Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 247/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 32/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 57/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Kassenärztliche Vereinigung kann einen zwischenzeitlich ausgeschiedenen Gesellschafter der ehemaligen Gemeinschaftspraxis wegen Überzahlung des Arztkontos in Anspruch nehmen.
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 41.387,09 EUR zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Rückzahlung zu viel geleisteten Honorars in Höhe von 41.387,09 EUR.
Der Beklagte war in der Zeit vom 01.03.2006 bis zum 11.05.2007 zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Klägerin zugelassen und führte mit den Ärztinnen Dres. med. C. und D. eine Gemeinschaftspraxis unter der Arztnummer 1xxxx. Er beendete seine Zulassung durch Verzichtserklärung am 11.05.2007. Die beiden Ärztinnen führten die Gemeinschaftspraxis fort unter der Abrechnungsnummer 2xxxx.
Die klagende Kassenärztliche Vereinigung Hessen wandte sich unter Datum vom 06.07.2009 an den Beklagten und wies darauf hin, sie habe ihm bereits mit Kurzbrief vom 29.02.2008 nachrichtlich ein Schreiben an die Partnerinnen der ehemaligen Berufausübungsgemeinschaft übersandt, in dem sie die Überzahlung des Honorarkontos von 126.784,88 EUR zurückgefordert habe. Die Partnerinnen hätten sich bereit erklärt, ihre Anteile der Überzahlung in Höhe von 84.523,25 EUR auszugleichen. Um einen Kontoausgleich zu erreichen, bitte sie um Überweisung des Anteils des Beklagten in Höhe von 41.387,09 EUR. Hieran erinnerte sie den Beklagten mit Schreiben vom 03.08.2009 und setzte eine Frist bis zum 31.08.2009.
Die Klägerin hat am 30.03.2010 die Klage erhoben. Zur Begründung ihres Zahlungsanspruches verweist sie auf die Überzahlung des Arztkontos der Gemeinschaftspraxis hin und auf die bisher erfolglose Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Beklagten. Aufgrund einer nachträglichen Honorargutschrift für das Quartal I/07 habe sich die anteilige Rückforderungssumme von zunächst 42.261,63 EUR auf 41.987,09 EUR reduziert. Auch der nach Fristverstreichung geführte Schriftverkehr habe kein Ergebnis gebracht. Vielmehr werde darin der Anspruch dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Weiterhin werde bestritten, den Rückforderungsanspruch jedem einzelnen Gesellschafter gegenüber geltend zu machen. Selbst nachdem sie die Kontoauszüge für die Quartale I/06 bis einschl. II/09 übermittelt habe und anhand einer Übersicht die Historie der Überzahlung dargestellt habe, verweigere der Beklagte weiterhin beharrlich, den Überzahlungsbetrag auszugleichen. Die Überzahlung sei in erster Linie auf zu hoch bemessener Abschlagszahlungen, aber auch auf ÄBD-Umlagen und Honorarkorrekturen zurückzuführen. Für Gesellschaftsschulden hafteten neben der Gesellschaft die Gesellschafter analog § 128 HGB (gesamtschuldnerische Gesellschafterhaftung) persönlich und in uneingeschränktem Umfang mit ihrem Privatvermögen. Sie habe ein Wahlrecht, ob sie Honorarrückforderungen gegen die frühere Gemeinschaftspraxis richte oder einen oder alle ehemaligen Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Gesamtschuldner aus ihrem persönlichen Vermögen in Anspruch nehme. Sie habe auch den Status der Gemeinschaftspraxis nicht außer acht gelassen. Der Anteil des Beklagten betrage nur 1/3 der Gesamtschuld. Sie habe die Kontoauszüge vorgelegt, die nachvollziehbar seien. Der Betrag vom 29.05.2007 in Höhe von 7.314,16 EUR beziehe sich auf die BSNR 3xxxx. Diese BSNR habe die Gemeinschaftspraxis mit Herrn Dr. F., den beiden Ärztinnen und den Beklagten betroffen. Herr Dr. F. sei zum 28.02.2006 aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschieden. Die Gemeinschaftspraxis sei unter der BSNR 1xxxx mit den übrigen Gesellschaftern fortgeführt worden und dementsprechend sei eine Belastung aus der Überzahlung aus dem Quartal IV/06 vorgenommen worden. Sie vergebe bei jeder Veränderung der Gemeinschaftspraxis eine neue