L 13 AL 4869/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 00650/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 4869/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. November 2002 wird zurückgewiesen. Die Klage wegen des Bescheids vom 27. Mai 2002 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf höhere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ohne abgesenkten Zugangsfaktor hat.

Der am 1941 geborene Kläger war bei der I. D. In. GmbH seit 1. Oktober 1970, zuletzt als Ingenieur unter Entrichtung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung beschäftigt. Im Jahre 1994 hatte er ein Angebot auf gleitenden Ruhestand von der Arbeitgeberin erhalten, an welchem diese interessiert war, um den notwendigen Personalabbau auf sozialverträgliche Weise durchführen zu können. Der gleitende Ruhestand sah verschiedene Varianten vor, so u.a. die Auflösung des Vertragsverhältnisses mit Neubegründung eines neuen befristeten Arbeitsvertrags, die Zahlung einer Betriebsrente sowie eine Abfindung. Unter dem 10. Oktober 1994 unterzeichnete der Kläger den das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1994 auflösenden Vertrag sowie einen neuen Arbeitsvertrag, auf dessen Grundlage er bei der Arbeitgeberin noch befristet vom 1. Januar 1995 bis 31. Oktober 1997 zu einem Bruttoentgelt von 5.242 DM und einer wöchentlichen Arbeitszeit von nur noch 19 Stunden beschäftigt blieb; daneben bezog er ab 1. Januar 1995 eine Betriebsrente von anfänglich monatlich 2.649 DM sowie eine Subvention des versicherungsmathematischen Abzugs von monatlich 238 DM, insgesamt also 2.887 DM. Das Arbeitsverhältnis endete gegen Zahlung einer Abfindung von 153.773 DM brutto. Der Kläger meldete sich anschließend arbeitslos und bezog vom 1. November 1997 bis 28. Juni 2000 Arbeitslosengeld ohne die erleichterten Voraussetzungen des § 105c des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) bzw. des § 428 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III); anschließend blieb er arbeitslos gemeldet, ohne Leistungen zu beziehen.

