Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 18 AS 3239/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 443/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg, das ihn verpflichtet hat, vorläufig an die Antragstellerin für die Monate Juni bis September 2010 die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) sowie für Oktober 2010 vollständige Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in gesetzlicher Höhe zu leisten.
Die Antragstellerin, die die vietnamesische Staatsangehörigkeit und ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht in Deutschland besitzt, studiert seit dem Wintersemester 2006/2007 im Masterstudiengang Food and Agribusiness. Voraussichtlich wird sie das Studium im März 2011 abschließen. Sie fertigt nach eigenen Angaben gerade ihre Masterarbeit. In Vietnam hatte sie bereits ein Betriebswirtschaftsstudium mit einem Diplom abgeschlossen. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhält sie nicht, weil das Masterstudium nicht auf einem Bachelor-Studiengang aufbaue (§ 7 Abs. 1a BAföG). Am 11. September 2008 kam ihre Tochter zur Welt, für die sie monatlich Kindergeld i.H.v. 184,00 EUR und Unterhaltsvorschuss i.H.v. 133,00 EUR erhält. Sie stand beim Antragsgegner im laufenden Bezug von SGB II-Leistungen.
Nach einem bis 10. Mai 2010 andauernden Praktikum in Vietnam stellte sie am 14. Mai 2010 erneut einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Da sie ihre bis dahin kostenlose Unterkunft nicht weiter nutzen konnte, schloss sie mit dem Studentenwerk H. ab 1. Juni 2010 einen Nutzungsvertrag über ein 19,53 qm großes Einzelappartement. Zur Mietsache gehören die zugeordneten Flure, Sanitär-, Küchen- und Gemeinschafträume. Die Gesamtmiete für die Nutzung beträgt 197,00 EUR/Monat. Darin enthalten sind 115,00 EUR Grundmiete, 74,00 EUR Betriebskostenpauschale sowie 8,00 EUR Möblierungspauschale. Mit Bescheid vom 1. Juni 2010 hatte der Antragsgegner seine Zusicherung zu den angemessenen Aufwendungen i.H.v. 197,00 EUR/Monat erteilt.
Mit Bescheid vom 22. Juli 2010 lehnte er zum einen Leistungen nach dem SGB II für die Antragstellerin und ihre Tochter für den Monat Mai 2010 mangels Hilfebedürftigkeit ab, zum anderen bewilligte er Leistungen für die Monate Juni bis Oktober 2010 i.H.v. 129,00 EUR/Monat. Dem Gesamtbedarf i.H.v. 892,00 EUR (Regelsatz 359,00 EUR + Sozialgeld 215,00 EUR + Zuschlag für Alleinerziehende 129,00 EUR + 189,00 EUR KdU) stellte sie als Einkommen das Kindergeld und den Unterhaltsvorschuss sowie ein fiktives Einkommen in Höhe der Regelleistung und der KdU (453,50 EUR) gegenüber. Die Antragstellerin legte unter dem 8. August 2010 gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch ein. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien bereits ab 14. Mai 2010 seitens des Antragsgegners zu leisten. Mit Schreiben vom 20. September 2010 forderte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin den Antragsgegner auf, entsprechend seiner Zusicherung vom 1. Juni 2010 die Mietzahlungen i.H.v. 788,00 EUR (Miete für Juni bis September 2010) direkt an den Vermieter auszukehren. Die Antragstellerin verfüge nur über Einkommen in Form des Kindergeldes. Ferner erhalte ihr Kind Unterhaltsvorschussleistungen. Trotzdem habe der Antragsgegner den Bedarf um einen weiteren Betrag gekürzt. Da die Berechnungen so nicht nachvollziehbar seien, werde um unverzügliche Aufklärung gebeten.
Auf Grund einer Vorabinformation der Stadt B. bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin und ihrer Tochter mit Änderungsbescheid vom 26. August 2010 für den Zeitraum von Juli bis Oktober 2010 Leistungen i.H.v. 74,50 EUR/Monat unter Berücksichtigung eines Wohngeldes für die Tochter, welches die Stadt B. dieser mit Bescheid vom 6. September 2010 für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011 i.H.v. 77,00 EUR/Monat gewährte. Den Nachzahlungsbetrag von 231,00 EUR zahlte die Stadt B. an den Antragsgegner, die monatlichen Zahlungen ab 31. Oktober 2010 an das Studentenwerk H ...
Den Widerspruch der Antragstellerin vom 8. August 2010 wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2010 als unbegründet zurück. Das Studium sei dem Grunde nach förderungsfähig, weshalb sie nur Anspruch auf den Zuschlag für Alleinerziehende habe. Im Mai 2010 bestehe ein Anspruch auf 34,20 EUR.
