L 31 R 25/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 97 RA 5575/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 R 25/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1) Wer am 30. Juni 1990 arbeitslos war und Unterstützung nach der Verordnung über die Gewährung staatlicher Unterstützung und betrieblicher Ausgleichszahlung an Bürger während der Zeit der Arbeitsvermittlung vom 8. Februar 1990 bezogen hat, hat keinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz.
2) Beruft sich der Anspruchsteller darauf, der damalige Bezug der Arbeitslosenunterstützung sei rechtswidrig gewesen, weil das Beschäftigungverhältnis nicht beendet worden sei, ist dieser Vortrag nicht schon dann erwiesen, wenn eine Urkunde über die förmliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr aufgefunden werden kann.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. März 2007 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 19. April 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zu dem Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes - AAÜG) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.

Dem 1948 geborenen Kläger wurde nach Besuch der Technischen Universität D vom 1. September 1966 bis zum 15. August 1971 mit Urkunde vom 15. Juni 1971 der akademische Grad eines Diplom-Ingenieurökonomen verliehen. Anschließend war er bis zum 28. Februar 1975 im VEB Backwarenkombinat, vom 1. März 1975 bis 4. März 1983 im VEB Industrieanlagenimport, vom 21. März 1983 bis 31. März 1987 im VEB Robotronvertrieb und vom 16. April 1987 bis zum 30. April 1990 im VEB d beschäftigt.

Eine Versorgungszusage wurde dem Kläger nicht erteilt; er hatte auch keinen einzelvertraglichen Anspruch auf eine derartige Zusage. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) trat er nicht bei. Mit Rehabilitierungsbescheinigung des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben B vom 6. Dezember 1996 wurde der Kläger in der Zeit vom 4. März 1983 bis zum 31. Dezember 1987 als politisch Verfolgter anerkannt. Mit Schreiben vom 28. Februar 2005 teilte das Landesamt für Gesundheit und Soziales B mit, die Feststellung einer Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem für den Zeitraum der festgestellten politischen Verfolgung sei nicht möglich, da der Kläger zum Zeitpunkt der politischen Verfolgung als Diplom-Ingenieur/Ökonom beim Industrieanlagenimport - VEB-Außenhandelsbetrieb - beschäftigt gewesen sei und dieser Betrieb nicht in der Liste der Sonderversorgungssysteme des Beitrittsgebietes aufgeführt werde. Mit Bescheid vom 13. Juli 2006 lehnte das Landesamt für Gesundheit und Soziales ein Wiederaufgreifen des Rehabilitierungsverfahrens ab.

Am 14. Juli 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften für die Zeit vom 19. April 1971 bis zum 30. Juni 1990 und gab unter anderem an, er sei ab 2. Mai 1990 arbeitslos bzw. arbeitssuchend gewesen. Mit Bescheid vom 01. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2003 lehnte die Beklagte die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Kläger habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei auf ihn nicht anwendbar. Er habe daher keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz.

Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Berlin eine schriftliche Aussage des Zeugen G W vom 21. November 2005 eingeholt (hinsichtlich des Inhalts wird auf Blatt 37/38 der Gerichtsakte verwiesen). Der Versuch, Unterlagen bei der Bundesagentur für Arbeit einzuholen, schlug fehl, da dort keinerlei Unterlagen mehr vorhanden waren. Die Beklagte übersandte einen Leistungsnachweis des Arbeitsamtes II B vom 4. April 1991, aus dem sich ergibt, dass der Kläger ab dem 2. Mai 1990 Arbeitslosengeld erhalten hat. Der Kläger übersandte einen Bescheid dieser Behörde vom 3. August 1990, aus dem seiner Ansicht nach hervorgeht, dass er vor dem 1. Juli 1990 kein Arbeitslosengeld, sondern lediglich eine staatliche Unterstützung sowie eine Ausgleichszahlung erhalten habe.

Mit Urteil vom 7. März 2007 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine obligatorische Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz, denn er habe am 30. Juni 1990 nicht mehr im VEB d gearbeitet, sondern sei bereits seit dem 2. Mai 1990 arbeitslos gewesen, wie sich auch aus den in der Verwaltungsakte enthaltenen Ablichtungen des Sozialversicherungsausweises ergebe.