Am 27. September 2001 beantragte der Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Die Beklagte holte beim Arbeitsamt Stuttgart die Auskunft vom 19. Dezember 2001 ein. Mit Bescheid vom 21. Januar 2002 bewilligte sie ab 1. Januar 2002 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit in Höhe von monatlich 1.294,30 EUR; in der Anlage 6 wurde der Zugangsfaktor der Rente wegen der 60 Kalendermonate vorzeitiger Inanspruchnahme um jeweils 0,003, insgesamt um 0,180 auf 0,820 vermindert, wodurch sich die persönlichen Entgeltpunkte von 62,3530 auf 51,1295 (62,3530 x 0,820) verringerten. Außerdem hob die Beklagte im Rentenbescheid den früheren Vormerkungsbescheid vom 20. April 1988, soweit er nicht dem geltenden Recht entspreche, auf; sie entschied im Rahmen der Rentenberechnung ferner, dass Anrechnungszeiten wegen Krankheit ohne Beitragszahlung sowie wegen Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug keine Entgeltpunkte erhielten. Der Kläger erhob am 5. Februar 2002 Widerspruch wegen des verringerten Zugangsfaktors und der verweigerten Zuweisung von Entgeltpunkten für bestimmte Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2002 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 17. Mai 2002 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben, mit der er begehrt hat, die Altersrente nach den Regelungen des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung vom 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261 (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992 -) zu berechnen, weil er die Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres ohne Abschlag in Anspruch nehmen dürfe; soweit die nach dem RRG 1992 erlassenen gesetzlichen Regelungen ihm dies verweigerten, seien diese verfassungswidrig. Wegen der Vereinbarungen im Rahmen des gleitenden Ruhestandes gegen den früheren Arbeitgeber geführte Musterverfahren hätten in drei Instanzen keinen Erfolg gehabt. Die Beklagte hat während des Klageverfahrens die Altersrente mit Bescheid vom 27. Mai 2002 neu berechnet, weil ab 1. Januar 2002 Versicherungspflicht in der Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung bestand und deshalb die Rente um die Beitragsanteile des Klägers zu diesen Versicherungszweigen verringert wurde; die Rentenberechnung als solche blieb unverändert. Das SG hat mit Urteil vom 12. November 2002 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe einen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente abgesenkten Zugangsfaktor hinzunehmen (§ 237 Abs. 1 und 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Vertrauensschutz genieße er nicht; denn § 237 Abs. 4 SGB VI, der ebenso wenig wie § 237 Abs. 1 und 3 SGB VI verfassungswidrig sei, finde keine Anwendung, weil der Kläger nicht bis 14. Februar 1941 geboren sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das an die damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 3. Dezember 2002 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die am 19. Dezember 2002 beim Landessozialgericht eingelegte schriftliche Berufung des Klägers. Er legt verschiedene Unterlagen im Zusammenhang mit dem von ihm in Anspruch genommenen gleitenden Ruhestand vor und verbleibt bei der Auffassung, dass die ihn benachteiligenden nach dem RRG 1992 ergangenen Regelungen, aufgrund deren er die Altersrente abschlagsfrei nicht bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres und 3 Monaten, sondern erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nehmen könne, die Verfassung verletzten. Der Gesetzgeber habe die ursprünglich in § 41 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des RRG 1992 für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit vorgesehene Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren um 3 Monate nicht nachträglich derart verschlechtern dürfen, dass er jetzt erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres diese Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen könne. Als verletzt sehe er Art. 14 des Grundgesetzes (GG), auch in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und Art. 3 GG an. Denn seine ursprünglich erworbene Rechtsposition werde nachträglich entwertet; mit einer derartigen Enttäuschung seines Vertrauens habe er, nachdem der große Rentenkonsens 1992 parteiübergreifend gesetzlich normiert worden sei, nicht rechnen müssen. Dass gegen Art. 14 GG verstoßen werde, ergebe sich auch aus dem von Prof. Dr. Fuchs erstatteten Rechtsgutachten (abgedruckt in Sozialgerichtsbarkeit 2002, S 645 ff.) sowie aus weiteren Stimmen in der Literatur. Art. 3 Abs. 1 GG sei deshalb verletzt, weil er ohne sachlichen Grund gegenüber den Versicherten mit Anspruch auf eine Altersrente für Frauen benachteiligt werde; bei diesen beginne die Anhebung der Altersgrenze erst, wenn sie ab Januar 1940 geboren seien, während bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit schon bei den ab Januar 1937 geborenen Versicherten die Altersgrenze angehoben werde. Eine Benachteiligung liege auch gegenüber bestimmten aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschiedenen Arbeitnehmern vor, die die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI schon in Anspruch nehmen könnten, wenn sie bis 14. Februar 1944 geboren seien, während im Übrigen nur die bis 14. Februar 1941 geborenen Versicherten begünstigt würden. Für die in § 237 Abs. 4 SGB VI getroffene Stichtagsregelung fehle jeder sachliche Grund. Die Neuregelung führe in seinem Fall zu einer auch eine Hinterbliebenenrente erfassenden Rentenminderung von monatlich ca. 556 DM (284,27 EUR).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. November 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 21. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2002 sowie des Bescheids vom 27. Mai 2002 zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 2002 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 0,991 zu gewähren, hilfsweise den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG zur Entscheidung vorzulegen, höchsthilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen des Bescheids vom 27. Mai 2002 abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und sieht Art. 14 GG oder Art. 3 GG nicht als verletzt an. Die Verschärfung der Anhebung der Altersgrenze habe ein legitimes im öffentlichen Interesse liegendes Ziel, nämlich die Sicherung der wegen der Frühverrentungspraxis gefährdeten künftigen Finanzierbarkeit von Renten- und Arbeitslosenversicherung verfolgt. Die Anhebung der Altersgrenze sei hierfür auch ein geeignetes Mittel gewesen, nachdem 1995 die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit 22,70 v.H. am Rentenzugang beteiligt gewesen sei; schließlich habe die Bundesregierung bis zum Jahr 2003 bei der Rentenversicherung mit Einsparungen in Höhe von 17 Milliarden DM aufgrund der gesetzlichen Neuregelung gerechnet. Zu bejahen sei auch die Erforderlichkeit der Anhebung der Altersgrenze, denn der Ausgabenzuwachs bei der Altersrente habe da begrenzt werden müssen, wo er seine Ursache gehabt habe, nämlich bei der Ausweitung der Frühverrentungen. In den Jahren 2000 und 2001 sei die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit immer noch mit 18,1 v.H. und 16,6 v.H. am Rentenzugang beteiligt gewesen. Schließlich stelle die Anhebung der Altersgrenze auch einen unter Vertrauensgesichtspunkten zumutbaren Eingriff dar. Ein schutzwürdiges Vertrauen werde nämlich nicht zerstört; da die Rente wegen Arbeitslosigkeit nicht dazu gedacht gewesen sei, die Arbeitslosigkeit bewusst zu planen, sie vielmehr den Eintritt eines außerplanmäßigen Risikos habe absichern wollen, werde auch nicht in längerfristige Lebensplanungen eingegriffen. Im Übrigen werde der Wert der Rente in einem Bereich beschnitten, der nur eingeschränkt auf eigener Leistung beruhe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG (S 9 RA 2338/02) und die Berufungsakten (L 13 RA 4945/02) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers und seine Klage wegen des Bescheids vom 27. Mai 2002 konnten keinen Erfolg haben.