Hiergegen hat sich die Antragstellerin mit einer Klage vom 13. Oktober 2010 vor dem Sozialgericht Magdeburg gewandt (S 18 AS 3254/10), mit der sie ihr Ziel der Gewährung höherer Leistungen für die Zeit vom 14. Mai bis 31. Oktober 2010 weiterverfolgt. Gleichzeitig hat sie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung gestellt mit dem Begehren, ihr für die Monate Juni bis September 2010 die KdU i.H.v. insgesamt 788,00 EUR sowie die für die Monate Februar bis Mai 2010 gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge i.H.v. insgesamt 486,00 EUR zu erstatten. Weiterhin hat sie für Oktober 2010 die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe beantragt. Für die Zeit des Praktikums habe der Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II abgelehnt. Die Antragstellerin habe jedoch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nicht unterbrochen. Die in dieser Zeit von ihr geleisteten Zahlungen für die Kranken- und Pflegeversicherung seien vom Antragsgegner zu erstatten. Unter dem 20. Oktober 2010 hat sie wegen des Bescheides vom 22. Juli 2010 für die Zeit ab Juni 2010 einen Antrag nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) gestellt.
Bereits mit Schreiben vom 10. Oktober 2010 hatte das Studentenwerk H. die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses zum 25. Oktober 2010 ausgesprochen. Es seien seit Juni 2010 keine Mietzahlungen eingegangen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 22. Oktober 2010 den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 1. Juni bis 30. September 2010 die KdU in gesetzlicher Höhe sowie vorläufig für die Zeit vom 1. bis 31. Oktober 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, ebenfalls in gesetzlicher Höhe, zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, die Antragstellerin habe glaubhaft gemacht, dass sie auf eine vorläufige Entscheidung für die Zeit ab 1. Juni 2010 hinsichtlich der KdU und im Übrigen ab 1. Oktober 2010 angewiesen sei, um ihren Lebensunterhalt laufend bestreiten zu können. Insbesondere vor dem Hintergrund der im März 2011 beabsichtigten Beendigung des Studiums könne sie nicht darauf verwiesen werden, zunächst ein zivilrechtliches Räumungsverfahren abzuwarten und durchzuführen. Die Antragstellerin habe auch einen entsprechenden Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Insbesondere sei sie nicht nach § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Der Masterstudiengang sei in dem hier vorliegenden Fall nicht dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG. Es wäre auch unbillig, die Antragstellerin kurz vor Abschluss des Studiums auf eine Erwerbstätigkeit zu verweisen. Ein Verfügungsgrund hinsichtlich der begehrten Übernahme der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Monate Februar bis Mai 2010 sei dagegen nicht gegeben. Eine Eilbedürftigkeit, die nicht durch Verhandlungen mit der Krankenkasse zu klären wäre, sei nicht erkennbar.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2010 hat der Antragsgegner der Antragstellerin und ihrer Tochter für den Monat Oktober 2010 Leistungen i.H.v. 528,00 EUR sowie mit Bescheid vom 5. November 2010 für Juni 2010 i.H.v. 223,50 EUR und vom 1. Juli bis 30. bis September 2010 i.H.v. 169,00 EUR/Monat bewilligt. Mit Bescheiden vom 26. und 28. Oktober 2010 hat er ihr für die Monate November 2010 bis April 2011 SGB II-Leistungen i.H.v. 528,00 EUR gewährt. Alle Bescheide enthielten folgenden Hinweis: "Dieser Bescheid ergeht vorläufig auf der Grundlage des Beschlusses des Sozialgerichts Magdeburg vom 22.10.2010 (Az.: S 18 AS 3239/10 ER) bis zum Abschluss des Hauptverfahrens."
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts hat der Antragsgegner am 12. November 2010 Beschwerde eingelegt. Ein Anordnungsrund bestehe bereits deswegen nicht, da der Bewilligungsbescheid vom 22. Juli 2010 bestandskräftig sei. Zudem sei die Antragstellerin nicht hilfebedürftig. Der bereits erworbene Hochschulabschluss im Fachbereich Betriebswirtschaftslehre versetze sie in die Lage, eine Tätigkeit aufzunehmen. So seien allein im Umkreis von 60 km um B. 183 der Arbeitsagentur gemeldete freie Stellen zu verzeichnen. Die Leistungen nach dem SGB II dürften keine Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene bewirken. Zudem sei ein Studienabschluss im März 2011 unwahrscheinlich. Die Antragstellerin verfüge nicht über die in der Prüfungsordnung niedergelegten Voraussetzungen. Im Übrigen habe die Antragstellerin bereits früher und letztmalig am 22. Juni 2010 geäußert, sie werde von einer Freundin finanziell unterstützt. Sie habe nicht glaubhaft gemacht, dass diese Unterstützung nunmehr nicht mehr gewährt werde.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Oktober 2010 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in vollem Umfang abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen, sowie ihr zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Sie weist darauf hin, dass ihrem Antrag auf Zulassung zur Abschlussarbeit am 13. Januar 2011 stattgegeben wurde und sie bereits die Masterarbeit fertige.
Der Senat hat mit Schreiben vom 4. Februar 2011 den Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die Beschwerde unzulässig sein dürfte. Durch den Hinweis in seinen Bescheiden vom 28. Oktober und 5. November 2010 habe er zum Ausdruck gebracht, dass die Antragstellerin die in diesen Bescheiden gewährten Leistungen bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens behalten dürfe.
