Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 237/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 112/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. November 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Der Streitwert für das Klage- und Berufungsverfahren wird auf 30.557,20 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Auszahlung von 30.557,20 EUR aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses im Hinblick auf den Beitragserstattungsantrag des Versicherten M. U. (im Folgenden: Versicherter).
Der am 22. August 1972 geborene Versicherte ist türkischer Staatsangehöriger. Er war vom 1. April 1988 bis 20. September 1989, vom 29. September 1989 bis 30. September 2003 und vom 24. Dezember 2003 bis 23. Dezember 2004 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und anschließend arbeitslos. Eine Pflichtversicherung in der türkischen gesetzlichen Rentenversicherung bestand zu keinem Zeitpunkt (Bestätigung des türkischen Sozialversicherungsträgers vom 17. April 2007). Im Dezember 2004 siedelte er in die Türkei über.
Auf Antrag der Klägerin pfändete das Amtsgericht B. mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 16. Dezember 2005 (Az.: 2 M 22741/05) die "gegenwärtigen und zukünftigen Altersrenten sowie Pensionen" des Versicherten in Höhe von insgesamt 29.321,- EUR zzgl Zinsen. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2005 anerkannte die Beklagte die gepfändete Forderung des Versicherten als begründet an. Mit Schreiben vom 15. Februar 2006 bat die Bundesagentur für Arbeit (Regionaldirektion Baden-Württemberg) die Beklagte um Verrechnung einer Forderung in Höhe von 2.772,- EUR.
Am 12. März 2007 beantragte der Versicherte bei der Beklagten die Erstattung von Beiträgen, da er nicht versicherungspflichtig sei und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung und die Wartefrist von 24 Kalendermonaten erfüllt habe. Als Empfangsbevollmächtigte nannte er Frau S. U ... Die Beklagte holte daraufhin die Auskunft des türkischen Sozialversicherungsträgers vom 17. April 2007 ein, wonach eine Pflichtversicherung in der türkischen gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestehe.
Auf Nachfrage der Beklagten, ob der Beschluss des Amtsgerichts B. noch Gültigkeit besitze und ggfs in welcher Höhe, teilte die Klägerin am 1. Juni 2007 mit, eine Gesamtsumme von 31.659,83 EUR sei offen. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin unter dem 16. Juli 2007 mit, der Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts B. könne nicht ausgeführt werden, da nur der Anspruch auf Altersrente gepfändet sei. Die Klägerin erwirkte sodann den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts S. H. vom 17. August 2007 (Az.: 1 M 2197/07), wonach Forderungen des Versicherten gegen die Beklagte aus "Beitragsrückerstattung nach Wegfall der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung bei ausländischen Versicherten gem. § 210 SGB VI" gepfändet würden. Gegen den Versicherten bestehe eine Gesamtforderung in Höhe von 32.367,40 EUR. Der Schuldner dürfe insoweit nicht über die Forderung verfügen, insbesondere sie nicht einziehen. Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 27. August 2007 zugestellt.
Mit Bescheid vom 13. September 2007 gab die Beklagte dem Antrag auf Beitragserstattung in Höhe von insgesamt 33.329,20 EUR statt. Dabei berücksichtigte sie Beitragszeiten vom 22. September 1989 bis 28. Februar 2004. Der Bescheid wurde dem Versicherten am 8. Oktober 2007 zugestellt. Er enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden könne. Mit Schreiben vom 13. September 2007 übersandte die Beklagte sowohl der Klägerin als auch der Bundesagentur für Arbeit den Bescheid zur Kenntnisnahme. Dem Schreiben an die Klägerin war ein Hinweisblatt beigefügt, wonach aufgrund des vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusse vom Erstattungsbetrag 30.557,20 EUR einbehalten worden seien. Die Auszahlung könne jedoch erst nach Rechtsverbindlichkeit des Bescheids erfolgen. Gegenüber der Bundesagentur für Arbeit teilte die Beklagte im Hinweisblatt mit, aufgrund des Verrechnungsersuchens würden vom Erstattungsbetrag 2.772,- EUR einbehalten und zur Zahlung angewiesen. Die Auszahlung könne jedoch erst nach Rechtsverbindlichkeit des Bescheids erfolgen.
Am 12. Oktober 2007 ging bei der Beklagten das Schreiben des Versicherten vom gleichen Tag per Telefax ein, wonach er hiermit seinen Antrag auf Beitragserstattung wieder zurücknehme und das Versicherungsverhältnis nicht kündigen wolle. Daraufhin teilte die Beklagte der Empfangsbevollmächtigten des Versicherten mit, man habe von der Rücknahme des Erstattungsantrags Kenntnis genommen. Das Beitragserstattungsverfahren sei damit erledigt. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nachdem der Versicherte den Antrag auf Beitragserstattung zurückgenommen habe, könne der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht ausgeführt werden. Dem entgegnete die Klägerin mit Schreiben vom 20. November 2007, aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sei eine Pfandverstrickung eingetreten und das Anwaltschaftsrecht des Versicherten habe sich mit Antragstellung zum Vollrecht verdichtet. Da die Abwicklung nur noch eine formale und verwaltungsinterne Umsetzungsmaßnahme darstelle, habe nach Einreichung des Antrags dieser zu Lasten der Klägerin nicht mehr zurückgenommen werden können. Der Beklagten wurde eine Frist zur Überweisung des einbehaltenen Betrags bis 5. Dezember 2007 gesetzt, danach werde man klagen. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 29. November 2007 mit, die Rechtsauffassung der Klägerin könne nicht geteilt werden. Der Antrag auf Beitragserstattung könne als höchstpersönliches Recht bis zum Eintritt der Bindungswirkung des Erstattungsbescheides jederzeit vom Berechtigten wirksam zurückgenommen werden.
Am 10. Dezember 2007 hat die Klägerin deswegen beim Sozialgericht B. Klage erhoben. Dieses hat mit Beschluss vom 10. Januar 2008 den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Heilbronn (SG) verwiesen. Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie sei im Besitz eines Titels gegen den Versicherten und habe aufgrund dieses Titels die Rentenansprüche und die Ansprüche des Versicherten auf Beitragsrückerstattung im Falle der Kapitalisierung gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen. Die Beklagte habe die Pfändung anerkannt. Die Auffassung der Beklagten, wonach der Antrag auf Beitragserstattung als höchstpersönliches Recht bis zum Eintritt der Bindungswirkung des Erstattungsbescheids jederzeit wirksam zurückgenommen werden könne, könne zwar im Verhältnis zum Versicherungsnehmer richtig sein, nicht aber im Verhältnis zum Pfändungspfandgläubiger (= Klägerin). Das Pfandrecht werde nämlich mit dem Eingang des Erstattungsantrages für die Beklagte bindend. Habe der Schuldner (= Versicherter) sein höchstpersönliches Antragsrecht ausgeübt, könne es nicht darauf ankommen, ab welchem Zeitpunkt Bindungswirkung des Erstattungsbescheides eintrete. Denn in dem Moment, zu dem der Antrag auf Beitragsrückerstattung eingegangen sei, gälten die Wirkungen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, so dass der Schuldner nicht mehr über die Ansprüche verfügen dürfe. Eine derartige Verfügung zu Lasten des Pfändungspfandgläubigers sei auch die Rücknahme des Antrages. Denn durch die Rücknahme werde die Erstattung zu Lasten des Pfändungspfandgläubigers verhindert. Dies ergebe sich auch aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 31. Juli 2007, wonach der Vollstreckungsschuldner nach Pfändung der Kapitallebensversicherung einen Pfändungsschutz nicht mehr durch Ausübung des Rentenwahlrechts herbeiführen könne. Denn die Pfändung erfasse auch dieses Wahlrecht. Zwar komme es im vorliegenden Fall auf das Wahlrecht nicht an, weil es höchstpersönlich sei, im Ergebnis stelle aber auch der BFH fest, dass Verfügungen nicht mehr zulässig seien, die das Pfandrecht beeinträchtigten.