Die Berufung ist zulässig; Beschränkungen nach §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestehen nicht.

Die Berufung und die Klage wegen des Bescheids vom 27. Mai 2002, der gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist und über den der Senat auf Klage zu entscheiden hatte, nachdem er in das Urteil des SG nicht einbezogen worden war, sind in der Sache nicht begründet. Der im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung höherer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit einem Abschlag von nur 0,009 besteht nicht.

Gemäß § 237 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Gesetzes zur Fortentwicklung der Altersteilzeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2494) haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben, entweder bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung des 58. Lebensjahrs und 6 Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer im Bergbau bezogen haben, in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente 8 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben. Gemäß § 237 Abs. 3 SGB VI in der Fassung des am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998) wird die Altersgrenze von 60 Jahren für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind, angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ist möglich (Satz 2). Die Anhebung der Altergrenze und die vorzeitige Inanspruchnahme bestimmen sich nach Anlage 19 (Satz 3).

Der Kläger, der nicht zum Personenkreis der von Arbeitslosigkeit betroffenen Versicherten mit eingeschränkter Verfügbarkeit i. S. von § 237 Abs. 2 SGB VI gehört, erfüllt die Voraussetzungen nach § 237 Abs. 1 SGB VI. Denn er ist am 8. Dezember 1941, also vor dem 1. Januar 1952 geboren, hatte am 7. Dezember 2001 das 60. Lebensjahr vollendet und war bei Beginn der Rente seit Vollendung des 58. Lebensjahrs und 6 Monaten (7. Juni 2000) durchgängig, also mehr als 52 Wochen arbeitslos. Bei Verlängerung des Zehnjahreszeitraums vor dem 1. Januar 2002 um Anrechnungszeiten der Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) vom 1. November 1997 bis 31. Dezember 2001 hatte der Kläger acht Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung. Schließlich erfüllt er die Wartezeit (vgl. § 244 Abs. 2 SGB VI) von 15 Jahren (180 Monaten) mit 460 anzurechnenden Monaten. Er kann als nach dem 31. Dezember 1936 geborener Versicherter aber die Rente nur nach Maßgabe des Abs. 3 in Verbindung mit Anlage 19 in Anspruch nehmen. Danach wird die Altersgrenze bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bei den im Dezember 1941 geborenen Versicherten um 60 Monate angehoben. Die Altersrente kann entweder erst nach Vollendung des 65. Lebensjahrs in Anspruch genommen werden, oder es müssen bei der vorzeitigen Inanspruchnahme ab dem 60. Lebensjahr für 60 Kalendermonate wegen des verminderten Zugangsfaktors Abschläge zu je 0,003, insgesamt also 0,180 und damit eine Verminderung der für die Ermittlung des Monatsbetrags maßgebenden persönlichen Entgeltpunkte von 62,3530 auf 51,1295 vorgenommen werden (§ 237 Abs. 3 Sätze 2 und 3 i.V.m. §§ 63 Abs. 5, 77 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a SGB VI). Die Altersrente des Klägers ist im angefochtenen Rentenbescheid, insbesondere bei der Ermittlung des Zugangsfaktors und der persönlichen Entgeltpunkte, zutreffend berechnet worden. Auf Anlage 6 zum Rentenbescheid vom 21. Januar 2002 wird insoweit Bezug genommen; der Senat macht sich die Berechnung zu eigen.

