Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 15 AS 3494/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 19/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich gegen die vom Sozialgericht Dessau-Roßlau ausgesprochene Anordnung bzw. Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gegen seinen Aufhebungs- und Erstattungs- sowie seinen Änderungsbescheid, die Leistungsbewilligung der Monate September 2010 bis Januar 2011 betreffend.
Die am ... 1958 geborene Antragstellerin bezieht seit 1. August 2009 laufende Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) vom Antragsgegner. Zu diesem Zeitpunkt bezog sie auch eine Wohnung in der Glück-Auf-Str. 23 in W ... Zuvor hatte sie mit ihrem Sohn in einer Wohnung in der G. str. in D. zusammengewohnt.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2010 bewilligte ihr der Antragsgegner für die Zeit vom 1. August 2010 bis 31. Januar 2011 SGB II-Leistungen, wobei er für die Monate September 2010 bis Januar 2011 einen Bedarf i.H.v. 642,53 EUR/Monat errechnete (359,00 EUR Regelleistung, 283,53 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU)).
Mit Schreiben vom 21. Juli 2010 teilte die Wohnungsgesellschaft der Stadt D. mbH der Antragstellerin mit, dass sie für die Wohnung in der Gellertstr. 16 ein Betriebskostenguthaben i.H.v. 1.399,97 EUR erwirtschaftet habe. Dieses Guthaben wurde nicht an die Antragstellerin ausgezahlt, sondern mit bestehenden Mietschulden verrechnet. Nach dem Vortrag der Antragstellerin hat der Sohn nach ihrem Auszug diese Mietschulden verursacht.
Mit Änderungsbescheid vom 20. September 2010 rechnete der Antragsgegner das Betriebskostenguthaben auf die KdU in Höhe der Grundmiete und der kalten Betriebskosten (255,00 EUR) an, sodass sich für die Monate September 2010 bis Januar 2011 nur noch ein Zahlbetrag für die KdU i.H.v. 28,53 EUR ergab. Im Februar 2011 verringerten sich die zu zahlenden KdU um 124,97 EUR. Er hob die Bewilligung vom 7. Juli 2010 teilweise auf und bewilligte Leistungen für die Monate September 2010 bis Januar 2011 i.H.v. 387,53 EUR/Monat. Über eine Rückzahlung von Leistungen erhalte die Antragstellerin nach Prüfung einen gesonderten Bescheid.
Mit Bescheid vom 20. September 2010 hob der Antragsgegner teilweise die Bewilligung vom 7. Juli 2010 auf und forderte für die Monate September und Oktober 2010 insgesamt einen Betrag i.H.v. 510,00 EUR zurück.
Gegen beide Bescheide erhob die Antragstellerin Widerspruch. Sie befinde sich in einem Insolvenzverfahren und verfüge über keinerlei Rücklagen. Wenn sie ihre Miete nicht zahle, werde sie die Kündigung des Mietvertrages erhalten. Sie bat gleichzeitig um die Bewilligung eines Darlehens.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 12. Oktober 2010 wies der Antragsgegner die Widersprüche als unbegründet zurück. Das Betriebskostenguthaben sei auf die KdU anzurechnen. Es ergebe sich für die Monate September 2010 bis Januar 2011 eine Minderung i.H.v. 255,00 EUR, im Februar 2011 i.H.v. 124,97 EUR. Ein Darlehen sei nicht zu gewähren. Eine drohende Wohnungslosigkeit sei nicht zu erkennen, da weder eine Kündigung des Mietverhältnisses noch ein rechtskräftiges Räumungsurteil vorliege. Die in den Monaten zuviel gezahlten Leistungen i.H.v. 510,00 EUR seien entsprechend zu erstatten.
Die Antragstellerin erhob am 12. November 2010 gegen diese Widerspruchsbescheide jeweils Klage vor dem Sozialgericht (S 15 AS 3415/10 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20. September 2010 betreffend, S 15 AS 3491/10 den Änderungsbescheid vom 20. September 2010 betreffend).