Nachdem das Landessozialgericht (LSG) eine Untätigkeitsbeschwerde der Klägerin als unzulässig verworfen hatte (Beschluss vom 17. September 2009 - L 13 R 3984/09 B), hat das SG die Klage mit Urteil vom 19. November 2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der gegenüber dem Versicherten bestehenden Forderung in Höhe von 30.557,20 EUR. Die Beklagte habe zu Recht als Drittschuldnerin die Bedienung dieser Forderungen der Klägerin abgelehnt, da der Anspruch des Versicherten mit der Rücknahme seines Antrags auf Beitragserstattung rückwirkend wieder entfallen sei. Der Versicherte habe den Antrag auch zurücknehmen können, da hierüber noch nicht bestandskräftig entschieden worden sei. Denn zum Zeitpunkt der Rücknahme des Antrags auf Beitragserstattung am 12. Oktober 2007 sei der Bescheid der Beklagten vom 13. September 2007 noch nicht bestandskräftig gewesen. Der Antrag sei aber materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung für eine Beitragserstattung. Dies ergebe sich unmittelbar aus § 210 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Das Recht, die Beitragserstattung zu beantragen und diesen Antrag auch wieder zurückzunehmen, sei beim Versicherten verblieben. Die Argumentation der Klägerin gehe grundsätzlich fehl und sie habe mit der Pfändung der Erstattungsforderung auch nicht das Recht zur Stellung eines Antrags bzw das Recht, diesen Antrag wieder zurückzunehmen, erworben. Das Antragsrecht stehe vielmehr dem Versicherten weiterhin zu.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 28. Dezember 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Januar 2010 Berufung beim LSG eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, es könne dahinstehen, ob mit der Pfändung das Antragsrecht auf Beitragserstattung auf den Pfändungspfandgläubiger übergehe oder nicht, denn im vorliegenden Fall habe der Versicherte selbst den Antrag auf Beitragserstattung gestellt. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss enthalte zwei Gebote, nämlich an den Drittschuldner ein Zahlungsverbot und ein Gebot an den Schuldner, sich jeglicher Verfügung über die Forderung zu enthalten. Nachdem dem Schuldner Verfügungen zum Nachteil des Gläubigers verboten seien, könne er seinen Antrag auf Beitragserstattung nicht mehr zurücknehmen. Eine dem Schuldner verbotene Verfügung sei dem Pfändungspfandgläubiger gegenüber gemäß § 829 Zivilprozessordnung (ZPO) iVm §§ 135, 136 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegenüber unwirksam. In der Kommentarliteratur zur ZPO werde einerseits die Ansicht vertreten, dass es sich bei dem Rentenantragsrecht nicht um einen höchstpersönlichen Anspruch handle, teilweise werde dies jedoch auch anders gesehen. Hierauf komme es jedoch letztlich nicht an, da der Versicherte tatsächlich einen Antrag auf Rückerstattung gestellt habe. Mit Eingang des Antrags seien die Wirkungen des § 829 ZPO eingetreten. Auch das Sozialrecht könne die geltenden Vorschriften der ZPO nicht außer Kraft setzen. Daraus folge, dass sich die Frage der zulässigen Rücknahme des Antrags allein nach vollstreckungsrechtlichen Gesichtspunkten richte. Ihr gegenüber sei mithin die Rücknahme gemäß § 829 ZPO unwirksam. Zur Unterstützung ihrer Ausführungen hat die Klägerin mehrere Passagen aus ZPO-Kommentaren zitiert. Hierauf wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 30.557,20 EUR nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 6. Dezember 2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 151 Abs 1 iVm § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG; vgl Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 54 Rdnr 19, Stand März 2007) zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auszahlung von 30.557,20 EUR. Der Versicherte hat seinen Antrag auf Beitragsrückerstattung wirksam zurückgenommen, so dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts S. H. vom 17. August 2007 nicht ausgeführt werden kann.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist vorliegend gegeben, da sich die Frage des Rechtswegs allein nach der Natur des anspruchsbegründeten Rechtsverhältnisses beurteilt. Denn durch seine Pfändung und Überweisung wird die Rechtsnatur des Anspruchs nicht geändert. Da vorliegend eine Sozialleistung (Beitragsrückerstattungsanspruch des Versicherten) gepfändet worden ist, ist mithin der Sozialrechtsweg gegeben (vgl hierzu auch BSG, Urteil vom 18. März 1989 - 7 RAr 14/81 = BSGE 53, 182; Baier, aaO). Vor der Erhebung der Klage auf Auszahlung des gepfändeten Betrages bedurfte es auch keines Vorverfahrens (BSG, aaO).
Die Klägerin betreibt die Zwangsvollstreckung aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts S. H. vom 17. August 2007, wonach Forderungen des Versicherten gegen die Beklagte aus "Beitragsrückerstattung nach Wegfall der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung bei ausländischen Versicherten gem. § 210 SGB VI" gepfändet wurden. Die Zwangsvollstreckung richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften, die für das jeweilige Vollstreckungsgericht (bzw die Vollstreckungsbehörde) vorgesehen ist (vgl hierzu BSG, Urteil vom 18. März 1982 - 7 RAr 14/81 = BSGE 53, 182). Ihre Pfändung der ursprünglich vom Versicherten beantragten Beitragsrückerstattung richtet sich somit nach den §§ 828 ff ZPO iVm § 54 Abs 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Nach § 54 Abs 2 können Ansprüche auf einmalige Geldleistungen nur gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht. Bei der Beitragserstattung nach § 210 SGB VI handelt es sich um eine einmalige Geldleistung im Sinne des § 54 Abs 2 SGB I (Mrozynsky, Kommentar zum SGB I, 4. Auflage 2010, § 54 Rdnr 7; Lilge, Kommentar zum SGB I, 2. Auflage 2009, § 54 Rdnr 76). Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist auch dem Drittschuldner (= Beklagte) gem § 829 Abs 3 ZPO zugestellt worden. Nach § 835 Abs 1 ZPO steht dem Gläubiger (= Klägerin) damit grundsätzlich ein Einziehungsrecht zu, aufgrund dessen er die Überweisung des gepfändeten Betrages zur Einziehung oder an Zahlung statt an sich verlangen kann.