Abrechnungsnummer. Für die rechtliche Zuordnung von Zahlungen oder Zahlungsansprüchen komme es nicht auf die verwaltungsinterne Vergabe der Abrechnungs- bzw. Kontonummer an. Die Belastung des Kontos der Gemeinschaftspraxis mit Datum vom 24.05.2007 in Höhe von 30.000,00 EUR beziehe sich auf die Abschlagszahlung im Mai 2007. Bei der Vereinbarung vom 30.05.2007 habe es sich um eine Überzahlung des Honorarkontos aus dem Quartal IV/06 in Höhe von insgesamt 99.044,37 EUR gehandelt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 41.387,09 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bestreite, dass eine Überzahlung in Höhe von 126.784,88 EUR aufgelaufen sei. Die Klägerin habe noch nach seinem Ausscheiden das Konto belastet, so u. a. unter dem 29.05.2007 mit dem Betrag von 7.340,16 EUR, der eine andere Betriebsstätten-Nummer getroffen habe. Ferner habe sie die Abschlagsrate im Mai 2007 (Datum 24.05.2007) zugebucht. Weiter enthielten die Kontoauszüge Zahlungen, die sich auf eine offenbar nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaftspraxis getroffene Vereinbarung vom 30.05.2007 bezögen. Etwaige Honorarkürzungen und/oder Regresse habe die Gemeinschaftspraxis zu tragen. Die Gemeinschaftspraxis sei daher sowohl Gläubigerin der Honorarforderung als auch Schuldnerin bei Honorarkürzungen. Auf § 57a SGG könne sich die Klägerin nicht berufen. Es bestehe kein Bedürfnis, den Vertragsarztstatus des aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschiedenen Arztes trotz Ausscheidens aus der vertragsärztlichen Versorgung als Fortbestehen anzuerkennen. Die Klägerin habe grundsätzlich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der vorangegangen Honorarbescheide als Voraussetzung für die von ihr vorgenommene Honorarberichtigung darzustellen. Die Vorlage eines Kontoauszuges genüge hierfür offensichtlich nicht. Die vormaligen Mitgesellschafterinnen müssten beigeladen werden. Der Umstand, dass die beiden Mitgesellschafterinnen nach den Angaben der Klägerin bereits kopfteilige Zahlungen geleistet hätten, entbinde sie weder im Außenverhältnis zu der Klägerin von einer darüber hinausgehenden Verbindlichkeit noch sei damit bereits über die Ausgleichspflicht im Innenverhältnis laut § 426 Abs. 1 BGB entschieden. Auch nach seinem Ausscheiden sei die Gemeinschaftspraxis fortgeführt worden. Die Klägerin könne sich durch Aufrechnung befriedigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist zulässig. Das Sozialgericht Marburg ist zuständig.
In Vertragsarztangelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung ist das Sozialgericht zuständig, in dessen Bezirk die Kassenärztliche Vereinigung oder die Kassenzahnärztliche Vereinigung ihren Sitz hat (§ 57a Abs. 2 SGG). Der Bezirk der Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts beim Sozialgericht Marburg erstreckt sich auf die Bezirke der übrigen Sozialgerichte des Landes Hessen (§ 5 Abs. 2 Hessisches Ausführungsgesetz zum Sozialgerichtsgesetz i. d. F. v. 26.07.1989, GVBl. I 1989, 226, zuletzt geändert durch Gesetz v. 24.11.2009, GVBl. I S. 422). Es handelt sich auch um eine Vertragsarztangelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung, da die von der Klägerin geltend gemachte Forderung in der früheren Tätigkeit des Beklagten als Vertragsarzt wurzelt. Die Klägerin macht einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch geltend, der aufgrund der haftungsrechtlichen Heranziehung des Beklagten aufgrund seiner Gesellschafterstellung nicht zu einer zivilrechtlichen Forderung wird, für die der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet wäre.
Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückzahlung zu viel geleisteten Honorars in Höhe von 41.387,09 EUR gegenüber dem Beklagten. Der Klage war daher stattzugeben.
Die Beklagte hat gegenüber dem Beklagten in Höhe von 41.387,09 EUR einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung des Arztkontos der ehemaligen Gemeinschaftspraxis. Hierfür hat der Kläger als ehemaliger Gesellschafter einzutreten.