Die Vertrauensschutzbestimmung des § 237 Abs. 4 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1999 (RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2998), in Kraft getreten am 1. Januar 2000, greift nicht zu Gunsten des Klägers ein. Nach dieser Vorschrift wird die Altersgrenze von 60 Jahren bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit für bestimmte Versicherte in dem dort festgelegten der Anhebung für nach dem 31. Dezember 1940 geborene Versicherte in § 41 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des RRG 1992 teilweise entsprechenden geringeren Umfang angehoben. Begünstigt sind jetzt u.a. Versicherte, die nach Nr. 1 bis zum 14. Februar 1941 geboren sind und (Buchstabe a) am 14. Februar 1996 arbeitslos waren oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben oder (Buchstabe b) deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem 14. Februar 1996 erfolgt ist, nach dem 13. Februar 1996 beendet worden ist und die daran anschließend arbeitslos geworden sind oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben oder nach Nr. 2 vor dem 1. Januar 1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei § 55 Abs. 2 nicht für Zeiten anzuwenden ist, in denen Versicherte wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe versicherungspflichtig waren. Nach § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI steht einer vor dem 14. Februar 1996 abgeschlossenen Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine vor diesem Tag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses oder Bewilligung einer befristeten arbeitsmarktpolitischen Maßnahme gleich; ein bestehender Vertrauensschutz (vgl. Satz 3) wird insbesondere durch die spätere Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses oder den Eintritt in eine neue arbeitsmarktpolitische Maßnahme nicht berührt. Bei Anwendbarkeit dieser Regelungen könnte der Kläger mit Geburtsmonat Dezember 1941 nach Vollendung des 60. Lebensjahrs und 3 Monaten, also zum 1. April 2002, abschlagsfrei Altersrente beziehen oder hätte bei Bezug ab 1. Januar 2002 nur einen Abschlag von 0,009 auf 61,791 persönliche Entgeltpunkte statt jetzt 0,180 auf 51,1295 persönliche Entgeltpunkte hinzunehmen.

Die Voraussetzungen dieser Vertrauensschutzbestimmung liegen aber nicht vor. Der Kläger hat keine 45 Jahre (540 Monate) mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, sondern lediglich 415 berücksichtigungsfähige Monate mit solchen Pflichtbeiträgen. Er war auch nicht am 14. Februar 1996 arbeitslos, denn er stand bis 31. Oktober 1997 in einem befristeten Arbeitsverhältnis zur I. (zu Nr. 1 Buchstabe a). Allerdings endete sein Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung, die am 10. Oktober 1994, also vor dem 14. Februar 1996 vereinbart worden ist, nach dem 13. Februar 1996, nämlich am 31. Oktober 1997, und er ist anschließend arbeitslos gewesen. Die Voraussetzungen des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a) SGB VI erfüllt er aber allein deshalb nicht, weil er nach dem dort genannten Stichtag 14. Februar 1941 geboren ist.

§ 237 Abs. 4 SGB VI kann auch nicht erweiternd so verstanden werden, dass allein der Abschluss der Aufhebungsvereinbarung für die Einbeziehung in die Vertrauensschutzregelung genügt, denn der Gesetzgeber hat zusätzlich die Geburt bis zu einem bestimmten Datum ausdrücklich zum Tatbestandsmerkmal erhoben, das Auslegungsspielräume nicht eröffnet. Damit verfolgt das Gesetz den Zweck, nur den Versicherten Vertrauensschutz gewähren, die ein bestimmtes Lebensalter erreicht hatten, nämlich, wie zu zeigen sein wird, das 55. Lebensjahr vollendet hatten. Der Kläger hat nach den Bestimmungen des SGB VI keinen Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit ohne abgesenkten Zugangsfaktor.

Der Senat vermochte sich nicht von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung zu überzeugen, sodass das Verfahren nicht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen war. Das Gesetz verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten. Daher ist auch eine vorrangig zu prüfende verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift nicht geboten.

a) Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem eigentumsrechtlich ausgeprägten Grundsatz des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 75, 78 (105) stRspr) ist nicht verletzt. Rentenrechtliche Positionen genießen Eigentumsschutz (vgl. BVerfGE 100, 1 (32) m.w.N.). Der Vertrauensschutz für eigentumsgeschützte Position wird im Rahmen der Anforderungen an zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen und damit unter Einbindung in Art. 14 GG gewährleistet (BVerfGE a.a.O.).

aa) Die vom Kläger vor dem Inkrafttreten verschiedener Rechtsänderungen durch Beitragsleistung erworbenen Rentenanwartschaften unterliegen dem Schutzbereich von Art. 14 GG. Der Gesetzgeber hat mit dem Erlass der belastenden Gesetze zwar in die geschützte rentenrechtliche Position eingegriffen. Zuerst sah § 41 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261) langfristig mit Wirkung erst ab 2001 die Anhebung der Altersgrenze vor. Für die Gruppe der von September bis Dezember 1941 Geborenen – zu denen der Kläger gehört – wäre der Zugang zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit auf das 60. Lebensjahr und 3 Monate angestiegen. Er hätte die Altersrente nach dem seit 1. Januar 1992 und auch bei Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung geltenden Recht ab 1. April 2002 abschlagsfrei und ab 1. Januar 2002 mit einem Abschlag von nur 0,009 in Anspruch nehmen können. Diese Altersgrenze wurde zunächst durch Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (Gleite-Gesetz) vom 23. Juli 1996 (BGBl I S. 1078) geändert. § 41 SGB VI wurde um einen Absatz 1a ergänzt, nach welchem der Zugang zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit für Versicherte mit Jahrgang 1941 auf das 63. Lebensjahr angehoben wurde; die Regelung ist am 1. August 1996 in Kraft getreten. Bereits während der parlamentarischen Beratungen des Gleite-Gesetzes brachten die Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. den Entwurf des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) ein (vgl. BT-Drucks 13/4610). Danach sollten über die im Gleite-Gesetz vorgesehenen Maßnahmen hinaus weitere Maßnahmen mit Einfluss auf das Renteneintrittsalter ergriffen werden (vgl. a.a.O. S. 19). Die Anhebung der Altergrenzen nach dem Gleite-Gesetz wurde verschärft (vgl. a.a.O. S. 22). § 41 Abs. 1 SGB VI wurde durch Art. 1 Nr. 10 WFG vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1461) dahingehend geändert, dass nun für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind, die Altersgrenze von 60 Lebensjahren nach Anlage 19 angehoben wird. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ist möglich und bestimmt sich nach Anlage 19. Art. 2 Nr. 11 Gleite-Gesetz fügte die hier maßgebliche Vertrauensschutzregelung als damaligen § 237 Abs. 2 SGB VI ein, der am 1. August 1996 in Kraft trat. Durch Art. 1 Nr. 76 RRG 1999 sind die §§ 41, 237 SGB VI neu gefasst worden. Der Zugang zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ist nur noch übergangsrechtlich geregelt, ohne dass sich die Altersgrenzen geändert hätten. Die Vertrauensschutzregelung des früheren § 237 Abs. 2 findet sich nun in § 237 Abs. 4 SGB VI. Danach hat sich die im Jahre 1994 geltende Rechtslage zum Nachteil der Anwartschaft des Klägers insoweit geändert, als er anstatt nach Vollendung des 60. Lebensjahrs und 3 Monaten erst mit 65 Jahren abschlagsfrei in Altersrente gehen kann oder Abschläge von 18 v.H. bei vorzeitiger Inanspruchnahme hinnehmen muss.

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG schließt der durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz jedoch die Anpassung der Gesetzeslage an sich ändernde Verhältnisse nicht aus. Vielmehr darf der Gesetzgeber Inhalt und Schranken des Eigentums näher bestimmen und eingrenzen, er hat dabei allerdings das Vertrauensschutzinteresse des Einzelnen mit dem von ihm verfolgten öffentlichen Interesse unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit abzuwägen (vgl. nur: BVerfGE 72, 9, 23). Der Gesetzgeber unterliegt dabei strengen Bindungen, wenn er eine bereits als Übergangsregelung gestaltete Norm ihrerseits wieder ändert (BVerfGE 102, 68 (97)).

Am 14. Februar 1996 hat die Bundesregierung das in der so genannten Kanzlerrunde unter Beteiligung der Sozialpartner vereinbarte Eckpunktepapier gebilligt. Dieses Papier mündete in den von der Bundesregierung am 6. März 1996 beschlossenen Entwurf des Gleite-Gesetzes (vgl. Bundesrats-Drucks. 208/96) sowie in den Entwurf des WFG vom 10. Mai 1996 (vgl. BT-Drucks 13/4610). Zielsetzung beider Gesetzentwürfe war die Schaffung einer sozialverträglichen Alternative zur bisherigen Frühverrentungspraxis durch die Möglichkeit eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und die Stabilisierung der Beiträge in der Rentenversicherung (vgl. BT-Drucks 13/4610 S. 18 f. 22). Wegen dieser die zukünftige Finanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme und das Wirtschaftswachstum gefährdenden Umstände wurde wiederholt ein schnelles Handeln für geboten erachtet. Als Lösung war die stufenweise Heraufsetzung der Altersgrenzen für Altersrentner, teilweise unter Wahrung des Vertrauensschutzes für Versicherte der rentennahen Jahrgänge vorgesehen. Durch das Gleite-Gesetz und das WFG wurde die im bis dahin geltenden Recht verankerte, jedoch erst ab 2001 vorgesehene Anhebung der Altersgrenzen zeitlich vorgezogen und fiel zudem deutlich steiler aus.

cc) Durch § 237 Abs. 1 und 3 i.V.m. Anlage 19 SGB VI in der Fassung des RRG 1999 (früher § 41 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des WFG) hat der Gesetzgeber nach Auffassung des Senats eine noch zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung vorgenommen. Die mit der Regelung verfolgten wichtigen Gemeinwohlbelange rechtfertigen bei Abwägung mit dem Interesse der Versicherten am Fortbestand der erworbenen Rentenanwartschaften die vorgenommene Anhebung der Altersgrenzen. Angesichts der durch die Frühverrentung entstehenden Aufwendungen der Rentenversicherungsträger war ein schnelles Handeln geboten. Der Gesetzgeber hat bei dem Eingriff in die rentenversicherungsrechtliche Position den Vertrauensschutz der Versicherten dadurch beachtet, dass er nur die rentenfernen, nach 1951 geborenen Jahrgänge völlig vom vorzeitigen Zugang zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ausgeschlossen hat. Diese Gruppe kann auch nicht gegen Abschlag eine Rente wegen Alters vor dem 65. Lebensjahr beziehen. Dagegen sind die bis 31. Dezember 1936 geborenen Versicherten sowie die von der Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI erfassten bis 14. Februar 1941 geborenen Versicherten von der Anhebung der Altergrenze bzw. von Rentenabschlägen nicht betroffen. Die in der Zeit vom 1. Januar 1937 bis 31. Dezember 1951 geborenen Versicherten, die nicht die Voraussetzungen des § 237 Abs. 4 SGB VI erfüllen, wiederum können die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit entweder erst zu den angegebenen Altergrenzen oder aber ab dem 60. Lebensjahr in Anspruch nehmen, in diesem Fall müssen sie jedoch Abschläge von 0,003 Entgeltpunkten pro Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme hinnehmen; bei den Versicherten schließlich, die den besonderen Vertrauensschutz des § 237 Abs. 4 SGB VI genießen, fällt die Anhebung moderater aus, sodass sie bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente geringere Abschläge in Kauf nehmen müssen. Der durch Art. 2 Nr. 6 des Gleite-Gesetzes eingefügte § 187a SGB VI eröffnet der Gruppe von Versicherten, die aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente wegen Alters Abschläge hinzunehmen hat, die - von der Beklagten allerdings nicht angebotene - Möglichkeit, die dadurch bedingte Rentenminderung durch die Zahlung von zusätzlichen Beiträgen auszugleichen.