Am 16. November 2010 hat sie beim Sozialgericht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aufhebung der Bescheide vom 20. September 2010 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 12. Oktober 2010 beantragt. Der Antragsgegner solle neue Bescheide erlassen. Hilfsweise hat sie die Bewilligung eines Darlehens begehrt.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 29. Dezember 2010 den Hauptantrag dahingehend ausgelegt, dass die Antragstellerin die Feststellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen begehre, und hat diesem in vollem Umfang stattgegeben. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, es spreche mehr gegen eine Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Bescheide als dafür. Nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II minderten Rückzahlungen und Guthaben, die den KdU zuzuordnen seien, die nach dem Monat der Rückzahlung oder Gutschrift entstehenden Aufwendungen für die KdU. Der Anspruch der Antragstellerin auf Rückzahlung des von ihr in der Wohnung G. str. in D. erwirtschafteten Betriebskostenguthabens sei jedoch durch Aufrechnung des Vermieters erloschen. Auch habe ihr der Betrag tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden. Nach dem Sinn und Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II müsse sich die Rückzahlung auch tatsächlich auf die in der Folgezeit entstehenden KdU ausgewirkt haben. Dies sei hier gerade nicht der Fall. Die Antragstellerin habe auch keine Möglichkeit gehabt, die Aufrechnung des Vermieters, die unabhängig von ihrem Willen erfolgt sei, zu verhindern.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner am 17. Januar 2011 Beschwerde eingelegt und zudem beantragt, den Vollzug des Beschlusses auszusetzen. Er rügt zum einen die Verletzung formellen Rechts. Die Antragstellerin habe wörtlich beantragt, "die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Änderungsbescheid vom 20.09.2010 sowie den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.09.2010 in Form der Widerspruchsbescheide vom 12.10.2010 aufzuheben, einen neuen Bescheid zu erteilen, ". Ein Stattgeben eines solchen Antrags durch das Sozialgericht hätte zur Vorwegnahme der Hauptsache geführt. Der Beschluss wäre rechtswidrig gewesen. Das Sozialgericht habe weder im Erörterungstermin noch im schriftlichen Verfahren die Antragstellerin auf den fehlerhaften Antrag hingewiesen. Er, der Antragsgegner, habe davon ausgehen dürfen, dass das Sozialgericht den Antrag wie formuliert als richtig erachtet habe und auch so über ihn entscheiden werde. Die nunmehr getroffene Entscheidung nach Auslegung des Antrags sei überraschend. Ihm sei die Möglichkeit genommen worden, seine rechtliche Verteidigung auf die nunmehrigen, durch Auslegung ermittelten Anträge, umzustellen.
Weiterhin rügt er die Verletzung materiellen Rechts. Es sei nicht Voraussetzung für eine Anrechnung von Rückzahlungen aus Betriebskostenguthaben nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, dass das Guthaben dem Leistungsempfänger auch tatsächlich zur Verfügung stehe. Auch die Rückerstattung, die zur Tilgung von Schulden verwendet werde und damit dem Leistungsberechtigten nicht tatsächlich zur Verfügung stehe, mindere den Leistungsanspruch. Dabei könne es auch nicht darauf ankommen, auf wessen Veranlassung die Verrechnung mit den Altschulden vorgenommen werde. Sie liege sowohl im Interesse des Vermieters als auch in dem des Mieters. Die Tilgung privater Schulden entspreche jedoch nicht der Intention des SGB II.
Mit Beschluss vom 31. Januar 2011 hat der Vorsitzende des erkennenden Senats den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 29. Dezember 2010 abgelehnt. Im Wesentlichen hat er zur Begründung ausgeführt, die Auslegung des Antrags der Antragstellerin durch das Sozialgericht begegne keinen Bedenken. Der Antragsgegner hätte die Möglichkeit gehabt, im Erörterungstermin auf die seines Erachtens unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache hinzuweisen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege mithin nicht vor. In materieller Hinsicht seien die Ausführungen zu der streitgegenständlichen Rechtsfrage plausibel und widersprächen nicht der derzeit herrschenden Rechtsprechung.
