L 5 KA 148/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 01364/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 148/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. August 2000 sowie der Bescheid des Beklagten vom 13. September 1999 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Widerspruch des Beigeladenen Ziffer 7 gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. Dezember 1998 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten aller Rechtszüge zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Zulassung des Beigeladenen Ziffer 7 als Facharzt für Psychiatrie in B. streitig.

Dem 1952 geborenen Beigeladenen Ziffer 7 wurde nach dem erfolgreichen Abschluss seines Medizinstudiums am 25. Oktober 1982 die Approbation als Arzt erteilt. Am 7. November 1988 erwarb er die Teilgebietsbezeichnung Arzt/Psychotherapie und am 20. April 1991 die des Facharztes für Psychiatrie. Seit dem 26. August 1994 ist er ins Arztregister der Kassenärztlichen Vereinigung Südbaden (der Klägerin/Berufungsklägerin) eingetragen und seit dem 1. Oktober 1996 als Vertragsarzt für Psychotherapie niedergelassen.

Am 13. August 1998 beantragte er, ihn wegen Sonderbedarfs als Facharzt für Psychiatrie mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie in B. zuzulassen. Er machte geltend, es liege ein Fall der regionalen Unterversorgung in einem großräumigen Landkreis vor. In B. sei nur ein Facharzt für Psychiatrie zugelassen, der aber über die Versorgung der Einwohner von B. hinaus auch die im nord-westlichen Bereich des Planungsbezirkes liegenden Gemeinden S., W., K., J. und K. sicherstellen müsse. Daher bestehe angesichts der Verhältniszahl von 28.883 Einwohnern Bedarf für einen Facharzt für Psychiatrie, zumal sein zur Zeit in B. niedergelassener Kollege zwar die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" führe, aber in diesem Bereich kaum tätig sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass er bereits als vertragsärztlicher Psychotherapeut in B. zugelassen sei, so dass es sich insoweit um einen "unechten" Sonderbedarfsantrag handele, da gleichzeitig der zugewiesene Vertragsarztsitz in dieser Form entfalle. Die Versorgung mit psychiatrischen Leistungen im ländlichen Bereich werde somit verbessert, ohne dass eine Ausweitung des Bedarfs und eine Mehrbelastung des Gesamtbudgets zu gewärtigen sei.

Mit Beschluss vom 18. November 1998/Bescheid vom 9. Dezember 1998 lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte im Regierungsbezirk F. (ZA) den Antrag mit der Begründung ab, sowohl der in B. niedergelassene Nervenarzt als auch die in Bad K. niedergelassenen Nervenärzte böten psychiatrische Leistungen an. Ein Nervenarzt in Bad K. sei sogar ausschließlich psychiatrisch tätig. Somit bestehe kein zusätzlicher Versorgungsbedarf für einen weiteren Psychiater, der sich auch aufgrund der topographischen Lage nicht begründen lasse.

Auf den hiergegen am 12. Januar 1999 erhobenen Widerspruch des Beigeladenen Ziffer 7 hob der Beklagte mit Beschluss vom 24.02.1999/Bescheid vom 18. März 1999 den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 9. Dezember 1998 auf und ließ den Beigeladenen Ziffer 7 als Arzt für Psychiatrie/Psychotherapie in B. mit der Begründung zu, die Zulassungsbeschränkungen für Nervenärzte würden nicht für die Arztgruppe der Psychiater gelten. Die Weiterbildungsordnung Baden-Württemberg kenne das Gebiet Nervenärzte im Gegensatz zu früheren Weiterbildungsordnungen nicht mehr und nach § 5 Abs. 2 der Weiterbildungsordnung Baden-Württemberg vom 10. März 1995 dürfe die Bezeichnung "Nervenarzt" nur derjenige führen, der sowohl über die Anerkennung als Facharzt für Neurologie wie auch gleichzeitig über die als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie verfüge. Deswegen könne der Beigeladene Ziffer 7 nicht unter die Bezeichnung Nervenarzt eingereiht werden. Selbst wenn Psychiater - ohne Neurologie - der Arztgruppe der Nervenärzte zuzuschlagen wären, so müsse dem Beigeladenen Ziffer 7 aus Sonderbedarfsgründen eine Zulassung ausgesprochen werden. Denn die psychiatrische/psychotherapeutische Gemeinschaftspraxis in B. sei ausgelastet und der großräumige Landkreis B./H. müsse auch die an der Grenze des benachbarten Planungsbereichs liegenden weiteren Gemeinden in die Bedarfsplanung einbeziehen. Im Planungsbereich B./H. sei kein Psychiater niedergelassen und den Patienten aus dem nordwestlichen und westlichen Bereich des Planungsbereichs könne nicht zugemutet werden, Psychiater und Nervenärzte in Bad K. aufzusuchen, weil die Distanz zwischen B. und K. 20 km betrage. Hiergegen erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) (S 1 KA 1364/99), die sie für erledigt erklärte, nachdem der Beklagte aufgrund der Rechtsprechung des BSG vom 9. Juni 1999, wonach bedarfsplanungsrechtlich der Begriff der Nervenärzte auch das Gebiet der Psychiatrie erfasse, so dass die für die Arztgruppe Nervenärzte angeordneten Zulassungsbeschränkungen auch für Psychiater/Psychotherapie gelten würden, erneut in die Sachprüfung eintrat und mit Beschluss vom 18. August 1999/Bescheid vom 13. September 1999 seinen früheren Bescheid vom 18. März 1999 aufhob.