Der Antragsgegner hat in seiner Stellungnahme im Wesentlichen ausgeführt, bereits der Beschluss des Sozialgerichts sei fehlerhaft, da er eine vorläufige Bewilligung ohne zeitliche Begrenzung vorsehe. Er habe nur versucht, diesen Beschluss umzusetzen. Da die Bescheide den Hinweis auf das anhängige Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes enthielten, sei klar zum Ausdruck gekommen, dass die Leistung nur zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung erbracht worden sei. Soweit er in seinen Hinweisen versehentlich das Wort "Hauptverfahren" aufgenommen habe, sei dies unschädlich. Ein "Hauptsacheverfahren" zum betroffenen Bewilligungsabschnitt sei gerade nicht anhängig. Das Verfahren S 18 AS 3254/10 betreffe den Widerspruchsbescheid vom 27. September 2010, der die Sozialversicherung der Antragstellerin während der Zeit ihres Auslandsaufenthaltes zum Gegenstand habe. Der Antragsgegner habe mithin deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Leistung aufgrund der Bescheide keine Erfüllungshandlung darstellte. Das habe auch von der Antragstellerin nicht anders verstanden werden können. Sie habe gewusst, dass ein Klageverfahren hinsichtlich des streitgegenständlichen Bewilligungsabschnittes gerade nicht abhängig ist.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
A.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Der Beschwerdewert übersteigt den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgeblichen Berufungswert von 750,00 EUR.
Der Antragsgegner wurde vom Sozialgericht verpflichtet, an die Antragstellerin vorläufig für die Monate Juni bis September 2010 die KdU "in gesetzlicher Höhe" zu zahlen, mithin für den Zeitraum insgesamt 368,12 EUR. Die Wohnkosten i.H.v. 197,00 EUR/Monat sind kopfteilig auf die Antragstellerin und ihre Tochter aufzuteilen (197,00 EUR: 2 = 98,50 EUR). Unter Abzug des auf die Antragstellerin entfallenden Anteils an den Kosten der Warmwasserbereitung ergeben sich KdU i.H.v. 92,03 EUR/Monat (98,50 EUR - 6,47 EUR).
Hinzuzurechnen ist der Wert der Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin für Oktober 2010 vorläufig Leistungen nach dem SGB II "in gesetzlicher Höhe" zu zahlen. Dies sind 397,00 EUR.
Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II beträgt der monatliche Regelsatz für die alleinstehende Antragstellerin 359,00 EUR. Da sie ihre zweijährige Tochter allein versorgt, ist ein Mehrbedarf für Alleinerziehende i.H.v. 36% der Regelleistung nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II (= 129,24 EUR) hinzuzurechnen. Zuzüglich ihres KdU-Anteils beträgt ihr monatlicher Bedarf mithin insgesamt 580,27 EUR.
Diesem Bedarf ist das für ihre Tochter gezahlte Kindergeld nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II als ihr Einkommen anzurechnen, soweit ihre Tochter es nicht zur Sicherung ihres eigenen Bedarfs benötigt.
Ihre Tochter hat einen Regelbedarf nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.H.v. 60% des Regelsatzes nach § 20 Abs. 2 SGB II, mithin i.H.v. 215,40 EUR. Hinzuzurechnen ist ihr KdU-Anteil von 98,50 EUR, wobei der im Sozialgeld enthaltene Anteil für die Warmwasserbereitung i.H.v. 3,88 EUR in Abzug zu bringen ist. Es ergibt sich ein Gesamtbedarf i.H.v. 310,02 EUR. Diesem Bedarf ist zunächst das Einkommen in Form des Unterhaltsgeldes i.H.v. 133,00 EUR und des Wohngeldes i.H.v. 77,00 EUR anzurechnen. Der verbleibende Restbedarf i.H.v. 100,02 EUR kann durch das Kindergeld gedeckt werden.
Das Kindergeld ist der Antragstellerin folglich i.H.v. 83,98 EUR als Einkommen anzurechnen. Von diesem ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V)) die Versicherungspauschale i.H.v. 30,00 EUR abzuziehen, sodass ein auf den Bedarf der Antragstellerin anzurechnendes Einkommen i.H.v. 53,98 EUR verbleibt.
Der seitens des Antragsgegners zu deckende monatliche Gesamtbedarf für die Antragstellerin beläuft sich mithin auf die KdU i.H.v. 92,03 EUR sowie auf eine Regelleistung i.H.v. 434,26 EUR (359,00 EUR + 129,24 EUR – 53,98 EUR), mithin auf gerundet 526,00 EUR. Abzüglich der bereits mit Bescheid vom 22. Juli 2010 gewährten 129,00 EUR verbleibt eine durch den Beschluss des Sozialgerichts begründete Zahlungsverpflichtung i.H.v. 397,00 EUR.
Der Beschwerdewert beträgt mithin insgesamt 765,12 EUR.
B.
Zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens jedoch fehlt dem Antragsgegner das Rechtsschutzinteresse. Er hat durch den Hinweis in den Bescheiden vom 28. Oktober und 5. November 2010 den Rechtsschein gesetzt, die Antragstellerin dürfe die gewährten Leistungen bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens behalten.
Generell ist der Erlass eines Ausführungsbescheides (zumindest in der hier vorliegenden Fallkonstellation) zwar nicht geeignet, die Beschwer für das Beschwerdeverfahrens zu beseitigen.
