus dem Bereich Produktion gewesen sein könnten. Diese Kurzarbeit spricht dafür, dass jedenfalls am 30. Juni 1990 der Betrieb nicht oder nicht mehr durch die Produktion von Kraftfutter geprägt war. Falls dies im Jahr 1989 noch anders zu gewichten war (so das SG unter Bezugnahme auf die Zahlen für das Jahr 1989 aus dem Gründungsbericht zur Umwandlung des VEB in eine Kapitalgesellschaft), kommt es darauf nicht an, da nach der Auffassung des BSG der 30. Juni 1990 der entscheidende Stichtag ist.

Soweit der Kläger schließlich ausführt, dass auch Mitarbeiter aus dem Bereich Transportwesen und aus dem Heizwerk für den Bereich Kraftfutterproduktion tätig waren, kann der Senat dies als zutreffend unterstellen. Auch wenn – wie der Kläger vorträgt – gut die Hälfte der 65 Mitarbeiter des Transportwesens für die Kraftfutterproduktion tätig gewesen wären und das gesamte Heizwerk mit 25 Mitarbeitern für die Produktion benötigt worden wäre, würde damit die Anzahl der Mitarbeiter im Bereich Kraftfutterproduktion nicht diejenige der übrigen Betriebsteile übersteigen. Denn im Betriebsteil "Getreide Aufnahme, Lagerung und Handel" wurden 120 Mitarbeiter in der DM-Eröffnungsbilanz geführt. Hinzuzuaddieren wäre die Hälfte der Mitarbeiter aus dem Transportwesen, also ca. 32 Mitarbeiter, so dass zu diesem Bereich dann ca. 153 Mitarbeiter zugehörig gewesen wären. Im Bereich "Kraftfutter Produktion und Vertrieb" wären nach dieser Rechnung des Klägers zu den 90 Mitarbeitern noch 33 Mitarbeiter aus dem Transportwesen sowie 25 Mitarbeiter aus dem Heizwerk zu zählen, so dass sich eine Gesamtzahl von 148 Mitarbeitern ergeben würde. Auch unter Zugrundelegung dieser Rechnung ergibt sich damit, dass der Betrieb nicht durch die Kraftfutterproduktion geprägt war. Hinzu kommt, dass von den 90 Mitarbeitern "Kraftfutter Produktion und Vertrieb" aufgrund der Bezeichnung des Bereiches jedenfalls auch Mitarbeiter im Vertrieb beschäftigt sein mussten und sich zudem in diesem Bereich Mitarbeiter in Kurzarbeit befanden. Dies verringerte die in der unmittelbaren Produktion im Juni 1990 noch tätigen Mitarbeiter weiter.

Im Ergebnis können die vorliegenden betrieblichen Unterlagen die Indizwirkung der fehlenden Zuordnung des Betriebs zu einem Industrieministerium nicht entkräften. Vielmehr sprechen auch diese Unterlagen eher dafür, dass es sich jedenfalls am 30. Juni 1990 nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie im Sinne der Rechtsprechung des BSG gehandelt hat. Die diesbezügliche Definition des BSG ist hier maßgeblich; auf die Ausführungen im Lexikon "Brockhaus" oder anderen Werken kommt es dagegen nicht an.

Der Betrieb war auch unstreitig kein Produktionsbetrieb des Bauwesens und auch kein gleichgestellter Betrieb.

Die Entscheidung wird nicht dadurch zu Gunsten des Klägers beeinflusst, dass die Beklagte möglicherweise in gleichgelagerten Fällen Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt hat. Darauf kann sich der Kläger selbst bei gleicher Sachlage nicht berufen. Denn auf eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher (rechtswidriger) Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 1 BvL 25/77BVerfGE 50, 142, 166).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen, da die Auslegung des Produktionsbegriffes durch den jetzt für die Angelegenheiten der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme zuständigen 5. Senat des BSG klärungsbedürftig erscheint. Desweiteren hält der Senat die Anwendung der Stichtagsregelung im vorliegenden Fall für klärungsbedürftig, insbesondere da es am 30. Juni 1990 keine Industrieministerien der DDR mehr gab.
Rechtskraft
Aus
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