Mit Bescheiden vom 3. Februar 2011 hat der Antragsgegner der Antragstellerin für die Monate November und Dezember 2010 KdU i.H.v. 283,53 EUR/Monat sowie für den Monat Januar 2010 i.H.v. 303,53 EUR bewilligt. Die Bescheide enthalten den Hinweis, dass sie in Ausführung des "Urteils des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 29. Dezember 2010/S 15 AS 3494/10 ER" ergehen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
A.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG statthaft. Der Beschwerdewert liegt über dem Berufungswert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750 EUR.
Streitgegenständlich sind vorliegend der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sowie der Änderungsbescheid jeweils vom 20. September 2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12. Oktober 2010 die Monate September 2010 bis Januar 2011 betreffend. Der Antragsgegner hatte für die Monate November 2010 bis Januar 2011 die Höhe der KdU um monatlich 255,00 EUR reduziert. Hinzuzurechnen ist die Rückforderung für die Monate September und Oktober 2010 in Höhe von 510,00 EUR. Das Sozialgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen beide Bescheide angeordnet bzw. festgestellt. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner in vollem Umfang. Der Beschwerdewert beträgt mithin 1.275,00 EUR.
Die Ankündigung des Antragsgegners, im Februar 2011 würden die KdU um 124,97 EUR gemindert, ist hingegen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Im Falle der Umsetzung der Ankündigung ist die Antragstellerin gehalten, gegen den entsprechenden Bescheid Widerspruch zu erheben und ggf. ein neues Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anhängig zu machen. Die Minderung betrifft zwar ebenfalls die Anrechnung des Betriebskostenguthabens als Einkommen, allerdings in einem anderen Bewilligungsabschnitt.
B.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen die streitgegenständlichen Bescheide angeordnet bzw. festgestellt.
1.
Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gegen den Änderungsbescheid und den Aufhebungsbescheid des Antragsgegners vom 20. September 2010 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 12. Oktober 2010 ist statthaft.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (Satz 1). Ist im Zeitpunkt der Entscheidung der Verwaltungsakt schon vollzogen, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (Satz 2).
Nach § 39 Nr. 1 SGB II in der ab 1. Januar 2009 gültigen Fassung haben der Widerspruch und die Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung aufhebt, zurücknimmt, widerruft oder herabsetzt, keine aufschiebende Wirkung. Da der Änderungsbescheid und der Aufhebungsbescheid die Leistungen der KdU teilweise aufgehoben haben, haben Widerspruch und auch die Klage hiergegen mithin keine aufschiebende Wirkung.
Das Rechtsschutzbegehren ist auch begründet. Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet auf Grund einer Interessenabwägung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b, Rn. 12). Nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs u.a. in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Das vom Gesetzgeber in § 39 SGB II angeordnete vordringliche Vollzugsinteresse hat für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Bedeutung, dass der Antragsgegner von der ihm nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG obliegenden Pflicht entbunden wird, das öffentliche Interesse der sofortigen Vollziehbarkeit gesondert zu begründen. Das Gesetz unterstellt aber den Sofortvollzug keineswegs als stets, sondern als nur im Regelfall geboten und verlagert somit die konkrete Interessenbewertung auf Antrag des Antragstellers hin in das gerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 17. September 2001, 4 VR 19/01, NZV 2002, 51, 52 unter Bezug auf BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1994, 4 VR 1/94, BVerwGE 96, 239 ff, jeweils zu § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der bis 31. Dezember 1996 gültigen Fassung, der wortgleich zu § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG ist). Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Antragstellerin am Nichtvollzug gegenüber dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung.
Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob die streitgegenständlichen Bescheide rechtmäßig oder rechtswidrig sind.