Zahlt ein in einem vorläufig vollstreckbaren Beschluss verpflichteter Schuldner die austenorierte Summe oder setzt er die in einem solchen Beschluss festgesetzte Verpflichtung konkret um, so regelt er das Streitverhältnis in der Regel nicht abschließend. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - die Leistung vor Einlegung des Rechtsmittels erfolgt. Ein Schuldner muss bis zum Eintritt der der formellen Rechtskraft davon ausgehen, dass der Gläubiger den vorläufig vollstreckbaren Beschluss nicht hinnehmen will, sondern die Leistung nur erbringt, weil er dazu verpflichtet wurde (rechtstreues Verhalten) und um eine Vollstreckung zu verhindern (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2008, X ZR 39/08, Rn. 5, Juris). Ob der Schuldner jedoch im konkreten Fall mit der Erfüllung der ihm auferlegten Verpflichtung lediglich eine Zwangsvollstreckung abwenden oder den geltend gemachten Anspruch (vorläufig) erfüllen will, richtet sich nach den dem verständigen, objektiven Empfänger der Leistung erkennbaren Umständen des Einzelfalls (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1993, X ZR 7/92, Rn. 12; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001, B 6 KA 3/01 R, Rn. 36 sowie Urteil vom 17. Juni 2008, B 8 AY 8/07 R, Rn. 12, Juris, ).
Der Antragsgegner hat zwar in den Bescheiden vom 28. Oktober und 5. November 2010 hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, nur in Ausführung des Beschlusses die vorläufige Leistung zu bewirken. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob die Antragstellerin die vorläufige Leistung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens behalten darf. Während des Laufes des Beschwerdeverfahrens kann sie sich grundsätzlich nicht auf den Bestand des erstinstanzlichen Beschlusses verlassen. Sie ist ggf. der Rückzahlungsverpflichtung der aufgrund des erstinstanzlichen Beschlusses geleisteten Zahlung wegen einer entgegenstehenden zweitinstanzlichen Entscheidung ausgesetzt.
Die Antragstellerin konnte nach den objektiven Kriterien der Auslegung einer Willenserklärung davon ausgehen, die vorläufige Zahlung bis zum bestandskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens behalten zu dürfen. Durch den Zusatz "bis zum Abschluss des Hauptverfahrens" hat der Antragsgegner den Rechtsschein gesetzt, die vorläufige Zahlung bis zum Schluss des Hauptsacheverfahrens nicht wieder zurückfordern zu wollen. Der Begriff des "Hauptverfahrens" kann in verständiger Würdigung der Gesamtumstände nur als "Hauptsacheverfahren" ausgelegt werden. Hätte sich, wie der Antragsgegner meint, das "Hauptverfahren" bezogen auf das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, so ergäbe der Satz bereits sprachlich keinen Sinn. Es hätte dann heißen müssen:" bis zum Abschluss dieses Verfahrens". Der Antragsgegnerhätte sich so die Möglichkeit offengelassen, die Leistungen nach einer den erstinstanzlichen Beschluss abändernden Beschwerdeentscheidung zurückzufordern.
Soweit der Antragsgegner darauf abstellt, der Hinweis hätte von der Antragstellerin so nicht verstanden werden dürfen, da sie gewusst habe, dass kein Hauptsacheverfahren anhängig ist, verkennt er den Inhalt des Verfahrens S 18 AS 3254/10. Der Widerspruchsbescheid, gegen den sich diese Klage wendet, hat auch den Bescheid vom 22. Juli 2010 zum Gegenstand. Dieser Bescheid betrifft neben der Ablehnung der Leistung für Mai 2010 (Ablehnungsbescheid) die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 2010 (Bewilligungsbescheid). Zwar hat die Antragstellerin ausdrücklich nur gegen den "Ablehnungsbescheid" vom 22. Juli 2010 Widerspruch erhoben. Sie hat sich innerhalb der Widerspruchsfrist nicht gegen die Höhe der Leistungsbewilligung ab Juni 2010 gewandt und daher einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides nach § 44 SGB X gestellt. In der mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2010 erhobenen Klage wendet sie sich jedoch auch gegen den Bewilligungsbescheid. Ob die Klage in dieser Hinsicht zulässig ist, kann für die Frage der Setzung eines Rechtsscheins dahinstehen.
Soweit sich der Antragsgegner darauf beruft, den Begriff des "Hauptverfahrens" nur versehentlich verwendet zu haben, kann dies nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Die Behörde hat es durch eine klare Abfassung ihrer schriftlichen Äußerungen selbst in der Hand, ihre Vorstellungen unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen. Verbleibende Unklarheiten gehen zu ihren Lasten (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001, a.a.O.).
Schließlich kann sich der Antragsgegner auch nicht darauf zurückziehen, das Sozialgericht selbst habe rechtsfehlerhaft gehandelt, denn es habe die vorläufige Zahlungsverpflichtung zeitlich nicht begrenzt. Das Sozialgericht hat im Tenor genau bezeichnet, für welche Monate die vorläufige Leistungsverpflichtung seitens des Antragsgegners zu erfüllen ist. Die Dauer der "Vorläufigkeit" der Leistung ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelungsanordnung selbst. Sie soll eine aktuelle Notlage der Antragstellerin beseitigen. Ob die Leistungsverpflichtung endgültig besteht, d.h. die Antragstellerin das Geld behalten darf, wird im Hauptsacheverfahren entschieden.
