Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
72
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 667/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 27.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.03.2010 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine Resektion der abdominalen Fettschürze und eine Rekonstruktion der Bauchwand bei ausgeprägter Umbilicalhernie abgelehnt hat. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten für eine Resektion der abdominalen Fettschürze und eine Rekonstruktion der Bauchwand bei ausgeprägter Umbilicalhernie zu übernehmen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu zwei Dritteln.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer operativen Resektion der abdominalen Fettschürze, Rekonstruktion der Bauchwand sowie einer bariatrischen Operation. Der am.1961 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet an Adipositas per magna bei einem body mass index (BMI) von ca 63,7 kg/m2 (Körpergewicht ca. 230 kg bei einer Körpergröße von 190 cm) mit einer chronisch entzündlich veränderten abdominalen Fettschürze mit mechanischer Behinderung der Hüftgelenksflexion. Weiterhin besteht ein massiver Lymphstau sowie Rötung der gesamten Bauchhaut, die rezidivierende intertriginöse Ekzeme und rezidivierende erysipeloide Entzündungen aufweist. Als weitere Diagnosen bestehen arterielle Hypertonie, Bauchdecken- und Nabelhernie, degenerative Skelettveränderungen, rezidivierende Depressionen und Verdacht auf eine hyperphage Essstörung. Nach einer Untersuchung in der Sch-Klinik beantragte Frau Dr. M im November 2009 die Übernahme der Kosten einer operativen Resektion der abdominalen Fettschürze, einer Rekonstruktion der Bauchwand bei ausgeprägter Umbilicalhernie sowie einer bariatrischen Operation. Ausweislich des dem Antrag beigefügten Befundberichts kam wiederholt zu Entzündungen der Bauchhaut und bestand eine maximale Gehstrecke von 5 bis 10 Metern. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Herr Dr. D kam in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 18.11.2009 zu dem Ergebnis, dass vorrangig konservative Behandlungsmaßnahmen durchzuführen seien. Es sei nicht ersichtlich, in wieweit derartige Therapieversuche bereits erfolgt seien. Gestützt auf das MDK-Gutachten lehnte die Beklagte die beantragten Eingriffe durch Bescheid vom 27.11.2009 ab. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2010 zurück, nachdem sie zuvor ein Zweitgutachten vom MDK erfordert hatte, das Herr R N am 16.02.2010 wiederum nach Aktenlage erstellte. Adipositas-chirurgische Maßnahmen kämen nur als ultima ratio nach Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Mittel in Betracht. Voraussetzung hierfür sei, dass eine konservative Therapie möglichst unter ärztlicher Anleitung oder im Rahmen von Selbsthilfegruppen über mindestens ein Jahr und unter Beachtung entsprechender Qualifikationsanforderungen erfolglos versucht worden sei. Zusätzlich müsse das Ernährungsverhalten langfristig geändert werden. Des weiteren müsse die Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung gegeben sein sowie ausreichend Motivation des Patienten vorliegen. Die Magenbandoperation könne nur als unterstützende Maßnahme im Rahmen eines intensiven, allgemeinen interdisziplinären Gesamtkonzepts verstanden werden. Ausdrücklich fordere die Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, dass vor Indikationsstellung für eine adipositas-chirurgische Maßnahme wenigstens eine sechs- bis zwölfmonatige konservative Behandlung stattgefunden haben sollte. In der Leitlinie der chirurgischen Fachgesellschaft werde analog festgestellt, dass adipositas-chirurgische Maßnahmen erst bei solchen Patienten in Betracht gezogen werden sollten, bei denen unter ärztlicher Kontrolle durchgeführte konservative Behandlungsmaßnahmen nachweislich nicht erfolgreich waren. Nach der gutachterlichen Einschätzung des MDK seien diese Voraussetzungen beim Kläger nicht erfüllt. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe nicht hervor, ob und in welcher Weise der Kläger bisher konservative Maßnahmen zur Gewichtsreduktion durchgeführt habe. Die Basisbehandlung einer Adipositas bestehe in jedem Stadium in einer Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie. Eine chirurgische Behandlung könne erst nach Scheitern der konservativen Behandlungsversuche in Betracht gezogen werden. Vorrangig sei die Fortführung des im Rahmen der Ernährungsberatung Erlernten, ergänzt mit einem Bewegungsprogramm in einem über sechs bis zwölf Monate angelegten strukturierten Programm. Hinsichtlich der Hautveränderung im Bereich der Fettschürze sei eine lokalchirurgische Maßnahme nicht sinnvoll. Dagegen hat der Kläger am 20.04.2010 Klage erhoben. Er weist darauf hin, dass er seit ca. 2 Jahren unter extremem Übergewicht von ca. 230 kg leide und daraus erhebliche gesundheitliche Probleme folgten. Insbesondere sei es in der Vergangenheit mehrfach zu akuten und inzwischen chronischen Entzündungen der Bauchdecke gekommen, mit der beständigen Gefahr der Entwicklung einer lebensbedrohlichen Sepsis. Dem Kläger sei daher dringend zu einer chirurgischen Behandlung geraten worden, wobei als erste dringende Maßnahme die Entfernung der Bauchfettschürze mit Bauchdeckenstraffung erfolgen solle, um die konservative als auch ggf. operative weitere Behandlung vorzubereiten. Der Kläger sei zu den von der Beklagten geforderten konservativen Behandlungsmaßnahmen nicht in der Lage. Zum einen fehle die Zeit für die einjährigen Maßnahmen, die nicht ohne weitere Gefährdung der Gesundheit erfolgen könnten; zum anderen könne er sich kaum in der eigenen Wohnung ohne Hilfe bewegen und schon gar nicht versorgen. Deshalb erhalte er Pflegeleistungen nach der Pflegestufe 1. Er sei auch nicht in der Lage, die Wohnung zwecks Teilnahme an Ernährungskursen oder Selbsthilfeberatung zu verlassen. Die behandelnden Ärzte hätten angeraten, zunächst durch eine operative Entfernung des überschüssigen Bauchfettes die Bewegungsfähigkeit des Klägers wieder herzustellen und ihn so in die Lage zu versetzen, an der weiter notwendigen Gewichtsreduzierung aktiv mitzuwirken. Vorrangig gehe es dem Kläger um die chirurgische Resektion der abdominalen Fettschürze und Rekonstruktion der Bauchwand. Hauptziel sei dabei die Verhinderung weiterer gefährlicher Infektionen der Bauchhaut, die bereits zweimal aufgetreten seien. Darüber hinaus sei aber auch die Indikation für die operative Einbringung eines Magenbandes mit dem Ziel einer dauerhaften weiteren Gewichtsreduzierung gegeben. Bei dem extremen Übergewicht des Klägers und einem BMI von 64 sei das Magenband auch ohne vorangegangene konservative Maßnahmen als ultima ratio anzusehen, denn bei einem Gewicht von 230 kg könne ein Normalgewicht allein mit konservativen Maßnahmen nicht erreicht werden. Etwas anderes folge auch nicht aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Adipositasprogramm des Klinikums St. Georg gGmbH, Leipzig. Weder sei aus dessen Veröffentlichung die Zahl der Teilnehmer mit einem BMI von 63,7 ersichtlich, noch der von dieser Personengruppe erzielte Erfolg. Außerdem sei die Vergleichbarkeit sonstiger Ausgangspositionen wie Beweglichkeit oder Fettverteilung am Körper nicht erkennbar. Der Kläger beantragt (in sachgemäßer Auslegung des Klagantrags), die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.11.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2010 zu verurteilen, die Kosten für operativen Resektion der abdominalen Fettschürze, Rekonstruktion der Bauchwand bei ausgeprägter Umbilicalhernie sowie einer bariatrischen Operation zu übernehmen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie verbleibt nach Einholung weiterer Stellungnahmen des MDK, die sämtlich nach Aktenlage ergingen, bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung. Vor Inbetrachtziehen einer adipositas-chirurgischen Maßnahme seien dringend alle konservativen Möglichkeiten auszuschöpfen. Dazu zählten ein Programm mit Bewegungstherapie und Herz-Kreislauftraining zum Abnehmen unter ärztlicher Aufsicht sowie eine Änderung der Ess- und Bewegungsgewohnheiten. Auch sei zu prüfen, ob eine seelische Störung vorliege, die zuerst behandelt werden müsse. Gegen das vom Gericht eingeholte Sachverständigen-Gutachten von Herrn Prof. Dr. B wendet die Beklagte ein, dass dieses keine ausführliche Analyse der Essgewohnheiten des Klägers beinhalte. Das Gutachten sei auch hinsichtlich der Motivation des Klägers unklar. Außerdem seien die Aussagen zur Fettschürze nicht schlüssig, da der Sachverständige einerseits auf Entzündungen und Druckulzera hinweise und andererseits ausführe, dass die Fettschürze erst nach erfolgter Gewichtsreduktion zu entfernen sei. Objektivierbare Unterlagen zu Abnehm- oder Diätversuchen des Klägers würden nicht benannt. Nachweise über eine Ernährungsumstellung seien jedoch insbesondere im Hinblick darauf wichtig, dass auch nach einer adipositas-chirurgischen Maßnahme eine dauerhafte Lebensstiländerung unumgänglich sei. Die Beklagte verweist auf erste Ergebnisse des Adipositasprogramms des Klinikums St. Georg gGmbH, Leipzig. Dies zeige, dass selbst bei Patienten mit einem BMI von 109 kg/m² durch eine multimodale Behandlung im Verlauf nur eines Jahres ein erheblicher Gewichtsverlust erreicht werden könne. Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Gericht ärztliche Befundberichte von der Fachärztin für Allgemeinmedizin, Frau R, von Frau Dr. M, Chefärztin Abteilung Plastische Chirurgie der Sch Klinik und von Dr. B, Oberarzt der C , Universitätsklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin eingeholt. Weiterhin hat das Gericht ein Sachverständigengutachten von Prof. Dr. B, Arzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, eingeholt, der im Gutachten vom 20.10.2010 eine medizinische Indikation für sämtliche beantragten Leistungen feststellt. Zum Inhalt der eingeholten ärztlichen Stellungnahmen und des Sachverständigengutachtens wird auf die Gerichtsakte verwiesen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten zuvor ihr Einverständnis damit erklärt hatten. Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) ist im tenorierten Umfang begründet. Der angefochtene Bescheid vom 27.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2010 ist insoweit rechtswidrig, als die Beklagte dem Kläger die Kostenübernahme für eine operative Entfernung der Fettschürze (hierzu unter Ziff. 1) und eine operative Behandlung des Nabelbruchs (hierzu unter Ziff. 2) versagt hat. Hingegen hat die Beklagte zu Recht die Bewilligung der beantragten bariatrischen Operation abgelehnt. Insoweit ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht feststellbar, dass diese zur Beseitigung einer Krankheit medizinisch erforderlich ist (vgl. hierzu Ziff. 3). 1. Rechtsgrundlage für die mit der Klage beanspruchte operative Fettschürzenresektion ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. a) In der Rechtsprechung wird Krankheit definiert als regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit ärztlicher Heilbehandlung oder - zugleich oder allein - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig wird ein Zustand angesehen, der von der Norm, also vom Leitbild des gesunden Menschen, abweicht (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 1/02 R m.w.N.). Krankheitswert im Rechtssinne kommt dabei nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (stRspr, vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 28.09.2010, B 1 KR 5/10 R m.w.N.). Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anormalität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass die Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist. Dabei muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R). Die ausgeprägte Fettschürze Grad V des Klägers stellt als solche eine behandlungsbedürftige Krankheit dar (vgl. dazu, dass einer Fettschürze als solcher Krankheitswert zukommen kann BSG, Beschluss vom 01.03.2011, B 1 KR 118/10 B). Bereits aus dem vorliegenden Bildmaterial ist zweifelsfrei ersichtlich, dass der Fettschürze eine entstellende Wirkung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zukommt. Diese Einschätzung wird auch durch die Ausführungen des Sachverständigen Herrn Prof. Dr. B in seinem Gutachten vom 20.10.2010 untermauert. Nach den Feststellungen des Herrn Prof. Dr. B im Rahmen der körperlichen Untersuchung am 19.10.2010 leidet der Kläger an einer massiven Haut-Fettschürze mit rezidivierenden Entzündungen und entzündlichen Scheuerstellen in Baubereich und Leisten. Die Fettschürze ist im Vergleich zum übrigen adipösen Körperbau unverhältnismäßig stark ausgeprägt und prall mit Wasser und Lymphflüssigkeit gefüllt und hat ein sehr großes Gewicht; sie erreicht in vertikaler Länge das Kniegelenk. Nach der Überzeugung der Kammer hat die Fettschürze des Klägers ein solches Ausmaß erreicht, dass der Kläger – wenn er in der Lage wäre, seine Wohnung zu verlassen und sich in die Öffentlichkeit zu begeben – die Blicke der Menschen auf sich ziehen würde und negative Reaktionen erhalten würde. Darüber hinaus beeinträchtigt die Fettschürze den Kläger auch in seinen Körperfunktionen. Nach den nachvollziehbaren und schlüssigen Darlegungen des Herrn Prof. B sowie den Ausführungen der Frau R als die den Kläger regelmäßig betreuende Ärztin steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Fettschürze ursächlich ist für die massiven Bewegungseinschränkungen des Klägers. Hierzu hat Frau R in ihrem Befundbericht vom 09.07.2010 näher ausgeführt, dass der Kläger seit Wochen nicht mehr gehfähig ist, sich nur noch sitzend sich auf die Seite drehen kann, nicht stehen kann und im Sitzen oder auf Knien, mit dem Oberkörper auf dem Sofa gestützt, schläft. Herr Prof. Dr. B hat darauf hingewiesen, dass sich an der Vorderseite beider Knie des Klägers eine ausgeprägte rötlich veränderte Hornhaut mit Ulcerationen befindet, die wohl auf die Schlafposition des Klägers und die Art seiner Fortbewegung in der Wohnung ("Vier-Füssler-Gang") zurückzuführen sind. Angesichts dieser Ausführungen vermögen die Einwände des Herrn N vom MDK in seiner Stellungnahme vom 17.08.2010 nicht zu überzeugen. Sofern Herr N in dieser Stellungnahme darauf hinweist, dass aus den Unterlagen nicht hervorgehe, aus welchen Gründen die Mobilität des Klägers eingeschränkt sei, dass insbesondere auch kardiale oder orthopädische Probleme in Betracht zu ziehen seien, ist klarzustellen, dass die Stellungnahme – wie sämtliche vorliegende Stellungnahmen des MDK – allein nach Aktenlage erfolgte; auf eine körperliche Untersuchung des Klägers hat der MDK verzichtet. Bereits aus diesem Grunde hält die Kammer die Ausführungen des MDK nicht für geeignet, die Feststellungen des Sachverständigen und der behandelnden Ärztin des Klägers zu erschüttern. Hinzu kommt, dass aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen weder kardiale noch orthopädische Probleme des Klägers als Ursachen der schweren Mobilitätseinschränkungen ersichtlich sind. Die Einschätzung des MDK beschränkt sich damit auf bloße Mutmaßungen. Schließlich kommt der Fettschürze selbst ein Krankheitswert auch insoweit zu, als diese chronisch entzündlich verändert ist und ein massiver Lymphstau sowie eine Rötung der gesamten Bauchhaut besteht, die rezidivierende intertriginöse Ekzeme und rezidivierende erysipeloide Entzündungen aufweist. b) Gem. § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V umfasst die Krankenbehandlung auch Krankenhausbehandlung. Die operative Resektion der Fettschürze ist als Teil der Krankenbehandlung gem. § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V geeignet, mindestens ein Behandlungsziel des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V zu verwirklichen. Namentlich wird durch die Entfernung der Fettschürze die bestehende Entstellung beseitigt und damit die hierin bestehende Krankheit geheilt. Weiterhin kann ein weiteres Anwachsen der Fettschürze dadurch verhindert und damit eine Verschlimmerung der Krankheit verhütet werden. Außerdem kann nach den Feststellungen der behandelnden Ärzte und des Sachverständigen die bestehende Mobilitätsbeeinträchtigung des Klägers durch eine Resektion der Fettschürze deutlich verbessert werden, was zu einer Linderung bestehender Krankheitsbeschwerden führt. Schließlich erachten sowohl Herr Prof. Dr. B als auch Frau R, Frau Dr. M und Herr Dr. B die Beseitigung der Gefahr einer drohenden Infektexacerbation mit Blutvergiftung aufgrund der wiederkehrenden erysipeloiden Entzündungen der Bauchhaut als vorrangiges Behandlungsziel. Frau R hat hierzu in ihrem Befundbericht angegeben, dass sie beim Kläger regelmäßig prophylaktische Antibiotikabehandlungen durchführt. Prof. Dr. B bezeichnet den Kläger als Hoch-Risiko-Patienten. Frau Dr. M und Herr Dr. B gehen – nach allerdings nur einmaliger Untersuchung des Klägers Anfang September 2009 – davon aus, dass eine akute Gefahr einer Infektexacerbation mit einer möglichen lebensbedrohenden Sepsis besteht. Die Entfernung der Fettschürze dient insoweit der Verhütung einer Verschlimmerung der Hauterkrankung.
c) Bei dem Kläger ist weiterhin auch die Indikation für eine operative Resektion der Fettschürze gegeben, d.h. eine vollstationäre chirurgische Behandlung ist unter Berücksichtigung von Behandlungsalternativen notwendig und wirtschaftlich (§ 12 Abs 1, § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Nach § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind (§ 39 Abs. 1 S. 3 SGB V). Eine stationäre operative Maßnahme ist danach erst dann angezeigt, wenn das Behandlungsziel nicht auf anderem Wege erreicht werden kann (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 20.03.2009, Az.: L 5 KR 182/08). Lässt sich eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise auch außerhalb eines Krankenhauses durchführen, so besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Hierunter fällt neben der Behandlung in der Arztpraxis auch die ärztliche Krankenbehandlung in der Wohnung des Versicherten, ggf. in Kombination mit häuslicher Krankenpflege (§ 37 SGB V). Ferner gehört dazu die ärztliche Versorgung und sonstige medizinische Betreuung der Bewohner von Pflegeheimen, von Einrichtungen der Behindertenhilfe und von sonstigen Heimen oder Anstalten. Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung ist außerdem ausgeschlossen, wenn keine akute medizinische Behandlung einer Krankheit erforderlich, sondern medizinische Rehabilitation oder dauerhafte Pflege ausreichend ist (vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 KR 18/03 R). Entgegen der Auffassung der Beklagten geht die Kammer davon aus, dass konservative Behandlungsmöglichkeiten, die zu einer Reduzierung der Fettschürze innerhalb eines unter Berücksichtigung der jederzeitigen Gefahr einer Infektexacerbation vertretbaren Zeitrahmens führen würden, nicht bestehen. Dabei hält die Kammer die Ausführungen der behandelnden Ärzte und des Herrn Prof. Dr. B betreffend die Hauterkrankungen auf der Fettschürze und die Gefahr einer Infektexacerbation mit Sepsis für nachvollziehbar und schlüssig. Der unsubstantiierte Hinweis von Herrn N in seiner Stellungnahme vom 01.09.2010, dass kein dermatologischer Befund hinsichtlich der Bauchhaut vorliege und - da offensichtlich infektfreie Intervalle erzielbar seien - anhand der Unterlagen nicht abgeleitet werden könne, dass konservative dermatologische Maßnahmen zur Beherrschung der Bauchhautinfektion nicht ausreichen würden, ist nicht geeignet, die Einschätzungen der behandelnden Ärzte und des Sachverständigen zu erschüttern. Es mangelt auch insoweit an einem konkreten, mit medizinischen Befunden unterlegten Vortrag, welche konservativen Maßnahmen in welchem Umfang ausreichend sein sollen. Soweit die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die Stellungnahmen der Gutachter des MDK auf eine multimodale Adipositastherapie verweisen will, ist nach den nachvollziehbaren Ausführungen von Herrn Prof. Dr. B und Frau R davon auszugehen, dass der Kläger nicht in der Lage ist, an einem solchen Therapiekonzept teilzunehmen, so dass hierdurch eine relevante Gewichtsreduzierung innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens nicht zu erreichen ist. Denn eine derartige integrierte Therapie besteht nach den Leitlinien zur Prävention und Therapie der Adipositas (herausgegeben von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin, vom 25.05.2007, im Folgenden: Leitlinien zur Prävention und Therapie der Adipositas) aus den Elementen der Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie (Punkt 6.4). Weiterhin gehören danach regelmäßige strukturierte Schulungen in der Gruppe zu den Qualitätskriterien eines ambulanten Adipositasprogramms (Tabelle 5, S. 20). Für die Kammer ist nicht ersichtlich, wie es dem Kläger angesichts der glaubhaft geschilderten starken Mobilitätseinschränkungen möglich sein soll, die nach den Leitlinien zur Prävention und Therapie der Adipositas geforderten Bewegungseinheiten und Gruppenschulungen wahrzunehmen. Auch in den S3-Richtlinien wird darauf hingewiesen, dass insbesondere schwer adipöse Patienten – zu denen der Kläger gehört - häufiger gewichtsbedingte körperliche Einschränkungen aufweisen, welche ihnen nur eine eingeschränkte oder gar keine Teilnahme an Bewegungsprogrammen erlauben (vgl. 13 f.). Herr N legt demgegenüber in seiner Stellungnahme vom 01.09.2010 dar, dass auch bei einem BMI von mehr als 60 eine relevante Gewichtsabnahme durch eine multimodale Therapie erreicht werden könne. Diese Ausführung ist allerdings zu pauschal und unsubstantiiert, um die konkreten Darlegungen des Herrn Prof. Dr. B und der Frau R zu erschüttern. Insbesondere benennt Herr N keine konkreten Bewegungstherapieoptionen. Hierzu wird auf die Rechtsprechung des BSG hingewiesen, nach der es nicht ausreichend ist, theoretisch vorstellbare Behandlungsalternativen aufzuzeigen. Vielmehr ist hinsichtlich der Behandlungsalternativen eine konkrete Betrachtungsweise erforderlich: "Diese konkrete Betrachtungsweise gilt nicht nur für die beteiligten Ärzte und Krankenhäuser, sondern gleichermaßen für die Krankenkassen und den MDK. Auswirkungen hat dies insbesondere bei der Prüfung von Anträgen auf Kostenübernahme für eine stationäre Behandlung, also bei Erstanträgen zwecks stationärer Aufnahme sowie bei Folgeanträgen nach befristeten Kostenzusagen bzw bei Verlängerung eines Krankenhausaufenthalts. Da die Krankenkasse dem Versicherten die notwendige medizinische Behandlung als Sachleistung schuldet (§ 2 Abs 2, § 27 SGB V) und sie gegenüber dem Versicherten nach § 14 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil (SGB I) zur Beratung über seine Rechte und Pflichten aus dem Sozialversicherungsverhältnis verpflichtet ist, kann sich die Krankenkasse nicht allein damit entlasten, dass sie auf denkbare ambulante Behandlungsalternativen verweist, solange sie diese nicht in konkreter und nachprüfbarer Weise aufzeigt. Will die Krankenkasse einen Antrag auf (erstmalige oder weitere) Kostenübernahme für eine stationäre Krankenbehandlung ablehnen, besteht also Streit über die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung zwischen dem Versicherten (bzw seinem Betreuer) und den Krankenhausärzten einerseits sowie der Krankenkasse und dem MDK andererseits, hat die Krankenkasse als Ausfluss ihrer Sachleistungs- und Beratungspflicht den Versicherten darüber zu unterrichten, welche konkrete ambulante Behandlungsalternative zur Verfügung steht." (BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 KR 18/03 R) Dieser Unterrichtungspflicht ist die Beklagte hier nicht nachgekommen. Ihre Ausführungen hinsichtlich der Vorrangigkeit konservativer Behandlungsmethoden, insbesondere der vorrangigen Durchführung einer multimodalen Therapie bei Adipositas mögen grundsätzlich zutreffend sein, sie lassen jedoch eine angemessene Berücksichtigung der besonderen Situation des Klägers nicht erkennen. Auch die wiederkehrenden Hinweise der Gutachter des MDK, ernsthafte Diätversuche des Klägers seien nicht ersichtlich und es fehle an Ernährungsprotokollen, machen dies deutlich. Auch wenn der Kläger in den letzten Jahren einen ernsthaften Versuch der Gewichtsreduktion nicht unternommen haben und sich auch weiterhin falsch ernähren sollte, kann dies nach Auffassung der Kammer nicht dazu führen, dass ihm aus diesem Grund die notwendige medizinische Behandlung versagt wird. Dass die Fettschürze allein mittels einer Ernährungsumstellung therapiert werden kann, machen weder die Beklagte noch die Gutachter des MDK geltend. Soweit die Beklagte den Kläger in ihrem Widerspruchsbescheid vom 18.03.2010 auf vermehrtes Schwimmen und Training im Oberarmbereich verweist, stellt sich die Frage, wie der Kläger angesichts der bestehenden Bewegungseinschränkungen ein Schwimmbad aufsuchen soll. Zum Oberarmtraining hat Herr Prof. B nachvollziehbar dargelegt, dass hierdurch eine hinreichende Gewichtsreduktion nicht zu erreichen ist. Dass sonstige Behandlungsalternativen vorlägen, etwa eine medikamentöse Therapie, hat die Beklagte nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Angesichts der Auswirkungen der Erkrankung des Klägers, insbesondere auch unter Berücksichtigung von dessen gegenwärtigen Lebensumständen und des zu erwartenden Krankheitsverlaufs bei Nichtdurchführung der Operation, steht auch das bestehende hohe Operationsrisiko einer Kostenübernahme durch die Beklagte nicht entgegen. Hierauf weist Herr Prof. Dr. B in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend hin. Demnach ist die operative Entfernung der Fettschürze zur Krankenbehandlung erforderlich. 2. Gleiches gilt für die begehrte Rekonstruktion der Bauchwand bei ausgeprägter Umbilicalhernie. Hierzu hat Herr Prof. B ausgeführt, dass es infolge des Nabelbruchs, der eine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn darstellt, zu einer Einklemmung von Darm in der Bruchlücke kommen kann, was eine lebensbedrohliche Notfallsituation darstellt. Auch Herr Dr. D vom MDK stellt in seiner Stellungnahme vom 18.11.2009 eine ausgeprägte Umbilicalhernie fest. Soweit er eine Operationsindikation erst nach erfolgter Gewichtsreduzierung sieht, hält die Kammer diese Einschätzung angesichts der nachvollziehbaren Ausführungen des Herrn Prof. Dr. B für nicht überzeugend. 3. Soweit der Kläger schließlich eine bariatrische Operation begehrt, nach den Darlegungen des Herrn Prof. Dr. B wahlweise in Form eines Magenbypasses, eines Schlauchmagens oder einer biliopankreatischen Diversion, vermag die Kammer zum jetzigen Zeitpunkt eine medizinische Notwendigkeit nicht festzustellen. Zwar liegt auch insoweit eine Krankheit des Klägers vor (hierzu unter a) und kann mit dem begehrten Eingriff auch ein zulässiges Behandlungsziel erreicht werden (hierzu unter b). Jedoch kann gegenwärtig nicht festgestellt werden, dass das Behandlungsziel nicht auch auf anderem Weg erreicht werden kann (hierzu unter c). a) Nach Auffassung der Kammer stellt neben der bestehenden Fettschürze auch die Adipositas per magna als solche eine behandlungsbedürftige Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V dar. Zwar ist umstritten, ob eine Adipositas als solche als Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn anzusehen ist (bejahend BSG, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 1/02 R, a.A. zuletzt SG Dortmund, Urteil vom 31.08.2010, S 40 KR 313/07 m.w.N.). Die ablehnende Auffassung stützt sich jedoch darauf, dass geringfügige Störungen ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen nicht genügen würden. Persönliche Eigenarten, die schon durch Änderung der Lebensführung oder einfache Maßnahmen der Gesunderhaltung behoben werden können und nicht der ärztlichen Behandlung bedürfen, stellten daher keine Erkrankung dar. Die Adipositas selbst sei keine Erkrankung, sondern lediglich ein Risikofaktor für das Auftreten von Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder arterieller Hypertonie. Sie lasse sich durch Maßnahmen der Gewichtsreduktion beseitigen, die gemäß § 1 S. 2 SGB V grundsätzlich der Eigenverantwortung der Versicherten zugewiesen sind (vgl. SG Dortmund, a.a.O., m.w.N.). Der Kläger leidet jedoch unter einer Adipositas per magna. Angesichts eines BMI von ca. 63,7 und einer Fettschürze Grad V kann von einer geringfügigen Störung ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigung nicht gesprochen werden. Weiterhin wird die Adipositas ausweislich der S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie (CA-ADIP) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG), der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (Stand Juni 2010, im folgenden: S3-Leitlinie) üblicherweise als krankhaft (morbid) bezeichnet bei einem BMI von mindestens 40 kg/m² (vgl. Einführung, S. 2 der S3-Leitlinien). Hinzu kommt, dass bereits Folgeerkrankungen aufgetreten sind. Es besteht danach kein Zweifel, dass eine medizinische Behandlung der Adipositas erforderlich ist. b) Die bariatrische Operation dient dem Ziel der Gewichtsreduzierung und damit der Beseitigung der Adipositas. Sie ist folglich auf das Behandlungsziel der Heilung einer Krankheit gerichtet. c) Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die bariatrische Operation zur Erreichung des Behandlungsziels erforderlich ist. Dass der Magen des Klägers als solcher krank ist, ist nicht ersichtlich. Weder Herr Prof. Dr. B