Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 90052/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 70/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines cervikalen Pseudoradikulärsyndroms als Folge des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 sowie die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1959 geborene Kläger war am 19. Juni 2001 gegen 7.30 Uhr mit seinem Lkw auf der A1 in Richtung Osnabrück unterwegs, als der Lkw von der Fahrbahn abkam und auf die rechte Seite in einen Graben kippte. Der Kläger suchte am Folgetag den Facharzt für Allgemeinmedizin SR P. auf. Dieser stellte Prellungen im Schulterbereich fest und diagnostizierte eine Thoraxprellung. Infolge des Unfalls war der Kläger in der Zeit vom 20. bis 22. Juni 2001 arbeitsunfähig und trat am 23. Juni 2001 seinen Jahresurlaub auf Gran Canaria an. Am 13. August 2001 erschien der Kläger erneut bei SR P. und klagte über Beschwerden in der linken Schulter.
Die Beklagte erhielt erstmals von dem Unfall durch die Barmer Ersatzkasse am 20. September 2001 Kenntnis. Unter dem 9. November 2001 gab der Kläger an, er sei bei einem "Sekundenschlaf" mit dem Lkw von der Fahrbahn abgekommen. Dabei habe er sich ein Schleudertrauma, eine Blockierung der Halswirbel C1 - C7 und eine Überdehnung der Halsmuskeln zugezogen.
Die Beklagte holte den Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. G. vom 12. November 2001 ein, der berichtete, der Kläger habe sich erstmals am 16. August 2001 bei ihm vorgestellt. Die Schultern seien beidseits frei beweglich, die untere Halswirbelsäule (HWS) sei mit Segmentstörungen im Übergang zu den Brustwirbeln links und der I. bis III. Rippe links in Rotation und Seitneigung links endgradig leicht schmerzhaft ohne sensible und motorische Ausfälle. Die Röntgenaufnahmen zeigten eine Steilstellung der Wirbelsäule ohne auffälligen knöchernen Befund. Es liege ein erworbener ungünstiger Muskeltyp bei psychosomatischer Komplexität vor. Beigefügt war ein Bericht des Assistenzarztes der Klinik f. Rheumatologie des Fachkrankenhauses G.-V. Haupt vom 7. Oktober 2001, der ein therapieresistentes Cervikalsyndrom bei Zustand nach Verkehrsunfall und eine Osteopenie diagnostiziert hatte.
Unter dem 14. November 2001 erhielt die Beklagte den Befundbericht des Facharztes. für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. über die Untersuchung des Klägers am 22. Oktober 2001. Dieser führte aus, die Rotation der HWS sei nach rechts eingeschränkt bei Druckschmerz im unteren linken Nackenbereich. Es bestünde keine Aphasie, kein hirnorganisches Psychosyndrom und keine sonstigen Ausfallerscheinungen. Es sei eine psychoreaktive Verstärkung des Beschwerdesyndroms mit leichter Funktionsstörung anzunehmen, die rückläufig sei. Er diagnostizierte ein posttraumatisches cervikales Pseudoradikulärsyndrom links nach Verkehrsunfall.
Die Beklagte erreichte der Bericht des Chefarztes des Fachkrankenhauses U. Dr. H. vom 4. Dezember 2001, wonach die Elektromyographie vom 8. September 2001 eine leichte radikuläre Läsion im Segment C3 gezeigt habe.
Unter dem 4. Dezember 2001 führte Dr. G. ergänzend aus, der Kläger habe sich bei dem Verkehrsunfall eine Distorsion der HWS I. Grades zugezogen (Beschleunigungsverletzung). Der Krankheitsverlauf sei unbefriedigend und verzögere sich infolge biopsychosozialer Komplexität.
In dem Zwischenbericht zur Berufsgenossenschaftlichen Stationären Weiterbehandlung des Klägers (BGSW) ab 6. Dezember 2001 in den Hellmuth-Ulrici-Kliniken diagnostizierte der Chefarzt Z. einen Zustand nach HWS-Distorsionstrauma und ausgeprägten muskulären Dysbalancen sowie Stereotypstörungen, ein Zervikobrachialsyndrom und psychosoziale Einflussfaktoren auf Entwicklung und Erhalt des Schmerzsyndroms.
In einem weiteren Befundbericht vom 8. Januar 2002 führte Dr. G. aus, der erworbene ungünstige Muskeltyp sei nicht unfallbedingt, habe aber im Rahmen der Unfallverarbeitung einen negativen Einfluss ausgeübt. Die psychosomatische Verarbeitung sei als unfall- und anlagebedingt zu werten. Die cervikale Beschleunigungsverletzung habe die psychosomatische Verarbeitung reaktiviert bzw. initiiert. Der erworbene ungünstige Muskeltyp sei durch den Unfall verschlimmert worden.
In dem Bericht des Zincks vom 9. Januar 2002 führte dieser aus, der Kläger sei nach dem Unfall drei Tage arbeitsunfähig gewesen und anschließend für drei Wochen in den Jahresurlaub gefahren. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub sei eine bereits geplante HNO-Operation bei bekanntem Schlafapnoesyndrom durchgeführt worden. Nach Ausheilung der HNO-Operation sei eine Weiterbehandlung der fortbestehenden HWS-Beschwerden erfolgt.
Die Beklagte erhielt von SR P. den Befundbericht vom 21. Januar 2002. Danach sei der Kläger am 20. Juni 2001 bei ihm mit Schmerzen im Schulterbereich erschienen. Am 13. August 2001 habe er angegeben, unfallbedingt noch immer Schmerzen in der linken Schulter zu haben.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger am 28. Januar 2002 mit, er habe bei SR P. angegeben, die Schulterverletzung rühre von dem Unfall her, und Dr. G. erläutert, wie und warum es zum Unfall gekommen sei. Die Beschwerden an Schulter und HWS seien vier bis fünf Stunden nach dem Unfall eingetreten.
Die Beklagte erhielt den Bericht von dem Chefarzt der Klinik f. Rheumatologie der Otto-v.-Guericke-Universität in V. Prof. Dr. K. vom 11. Dezember 2001 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 7. bis 20. Oktober 2001. Danach habe bei dem Kläger eine Bewegungseinschränkung der HWS mit multiplen Blockierungen (C0/1 rechts, C5/6 links, C6/7 rechts und 1. Rippe links) sowie Verkürzungen der Musculi sternocleidomastoideus omohyoideus, scalenus anterior und medius links vorgelegen. Das Magnetresonanztomogramm (MRT.) vom 12. Oktober 2001 sei ohne Befund.
Unter dem 31. Januar 2002 teilte die Barmer Ersatzkasse mit, der Kläger sei vom 20. bis 22. Juni 2001 und seit dem 13. August 2001 laufend wegen einer Prellung des Thorax arbeitsunfähig (ausgestellt von SR Prosowski). In der Zeit vom 1. bis 5. Oktober 2001 und 7. bis 20. Oktober 2001 habe eine Arbeitsunfähigkeit wegen eines Zervikalbrachial-Syndroms bestanden (ausgestellt vom Fachkrankenhaus V.-G.).
Ferner erhielt die Beklagte von dem Facharzt f. Nuklearmedizin Dr. A. den Befundbericht über das MRT. vom 12. Oktober 2001. Dieser stellte einen relativ engen cervikalen Spinalkanal mit diskreten dorsalen Spondylophyten fest, die zusätzlich den ventralen Subarachnoidalraum einengten. Nebenbefundlich bestehe ein kleines Hämangiom C7.
Die Beklagte zog die Verkehrsunfallanzeige des PK BAB D. vom 19. Juni 2001 bei, wonach sich der Kläger unverletzt aus dem Sattelzug habe befreien können.
Die Beklagte beauftragte den Direktor der Klinik f. Unfallchirurgie der Otto-von-Guericke-Universität M. Prof. Dr. W. mit der Erstattung des Gutachtens vom 18. Januar 2003 und der Ergänzung vom 20. Februar 2003. Dieser führte aus, der Kläger habe berichtet, am zweiten Tag seines Urlaubs auf Gran Canaria seien Schmerzen im Bereich der HWS aufgetreten. Er habe vor Ort einen Arzt aufgesucht, der ihn mit Schmerzmitteln versorgt habe, die zu einer Linderung der Beschwerden geführt hätten. Nach Rückkehr aus dem Urlaub habe er sich sofort bei SR P. vorgestellt.
Prof. Dr. W. führte weiter aus, der Unfall habe eine HWS-Distorsion verursacht, in deren Folge eine Funktionsstörung der Beweglichkeit im Sinne eines cervicalen Pseudoradiculärsyndroms aufgetreten sei. Ein morphologisches Korrelat lasse sich nicht objektivieren. Es bestehe eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS. Als unfallunabhängig sei das Schlafapnoesyndrom anzusehen. Da das Einschlafen durch das Schlafapnoesyndrom verursacht worden sei, seien die Schäden als unfallunabhängig anzusehen. Der Kläger habe zwei Stunden vor dem Unfall seinen Dienst angetreten, so dass nicht mit einer Übermüdung zu rechnen gewesen sei. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage 10 v. H ...