Nach alledem war die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg, das ihn verpflichtet hat, vorläufig an die Antragstellerin für die Monate Juni bis September 2010 die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) sowie für Oktober 2010 vollständige Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in gesetzlicher Höhe zu leisten.
Die Antragstellerin, die die vietnamesische Staatsangehörigkeit und ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht in Deutschland besitzt, studiert seit dem Wintersemester 2006/2007 im Masterstudiengang Food and Agribusiness. Voraussichtlich wird sie das Studium im März 2011 abschließen. Sie fertigt nach eigenen Angaben gerade ihre Masterarbeit. In Vietnam hatte sie bereits ein Betriebswirtschaftsstudium mit einem Diplom abgeschlossen. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhält sie nicht, weil das Masterstudium nicht auf einem Bachelor-Studiengang aufbaue (§ 7 Abs. 1a BAföG). Am 11. September 2008 kam ihre Tochter zur Welt, für die sie monatlich Kindergeld i.H.v. 184,00 EUR und Unterhaltsvorschuss i.H.v. 133,00 EUR erhält. Sie stand beim Antragsgegner im laufenden Bezug von SGB II-Leistungen.
Nach einem bis 10. Mai 2010 andauernden Praktikum in Vietnam stellte sie am 14. Mai 2010 erneut einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Da sie ihre bis dahin kostenlose Unterkunft nicht weiter nutzen konnte, schloss sie mit dem Studentenwerk H. ab 1. Juni 2010 einen Nutzungsvertrag über ein 19,53 qm großes Einzelappartement. Zur Mietsache gehören die zugeordneten Flure, Sanitär-, Küchen- und Gemeinschafträume. Die Gesamtmiete für die Nutzung beträgt 197,00 EUR/Monat. Darin enthalten sind 115,00 EUR Grundmiete, 74,00 EUR Betriebskostenpauschale sowie 8,00 EUR Möblierungspauschale. Mit Bescheid vom 1. Juni 2010 hatte der Antragsgegner seine Zusicherung zu den angemessenen Aufwendungen i.H.v. 197,00 EUR/Monat erteilt.
Mit Bescheid vom 22. Juli 2010 lehnte er zum einen Leistungen nach dem SGB II für die Antragstellerin und ihre Tochter für den Monat Mai 2010 mangels Hilfebedürftigkeit ab, zum anderen bewilligte er Leistungen für die Monate Juni bis Oktober 2010 i.H.v. 129,00 EUR/Monat. Dem Gesamtbedarf i.H.v. 892,00 EUR (Regelsatz 359,00 EUR + Sozialgeld 215,00 EUR + Zuschlag für Alleinerziehende 129,00 EUR + 189,00 EUR KdU) stellte sie als Einkommen das Kindergeld und den Unterhaltsvorschuss sowie ein fiktives Einkommen in Höhe der Regelleistung und der KdU (453,50 EUR) gegenüber. Die Antragstellerin legte unter dem 8. August 2010 gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch ein. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien bereits ab 14. Mai 2010 seitens des Antragsgegners zu leisten. Mit Schreiben vom 20. September 2010 forderte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin den Antragsgegner auf, entsprechend seiner Zusicherung vom 1. Juni 2010 die Mietzahlungen i.H.v. 788,00 EUR (Miete für Juni bis September 2010) direkt an den Vermieter auszukehren. Die Antragstellerin verfüge nur über Einkommen in Form des Kindergeldes. Ferner erhalte ihr Kind Unterhaltsvorschussleistungen. Trotzdem habe der Antragsgegner den Bedarf um einen weiteren Betrag gekürzt. Da die Berechnungen so nicht nachvollziehbar seien, werde um unverzügliche Aufklärung gebeten.
Auf Grund einer Vorabinformation der Stadt B. bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin und ihrer Tochter mit Änderungsbescheid vom 26. August 2010 für den Zeitraum von Juli bis Oktober 2010 Leistungen i.H.v. 74,50 EUR/Monat unter Berücksichtigung eines Wohngeldes für die Tochter, welches die Stadt B. dieser mit Bescheid vom 6. September 2010 für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011 i.H.v. 77,00 EUR/Monat gewährte. Den Nachzahlungsbetrag von 231,00 EUR zahlte die Stadt B. an den Antragsgegner, die monatlichen Zahlungen ab 31. Oktober 2010 an das Studentenwerk H ...
Den Widerspruch der Antragstellerin vom 8. August 2010 wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2010 als unbegründet zurück. Das Studium sei dem Grunde nach förderungsfähig, weshalb sie nur Anspruch auf den Zuschlag für Alleinerziehende habe. Im Mai 2010 bestehe ein Anspruch auf 34,20 EUR.