Zur Begründung seiner dagegen eingelegten fristgemäßen Berufung führt der Kläger unter anderem aus, unzutreffend gehe das erstinstanzliche Urteil davon aus, dass er am 30. Juni 1990 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem VEB d gestanden habe. Zwar habe er sich wegen der "Abwicklung" des d am 02. Mai 1990 als arbeitssuchend gemeldet, um sich eine schnellere Aussicht auf einen Arbeitsplatz sichern zu können. Er habe sich aber mit Zustimmung des Betriebes nur deshalb arbeitssuchend melden können, weil er noch Urlaubstage und Überstunden habe in Anspruch nehmen können, welche ihn in Arbeit gehalten hätten. Arbeitsrechtlich gesehen sei er somit bis zum 30. Juni 1990 beschäftigt gewesen. Die Arbeitssuchendmeldung sei ihm als die für ihn und den Betrieb beste Lösung erschienen, da der Betrieb dann auch unter teilweiser Freistellung von seiner Lohnzahlungsverpflichtung von der staatlichen Zusatzvergütung profitiert habe. Bei diesen Betriebsabwicklungen habe man nicht an Ansprüche gegen die Rentenzusatzversorgungssysteme gedacht, sondern an die Wahrnehmung der Möglichkeit von dritter Stelle bezuschusst zu werden. Das Sozialgericht habe es versäumt, den Zeugen G W persönlich zu vernehmen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. März 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 01. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. August 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung ihres Antrages im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat, und hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, am 30. Juni 1990 habe der Kläger nicht mehr in einem Arbeitsrechtsverhältnis zu dem VEB d gestanden. Die berufliche Tätigkeit sei an diesem Stichtag nicht mehr dergestalt tatsächlich ausgeübt worden, dass damit eine arbeitsvertragliche Hauptleistungspflicht erfüllt worden sei. Dementsprechend sei der Betrieb nicht mehr zur Gegenleistung, sprich zur Lohnzahlung, verpflichtet gewesen. Die für das Arbeitsvertragsverhältnis typische Äquivalenz der Leistungserbringung habe mit der Arbeitslosmeldung des Klägers am 02. Mai 1990 ihr Ende gefunden. An die Stelle des Arbeitsentgeltes seien die staatlichen und betrieblichen Lohnersatzleistungen nach der Verordnung über die Gewährung staatlicher Unterstützung und betrieblicher Ausgleichszahlungen an Bürger während der Zeit der Arbeitsvermittlung vom 08. Februar 1990 (GBl. Teil I, Seite 41) getreten. Die damit verbundene Rechtsfolge der Beendigung der Betriebszugehörigkeit und die volle Verfügbarkeit des Klägers für die Vermittlung eines neuen Arbeitsplatzes habe das erstinstanzliche Gericht zutreffend beschrieben.

Der Senat hat Kopien aus dem vom Kläger im Original überreichten Sozialversicherungsausweis gefertigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (Versicherungsnummer ) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft und form- und fristgerecht erhoben (§§ 143 und 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin eine Verpflichtung der Beklagten abgelehnt, den streitbefangenen Zeitraum als solchen der Zugehörigkeit des Klägers zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen, denn der Kläger hat keinen dahingehenden Anspruch; der angegriffene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig.

Das Begehren des Klägers ist letztlich auf die Leistung einer (höheren) Rente gerichtet. Da er im streitigen Zeitraum originäre rentenrechtliche Zeiten im bundesdeutschen Rentenversicherungssystem nicht zurückgelegt hat, der bundesdeutsche Rentenversicherungs-träger aber grundsätzlich nur seinen Versicherten zur (höheren) Leistung verpflichtet ist, bedarf es zur Begründung und Ausgestaltung von Rechten und Anwartschaften im Rahmen des insoweit maßgeblichen Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sowie zur Wertbestimmung derartiger Berechtigungen nach dessen Grundsätzen jeweils besonderer bundesrechtlicher Grundlagen. Der Bundesgesetzgeber hat diesen Vorgang in zwei voneinander zu trennende Verfahren gegliedert. Während das eine Verfahren mit dem Erlass eines sogenannten Entgeltbescheides endet, hat das andere einen die Rente feststellenden Bescheid zum Ziel. In dem erstgenannten Verfahren hat der Versorgungsträger, hier die Beklagte, - dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlich - gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG die Daten festzustellen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, und sie dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Zu diesen Daten gehören neben den Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem (§ 8 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 AAÜG) die in diesen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben (vgl. zu diesem Verfahren im Einzelnen das Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 20. Dezember 2001, Az.: B 4 RA 6/01 R m. w. N., SozR 3-8570 § 8 Nr. 7), so dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen auch ein Anspruch auf einen solchen Verwaltungsakt besteht. Dies ist hier nicht der Fall.