noch die behandelnden Ärzte des Klägers haben bei diesem eine Funktionsstörung des Magens diagnostiziert. Wird durch eine Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, wie das bei einer bariatrischen Operation geschieht, bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 1/02 R m.w.N.). Danach kommt es darauf an, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung der Behandlungsalternativen (diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie) notwendig und wirtschaftlich ist. Sodann ist zu untersuchen, ob nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine chirurgische Intervention gegeben sind (vgl. hierzu BSG, a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.03.2011, L 11 KR 3560/09). Bei der extremen Adipositas kommt eine chirurgische Behandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung als ultima ratio nur bei Patienten in Betracht, die eine Reihe von Kriterien erfüllen (so die einheitliche Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die vorliegenden Leitlinien der Fachgesellschaften, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19.02.2003, Az.: B 1 KR 1/02 R; BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 1 KR 2/08 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.03.2011, L 11 KR 3560/09, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.11.2009, Az.: L 9 KR 11/08): 1. es muss ein BMI von mindestens 40 kg/m² oder ein BMI ab 35 kg/m² mit erheblichen Begleiterkrankungen vorliegen; 2. der chirurgische Eingriff muss die ultima ratio sein; zuvor müssen alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sein (z. B. diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie); 3. das Operationsrisiko muss tolerabel sein; 4. der Versicherte muss ausreichend motiviert sein; 5. es darf keine manifeste psychiatrische Erkrankung vorliegen; 6. es muss die Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung bestehen. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Zum jetzigen Zeitpunkt kann eine Ausschöpfung der konservativen Behandlungsmöglichkeiten nicht festgestellt werden. Die insoweit von der Beklagten vorgeschlagenen konservativen Behandlungsmöglichkeiten, namentlich eine multimodale Therapie halten sowohl die behandelnden Ärzte Frau R, Frau Dr. M und Herr Dr. B als auch Herr Prof. Dr. B deshalb gegenwärtig für nicht durchführbar, weil dem Kläger die hierfür erforderliche Mobilität fehlt. Nach der Einschätzung dieser Ärzte wird die Mobilität des Klägers nach der Entfernung der Fettschürze jedoch gesteigert. Herr Prof. Dr. B führt hierzu in seinem Gutachten aus, dass dieser Eingriff alleine beim Kläger schon zu einer erheblichen Erleichterung führen könne, so dass die Motivation zur Gewichtsreduktion gebahnt sei. Dementsprechend führt Frau R im Befundbericht vom 09.07.2010 aus, dass die Beseitigung der abdominalen Fettschürze im Vordergrund stehe und über die bariatrische Operation später entschieden werden solle. Soweit Herr Prof. Dr. B auch die Notwendigkeit einer bariatrischen Operation bereits zum jetzigen Zeitpunkt feststellt, vermögen seine Ausführungen nicht zu überzeugen. Zunächst weist er darauf hin, dass aus der Literatur bekannt sei, dass ein konservativer Behandlungsversuch bei einem BMI von mehr als 40 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zum Erfolg führen werde. Diese Einschätzung steht im Widerspruch zu den einschlägigen Leitlinien der Fachgesellschaften. Nach der S 3 – Leitlinie ist auch bei Patienten mit einem BMI von mehr als 40 ohne Kontraindikationen erst bei Erschöpfung der konservativen Therapie nach umfassender Aufklärung eine bariatrische Operation indiziert (Ziff. 3.2., S. 12). Auf Seite 14 der S 3 – Leitlinie wird ausgeführt: "Für Patienten mit Adipositas Grad III wurde bisher nur in wenigen Studien ein dauerhafter und relevanter Rückgang von Übergewicht und Adipositas-assoziierter Komorbidität nachgewiesen. Eine neue randomisierte Studie verglich eine Standard-Behandlung mit einem intensivierten multimodalen Programm incl. einer zwölfwöchigen 900 kcal Flüssigernährung. Nach zwei Jahren betrug der Gewichtsverlust mehr als 5 % bei 31 % der Probanten mit intensivierter Therapie gegenüber 9 % in der Standardgruppe. Mehr als 20 % Gewichstverlust erzielten 7 % der Probanden mit intensivierten Therapie gegenüber 1 % mit Standardtherapie [EL 1b] [Ryan et al. 2010]. Nichtstrukturierte konservative Programme sind bei hochgradiger Adipositas wenig aussichtsreich Die Entscheidung für einen bariatrischen Eingriff gründet sich auf dem individuellen Risiko-Nutzen-Verhältnis [EL 4] [IFSO 1997, Patterson et al. 2003, NIH 1991, Sauerland et al. 2005], denn die kurzfristigen Risiken der operativen Therapie übersteigen deutlich die der konservativen Behandlung [EL 1c] [IFSO 1997, Fernandez et al. 2004]. Deshalb wurde in der Vergangenheit insbesondere von den Kostenträgern gefordert, vor einer Entscheidung zur Operation intensive, ärztlich begleitete Gewichtsreduktionsversuche zu unternehmen. Dieses Vorgehen ist bei hochgradiger Adipositas – zumindest für nicht strukturierte und nicht dauerhaft konzipierte Gewichtsreduktionsversuche – aus klinisch-wissenschaftlicher Sicht nicht gerechtfertigt wegen der geringen Erfolgsaussichten." Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass auch bei einem BMI von mehr als 40 eine konservative Therapie jedenfalls in Form eines ärztlich koordinierten und geleiteten Gesamttherapiekonzepts, welches Diätmaßnahmen, eine Schulung des Ess- und Ernährungsverhaltens, eine Bewegungstherapie, ggfs. pharmakologisch-ärztliche Behandlung und eine kombinierte psychotherapeutische Intervention umfasst und als Langzeitbehandlung auch konsequent und nachhaltig durchgeführt und dokumentiert wird, nicht von vornherein aussichtslos ist (hiervon geht auch das LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 01.03.2011, L 11 KR 3560/09, aus, in dem es über die Notwendigkeit einer bariatrischen Operation bei einer Klägerin mit einem BMI von 47 zu entscheiden hatte). Nach den S 3 – Leitlinien kann eine primäre chirurgische Intervention in Ausnahmefällen dann durchgeführt werden, wenn Art und/oder Schwere der Krankheit bzw. psychosoziale Gegebenheiten bei Erwachsenen annehmen lassen, dass eine chirurgische Therapie nicht aufgeschoben werden kann oder die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg ist; die Indikation hierzu ist durch einen in der Adipositastherapie qualifizierten Arzt und einen bariatrischen Chirurgen gemeinsam zu stellen (vgl. 3.2, S. 16). Insoweit ist die Einschätzung des Herrn Prof. B als bariatrischem Chirurgen schon nicht hinreichend. Weiterhin steht der Annahme eines Ausnahmefalles hier jedoch auch entgegen, dass Herr Prof. Dr. B selbst darauf hingewiesen hat, dass allein schon durch die Fettschürzenresektion mit einer erheblichen Erleichterung und einer hinreichenden Motivation zur Gewichtsabnahme beim Kläger zu rechnen sei. Hinzu kommt, dass nach der bereits genannten Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas bei Patienten mit Verdacht auf Depression, Psychose, Suchterkrankung oder Essstörung zwingend ein Psychiater oder Psychotherapeut hinzugezogen werden muss (vgl Nr 6.4.7, S 17). Vorliegend hat Frau R in ihrem Befundbericht vom 09.07.2010 darauf hingewiesen, dass beim Kläger eine Depression bekannt ist. Ausweislich des Verlegungsberichts von Dr. B und Herrn A von August 2009 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 25.08. bis 26.08.2009 besteht beim Kläger der Verdacht auf eine hyperphage Essstörung. Dies zeigt, dass vor einer bariatrischen Operation eine psychologische bzw psychotherapeutische Therapie notwendig ist. Soweit Herr Prof. Dr. B daneben davon ausgeht, dass das bei der Entfernung der Fettschürze bestehende Operationsrisiko geringer wäre, wenn zunächst der bariatrische Eingriff durchgeführt würde, vermag auch dies die Notwendigkeit eines bariatrischen Eingriffs nicht zu begründen. Zum einen steht diese Feststellung im Widerspruch zur Einschätzung von Frau Dr. M und Herrn Dr. B, die in ihrem Befundbericht ausgeführt haben, dass durch die Entfernung der abdominalen Fettschürze die gesundheitlichen Risiken weiterer Operationen reduziert würden. Zum anderen weist Herr Prof. Dr. B selbst darauf hin, dass auch bei einem vorrangig durchgeführten bariatrischen Einriff ein hohes Operationsrisiko besteht. Der Kläger unterliegt damit bei einem chirurgischen Eingriff in jedem Fall einem hohen Operationsrisiko. Letztendlich ergibt sich ein Leistungsanspruch des Klägers auch nicht aus einer grundrechtskonformen Auslegung des SGB V. Die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 des Grundgesetzes (GG) können in besonders gelagerten Fällen die Gerichte zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten. Dies gilt insbesondere in der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, denn das Leben stellt einen Höchstwert innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung dar (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. Dezember 2005, 1 BvR 347/998, BVerfGE 115, 25; vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.02.2010, L 9 KR 10/08). Die Voraussetzungen für eine grundrechtskonforme Auslegung des Leistungsanspruchs nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V in diesem Sinne liegen hier indes nicht vor. Denn nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen folgt der lebensbedrohliche Zustand des Klägers allein aus der akuten Gefahr der Infektexacerbation und möglichen Folge einer Sepsis. Anhaltspunkte dafür, dass sich das Übergewicht des Klägers allein in absehbarer Zeit lebensbedrohend auswirken könnte, sind hingegen nicht ersichtlich. Nach alledem lässt sich die medizinische Notwendigkeit der Durchführung einer bariatrischen Operation nach Ansicht