Hiergegen hat sich die Antragstellerin mit einer Klage vom 13. Oktober 2010 vor dem Sozialgericht Magdeburg gewandt (S 18 AS 3254/10), mit der sie ihr Ziel der Gewährung höherer Leistungen für die Zeit vom 14. Mai bis 31. Oktober 2010 weiterverfolgt. Gleichzeitig hat sie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung gestellt mit dem Begehren, ihr für die Monate Juni bis September 2010 die KdU i.H.v. insgesamt 788,00 EUR sowie die für die Monate Februar bis Mai 2010 gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge i.H.v. insgesamt 486,00 EUR zu erstatten. Weiterhin hat sie für Oktober 2010 die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe beantragt. Für die Zeit des Praktikums habe der Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II abgelehnt. Die Antragstellerin habe jedoch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nicht unterbrochen. Die in dieser Zeit von ihr geleisteten Zahlungen für die Kranken- und Pflegeversicherung seien vom Antragsgegner zu erstatten. Unter dem 20. Oktober 2010 hat sie wegen des Bescheides vom 22. Juli 2010 für die Zeit ab Juni 2010 einen Antrag nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) gestellt.
Bereits mit Schreiben vom 10. Oktober 2010 hatte das Studentenwerk H. die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses zum 25. Oktober 2010 ausgesprochen. Es seien seit Juni 2010 keine Mietzahlungen eingegangen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 22. Oktober 2010 den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 1. Juni bis 30. September 2010 die KdU in gesetzlicher Höhe sowie vorläufig für die Zeit vom 1. bis 31. Oktober 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, ebenfalls in gesetzlicher Höhe, zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, die Antragstellerin habe glaubhaft gemacht, dass sie auf eine vorläufige Entscheidung für die Zeit ab 1. Juni 2010 hinsichtlich der KdU und im Übrigen ab 1. Oktober 2010 angewiesen sei, um ihren Lebensunterhalt laufend bestreiten zu können. Insbesondere vor dem Hintergrund der im März 2011 beabsichtigten Beendigung des Studiums könne sie nicht darauf verwiesen werden, zunächst ein zivilrechtliches Räumungsverfahren abzuwarten und durchzuführen. Die Antragstellerin habe auch einen entsprechenden Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Insbesondere sei sie nicht nach § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Der Masterstudiengang sei in dem hier vorliegenden Fall nicht dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG. Es wäre auch unbillig, die Antragstellerin kurz vor Abschluss des Studiums auf eine Erwerbstätigkeit zu verweisen. Ein Verfügungsgrund hinsichtlich der begehrten Übernahme der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Monate Februar bis Mai 2010 sei dagegen nicht gegeben. Eine Eilbedürftigkeit, die nicht durch Verhandlungen mit der Krankenkasse zu klären wäre, sei nicht erkennbar.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2010 hat der Antragsgegner der Antragstellerin und ihrer Tochter für den Monat Oktober 2010 Leistungen i.H.v. 528,00 EUR sowie mit Bescheid vom 5. November 2010 für Juni 2010 i.H.v. 223,50 EUR und vom 1. Juli bis 30. bis September 2010 i.H.v. 169,00 EUR/Monat bewilligt. Mit Bescheiden vom 26. und 28. Oktober 2010 hat er ihr für die Monate November 2010 bis April 2011 SGB II-Leistungen i.H.v. 528,00 EUR gewährt. Alle Bescheide enthielten folgenden Hinweis: "Dieser Bescheid ergeht vorläufig auf der Grundlage des Beschlusses des Sozialgerichts Magdeburg vom 22.10.2010 (Az.: S 18 AS 3239/10 ER) bis zum Abschluss des Hauptverfahrens."
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts hat der Antragsgegner am 12. November 2010 Beschwerde eingelegt. Ein Anordnungsrund bestehe bereits deswegen nicht, da der Bewilligungsbescheid vom 22. Juli 2010 bestandskräftig sei. Zudem sei die Antragstellerin nicht hilfebedürftig. Der bereits erworbene Hochschulabschluss im Fachbereich Betriebswirtschaftslehre versetze sie in die Lage, eine Tätigkeit aufzunehmen. So seien allein im Umkreis von 60 km um B. 183 der Arbeitsagentur gemeldete freie Stellen zu verzeichnen. Die Leistungen nach dem SGB II dürften keine Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene bewirken. Zudem sei ein Studienabschluss im März 2011 unwahrscheinlich. Die Antragstellerin verfüge nicht über die in der Prüfungsordnung niedergelegten Voraussetzungen. Im Übrigen habe die Antragstellerin bereits früher und letztmalig am 22. Juni 2010 geäußert, sie werde von einer Freundin finanziell unterstützt. Sie habe nicht glaubhaft gemacht, dass diese Unterstützung nunmehr nicht mehr gewährt werde.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Oktober 2010 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in vollem Umfang abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen, sowie ihr zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Sie weist darauf hin, dass ihrem Antrag auf Zulassung zur Abschlussarbeit am 13. Januar 2011 stattgegeben wurde und sie bereits die Masterarbeit fertige.
Der Senat hat mit Schreiben vom 4. Februar 2011 den Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die Beschwerde unzulässig sein dürfte. Durch den Hinweis in seinen Bescheiden vom 28. Oktober und 5. November 2010 habe er zum Ausdruck gebracht, dass die Antragstellerin die in diesen Bescheiden gewährten Leistungen bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens behalten dürfe.