Der Kläger hat keinen dahingehenden Anspruch, denn er fällt nicht in den persönlichen Geltungsbereich der Vorschriften des AAÜG. Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich zunächst nicht nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) oder dem 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz. Zwar ist der Kläger mit Rehabilitierungsbescheinigung des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben vom 06. Dezember 1996 als politisch Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG anerkannt worden. Der Antrag des Klägers, für den Zeitraum der festgestellten Verfolgung vom 04. März 1983 bis zum 31. Dezember 1987 auch eine Zuordnung zu einem Zusatz- und Sonderversorgungssystem zu erreichen, ist jedoch mit Schreiben des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin vom 28. Februar 2005 abgelehnt worden. Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens wurde mit Bescheid vom 13. Juli 2006 abgelehnt. Eine Einbeziehung des Klägers in ein Zusatzversorgungssystem durch Entscheidung einer Rehabilitierungsbehörde liegt damit nicht vor. Auch eine Prüfung der in § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen ergibt, dass die Vorschriften des AAÜG auf ihn keine Anwendung finden. Die Regelungen des AAÜG gelten für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Ansprüche hatte der Kläger noch nicht erworben, denn im Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme, am 30. Juni 1990, war er noch nicht versorgungsberechtigt. Er hatte auch keine Versorgungsanwartschaft. Solche Anwartschaften hatten Personen, die am 30. Juni 1990 Inhaber einer Versorgungszusage waren oder eine solche früher gehabt hatten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG), für die sich dies aus einer einzelvertraglichen Regelung ergab, oder die nach den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 zwingend einzubeziehen waren, weil sie die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllten und diese auch nicht von einer Ermessensentscheidung einer dazu berufenen Stelle der DDR abhängig war (vgl. das Urteil des BSG vom 18. Dezember 2003, Az.: B 4 RA 14/03 R, D-spezial 2004, Nr. 8 S. 8 [Kurzwiedergabe], Volltext in juris). Dass das AAÜG auch auf dem letztgenannten Personenkreis Zugehörige Anwendung findet, es also nicht allein darauf ankommt, ob zum 1. Juli 1990 in der DDR ein Versorgungsanspruch oder eine entsprechende Anwartschaft bestand, ergibt sich bereits daraus, dass als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten vor Einführung eines Versorgungssystems gelten (§ 5 Abs. 2 AAÜG) und ein Verlust von Anwartschaften bei Ausscheiden vor dem Leistungsfall nach dem Willen des Bundesgesetzgebers unberücksichtigt bleibt (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ist unter diesen Umständen rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel entscheidend danach zu beantworten, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach, das heißt abstrakt-generell, zu denjenigen gehört, derentwegen entsprechend der nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu verstehenden Versorgungsordnung und gegebenenfalls weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet war. Um das Ziel, eine sachgerechte und willkürfreie Zuordnung der bundesrechtlichen Rechtsfolgen sicherzustellen, erreichen zu können, sollen - wie sowohl die teleologische als auch die systematische Auslegung insbesondere der §§ 5 bis 8 AAÜG ergeben - nach dem Willen des Gesetzgebers alle auch nur potentiell Begünstigten, allerdings auch nur diese, in das besondere Verfahren einbezogen werden.