Nachdem gleichzeitig der Beigeladene Ziffer 7 mit Beschluss vom 18. August 1999/Bescheid vom 13. September 1999 erneut aufgrund eines Sonderbedarfs als Psychiater/Psychotherapeut in B. zugelassen wurde, da die weiteren Erhebungen bei den niedergelassenen Nervenärzten in Bad K. und des Nervenarztes Dr. K. in B. bestätigt hätten, dass es den Patienten in den nördlich von B. gelegenen Gemeinden V., S. und W. nicht zugemutet werden könne, die Nervenärzte in Bad K. aufzusuchen und der Beigeladene Ziffer 7 auch nicht seine Praxis vergrößern wolle, erhob die Klägerin auch hiergegen Klage beim SG Freiburg., die unter dem Aktenzeichen S 1 KA 3428/99 geführt und mit Beschluss vom 4. April 2000 zu dem Aktenzeichen S 1 KA 1364/99 verbunden wurde. Zur Begründung machte die Klägerin geltend, Zumutbarkeitserwägungen spielten bei der Feststellung der tatsächlichen Bedarfslage keine Rolle. Vielmehr werde es gesetzlich Versicherten in überversorgten Landkreisen zugemutet, die notwendigen Wege zur Versorgung auf sich zu nehmen. Die Beklagte habe z.B. die Orte G. und M. mit einberechnet, die im Einzugsbereich der Stadt F. lägen, die aber über eine hoch konzentrierte psychotherapeutische Überversorgung verfüge. Außerdem hätten die Erhebungen bei dem in B. niedergelassenen Nervenarzt Dr. K. ergeben, dass dieser noch Kapazitäten frei habe und in der Lage sei, Notfälle und dringende Fälle noch am Anmeldungstag anzunehmen. Auch durch die ersatzlose Schließung der nervenärztlichen Praxis von Dr. F. in Bad K. sei kein regionaler immenser Versorgungsbedarf entstanden, sondern die in Bad K. verbliebenen Fachkollegen hätten bei unterdurchschnittlicher Tätigkeit den Versorgungsauftrag der zuletzt von Dr. F. betreuten Patienten übernommen. Auch könne eine Veränderung der gegebenen Versorgungslage durch den Beigeladenen Ziffer 7 nicht erreicht werden, weil dieser gerade versichert habe, wegen der besonderen Struktur seiner Praxis seine Praxistätigkeit nicht auszuweiten. Die Sonderbedarfszulassung müsse auch bei der hier streitigen Doppelzulassung als direkter Eingriff der gemeinsamen Selbstverwaltung in die Satzungshoheit der Klägerin nur mit äußerster Zurückhaltung überhaupt Anwendung finden. In diesem Falle sei von Bedeutung, dass weder ärztlicherseits, noch aus den Kreisen der Versichertengemeinschaft Hinweise erfolgt wären, dass eine Überweisungsmöglichkeit an den Beigeladenen Ziffer 7 zur Versorgung der Versicherten erforderlich wäre.