In der Rechtsprechung ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Anrechnung von gegen den Willen des Leistungsempfängers von Dritten bereits mit Schulden aufgerechneten Betriebskostenguthaben stark umstritten. Diese Rechtsfrage bedarf hier jedoch keiner Entscheidung. Im Rahmen der nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG vorzunehmenden Interessenabwägung ist ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin am Nichtvollzug der Bescheide festzustellen. Selbst bei Annahme der Rechtmäßigkeit der Bescheide wäre der Antragstellerin zur Überbrückung des Zeitraumes der Anrechnung des Betriebskostenguthabens wohl ein Darlehen zu gewähren gewesen. Dem Antragsgegner ist zwar zuzugeben, dass die Voraussetzungen für eine Darlehensgewährung nach § 22 Abs. 5 SGB II (noch) nicht vorliegen bzw. zum Zeitpunkt der Beantragung des einstweiligen Rechtsschutzes noch nicht vorlagen. Es drohte keine Obdachlosigkeit; der Vermieter hatte noch keine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen. Bis einschließlich Oktober 2010 konnte die Antragstellerin aber auch die Miete zahlen. Sie hatte die vollen KdU vom Antragsgegner erhalten. Erst ab November 2010 war sie wegen einer entsprechenden Minderung der KdU durch den Antragsgegner hierzu nicht mehr in der Lage. Der Ausspruch der fristlosen Kündigung wäre wohl nur noch eine Frage der Zeit gewesen. Die Antragstellerin hätte über drei Monate (November 2010 bis Januar 2011) hinweg ihre Miete nicht zahlen können. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass sie über keinerlei eigene Mittel verfügt(e). Es dürfte ihr kaum möglich gewesen sein, die Zahlungen aus dem Regelsatz vorzunehmen. Da nach § 537 Abs. 2 Nr. 3a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der Ausspruch der fristlosen Kündigung möglich ist, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist, wäre die fristlose Kündigung im Januar 2011 zu erwarten gewesen. Ein Darlehen wäre sicherlich auch in Anbetracht der Komplexität der rechtlichen Erwägungen, die das Gericht in der Hauptsache anzustellen hat, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens tilgungsfrei zu gewähren gewesen.
Aufgrund dieser Erwägungen war die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Änderungs- und Aufhebungsbescheid anzuordnen. Das Ergebnis deckt sich mit einer zunächst tilgungsfreien vorläufigen Darlehensgewährung. Die Antragstellerin hat so das Geld zur Verfügung, um ihren Mietverbindlichkeiten nachkommen zu können.
Die Folgen des Vollzuges der Bescheide waren nicht zu beseitigen. Für die Monate November, Dezember 2010 und Januar 2011 hat der Antragsteller selbst die Vollzugsfolgen beseitigt, indem er mit Änderungsbescheiden vom 3. Februar 2011 KdU i.H.v. 283,53 EUR/Monat bzw. 303,53 EUR/Monat für diesen Zeitraum vorläufig bewilligte.
2.
Auch die aufschiebende Wirkung des Erstattungsbescheides hat das Sozialgericht zu Recht festgestellt.
Die Klage gegen den hier streitgegenständlichen Erstattungsbescheid hat nach § 86a Abs. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Ein Fall des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs liegt nicht vor, denn § 39 SGB II findet keine Anwendung auf Erstattungsbescheide nach § 50 SGB X.
§ 39 SGB II ordnet den Sofortvollzug lediglich für Verwaltungsakte an, die Leistungen aufheben, zurücknehmen, widerrufen oder herabsetzen. Dagegen hat der Widerspruch gegen Erstattungsbescheide aufschiebende Wirkung, da diese Verwaltungsakte keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende regeln (vgl. BT-Drs. 16/10810, Seite 50 zu Nummer 14). Der Antragsgegner hat keinen Sofortvollzug angeordnet.
Entsprechend war klarstellend festzustellen, dass die Klage gegen den Erstattungsbescheid des Antragsgegners vom 20. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2010 aufschiebende Wirkung hat.
3.
Soweit der Antragsgegner formelle Fehler des Beschlusses geltend macht (fehlendes rechtliches Gehör vor der Auslegung des Antrages der Antragstellerin durch das Sozialgericht) verweist der Senat auf die Ausführungen des Beschlusses des Vorsitzenden vom 31. Januar 2011 und macht sich diese zu Eigen.