Im vorliegenden Fall scheitert das Einziehungsrecht der Klägerin daran, dass die (künftige) Forderung auf Beitragserstattung, die der Versicherte ursprünglich erworben hatte, nicht pfändbar ist (vgl allg hierzu Mrozynski, aaO, § 54 Rdnr 8; Lilge, Kommentar zum SGB I, § 54 Rdnr 51). Selbst wenn jedoch von einer Pfändbarkeit ausgegangen wird, scheitert das Einziehungsrecht der Klägerin daran, dass der Versicherte seinen Antrag wirksam zurücknehmen konnte, ohne gegen das (relative) Verfügungsverbot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO zu verstoßen.
Das Pfandrecht, das durch die Pfändung eines nach §§ 828 ff ZPO iVm § 54 Abs 2 SGB I unterfallenden Sozialleistung erworben wird, erfasst die Forderung grundsätzlich in dem Umfang, in dem die Forderung im Zeitpunkt der Zustellung an den Drittschuldner besteht (vgl BSG, aaO). Zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts S. H. vom 17. August 2007 am 27. August 2007 hatte der Versicherte bereits am 12. März 2007 die Erstattung seiner Beiträge bei der Beklagten beantragt. Nach § 210 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der hier bis zum 31. Dezember 2007 anzuwendenden Fassung werden Beiträge Versicherten auf Antrag erstattet, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben (Nr 1), die das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben (Nr 2) und Witwen, Witwern, überlebenden Lebenspartnern oder Waisen, wenn wegen nicht erfüllter allgemeiner Wartezeit ein Anspruch auf Rente wegen Todes nicht besteht, Halbwaisen aber nur, wenn eine Witwe, ein Witwer oder ein überlebender Lebenspartner nicht vorhanden ist (Nr 3). Nach § 210 Abs 2 SGB VI werden Beiträge nur erstattet, wenn seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten ist. Die Voraussetzungen des § 210 Abs 1 Nr 1, Abs 2 SGB VI lagen zwar zum Zeitpunkt der Antragstellung am 12. März 2007 vor. Denn zu diesem Zeitpunkt war der Versicherte aufgrund seiner Übersiedlung in die Türkei im Dezember 2004 bereits mehr als 24 Kalendermonate aus der Versicherungspflicht ausgeschieden, er war nicht versicherungspflichtig und hatte auch nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung.
Allerdings handelt es sich bei dem Antragserfordernis nach § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI um eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung für eine Beitragserstattung (stRspr; BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 - B 4 RA 57/98 R = BSGE 86, 262 mwN; Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89 = BSGE 68, 144; Wissing in jurisPK - SGB VI, § 210 Rdnr 45, Stand Juli 2009; Gürtner in Kasseler Kommentar, § 210 SGB VI Rdnr 10, Stand März 2005). Wenn es sich - wie vorliegend - bei einem Antrag um eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung handelt, so entsteht ein Anspruch auf eine Sozialleistung (hier: Beitragserstattung) zwar gemäß § 40 Abs 1 SGB I zu dem Zeitpunkt, sobald die für die Sozialleistung im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (vgl hierzu Lilge, aaO, § 40 Rdnr 13). Dies bedeutet, dass der Anspruch auf Beitragserstattung nach § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI grundsätzlich entsteht, sobald der Antrag hierfür wirksam gestellt worden ist und sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 - B 4 RA 57/98 R = BSGE 86, 262; Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89 = BSGE 68, 144). Diese Forderung ist aber (noch) nicht pfändbar, weil der Versicherte bis zur Bestandskraft des Bewilligungsbescheides berechtigt ist, den Antrag auf Beitragserstattung wieder rückgängig zu machen. Auch nach Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses verbleiben die Gestaltungsrechte (zB das Recht, den Leistungsantrag zu stellen oder zurückzunehmen) beim Berechtigten (vgl hierzu nur Pflüger in jurisPK - SGB I, § 54 Rdnr 24, Stand Oktober 2008). Der Pfändungsgläubiger erwirbt also durch die Pfändung eines (künftigen) Sozialleistungsanspruchs nicht die Befugnis, anstelle des Schuldners den Rentenantrag zu stellen. In diese Richtung weist auch die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 10. Januar 2008 - IX ZR 94/06 = juris Rdnr 14 ff), in der ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BSG zu § 1303 Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), der Vorgängerregelung zu § 210 SGB VI, Bezug genommen wird (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89, aaO). Das Antragsrecht - und damit korrespondierend auch das Recht zur Antragsrücknahme - ist aber mithin ein höchstpersönliches Recht des Versicherten (vgl hierzu nur Wissing, aaO, § 210 Rdnr 48). Das BSG hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Recht, die Beitragserstattung zu beantragen bzw diesen Antrag auch wieder zurückzunehmen, um eine für das Sozialrechtsverhältnis zentral bedeutsame Befugnis handelt, deren Ausübung über das Bestehen des Versicherungsschutzes entscheidet, wobei nur der Versicherte allein diese Entscheidung treffen kann, weil sie unter Umständen mit erheblichen Risiken für sein weiteres Leben behaftet ist und nur er beurteilen und verantworten kann, inwieweit dies im Rahmen seiner Lebensplanung vertretbar oder sinnvoll ist (BSG, Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89 = BSGE 68, 144). Dementsprechend hängt die Wirksamkeit des Antrags insofern vom Willen des Versicherten ab, als er grundsätzlich befugt ist, den Antrag bis zum Beginn der (formellen) Bestandskraft des Bescheids (iS der Unanfechtbarkeit des Bescheids, § 77 SGG) zurückzunehmen (BSG, Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89 = BSGE 68, 144; ebenso Wissing, aaO, § 210 Rdnr 54; Störmann in Lilge, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 12, Stand September 2008; Kreikebohm in GK-SGB VI, § 210 Rdnr 45, Stand Dezember 2007; Eicher/Haase/Rauschenbach, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 16, Stand Oktober 2007; Gürtner, aaO, § 210 Rdnr 10, Stand März 2005). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Verwaltung idR schon mit Erlass des Verwaltungsaktes, also schon vor der Unanfechtbarkeit (= formelle Bestandskraft), an ihn gebunden ist (§ 39 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]). Da weder das Rechts des Versicherten, eine Beitragserstattung zu beantragen, gepfändet werden kann, noch das Recht zur Antragsrücknahme, erfasst die Pfändung einens Anspruchs ausf Beitragserstattung von vornherein um nur die (künftige) Forderung auf Beitragserstattung nach Eintritt der Bestandskraft des die Beitragserstattung bewilligenden Bescheidse (im Ergebnis ebenso Wissing, aaO, § 210 Rdnr 54, Stand Juli 2009; Häusler in Hauck/Noftz, § 54 SGB I, Rdnr 22, Stand April 2009; Pflüger, aaO, § 54 Rdnr 24, Stand Oktober 2008; Störmann in Lilge, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 12, Stand September 2008; Kreikebohm, aaO, § 210 Rdnr 45, Stand Dezember 2007; Eicher/Haase/Rauschenbach, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 16, Stand Oktober 2007; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 54 Rdnr 28, Stand März 2007; Gürtner, aaO, § 210 Rdnr 10, Stand März 2005).