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Oberarzt der Klinik f. Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin der Otto-von-Guericke-Universität M. Dr. D. das Gutachten vom 6. Oktober 2003. Dieser führte aus, der Kläger habe zu der Diagnose "psychosoziale Einflussfaktoren auf Entwicklung und Erhalt des Schmerzsyndroms" berichtet, er habe damals Sorgen wegen der weiteren beruflichen Laufbahn gehabt. Eine relevante psychische Störung habe er glaubhaft verneint. Die Anamnese habe keine ausreichenden Hinweise für eine relevante psychiatrische Erkrankung des Klägers nach dem Unfall erbracht. Krankheitserscheinungen aus psychiatrischer Sicht lägen nicht vor.
Die Beratungsärztin der Beklagten Dr. S. erklärte am 2. August 2004, der Unfall habe zu einer Beschleunigungsverletzung geführt, deren Behandlungsdauer bis zu sechs Wochen gedauert habe. Darüber hinausgehende Beschwerden seien unfallunabhängig. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bestehe nicht.
Mit Bescheid vom 23. November 2004 erkannte die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 eine Distorsion der Halswirbelsäule, eine Brustkorbprellung und Prellungen der linken Schulter ohne verbliebene nachweisbare Folgen an und lehnte es ab, eine Verletztenrente zu gewähren, weil ein messbarer Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht bestehe. Hiergegen erhob der Kläger am 1. Dezember 2004 Widerspruch und meinte, der Gutachter Prof. Dr. W. sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei dem Unfall vom 19. Juni 2001 nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Aufgrund der Bewegungseinschränkung liege die Minderung der Erwerbsfähigkeit über 10 v. H ... Er sei nicht in der Lage, erhebliche Seitenbewegungen zu machen, ohne dass dies Schmerzen der HWS auslöse. Aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 16. Juni 2003 bestehe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 v. H ... Beide Unfälle ergäben daher eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v. H ... Sein Zustand aufgrund des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 habe sich wesentlich verschlechtert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2005 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, die ab dem 13. August 2001 vorgetragenen Beschwerden seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 19. Juni 2001 zurück zu führen. Die Unfallfolgen seien folgenlos ausgeheilt. Das Beschwerdebild werde durch erhebliche degenerative Veränderungen der HWS erklärt. Der Widerspruchsbescheid ist dem Kläger auf dem Postweg zugegangen.
Mit der am 22. August 2005 vor dem Sozialgericht Stendal erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt und sein Vorbringen vertieft.
Das Sozialgericht hat den Arzt für Orthopädie Dr. E. mit der Erstattung des Gutachtens vom 3. April 2006 beauftragt. Dieser hat bei dem Kläger ein HWS-Syndrom mit Hinterkopf-Nacken-Schulterschmerzen auf dem Boden eines anlagebedingten engen Spinalkanales bei initialen degenerativen Veränderungen, ein rezidivierendes LWS-Syndrom mit belastungsabhängigen Lumbalgien bei deutlichen muskulären Verspannungen und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenkes nach Umknicktrauma mit knöcherner Kahnbeinverletzung diagnostiziert. Röntgenologisch sei eine Steilstellung der HWS ohne Seitabweichung zur Darstellung gekommen. Zwischen den Halswirbelkörpern 4 bis 7 bestünden initiale rückenwärts gelegene degenerative Veränderungen. Verschleißerscheinungen an den kleinen Wirbelgelenken seien nur initial ausgebildet. Das MRT. aus Oktober 2001 zeige einen relativ engen cervikalen Spinalkanal mit diskreten dorsalen Spondylophyten zwischen C3 bis C7, die zu einer zusätzlichen Einengung führten. Das MRT. vom 17. März 2006 zeige im Vergleich zu Oktober 2001 einen unveränderten Befund. Bei geringen Osteochondroseveränderungen mit geringen spondylotischen Kantenausziehungen in Höhe C4/5 bis C6/7 fände sich ein anlagemäßig relativ enger Spinalkanal. Die HWS sei in ihrer Funktion über das Altersmaß eingeschränkt. Keine der diagnostizierten Gesundheitsstörungen seien im Sinne der erstmaligen Entstehung oder im Sinne einer richtungsgebenden Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens ursächlich auf den Unfall vom 19. Juni 2001 zurückzuführen. Das Unfallereignis sei im Sinne einer vorübergehenden, nicht Richtung gebenden Verschlimmerung einer vorbestehenden Schadensanlage zu werten. Das Unfallereignis vom 19. Juni 2001 habe keine strukturellen Verletzungen der HWS oder der Schulter verursacht. Es sei wahrscheinlich zu einer Distorsion gekommen, die auf eine anlagebedingt veränderte HWS getroffen sei. Aufgrund der ersten Diagnose - Thoraxprellung - könne angenommen werden, dass es sich nicht um einen gravierenden Beschwerdekomplex seitens der HWS gehandelt habe. Es sei auch keine differenzierte Behandlung eingeleitet worden. Der Kläger sei noch in der Lage gewesen, seinen Urlaub anzutreten. Es habe sich somit um eine leichte Beschleunigungsverletzung der HWS (Verletzungsgrad I nach Erdmann) gehandelt. Dabei handele es sich morphologisch um Muskel- und Bandzerrungen ohne nennenswerte Einblutungen in die verletzten Gewebestrukturen oder Einrisse an den Gelenkkapseln und Bandapparaten ohne wesentliche primäre Bandscheibenbeteiligung. Eine gröbere Verletzung hätte zu einer Einblutung in die umliegenden Strukturen mit sofortigen bis nur gering verzögert auftretenden heftigen Beschwerden und sofortigen Schluckbeschwerden führen müssen. Diese habe der Kläger aber ausdrücklich verneint. Eine derartige Beschleunigungsverletzung sei üblicherweise nach sechs Wochen ausbehandelt, spätestens innerhalb des ersten Jahres nach dem Unfall. Es liege der typische Verlauf einer schicksalsmäßig aufgetretenen Beschwerdesymptomatik vor. Die zögerliche Besserung der Symptomatik mit den noch bestehenden Restbeschwerden und Bewegungseinschränkungen seien unschwer mit den in den bildgebenden Verfahren nachgewiesenen Veränderungen in Einklang zu bringen. Die anlagebedingten Veränderungen hätten mit großer Wahrscheinlichkeit auch bei üblichen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne einen besonderen äußeren Anlass zu den Gesundheitsstörungen geführt. Sie seien die wesentliche Ursache der Gesundheitsstörungen. Dem Gutachten beigefügt war ein Bericht des Chefarztes der Radiologischen Abteilung des Altmark-Klinikums G. Dr. B. mit der Auswertung des MRT. vom 17. März 2006.
Der Kläger hat die Stellungnahme von Prof. Dr. W. vom 9. August 2006 vorgelegt, worin dieser Dr. E. widerspricht. Eine richtunggebende Verschlimmerung einer vorbestehenden Schadensanlage könne nicht gegeben sein, weil vor dem Unfall keine Behandlungen aktenkundig seien.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2007 hat das Sozialgericht Stendal die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, der Arbeitsunfall vom 19. Juni 2001 habe nach den Ausführungen des Sachverständigen. Dr. E. und der Beratungsärztin Dr. S. eine folgenlos ausgeheilte Distorsion der Halswirbelsäule, eine Brustkorbprellung und Prellungen der linken Schulter verursacht. Der erhebliche Vorschaden sei bildtechnisch gesichert und eingehend beschrieben. Verletzungszeichen seien keine gefunden worden. Bei einer traumatisch erheblichen Schädigung der Halswirbelsäule wäre es zwingend notwendig gewesen, sofortige ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der degenerative Prozess sei zwar nach dem Unfallzeitpunkt hervorgetreten, aber nicht durch das Ereignis wesentlich verursacht worden. SR P. habe weder eine Beschleunigungsverletzung der HWS diagnostiziert, noch diesbezüglich eine Behandlung eingeleitet. Eine stärkere Beschleunigungsverletzung als eine nach Grad 1 komme daher nicht in Betracht. Behandlungsbedürftigkeit habe bis zu sechs Wochen bestanden.