Die Beschwerde war somit in vollem Umfang zurückzuweisen.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich gegen die vom Sozialgericht Dessau-Roßlau ausgesprochene Anordnung bzw. Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gegen seinen Aufhebungs- und Erstattungs- sowie seinen Änderungsbescheid, die Leistungsbewilligung der Monate September 2010 bis Januar 2011 betreffend.
Die am ... 1958 geborene Antragstellerin bezieht seit 1. August 2009 laufende Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) vom Antragsgegner. Zu diesem Zeitpunkt bezog sie auch eine Wohnung in der Glück-Auf-Str. 23 in W ... Zuvor hatte sie mit ihrem Sohn in einer Wohnung in der G. str. in D. zusammengewohnt.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2010 bewilligte ihr der Antragsgegner für die Zeit vom 1. August 2010 bis 31. Januar 2011 SGB II-Leistungen, wobei er für die Monate September 2010 bis Januar 2011 einen Bedarf i.H.v. 642,53 EUR/Monat errechnete (359,00 EUR Regelleistung, 283,53 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU)).
Mit Schreiben vom 21. Juli 2010 teilte die Wohnungsgesellschaft der Stadt D. mbH der Antragstellerin mit, dass sie für die Wohnung in der Gellertstr. 16 ein Betriebskostenguthaben i.H.v. 1.399,97 EUR erwirtschaftet habe. Dieses Guthaben wurde nicht an die Antragstellerin ausgezahlt, sondern mit bestehenden Mietschulden verrechnet. Nach dem Vortrag der Antragstellerin hat der Sohn nach ihrem Auszug diese Mietschulden verursacht.
Mit Änderungsbescheid vom 20. September 2010 rechnete der Antragsgegner das Betriebskostenguthaben auf die KdU in Höhe der Grundmiete und der kalten Betriebskosten (255,00 EUR) an, sodass sich für die Monate September 2010 bis Januar 2011 nur noch ein Zahlbetrag für die KdU i.H.v. 28,53 EUR ergab. Im Februar 2011 verringerten sich die zu zahlenden KdU um 124,97 EUR. Er hob die Bewilligung vom 7. Juli 2010 teilweise auf und bewilligte Leistungen für die Monate September 2010 bis Januar 2011 i.H.v. 387,53 EUR/Monat. Über eine Rückzahlung von Leistungen erhalte die Antragstellerin nach Prüfung einen gesonderten Bescheid.
Mit Bescheid vom 20. September 2010 hob der Antragsgegner teilweise die Bewilligung vom 7. Juli 2010 auf und forderte für die Monate September und Oktober 2010 insgesamt einen Betrag i.H.v. 510,00 EUR zurück.
Gegen beide Bescheide erhob die Antragstellerin Widerspruch. Sie befinde sich in einem Insolvenzverfahren und verfüge über keinerlei Rücklagen. Wenn sie ihre Miete nicht zahle, werde sie die Kündigung des Mietvertrages erhalten. Sie bat gleichzeitig um die Bewilligung eines Darlehens.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 12. Oktober 2010 wies der Antragsgegner die Widersprüche als unbegründet zurück. Das Betriebskostenguthaben sei auf die KdU anzurechnen. Es ergebe sich für die Monate September 2010 bis Januar 2011 eine Minderung i.H.v. 255,00 EUR, im Februar 2011 i.H.v. 124,97 EUR. Ein Darlehen sei nicht zu gewähren. Eine drohende Wohnungslosigkeit sei nicht zu erkennen, da weder eine Kündigung des Mietverhältnisses noch ein rechtskräftiges Räumungsurteil vorliege. Die in den Monaten zuviel gezahlten Leistungen i.H.v. 510,00 EUR seien entsprechend zu erstatten.
Die Antragstellerin erhob am 12. November 2010 gegen diese Widerspruchsbescheide jeweils Klage vor dem Sozialgericht (S 15 AS 3415/10 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20. September 2010 betreffend, S 15 AS 3491/10 den Änderungsbescheid vom 20. September 2010 betreffend).