Selbst wenn jedoch von einer Pfändbarkeit ausgegangen wird, scheitert das Einziehungsrecht der Klägerin daran, dass der Versicherte seinen Antrag wirksam zurücknehmen konnte, ohne gegen das (relative) Verfügungsverbot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO zu verstoßen. Das Recht zur Antragsrücknahme wird auch nicht durch § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO eingeschränkt, dennDenn das Verfügungsverbot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO greift erst bei formell bestandskräftiger Bewilligungsentscheidung durch den Drittschuldner.
Nach § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO gilt: Das Gericht hat an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihre Einziehung, zu enthalten (sogenanntes Inhibitorium). Es handelt sich mithin um ein relatives Verfügungsverbot (vgl statt aller Smid in MüKo-ZPO, 3. Auflage 2007, § 829 Rdnr 33). Vorliegend hat das Amtsgericht S. H. in seinem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 17. August 2007 ein relatives Verfügungsverbot gegen über dem Schuldner (= Versicherter) verhängt, in dem es angeordnet hat, er dürfe nicht über die Forderung verfügen und sie insbesondere nicht einziehen. Das Verfügungsverbot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO greift jedoch erst bei bestandskräftiger Bewilligungsentscheidung durch den Drittschuldner (= Beklagte). Denn dann erst besteht für den Versicherten eine durchsetzbare Forderung gegen den Drittschuldner (im Sinne eines tatsächlichen Zahlungsanspruchs). Verfügungen - wozu im weiteren Sinne auch die Antragsrücknahme zählt - vor diesem Zeitpunkt (gemeint formelle Bestandskraft) fallen mithin nicht unter das Verfügungsgebot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO. Erst mit der Bestandskraft verliert der Versicherte das Recht auf Rücknahme und erst dann besteht die Forderung gegen den Drittschuldner (= Beklagte) endgültig. Verfügt der Versicherte nach diesem Zeitpunkt (gemeint Bestandskraft) über die Forderung (zB durch Verzicht gemäß § 46 Abs 1 SGB I), greift das Verfügungsverbot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO, mit der Folge, dass dann die Verfügung gegenüber dem Gläubiger unwirksam ist.
Zwar ist der Gläubiger auch befugt, bereits Rentenanwartschaften zu pfänden (vgl hierzu nur BGH, Urteil vom 21. November 2002 - IX ZB 85/02 = NJW 2003, 1457; Lilge, Kommentar zum SGB I, § 54 Rdnr 51). Mit der Stellung eines Antrags auf Beitragserstattung im Sinne des § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI besteht jedoch keine (echte) Anwartschaft, sondern lediglich ein Anspruch des Versicherten auf Antragsstattgabe, falls alle materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Hierzu zählt aber - wie bereits dargelegt - auch der Antrag, der vom Versicherten noch bis zur Bestandskraft der Bewilligungsentscheidung zurückgenommen werden kann. Lediglich klarstellend weist der Senat in diesem Zusammenhand darauf hin, dass durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Gestaltungsrechte (zB das Recht, den Leistungsantrag zu stellen oder zurückzunehmen) beim Berechtigten verbleiben (vgl hierzu nur Pflüger in jurisPK - SGB I, § 54 Rdnr 24, Stand Oktober 2008). Der Pfändungsgläubiger erwirbt also durch die Pfändung eines (künftigen) Sozialleistungsanspruchs nicht die Befugnis, anstelle des Schuldners den Rentenantrag zu stellen. In diese Richtung weist auch die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 10. Januar 2008 - IX ZR 94/06 = juris Rdnr 14 ff), in der ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BSG zu § 1303 Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), der Vorgängerregelung zu § 210 SGB VI, Bezug genommen wird (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89, aaO).
Im Gegensatz zur teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung, wonach eine Pfändung grundsätzlich nicht möglich sei, wenn der Antrag auf eine Sozialleistung materiell-rechtliche Bedeutung habe (so Mrozynski, aaO, § 54 Rdnr 8; Lilge, Kommentar zum SGB I, § 54 Rdnr 51), geht der Senat davon aus, dass - nachdem der Versicherte einen Antrag auf Beitragserstattung gestellt hat - der hierdurch entstehende Anspruch (auf Antragsstattgabe bei Vorliegen aller materiell-rechtlichen Voraussetzungen) gepfändet werden kann (ebenso OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27. September 1983 - 15 W 55/83 = Rpfleger 1984, 155). Dies ist bereits deshalb notwendig, um eine entsprechende Rangstellung des Gläubigers bei der Vollstreckung zu wahren. Allerdings wird diese Pfändung gegenstandslos, wenn die Forderung (im Sinne eines tatsächlich durchsetzbaren Zahlungsanspruchs) gegen den Drittschuldner nicht entsteht. Dies ist jedoch der Fall, wenn der Antrag bis zur Bestandskraft der Bewilligungsentscheidung zurückgenommen wird (im Ergebnis ebenso Wissing, aaO, § 210 Rdnr 54, Stand Juli 2009; Häusler in Hauck/Noftz, § 54 SGB I, Rdnr 22, Stand April 2009; Pflüger, aaO, § 54 Rdnr 24, Stand Oktober 2008; Störmann in Lilge, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 12, Stand September 2008; Kreikebohm, aaO, § 210 Rdnr 45, Stand Dezember 2007; Eicher/Haase/Rauschenbach, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 16, Stand Oktober 2007; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 54 Rdnr 28, Stand März 2007; Gürtner, aaO, § 210 Rdnr 10, Stand März 2005).
Im Hinblick auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Versicherte mit seinem Telefax vom 12. Oktober 2007, bei der Beklagten am gleichen Tag eingegangen, seinen Antrag auf Beitragserstattung wirksam zurücknehmen durfte, nachdem ihm der Bescheid vom 13. September 2007 am 8. Oktober 2007 zugestellt worden war und mithin noch keine Bestandskraft (§ 77 SGG) eingetreten war. Denn aufgrund der Auslandszustellung galt - im Gegensatz zur insoweit fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung - eine dreimonatige Widerspruchsfrist (vgl § 84 Abs 1 Satz 2 SGG), die bis zum 8. Januar 2008 lief. Innerhalb dieser Frist, nämlich am 12. Oktober 2007, hat der Versicherte seinen Antrag auf Beitragserstattung zurückgenommen. Bei der Rücknahme des Antrags auf Beitragserstattung vor Eintritt der Bestandskraft handelt es sich aber - wie bereits dargelegt - nicht um eine Verfügung im Sinne des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO.
Ein Anspruch der Klägerin auf Ausbezahlung der geltend gemachten 30.557,20 EUR besteht somit nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, 47 Abs 1, § 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt die von der Klägerin geltend gemachte Auszahlungsforderung in Höhe von 30.557,20 EUR.
Die Revision wird nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zugelassen, da die Frage, ob es sich bei der Rücknahme eines Beitragserstattungsantrags, der materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung für die Sozialleistung ist, um eine (relativ) unwirksame Verfügung im Sinne des § 829 Abs 1 ZPO handelt, von grundsätzlicher Bedeutung ist.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Der Streitwert für das Klage- und Berufungsverfahren wird auf 30.557,20 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Auszahlung von 30.557,20 EUR aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses im Hinblick auf den Beitragserstattungsantrag des Versicherten M. U. (im Folgenden: Versicherter).