Der Antragsgegner hat in seiner Stellungnahme im Wesentlichen ausgeführt, bereits der Beschluss des Sozialgerichts sei fehlerhaft, da er eine vorläufige Bewilligung ohne zeitliche Begrenzung vorsehe. Er habe nur versucht, diesen Beschluss umzusetzen. Da die Bescheide den Hinweis auf das anhängige Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes enthielten, sei klar zum Ausdruck gekommen, dass die Leistung nur zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung erbracht worden sei. Soweit er in seinen Hinweisen versehentlich das Wort "Hauptverfahren" aufgenommen habe, sei dies unschädlich. Ein "Hauptsacheverfahren" zum betroffenen Bewilligungsabschnitt sei gerade nicht anhängig. Das Verfahren S 18 AS 3254/10 betreffe den Widerspruchsbescheid vom 27. September 2010, der die Sozialversicherung der Antragstellerin während der Zeit ihres Auslandsaufenthaltes zum Gegenstand habe. Der Antragsgegner habe mithin deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Leistung aufgrund der Bescheide keine Erfüllungshandlung darstellte. Das habe auch von der Antragstellerin nicht anders verstanden werden können. Sie habe gewusst, dass ein Klageverfahren hinsichtlich des streitgegenständlichen Bewilligungsabschnittes gerade nicht abhängig ist.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
A.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Der Beschwerdewert übersteigt den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgeblichen Berufungswert von 750,00 EUR.
Der Antragsgegner wurde vom Sozialgericht verpflichtet, an die Antragstellerin vorläufig für die Monate Juni bis September 2010 die KdU "in gesetzlicher Höhe" zu zahlen, mithin für den Zeitraum insgesamt 368,12 EUR. Die Wohnkosten i.H.v. 197,00 EUR/Monat sind kopfteilig auf die Antragstellerin und ihre Tochter aufzuteilen (197,00 EUR: 2 = 98,50 EUR). Unter Abzug des auf die Antragstellerin entfallenden Anteils an den Kosten der Warmwasserbereitung ergeben sich KdU i.H.v. 92,03 EUR/Monat (98,50 EUR - 6,47 EUR).
Hinzuzurechnen ist der Wert der Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin für Oktober 2010 vorläufig Leistungen nach dem SGB II "in gesetzlicher Höhe" zu zahlen. Dies sind 397,00 EUR.
Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II beträgt der monatliche Regelsatz für die alleinstehende Antragstellerin 359,00 EUR. Da sie ihre zweijährige Tochter allein versorgt, ist ein Mehrbedarf für Alleinerziehende i.H.v. 36% der Regelleistung nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II (= 129,24 EUR) hinzuzurechnen. Zuzüglich ihres KdU-Anteils beträgt ihr monatlicher Bedarf mithin insgesamt 580,27 EUR.
Diesem Bedarf ist das für ihre Tochter gezahlte Kindergeld nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II als ihr Einkommen anzurechnen, soweit ihre Tochter es nicht zur Sicherung ihres eigenen Bedarfs benötigt.
Ihre Tochter hat einen Regelbedarf nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.H.v. 60% des Regelsatzes nach § 20 Abs. 2 SGB II, mithin i.H.v. 215,40 EUR. Hinzuzurechnen ist ihr KdU-Anteil von 98,50 EUR, wobei der im Sozialgeld enthaltene Anteil für die Warmwasserbereitung i.H.v. 3,88 EUR in Abzug zu bringen ist. Es ergibt sich ein Gesamtbedarf i.H.v. 310,02 EUR. Diesem Bedarf ist zunächst das Einkommen in Form des Unterhaltsgeldes i.H.v. 133,00 EUR und des Wohngeldes i.H.v. 77,00 EUR anzurechnen. Der verbleibende Restbedarf i.H.v. 100,02 EUR kann durch das Kindergeld gedeckt werden.
Das Kindergeld ist der Antragstellerin folglich i.H.v. 83,98 EUR als Einkommen anzurechnen. Von diesem ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V)) die Versicherungspauschale i.H.v. 30,00 EUR abzuziehen, sodass ein auf den Bedarf der Antragstellerin anzurechnendes Einkommen i.H.v. 53,98 EUR verbleibt.
Der seitens des Antragsgegners zu deckende monatliche Gesamtbedarf für die Antragstellerin beläuft sich mithin auf die KdU i.H.v. 92,03 EUR sowie auf eine Regelleistung i.H.v. 434,26 EUR (359,00 EUR + 129,24 EUR – 53,98 EUR), mithin auf gerundet 526,00 EUR. Abzüglich der bereits mit Bescheid vom 22. Juli 2010 gewährten 129,00 EUR verbleibt eine durch den Beschluss des Sozialgerichts begründete Zahlungsverpflichtung i.H.v. 397,00 EUR.
Der Beschwerdewert beträgt mithin insgesamt 765,12 EUR.
B.
Zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens jedoch fehlt dem Antragsgegner das Rechtsschutzinteresse. Er hat durch den Hinweis in den Bescheiden vom 28. Oktober und 5. November 2010 den Rechtsschein gesetzt, die Antragstellerin dürfe die gewährten Leistungen bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens behalten.
Generell ist der Erlass eines Ausführungsbescheides (zumindest in der hier vorliegenden Fallkonstellation) zwar nicht geeignet, die Beschwer für das Beschwerdeverfahrens zu beseitigen.