Der Beklagte trat der Klage mit der Begründung entgegen, ein Ermessensfehlgebrauch sei seitens der Klägerin nicht hinreichend sicher dargelegt worden, nachdem sich die Messzahlen aus den aktuellen Unterlagen über die Einwohnerzahlen der betreffenden Gemeinden ergäben. Insbesondere erschienen die Patienten aus psychotherapeutischen Gründen bei dem Kläger, der sodann anstrebe, diese auch psychiatrisch untersuchen zu lassen. Hierdurch werde eine Minderversorgung behoben, da weitere Behandlungen bei anderen Psychiatern entbehrlich würden.

Auch der Beigeladene Ziffer 7 trat der Klage mit der Begründung entgegen, dass er spezielle psychotherapeutische Krankheitsfälle - seien es Borderline-Persönlichkeiten, Suchterkrankungen oder psychotische Entgleisungen - im Rahmen rein psychotherapeutischer Versorgung nicht sachgerecht behandeln könne. Hierfür reiche es nicht aus, dass die niedergelassenen Psychiater oder Nervenärzte in psychiatrischen Notfällen kurzfristig Einzeltermine zur Verfügung stellen könnten, sondern diese Krankheitsbilder verlangten eine integrierte, kontinuierliche und psychiatrisch ergänzte psychotherapeutische Versorgung.

Mit Urteil vom 23. August 2000 wies das SG die Klage mit der Begründung ab, der Beklagte habe zutreffend unter Berücksichtigung der Infrastruktur sowie der Verkehrsverhältnisse das Einzugsgebiet der psychiatrischen Praxis in B. festgelegt und hieraus eine Einwohnerzahl von rund 35.000 ermittelt. Dem danach rechnerisch ermittelten Bedarf stehe nicht entgegen, dass der in B. bereits niedergelassene Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. die Zulassung eines weiteren Neurologen oder Psychiaters in B. nicht für erforderlich halte. Denn dieser habe selbst einräumen müssen, dass es für ihn Stoßzeiten gebe, in denen er Kapazitäten nicht mehr frei habe. Dem Versorgungsbedarf stünde auch nicht entgegen, dass es in Bad K. und E. niedergelassene Nervenärzte gäbe, denn die Verkehrsanbindung sei so ungünstig, dass es den Patienten nicht zugemutet werden könne, anstelle eines Arztes in B. einen solchen in Bad K. oder E. aufzusuchen.

Gegen das ihr am 12. September 2000 direkt zugestellte und erst am 26. Oktober 2000 ihrem Bevollmächtigten bekannt gegebene Urteil hat die Klägerin am 27. Oktober 2000 Berufung beim SG Freiburg eingelegt und gleichzeitig die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung beantragt, eine förmliche Zustellung an den klägerischen Bevollmächtigten habe nie stattgefunden, obwohl aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2000 ersichtlich sei, dass der klägerische Bevollmächtigte anwesend gewesen sei und Anträge gestellt habe. Außerdem liege dem SG eine Generalterminsvollmacht vor, so dass Zustellungen an den Bevollmächtigten vorzunehmen wären. Sie hat hierzu eine Kopie der Generalterminsvollmacht vom 15. Januar 1987 vorgelegt (Bl. 26 der Senatsakte).