Bei der ehemaligen Gemeinschaftspraxis handelte es sich um eine BGB-Gesellschaft nach §§ 705 ff. BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Kammer folgt, besteht in Konsequenz der Anerkennung der beschränkten Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine akzessorische Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Soweit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch persönlich haftet, ist der jeweilige Bestand der Gesellschaftsschuld also auch für die persönliche Haftung maßgebend. Insoweit entspricht das Verhältnis zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung damit der Rechtslage in den Fällen der akzessorischen Gesellschafterhaftung gemäß §§ 128 f. HGB bei der OHG (vgl. BGH, Urt. v. 29.01.2001 – II ZR 331/00 – zitiert nach juris Rdnr. 39). In Fortführung seiner Rechtsprechung stellt der Bundesgerichtshof nunmehr auf eine Analogie zu §§ 128 f. HBG ab (vgl. Ulmer/Schäfer, Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2009, § 714, Rdnr. 35 m.w.N.).
Nach § 128 HGB haften die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam. Der Gesellschafter nach § 129 Abs. 1 HGB können dabei auch Einwendungen der Gesellschaft geltend machen.
Von daher trifft die Auffassung der Beklagten zu, wonach sie berechtigt ist, auch einzelne Gesellschafter der ehemaligen Gemeinschaftspraxis in Anspruch zu nehmen.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Beklagte in der Zeit vom 01.03.2006 bis zum 11.05.2007 mit den Ärztinnen Dres. med. C. und D. in einer Gemeinschaftspraxis, einer BGB-Gesellschaft nach § 705 ff., tätig war.
In Höhe von 41.387,09 EUR bestand auch eine Schuld der Gemeinschaftspraxis. Die Beklagte geht dabei von einer Überzahlung in Höhe von 126.784,88 EUR aus. Die Beklagte hat diese Überzahlung mit Hilfe der Kontoauszüge der damaligen Gemeinschaftspraxis nachgewiesen.
Soweit der Beklagte diese Forderung bestreitet, fehlt es an einer Substantiierung. Der Betrag in Höhe von 7.340,16 EUR im Kontoauszug I/07 folgt aus einer Überzahlung der Gemeinschaftspraxis im Quartal I/06 noch in der Zusammensetzung mit Herrn Dr. F., für die fortbestehende Gemeinschaftspraxis des Klägers mit den beiden Ärztinnen ebf. einzustehen hat. Die Abschlagszahlung Mai 2007 fällt noch in den Zeitraum der Tätigkeit des Klägers, da er noch im Mai tätig war. Auf das Buchungsdatum (24.05.2007) nach seinem Ausscheiden (21.05.2005) kommt es insofern nicht an.
Die Kammer konnte von einer Beiladung der übrigen Gesellschafter der vormaligen Gemeinschaftspraxis absehen, da der Beklagte als persönlich haftender Gesellschafter in Anspruch genommen wurde.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Rückzahlung zu viel geleisteten Honorars in Höhe von 41.387,09 EUR.
Der Beklagte war in der Zeit vom 01.03.2006 bis zum 11.05.2007 zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Klägerin zugelassen und führte mit den Ärztinnen Dres. med. C. und D. eine Gemeinschaftspraxis unter der Arztnummer 1xxxx. Er beendete seine Zulassung durch Verzichtserklärung am 11.05.2007. Die beiden Ärztinnen führten die Gemeinschaftspraxis fort unter der Abrechnungsnummer 2xxxx.
Die klagende Kassenärztliche Vereinigung Hessen wandte sich unter Datum vom 06.07.2009 an den Beklagten und wies darauf hin, sie habe ihm bereits mit Kurzbrief vom 29.02.2008 nachrichtlich ein Schreiben an die Partnerinnen der ehemaligen Berufausübungsgemeinschaft übersandt, in dem sie die Überzahlung des Honorarkontos von 126.784,88 EUR zurückgefordert habe. Die Partnerinnen hätten sich bereit erklärt, ihre Anteile der Überzahlung in Höhe von 84.523,25 EUR auszugleichen. Um einen Kontoausgleich zu erreichen, bitte sie um Überweisung des Anteils des Beklagten in Höhe von 41.387,09 EUR. Hieran erinnerte sie den Beklagten mit Schreiben vom 03.08.2009 und setzte eine Frist bis zum 31.08.2009.