Mit der Kombination von Gewährleistung des bisherigen Rentenbeginns (Vertrauensschutz) verbunden mit finanziellen Abschlägen (Einsparung) und der Möglichkeit der Beitragsnachzahlung hat der Gesetzgeber die Interessen der Versicherten an einem vorgezogenen Rentenzugang berücksichtigt. Der von diesen hinzunehmende finanzielle Abschlag hat zwar erhebliches Gewicht, ist jedoch im Hinblick auf die bestehende Frühverrentungspraxis und die dadurch verursachte Finanzsituation der Rentenversicherung im Jahre 1996 ein geeignetes, erforderliches und auch im engeren Sinne verhältnismäßiges Mittel. Der Gesetzgeber konnte bei der Verfolgung des Ziels, die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren, neben den Interessen der Leistungsberechtigten auch die entsprechenden Belastungen der Beitragszahler (versicherungspflichtig Beschäftigte und Arbeitgeber) berücksichtigen. Zur Erreichung dieses Ziels ist die Regelung geeignet, auch wenn sie die Verlängerung der Lebensarbeitszeit nicht sicher bewirkt. Dieses Lenkungsziel steht neben dem Einsparungsziel, das in erster Linie verfolgt wurde. Bei der Beurteilung der Geeignetheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 90, 145 (173); 103, 293 (307)), der nur in begrenztem Umfang überprüfbar ist und hier noch nicht überschritten erscheint. Bei Abwägung der widerstreitenden Interessen war es nicht geboten, dem Eigentumsschutz der Leistungsbezieher absoluten Vorrang vor den Interessen der Beitragszahler einzuräumen. Es war daher sachgerecht, die Beitragszahler über die Erhöhung der Beitragssätze - 1997 auf den Rekordstand von 20,3 v.H. - heranzuziehen, zugleich die Leistungsbezieher angemessen durch prozentuale Abschläge zu belasten und zudem den steuerfinanzierten Bundeszuschuss zu erhöhen.

Der Gesetzgeber hat mit dem In-Kraft-Setzen der Neuregelung das Vertrauen in den Fortbestand der abschlagsfreien Altergrenzen nach der früheren Regelung des § 41 Abs. 1 SGB VI aF, enttäuscht. "Besondere" Anforderungen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 102, 68 (97)) waren aber nicht zu berücksichtigen, denn § 41 SGB VI aF war nicht als Übergangsregelung ausgestaltet, sondern bereitete die Anhebung der Altersgrenzen langfristig und dauerhaft vor. Die Vorschrift entfaltete beim In-Kraft-Treten der beschleunigten Anhebung der Altersgrenzen durch das WFG noch keine aktuellen Wirkungen, denn diese hätten erst 2001 einsetzen sollen. Ein solcher Eingriff ist nicht der vom BVerfG entschiedenen Konstellation gleich zu achten, bei der eine befristete Übergangsregelung ein Jahr vor ihrem Außer-Kraft-Treten erheblich nachteilig verändert worden ist. Vielmehr ist nach allgemeinen Grundsätzen zu prüfen, ob der eigentumsrechtliche Vertrauensschutz den 1996 getroffenen Regelungen entgegenstand, was aus den oben dargelegten Gründen nicht der Fall ist.

b) Auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Der Gleichheitssatz will in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern. Daher unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Zwar kann er grundsätzlich frei entscheiden, welche Merkmale er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Eine Grenze ist jedoch dann erreicht, wenn sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu deren Grad stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (vgl. BVerfGE 99, 165 (178); stRspr).

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht durch die Stichtagsregelung in § 237 Abs. 4 SGB VI verletzt. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch eine Stichtagsregelung liegt im Rentenrecht nur vor, wenn die (un-)gleiche Behandlung des geregelten Sachverhalts mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also bezogen auf den jeweils zur Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt (BVerfGE 76, 256 (329); 79, 223 (236); BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Januar 1991 - 2 BvR 1403/90 - NVwZ 1991, 662 (663)). Art. 3 Abs. 1 GG hindert den Rentengesetzgeber nicht, Stichtage einzuführen, obwohl das unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 87, 1 (43); 97, 103 (114 f.)). Dies gilt aufgrund des weiten Spielraums des politischen Ermessens, innerhalb dessen der Gesetzgeber das Rentenrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf, auch und gerade, wenn sich die tatsächliche Situation derer, die gerade noch in den Genuss einer Regelung kommen, nur geringfügig von der Lage derer unterscheidet, bei denen diese Voraussetzungen fehlen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. April 1995 - 2 BvR 794/91 - DVBl 1995, 1232 (1233); Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juli 1999 - 2 BvR 544/97 - DVBl 1999, 1421 (1422)). Die verfassungsgerichtliche Prüfung von Stichtagsregeln beschränkt sich folglich darauf, ob der Gesetzgeber den ihm zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, insbesondere ob die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar war.