Der am 22. August 1972 geborene Versicherte ist türkischer Staatsangehöriger. Er war vom 1. April 1988 bis 20. September 1989, vom 29. September 1989 bis 30. September 2003 und vom 24. Dezember 2003 bis 23. Dezember 2004 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und anschließend arbeitslos. Eine Pflichtversicherung in der türkischen gesetzlichen Rentenversicherung bestand zu keinem Zeitpunkt (Bestätigung des türkischen Sozialversicherungsträgers vom 17. April 2007). Im Dezember 2004 siedelte er in die Türkei über.
Auf Antrag der Klägerin pfändete das Amtsgericht B. mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 16. Dezember 2005 (Az.: 2 M 22741/05) die "gegenwärtigen und zukünftigen Altersrenten sowie Pensionen" des Versicherten in Höhe von insgesamt 29.321,- EUR zzgl Zinsen. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2005 anerkannte die Beklagte die gepfändete Forderung des Versicherten als begründet an. Mit Schreiben vom 15. Februar 2006 bat die Bundesagentur für Arbeit (Regionaldirektion Baden-Württemberg) die Beklagte um Verrechnung einer Forderung in Höhe von 2.772,- EUR.
Am 12. März 2007 beantragte der Versicherte bei der Beklagten die Erstattung von Beiträgen, da er nicht versicherungspflichtig sei und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung und die Wartefrist von 24 Kalendermonaten erfüllt habe. Als Empfangsbevollmächtigte nannte er Frau S. U ... Die Beklagte holte daraufhin die Auskunft des türkischen Sozialversicherungsträgers vom 17. April 2007 ein, wonach eine Pflichtversicherung in der türkischen gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestehe.
Auf Nachfrage der Beklagten, ob der Beschluss des Amtsgerichts B. noch Gültigkeit besitze und ggfs in welcher Höhe, teilte die Klägerin am 1. Juni 2007 mit, eine Gesamtsumme von 31.659,83 EUR sei offen. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin unter dem 16. Juli 2007 mit, der Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts B. könne nicht ausgeführt werden, da nur der Anspruch auf Altersrente gepfändet sei. Die Klägerin erwirkte sodann den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts S. H. vom 17. August 2007 (Az.: 1 M 2197/07), wonach Forderungen des Versicherten gegen die Beklagte aus "Beitragsrückerstattung nach Wegfall der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung bei ausländischen Versicherten gem. § 210 SGB VI" gepfändet würden. Gegen den Versicherten bestehe eine Gesamtforderung in Höhe von 32.367,40 EUR. Der Schuldner dürfe insoweit nicht über die Forderung verfügen, insbesondere sie nicht einziehen. Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 27. August 2007 zugestellt.
Mit Bescheid vom 13. September 2007 gab die Beklagte dem Antrag auf Beitragserstattung in Höhe von insgesamt 33.329,20 EUR statt. Dabei berücksichtigte sie Beitragszeiten vom 22. September 1989 bis 28. Februar 2004. Der Bescheid wurde dem Versicherten am 8. Oktober 2007 zugestellt. Er enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden könne. Mit Schreiben vom 13. September 2007 übersandte die Beklagte sowohl der Klägerin als auch der Bundesagentur für Arbeit den Bescheid zur Kenntnisnahme. Dem Schreiben an die Klägerin war ein Hinweisblatt beigefügt, wonach aufgrund des vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusse vom Erstattungsbetrag 30.557,20 EUR einbehalten worden seien. Die Auszahlung könne jedoch erst nach Rechtsverbindlichkeit des Bescheids erfolgen. Gegenüber der Bundesagentur für Arbeit teilte die Beklagte im Hinweisblatt mit, aufgrund des Verrechnungsersuchens würden vom Erstattungsbetrag 2.772,- EUR einbehalten und zur Zahlung angewiesen. Die Auszahlung könne jedoch erst nach Rechtsverbindlichkeit des Bescheids erfolgen.
Am 12. Oktober 2007 ging bei der Beklagten das Schreiben des Versicherten vom gleichen Tag per Telefax ein, wonach er hiermit seinen Antrag auf Beitragserstattung wieder zurücknehme und das Versicherungsverhältnis nicht kündigen wolle. Daraufhin teilte die Beklagte der Empfangsbevollmächtigten des Versicherten mit, man habe von der Rücknahme des Erstattungsantrags Kenntnis genommen. Das Beitragserstattungsverfahren sei damit erledigt. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nachdem der Versicherte den Antrag auf Beitragserstattung zurückgenommen habe, könne der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht ausgeführt werden. Dem entgegnete die Klägerin mit Schreiben vom 20. November 2007, aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sei eine Pfandverstrickung eingetreten und das Anwaltschaftsrecht des Versicherten habe sich mit Antragstellung zum Vollrecht verdichtet. Da die Abwicklung nur noch eine formale und verwaltungsinterne Umsetzungsmaßnahme darstelle, habe nach Einreichung des Antrags dieser zu Lasten der Klägerin nicht mehr zurückgenommen werden können. Der Beklagten wurde eine Frist zur Überweisung des einbehaltenen Betrags bis 5. Dezember 2007 gesetzt, danach werde man klagen. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 29. November 2007 mit, die Rechtsauffassung der Klägerin könne nicht geteilt werden. Der Antrag auf Beitragserstattung könne als höchstpersönliches Recht bis zum Eintritt der Bindungswirkung des Erstattungsbescheides jederzeit vom Berechtigten wirksam zurückgenommen werden.
Am 10. Dezember 2007 hat die Klägerin deswegen beim Sozialgericht B. Klage erhoben. Dieses hat mit Beschluss vom 10. Januar 2008 den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Heilbronn (SG) verwiesen. Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie sei im Besitz eines Titels gegen den Versicherten und habe aufgrund dieses Titels die Rentenansprüche und die Ansprüche des Versicherten auf Beitragsrückerstattung im Falle der Kapitalisierung gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen. Die Beklagte habe die Pfändung anerkannt. Die Auffassung der Beklagten, wonach der Antrag auf Beitragserstattung als höchstpersönliches Recht bis zum Eintritt der Bindungswirkung des Erstattungsbescheids jederzeit wirksam zurückgenommen werden könne, könne zwar im Verhältnis zum Versicherungsnehmer richtig sein, nicht aber im Verhältnis zum Pfändungspfandgläubiger (= Klägerin). Das Pfandrecht werde nämlich mit dem Eingang des Erstattungsantrages für die Beklagte bindend. Habe der Schuldner (= Versicherter) sein höchstpersönliches Antragsrecht ausgeübt, könne es nicht darauf ankommen, ab welchem Zeitpunkt Bindungswirkung des Erstattungsbescheides eintrete. Denn in dem Moment, zu dem der Antrag auf Beitragsrückerstattung eingegangen sei, gälten die Wirkungen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, so dass der Schuldner nicht mehr über die Ansprüche verfügen dürfe. Eine derartige Verfügung zu Lasten des Pfändungspfandgläubigers sei auch die Rücknahme des Antrages. Denn durch die Rücknahme werde die Erstattung zu Lasten des Pfändungspfandgläubigers verhindert. Dies ergebe sich auch aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 31. Juli 2007, wonach der Vollstreckungsschuldner nach Pfändung der Kapitallebensversicherung einen Pfändungsschutz nicht mehr durch Ausübung des Rentenwahlrechts herbeiführen könne. Denn die Pfändung erfasse auch dieses Wahlrecht. Zwar komme es im vorliegenden Fall auf das Wahlrecht nicht an, weil es höchstpersönlich sei, im Ergebnis stelle aber auch der BFH fest, dass Verfügungen nicht mehr zulässig seien, die das Pfandrecht beeinträchtigten.