Gegen den am 1. Juni 2007 zugegangenen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 7. Juni 2007 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Gesundheitsschäden seien nicht auf vorbestehende degenerative Veränderungen zurückzuführen. Eine richtunggebende Verschlimmerung eines vorbestehenden Schadens - wie Dr. E. ausgeführt hat - liege nicht vor, weil vor dem Unfall keinerlei Behandlungen wegen Beschwerden der HWS erfolgt seien. Dass er sich nicht sofortiger ärztlicher Hilfe bedient habe, sei dem Urlaub geschuldet gewesen, den er unmittelbar nach dem Unfall angetreten habe. Unmittelbar nach seinem Urlaubsantritt habe er ärztliche Hilfe in Anspruch genommen. Da sich aus dem Unfall eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 v. H. ergebe, sei mit dem Unfall vom 16. Juni 2003 der Stützrententatbestand erfüllt. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. W. vom 18. Januar 2003 sei Folge des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 eine Funktionsstörung der HWS-Beweglichkeit mit Schmerzen im Sinne eines cervikalen Pseudoradikulärsyndroms mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche hinaus um mindestens 10 v. H ... Dies habe die Beklagte auch anerkannt, so z. B. gegenüber der Barmer Ersatzkasse. Erst nach dem zweiten Unfall habe die Beklagte an den schlüssigen und nachvollziehbaren gutachtlichen Feststellungen gezweifelt. Die von Dr. S. eingegrenzte unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit auf sechs Wochen widerspreche den über sechs Wochen hinaus bestehenden Beschwerden. Von einer Ausheilung innerhalb von drei Monaten könne angesichts mehrerer stationärer Aufenthalte bis zum 17. Januar 2002 wegen des Zervikal-Syndroms nicht ausgegangen werden. Er leide noch heute unter den Beschwerden. Es sei nicht nachvollziehbar, wie das Zervikal-Syndrom entstanden sein könne. Prof. Dr. W. habe in dem vom Landessozialgericht nach § 109 SGG veranlassten Gutachten vom 14. Juli 2010 die Frage zu den Gesundheitsstörungen fehlerhaft beantwortet, indem er nur auf die derzeitigen Gesundheitsstörungen Bezug genommen habe. Dementsprechend sei auch die Frage zur Wahrscheinlichkeit der Verursachung fehlerhaft beantwortet.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 18. Mai 2007 aufzuheben,
den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2005 abzuändern,
festzustellen, dass das cervikale Pseudoradikulärsyndrom Folge des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 ist und
die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 23. Juni 2001 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die
Entscheidungsgründe:
des angefochtenen Gerichtsbescheides. Insbesondere sei das vom Landessozialgericht eingeholte Gutachten von Dr. R. schlüssig und überzeugend.
Das Landessozialgericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten zum Unfall vom 16. Mai 2003 mit dem Az. 3 03 05864 M beigezogen. Aus dem darin befindlichen Durchgangsarztbericht von SR P. vom 16. Juni 2003 ergibt sich, dass der Kläger am 16. Juni 2003 beim Verladen von Zucker ausgerutscht und mit dem rechten Fuß umgeknickt sei. Das Erste Rentengutachten vom 16. Juni 2004 von dem Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik d. J.-Krankenhauses G. Dr. J. weist als Folgen des Unfalls vom 16. Juni 2003 eine endgradige Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk rechts, schmerzhafte Bewegungen im unteren Sprunggelenk beim Senken des Fußaußenrandes rechts, chronische Kapselweichteilschwellung im Fußwurzelbereich rechts und belastungsabhängige Beschwerden aus und beziffert die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 10 v. H. bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Unfall. Mit Schreiben vom 19. Juli 2004 teilte die für den Unfall vom 16. Juni 2003 zuständige Bezirksverwaltung der Beklagten der für den Unfall vom 19. Juni 2001 zuständigen Bezirksverwaltung mit, sie beabsichtige die Minderung der Erwerbsfähigkeit für den Unfall vom 16. Juni 2003 auf 10 v. H. mit einer Nachuntersuchung für den 1. Dezember 2005 festzustellen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 14. Dezember 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente aus dem Arbeitsunfall vom 16. Juni 2003 ab, weil eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grad über die 26. Woche hinaus nicht bestanden habe.
Das Landessozialgericht hat den Facharzt f. Neurochirurgie des Zentrums für Rückenmarkverletzte und Klinik f. Orthopädie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. Dr. R. mit der Erstattung des Gutachtens vom 7. April 2009 beauftragt. Dieser hat ausgeführt, der Kläger habe am 19. Juni 2001 ein Trauma mit Brustkorb- und Schulterprellung sowie eine HWS-Distorsion 1. Grades erlitten. Der Nachweis eines unfallbedingten Körperschadens der HWS habe zu keinem Zeitpunkt nach diesem Ereignis geführt werden können. Gehe man initial nach dem Trauma von einer bildgebungstechnisch nicht nachweisbaren Irritation der cervikalen Gelenk- und Muskelstrukturen aus, so könne von einer Ausheilung der Beschwerden innerhalb von sechs Wochen bis maximal drei Monaten ausgegangen werden. Persistierenden Beschwerden müssten andere Ursachen zugrunde gelegt werden, wie eine psychosomatische Fehlverarbeitung des Unfalls oder vorbestehende degenerative Veränderungen. Letztere lägen bei dem Kläger vor und seien nicht Unfallfolge. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit habe nach Ablauf von drei Monaten nach dem Unfall nicht bestanden.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Landessozialgericht Prof. Dr. W. mit der Erstattung des Gutachtens vom 14. Juli 2010 beauftragt. Dieser hat ausgeführt, der Kläger leide an mäßiggradigen Bewegungseinschränkungen im HWS-Bereich bei der Drehung nach rechts sowie Seitneigung nach rechts mit Muskelverspannungen des Schulter-Nacken-Bereiches mit Schmerz links. Es liege eine leichtgradige Funktionsstörung der HWS-Beweglichkeit vor. Eine Beschleunigungsverletzung der HWS sei nicht zu sichern. Die nach dem Unfall aufgetretenen Nackenbeschwerden des Klägers mit Bewegungseinschränkungen der HWS durch Muskelspasma und mit Druckpunkten sei nach der Quebec-Klassifikation dem Typ II zuzuordnen. Diese Verletzungen heilten unter normalen Bedingungen stets folgenlos aus und hinterließen keine Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche hinaus. 90 % der Verletzungen seien leichtgradig. Die Häufigkeit von chronischen Quebec-Typ I und II (Beschwerdedauer über 6 Monate) Beschwerden werde mit 10 bis 18 % angegeben. In verschiedenen Untersuchungen sei aber festgestellt worden, dass die Häufigkeit chronischer Nackenschmerzen, die nach dem Unfall angegeben worden seien, ebenso groß sei, wie die in der Gesamtbevölkerung bzw. in Kollektiven ohne Unfall in der Anamnese. Dem Unfall komme daher bei der Genese der chronischen Beschwerden keine Bedeutung zu. Die Kernspintomographie sei für Weichteilverletzungen infolge ihrer großen Sensibilität das Diagnosemittel der Wahl. Durch das MRT vom 12. Oktober 2001 seien Frakturen, Hämatome bzw. eine Läsion des Rückenmarkes ausgeschlossen worden. Zu Dr. E. sei kritisch anzumerken, dass die degenerativen Veränderungen lediglich sehr diskret ausgebildet gewesen seien. Die Nervenwurzeln im HWS-Bereich seien in den Foramina nicht eingeengt gewesen. Dr. R. sei in seiner Beurteilung, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Beschwerden und dem Unfall sei nicht hinreichend wahrscheinlich, zu folgen. Das Ergebnis des von ihm seinerzeit unterzeichneten Zusammenhangsgutachtens revidiere er. Die festgestellten Gesundheitsstörungen seien mit einer Wahrscheinlichkeit, der keine ernsten Zweifel entgegenstünden, nicht auf den Unfall vom 19. Juni 2001 zurückzuführen. Schäden an der HWS seien nicht nachzuweisen, anlagebedingte körperliche Anomalien nicht richtungsgebend verändert worden. Die diskrete Schadensanlage des Klägers sei nicht soweit fortgeschritten oder so leicht ansprechbar gewesen, dass es für den Schadenseintritt nur noch einer geringfügigen Belastung bedurft hätte. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit habe nach Ablauf von sechs Monaten unter 10 v. H. betragen.
Dem Senat hat bei der Verhandlung und Entscheidungsfindung die Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Az. 4 01 07256 Q vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2005 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung des cervikalen Pseudoradikulärsyndroms als zusätzliche Folge des anerkannten Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 und auf die Gewährung einer Verletztenrente - auch nicht als Stützrente - nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 v. H ...
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge des Versicherungsfalls (Arbeitsunfalls) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, einen Anspruch auf eine Verletztenrente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht nach § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII sind die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 23. November 2004 den Unfall vom 19. Juni 2001 mit einer Distorsion der Halswirbelsäule, einer Brustkorbprellung, Prellungen der linken Schulter ohne verbliebene nachweisbare Folgen anerkannt. Das von dem Kläger darüber hinaus als Unfallfolge geltend gemachte cervikale Pseudoradikulärsyndrom ist nicht im Sinne von § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII durch den Versicherungsfall verursacht, denn es ist nicht Folge des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001.