Ausgehend von dieser Basis bedarf es zur Beantwortung der Frage nach der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem des Rückgriffs auf diejenigen Gegebenheiten der DDR, an die das AAÜG anknüpft. Im Falle des § 5 Abs. 1 AAÜG sind dies die Texte der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten und damit insoweit als bundesrechtlich relevante Fakten anerkannten Versorgungsordnungen, wobei diese gegebenenfalls durch sonstige einschlägige und in Übereinstimmung hiermit ergangene abstrakt-generelle Vorgaben von zuständigen Stellen der früheren DDR, zu denen insbesondere Durchführungsbestimmungen gehören, ergänzt werden. Dabei ist die Bedeutung der Texte ausschließlich nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts, insbesondere unter Beachtung des Gleichheitssatzes (Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes -GG-) und unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Vorschrift des § 5 AAÜG zu bestimmen (vgl. dazu das Urteil des BSG vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 42/01 R, zitiert nach juris). Wie die Versorgungsordnungen und die Durchführungsbestimmungen durch Stellen der DDR ausgelegt und angewandt wurden, muss insoweit ohne Belang sein, denn anderenfalls bestünde die Möglichkeit einer normativen Verfestigung willkürlicher Vorgehensweisen (vgl. die Entscheidungen des BSG vom 24. März 1998, Az.: B 4 RA 27/97 R, SozR 3-8570 § 5 Nr. 3, und vom 30. Juni 1998, B 4 RA 11/98 R, SGb 1998, S. 526 f. [Kurzwiedergabe], Volltext in juris). Ob nämlich außerhalb des von den Texten der Versorgungsordnungen und der einschlägigen Durchführungsbestimmungen vorgegebenen Rahmens liegende Umstände die Aussicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage als berechtigt erscheinen lassen konnten, lässt sich heute mangels einer gesicherten faktischen Beurteilungsgrundlage gerade nicht willkürfrei entscheiden (vgl. das Urteil des BSG vom 12. Juni 2001, Az.: B 4 RA 117/00 R, SozR 3-8570 § 5 Nr. 6).

Am 30. Juni 1990 gehörte der Kläger nicht zur Gruppe derjenigen, die in das System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz obligatorisch einzubeziehen waren. Ob jemand aufgrund seiner Qualifikation und der ausgeübten Beschäftigung zum Kreis der durch die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz Begünstigten zu zählen ist, lässt sich durch die Heranziehung der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I S. 844) allein nicht klären. Dort heißt es in § 1 nur, für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben werde über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt. Dass es - unter anderem - zur Konkretisierung des nur vage umrissenen Begriffs der Angehörigen der technischen Intelligenz und damit des Kreises der Begünstigten noch näherer Bestimmungen bedurfte, war dem Verordnungsgeber offenbar bewusst, denn § 5 zufolge waren durch das Ministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Ministerium für Industrie und dem Ministerium für Arbeit und Gesundheitswesen Durchführungsbestimmungen zu erlassen. Die Ausfüllung des Begriffs "Angehörige der technischen Intelligenz", das heißt die Definition des von der Verordnung erfassten Personenkreises, dem die zusätzliche Versorgungsversicherung zugute kommen sollte, findet sich in der hier ebenfalls heranzuziehenden zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR S. 487), durch welche die vom 26. September 1950 datierende erste Durchführungsbestimmung (GBl. DDR S. 1043) außer Kraft gesetzt wurde.

Danach war das Versorgungssystem eingerichtet für Personen, die

1. berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen,

2. entsprechende Tätigkeiten tatsächlich ausübten und

3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb tätig waren.