Die hier zu prüfende Stichtagsregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI knüpft für den Vertrauensschutz der Versicherten an die später in den Gesetzentwurf einmündende Willensbildung der Bundesregierung über die Änderung der rentenrechtlichen Bestimmungen an. Die Regelung will vermeiden, dass mögliche Betroffene im Hinblick auf die geplante Einschränkung der Frühverrentungspraxis noch kurzfristig, während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens Vereinbarungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses treffen. Zwar wirkt der Stichtag insoweit in die Vergangenheit zurück, als er beim In-Kraft-Treten des Gesetzes bereits abgelaufen war und die Versicherten bereits vor der Geltung der Neuregelung an Dispositionen gehindert waren. Der Gesetzgeber kann aber mit sachlicher Begründung Stichtage mit unechter Rückwirkung in Kraft zu setzen. Eine solche Regelung ist gerechtfertigt, weil anderenfalls eine Beschleunigung der Frühverrentungswelle zu befürchten stand und dadurch die Erhöhung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung über die für 1997 bestimmten 20,3 v.H. hinaus nötig geworden wäre (vgl. zur Finanzlage auch den Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung vom 29. Juli 1996; BT-Drucks 13/5370 S. 1 ff.).

Auch der Stichtag in Bezug auf das bereits erreichte Alter von 55 Lebensjahren ist noch sachgerecht. Die Anpassung des Rentenzugangs an geänderte Verhältnisse muss auch mit mittelfristiger Wirkung notwendig sein. Personen, die noch fünf und mehr Jahre vom Rentenzugang entfernt sind, sind nicht rentennah. Von ihnen kann typisierend erwartet werden, dass sie auf veränderte Rechtslagen noch reagieren können. Hätte der Kläger erst in einem rentennahen Alter Dispositionen über das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben getroffen, wäre es ihm noch möglich gewesen, geänderte Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Entscheidet sich ein Arbeitnehmer aber schon im 54. Lebensjahr, trägt er das Risiko einer Änderung der Rechtslage bis zum Rentenzugang, so dass er sich dieses Risiko - wie hier geschehen - durch eine Abfindung honorieren lassen kann.

Keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz vermag zu begründen, dass Frauen mit gleichem Geburtsdatum wie der Kläger die Altersrente für Frauen abschlagsfrei schon mit 62 Jahren und die in § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI begünstigten aus bestimmten Betrieben der Montanindustrie ausgeschiedenen Versicherten in den Genuss der Vertrauensschutzregelung kommen, wenn sie - wie der Kläger - bis zum 14. Februar 1944 geboren sind, also am Stichtag erst 52 Jahre alt waren. Der sachliche Grund für die unterschiedliche Behandlung der Altersrente für Frauen liegt darin, dass diese Rente die Funktion eines pauschalen Nachteilsausgleichs hat, mit dem die Nachteile vor allem älterer weiblicher Versicherten in der Versicherungsbiographie mit kompensiert werden sollten und der es rechtfertigte, auch noch die bis 31. Dezember 1939 geborenen Versicherten von der Anhebung der Altersgrenze auszunehmen. Die Altersrenten für Frauen stellten überdies wegen ihrer im Vergleich zu den Altersrenten für männliche Versicherte geringeren Höhe keine vergleichbare finanzielle Belastung der Rentenversicherung dar. Dass Vertrauensschutz für Arbeitnehmer in der Montanindustrie schon mit vollendetem 52. Lebensjahr gewährt wird, rechtfertigt sich wegen europarechtlicher Besonderheiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision war, soweit der Kläger Altersrente ohne Abschläge begehrt, zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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