Dass der Kläger an einem Cervikalsyndrom leidet, steht für den Senat nach den Gutachten von Dr. E. und Dr. R. zweifelsfrei fest. Dr. R. hat eine Bewegungseinschränkung der HWS des Klägers in der Rückneigung und in der Drehung sowie bei der Seitneigung beidseits festgestellt. Dr. E. hat schmerzhafte Einschränkungen der Beweglichkeit der HWS bei der Rückneigung, bei der Seitneigung in beide Richtungen und bei der Drehung rechts angegeben. Beide Gutachter haben einen Druckschmerz an der linken Seite der HWS beschrieben.
Ähnliche Beschwerden hat auch Prof. Dr. W. in seinem Gutachten beschrieben. Danach war die Beweglichkeit der HWS in der Vor- und Rückneigung gering eingeschränkt. Die Seitneigung rechts war dem Kläger gering und die Drehbewegung in beiden Richtungen um ca. 1/3 bis 1/2 reduziert möglich. Alle Sachverständigen. haben einen Druckschmerz der linken Seite der HWS festgestellt. Einen Druckschmerz an der linken Seite der HWS hat auch Prof. Dr. W. beschrieben.
Bei diesen Beschwerden handelt es sich nach der Diagnose von Dr. R. um ein Cervikalsyndrom.
Dieses Cervikalsyndrom ist jedoch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 19. Juni 2001 zurückzuführen. Eine nachgewiesene Gesundheitsstörung ist Folge eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsstörung entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII besteht. Dabei gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht.
Der Senat hat in diesem Sinne ernste Zweifel an dem Ursachenzusammenhang zwischen den ab dem 16. August 2001 nachgewiesenen Beschwerden der HWS und dem Arbeitsunfall vom 19. Juni 2001. Denn es fehlt zwischen dem Arbeitsunfall und den Beschwerden ein zeitlicher Zusammenhang.
Es ist zunächst nicht gesichert, dass sich der Kläger bei dem Unfall eine Verletzung der HWS zugezogen hat. Der erstbehandelnde Arzt SR P. hat als Befund eine Schulterprellung aufgenommen und eine Thoraxprellung diagnostiziert. Medizinische Belege für eine fehlerhafte Diagnose liegen keine vor.
Aber auch wenn man eine Verletzung der HWS annimmt, hätte es sich nach den überzeugenden Ausführungen der Gutachter Prof. Dr. W., Dr. R. und Dr. E. um eine leichte Verletzung gehandelt. Prof. Dr. W. hat die bei dem Kläger nach dem Arbeitsunfall aufgetretenen Nackenbeschwerden mit Bewegungseinschränkungen der HWS durch Muskelspasma nach der Quebec-Klassifikation dem Typ II, und damit einer leichten Verletzung, zugeordnet. Auch die Sachverständigen. Dr. R. und Dr. E. sowie der behandelnde Orthopäde Dr. G. haben die Verletzungen als leichte Verletzungen I. Grades bezeichnet.
Für eine höchstens leichte Verletzung spricht auch das Verhalten des Klägers nach dem Unfall. Er konnte sich noch selbst aus der Fahrkabine befreien und hat laut Vermerk des Polizeibeamten im Verkehrsunfallbericht keine Verletzungen angegeben. Der Kläger hat sich auch nicht sogleich in ärztliche Behandlung begeben, sondern erst am Folgetag. SR P. hat ihm eine Arbeitsunfähigkeit für drei Tage bescheinigt. Anschließend hat der Kläger, ohne die Behandlung fortzusetzen, Urlaub auf Gran Canaria gemacht. Dr. E. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass eine gröbere Verletzung - als eine Verletzung ersten Grades - zu einer Einblutung in die umliegenden Strukturen mit sofortigen bis nur gering verzögert auftretenden heftigen Beschwerden, insbesondere sofortigen Schluckbeschwerden, geführt hätte. Über Schluckbeschwerden und heftige Beschwerden unmittelbar nach dem Unfall hat der Kläger aber nicht berichtet. Bildtechnische Befunde sind vor dem 16. August 2001 nicht erhoben worden. Damit ist eine gröbere Verletzung der HWS weder klinisch noch bildtechnisch nachgewiesen. Insbesondere fehlt es, worauf Prof. Dr. W. hingewiesen hat, an einem Nachweis einer Weichteilverletzung. Das am 12. Oktober 2001 gefertigte MRT. der HWS hat keine Frakturen, Hämatome bzw. keine Läsion des Rückenmarkes gezeigt. Derartige Verletzungen hat Dr. A. in seinem Befundbericht zum MRT nicht beschrieben.
Eine derart leichte Verletzung I. Grades (bzw. des Typs II nach der Quebec-Klassifikation) wäre in der Regel innerhalb von sechs Wochen nach dem Unfall ausgeheilt gewesen. Hierauf haben die Sachverständigen. Dr. E. und Dr. R. hingewiesen. Dass dies bei dem Kläger nicht der Fall gewesen wäre, ist nach den gesamten Umständen nicht ersichtlich. Der Kläger war mit den Beschwerden vor Ablauf von sechs Wochen nur einmal am Folgetag des Unfalls bei SR P. in Behandlung. Weitere Behandlungen sind innerhalb der sechs Wochen nicht dokumentiert. Auch war der Kläger nur für kurze Zeit wegen der Folgen des Arbeitsunfalls arbeitsunfähig erkrankt. Erst am 13. August 2001 - mithin knapp acht Wochen nach dem Unfall - hat sich der Kläger mit Schulterbeschwerden erneut bei SR P. in Behandlung begeben. Soweit er behauptet, er habe zwei Tage nach seinem Urlaubsantritt am Urlaubsort einen Arzt aufgesucht und die Beschwerden mit Medikamenten gelindert, ist dies nicht dokumentiert. Dies kann aber dahingestellt bleiben. Denn zwischen dem behaupteten Arztbesuch am 24. Juni 2001 und dem erneuten Aufsuchen von SR P. am 13. August 2001 lagen mehr als sechs Wochen. Es fehlt insoweit an Brückensymptomen, die darauf schließen ließen, dass die am 13. August 2001 geklagten Beschwerden aus dem knapp acht Wochen zuvor erlittenen Arbeitsunfall ursächlich herrühren.
Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Arbeitsunfall und den ab dem 13. August 2001 geklagten Beschwerden haben auch die Sachverständigen. Dr. E., Dr. R. und Prof. Dr. W. im Ergebnis übereinstimmend abgelehnt. Den entgegenstehenden Einschätzungen der behandelnden Ärzte Dr. G. und Prof. Dr. K. zum Ursachenzusammenhang folgt der Senat nicht.
Schließlich gibt es für die ab dem 13. August 2001 behandelten Beschwerden des Klägers an der HWS sowie die im Oktober 2001 festgestellten multiplen Blockierungen der HWS eine einleuchtende Erklärung. Nach dem MRT vom 12. Oktober 2001 liegt bei dem Kläger ein enger cervikaler Spinalkanal mit diskreteren dorsalen Spondylophyten, die zusätzlich den ventralen Subarachnoidalraum einengen, vor. Dies hat Dr. A. nach Auswertung des MRT vom 12. Oktober 2001 festgestellt. Dabei handelt es sich nach den Ausführungen von Dr. E. und Prof. Dr. W. um ein anlagebedingtes Leiden. Mit dieser Enge lässt sich das ab dem 13. August 2001 bei dem Kläger bestehende Beschwerdebild zwangslos erklären. Der Senat folgt hier den überzeugenden Ausführungen von Dr. E ... Danach hätten diese anlagebedingten Veränderungen mit großer Wahrscheinlichkeit bei üblichen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne einen besonderen äußeren Anlass zu den Gesundheitsstörungen geführt. Auch Dr. R. hat die persistierenden Beschwerden den degenerativen Veränderungen zugeschrieben.
Anhaltspunkte für eine psychosomatische Fehlverarbeitung des Unfalls, auf die Dr. R. als weitere mögliche Ursache hingewiesen hat, bestehen nicht. Dr. D. hat nach Begutachtung des Klägers keine psychische Erkrankung seit dem Unfallereignis vom 19. Juni 2001 festgestellt.
Da die über den 13. August 2001 hinaus bei dem Kläger bestehenden Beschwerden nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 19. Juni 2001 zurückzuführen sind, steht dem Kläger auch keine Verletztenrente aus dem Unfallereignis zu. Der Kläger hat daher auch keinen Anspruch auf die Feststellung einer Stützrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 v. H ...