Nachdem das Landessozialgericht (LSG) eine Untätigkeitsbeschwerde der Klägerin als unzulässig verworfen hatte (Beschluss vom 17. September 2009 - L 13 R 3984/09 B), hat das SG die Klage mit Urteil vom 19. November 2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der gegenüber dem Versicherten bestehenden Forderung in Höhe von 30.557,20 EUR. Die Beklagte habe zu Recht als Drittschuldnerin die Bedienung dieser Forderungen der Klägerin abgelehnt, da der Anspruch des Versicherten mit der Rücknahme seines Antrags auf Beitragserstattung rückwirkend wieder entfallen sei. Der Versicherte habe den Antrag auch zurücknehmen können, da hierüber noch nicht bestandskräftig entschieden worden sei. Denn zum Zeitpunkt der Rücknahme des Antrags auf Beitragserstattung am 12. Oktober 2007 sei der Bescheid der Beklagten vom 13. September 2007 noch nicht bestandskräftig gewesen. Der Antrag sei aber materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung für eine Beitragserstattung. Dies ergebe sich unmittelbar aus § 210 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Das Recht, die Beitragserstattung zu beantragen und diesen Antrag auch wieder zurückzunehmen, sei beim Versicherten verblieben. Die Argumentation der Klägerin gehe grundsätzlich fehl und sie habe mit der Pfändung der Erstattungsforderung auch nicht das Recht zur Stellung eines Antrags bzw das Recht, diesen Antrag wieder zurückzunehmen, erworben. Das Antragsrecht stehe vielmehr dem Versicherten weiterhin zu.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 28. Dezember 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Januar 2010 Berufung beim LSG eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, es könne dahinstehen, ob mit der Pfändung das Antragsrecht auf Beitragserstattung auf den Pfändungspfandgläubiger übergehe oder nicht, denn im vorliegenden Fall habe der Versicherte selbst den Antrag auf Beitragserstattung gestellt. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss enthalte zwei Gebote, nämlich an den Drittschuldner ein Zahlungsverbot und ein Gebot an den Schuldner, sich jeglicher Verfügung über die Forderung zu enthalten. Nachdem dem Schuldner Verfügungen zum Nachteil des Gläubigers verboten seien, könne er seinen Antrag auf Beitragserstattung nicht mehr zurücknehmen. Eine dem Schuldner verbotene Verfügung sei dem Pfändungspfandgläubiger gegenüber gemäß § 829 Zivilprozessordnung (ZPO) iVm §§ 135, 136 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegenüber unwirksam. In der Kommentarliteratur zur ZPO werde einerseits die Ansicht vertreten, dass es sich bei dem Rentenantragsrecht nicht um einen höchstpersönlichen Anspruch handle, teilweise werde dies jedoch auch anders gesehen. Hierauf komme es jedoch letztlich nicht an, da der Versicherte tatsächlich einen Antrag auf Rückerstattung gestellt habe. Mit Eingang des Antrags seien die Wirkungen des § 829 ZPO eingetreten. Auch das Sozialrecht könne die geltenden Vorschriften der ZPO nicht außer Kraft setzen. Daraus folge, dass sich die Frage der zulässigen Rücknahme des Antrags allein nach vollstreckungsrechtlichen Gesichtspunkten richte. Ihr gegenüber sei mithin die Rücknahme gemäß § 829 ZPO unwirksam. Zur Unterstützung ihrer Ausführungen hat die Klägerin mehrere Passagen aus ZPO-Kommentaren zitiert. Hierauf wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 30.557,20 EUR nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 6. Dezember 2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 151 Abs 1 iVm § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG; vgl Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 54 Rdnr 19, Stand März 2007) zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auszahlung von 30.557,20 EUR. Der Versicherte hat seinen Antrag auf Beitragsrückerstattung wirksam zurückgenommen, so dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts S. H. vom 17. August 2007 nicht ausgeführt werden kann.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist vorliegend gegeben, da sich die Frage des Rechtswegs allein nach der Natur des anspruchsbegründeten Rechtsverhältnisses beurteilt. Denn durch seine Pfändung und Überweisung wird die Rechtsnatur des Anspruchs nicht geändert. Da vorliegend eine Sozialleistung (Beitragsrückerstattungsanspruch des Versicherten) gepfändet worden ist, ist mithin der Sozialrechtsweg gegeben (vgl hierzu auch BSG, Urteil vom 18. März 1989 - 7 RAr 14/81 = BSGE 53, 182; Baier, aaO). Vor der Erhebung der Klage auf Auszahlung des gepfändeten Betrages bedurfte es auch keines Vorverfahrens (BSG, aaO).
Die Klägerin betreibt die Zwangsvollstreckung aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts S. H. vom 17. August 2007, wonach Forderungen des Versicherten gegen die Beklagte aus "Beitragsrückerstattung nach Wegfall der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung bei ausländischen Versicherten gem. § 210 SGB VI" gepfändet wurden. Die Zwangsvollstreckung richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften, die für das jeweilige Vollstreckungsgericht (bzw die Vollstreckungsbehörde) vorgesehen ist (vgl hierzu BSG, Urteil vom 18. März 1982 - 7 RAr 14/81 = BSGE 53, 182). Ihre Pfändung der ursprünglich vom Versicherten beantragten Beitragsrückerstattung richtet sich somit nach den §§ 828 ff ZPO iVm § 54 Abs 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Nach § 54 Abs 2 können Ansprüche auf einmalige Geldleistungen nur gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht. Bei der Beitragserstattung nach § 210 SGB VI handelt es sich um eine einmalige Geldleistung im Sinne des § 54 Abs 2 SGB I (Mrozynsky, Kommentar zum SGB I, 4. Auflage 2010, § 54 Rdnr 7; Lilge, Kommentar zum SGB I, 2. Auflage 2009, § 54 Rdnr 76). Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist auch dem Drittschuldner (= Beklagte) gem § 829 Abs 3 ZPO zugestellt worden. Nach § 835 Abs 1 ZPO steht dem Gläubiger (= Klägerin) damit grundsätzlich ein Einziehungsrecht zu, aufgrund dessen er die Überweisung des gepfändeten Betrages zur Einziehung oder an Zahlung statt an sich verlangen kann.
Im vorliegenden Fall scheitert das Einziehungsrecht der Klägerin daran, dass die (künftige) Forderung auf Beitragserstattung, die der Versicherte ursprünglich erworben hatte, nicht pfändbar ist (vgl allg hierzu Mrozynski, aaO, § 54 Rdnr 8; Lilge, Kommentar zum SGB I, § 54 Rdnr 51). Selbst wenn jedoch von einer Pfändbarkeit ausgegangen wird, scheitert das Einziehungsrecht der Klägerin daran, dass der Versicherte seinen Antrag wirksam zurücknehmen konnte, ohne gegen das (relative) Verfügungsverbot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO zu verstoßen.
Das Pfandrecht, das durch die Pfändung eines nach §§ 828 ff ZPO iVm § 54 Abs 2 SGB I unterfallenden Sozialleistung erworben wird, erfasst die Forderung grundsätzlich in dem Umfang, in dem die Forderung im Zeitpunkt der Zustellung an den Drittschuldner besteht (vgl BSG, aaO). Zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts S. H. vom 17. August 2007 am 27. August 2007 hatte der Versicherte bereits am 12. März 2007 die Erstattung seiner Beiträge bei der Beklagten beantragt. Nach § 210 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der hier bis zum 31. Dezember 2007 anzuwendenden Fassung werden Beiträge Versicherten auf Antrag erstattet, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben (Nr 1), die das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben (Nr 2) und Witwen, Witwern, überlebenden Lebenspartnern oder Waisen, wenn wegen nicht erfüllter allgemeiner Wartezeit ein Anspruch auf Rente wegen Todes nicht besteht, Halbwaisen aber nur, wenn eine Witwe, ein Witwer oder ein überlebender Lebenspartner nicht vorhanden ist (Nr 3). Nach § 210 Abs 2 SGB VI werden Beiträge nur erstattet, wenn seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten ist. Die Voraussetzungen des § 210 Abs 1 Nr 1, Abs 2 SGB VI lagen zwar zum Zeitpunkt der Antragstellung am 12. März 2007 vor. Denn zu diesem Zeitpunkt war der Versicherte aufgrund seiner Übersiedlung in die Türkei im Dezember 2004 bereits mehr als 24 Kalendermonate aus der Versicherungspflicht ausgeschieden, er war nicht versicherungspflichtig und hatte auch nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung.
Allerdings handelt es sich bei dem Antragserfordernis nach § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI um eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung für eine Beitragserstattung (stRspr; BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 - B 4 RA 57/98 R = BSGE 86, 262 mwN; Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89 = BSGE 68, 144; Wissing in jurisPK - SGB VI, § 210 Rdnr 45, Stand Juli 2009; Gürtner in Kasseler Kommentar, § 210 SGB VI Rdnr 10, Stand März 2005). Wenn es sich - wie vorliegend - bei einem Antrag um eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung handelt, so entsteht ein Anspruch auf eine Sozialleistung (hier: Beitragserstattung) zwar gemäß § 40 Abs 1 SGB I zu dem Zeitpunkt, sobald die für die Sozialleistung im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (vgl hierzu Lilge, aaO, § 40 Rdnr 13). Dies bedeutet, dass der Anspruch auf Beitragserstattung nach § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI grundsätzlich entsteht, sobald der Antrag hierfür wirksam gestellt worden ist und sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 - B 4 RA 57/98 R = BSGE 86, 262; Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89 = BSGE 68, 144). Diese Forderung ist aber (noch) nicht pfändbar, weil der Versicherte bis zur Bestandskraft des Bewilligungsbescheides berechtigt ist, den Antrag auf Beitragserstattung wieder rückgängig zu machen. Auch nach Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses verbleiben die Gestaltungsrechte (zB das Recht, den Leistungsantrag zu stellen oder zurückzunehmen) beim Berechtigten (vgl hierzu nur Pflüger in jurisPK - SGB I, § 54 Rdnr 24, Stand Oktober 2008). Der Pfändungsgläubiger erwirbt also durch die Pfändung eines (künftigen) Sozialleistungsanspruchs nicht die Befugnis, anstelle des Schuldners den Rentenantrag zu stellen. In diese Richtung weist auch die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 10. Januar 2008 - IX ZR 94/06 = juris Rdnr 14 ff), in der ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BSG zu § 1303 Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), der Vorgängerregelung zu § 210 SGB VI, Bezug genommen wird (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89, aaO). Das Antragsrecht - und damit korrespondierend auch das Recht zur Antragsrücknahme - ist aber mithin ein höchstpersönliches Recht des Versicherten (vgl hierzu nur Wissing, aaO, § 210 Rdnr 48). Das BSG hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Recht, die Beitragserstattung zu beantragen bzw diesen Antrag auch wieder zurückzunehmen, um eine für das Sozialrechtsverhältnis zentral bedeutsame Befugnis handelt, deren Ausübung über das Bestehen des Versicherungsschutzes entscheidet, wobei nur der Versicherte allein diese Entscheidung treffen kann, weil sie unter Umständen mit erheblichen Risiken für sein weiteres Leben behaftet ist und nur er beurteilen und verantworten kann, inwieweit dies im Rahmen seiner Lebensplanung vertretbar oder sinnvoll ist (BSG, Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89 = BSGE 68, 144). Dementsprechend hängt die Wirksamkeit des Antrags insofern vom Willen des Versicherten ab, als er grundsätzlich befugt ist, den Antrag bis zum Beginn der (formellen) Bestandskraft des Bescheids (iS der Unanfechtbarkeit des Bescheids, § 77 SGG) zurückzunehmen (BSG, Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89 = BSGE 68, 144; ebenso Wissing, aaO, § 210 Rdnr 54; Störmann in Lilge, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 12, Stand September 2008; Kreikebohm in GK-SGB VI, § 210 Rdnr 45, Stand Dezember 2007; Eicher/Haase/Rauschenbach, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 16, Stand Oktober 2007; Gürtner, aaO, § 210 Rdnr 10, Stand März 2005). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Verwaltung idR schon mit Erlass des Verwaltungsaktes, also schon vor der Unanfechtbarkeit (= formelle Bestandskraft), an ihn gebunden ist (§ 39 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]). Da weder das Rechts des Versicherten, eine Beitragserstattung zu beantragen, gepfändet werden kann, noch das Recht zur Antragsrücknahme, erfasst die Pfändung einens Anspruchs ausf Beitragserstattung von vornherein um nur die (künftige) Forderung auf Beitragserstattung nach Eintritt der Bestandskraft des die Beitragserstattung bewilligenden Bescheidse (im Ergebnis ebenso Wissing, aaO, § 210 Rdnr 54, Stand Juli 2009; Häusler in Hauck/Noftz, § 54 SGB I, Rdnr 22, Stand April 2009; Pflüger, aaO, § 54 Rdnr 24, Stand Oktober 2008; Störmann in Lilge, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 12, Stand September 2008; Kreikebohm, aaO, § 210 Rdnr 45, Stand Dezember 2007; Eicher/Haase/Rauschenbach, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 16, Stand Oktober 2007; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 54 Rdnr 28, Stand März 2007; Gürtner, aaO, § 210 Rdnr 10, Stand März 2005).