Sie rügt des weiteren, dass der Arzt Dr. K. bei einem Abweichen von dessen tatsächlichen Angaben hätte persönlich gehört werden müssen. Auch seien durch den Beklagten die Verkehrsverhältnisse nicht zutreffend gewürdigt worden, da sich weder Kilometerangaben, zeitliche Entfernungsangaben noch Betrachtungen zu den Verkehrsmitteln ergäben. Mit der B.-S-Bahn seien die Orte B., I., W., G. zweimal stündlich mit F. verbunden, wobei die Fahrzeit bis F. Hauptbahnhof von B. etwa 25 Minuten und von I. aus etwa 22 Minuten betrage. Überdies sei Bad K. über eine Schnellstraße mit dem 15 km entfernten B. verbunden, also mit dem PKW in 15 Minuten bequem erreichbar. Der Beklagte habe auch unbeachtet gelassen, dass der Beigeladene Ziffer 7 sich nur deshalb als Vertragsarzt hätte niederlassen können, weil er im Jahr 1996 bei bereits überversorgtem Gebiet erklärt habe, er werde ausschließlich als Psychotherapeut tätig sein. Nunmehr behaupte er, zur Versorgung seiner psychotherapeutischen Patienten sei er auch gehalten, psychiatrisch tätig zu werden. Seine inzwischen vorliegenden Abrechnungsergebnisse bestätigten dies. Der Beigeladene Ziffer 7 verhalte sich insoweit widersprüchlich. Die unberechtigte Sonderbedarfszulassung habe Auswirkungen auf die Gesamtheit der Fachgruppe, nachdem im Bereich der KV Südbaden getrennte Honorarkontingente für Nervenärzte und Psychotherapeuten gebildet worden seien, so dass die Abrechnung psychiatrischer Leistungen durch den Beigeladenen Ziffer 7 auch Honorarrelevanz für die übrigen Ärzte der Gruppe habe. Mit seiner Zulassung sei daher zwingend die Gefahr der Leistungsausweitung gegeben und er werde gegenüber solchen psychiatrischen Kollegen bevorzugt, die sich ebenfalls auf die Erbringung psychotherapeutischer Leistungen beschränkt hätten, um eine Zulassung zu bekommen.

Mit Urteil vom 8. Mai 2002 hat der Senat das Urteil des SG Freiburg aufgehoben und den Beklagten zur Neubescheidung des Widerspruchs verurteilt (L 5 KA 4333/00).

Das BSG hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beigeladenen Ziffer 7 hin mit Beschluss vom 11. Dezember 2002 wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs - nicht ordnungsgemäße Ladung des Beigeladenen Ziffer 7 - das Urteil des Senats aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen /(B 6 KA 52/02 B), wo es unter dem Az. L 5 KA 148/03 geführt wird.

Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, es sei den Patienten zumutbar, an andere Fachärzte weiterüberwiesen zu werden. Gerade im Grenzbereich zwischen Psychotherapie und Psychiatrie könne es sogar sinnvoll sein, wenn ein Behandlerwechsel einträte.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. August 2000 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13. September 1999 aufzuheben und den Widerspruch des Beigeladenen Ziffer 7 gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. Dezember 1998 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Berufung sei bereits unzulässig, nachdem die Zustellung des Urteils an die Klägerin selbst ausreichend und maßgeblich sei. Die Berufungseinlegung sei damit verfristet und der Wiedereinsetzungsantrag unbegründet. Bei der Gesamtwürdigung sei zutreffend berücksichtigt worden, dass die Zulassung des Beigeladenen Ziffer 7 mit dem gesamten psychiatrischen und psychotherapeutischen Spektrum unerlässlich sei, um im westlichen Teil des Landkreises B.-H. bis zur Grenze nach F. die vertragsärztliche Versorgung der Versicherten sicher zu stellen. Bei einer Einwohnerzahl von 33.899 Personen sei bereits unter Anwendung des Kreistyps 6 von einer Verhältniszahl von 30.354 Einwohnern mithin von einem rein rechnerischen Bedarf für einen zweiten Psychiater auszugehen. Die Trennung der Gebiete Psychiatrie und Psychotherapie sei eine unnatürliche und für die Versorgung der Versicherten schädliche Trennung von Sachverhalten, die zusammen gehörten, was auch Ausdruck in der Weiterbildungsordnung Baden-Württemberg gefunden habe. Der Verweis auf Verbindungsmöglichkeiten mit dem Auto oder der Bahn sei für solche Patienten unzumutbar, die weder Bahn noch Auto benutzen könnten. Im westlichen Teil des Planungsbereichs B./H. verbleibe damit ein quantitativer Bedarf an Psychiatern. Die psychotherapeutische Behandlung von 20 bis 30 Patienten im Quartal reiche für sich bereits allein aus, um eine Psychotherapeutische Praxis weitgehend auszulasten, was durch die Leistungsübersichten des Dr. K. für 1/99 bestätigt werde. Somit sei zu Recht davon ausgegangen worden, dass die Praxis Dr. K. allein durch die psychotherapeutischen Leistungen ausgelastet sei. Wesentlich für die Entscheidung sei gewesen, dass die nach der Einwohnerzahl erforderliche Anzahl von einem zusätzlichen Psychiater nicht erreicht werde. Auch dürften die Gebiete Psychiatrie und Psychotherapie nicht auseinander gerissen werden, obwohl diese nach der Weiterbildungsordnung ein einheitliches Gebiet darstellten.