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Voraussetzungen nach § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines cervikalen Pseudoradikulärsyndroms als Folge des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 sowie die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1959 geborene Kläger war am 19. Juni 2001 gegen 7.30 Uhr mit seinem Lkw auf der A1 in Richtung Osnabrück unterwegs, als der Lkw von der Fahrbahn abkam und auf die rechte Seite in einen Graben kippte. Der Kläger suchte am Folgetag den Facharzt für Allgemeinmedizin SR P. auf. Dieser stellte Prellungen im Schulterbereich fest und diagnostizierte eine Thoraxprellung. Infolge des Unfalls war der Kläger in der Zeit vom 20. bis 22. Juni 2001 arbeitsunfähig und trat am 23. Juni 2001 seinen Jahresurlaub auf Gran Canaria an. Am 13. August 2001 erschien der Kläger erneut bei SR P. und klagte über Beschwerden in der linken Schulter.
Die Beklagte erhielt erstmals von dem Unfall durch die Barmer Ersatzkasse am 20. September 2001 Kenntnis. Unter dem 9. November 2001 gab der Kläger an, er sei bei einem "Sekundenschlaf" mit dem Lkw von der Fahrbahn abgekommen. Dabei habe er sich ein Schleudertrauma, eine Blockierung der Halswirbel C1 - C7 und eine Überdehnung der Halsmuskeln zugezogen.
Die Beklagte holte den Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. G. vom 12. November 2001 ein, der berichtete, der Kläger habe sich erstmals am 16. August 2001 bei ihm vorgestellt. Die Schultern seien beidseits frei beweglich, die untere Halswirbelsäule (HWS) sei mit Segmentstörungen im Übergang zu den Brustwirbeln links und der I. bis III. Rippe links in Rotation und Seitneigung links endgradig leicht schmerzhaft ohne sensible und motorische Ausfälle. Die Röntgenaufnahmen zeigten eine Steilstellung der Wirbelsäule ohne auffälligen knöchernen Befund. Es liege ein erworbener ungünstiger Muskeltyp bei psychosomatischer Komplexität vor. Beigefügt war ein Bericht des Assistenzarztes der Klinik f. Rheumatologie des Fachkrankenhauses G.-V. Haupt vom 7. Oktober 2001, der ein therapieresistentes Cervikalsyndrom bei Zustand nach Verkehrsunfall und eine Osteopenie diagnostiziert hatte.
Unter dem 14. November 2001 erhielt die Beklagte den Befundbericht des Facharztes. für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. über die Untersuchung des Klägers am 22. Oktober 2001. Dieser führte aus, die Rotation der HWS sei nach rechts eingeschränkt bei Druckschmerz im unteren linken Nackenbereich. Es bestünde keine Aphasie, kein hirnorganisches Psychosyndrom und keine sonstigen Ausfallerscheinungen. Es sei eine psychoreaktive Verstärkung des Beschwerdesyndroms mit leichter Funktionsstörung anzunehmen, die rückläufig sei. Er diagnostizierte ein posttraumatisches cervikales Pseudoradikulärsyndrom links nach Verkehrsunfall.
Die Beklagte erreichte der Bericht des Chefarztes des Fachkrankenhauses U. Dr. H. vom 4. Dezember 2001, wonach die Elektromyographie vom 8. September 2001 eine leichte radikuläre Läsion im Segment C3 gezeigt habe.
Unter dem 4. Dezember 2001 führte Dr. G. ergänzend aus, der Kläger habe sich bei dem Verkehrsunfall eine Distorsion der HWS I. Grades zugezogen (Beschleunigungsverletzung). Der Krankheitsverlauf sei unbefriedigend und verzögere sich infolge biopsychosozialer Komplexität.
In dem Zwischenbericht zur Berufsgenossenschaftlichen Stationären Weiterbehandlung des Klägers (BGSW) ab 6. Dezember 2001 in den Hellmuth-Ulrici-Kliniken diagnostizierte der Chefarzt Z. einen Zustand nach HWS-Distorsionstrauma und ausgeprägten muskulären Dysbalancen sowie Stereotypstörungen, ein Zervikobrachialsyndrom und psychosoziale Einflussfaktoren auf Entwicklung und Erhalt des Schmerzsyndroms.
In einem weiteren Befundbericht vom 8. Januar 2002 führte Dr. G. aus, der erworbene ungünstige Muskeltyp sei nicht unfallbedingt, habe aber im Rahmen der Unfallverarbeitung einen negativen Einfluss ausgeübt. Die psychosomatische Verarbeitung sei als unfall- und anlagebedingt zu werten. Die cervikale Beschleunigungsverletzung habe die psychosomatische Verarbeitung reaktiviert bzw. initiiert. Der erworbene ungünstige Muskeltyp sei durch den Unfall verschlimmert worden.
In dem Bericht des Zincks vom 9. Januar 2002 führte dieser aus, der Kläger sei nach dem Unfall drei Tage arbeitsunfähig gewesen und anschließend für drei Wochen in den Jahresurlaub gefahren. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub sei eine bereits geplante HNO-Operation bei bekanntem Schlafapnoesyndrom durchgeführt worden. Nach Ausheilung der HNO-Operation sei eine Weiterbehandlung der fortbestehenden HWS-Beschwerden erfolgt.
Die Beklagte erhielt von SR P. den Befundbericht vom 21. Januar 2002. Danach sei der Kläger am 20. Juni 2001 bei ihm mit Schmerzen im Schulterbereich erschienen. Am 13. August 2001 habe er angegeben, unfallbedingt noch immer Schmerzen in der linken Schulter zu haben.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger am 28. Januar 2002 mit, er habe bei SR P. angegeben, die Schulterverletzung rühre von dem Unfall her, und Dr. G. erläutert, wie und warum es zum Unfall gekommen sei. Die Beschwerden an Schulter und HWS seien vier bis fünf Stunden nach dem Unfall eingetreten.
Die Beklagte erhielt den Bericht von dem Chefarzt der Klinik f. Rheumatologie der Otto-v.-Guericke-Universität in V. Prof. Dr. K. vom 11. Dezember 2001 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 7. bis 20. Oktober 2001. Danach habe bei dem Kläger eine Bewegungseinschränkung der HWS mit multiplen Blockierungen (C0/1 rechts, C5/6 links, C6/7 rechts und 1. Rippe links) sowie Verkürzungen der Musculi sternocleidomastoideus omohyoideus, scalenus anterior und medius links vorgelegen. Das Magnetresonanztomogramm (MRT.) vom 12. Oktober 2001 sei ohne Befund.
Unter dem 31. Januar 2002 teilte die Barmer Ersatzkasse mit, der Kläger sei vom 20. bis 22. Juni 2001 und seit dem 13. August 2001 laufend wegen einer Prellung des Thorax arbeitsunfähig (ausgestellt von SR Prosowski). In der Zeit vom 1. bis 5. Oktober 2001 und 7. bis 20. Oktober 2001 habe eine Arbeitsunfähigkeit wegen eines Zervikalbrachial-Syndroms bestanden (ausgestellt vom Fachkrankenhaus V.-G.).
Ferner erhielt die Beklagte von dem Facharzt f. Nuklearmedizin Dr. A. den Befundbericht über das MRT. vom 12. Oktober 2001. Dieser stellte einen relativ engen cervikalen Spinalkanal mit diskreten dorsalen Spondylophyten fest, die zusätzlich den ventralen Subarachnoidalraum einengten. Nebenbefundlich bestehe ein kleines Hämangiom C7.
Die Beklagte zog die Verkehrsunfallanzeige des PK BAB D. vom 19. Juni 2001 bei, wonach sich der Kläger unverletzt aus dem Sattelzug habe befreien können.
Die Beklagte beauftragte den Direktor der Klinik f. Unfallchirurgie der Otto-von-Guericke-Universität M. Prof. Dr. W. mit der Erstattung des Gutachtens vom 18. Januar 2003 und der Ergänzung vom 20. Februar 2003. Dieser führte aus, der Kläger habe berichtet, am zweiten Tag seines Urlaubs auf Gran Canaria seien Schmerzen im Bereich der HWS aufgetreten. Er habe vor Ort einen Arzt aufgesucht, der ihn mit Schmerzmitteln versorgt habe, die zu einer Linderung der Beschwerden geführt hätten. Nach Rückkehr aus dem Urlaub habe er sich sofort bei SR P. vorgestellt.
Prof. Dr. W. führte weiter aus, der Unfall habe eine HWS-Distorsion verursacht, in deren Folge eine Funktionsstörung der Beweglichkeit im Sinne eines cervicalen Pseudoradiculärsyndroms aufgetreten sei. Ein morphologisches Korrelat lasse sich nicht objektivieren. Es bestehe eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS. Als unfallunabhängig sei das Schlafapnoesyndrom anzusehen. Da das Einschlafen durch das Schlafapnoesyndrom verursacht worden sei, seien die Schäden als unfallunabhängig anzusehen. Der Kläger habe zwei Stunden vor dem Unfall seinen Dienst angetreten, so dass nicht mit einer Übermüdung zu rechnen gewesen sei. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage 10 v. H ...