Selbst wenn jedoch von einer Pfändbarkeit ausgegangen wird, scheitert das Einziehungsrecht der Klägerin daran, dass der Versicherte seinen Antrag wirksam zurücknehmen konnte, ohne gegen das (relative) Verfügungsverbot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO zu verstoßen. Das Recht zur Antragsrücknahme wird auch nicht durch § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO eingeschränkt, dennDenn das Verfügungsverbot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO greift erst bei formell bestandskräftiger Bewilligungsentscheidung durch den Drittschuldner.
Nach § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO gilt: Das Gericht hat an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihre Einziehung, zu enthalten (sogenanntes Inhibitorium). Es handelt sich mithin um ein relatives Verfügungsverbot (vgl statt aller Smid in MüKo-ZPO, 3. Auflage 2007, § 829 Rdnr 33). Vorliegend hat das Amtsgericht S. H. in seinem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 17. August 2007 ein relatives Verfügungsverbot gegen über dem Schuldner (= Versicherter) verhängt, in dem es angeordnet hat, er dürfe nicht über die Forderung verfügen und sie insbesondere nicht einziehen. Das Verfügungsverbot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO greift jedoch erst bei bestandskräftiger Bewilligungsentscheidung durch den Drittschuldner (= Beklagte). Denn dann erst besteht für den Versicherten eine durchsetzbare Forderung gegen den Drittschuldner (im Sinne eines tatsächlichen Zahlungsanspruchs). Verfügungen - wozu im weiteren Sinne auch die Antragsrücknahme zählt - vor diesem Zeitpunkt (gemeint formelle Bestandskraft) fallen mithin nicht unter das Verfügungsgebot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO. Erst mit der Bestandskraft verliert der Versicherte das Recht auf Rücknahme und erst dann besteht die Forderung gegen den Drittschuldner (= Beklagte) endgültig. Verfügt der Versicherte nach diesem Zeitpunkt (gemeint Bestandskraft) über die Forderung (zB durch Verzicht gemäß § 46 Abs 1 SGB I), greift das Verfügungsverbot des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO, mit der Folge, dass dann die Verfügung gegenüber dem Gläubiger unwirksam ist.
Zwar ist der Gläubiger auch befugt, bereits Rentenanwartschaften zu pfänden (vgl hierzu nur BGH, Urteil vom 21. November 2002 - IX ZB 85/02 = NJW 2003, 1457; Lilge, Kommentar zum SGB I, § 54 Rdnr 51). Mit der Stellung eines Antrags auf Beitragserstattung im Sinne des § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI besteht jedoch keine (echte) Anwartschaft, sondern lediglich ein Anspruch des Versicherten auf Antragsstattgabe, falls alle materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Hierzu zählt aber - wie bereits dargelegt - auch der Antrag, der vom Versicherten noch bis zur Bestandskraft der Bewilligungsentscheidung zurückgenommen werden kann. Lediglich klarstellend weist der Senat in diesem Zusammenhand darauf hin, dass durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Gestaltungsrechte (zB das Recht, den Leistungsantrag zu stellen oder zurückzunehmen) beim Berechtigten verbleiben (vgl hierzu nur Pflüger in jurisPK - SGB I, § 54 Rdnr 24, Stand Oktober 2008). Der Pfändungsgläubiger erwirbt also durch die Pfändung eines (künftigen) Sozialleistungsanspruchs nicht die Befugnis, anstelle des Schuldners den Rentenantrag zu stellen. In diese Richtung weist auch die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 10. Januar 2008 - IX ZR 94/06 = juris Rdnr 14 ff), in der ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BSG zu § 1303 Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), der Vorgängerregelung zu § 210 SGB VI, Bezug genommen wird (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 18/89, aaO).
Im Gegensatz zur teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung, wonach eine Pfändung grundsätzlich nicht möglich sei, wenn der Antrag auf eine Sozialleistung materiell-rechtliche Bedeutung habe (so Mrozynski, aaO, § 54 Rdnr 8; Lilge, Kommentar zum SGB I, § 54 Rdnr 51), geht der Senat davon aus, dass - nachdem der Versicherte einen Antrag auf Beitragserstattung gestellt hat - der hierdurch entstehende Anspruch (auf Antragsstattgabe bei Vorliegen aller materiell-rechtlichen Voraussetzungen) gepfändet werden kann (ebenso OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27. September 1983 - 15 W 55/83 = Rpfleger 1984, 155). Dies ist bereits deshalb notwendig, um eine entsprechende Rangstellung des Gläubigers bei der Vollstreckung zu wahren. Allerdings wird diese Pfändung gegenstandslos, wenn die Forderung (im Sinne eines tatsächlich durchsetzbaren Zahlungsanspruchs) gegen den Drittschuldner nicht entsteht. Dies ist jedoch der Fall, wenn der Antrag bis zur Bestandskraft der Bewilligungsentscheidung zurückgenommen wird (im Ergebnis ebenso Wissing, aaO, § 210 Rdnr 54, Stand Juli 2009; Häusler in Hauck/Noftz, § 54 SGB I, Rdnr 22, Stand April 2009; Pflüger, aaO, § 54 Rdnr 24, Stand Oktober 2008; Störmann in Lilge, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 12, Stand September 2008; Kreikebohm, aaO, § 210 Rdnr 45, Stand Dezember 2007; Eicher/Haase/Rauschenbach, Kommentar zum SGB VI, § 210 Ziffer 16, Stand Oktober 2007; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 54 Rdnr 28, Stand März 2007; Gürtner, aaO, § 210 Rdnr 10, Stand März 2005).
Im Hinblick auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Versicherte mit seinem Telefax vom 12. Oktober 2007, bei der Beklagten am gleichen Tag eingegangen, seinen Antrag auf Beitragserstattung wirksam zurücknehmen durfte, nachdem ihm der Bescheid vom 13. September 2007 am 8. Oktober 2007 zugestellt worden war und mithin noch keine Bestandskraft (§ 77 SGG) eingetreten war. Denn aufgrund der Auslandszustellung galt - im Gegensatz zur insoweit fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung - eine dreimonatige Widerspruchsfrist (vgl § 84 Abs 1 Satz 2 SGG), die bis zum 8. Januar 2008 lief. Innerhalb dieser Frist, nämlich am 12. Oktober 2007, hat der Versicherte seinen Antrag auf Beitragserstattung zurückgenommen. Bei der Rücknahme des Antrags auf Beitragserstattung vor Eintritt der Bestandskraft handelt es sich aber - wie bereits dargelegt - nicht um eine Verfügung im Sinne des § 829 Abs 1 Satz 2 ZPO.
Ein Anspruch der Klägerin auf Ausbezahlung der geltend gemachten 30.557,20 EUR besteht somit nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, 47 Abs 1, § 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt die von der Klägerin geltend gemachte Auszahlungsforderung in Höhe von 30.557,20 EUR.
Die Revision wird nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zugelassen, da die Frage, ob es sich bei der Rücknahme eines Beitragserstattungsantrags, der materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung für die Sozialleistung ist, um eine (relativ) unwirksame Verfügung im Sinne des § 829 Abs 1 ZPO handelt, von grundsätzlicher Bedeutung ist.
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