Bei dem Kläger liegen im Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 weder die zweite noch die dritte Voraussetzung vor. Sein Beschäftigungsverhältnis mit dem VEB d war spätestens seit dem 02. Mai 1990 beendet. Sowohl aus dem Änderungsbescheid des Arbeitsamtes II B, vom 03. August 1990 als auch aus dem Leistungsnachweis des Arbeitsamtes II B, vom 04. April 1991 folgt, dass der Kläger seit diesem Zeitpunkt, nämlich seit dem 02. April 1990, Leistungen des Arbeitsamtes bzw. - wie von dem Kläger in seinem Schreiben an das erstinstanzliche Gericht vom 11. April 2006 selbst ausgeführt - eine Ausgleichszahlung des VEB d in Höhe von 337,20 Mark und eine staatliche Unterstützung in Höhe von 500,00 Mark erhalten hat. Soweit der Kläger jedoch der Ansicht ist, dass diese Zahlungen nichts an der Tatsache ändern würden, dass die Arbeitsverträge mit dem VEB d bis zum 30. Juni 1990 bestanden hätten, kann der Senat dem nicht folgen. Voraussetzung für die Gewährung der staatlichen Unterstützung sowie der Ausgleichsleistung des Betriebes war die vorherige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, wie sich u. a. aus § 2 Abs. 1 1. Spiegelstrich der Verordnung über die Gewährung staatlicher Unterstützung und betrieblicher Ausgleichszahlung an Bürger während der Zeit der Arbeitsvermittlung vom 08. Februar 1990 (GBl. DDR Teil I, Seite 41) ergibt. Nach § 1 dieser Verordnung hatten Bürger der DDR, die zeitweilig keine Berufstätigkeit ausüben konnten, entsprechend den Bestimmungen der Verordnung Anspruch auf die Gewährung einer staatlichen Unterstützung und einer betrieblichen Ausgleichszahlung. Gemäß § 2 Abs. 1 1. Spiegelstrich der Verordnung bestand Anspruch auf die Unterstützung, wenn der Bürger aus dem zuletzt bestehenden Arbeitsrechtsverhältnis mit einem Betrieb in der DDR ausgeschieden war und sich im Amt für Arbeit zur Vermittlung einer anderen Tätigkeit meldete. Die Unterstützung betrug monatlich 500,00 Mark (§ 3 der Verordnung). Nach § 4 der Verordnung hatten Bürger, denen eine Unterstützung gemäß dieser Verordnung gewährt wurde, gegenüber dem Betrieb, in dem sie zuletzt beschäftigt waren Anspruch auf einen Ausgleich in Höhe der Differenz zwischen der Unterstützung und 70 % des bisherigen Nettodurchschnittslohnes, höchstens 500,00 Mark im Monat. Genau diese Leistungen hat der Kläger – auch nach seinen eigenen Angaben – erhalten, nämlich eine staatliche Unterstützung in Höhe von 500,00 Mark und eine betriebliche Ausgleichszahlung durch den VEB d, die jedoch entgegen der Vermutung des Klägers nicht mehr Ausfluss des Arbeitsvertrages war, sondern gerade davon abhing, dass das "der Bürger aus dem zuletzt bestehenden Arbeitsverhältnis ausgeschieden" war. Dies wird auch durch den Leistungsnachweis des Arbeitsamtes II B vom 04. April 1991 bestätigt. Hier wird für die Zeit vom 02. Mai 1990 bis zum 30. Juni 1990 ein Leistungsbetrag in Höhe von 984,00 Mark bescheinigt. Dies entspricht einem Betrag von 500,00 Mark für den Monat Juni und von aufgerundet 484,00 Mark (500,00: 30 x 29) für die Zeit vom 02. bis zum 31. Mai 1990 und damit der in § 2 und 3 der Verordnung genannten Unterstützung. Auch der Änderungsbescheid des Arbeitsamtes II B vom 03. August 1990 bestätigt, dass der Kläger zuletzt vor dem 01. Juli 1990 kein Arbeitsentgelt, sondern eine staatliche Unterstützung sowie eine Ausgleichszahlung des letzten Betriebes erhalten hat, denn dort wird die staatliche Unterstützung ab 01. Juli 1990 (weiter) gewährt und ausgeführt, das die bisher durch den letzten Betrieb gewährte Ausgleichszahlung ab 01. Juli 1990 durch das Arbeitsamt gezahlt wird.

Nach alledem steht fest, dass der Kläger am 30. Juni 1990 nicht mehr in einem Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis mit dem VEB d gestanden hat, sondern arbeitslos war.

Da der Kläger in der Zeit vom 19. April 1971 bis zum 30. Juni 1990 einen Anspruch auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem gegen die Beklagte nicht hat, hat er auch keinen Anspruch auf Feststellung der in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte, denn die letztgenannte Feststellung bedingt die erstgenannte.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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