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Oberarzt der Klinik f. Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin der Otto-von-Guericke-Universität M. Dr. D. das Gutachten vom 6. Oktober 2003. Dieser führte aus, der Kläger habe zu der Diagnose "psychosoziale Einflussfaktoren auf Entwicklung und Erhalt des Schmerzsyndroms" berichtet, er habe damals Sorgen wegen der weiteren beruflichen Laufbahn gehabt. Eine relevante psychische Störung habe er glaubhaft verneint. Die Anamnese habe keine ausreichenden Hinweise für eine relevante psychiatrische Erkrankung des Klägers nach dem Unfall erbracht. Krankheitserscheinungen aus psychiatrischer Sicht lägen nicht vor.
Die Beratungsärztin der Beklagten Dr. S. erklärte am 2. August 2004, der Unfall habe zu einer Beschleunigungsverletzung geführt, deren Behandlungsdauer bis zu sechs Wochen gedauert habe. Darüber hinausgehende Beschwerden seien unfallunabhängig. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bestehe nicht.
Mit Bescheid vom 23. November 2004 erkannte die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 eine Distorsion der Halswirbelsäule, eine Brustkorbprellung und Prellungen der linken Schulter ohne verbliebene nachweisbare Folgen an und lehnte es ab, eine Verletztenrente zu gewähren, weil ein messbarer Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht bestehe. Hiergegen erhob der Kläger am 1. Dezember 2004 Widerspruch und meinte, der Gutachter Prof. Dr. W. sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei dem Unfall vom 19. Juni 2001 nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Aufgrund der Bewegungseinschränkung liege die Minderung der Erwerbsfähigkeit über 10 v. H ... Er sei nicht in der Lage, erhebliche Seitenbewegungen zu machen, ohne dass dies Schmerzen der HWS auslöse. Aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 16. Juni 2003 bestehe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 v. H ... Beide Unfälle ergäben daher eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v. H ... Sein Zustand aufgrund des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 habe sich wesentlich verschlechtert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2005 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, die ab dem 13. August 2001 vorgetragenen Beschwerden seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 19. Juni 2001 zurück zu führen. Die Unfallfolgen seien folgenlos ausgeheilt. Das Beschwerdebild werde durch erhebliche degenerative Veränderungen der HWS erklärt. Der Widerspruchsbescheid ist dem Kläger auf dem Postweg zugegangen.
Mit der am 22. August 2005 vor dem Sozialgericht Stendal erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt und sein Vorbringen vertieft.
Das Sozialgericht hat den Arzt für Orthopädie Dr. E. mit der Erstattung des Gutachtens vom 3. April 2006 beauftragt. Dieser hat bei dem Kläger ein HWS-Syndrom mit Hinterkopf-Nacken-Schulterschmerzen auf dem Boden eines anlagebedingten engen Spinalkanales bei initialen degenerativen Veränderungen, ein rezidivierendes LWS-Syndrom mit belastungsabhängigen Lumbalgien bei deutlichen muskulären Verspannungen und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenkes nach Umknicktrauma mit knöcherner Kahnbeinverletzung diagnostiziert. Röntgenologisch sei eine Steilstellung der HWS ohne Seitabweichung zur Darstellung gekommen. Zwischen den Halswirbelkörpern 4 bis 7 bestünden initiale rückenwärts gelegene degenerative Veränderungen. Verschleißerscheinungen an den kleinen Wirbelgelenken seien nur initial ausgebildet. Das MRT. aus Oktober 2001 zeige einen relativ engen cervikalen Spinalkanal mit diskreten dorsalen Spondylophyten zwischen C3 bis C7, die zu einer zusätzlichen Einengung führten. Das MRT. vom 17. März 2006 zeige im Vergleich zu Oktober 2001 einen unveränderten Befund. Bei geringen Osteochondroseveränderungen mit geringen spondylotischen Kantenausziehungen in Höhe C4/5 bis C6/7 fände sich ein anlagemäßig relativ enger Spinalkanal. Die HWS sei in ihrer Funktion über das Altersmaß eingeschränkt. Keine der diagnostizierten Gesundheitsstörungen seien im Sinne der erstmaligen Entstehung oder im Sinne einer richtungsgebenden Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens ursächlich auf den Unfall vom 19. Juni 2001 zurückzuführen. Das Unfallereignis sei im Sinne einer vorübergehenden, nicht Richtung gebenden Verschlimmerung einer vorbestehenden Schadensanlage zu werten. Das Unfallereignis vom 19. Juni 2001 habe keine strukturellen Verletzungen der HWS oder der Schulter verursacht. Es sei wahrscheinlich zu einer Distorsion gekommen, die auf eine anlagebedingt veränderte HWS getroffen sei. Aufgrund der ersten Diagnose - Thoraxprellung - könne angenommen werden, dass es sich nicht um einen gravierenden Beschwerdekomplex seitens der HWS gehandelt habe. Es sei auch keine differenzierte Behandlung eingeleitet worden. Der Kläger sei noch in der Lage gewesen, seinen Urlaub anzutreten. Es habe sich somit um eine leichte Beschleunigungsverletzung der HWS (Verletzungsgrad I nach Erdmann) gehandelt. Dabei handele es sich morphologisch um Muskel- und Bandzerrungen ohne nennenswerte Einblutungen in die verletzten Gewebestrukturen oder Einrisse an den Gelenkkapseln und Bandapparaten ohne wesentliche primäre Bandscheibenbeteiligung. Eine gröbere Verletzung hätte zu einer Einblutung in die umliegenden Strukturen mit sofortigen bis nur gering verzögert auftretenden heftigen Beschwerden und sofortigen Schluckbeschwerden führen müssen. Diese habe der Kläger aber ausdrücklich verneint. Eine derartige Beschleunigungsverletzung sei üblicherweise nach sechs Wochen ausbehandelt, spätestens innerhalb des ersten Jahres nach dem Unfall. Es liege der typische Verlauf einer schicksalsmäßig aufgetretenen Beschwerdesymptomatik vor. Die zögerliche Besserung der Symptomatik mit den noch bestehenden Restbeschwerden und Bewegungseinschränkungen seien unschwer mit den in den bildgebenden Verfahren nachgewiesenen Veränderungen in Einklang zu bringen. Die anlagebedingten Veränderungen hätten mit großer Wahrscheinlichkeit auch bei üblichen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne einen besonderen äußeren Anlass zu den Gesundheitsstörungen geführt. Sie seien die wesentliche Ursache der Gesundheitsstörungen. Dem Gutachten beigefügt war ein Bericht des Chefarztes der Radiologischen Abteilung des Altmark-Klinikums G. Dr. B. mit der Auswertung des MRT. vom 17. März 2006.
Der Kläger hat die Stellungnahme von Prof. Dr. W. vom 9. August 2006 vorgelegt, worin dieser Dr. E. widerspricht. Eine richtunggebende Verschlimmerung einer vorbestehenden Schadensanlage könne nicht gegeben sein, weil vor dem Unfall keine Behandlungen aktenkundig seien.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2007 hat das Sozialgericht Stendal die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, der Arbeitsunfall vom 19. Juni 2001 habe nach den Ausführungen des Sachverständigen. Dr. E. und der Beratungsärztin Dr. S. eine folgenlos ausgeheilte Distorsion der Halswirbelsäule, eine Brustkorbprellung und Prellungen der linken Schulter verursacht. Der erhebliche Vorschaden sei bildtechnisch gesichert und eingehend beschrieben. Verletzungszeichen seien keine gefunden worden. Bei einer traumatisch erheblichen Schädigung der Halswirbelsäule wäre es zwingend notwendig gewesen, sofortige ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der degenerative Prozess sei zwar nach dem Unfallzeitpunkt hervorgetreten, aber nicht durch das Ereignis wesentlich verursacht worden. SR P. habe weder eine Beschleunigungsverletzung der HWS diagnostiziert, noch diesbezüglich eine Behandlung eingeleitet. Eine stärkere Beschleunigungsverletzung als eine nach Grad 1 komme daher nicht in Betracht. Behandlungsbedürftigkeit habe bis zu sechs Wochen bestanden.