der Kammer zum jetzigen Zeitpunkt nicht feststellen. Sofern auch nach Durchführung der Fettschürzenresektion und Rekonstruktion der Bauchwand eine konservative Therapie aus medizinischen Gründen nicht durchgeführt werden kann, ist die Notwendigkeit eines bariatrischen Eingriffs erneut zu prüfen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer operativen Resektion der abdominalen Fettschürze, Rekonstruktion der Bauchwand sowie einer bariatrischen Operation. Der am.1961 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet an Adipositas per magna bei einem body mass index (BMI) von ca 63,7 kg/m2 (Körpergewicht ca. 230 kg bei einer Körpergröße von 190 cm) mit einer chronisch entzündlich veränderten abdominalen Fettschürze mit mechanischer Behinderung der Hüftgelenksflexion. Weiterhin besteht ein massiver Lymphstau sowie Rötung der gesamten Bauchhaut, die rezidivierende intertriginöse Ekzeme und rezidivierende erysipeloide Entzündungen aufweist. Als weitere Diagnosen bestehen arterielle Hypertonie, Bauchdecken- und Nabelhernie, degenerative Skelettveränderungen, rezidivierende Depressionen und Verdacht auf eine hyperphage Essstörung. Nach einer Untersuchung in der Sch-Klinik beantragte Frau Dr. M im November 2009 die Übernahme der Kosten einer operativen Resektion der abdominalen Fettschürze, einer Rekonstruktion der Bauchwand bei ausgeprägter Umbilicalhernie sowie einer bariatrischen Operation. Ausweislich des dem Antrag beigefügten Befundberichts kam wiederholt zu Entzündungen der Bauchhaut und bestand eine maximale Gehstrecke von 5 bis 10 Metern. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Herr Dr. D kam in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 18.11.2009 zu dem Ergebnis, dass vorrangig konservative Behandlungsmaßnahmen durchzuführen seien. Es sei nicht ersichtlich, in wieweit derartige Therapieversuche bereits erfolgt seien. Gestützt auf das MDK-Gutachten lehnte die Beklagte die beantragten Eingriffe durch Bescheid vom 27.11.2009 ab. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2010 zurück, nachdem sie zuvor ein Zweitgutachten vom MDK erfordert hatte, das Herr R N am 16.02.2010 wiederum nach Aktenlage erstellte. Adipositas-chirurgische Maßnahmen kämen nur als ultima ratio nach Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Mittel in Betracht. Voraussetzung hierfür sei, dass eine konservative Therapie möglichst unter ärztlicher Anleitung oder im Rahmen von Selbsthilfegruppen über mindestens ein Jahr und unter Beachtung entsprechender Qualifikationsanforderungen erfolglos versucht worden sei. Zusätzlich müsse das Ernährungsverhalten langfristig geändert werden. Des weiteren müsse die Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung gegeben sein sowie ausreichend Motivation des Patienten vorliegen. Die Magenbandoperation könne nur als unterstützende Maßnahme im Rahmen eines intensiven, allgemeinen interdisziplinären Gesamtkonzepts verstanden werden. Ausdrücklich fordere die Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, dass vor Indikationsstellung für eine adipositas-chirurgische Maßnahme wenigstens eine sechs- bis zwölfmonatige konservative Behandlung stattgefunden haben sollte. In der Leitlinie der chirurgischen Fachgesellschaft werde analog festgestellt, dass adipositas-chirurgische Maßnahmen erst bei solchen Patienten in Betracht gezogen werden sollten, bei denen unter ärztlicher Kontrolle durchgeführte konservative Behandlungsmaßnahmen nachweislich nicht erfolgreich waren. Nach der gutachterlichen Einschätzung des MDK seien diese Voraussetzungen beim Kläger nicht erfüllt. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe nicht hervor, ob und in welcher Weise der Kläger bisher konservative Maßnahmen zur Gewichtsreduktion durchgeführt habe. Die Basisbehandlung einer Adipositas bestehe in jedem Stadium in einer Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie. Eine chirurgische Behandlung könne erst nach Scheitern der konservativen Behandlungsversuche in Betracht gezogen werden. Vorrangig sei die Fortführung des im Rahmen der Ernährungsberatung Erlernten, ergänzt mit einem Bewegungsprogramm in einem über sechs bis zwölf Monate angelegten strukturierten Programm. Hinsichtlich der Hautveränderung im Bereich der Fettschürze sei eine lokalchirurgische Maßnahme nicht sinnvoll. Dagegen hat der Kläger am 20.04.2010 Klage erhoben. Er weist darauf hin, dass er seit ca. 2 Jahren unter extremem Übergewicht von ca. 230 kg leide und daraus erhebliche gesundheitliche Probleme folgten. Insbesondere sei es in der Vergangenheit mehrfach zu akuten und inzwischen chronischen Entzündungen der Bauchdecke gekommen, mit der beständigen Gefahr der Entwicklung einer lebensbedrohlichen Sepsis. Dem Kläger sei daher dringend zu einer chirurgischen Behandlung geraten worden, wobei als erste dringende Maßnahme die Entfernung der Bauchfettschürze mit Bauchdeckenstraffung erfolgen solle, um die konservative als auch ggf. operative weitere Behandlung vorzubereiten. Der Kläger sei zu den von der Beklagten geforderten konservativen Behandlungsmaßnahmen nicht in der Lage. Zum einen fehle die Zeit für die einjährigen Maßnahmen, die nicht ohne weitere Gefährdung der Gesundheit erfolgen könnten; zum anderen könne er sich kaum in der eigenen Wohnung ohne Hilfe bewegen und schon gar nicht versorgen. Deshalb erhalte er Pflegeleistungen nach der Pflegestufe 1. Er sei auch nicht in der Lage, die Wohnung zwecks Teilnahme an Ernährungskursen oder Selbsthilfeberatung zu verlassen. Die behandelnden Ärzte hätten angeraten, zunächst durch eine operative Entfernung des überschüssigen Bauchfettes die Bewegungsfähigkeit des Klägers wieder herzustellen und ihn so in die Lage zu versetzen, an der weiter notwendigen Gewichtsreduzierung aktiv mitzuwirken. Vorrangig gehe es dem Kläger um die chirurgische Resektion der abdominalen Fettschürze und Rekonstruktion der Bauchwand. Hauptziel sei dabei die Verhinderung weiterer gefährlicher Infektionen der Bauchhaut, die bereits zweimal aufgetreten seien. Darüber hinaus sei aber auch die Indikation für die operative Einbringung eines Magenbandes mit dem Ziel einer dauerhaften weiteren Gewichtsreduzierung gegeben. Bei dem extremen Übergewicht des Klägers und einem BMI von 64 sei das Magenband auch ohne vorangegangene konservative Maßnahmen als ultima ratio anzusehen, denn bei einem Gewicht von 230 kg könne ein Normalgewicht allein mit konservativen Maßnahmen nicht erreicht werden. Etwas anderes folge auch nicht aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Adipositasprogramm des Klinikums St. Georg gGmbH, Leipzig. Weder sei aus dessen Veröffentlichung die Zahl der Teilnehmer mit einem BMI von 63,7 ersichtlich, noch der von dieser Personengruppe erzielte Erfolg. Außerdem sei die Vergleichbarkeit sonstiger Ausgangspositionen wie Beweglichkeit oder Fettverteilung am Körper nicht erkennbar. Der Kläger beantragt (in sachgemäßer Auslegung des Klagantrags), die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.11.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2010 zu verurteilen, die Kosten für operativen Resektion der abdominalen Fettschürze, Rekonstruktion der Bauchwand bei ausgeprägter Umbilicalhernie sowie einer bariatrischen Operation zu übernehmen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie verbleibt nach Einholung weiterer Stellungnahmen des MDK, die sämtlich nach Aktenlage ergingen, bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung. Vor Inbetrachtziehen einer adipositas-chirurgischen Maßnahme seien dringend alle konservativen Möglichkeiten auszuschöpfen. Dazu zählten ein Programm mit Bewegungstherapie und Herz-Kreislauftraining zum Abnehmen unter ärztlicher Aufsicht sowie eine Änderung der Ess- und Bewegungsgewohnheiten. Auch sei zu prüfen, ob eine seelische Störung vorliege, die zuerst behandelt werden müsse. Gegen das vom Gericht eingeholte Sachverständigen-Gutachten von Herrn Prof. Dr. B wendet die Beklagte ein, dass dieses keine ausführliche Analyse der Essgewohnheiten des Klägers beinhalte. Das Gutachten sei auch hinsichtlich der Motivation des Klägers unklar. Außerdem seien die Aussagen zur Fettschürze nicht schlüssig, da der Sachverständige einerseits auf Entzündungen und Druckulzera hinweise und andererseits ausführe, dass die Fettschürze erst nach erfolgter Gewichtsreduktion zu entfernen sei. Objektivierbare Unterlagen zu Abnehm- oder Diätversuchen des Klägers würden nicht benannt. Nachweise über eine Ernährungsumstellung seien jedoch insbesondere im Hinblick darauf wichtig, dass auch nach einer adipositas-chirurgischen Maßnahme eine dauerhafte Lebensstiländerung unumgänglich sei. Die Beklagte verweist auf erste Ergebnisse des Adipositasprogramms des Klinikums St. Georg gGmbH, Leipzig. Dies zeige, dass selbst bei Patienten mit einem BMI von 109 kg/m² durch eine multimodale Behandlung im Verlauf nur eines Jahres ein erheblicher Gewichtsverlust erreicht werden könne. Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Gericht ärztliche Befundberichte von der Fachärztin für Allgemeinmedizin, Frau R, von Frau Dr. M, Chefärztin Abteilung Plastische Chirurgie der Sch Klinik und von Dr. B, Oberarzt der C , Universitätsklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin eingeholt. Weiterhin hat das Gericht ein Sachverständigengutachten von Prof. Dr. B, Arzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, eingeholt, der im Gutachten vom 20.10.2010 eine medizinische Indikation für sämtliche beantragten Leistungen feststellt. Zum Inhalt der eingeholten ärztlichen Stellungnahmen und des Sachverständigengutachtens wird auf die Gerichtsakte verwiesen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten zuvor ihr Einverständnis damit erklärt hatten. Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) ist im tenorierten Umfang begründet. Der angefochtene Bescheid vom 27.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2010 ist insoweit rechtswidrig, als die Beklagte dem Kläger die Kostenübernahme für eine operative Entfernung der Fettschürze (hierzu unter Ziff. 1) und eine operative Behandlung des Nabelbruchs (hierzu unter Ziff. 2) versagt hat. Hingegen hat die Beklagte zu Recht die Bewilligung der beantragten bariatrischen Operation abgelehnt. Insoweit ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht feststellbar, dass diese zur Beseitigung einer Krankheit medizinisch erforderlich ist (vgl. hierzu Ziff. 3). 1. Rechtsgrundlage für die mit der Klage beanspruchte operative Fettschürzenresektion ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. a) In der Rechtsprechung wird Krankheit definiert als regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit ärztlicher Heilbehandlung oder - zugleich oder allein - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig wird ein Zustand angesehen, der von der Norm, also vom Leitbild des gesunden Menschen, abweicht (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 1/02 R m.w.N.). Krankheitswert im Rechtssinne kommt dabei nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (stRspr, vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 28.09.2010, B 1 KR 5/10 R m.w.N.). Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anormalität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass die Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist. Dabei muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R). Die ausgeprägte Fettschürze Grad V des Klägers stellt als solche eine behandlungsbedürftige Krankheit dar (vgl. dazu, dass einer Fettschürze als solcher Krankheitswert zukommen kann BSG, Beschluss vom 01.03.2011, B 1 KR 118/10 B). Bereits aus dem vorliegenden Bildmaterial ist zweifelsfrei ersichtlich, dass der Fettschürze eine entstellende Wirkung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zukommt. Diese Einschätzung wird auch durch die Ausführungen des Sachverständigen Herrn Prof. Dr. B in seinem Gutachten vom 20.10.2010 untermauert. Nach den Feststellungen des Herrn Prof. Dr. B im Rahmen der körperlichen Untersuchung am 19.10.2010 leidet der Kläger an einer massiven Haut-Fettschürze mit rezidivierenden Entzündungen und entzündlichen Scheuerstellen in Baubereich und Leisten. Die Fettschürze ist im Vergleich zum übrigen adipösen Körperbau unverhältnismäßig stark ausgeprägt und prall mit Wasser und Lymphflüssigkeit gefüllt und hat ein sehr großes Gewicht; sie erreicht in vertikaler Länge das Kniegelenk. Nach der Überzeugung der Kammer hat die Fettschürze des Klägers ein solches Ausmaß erreicht, dass der Kläger – wenn er in der Lage wäre, seine Wohnung zu verlassen und sich in die Öffentlichkeit zu begeben – die Blicke der Menschen auf sich ziehen würde und negative Reaktionen erhalten würde. Darüber hinaus beeinträchtigt die Fettschürze den Kläger auch in seinen Körperfunktionen. Nach den nachvollziehbaren und schlüssigen Darlegungen des Herrn Prof. B sowie den Ausführungen der Frau R als die den Kläger regelmäßig betreuende Ärztin steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Fettschürze ursächlich ist für die massiven Bewegungseinschränkungen des Klägers. Hierzu hat Frau R in ihrem Befundbericht vom 09.07.2010 näher ausgeführt, dass der Kläger seit Wochen nicht mehr gehfähig ist, sich nur noch sitzend sich auf die Seite drehen kann, nicht stehen kann und im Sitzen oder auf Knien, mit dem Oberkörper auf dem Sofa gestützt, schläft. Herr Prof. Dr. B hat darauf hingewiesen, dass sich an der Vorderseite beider Knie des Klägers eine ausgeprägte rötlich veränderte Hornhaut mit Ulcerationen befindet, die wohl auf die Schlafposition des Klägers und die Art seiner Fortbewegung in der Wohnung ("Vier-Füssler-Gang") zurückzuführen sind. Angesichts dieser Ausführungen vermögen die Einwände des Herrn N vom MDK in seiner Stellungnahme vom 17.08.2010 nicht zu überzeugen. Sofern Herr N in dieser Stellungnahme darauf hinweist, dass aus den Unterlagen nicht hervorgehe, aus welchen Gründen die Mobilität des Klägers eingeschränkt sei, dass insbesondere auch kardiale oder orthopädische Probleme in Betracht zu ziehen seien, ist klarzustellen, dass die Stellungnahme – wie sämtliche vorliegende Stellungnahmen des MDK – allein nach Aktenlage erfolgte; auf eine körperliche Untersuchung des Klägers hat der MDK verzichtet. Bereits aus diesem Grunde hält die Kammer die Ausführungen des MDK nicht für geeignet, die Feststellungen des Sachverständigen und der behandelnden Ärztin des Klägers zu erschüttern. Hinzu kommt, dass aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen weder kardiale noch orthopädische Probleme des Klägers als Ursachen der schweren Mobilitätseinschränkungen ersichtlich sind. Die Einschätzung des MDK beschränkt sich damit auf bloße Mutmaßungen. Schließlich kommt der Fettschürze selbst ein Krankheitswert auch insoweit zu, als diese chronisch entzündlich verändert ist und ein massiver Lymphstau sowie eine Rötung der gesamten Bauchhaut besteht, die rezidivierende intertriginöse Ekzeme und rezidivierende erysipeloide Entzündungen aufweist. b) Gem. § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V umfasst die Krankenbehandlung auch Krankenhausbehandlung. Die operative Resektion der Fettschürze ist als Teil der Krankenbehandlung gem. § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V geeignet, mindestens ein Behandlungsziel des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V zu verwirklichen. Namentlich wird durch die Entfernung der Fettschürze die bestehende Entstellung beseitigt und damit die hierin bestehende Krankheit geheilt. Weiterhin kann ein weiteres Anwachsen der Fettschürze dadurch verhindert und damit eine Verschlimmerung der Krankheit verhütet werden. Außerdem kann nach den Feststellungen der behandelnden Ärzte und des Sachverständigen die bestehende Mobilitätsbeeinträchtigung des Klägers durch eine Resektion der Fettschürze deutlich verbessert werden, was zu einer Linderung bestehender Krankheitsbeschwerden führt. Schließlich erachten sowohl Herr Prof. Dr. B als auch Frau R, Frau Dr. M und Herr Dr. B die Beseitigung der Gefahr einer drohenden Infektexacerbation mit Blutvergiftung aufgrund der wiederkehrenden erysipeloiden Entzündungen der Bauchhaut als vorrangiges Behandlungsziel. Frau R hat hierzu in ihrem Befundbericht angegeben, dass sie beim Kläger regelmäßig prophylaktische Antibiotikabehandlungen durchführt. Prof. Dr. B bezeichnet den Kläger als Hoch-Risiko-Patienten. Frau Dr. M und Herr Dr. B gehen – nach allerdings nur einmaliger Untersuchung des Klägers Anfang September 2009 – davon aus, dass eine akute Gefahr einer Infektexacerbation mit einer möglichen lebensbedrohenden Sepsis besteht. Die Entfernung der Fettschürze dient insoweit der Verhütung einer Verschlimmerung der Hauterkrankung.
c) Bei dem Kläger ist weiterhin auch die Indikation für eine operative Resektion der Fettschürze gegeben, d.h. eine vollstationäre chirurgische Behandlung ist unter Berücksichtigung von Behandlungsalternativen notwendig und wirtschaftlich (§ 12 Abs 1, § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Nach § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind (§ 39 Abs. 1 S. 3 SGB V). Eine stationäre operative Maßnahme ist danach erst dann angezeigt, wenn das Behandlungsziel nicht auf anderem Wege erreicht werden kann (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 20.03.2009, Az.: L 5 KR 182/08). Lässt sich eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise auch außerhalb eines Krankenhauses durchführen, so besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Hierunter fällt neben der Behandlung in der Arztpraxis auch die ärztliche Krankenbehandlung in der Wohnung des Versicherten, ggf. in Kombination mit häuslicher Krankenpflege (§ 37 SGB V). Ferner gehört dazu die ärztliche Versorgung und sonstige medizinische Betreuung der Bewohner von Pflegeheimen, von Einrichtungen der Behindertenhilfe und von sonstigen Heimen oder Anstalten. Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung ist außerdem ausgeschlossen, wenn keine akute medizinische Behandlung einer Krankheit erforderlich, sondern medizinische Rehabilitation oder dauerhafte Pflege ausreichend ist (vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 KR 18/03 R). Entgegen der Auffassung der Beklagten geht die Kammer davon aus, dass konservative Behandlungsmöglichkeiten, die zu einer Reduzierung der Fettschürze innerhalb eines unter Berücksichtigung der jederzeitigen Gefahr einer Infektexacerbation vertretbaren Zeitrahmens führen würden, nicht bestehen. Dabei hält die Kammer die Ausführungen der behandelnden Ärzte und des Herrn Prof. Dr. B betreffend die Hauterkrankungen auf der Fettschürze und die Gefahr einer Infektexacerbation mit Sepsis für nachvollziehbar und schlüssig. Der unsubstantiierte Hinweis von Herrn N in seiner Stellungnahme vom 01.09.2010, dass kein dermatologischer Befund hinsichtlich der Bauchhaut vorliege und - da offensichtlich infektfreie Intervalle erzielbar seien - anhand der Unterlagen nicht abgeleitet werden könne, dass konservative dermatologische Maßnahmen zur Beherrschung der Bauchhautinfektion nicht ausreichen würden, ist nicht geeignet, die Einschätzungen der behandelnden Ärzte und des Sachverständigen zu erschüttern. Es mangelt auch insoweit an einem konkreten, mit medizinischen Befunden unterlegten Vortrag, welche konservativen Maßnahmen in welchem Umfang ausreichend sein sollen. Soweit die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die Stellungnahmen der Gutachter des MDK auf eine multimodale Adipositastherapie verweisen will, ist nach den nachvollziehbaren Ausführungen von Herrn