Zahlt ein in einem vorläufig vollstreckbaren Beschluss verpflichteter Schuldner die austenorierte Summe oder setzt er die in einem solchen Beschluss festgesetzte Verpflichtung konkret um, so regelt er das Streitverhältnis in der Regel nicht abschließend. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - die Leistung vor Einlegung des Rechtsmittels erfolgt. Ein Schuldner muss bis zum Eintritt der der formellen Rechtskraft davon ausgehen, dass der Gläubiger den vorläufig vollstreckbaren Beschluss nicht hinnehmen will, sondern die Leistung nur erbringt, weil er dazu verpflichtet wurde (rechtstreues Verhalten) und um eine Vollstreckung zu verhindern (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2008, X ZR 39/08, Rn. 5, Juris). Ob der Schuldner jedoch im konkreten Fall mit der Erfüllung der ihm auferlegten Verpflichtung lediglich eine Zwangsvollstreckung abwenden oder den geltend gemachten Anspruch (vorläufig) erfüllen will, richtet sich nach den dem verständigen, objektiven Empfänger der Leistung erkennbaren Umständen des Einzelfalls (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1993, X ZR 7/92, Rn. 12; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001, B 6 KA 3/01 R, Rn. 36 sowie Urteil vom 17. Juni 2008, B 8 AY 8/07 R, Rn. 12, Juris, ).
Der Antragsgegner hat zwar in den Bescheiden vom 28. Oktober und 5. November 2010 hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, nur in Ausführung des Beschlusses die vorläufige Leistung zu bewirken. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob die Antragstellerin die vorläufige Leistung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens behalten darf. Während des Laufes des Beschwerdeverfahrens kann sie sich grundsätzlich nicht auf den Bestand des erstinstanzlichen Beschlusses verlassen. Sie ist ggf. der Rückzahlungsverpflichtung der aufgrund des erstinstanzlichen Beschlusses geleisteten Zahlung wegen einer entgegenstehenden zweitinstanzlichen Entscheidung ausgesetzt.
Die Antragstellerin konnte nach den objektiven Kriterien der Auslegung einer Willenserklärung davon ausgehen, die vorläufige Zahlung bis zum bestandskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens behalten zu dürfen. Durch den Zusatz "bis zum Abschluss des Hauptverfahrens" hat der Antragsgegner den Rechtsschein gesetzt, die vorläufige Zahlung bis zum Schluss des Hauptsacheverfahrens nicht wieder zurückfordern zu wollen. Der Begriff des "Hauptverfahrens" kann in verständiger Würdigung der Gesamtumstände nur als "Hauptsacheverfahren" ausgelegt werden. Hätte sich, wie der Antragsgegner meint, das "Hauptverfahren" bezogen auf das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, so ergäbe der Satz bereits sprachlich keinen Sinn. Es hätte dann heißen müssen:" bis zum Abschluss dieses Verfahrens". Der Antragsgegnerhätte sich so die Möglichkeit offengelassen, die Leistungen nach einer den erstinstanzlichen Beschluss abändernden Beschwerdeentscheidung zurückzufordern.
Soweit der Antragsgegner darauf abstellt, der Hinweis hätte von der Antragstellerin so nicht verstanden werden dürfen, da sie gewusst habe, dass kein Hauptsacheverfahren anhängig ist, verkennt er den Inhalt des Verfahrens S 18 AS 3254/10. Der Widerspruchsbescheid, gegen den sich diese Klage wendet, hat auch den Bescheid vom 22. Juli 2010 zum Gegenstand. Dieser Bescheid betrifft neben der Ablehnung der Leistung für Mai 2010 (Ablehnungsbescheid) die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 2010 (Bewilligungsbescheid). Zwar hat die Antragstellerin ausdrücklich nur gegen den "Ablehnungsbescheid" vom 22. Juli 2010 Widerspruch erhoben. Sie hat sich innerhalb der Widerspruchsfrist nicht gegen die Höhe der Leistungsbewilligung ab Juni 2010 gewandt und daher einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides nach § 44 SGB X gestellt. In der mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2010 erhobenen Klage wendet sie sich jedoch auch gegen den Bewilligungsbescheid. Ob die Klage in dieser Hinsicht zulässig ist, kann für die Frage der Setzung eines Rechtsscheins dahinstehen.
Soweit sich der Antragsgegner darauf beruft, den Begriff des "Hauptverfahrens" nur versehentlich verwendet zu haben, kann dies nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Die Behörde hat es durch eine klare Abfassung ihrer schriftlichen Äußerungen selbst in der Hand, ihre Vorstellungen unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen. Verbleibende Unklarheiten gehen zu ihren Lasten (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001, a.a.O.).
Schließlich kann sich der Antragsgegner auch nicht darauf zurückziehen, das Sozialgericht selbst habe rechtsfehlerhaft gehandelt, denn es habe die vorläufige Zahlungsverpflichtung zeitlich nicht begrenzt. Das Sozialgericht hat im Tenor genau bezeichnet, für welche Monate die vorläufige Leistungsverpflichtung seitens des Antragsgegners zu erfüllen ist. Die Dauer der "Vorläufigkeit" der Leistung ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelungsanordnung selbst. Sie soll eine aktuelle Notlage der Antragstellerin beseitigen. Ob die Leistungsverpflichtung endgültig besteht, d.h. die Antragstellerin das Geld behalten darf, wird im Hauptsacheverfahren entschieden.
Nach alledem war die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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SAN
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