Gegen den am 1. Juni 2007 zugegangenen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 7. Juni 2007 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Gesundheitsschäden seien nicht auf vorbestehende degenerative Veränderungen zurückzuführen. Eine richtunggebende Verschlimmerung eines vorbestehenden Schadens - wie Dr. E. ausgeführt hat - liege nicht vor, weil vor dem Unfall keinerlei Behandlungen wegen Beschwerden der HWS erfolgt seien. Dass er sich nicht sofortiger ärztlicher Hilfe bedient habe, sei dem Urlaub geschuldet gewesen, den er unmittelbar nach dem Unfall angetreten habe. Unmittelbar nach seinem Urlaubsantritt habe er ärztliche Hilfe in Anspruch genommen. Da sich aus dem Unfall eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 v. H. ergebe, sei mit dem Unfall vom 16. Juni 2003 der Stützrententatbestand erfüllt. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. W. vom 18. Januar 2003 sei Folge des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 eine Funktionsstörung der HWS-Beweglichkeit mit Schmerzen im Sinne eines cervikalen Pseudoradikulärsyndroms mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche hinaus um mindestens 10 v. H ... Dies habe die Beklagte auch anerkannt, so z. B. gegenüber der Barmer Ersatzkasse. Erst nach dem zweiten Unfall habe die Beklagte an den schlüssigen und nachvollziehbaren gutachtlichen Feststellungen gezweifelt. Die von Dr. S. eingegrenzte unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit auf sechs Wochen widerspreche den über sechs Wochen hinaus bestehenden Beschwerden. Von einer Ausheilung innerhalb von drei Monaten könne angesichts mehrerer stationärer Aufenthalte bis zum 17. Januar 2002 wegen des Zervikal-Syndroms nicht ausgegangen werden. Er leide noch heute unter den Beschwerden. Es sei nicht nachvollziehbar, wie das Zervikal-Syndrom entstanden sein könne. Prof. Dr. W. habe in dem vom Landessozialgericht nach § 109 SGG veranlassten Gutachten vom 14. Juli 2010 die Frage zu den Gesundheitsstörungen fehlerhaft beantwortet, indem er nur auf die derzeitigen Gesundheitsstörungen Bezug genommen habe. Dementsprechend sei auch die Frage zur Wahrscheinlichkeit der Verursachung fehlerhaft beantwortet.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 18. Mai 2007 aufzuheben,
den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2005 abzuändern,
festzustellen, dass das cervikale Pseudoradikulärsyndrom Folge des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 ist und
die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 23. Juni 2001 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die
Entscheidungsgründe:
des angefochtenen Gerichtsbescheides. Insbesondere sei das vom Landessozialgericht eingeholte Gutachten von Dr. R. schlüssig und überzeugend.
Das Landessozialgericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten zum Unfall vom 16. Mai 2003 mit dem Az. 3 03 05864 M beigezogen. Aus dem darin befindlichen Durchgangsarztbericht von SR P. vom 16. Juni 2003 ergibt sich, dass der Kläger am 16. Juni 2003 beim Verladen von Zucker ausgerutscht und mit dem rechten Fuß umgeknickt sei. Das Erste Rentengutachten vom 16. Juni 2004 von dem Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik d. J.-Krankenhauses G. Dr. J. weist als Folgen des Unfalls vom 16. Juni 2003 eine endgradige Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk rechts, schmerzhafte Bewegungen im unteren Sprunggelenk beim Senken des Fußaußenrandes rechts, chronische Kapselweichteilschwellung im Fußwurzelbereich rechts und belastungsabhängige Beschwerden aus und beziffert die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 10 v. H. bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Unfall. Mit Schreiben vom 19. Juli 2004 teilte die für den Unfall vom 16. Juni 2003 zuständige Bezirksverwaltung der Beklagten der für den Unfall vom 19. Juni 2001 zuständigen Bezirksverwaltung mit, sie beabsichtige die Minderung der Erwerbsfähigkeit für den Unfall vom 16. Juni 2003 auf 10 v. H. mit einer Nachuntersuchung für den 1. Dezember 2005 festzustellen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 14. Dezember 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente aus dem Arbeitsunfall vom 16. Juni 2003 ab, weil eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grad über die 26. Woche hinaus nicht bestanden habe.
Das Landessozialgericht hat den Facharzt f. Neurochirurgie des Zentrums für Rückenmarkverletzte und Klinik f. Orthopädie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. Dr. R. mit der Erstattung des Gutachtens vom 7. April 2009 beauftragt. Dieser hat ausgeführt, der Kläger habe am 19. Juni 2001 ein Trauma mit Brustkorb- und Schulterprellung sowie eine HWS-Distorsion 1. Grades erlitten. Der Nachweis eines unfallbedingten Körperschadens der HWS habe zu keinem Zeitpunkt nach diesem Ereignis geführt werden können. Gehe man initial nach dem Trauma von einer bildgebungstechnisch nicht nachweisbaren Irritation der cervikalen Gelenk- und Muskelstrukturen aus, so könne von einer Ausheilung der Beschwerden innerhalb von sechs Wochen bis maximal drei Monaten ausgegangen werden. Persistierenden Beschwerden müssten andere Ursachen zugrunde gelegt werden, wie eine psychosomatische Fehlverarbeitung des Unfalls oder vorbestehende degenerative Veränderungen. Letztere lägen bei dem Kläger vor und seien nicht Unfallfolge. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit habe nach Ablauf von drei Monaten nach dem Unfall nicht bestanden.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Landessozialgericht Prof. Dr. W. mit der Erstattung des Gutachtens vom 14. Juli 2010 beauftragt. Dieser hat ausgeführt, der Kläger leide an mäßiggradigen Bewegungseinschränkungen im HWS-Bereich bei der Drehung nach rechts sowie Seitneigung nach rechts mit Muskelverspannungen des Schulter-Nacken-Bereiches mit Schmerz links. Es liege eine leichtgradige Funktionsstörung der HWS-Beweglichkeit vor. Eine Beschleunigungsverletzung der HWS sei nicht zu sichern. Die nach dem Unfall aufgetretenen Nackenbeschwerden des Klägers mit Bewegungseinschränkungen der HWS durch Muskelspasma und mit Druckpunkten sei nach der Quebec-Klassifikation dem Typ II zuzuordnen. Diese Verletzungen heilten unter normalen Bedingungen stets folgenlos aus und hinterließen keine Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche hinaus. 90 % der Verletzungen seien leichtgradig. Die Häufigkeit von chronischen Quebec-Typ I und II (Beschwerdedauer über 6 Monate) Beschwerden werde mit 10 bis 18 % angegeben. In verschiedenen Untersuchungen sei aber festgestellt worden, dass die Häufigkeit chronischer Nackenschmerzen, die nach dem Unfall angegeben worden seien, ebenso groß sei, wie die in der Gesamtbevölkerung bzw. in Kollektiven ohne Unfall in der Anamnese. Dem Unfall komme daher bei der Genese der chronischen Beschwerden keine Bedeutung zu. Die Kernspintomographie sei für Weichteilverletzungen infolge ihrer großen Sensibilität das Diagnosemittel der Wahl. Durch das MRT vom 12. Oktober 2001 seien Frakturen, Hämatome bzw. eine Läsion des Rückenmarkes ausgeschlossen worden. Zu Dr. E. sei kritisch anzumerken, dass die degenerativen Veränderungen lediglich sehr diskret ausgebildet gewesen seien. Die Nervenwurzeln im HWS-Bereich seien in den Foramina nicht eingeengt gewesen. Dr. R. sei in seiner Beurteilung, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Beschwerden und dem Unfall sei nicht hinreichend wahrscheinlich, zu folgen. Das Ergebnis des von ihm seinerzeit unterzeichneten Zusammenhangsgutachtens revidiere er. Die festgestellten Gesundheitsstörungen seien mit einer Wahrscheinlichkeit, der keine ernsten Zweifel entgegenstünden, nicht auf den Unfall vom 19. Juni 2001 zurückzuführen. Schäden an der HWS seien nicht nachzuweisen, anlagebedingte körperliche Anomalien nicht richtungsgebend verändert worden. Die diskrete Schadensanlage des Klägers sei nicht soweit fortgeschritten oder so leicht ansprechbar gewesen, dass es für den Schadenseintritt nur noch einer geringfügigen Belastung bedurft hätte. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit habe nach Ablauf von sechs Monaten unter 10 v. H. betragen.
Dem Senat hat bei der Verhandlung und Entscheidungsfindung die Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Az. 4 01 07256 Q vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2005 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung des cervikalen Pseudoradikulärsyndroms als zusätzliche Folge des anerkannten Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001 und auf die Gewährung einer Verletztenrente - auch nicht als Stützrente - nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 v. H ...
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge des Versicherungsfalls (Arbeitsunfalls) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, einen Anspruch auf eine Verletztenrente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht nach § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII sind die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 23. November 2004 den Unfall vom 19. Juni 2001 mit einer Distorsion der Halswirbelsäule, einer Brustkorbprellung, Prellungen der linken Schulter ohne verbliebene nachweisbare Folgen anerkannt. Das von dem Kläger darüber hinaus als Unfallfolge geltend gemachte cervikale Pseudoradikulärsyndrom ist nicht im Sinne von § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII durch den Versicherungsfall verursacht, denn es ist nicht Folge des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2001.