Prof. Dr. B und Frau R davon auszugehen, dass der Kläger nicht in der Lage ist, an einem solchen Therapiekonzept teilzunehmen, so dass hierdurch eine relevante Gewichtsreduzierung innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens nicht zu erreichen ist. Denn eine derartige integrierte Therapie besteht nach den Leitlinien zur Prävention und Therapie der Adipositas (herausgegeben von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin, vom 25.05.2007, im Folgenden: Leitlinien zur Prävention und Therapie der Adipositas) aus den Elementen der Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie (Punkt 6.4). Weiterhin gehören danach regelmäßige strukturierte Schulungen in der Gruppe zu den Qualitätskriterien eines ambulanten Adipositasprogramms (Tabelle 5, S. 20). Für die Kammer ist nicht ersichtlich, wie es dem Kläger angesichts der glaubhaft geschilderten starken Mobilitätseinschränkungen möglich sein soll, die nach den Leitlinien zur Prävention und Therapie der Adipositas geforderten Bewegungseinheiten und Gruppenschulungen wahrzunehmen. Auch in den S3-Richtlinien wird darauf hingewiesen, dass insbesondere schwer adipöse Patienten – zu denen der Kläger gehört - häufiger gewichtsbedingte körperliche Einschränkungen aufweisen, welche ihnen nur eine eingeschränkte oder gar keine Teilnahme an Bewegungsprogrammen erlauben (vgl. 13 f.). Herr N legt demgegenüber in seiner Stellungnahme vom 01.09.2010 dar, dass auch bei einem BMI von mehr als 60 eine relevante Gewichtsabnahme durch eine multimodale Therapie erreicht werden könne. Diese Ausführung ist allerdings zu pauschal und unsubstantiiert, um die konkreten Darlegungen des Herrn Prof. Dr. B und der Frau R zu erschüttern. Insbesondere benennt Herr N keine konkreten Bewegungstherapieoptionen. Hierzu wird auf die Rechtsprechung des BSG hingewiesen, nach der es nicht ausreichend ist, theoretisch vorstellbare Behandlungsalternativen aufzuzeigen. Vielmehr ist hinsichtlich der Behandlungsalternativen eine konkrete Betrachtungsweise erforderlich: "Diese konkrete Betrachtungsweise gilt nicht nur für die beteiligten Ärzte und Krankenhäuser, sondern gleichermaßen für die Krankenkassen und den MDK. Auswirkungen hat dies insbesondere bei der Prüfung von Anträgen auf Kostenübernahme für eine stationäre Behandlung, also bei Erstanträgen zwecks stationärer Aufnahme sowie bei Folgeanträgen nach befristeten Kostenzusagen bzw bei Verlängerung eines Krankenhausaufenthalts. Da die Krankenkasse dem Versicherten die notwendige medizinische Behandlung als Sachleistung schuldet (§ 2 Abs 2, § 27 SGB V) und sie gegenüber dem Versicherten nach § 14 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil (SGB I) zur Beratung über seine Rechte und Pflichten aus dem Sozialversicherungsverhältnis verpflichtet ist, kann sich die Krankenkasse nicht allein damit entlasten, dass sie auf denkbare ambulante Behandlungsalternativen verweist, solange sie diese nicht in konkreter und nachprüfbarer Weise aufzeigt. Will die Krankenkasse einen Antrag auf (erstmalige oder weitere) Kostenübernahme für eine stationäre Krankenbehandlung ablehnen, besteht also Streit über die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung zwischen dem Versicherten (bzw seinem Betreuer) und den Krankenhausärzten einerseits sowie der Krankenkasse und dem MDK andererseits, hat die Krankenkasse als Ausfluss ihrer Sachleistungs- und Beratungspflicht den Versicherten darüber zu unterrichten, welche konkrete ambulante Behandlungsalternative zur Verfügung steht." (BSG, Urteil vom 13.05.2004, B 3 KR 18/03 R) Dieser Unterrichtungspflicht ist die Beklagte hier nicht nachgekommen. Ihre Ausführungen hinsichtlich der Vorrangigkeit konservativer Behandlungsmethoden, insbesondere der vorrangigen Durchführung einer multimodalen Therapie bei Adipositas mögen grundsätzlich zutreffend sein, sie lassen jedoch eine angemessene Berücksichtigung der besonderen Situation des Klägers nicht erkennen. Auch die wiederkehrenden Hinweise der Gutachter des MDK, ernsthafte Diätversuche des Klägers seien nicht ersichtlich und es fehle an Ernährungsprotokollen, machen dies deutlich. Auch wenn der Kläger in den letzten Jahren einen ernsthaften Versuch der Gewichtsreduktion nicht unternommen haben und sich auch weiterhin falsch ernähren sollte, kann dies nach Auffassung der Kammer nicht dazu führen, dass ihm aus diesem Grund die notwendige medizinische Behandlung versagt wird. Dass die Fettschürze allein mittels einer Ernährungsumstellung therapiert werden kann, machen weder die Beklagte noch die Gutachter des MDK geltend. Soweit die Beklagte den Kläger in ihrem Widerspruchsbescheid vom 18.03.2010 auf vermehrtes Schwimmen und Training im Oberarmbereich verweist, stellt sich die Frage, wie der Kläger angesichts der bestehenden Bewegungseinschränkungen ein Schwimmbad aufsuchen soll. Zum Oberarmtraining hat Herr Prof. B nachvollziehbar dargelegt, dass hierdurch eine hinreichende Gewichtsreduktion nicht zu erreichen ist. Dass sonstige Behandlungsalternativen vorlägen, etwa eine medikamentöse Therapie, hat die Beklagte nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Angesichts der Auswirkungen der Erkrankung des Klägers, insbesondere auch unter Berücksichtigung von dessen gegenwärtigen Lebensumständen und des zu erwartenden Krankheitsverlaufs bei Nichtdurchführung der Operation, steht auch das bestehende hohe Operationsrisiko einer Kostenübernahme durch die Beklagte nicht entgegen. Hierauf weist Herr Prof. Dr. B in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend hin. Demnach ist die operative Entfernung der Fettschürze zur Krankenbehandlung erforderlich. 2. Gleiches gilt für die begehrte Rekonstruktion der Bauchwand bei ausgeprägter Umbilicalhernie. Hierzu hat Herr Prof. B ausgeführt, dass es infolge des Nabelbruchs, der eine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn darstellt, zu einer Einklemmung von Darm in der Bruchlücke kommen kann, was eine lebensbedrohliche Notfallsituation darstellt. Auch Herr Dr. D vom MDK stellt in seiner Stellungnahme vom 18.11.2009 eine ausgeprägte Umbilicalhernie fest. Soweit er eine Operationsindikation erst nach erfolgter Gewichtsreduzierung sieht, hält die Kammer diese Einschätzung angesichts der nachvollziehbaren Ausführungen des Herrn Prof. Dr. B für nicht überzeugend. 3. Soweit der Kläger schließlich eine bariatrische Operation begehrt, nach den Darlegungen des Herrn Prof. Dr. B wahlweise in Form eines Magenbypasses, eines Schlauchmagens oder einer biliopankreatischen Diversion, vermag die Kammer zum jetzigen Zeitpunkt eine medizinische Notwendigkeit nicht festzustellen. Zwar liegt auch insoweit eine Krankheit des Klägers vor (hierzu unter a) und kann mit dem begehrten Eingriff auch ein zulässiges Behandlungsziel erreicht werden (hierzu unter b). Jedoch kann gegenwärtig nicht festgestellt werden, dass das Behandlungsziel nicht auch auf anderem Weg erreicht werden kann (hierzu unter c). a) Nach Auffassung der Kammer stellt neben der bestehenden Fettschürze auch die Adipositas per magna als solche eine behandlungsbedürftige Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V dar. Zwar ist umstritten, ob eine Adipositas als solche als Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn anzusehen ist (bejahend BSG, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 1/02 R, a.A. zuletzt SG Dortmund, Urteil vom 31.08.2010, S 40 KR 313/07 m.w.N.). Die ablehnende Auffassung stützt sich jedoch darauf, dass geringfügige Störungen ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen nicht genügen würden. Persönliche Eigenarten, die schon durch Änderung der Lebensführung oder einfache Maßnahmen der Gesunderhaltung behoben werden können und nicht der ärztlichen Behandlung bedürfen, stellten daher keine Erkrankung dar. Die Adipositas selbst sei keine Erkrankung, sondern lediglich ein Risikofaktor für das Auftreten von Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder arterieller Hypertonie. Sie lasse sich durch Maßnahmen der Gewichtsreduktion beseitigen, die gemäß § 1 S. 2 SGB V grundsätzlich der Eigenverantwortung der Versicherten zugewiesen sind (vgl. SG Dortmund, a.a.O., m.w.N.). Der Kläger leidet jedoch unter einer Adipositas per magna. Angesichts eines BMI von ca. 63,7 und einer Fettschürze Grad V kann von einer geringfügigen Störung ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigung nicht gesprochen werden. Weiterhin wird die Adipositas ausweislich der S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie (CA-ADIP) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG), der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (Stand Juni 2010, im folgenden: S3-Leitlinie) üblicherweise als krankhaft (morbid) bezeichnet bei einem BMI von mindestens 40 kg/m² (vgl. Einführung, S. 2 der S3-Leitlinien). Hinzu kommt, dass bereits Folgeerkrankungen aufgetreten sind. Es besteht danach kein Zweifel, dass eine medizinische Behandlung der Adipositas erforderlich ist. b) Die bariatrische Operation dient dem Ziel der Gewichtsreduzierung und damit der Beseitigung der Adipositas. Sie ist folglich auf das Behandlungsziel der Heilung einer Krankheit gerichtet. c) Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die bariatrische Operation zur Erreichung des Behandlungsziels erforderlich ist. Dass der Magen des Klägers als solcher krank ist, ist nicht ersichtlich. Weder Herr Prof. Dr. B noch die behandelnden Ärzte des Klägers haben bei diesem eine Funktionsstörung des Magens diagnostiziert. Wird durch eine Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, wie das bei einer bariatrischen Operation geschieht, bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 1/02 R m.w.N.). Danach kommt es darauf an, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung der Behandlungsalternativen (diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie) notwendig und wirtschaftlich ist. Sodann ist zu untersuchen, ob nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine chirurgische Intervention gegeben sind (vgl. hierzu BSG, a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.03.2011, L 11 KR 3560/09). Bei der extremen Adipositas kommt eine chirurgische Behandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung als ultima ratio nur bei Patienten in Betracht, die eine Reihe von Kriterien erfüllen (so die einheitliche Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die vorliegenden Leitlinien der Fachgesellschaften, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19.02.2003, Az.: B 1 KR 1/02 R; BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 1 KR 2/08 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.03.2011, L 11 KR 3560/09, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.11.2009, Az.: L 9 KR 11/08): 1. es muss ein BMI von mindestens 40 kg/m² oder ein BMI ab 35 kg/m² mit erheblichen Begleiterkrankungen vorliegen; 2. der chirurgische Eingriff muss die ultima ratio sein; zuvor müssen alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sein (z. B. diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie); 3. das Operationsrisiko muss tolerabel sein; 4. der Versicherte muss ausreichend motiviert sein; 5. es darf keine manifeste psychiatrische Erkrankung vorliegen; 6. es muss die Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung bestehen. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Zum jetzigen Zeitpunkt kann eine Ausschöpfung der konservativen Behandlungsmöglichkeiten nicht festgestellt werden. Die insoweit von der Beklagten vorgeschlagenen konservativen Behandlungsmöglichkeiten, namentlich eine multimodale Therapie halten sowohl die behandelnden Ärzte Frau R, Frau Dr. M und Herr Dr. B als auch Herr Prof. Dr. B deshalb gegenwärtig für nicht durchführbar, weil dem Kläger die hierfür erforderliche Mobilität fehlt. Nach der Einschätzung dieser Ärzte wird die Mobilität des Klägers nach der Entfernung der Fettschürze jedoch gesteigert. Herr Prof. Dr. B führt hierzu in seinem Gutachten aus, dass dieser Eingriff alleine beim Kläger schon zu einer erheblichen Erleichterung führen könne, so dass die Motivation zur Gewichtsreduktion gebahnt sei. Dementsprechend führt Frau R im Befundbericht vom 09.07.2010 aus, dass die Beseitigung der abdominalen Fettschürze im Vordergrund stehe und über die bariatrische Operation später entschieden werden solle. Soweit Herr Prof. Dr. B auch die Notwendigkeit einer bariatrischen Operation bereits zum jetzigen Zeitpunkt feststellt, vermögen seine Ausführungen nicht zu überzeugen. Zunächst weist er darauf hin, dass aus der Literatur bekannt sei, dass ein konservativer Behandlungsversuch bei einem BMI von mehr als 40 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zum Erfolg führen werde. Diese Einschätzung steht im Widerspruch zu den einschlägigen Leitlinien der Fachgesellschaften. Nach der S 3 – Leitlinie ist auch bei Patienten mit einem BMI von mehr als 40 ohne Kontraindikationen erst bei Erschöpfung der konservativen Therapie nach umfassender Aufklärung eine bariatrische Operation indiziert (Ziff. 3.2., S. 12). Auf Seite 14 der S 3 – Leitlinie wird ausgeführt: "Für Patienten mit Adipositas Grad III wurde bisher nur in wenigen Studien ein dauerhafter und relevanter Rückgang von Übergewicht und Adipositas-assoziierter Komorbidität nachgewiesen. Eine neue randomisierte Studie verglich eine Standard-Behandlung mit einem intensivierten multimodalen Programm incl. einer zwölfwöchigen 900 kcal Flüssigernährung. Nach zwei Jahren betrug der Gewichtsverlust mehr als 5 % bei 31 % der Probanten mit intensivierter Therapie gegenüber 9 % in der Standardgruppe. Mehr als 20 % Gewichstverlust erzielten 7 % der Probanden mit intensivierten Therapie gegenüber 1 % mit Standardtherapie [EL 1b] [Ryan et al. 2010]. Nichtstrukturierte konservative Programme sind bei hochgradiger Adipositas wenig aussichtsreich Die Entscheidung für einen bariatrischen Eingriff gründet sich auf dem individuellen Risiko-Nutzen-Verhältnis [EL 4] [IFSO 1997, Patterson et al. 2003, NIH 1991, Sauerland et al. 2005], denn die kurzfristigen Risiken der operativen Therapie übersteigen deutlich die der konservativen Behandlung [EL 1c] [IFSO 1997, Fernandez et al. 2004]. Deshalb wurde in der Vergangenheit insbesondere von den Kostenträgern gefordert, vor einer Entscheidung zur Operation intensive, ärztlich begleitete Gewichtsreduktionsversuche zu unternehmen. Dieses Vorgehen ist bei hochgradiger Adipositas – zumindest für nicht strukturierte und nicht dauerhaft konzipierte Gewichtsreduktionsversuche – aus klinisch-wissenschaftlicher Sicht nicht gerechtfertigt wegen der geringen Erfolgsaussichten." Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass auch bei einem BMI von mehr als 40 eine konservative Therapie jedenfalls in Form eines ärztlich koordinierten und geleiteten Gesamttherapiekonzepts, welches Diätmaßnahmen, eine Schulung des Ess- und Ernährungsverhaltens, eine Bewegungstherapie, ggfs. pharmakologisch-ärztliche Behandlung und eine kombinierte psychotherapeutische Intervention umfasst und als Langzeitbehandlung auch konsequent und nachhaltig durchgeführt und dokumentiert wird, nicht von vornherein aussichtslos ist (hiervon geht auch das LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 01.03.2011, L 11 KR 3560/09, aus, in dem es über die Notwendigkeit einer bariatrischen Operation bei einer Klägerin mit einem BMI von 47 zu entscheiden hatte). Nach den S 3 – Leitlinien kann eine primäre chirurgische Intervention in Ausnahmefällen dann durchgeführt werden, wenn Art und/oder Schwere der Krankheit bzw. psychosoziale Gegebenheiten bei Erwachsenen annehmen lassen, dass eine chirurgische Therapie nicht aufgeschoben werden kann oder die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg ist; die Indikation hierzu ist durch einen in der Adipositastherapie qualifizierten Arzt und einen bariatrischen Chirurgen gemeinsam zu stellen (vgl. 3.2, S. 16). Insoweit ist die Einschätzung des Herrn Prof. B als bariatrischem Chirurgen schon nicht hinreichend. Weiterhin steht der Annahme eines Ausnahmefalles hier jedoch auch entgegen, dass Herr Prof. Dr. B selbst darauf hingewiesen hat, dass allein schon durch die Fettschürzenresektion mit einer erheblichen Erleichterung und einer hinreichenden Motivation zur Gewichtsabnahme beim Kläger zu rechnen sei. Hinzu kommt, dass nach der bereits genannten Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas bei Patienten mit Verdacht auf Depression, Psychose, Suchterkrankung oder Essstörung zwingend ein Psychiater oder Psychotherapeut hinzugezogen werden muss (vgl Nr 6.4.7, S 17). Vorliegend hat Frau R in ihrem Befundbericht vom 09.07.2010 darauf hingewiesen, dass beim Kläger eine Depression bekannt ist. Ausweislich des Verlegungsberichts von Dr. B und Herrn A von August 2009 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 25.08. bis 26.08.2009 besteht beim Kläger der Verdacht auf eine hyperphage Essstörung. Dies zeigt, dass vor einer bariatrischen Operation eine psychologische bzw psychotherapeutische Therapie notwendig ist. Soweit Herr Prof. Dr. B daneben davon ausgeht, dass das bei der Entfernung der Fettschürze bestehende Operationsrisiko geringer wäre, wenn zunächst der bariatrische Eingriff durchgeführt würde, vermag auch dies die Notwendigkeit eines bariatrischen Eingriffs nicht zu begründen. Zum einen steht diese Feststellung im Widerspruch zur Einschätzung von Frau Dr. M und Herrn Dr. B, die in ihrem Befundbericht ausgeführt haben, dass durch die Entfernung der abdominalen Fettschürze die gesundheitlichen Risiken weiterer Operationen reduziert würden. Zum anderen weist Herr Prof. Dr. B selbst darauf hin, dass auch bei einem vorrangig durchgeführten bariatrischen Einriff ein hohes Operationsrisiko besteht. Der Kläger unterliegt damit bei einem chirurgischen Eingriff in jedem Fall einem hohen Operationsrisiko. Letztendlich ergibt sich ein Leistungsanspruch des Klägers auch nicht aus einer grundrechtskonformen Auslegung des SGB V. Die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 des Grundgesetzes (GG) können in besonders gelagerten Fällen die Gerichte zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten. Dies gilt insbesondere in der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, denn das Leben stellt einen Höchstwert innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung dar (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. Dezember 2005, 1 BvR 347/998, BVerfGE 115, 25; vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.02.2010, L 9 KR 10/08). Die Voraussetzungen für eine grundrechtskonforme Auslegung des Leistungsanspruchs nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V in diesem Sinne liegen hier indes nicht vor. Denn nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen folgt der lebensbedrohliche Zustand des Klägers allein aus der akuten Gefahr der Infektexacerbation und möglichen Folge einer Sepsis. Anhaltspunkte dafür, dass sich das Übergewicht des Klägers allein in absehbarer Zeit lebensbedrohend auswirken könnte, sind hingegen nicht ersichtlich. Nach alledem lässt sich die medizinische Notwendigkeit der Durchführung einer bariatrischen Operation nach Ansicht der Kammer zum jetzigen Zeitpunkt nicht feststellen. Sofern auch nach Durchführung der Fettschürzenresektion und Rekonstruktion der Bauchwand eine konservative Therapie aus medizinischen Gründen nicht durchgeführt werden kann, ist die Notwendigkeit eines bariatrischen Eingriffs erneut zu prüfen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
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