Der Beigeladene Ziffer 7 beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er ist ebenfalls der Auffassung, die Berufung sei bereits unzulässig, nachdem eine direkte Zustellung an den klägerischen Bevollmächtigten nur von Fall zu Fall erfolge, wenn er sich für das Verfahren legitimiert habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Berufung sei auch unbegründet, nachdem lediglich Dr. D. psychiatrische Leistungen erbringe und er ebenso wie Dr. K. keine Kapazitäten zur Behandlung der zeitintensiven psychiatrischen Krankheitsfälle habe. Dr. K. biete auch anders als die Fachgruppe niedergelassener Nervenärzte in umfangreicher Weise psychotherapeutische Leistungen an, nämlich laufend für 20 bis 30 Patienten. Gemeinsam mit den rund 400 sonstigen psychiatrischen und neurologischen Patienten müsse er mehr als ausgelastet sein. Dies werde auch durch die Anzahlstatistiken objektiviert, wonach in jedem Quartal die Gebührenziffer 851 EBM 583,53 % häufiger als der Fachgruppendurchschnitt zum Ansatz gebracht werde, wohingegen die zeitgebundene Gebührenziffer 871 EBM aber mit 55,58 % unter dem Fachgruppendurchschnitt abgerechnet werde. Außerdem sei er sowohl neurologisch als auch psychiatrisch konsiliarärztlich für das örtliche Krankenhaus tätig. Die Versorgungslage habe sich auch dadurch verschärft, dass unter der Obergruppe der Nervenärzte sowohl Neurologen und Psychiater als auch nur Neurologen und nur Psychiater zusammen gefasst würden, was zu der Annahme einer angeblichen Überversorgung des Planungsbereichs E. geführt habe. Schließlich seien auch die nichtärztlichen Psychotherapeuten von der Erbringung psychiatrischer Leistungen ab 1. Juli 1996 ausgeschlossen worden, was die Bedarfssituation noch verschärfe. Wenn der Beklagte in seine Erwägungen namentlich Gemeinden zwischen O. und W. einbeziehe, so stütze er damit zwar den Sonderbedarf auch auf einen benachbarten Planungsbereich, aber eben nicht auf jenen in F., sondern in E ... Im Planungsbereich B.-H. stünden nur 10 Nervenärzte zur Verfügung. Der Bedarf an psychiatrischen Leistungen werde schließlich auch dadurch belegt, dass ihn eine große Zahl von Patienten mit ausschließlich psychiatrischen Krankheitsbildern aufsuchten, weswegen gegen ihn bereits ein Prüfverfahren wegen Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts bei den dadurch begründeten Arzneimittelkosten eingeleitet, das aber wegen der Besonderheit einer "Psychotherapiepraxis" eingestellt worden sei.

Die übrigen Beigeladenen haben sich in der Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Akten des Beklagten Bezug genommen

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hat zu Unrecht die Klage abgewiesen. Die Beklagte ist verpflichtet, über den Widerspruch des Beigeladenen Ziffer 7 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

I.

Die nach den §§ 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) formgerecht erhobene Berufung ist statthaft, sie ist insbesondere auch nach § 151 Abs. 1 SGG fristgerecht eingelegt worden, denn die einmonatige Berufungsfrist läuft nicht, wenn die Zustellung des verkündeten Urteils unwirksam ist (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 6. Auflage 1998, § 151 Rdnr. 8). Dies ist hier der Fall, nachdem das angefochtene Urteil vom 23. August 2000 ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 12. September 2000 (Bl. 54 a der Akte S 1 KA 1364/99) der Kassenärztlichen Vereinigung Südbaden direkt zugestellt wurde, obwohl nach der vorgelegten Generalvollmacht vom 15. Januar 1987 für sämtliche Verfahren der Klägerin der klägerische Bevollmächtigte legitimiert ist und überdies sogar in der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2000 aufgetreten, in der Sache Anträge gestellt und das Verfahren S 1 KA 1364/99 wegen des Bescheides vom 18. März 1999 für erledigt erklärt hat, er somit wirksam Prozesshandlungen mit Wirkung für die Klägerin vorgenommen hat und dies den Beteiligten wie auch dem Gericht bekannt war. In einem solchen Fall gilt die Jahresfrist für die Einlegung des Rechtsbehelfs nach § 66 Abs. 2 SGG, die vorliegend durch die Berufungseinlegung vom 27. Oktober 2000 gewahrt ist. Die Berufung ist damit zulässig, wobei der Senat über eine Wiedereinsetzung nach § 67 SGG deswegen nicht zu entscheiden brauchte.

II.

Die Berufung ist auch begründet, da der Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen Ziffer 7 ein unzutreffender Sachverhalt zugrundegelegt wurde.

Als Rechtsgrundlage für eine Zulassung des Beigeladenen Ziffer 7 unter Sonderbedarfsgründen kommt allein § 101 S. 1 Nr. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in Betracht. Danach hat der Gesetzgeber in arztgruppenspezifisch überversorgten Gebieten abweichend von § 103 Abs. 1 SGB V die Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze in Ausnahmefällen zugelassen, soweit diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind. Die zugleich dem Bundesausschuss übertragene Aufgabe, nähere Vorgaben für diese Zulassung zu normieren, begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl. hierzu BSG SozR 3 - 2500 § 101 Nr. 1 S. 3). Hiervon hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen mit den Nrn. 24 bis 26 Bedarfsplanungs-RL-Ärzte Gebrauch gemacht, wobei er in Nr. 24 S. 1 a bis e 5 Fallgruppen mit speziellen Sachverhalten umschrieben hat. Vorliegend geht es um den Fall eines lokalen Versorgungsbedarfs in Teilen eines großräumigen Landkreises (Nr. 24 S. 1 Buchst. a Bedarfsplanungs-RL-Ärzte). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich insofern - da den Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum zusteht - darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die durch Auslegung des Begriffs lokaler Versorgungsbedarf zu ermittelnden Grenzen eingehalten und ob die Subsumtionserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung verdeutlicht werden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG SozR 3 - 2500 § 101 Nr. 1).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte bereits außer Acht gelassen, dass der Beigeladene Ziffer 7 mit seiner begehrten Zulassung als Facharzt für Psychiatrie im Grunde lediglich die von ihm bereits betreuten psychotherapeutischen Patienten auch psychiatrisch behandeln will. Dies ergibt sich daraus, dass er noch in der mündlichen Verhandlung vom 18. August 1999 vor dem Beklagten erklärt hat, er werde weder den Umfang noch die Struktur der Praxis auch bei einer Zulassung als Psychiater verändern. Im Tenor der Entscheidung des Beklagten kommt diese in den Gründen (vgl S.10 des Beschlusses vom 13. September 1999) angeführte Einschränkung aber nicht zum Ausdruck. Die Begründung deckt insoweit die Entscheidung nicht. Wenn aber der Beigeladene Nr. 7 tatsächlich nur in eingeschränktem Maße Patienten psychiatrisch zu behandeln beabsichtigt, ist seine Zulassung möglicherweise nicht geeignet, den vom Beklagten mit Bedarfszahlen begründeten Sonderbedarf abzudecken. Der Beklagte wird dies näher abzuklären haben.

Mit der Behandlung weiterer Patienten hat der Beigeladene Ziffer 7 seinen Antrag nicht begründet. Aber auch die Behandlung der von ihm bereits psychotherapeutisch versorgten Patienten rechtfertigt ohne weitere Überprüfung nicht die Annahme eines Sonderbedarfs. Der Beigeladene Ziffer 7 hat nämlich nicht geltend gemacht, dass die von ihm psychotherapeutisch behandelten Patienten unbehandelt blieben, sondern er müsse diese an andere Psychiater verweisen. Er will in erster Linie Überweisungen vermeiden (vgl. zur generellen Zumutbarkeit von Überweisungen; BSG Urteil vom 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 -). Hierauf hat dann der Beklagte seine Zulassung gegründet, indem er ausgeführt hat, dass die Patienten des Beigeladenen Ziffer 7 gleichzeitig von diesem als Psychiater weiter behandelt werden könnten und hierbei Zeit, Umwege und Reibungsverluste vermieden würden. Dass diese Patienten unversorgt sind, wurde somit weder von dem Beklagten noch von dem Beigeladenen Ziffer 7 jemals geltend gemacht. Insofern ist für den Senat auch nicht nachvollziehbar und insoweit die Begründung auch nicht plausibel, dass bereits durch dieses Patientengut ein Sonderbedarf begründet sein soll. Auch insoweit sind die tatsächlichen Verhältnisse zu klären und zu würdigen. Auf Grund des angeordneten Sofortvollzugs müsste sich überdies klären lassen, ob die Zulassung des Klägers tatsächlich den angenommenen Sonderbedarf abdecken wird. Zu beachten ist dabei auch, dass Sonderbedarfszulassungen sich grundsätzlich auf die gesamte Breite eines medizinischen Versorgungsbereiches und nicht nur auf einzelne spezielle Leistungen oder Patientengruppen zu beziehen haben (BSG SozR 3-2500 § 101 Nr. 1 S 6).

Soweit sich die Beklagte wie auch der Beigeladene Ziffer 7 auf die ihrer Ansicht nach willkürliche Trennung von Psychiatern und Psychotherapeuten berufen, die ihrer Ansicht nach zur Folge hat, dass im Planungsbereich unzutreffend von einer Überversorgung ausgegangen worden sei, trägt dies der Entscheidung des BSG vom 9.6.1999 (SozR 3-2500 § 101 Nr. 3) keine Rechnung. Danach ist der Inhalt des baden-württembergischen Weiterbildungsrechtes gerade nicht für die Auslegung des in den Bedarfsplanungs-Richtlinien verwandten Begriffs der "Nervenärzte" maßgeblich. Denn die "Arztgruppe" iS des Bedarfsplanungsrechts der §§ 101 ff SGB V iVm der Ärzte-ZV und der Bedarfsplanungs-Richtlinien muß nicht notwendig mit dem Fach- bzw Teilgebiet iS des landesrechtlich geregelten ärztlichen Weiterbildungsrechts identisch sein. Vielmehr zählt zur Arztgruppe der "Nervenärzte" iS der Nr 7 der Bedarfsplanungs-Richtlinien auch der Arzt für Neurologie und der Arzt für Psychiatrie. Eine Überversorgung des Planungsbereichs wurde daher zutreffend für die Nervenärzte festgestellt. Insoweit sind, weil gegen die genannte Entscheidung des BSG verstoßend, die vom Beklagten und vom Beigeladenen Nr. 7 umfangreich vorgetragenen strukturellen Überlegungen nicht angebracht. Die Frage, ob teilweise auf psychiatrischem Fachgebiet Unterversorgung besteht, ist nach der genannten Entscheidung allein im Rahmen des Sonderbedarfs zu prüfen.

Bei seiner Entscheidung hat der Beklagte zudem in nicht ausreichendem Maße geprüft, ob ein lokaler Bedarf für psychiatrische Leistungen besteht. Er hat bei seiner Entscheidung nicht gewürdigt, dass der ortsansässige Nervenarzt Dr. K. am 29. Juli 1999 ausdrücklich auf Nachfrage angegeben hat, er habe noch Kapazitäten frei und die Wartezeiten betrügen lediglich 2 bis 3 Tage. Insoweit hat er zwar im Tatbestand seines Beschlusses die Auskunft von Dr. K. zutreffend wiedergegeben, sich damit aber in den Entscheidungsgründen nicht näher auseinander gesetzt. Dies wird nachzuholen sein. Zwar darf sich die Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts typischerweise nicht immer in solchen Befragungen erschöpfen, denn das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Äußerungen der befragten niedergelassenen Ärzte in starkem Maße auf deren subjektiven Einschätzungen beruhen und von deren individueller Interessenlage mit beeinflusst sein können, somit eine kritische Würdigung der Antworten durch die Zulassungsgremien erfordern (BSGE 86, 242 = SozR 3-2500 § 101 Nr. 5). Der Beklagte wird daher zu überprüfen haben, ob die subjektiven Angaben des Dr. K. durch die von dem Beklagten angeforderten Anzahlstatistiken (Bl. 49 ff. der Akte des Beklagten) objektivierbar sind. Zu diesem Zweck wird er Dr. K. erneut schriftlich und im Zweifel mündlich zu befragen haben. Zu beachten ist dabei schließlich noch, dass es Dr. K. aus Gründen der Berufsfreiheit selbst überlassen bleiben muss, wie er im Rahmen seiner Zulassung bzw. seinem Praxisbudget seinen Schwerpunkte wählt.

Schließlich hat der Beklagte den Sonderbedarf auch dadurch begründet, dass es den Patienten der Gemeinden O., N., G., M., G., I., W., V., B., B., J., S. und W. nicht zumutbar sei, angesichts der Entfernungsverhältnisse und der Verkehrsverbindungen die freien Kapazitäten der Gemeinden E. und Bad K. zu nutzen. Vor Annahme eines lokalen Sonderbedarfs, wäre eine Auseinandersetzung des Beklagten damit, dass auch der Versorgungsgrad der Nervenärzte in der Stadt F., E. wie auch dem B.-H. erheblich überschritten ist, erforderlich gewesen. Zuletzt liegt dieser 2001 bei 145,2 % für B.-H., 226,6 % in E. und 188,2 % in der Stadt F ... Dies erklärt auch, warum die von dem Beklagten befragten Nervenärzte in Bad K., die Dres. D. und W., angaben, noch Kapazitäten frei zu haben. Ob Patienten aus den benachbarten Gemeinden die Nervenärzte in Bad K. oder E. zumutbar erreichen können, wofür allein die geographische Lage der Gemeinden wie auch die verkehrstechnische Anbindung der Städte E., Bad K. und F. spricht, wird der Beklagte erneut prüfen müssen (zur Frage der Mitberücksichtigung der angrenzenden Planungsbereiche: BSG SozR 3-2500 § 101 Nr.1 S 6). Da bei einem lokalen Sonderbedarf auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 101 Nr. 5), ist der Umstand besonders zu würdigen, dass die Einwohner ländlicher Gemeinden es gewöhnt sind, wegen wichtiger Angelegenheiten die nächstgelegene Stadt aufzusuchen. Üblicherweise gehen die Verkehrsverbindungen von den entlegenen Dörfern hin zur Stadt und zurück. Dies spiegelt sich auch in der Praxis der ärztlichen Zulassungen wieder. Die Fachärzte wählen ihre Niederlassung gerade in der Stadt, weil sie auf dem Land trotz eines rechnerisch großen Einzugskreises von zu wenigen Patienten konsultiert werden. Zu beachten ist dabei auch, dass es Patienten grundsätzlich zumutbar ist, zum nächstgelegenen Arzt größere Wegstrecken zurückzulegen. Sofern dies bei psychiatrischen Patienten gelegentlich oder häufig anders sein sollte, wäre dies nachvollziehbar zu begründen.

Soweit sich der Beklagte auch darauf beruft, dass nach dem baden-württembergischen Rettungsdienstgesetz lediglich Entfernungen von 15 bis 20 km bzw. von 15 bis 20 Minuten Fahrzeit hinnehmbar sind, kann dies nur für Notfälle von Bedeutung sein. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass Notfälle sehr häufig zunächst von Hausärzten versorgt und erst danach fachärztlicher Behandlung zugeführt werden. Hinzu kommt, dass der Beigeladene Ziff. 7 seine Sonderbedarfszulassung nicht mit der Versorgung psychiatrischer Notfälle begründet hat.

Nach alledem ist daher der Beklagte von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen und hat somit erneut über den Zulassungsantrag zu entscheiden. Das Urteil des SG vom 23. August 2000 ist daher aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, über den Widerspruch des Beigeladenen Ziffer 7 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und des zum 2. Januar 2002 außer Kraft getretenen Abs. 4 S. 2 SGG, wobei letztere Vorschrift nach der Rechtsprechung des Senats auf vor dem 2. Januar 2002 anhängig gewesene Verfahren auch weiterhin anzuwenden ist (vgl. Urteil des Senats vom 30. Januar 2002).

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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