Am 16. November 2010 hat sie beim Sozialgericht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aufhebung der Bescheide vom 20. September 2010 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 12. Oktober 2010 beantragt. Der Antragsgegner solle neue Bescheide erlassen. Hilfsweise hat sie die Bewilligung eines Darlehens begehrt.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 29. Dezember 2010 den Hauptantrag dahingehend ausgelegt, dass die Antragstellerin die Feststellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen begehre, und hat diesem in vollem Umfang stattgegeben. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, es spreche mehr gegen eine Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Bescheide als dafür. Nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II minderten Rückzahlungen und Guthaben, die den KdU zuzuordnen seien, die nach dem Monat der Rückzahlung oder Gutschrift entstehenden Aufwendungen für die KdU. Der Anspruch der Antragstellerin auf Rückzahlung des von ihr in der Wohnung G. str. in D. erwirtschafteten Betriebskostenguthabens sei jedoch durch Aufrechnung des Vermieters erloschen. Auch habe ihr der Betrag tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden. Nach dem Sinn und Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II müsse sich die Rückzahlung auch tatsächlich auf die in der Folgezeit entstehenden KdU ausgewirkt haben. Dies sei hier gerade nicht der Fall. Die Antragstellerin habe auch keine Möglichkeit gehabt, die Aufrechnung des Vermieters, die unabhängig von ihrem Willen erfolgt sei, zu verhindern.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner am 17. Januar 2011 Beschwerde eingelegt und zudem beantragt, den Vollzug des Beschlusses auszusetzen. Er rügt zum einen die Verletzung formellen Rechts. Die Antragstellerin habe wörtlich beantragt, "die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Änderungsbescheid vom 20.09.2010 sowie den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.09.2010 in Form der Widerspruchsbescheide vom 12.10.2010 aufzuheben, einen neuen Bescheid zu erteilen, ". Ein Stattgeben eines solchen Antrags durch das Sozialgericht hätte zur Vorwegnahme der Hauptsache geführt. Der Beschluss wäre rechtswidrig gewesen. Das Sozialgericht habe weder im Erörterungstermin noch im schriftlichen Verfahren die Antragstellerin auf den fehlerhaften Antrag hingewiesen. Er, der Antragsgegner, habe davon ausgehen dürfen, dass das Sozialgericht den Antrag wie formuliert als richtig erachtet habe und auch so über ihn entscheiden werde. Die nunmehr getroffene Entscheidung nach Auslegung des Antrags sei überraschend. Ihm sei die Möglichkeit genommen worden, seine rechtliche Verteidigung auf die nunmehrigen, durch Auslegung ermittelten Anträge, umzustellen.
Weiterhin rügt er die Verletzung materiellen Rechts. Es sei nicht Voraussetzung für eine Anrechnung von Rückzahlungen aus Betriebskostenguthaben nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, dass das Guthaben dem Leistungsempfänger auch tatsächlich zur Verfügung stehe. Auch die Rückerstattung, die zur Tilgung von Schulden verwendet werde und damit dem Leistungsberechtigten nicht tatsächlich zur Verfügung stehe, mindere den Leistungsanspruch. Dabei könne es auch nicht darauf ankommen, auf wessen Veranlassung die Verrechnung mit den Altschulden vorgenommen werde. Sie liege sowohl im Interesse des Vermieters als auch in dem des Mieters. Die Tilgung privater Schulden entspreche jedoch nicht der Intention des SGB II.
Mit Beschluss vom 31. Januar 2011 hat der Vorsitzende des erkennenden Senats den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 29. Dezember 2010 abgelehnt. Im Wesentlichen hat er zur Begründung ausgeführt, die Auslegung des Antrags der Antragstellerin durch das Sozialgericht begegne keinen Bedenken. Der Antragsgegner hätte die Möglichkeit gehabt, im Erörterungstermin auf die seines Erachtens unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache hinzuweisen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege mithin nicht vor. In materieller Hinsicht seien die Ausführungen zu der streitgegenständlichen Rechtsfrage plausibel und widersprächen nicht der derzeit herrschenden Rechtsprechung.
Mit Bescheiden vom 3. Februar 2011 hat der Antragsgegner der Antragstellerin für die Monate November und Dezember 2010 KdU i.H.v. 283,53 EUR/Monat sowie für den Monat Januar 2010 i.H.v. 303,53 EUR bewilligt. Die Bescheide enthalten den Hinweis, dass sie in Ausführung des "Urteils des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 29. Dezember 2010/S 15 AS 3494/10 ER" ergehen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
A.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG statthaft. Der Beschwerdewert liegt über dem Berufungswert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750 EUR.
Streitgegenständlich sind vorliegend der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sowie der Änderungsbescheid jeweils vom 20. September 2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12. Oktober 2010 die Monate September 2010 bis Januar 2011 betreffend. Der Antragsgegner hatte für die Monate November 2010 bis Januar 2011 die Höhe der KdU um monatlich 255,00 EUR reduziert. Hinzuzurechnen ist die Rückforderung für die Monate September und Oktober 2010 in Höhe von 510,00 EUR. Das Sozialgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen beide Bescheide angeordnet bzw. festgestellt. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner in vollem Umfang. Der Beschwerdewert beträgt mithin 1.275,00 EUR.
Die Ankündigung des Antragsgegners, im Februar 2011 würden die KdU um 124,97 EUR gemindert, ist hingegen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Im Falle der Umsetzung der Ankündigung ist die Antragstellerin gehalten, gegen den entsprechenden Bescheid Widerspruch zu erheben und ggf. ein neues Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anhängig zu machen. Die Minderung betrifft zwar ebenfalls die Anrechnung des Betriebskostenguthabens als Einkommen, allerdings in einem anderen Bewilligungsabschnitt.
B.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen die streitgegenständlichen Bescheide angeordnet bzw. festgestellt.
1.
Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gegen den Änderungsbescheid und den Aufhebungsbescheid des Antragsgegners vom 20. September 2010 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 12. Oktober 2010 ist statthaft.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (Satz 1). Ist im Zeitpunkt der Entscheidung der Verwaltungsakt schon vollzogen, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (Satz 2).
Nach § 39 Nr. 1 SGB II in der ab 1. Januar 2009 gültigen Fassung haben der Widerspruch und die Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung aufhebt, zurücknimmt, widerruft oder herabsetzt, keine aufschiebende Wirkung. Da der Änderungsbescheid und der Aufhebungsbescheid die Leistungen der KdU teilweise aufgehoben haben, haben Widerspruch und auch die Klage hiergegen mithin keine aufschiebende Wirkung.
Das Rechtsschutzbegehren ist auch begründet. Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet auf Grund einer Interessenabwägung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b, Rn. 12). Nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs u.a. in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Das vom Gesetzgeber in § 39 SGB II angeordnete vordringliche Vollzugsinteresse hat für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Bedeutung, dass der Antragsgegner von der ihm nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG obliegenden Pflicht entbunden wird, das öffentliche Interesse der sofortigen Vollziehbarkeit gesondert zu begründen. Das Gesetz unterstellt aber den Sofortvollzug keineswegs als stets, sondern als nur im Regelfall geboten und verlagert somit die konkrete Interessenbewertung auf Antrag des Antragstellers hin in das gerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 17. September 2001, 4 VR 19/01, NZV 2002, 51, 52 unter Bezug auf BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1994, 4 VR 1/94, BVerwGE 96, 239 ff, jeweils zu § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der bis 31. Dezember 1996 gültigen Fassung, der wortgleich zu § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG ist). Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Antragstellerin am Nichtvollzug gegenüber dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung.
Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob die streitgegenständlichen Bescheide rechtmäßig oder rechtswidrig sind.