Dass der Kläger an einem Cervikalsyndrom leidet, steht für den Senat nach den Gutachten von Dr. E. und Dr. R. zweifelsfrei fest. Dr. R. hat eine Bewegungseinschränkung der HWS des Klägers in der Rückneigung und in der Drehung sowie bei der Seitneigung beidseits festgestellt. Dr. E. hat schmerzhafte Einschränkungen der Beweglichkeit der HWS bei der Rückneigung, bei der Seitneigung in beide Richtungen und bei der Drehung rechts angegeben. Beide Gutachter haben einen Druckschmerz an der linken Seite der HWS beschrieben.
Ähnliche Beschwerden hat auch Prof. Dr. W. in seinem Gutachten beschrieben. Danach war die Beweglichkeit der HWS in der Vor- und Rückneigung gering eingeschränkt. Die Seitneigung rechts war dem Kläger gering und die Drehbewegung in beiden Richtungen um ca. 1/3 bis 1/2 reduziert möglich. Alle Sachverständigen. haben einen Druckschmerz der linken Seite der HWS festgestellt. Einen Druckschmerz an der linken Seite der HWS hat auch Prof. Dr. W. beschrieben.
Bei diesen Beschwerden handelt es sich nach der Diagnose von Dr. R. um ein Cervikalsyndrom.
Dieses Cervikalsyndrom ist jedoch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 19. Juni 2001 zurückzuführen. Eine nachgewiesene Gesundheitsstörung ist Folge eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsstörung entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII besteht. Dabei gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht.
Der Senat hat in diesem Sinne ernste Zweifel an dem Ursachenzusammenhang zwischen den ab dem 16. August 2001 nachgewiesenen Beschwerden der HWS und dem Arbeitsunfall vom 19. Juni 2001. Denn es fehlt zwischen dem Arbeitsunfall und den Beschwerden ein zeitlicher Zusammenhang.
Es ist zunächst nicht gesichert, dass sich der Kläger bei dem Unfall eine Verletzung der HWS zugezogen hat. Der erstbehandelnde Arzt SR P. hat als Befund eine Schulterprellung aufgenommen und eine Thoraxprellung diagnostiziert. Medizinische Belege für eine fehlerhafte Diagnose liegen keine vor.
Aber auch wenn man eine Verletzung der HWS annimmt, hätte es sich nach den überzeugenden Ausführungen der Gutachter Prof. Dr. W., Dr. R. und Dr. E. um eine leichte Verletzung gehandelt. Prof. Dr. W. hat die bei dem Kläger nach dem Arbeitsunfall aufgetretenen Nackenbeschwerden mit Bewegungseinschränkungen der HWS durch Muskelspasma nach der Quebec-Klassifikation dem Typ II, und damit einer leichten Verletzung, zugeordnet. Auch die Sachverständigen. Dr. R. und Dr. E. sowie der behandelnde Orthopäde Dr. G. haben die Verletzungen als leichte Verletzungen I. Grades bezeichnet.
Für eine höchstens leichte Verletzung spricht auch das Verhalten des Klägers nach dem Unfall. Er konnte sich noch selbst aus der Fahrkabine befreien und hat laut Vermerk des Polizeibeamten im Verkehrsunfallbericht keine Verletzungen angegeben. Der Kläger hat sich auch nicht sogleich in ärztliche Behandlung begeben, sondern erst am Folgetag. SR P. hat ihm eine Arbeitsunfähigkeit für drei Tage bescheinigt. Anschließend hat der Kläger, ohne die Behandlung fortzusetzen, Urlaub auf Gran Canaria gemacht. Dr. E. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass eine gröbere Verletzung - als eine Verletzung ersten Grades - zu einer Einblutung in die umliegenden Strukturen mit sofortigen bis nur gering verzögert auftretenden heftigen Beschwerden, insbesondere sofortigen Schluckbeschwerden, geführt hätte. Über Schluckbeschwerden und heftige Beschwerden unmittelbar nach dem Unfall hat der Kläger aber nicht berichtet. Bildtechnische Befunde sind vor dem 16. August 2001 nicht erhoben worden. Damit ist eine gröbere Verletzung der HWS weder klinisch noch bildtechnisch nachgewiesen. Insbesondere fehlt es, worauf Prof. Dr. W. hingewiesen hat, an einem Nachweis einer Weichteilverletzung. Das am 12. Oktober 2001 gefertigte MRT. der HWS hat keine Frakturen, Hämatome bzw. keine Läsion des Rückenmarkes gezeigt. Derartige Verletzungen hat Dr. A. in seinem Befundbericht zum MRT nicht beschrieben.
Eine derart leichte Verletzung I. Grades (bzw. des Typs II nach der Quebec-Klassifikation) wäre in der Regel innerhalb von sechs Wochen nach dem Unfall ausgeheilt gewesen. Hierauf haben die Sachverständigen. Dr. E. und Dr. R. hingewiesen. Dass dies bei dem Kläger nicht der Fall gewesen wäre, ist nach den gesamten Umständen nicht ersichtlich. Der Kläger war mit den Beschwerden vor Ablauf von sechs Wochen nur einmal am Folgetag des Unfalls bei SR P. in Behandlung. Weitere Behandlungen sind innerhalb der sechs Wochen nicht dokumentiert. Auch war der Kläger nur für kurze Zeit wegen der Folgen des Arbeitsunfalls arbeitsunfähig erkrankt. Erst am 13. August 2001 - mithin knapp acht Wochen nach dem Unfall - hat sich der Kläger mit Schulterbeschwerden erneut bei SR P. in Behandlung begeben. Soweit er behauptet, er habe zwei Tage nach seinem Urlaubsantritt am Urlaubsort einen Arzt aufgesucht und die Beschwerden mit Medikamenten gelindert, ist dies nicht dokumentiert. Dies kann aber dahingestellt bleiben. Denn zwischen dem behaupteten Arztbesuch am 24. Juni 2001 und dem erneuten Aufsuchen von SR P. am 13. August 2001 lagen mehr als sechs Wochen. Es fehlt insoweit an Brückensymptomen, die darauf schließen ließen, dass die am 13. August 2001 geklagten Beschwerden aus dem knapp acht Wochen zuvor erlittenen Arbeitsunfall ursächlich herrühren.
Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Arbeitsunfall und den ab dem 13. August 2001 geklagten Beschwerden haben auch die Sachverständigen. Dr. E., Dr. R. und Prof. Dr. W. im Ergebnis übereinstimmend abgelehnt. Den entgegenstehenden Einschätzungen der behandelnden Ärzte Dr. G. und Prof. Dr. K. zum Ursachenzusammenhang folgt der Senat nicht.
Schließlich gibt es für die ab dem 13. August 2001 behandelten Beschwerden des Klägers an der HWS sowie die im Oktober 2001 festgestellten multiplen Blockierungen der HWS eine einleuchtende Erklärung. Nach dem MRT vom 12. Oktober 2001 liegt bei dem Kläger ein enger cervikaler Spinalkanal mit diskreteren dorsalen Spondylophyten, die zusätzlich den ventralen Subarachnoidalraum einengen, vor. Dies hat Dr. A. nach Auswertung des MRT vom 12. Oktober 2001 festgestellt. Dabei handelt es sich nach den Ausführungen von Dr. E. und Prof. Dr. W. um ein anlagebedingtes Leiden. Mit dieser Enge lässt sich das ab dem 13. August 2001 bei dem Kläger bestehende Beschwerdebild zwangslos erklären. Der Senat folgt hier den überzeugenden Ausführungen von Dr. E ... Danach hätten diese anlagebedingten Veränderungen mit großer Wahrscheinlichkeit bei üblichen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne einen besonderen äußeren Anlass zu den Gesundheitsstörungen geführt. Auch Dr. R. hat die persistierenden Beschwerden den degenerativen Veränderungen zugeschrieben.
Anhaltspunkte für eine psychosomatische Fehlverarbeitung des Unfalls, auf die Dr. R. als weitere mögliche Ursache hingewiesen hat, bestehen nicht. Dr. D. hat nach Begutachtung des Klägers keine psychische Erkrankung seit dem Unfallereignis vom 19. Juni 2001 festgestellt.
Da die über den 13. August 2001 hinaus bei dem Kläger bestehenden Beschwerden nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 19. Juni 2001 zurückzuführen sind, steht dem Kläger auch keine Verletztenrente aus dem Unfallereignis zu. Der Kläger hat daher auch keinen Anspruch auf die Feststellung einer Stützrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 v. H ...
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Voraussetzungen nach § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved