Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KN 02882/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 KN 3137/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 4. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Berücksichtigung von Hinzuverdienst bei der Rente für Bergleute und eine damit verbundene Teilaufhebung der Bewilligungsentscheidung.
Die am 1944 in Oppeln geborene Kläger war bis 1980 als Laborantin im oberschlesischen Kohlebergbau beschäftigt; sie gab die Arbeit zum Zweck der Erziehung ihrer Kinder auf. Am 19. Oktober 1989 übersiedelte sie ins Bundesgebiet; sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A. Am 27. November 1989 nahm sie eine Beschäftigung als Montiererin bei I. N.lader Sch. KG in Lahr auf.
Den Antrag auf Rente wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau vom Juni 1995 lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 19. April 1996, Widerspruchsbescheid vom 5. November 1996). Das Sozialgericht Freiburg (SG) sprach nach medizinischen Ermittlungen und Prüfung der Wertigkeit des im Bergbau ausgeübten Berufs durch Urteil vom 14. Oktober 1999 (S 2 KN 3240/96) die begehrte Rente ab 1. Juli 1995 zu. Daraufhin erging der Rentenbescheid vom 2. November 2000, der ab 1. Juli 2000 einen monatlichen Nettozahlbetrag von DM 382,59 auswies. Als Anlage 19 war dem Bescheid eine Darstellung der ab 1. Januar 2001 geltenden Hinzuverdienstgrenzen beigefügt.
Auf Anfrage vom 11. Dezember 2000 bescheinigte die Arbeitgeberin ein monatliches Bruttoentgelt von DM 1.639,70 zuzüglich Aufstockung für Altersteilzeit von DM 1.426,33. Auf dieser Grundlage erließ die Beklagte zunächst den Bescheid vom 13. März 2001. Die Rente stehe nur noch in Höhe von monatlich DM 127,54 zu; die von Januar bis März 2001 entstandene Überzahlung in Höhe von DM 765,15 sei zu erstatten. Mit dem Widerspruch machte die Klägerin unter anderem geltend, es sei ein zu hohes Bruttoeinkommen angesetzt worden; im Übrigen sei die Berücksichtigung von Hinzuverdienst verfassungswidrig. Auf Seiten der Beklagten wurde bemerkt, dass der Aufstockungsbetrag für Altersteilzeit zu Unrecht mit dem Faktor 1,538 auf einen Bruttobetrag erhöht worden war. Es erging der abändernde Bescheid vom 8. Juni 2001. Der monatliche Zahlbetrag belaufe sich von Januar bis Juni 2001 auf DM 255,07, ab Juli 2001 auf DM 259,95, so dass sich eine Nachzahlung von DM 895,15 ergebe. Vor Erlass des Bescheids war mit Bezug auf die getroffene Aufhebungsentscheidung das Anhörungsschreiben vom 16. Mai 2001 formuliert worden. Die Widerspruchsstelle der Beklagten legte im zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 6. September 2001 dar, aufgrund der Hinweise im Rentenbescheid vom 2. November 2000 habe die Klägerin wissen müssen, dass der Anspruch ab Januar 2001 kraft Gesetzes teilweise wegfallen werde. Ein atypischer Fall, insbesondere eine besondere Härte liege nicht vor. Der Erstattungsbetrag mindere sich auf DM 382,56 (3x DM 127,52).
Mit der zum SG erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, der Bewilligungsbescheid vom 2. November 2000 sei wegen Fehlens der ab Januar 2001 vorzunehmenden Berücksichtigung von Hinzuverdienst von Anfang an fehlerhaft gewesen und dies nicht nachträglich geworden. Das bezogene Einkommen sei der Beklagten längst bekannt gewesen. Im Übrigen sei im Bescheid vom 8. Juni 2001 keine Aufhebung für die Vergangenheit ausgesprochen worden. Schließlich sei es den Versicherten nicht zuzumuten, den zu berücksichtigenden Hinzuverdienst aufgrund der Hinweise selbst zu errechnen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Durch die Gesetzesänderung zum 1. Januar 2001 sei eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten. Ferner sei die Höhe des Hinzuverdiensts ab Januar 2001 zum Zeitpunkt des Rentenbescheids vom 2. November 2000 noch nicht bekannt gewesen. Damit könne der Bescheid nicht von Anfang an fehlerhaft gewesen sein. Durch Urteil vom 4. Juli 2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, mit der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2001 sei eine nachträgliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten. Auch sei die Teilaufhebung ab 1. Januar 2001 zulässig gewesen; unabhängig von der Frage des Verschuldens der Klägerin sei die Rücknahme aufgrund des erzielten Einkommens möglich. Ein atypischer Fall sei zu verneinen. Schließlich könne die Anrechnung nicht als verfassungswidrig erachtet werden, da immerhin eine Übergangszeit von fünf Jahren gegenüber den Versicherten geschaffen worden sei, die eine Rente wegen Erwerbsminderung erst ab Januar 1996 bezögen.
Die Berufung der Klägerin gegen das mit Einschreiben vom 30. Juli 2002 zugestellte Urteil ist am 21. August 2002 mit Telefax beim Landessozialgericht eingegangen. Die Klägerin verbleibt dabei, der Bescheid vom 2. November 2000 sei von Anfang an fehlerhaft gewesen. Im Übrigen habe die Klägerin den anzurechnenden Hinzuverdienst nicht selbst berechnen können, nachdem auch der Beklagten insoweit ein Fehler unterlaufen sei. Schließlich erhebe sich die Frage, ob man die "Kleinstrenten" der Bergleute den anderen Renten wegen Erwerbsminderung gleichstellen dürfe. Die Anrechnung von Hinzuverdienst greife in die eigentumsähnlich geschützte Rentenanwartschaft ein.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 4. Juli 2002 und den Bescheid vom 13. März 2001, geändert durch Bescheid vom 8. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. September 2001 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten (24 190344 M 533) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid vom 13. März 2001, geändert durch Bescheid vom 8. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. September 2001 zu Recht die Bewilligung von Rente wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau ab 1. Januar 2001 teilweise aufgehoben und den Erstattungsbetrag auf DM 382,56 festgesetzt.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung (Bescheid vom 2. November 2000) ist § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 Satz 1). Dies soll - rückwirkend - ab dem Zeitpunkt dieser Änderung erfolgen, soweit unter anderem (Abs. 1 Satz 2 Nr. 3) nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt hierbei der Beginn des Anrechnungszeitraums (Abs. 1 Satz 3).
Der Bewilligungsbescheid vom 2. November 2000 ist bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt war Hinzuverdienst nach § 96a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht zu berücksichtigen. § 302b Abs. 1 SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 1995, BGBl. I S. 1824 sieht für Versicherte, deren Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 1. Januar 1996 begonnen hat, vor, dass auf diese Rente die Hinzuverdienstgrenze nach § 96a SGB VI bis 31. Dezember 2000 nicht gilt, also § 45 Abs. 5 SGB VI in der Fassung des zitierten Gesetzes i.V.m. § 96a SGB VI noch nicht anzuwenden ist. In den Monaten November und Dezember 2000 kam demnach nur ein Anspruch auf Rente in voller Höhe in Betracht. Zwar ist die laufende Zahlung ab 1. Januar 2001 im Bewilligungsbescheid bereits verfügt worden. Im Zeitpunkt des Bescheiderlasses war aber nicht sicher, ob die Klägerin in Zukunft Hinzuverdienst überhaupt noch erzielen werde und in welcher Höhe dieser dann zu berücksichtigen sein würde (vgl. zur Anwendung des im Zeitpunkt der Bewilligung geltenden Rechts Bundessozialgericht - BSG - BSGE 68, 301 ff. = SozR 3-1300 § 48 Nr. 60). Im Übrigen ist eine endgültige Regelung der Hinzuverdienstgrenze erst durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl. I, S. 1824 mit Wirkung ab 1. Januar 2001 erfolgt. Nach § 313 Abs. 1 SGB VI in der Fassung dieses Gesetzes ist auf eine Rente für Bergleute, auf die am 31. Dezember 2000 Anspruch bestand, § 96a SGB VI unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen des § 313 Abs. 3 SGB VI anzuwenden. Mithin gelten die bis 31. Dezember 2000 in § 96a SGB VI damaliger Fassung gültigen Hinzuverdienstgrenzen weiter.
Die Rente für Bergleute - auch diejenige wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau - zählt nach der eindeutigen gesetzgeberischen Konzeption (Platzierung des § 45 SGB VI im 2. Kapitel, 2. Abschnitt, 2. Unterabschnitt, 2. Titel dieses Gesetzes) und auch nach dem Verständnis ihrer Funktion als Erwerbsersatz zu den Renten wegen Erwerbsminderung. Weshalb die seitens der Klägerin so genannten "Kleinstrenten" der Bergleute anders als die Renten wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI von der Berücksichtigung eines Hinzuverdiensts ausgenommen sein sollen, lässt sich nicht begründen; auch für die Klägerin ist insoweit kein schlüssiges Argument vorgetragen worden. Damit aber schlagen gegen die hier streitige Regelung ebenso wenig verfassungsrechtliche Bedenken durch wie bei den Renten wegen Erwerbsminderung; der gesetzlich begründete "Übersicherungseinwand" genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen sowohl des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG als auch der Garantie der eigentumsähnlichen Anwartschaft nach Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 4 RA 23/02 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Umdruck S. 12 ff.). Im Übrigen war die Berücksichtigung des Hinzuverdienst von der über lange Zeit (vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 2000) geltenden Übergangsregelung begleitet worden, die den Vertrauensschutzinteressen der Versicherten Rechnung getragen hat; immerhin musste sich die Klägerin, die bereits im Juni 1995 Rentenantrag gestellt hatte, ihren Erfolg erst erkämpfen (Urteil des SG vom 14. Oktober 1999) und stand noch nicht aktuell im Rentenbezug. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es nicht geboten, eine (volle) Erwerbsersatzleistung zusätzlich zu erzieltem Arbeitsentgelt zu gewähren (vgl. etwa zum Verbot des Aufbaus einer "Doppelversorgung" für Beamte in der Rentenversicherung BVerfGE 49, 192 ff; zu den Hinterbliebenenrenten BVerfGE 97, 271 ff.).
In den angefochtenen Entscheidungen ist das ab 1. Januar 2001 geltende Recht auch zutreffend umgesetzt. Abhängig vom erzielten Hinzuverdienst wird eine Rente für Bergleute in voller Höhe, in Höhe von zwei Dritteln oder in Höhe von einem Drittel geleistet (§ 96a Abs. 1a SGB VI; wortgleich § 313 Abs. 2 SGB VI). Die Hinzuverdienstgrenze beträgt nach § 313 Abs. 3 SGB VI a) in voller Höhe das 70fache, b) in Höhe von zwei Dritteln das 93,3fache, c) in Höhe von einem Drittel das 116,7fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68), vervielfältigt mit den Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 - 3) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit, mindestens jedoch mit 0,5 Entgeltpunkten. Für die Klägerin ergeben sich ab 1. Januar 2001 bei einem aktuellen Rentenwert von DM 48,58 und zugrunde liegenden Entgeltpunkten von 0,6772 monatliche Hinzuverdienstgrenzen für die Rente in voller Höhe von DM 2.302,89, für die Rente in Höhe von zwei Dritteln von DM 3.069,42 und für die Rente von einem Drittel von DM 3.839,24. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt von DM 3.066,03 (Bruttogehalt zuzüglich Aufstockung für Altersteilzeit netto) lag noch knapp unter der für die Rente in Höhe von zwei Dritteln geltenden Hinzuverdienstgrenze. Dagegen wird die Grenze von DM 2.302,89 für die Rente in voller Höhe überschritten. Da die Hinzuverdienstgrenzen ab 1. Juli 2001 leicht angestiegen sind, während das Einkommen der Klägerin in gleichbleibender Höhe berücksichtigt wurde, ergibt sich für diesen weiteren Zeitraum kein Nachteil.
Die rückwirkende Aufhebung ab 1. Januar 2001, die im abändernden Bescheid vom 8. Juni 2001 wegen dessen nur begünstigender Wirkung nicht nochmals ausgesprochen werden musste, ist nicht zu beanstanden. Die Anrechnung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X ist, wie eingangs dargelegt, verschuldensunabhängig. Auch ein "atypischer Fall", der zur Ermessensprüfung genötigt hätte, ist zu verneinen. Zwar hatte die Beklagte im Rahmen des Rentenverfahrens zuletzt die Arbeitgeberauskunft vom 17. August 2000 eingeholt, wonach die Klägerin (bereits in Altersteilzeit) in Beschäftigung stand und dies noch bis März 2004 (Vollendung des 60. Lebensjahres) beabsichtigt sei. Aus der Bewilligung vom 2. November 2000 durfte jedoch nicht der Schluss gezogen werden, eine Berücksichtigung von Hinzuverdienst erfolge nicht; spätestens mit der geforderten Abgabe der Erklärung vom Dezember 2000 über die Fortdauer der Beschäftigung und das erzielte Arbeitsentgelt war ein etwaiges Vertrauen zerstört. Auch waren die Hinzuverdienstgrenzen und ihre Folgen im Bewilligungsbescheid eingehend erläutert, so dass die Klägerin mit einer Abänderung rechnen musste. Schutzwürdiges Vertrauen konnte sich deshalb nicht ausbilden. Der Erstattungsbetrag von DM 382,56 ist richtig errechnet; die Erstattungspflicht ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Zur Zulassung der Revision hat der Senat keinen Anlass gesehen, zumal in der Entscheidung des BSG vom 17. Dezember 2002 - wie zitiert - eindeutige Maßstäbe für die Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Regelungen gesetzt sind. Mithin kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht zu; das beim selben Senat des BSG anhängige Verfahren B 4 RA 8/02 R betrifft offenkundig andere Rechtsfragen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Berücksichtigung von Hinzuverdienst bei der Rente für Bergleute und eine damit verbundene Teilaufhebung der Bewilligungsentscheidung.
Die am 1944 in Oppeln geborene Kläger war bis 1980 als Laborantin im oberschlesischen Kohlebergbau beschäftigt; sie gab die Arbeit zum Zweck der Erziehung ihrer Kinder auf. Am 19. Oktober 1989 übersiedelte sie ins Bundesgebiet; sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A. Am 27. November 1989 nahm sie eine Beschäftigung als Montiererin bei I. N.lader Sch. KG in Lahr auf.
Den Antrag auf Rente wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau vom Juni 1995 lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 19. April 1996, Widerspruchsbescheid vom 5. November 1996). Das Sozialgericht Freiburg (SG) sprach nach medizinischen Ermittlungen und Prüfung der Wertigkeit des im Bergbau ausgeübten Berufs durch Urteil vom 14. Oktober 1999 (S 2 KN 3240/96) die begehrte Rente ab 1. Juli 1995 zu. Daraufhin erging der Rentenbescheid vom 2. November 2000, der ab 1. Juli 2000 einen monatlichen Nettozahlbetrag von DM 382,59 auswies. Als Anlage 19 war dem Bescheid eine Darstellung der ab 1. Januar 2001 geltenden Hinzuverdienstgrenzen beigefügt.
Auf Anfrage vom 11. Dezember 2000 bescheinigte die Arbeitgeberin ein monatliches Bruttoentgelt von DM 1.639,70 zuzüglich Aufstockung für Altersteilzeit von DM 1.426,33. Auf dieser Grundlage erließ die Beklagte zunächst den Bescheid vom 13. März 2001. Die Rente stehe nur noch in Höhe von monatlich DM 127,54 zu; die von Januar bis März 2001 entstandene Überzahlung in Höhe von DM 765,15 sei zu erstatten. Mit dem Widerspruch machte die Klägerin unter anderem geltend, es sei ein zu hohes Bruttoeinkommen angesetzt worden; im Übrigen sei die Berücksichtigung von Hinzuverdienst verfassungswidrig. Auf Seiten der Beklagten wurde bemerkt, dass der Aufstockungsbetrag für Altersteilzeit zu Unrecht mit dem Faktor 1,538 auf einen Bruttobetrag erhöht worden war. Es erging der abändernde Bescheid vom 8. Juni 2001. Der monatliche Zahlbetrag belaufe sich von Januar bis Juni 2001 auf DM 255,07, ab Juli 2001 auf DM 259,95, so dass sich eine Nachzahlung von DM 895,15 ergebe. Vor Erlass des Bescheids war mit Bezug auf die getroffene Aufhebungsentscheidung das Anhörungsschreiben vom 16. Mai 2001 formuliert worden. Die Widerspruchsstelle der Beklagten legte im zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 6. September 2001 dar, aufgrund der Hinweise im Rentenbescheid vom 2. November 2000 habe die Klägerin wissen müssen, dass der Anspruch ab Januar 2001 kraft Gesetzes teilweise wegfallen werde. Ein atypischer Fall, insbesondere eine besondere Härte liege nicht vor. Der Erstattungsbetrag mindere sich auf DM 382,56 (3x DM 127,52).
Mit der zum SG erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, der Bewilligungsbescheid vom 2. November 2000 sei wegen Fehlens der ab Januar 2001 vorzunehmenden Berücksichtigung von Hinzuverdienst von Anfang an fehlerhaft gewesen und dies nicht nachträglich geworden. Das bezogene Einkommen sei der Beklagten längst bekannt gewesen. Im Übrigen sei im Bescheid vom 8. Juni 2001 keine Aufhebung für die Vergangenheit ausgesprochen worden. Schließlich sei es den Versicherten nicht zuzumuten, den zu berücksichtigenden Hinzuverdienst aufgrund der Hinweise selbst zu errechnen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Durch die Gesetzesänderung zum 1. Januar 2001 sei eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten. Ferner sei die Höhe des Hinzuverdiensts ab Januar 2001 zum Zeitpunkt des Rentenbescheids vom 2. November 2000 noch nicht bekannt gewesen. Damit könne der Bescheid nicht von Anfang an fehlerhaft gewesen sein. Durch Urteil vom 4. Juli 2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, mit der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2001 sei eine nachträgliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten. Auch sei die Teilaufhebung ab 1. Januar 2001 zulässig gewesen; unabhängig von der Frage des Verschuldens der Klägerin sei die Rücknahme aufgrund des erzielten Einkommens möglich. Ein atypischer Fall sei zu verneinen. Schließlich könne die Anrechnung nicht als verfassungswidrig erachtet werden, da immerhin eine Übergangszeit von fünf Jahren gegenüber den Versicherten geschaffen worden sei, die eine Rente wegen Erwerbsminderung erst ab Januar 1996 bezögen.
Die Berufung der Klägerin gegen das mit Einschreiben vom 30. Juli 2002 zugestellte Urteil ist am 21. August 2002 mit Telefax beim Landessozialgericht eingegangen. Die Klägerin verbleibt dabei, der Bescheid vom 2. November 2000 sei von Anfang an fehlerhaft gewesen. Im Übrigen habe die Klägerin den anzurechnenden Hinzuverdienst nicht selbst berechnen können, nachdem auch der Beklagten insoweit ein Fehler unterlaufen sei. Schließlich erhebe sich die Frage, ob man die "Kleinstrenten" der Bergleute den anderen Renten wegen Erwerbsminderung gleichstellen dürfe. Die Anrechnung von Hinzuverdienst greife in die eigentumsähnlich geschützte Rentenanwartschaft ein.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 4. Juli 2002 und den Bescheid vom 13. März 2001, geändert durch Bescheid vom 8. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. September 2001 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten (24 190344 M 533) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid vom 13. März 2001, geändert durch Bescheid vom 8. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. September 2001 zu Recht die Bewilligung von Rente wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau ab 1. Januar 2001 teilweise aufgehoben und den Erstattungsbetrag auf DM 382,56 festgesetzt.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung (Bescheid vom 2. November 2000) ist § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 Satz 1). Dies soll - rückwirkend - ab dem Zeitpunkt dieser Änderung erfolgen, soweit unter anderem (Abs. 1 Satz 2 Nr. 3) nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt hierbei der Beginn des Anrechnungszeitraums (Abs. 1 Satz 3).
Der Bewilligungsbescheid vom 2. November 2000 ist bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt war Hinzuverdienst nach § 96a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht zu berücksichtigen. § 302b Abs. 1 SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 1995, BGBl. I S. 1824 sieht für Versicherte, deren Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 1. Januar 1996 begonnen hat, vor, dass auf diese Rente die Hinzuverdienstgrenze nach § 96a SGB VI bis 31. Dezember 2000 nicht gilt, also § 45 Abs. 5 SGB VI in der Fassung des zitierten Gesetzes i.V.m. § 96a SGB VI noch nicht anzuwenden ist. In den Monaten November und Dezember 2000 kam demnach nur ein Anspruch auf Rente in voller Höhe in Betracht. Zwar ist die laufende Zahlung ab 1. Januar 2001 im Bewilligungsbescheid bereits verfügt worden. Im Zeitpunkt des Bescheiderlasses war aber nicht sicher, ob die Klägerin in Zukunft Hinzuverdienst überhaupt noch erzielen werde und in welcher Höhe dieser dann zu berücksichtigen sein würde (vgl. zur Anwendung des im Zeitpunkt der Bewilligung geltenden Rechts Bundessozialgericht - BSG - BSGE 68, 301 ff. = SozR 3-1300 § 48 Nr. 60). Im Übrigen ist eine endgültige Regelung der Hinzuverdienstgrenze erst durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl. I, S. 1824 mit Wirkung ab 1. Januar 2001 erfolgt. Nach § 313 Abs. 1 SGB VI in der Fassung dieses Gesetzes ist auf eine Rente für Bergleute, auf die am 31. Dezember 2000 Anspruch bestand, § 96a SGB VI unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen des § 313 Abs. 3 SGB VI anzuwenden. Mithin gelten die bis 31. Dezember 2000 in § 96a SGB VI damaliger Fassung gültigen Hinzuverdienstgrenzen weiter.
Die Rente für Bergleute - auch diejenige wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau - zählt nach der eindeutigen gesetzgeberischen Konzeption (Platzierung des § 45 SGB VI im 2. Kapitel, 2. Abschnitt, 2. Unterabschnitt, 2. Titel dieses Gesetzes) und auch nach dem Verständnis ihrer Funktion als Erwerbsersatz zu den Renten wegen Erwerbsminderung. Weshalb die seitens der Klägerin so genannten "Kleinstrenten" der Bergleute anders als die Renten wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI von der Berücksichtigung eines Hinzuverdiensts ausgenommen sein sollen, lässt sich nicht begründen; auch für die Klägerin ist insoweit kein schlüssiges Argument vorgetragen worden. Damit aber schlagen gegen die hier streitige Regelung ebenso wenig verfassungsrechtliche Bedenken durch wie bei den Renten wegen Erwerbsminderung; der gesetzlich begründete "Übersicherungseinwand" genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen sowohl des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG als auch der Garantie der eigentumsähnlichen Anwartschaft nach Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 4 RA 23/02 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Umdruck S. 12 ff.). Im Übrigen war die Berücksichtigung des Hinzuverdienst von der über lange Zeit (vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 2000) geltenden Übergangsregelung begleitet worden, die den Vertrauensschutzinteressen der Versicherten Rechnung getragen hat; immerhin musste sich die Klägerin, die bereits im Juni 1995 Rentenantrag gestellt hatte, ihren Erfolg erst erkämpfen (Urteil des SG vom 14. Oktober 1999) und stand noch nicht aktuell im Rentenbezug. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es nicht geboten, eine (volle) Erwerbsersatzleistung zusätzlich zu erzieltem Arbeitsentgelt zu gewähren (vgl. etwa zum Verbot des Aufbaus einer "Doppelversorgung" für Beamte in der Rentenversicherung BVerfGE 49, 192 ff; zu den Hinterbliebenenrenten BVerfGE 97, 271 ff.).
In den angefochtenen Entscheidungen ist das ab 1. Januar 2001 geltende Recht auch zutreffend umgesetzt. Abhängig vom erzielten Hinzuverdienst wird eine Rente für Bergleute in voller Höhe, in Höhe von zwei Dritteln oder in Höhe von einem Drittel geleistet (§ 96a Abs. 1a SGB VI; wortgleich § 313 Abs. 2 SGB VI). Die Hinzuverdienstgrenze beträgt nach § 313 Abs. 3 SGB VI a) in voller Höhe das 70fache, b) in Höhe von zwei Dritteln das 93,3fache, c) in Höhe von einem Drittel das 116,7fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68), vervielfältigt mit den Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 - 3) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit, mindestens jedoch mit 0,5 Entgeltpunkten. Für die Klägerin ergeben sich ab 1. Januar 2001 bei einem aktuellen Rentenwert von DM 48,58 und zugrunde liegenden Entgeltpunkten von 0,6772 monatliche Hinzuverdienstgrenzen für die Rente in voller Höhe von DM 2.302,89, für die Rente in Höhe von zwei Dritteln von DM 3.069,42 und für die Rente von einem Drittel von DM 3.839,24. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt von DM 3.066,03 (Bruttogehalt zuzüglich Aufstockung für Altersteilzeit netto) lag noch knapp unter der für die Rente in Höhe von zwei Dritteln geltenden Hinzuverdienstgrenze. Dagegen wird die Grenze von DM 2.302,89 für die Rente in voller Höhe überschritten. Da die Hinzuverdienstgrenzen ab 1. Juli 2001 leicht angestiegen sind, während das Einkommen der Klägerin in gleichbleibender Höhe berücksichtigt wurde, ergibt sich für diesen weiteren Zeitraum kein Nachteil.
Die rückwirkende Aufhebung ab 1. Januar 2001, die im abändernden Bescheid vom 8. Juni 2001 wegen dessen nur begünstigender Wirkung nicht nochmals ausgesprochen werden musste, ist nicht zu beanstanden. Die Anrechnung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X ist, wie eingangs dargelegt, verschuldensunabhängig. Auch ein "atypischer Fall", der zur Ermessensprüfung genötigt hätte, ist zu verneinen. Zwar hatte die Beklagte im Rahmen des Rentenverfahrens zuletzt die Arbeitgeberauskunft vom 17. August 2000 eingeholt, wonach die Klägerin (bereits in Altersteilzeit) in Beschäftigung stand und dies noch bis März 2004 (Vollendung des 60. Lebensjahres) beabsichtigt sei. Aus der Bewilligung vom 2. November 2000 durfte jedoch nicht der Schluss gezogen werden, eine Berücksichtigung von Hinzuverdienst erfolge nicht; spätestens mit der geforderten Abgabe der Erklärung vom Dezember 2000 über die Fortdauer der Beschäftigung und das erzielte Arbeitsentgelt war ein etwaiges Vertrauen zerstört. Auch waren die Hinzuverdienstgrenzen und ihre Folgen im Bewilligungsbescheid eingehend erläutert, so dass die Klägerin mit einer Abänderung rechnen musste. Schutzwürdiges Vertrauen konnte sich deshalb nicht ausbilden. Der Erstattungsbetrag von DM 382,56 ist richtig errechnet; die Erstattungspflicht ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Zur Zulassung der Revision hat der Senat keinen Anlass gesehen, zumal in der Entscheidung des BSG vom 17. Dezember 2002 - wie zitiert - eindeutige Maßstäbe für die Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Regelungen gesetzt sind. Mithin kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht zu; das beim selben Senat des BSG anhängige Verfahren B 4 RA 8/02 R betrifft offenkundig andere Rechtsfragen.
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