In der Rechtsprechung ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Anrechnung von gegen den Willen des Leistungsempfängers von Dritten bereits mit Schulden aufgerechneten Betriebskostenguthaben stark umstritten. Diese Rechtsfrage bedarf hier jedoch keiner Entscheidung. Im Rahmen der nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG vorzunehmenden Interessenabwägung ist ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin am Nichtvollzug der Bescheide festzustellen. Selbst bei Annahme der Rechtmäßigkeit der Bescheide wäre der Antragstellerin zur Überbrückung des Zeitraumes der Anrechnung des Betriebskostenguthabens wohl ein Darlehen zu gewähren gewesen. Dem Antragsgegner ist zwar zuzugeben, dass die Voraussetzungen für eine Darlehensgewährung nach § 22 Abs. 5 SGB II (noch) nicht vorliegen bzw. zum Zeitpunkt der Beantragung des einstweiligen Rechtsschutzes noch nicht vorlagen. Es drohte keine Obdachlosigkeit; der Vermieter hatte noch keine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen. Bis einschließlich Oktober 2010 konnte die Antragstellerin aber auch die Miete zahlen. Sie hatte die vollen KdU vom Antragsgegner erhalten. Erst ab November 2010 war sie wegen einer entsprechenden Minderung der KdU durch den Antragsgegner hierzu nicht mehr in der Lage. Der Ausspruch der fristlosen Kündigung wäre wohl nur noch eine Frage der Zeit gewesen. Die Antragstellerin hätte über drei Monate (November 2010 bis Januar 2011) hinweg ihre Miete nicht zahlen können. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass sie über keinerlei eigene Mittel verfügt(e). Es dürfte ihr kaum möglich gewesen sein, die Zahlungen aus dem Regelsatz vorzunehmen. Da nach § 537 Abs. 2 Nr. 3a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der Ausspruch der fristlosen Kündigung möglich ist, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist, wäre die fristlose Kündigung im Januar 2011 zu erwarten gewesen. Ein Darlehen wäre sicherlich auch in Anbetracht der Komplexität der rechtlichen Erwägungen, die das Gericht in der Hauptsache anzustellen hat, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens tilgungsfrei zu gewähren gewesen.
Aufgrund dieser Erwägungen war die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Änderungs- und Aufhebungsbescheid anzuordnen. Das Ergebnis deckt sich mit einer zunächst tilgungsfreien vorläufigen Darlehensgewährung. Die Antragstellerin hat so das Geld zur Verfügung, um ihren Mietverbindlichkeiten nachkommen zu können.
Die Folgen des Vollzuges der Bescheide waren nicht zu beseitigen. Für die Monate November, Dezember 2010 und Januar 2011 hat der Antragsteller selbst die Vollzugsfolgen beseitigt, indem er mit Änderungsbescheiden vom 3. Februar 2011 KdU i.H.v. 283,53 EUR/Monat bzw. 303,53 EUR/Monat für diesen Zeitraum vorläufig bewilligte.
2.
Auch die aufschiebende Wirkung des Erstattungsbescheides hat das Sozialgericht zu Recht festgestellt.
Die Klage gegen den hier streitgegenständlichen Erstattungsbescheid hat nach § 86a Abs. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Ein Fall des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs liegt nicht vor, denn § 39 SGB II findet keine Anwendung auf Erstattungsbescheide nach § 50 SGB X.
§ 39 SGB II ordnet den Sofortvollzug lediglich für Verwaltungsakte an, die Leistungen aufheben, zurücknehmen, widerrufen oder herabsetzen. Dagegen hat der Widerspruch gegen Erstattungsbescheide aufschiebende Wirkung, da diese Verwaltungsakte keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende regeln (vgl. BT-Drs. 16/10810, Seite 50 zu Nummer 14). Der Antragsgegner hat keinen Sofortvollzug angeordnet.
Entsprechend war klarstellend festzustellen, dass die Klage gegen den Erstattungsbescheid des Antragsgegners vom 20. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2010 aufschiebende Wirkung hat.
3.
Soweit der Antragsgegner formelle Fehler des Beschlusses geltend macht (fehlendes rechtliches Gehör vor der Auslegung des Antrages der Antragstellerin durch das Sozialgericht) verweist der Senat auf die Ausführungen des Beschlusses des Vorsitzenden vom 31. Januar 2011 und macht sich diese zu Eigen.
Die Beschwerde war somit in vollem Umfang zurückzuweisen.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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