Die Klägerin hat am 30.03.2010 die Klage erhoben. Zur Begründung ihres Zahlungsanspruches verweist sie auf die Überzahlung des Arztkontos der Gemeinschaftspraxis hin und auf die bisher erfolglose Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Beklagten. Aufgrund einer nachträglichen Honorargutschrift für das Quartal I/07 habe sich die anteilige Rückforderungssumme von zunächst 42.261,63 EUR auf 41.987,09 EUR reduziert. Auch der nach Fristverstreichung geführte Schriftverkehr habe kein Ergebnis gebracht. Vielmehr werde darin der Anspruch dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Weiterhin werde bestritten, den Rückforderungsanspruch jedem einzelnen Gesellschafter gegenüber geltend zu machen. Selbst nachdem sie die Kontoauszüge für die Quartale I/06 bis einschl. II/09 übermittelt habe und anhand einer Übersicht die Historie der Überzahlung dargestellt habe, verweigere der Beklagte weiterhin beharrlich, den Überzahlungsbetrag auszugleichen. Die Überzahlung sei in erster Linie auf zu hoch bemessener Abschlagszahlungen, aber auch auf ÄBD-Umlagen und Honorarkorrekturen zurückzuführen. Für Gesellschaftsschulden hafteten neben der Gesellschaft die Gesellschafter analog § 128 HGB (gesamtschuldnerische Gesellschafterhaftung) persönlich und in uneingeschränktem Umfang mit ihrem Privatvermögen. Sie habe ein Wahlrecht, ob sie Honorarrückforderungen gegen die frühere Gemeinschaftspraxis richte oder einen oder alle ehemaligen Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Gesamtschuldner aus ihrem persönlichen Vermögen in Anspruch nehme. Sie habe auch den Status der Gemeinschaftspraxis nicht außer acht gelassen. Der Anteil des Beklagten betrage nur 1/3 der Gesamtschuld. Sie habe die Kontoauszüge vorgelegt, die nachvollziehbar seien. Der Betrag vom 29.05.2007 in Höhe von 7.314,16 EUR beziehe sich auf die BSNR 3xxxx. Diese BSNR habe die Gemeinschaftspraxis mit Herrn Dr. F., den beiden Ärztinnen und den Beklagten betroffen. Herr Dr. F. sei zum 28.02.2006 aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschieden. Die Gemeinschaftspraxis sei unter der BSNR 1xxxx mit den übrigen Gesellschaftern fortgeführt worden und dementsprechend sei eine Belastung aus der Überzahlung aus dem Quartal IV/06 vorgenommen worden. Sie vergebe bei jeder Veränderung der Gemeinschaftspraxis eine neue Abrechnungsnummer. Für die rechtliche Zuordnung von Zahlungen oder Zahlungsansprüchen komme es nicht auf die verwaltungsinterne Vergabe der Abrechnungs- bzw. Kontonummer an. Die Belastung des Kontos der Gemeinschaftspraxis mit Datum vom 24.05.2007 in Höhe von 30.000,00 EUR beziehe sich auf die Abschlagszahlung im Mai 2007. Bei der Vereinbarung vom 30.05.2007 habe es sich um eine Überzahlung des Honorarkontos aus dem Quartal IV/06 in Höhe von insgesamt 99.044,37 EUR gehandelt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 41.387,09 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bestreite, dass eine Überzahlung in Höhe von 126.784,88 EUR aufgelaufen sei. Die Klägerin habe noch nach seinem Ausscheiden das Konto belastet, so u. a. unter dem 29.05.2007 mit dem Betrag von 7.340,16 EUR, der eine andere Betriebsstätten-Nummer getroffen habe. Ferner habe sie die Abschlagsrate im Mai 2007 (Datum 24.05.2007) zugebucht. Weiter enthielten die Kontoauszüge Zahlungen, die sich auf eine offenbar nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaftspraxis getroffene Vereinbarung vom 30.05.2007 bezögen. Etwaige Honorarkürzungen und/oder Regresse habe die Gemeinschaftspraxis zu tragen. Die Gemeinschaftspraxis sei daher sowohl Gläubigerin der Honorarforderung als auch Schuldnerin bei Honorarkürzungen. Auf § 57a SGG könne sich die Klägerin nicht berufen. Es bestehe kein Bedürfnis, den Vertragsarztstatus des aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschiedenen Arztes trotz Ausscheidens aus der vertragsärztlichen Versorgung als Fortbestehen anzuerkennen. Die Klägerin habe grundsätzlich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der vorangegangen Honorarbescheide als Voraussetzung für die von ihr vorgenommene Honorarberichtigung darzustellen. Die Vorlage eines Kontoauszuges genüge hierfür offensichtlich nicht. Die vormaligen Mitgesellschafterinnen müssten beigeladen werden. Der Umstand, dass die beiden Mitgesellschafterinnen nach den Angaben der Klägerin bereits kopfteilige Zahlungen geleistet hätten, entbinde sie weder im Außenverhältnis zu der Klägerin von einer darüber hinausgehenden Verbindlichkeit noch sei damit bereits über die Ausgleichspflicht im Innenverhältnis laut § 426 Abs. 1 BGB entschieden. Auch nach seinem Ausscheiden sei die Gemeinschaftspraxis fortgeführt worden. Die Klägerin könne sich durch Aufrechnung befriedigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist zulässig. Das Sozialgericht Marburg ist zuständig.
In Vertragsarztangelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung ist das Sozialgericht zuständig, in dessen Bezirk die Kassenärztliche Vereinigung oder die Kassenzahnärztliche Vereinigung ihren Sitz hat (§ 57a Abs. 2 SGG). Der Bezirk der Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts beim Sozialgericht Marburg erstreckt sich auf die Bezirke der übrigen Sozialgerichte des Landes Hessen (§ 5 Abs. 2 Hessisches Ausführungsgesetz zum Sozialgerichtsgesetz i. d. F. v. 26.07.1989, GVBl. I 1989, 226, zuletzt geändert durch Gesetz v. 24.11.2009, GVBl. I S. 422). Es handelt sich auch um eine Vertragsarztangelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung, da die von der Klägerin geltend gemachte Forderung in der früheren Tätigkeit des Beklagten als Vertragsarzt wurzelt. Die Klägerin macht einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch geltend, der aufgrund der haftungsrechtlichen Heranziehung des Beklagten aufgrund seiner Gesellschafterstellung nicht zu einer zivilrechtlichen Forderung wird, für die der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet wäre.
Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückzahlung zu viel geleisteten Honorars in Höhe von 41.387,09 EUR gegenüber dem Beklagten. Der Klage war daher stattzugeben.
Die Beklagte hat gegenüber dem Beklagten in Höhe von 41.387,09 EUR einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung des Arztkontos der ehemaligen Gemeinschaftspraxis. Hierfür hat der Kläger als ehemaliger Gesellschafter einzutreten.
Bei der ehemaligen Gemeinschaftspraxis handelte es sich um eine BGB-Gesellschaft nach §§ 705 ff. BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Kammer folgt, besteht in Konsequenz der Anerkennung der beschränkten Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine akzessorische Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Soweit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch persönlich haftet, ist der jeweilige Bestand der Gesellschaftsschuld also auch für die persönliche Haftung maßgebend. Insoweit entspricht das Verhältnis zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung damit der Rechtslage in den Fällen der akzessorischen Gesellschafterhaftung gemäß §§ 128 f. HGB bei der OHG (vgl. BGH, Urt. v. 29.01.2001 – II ZR 331/00 – zitiert nach juris Rdnr. 39). In Fortführung seiner Rechtsprechung stellt der Bundesgerichtshof nunmehr auf eine Analogie zu §§ 128 f. HBG ab (vgl. Ulmer/Schäfer, Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2009, § 714, Rdnr. 35 m.w.N.).
Nach § 128 HGB haften die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam. Der Gesellschafter nach § 129 Abs. 1 HGB können dabei auch Einwendungen der Gesellschaft geltend machen.
Von daher trifft die Auffassung der Beklagten zu, wonach sie berechtigt ist, auch einzelne Gesellschafter der ehemaligen Gemeinschaftspraxis in Anspruch zu nehmen.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Beklagte in der Zeit vom 01.03.2006 bis zum 11.05.2007 mit den Ärztinnen Dres. med. C. und D. in einer Gemeinschaftspraxis, einer BGB-Gesellschaft nach § 705 ff., tätig war.
In Höhe von 41.387,09 EUR bestand auch eine Schuld der Gemeinschaftspraxis. Die Beklagte geht dabei von einer Überzahlung in Höhe von 126.784,88 EUR aus. Die Beklagte hat diese Überzahlung mit Hilfe der Kontoauszüge der damaligen Gemeinschaftspraxis nachgewiesen.
Soweit der Beklagte diese Forderung bestreitet, fehlt es an einer Substantiierung. Der Betrag in Höhe von 7.340,16 EUR im Kontoauszug I/07 folgt aus einer Überzahlung der Gemeinschaftspraxis im Quartal I/06 noch in der Zusammensetzung mit Herrn Dr. F., für die fortbestehende Gemeinschaftspraxis des Klägers mit den beiden Ärztinnen ebf. einzustehen hat. Die Abschlagszahlung Mai 2007 fällt noch in den Zeitraum der Tätigkeit des Klägers, da er noch im Mai tätig war. Auf das Buchungsdatum (24.05.2007) nach seinem Ausscheiden (21.05.2005) kommt es insofern nicht an.
Die Kammer konnte von einer Beiladung der übrigen Gesellschafter der vormaligen Gemeinschaftspraxis absehen, da der Beklagte als persönlich haftender Gesellschafter in Anspruch genommen wurde.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved