Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 2598/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1510/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.02.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Verletztenrente.
Der im Jahr 1948 geborene Kläger ist t. Staatsangehöriger. Seit Januar 1974 ist er mit Ausnahme einer Unterbrechung durch den von Januar 1975 bis Juli 1977 geleisteten Militärdienst bei der Firma Metalldruck- und Spritzguss Abele GmbH & Co. KG als Kontrolleur beschäftigt. Insbesondere durch die Verwendung von Blasluft zum Reinigen war er bis Juli 2006 über einen Zeitraum von 27,3 Jahren einer beruflichen Lärmbelastung mit einem energieäquivalenten Dauerschallpegel von 90 dB(A) ausgesetzt (Stellungnahme des Dipl. Ing. G. , Präventionsdienst der Beklagten, vom Juli 2006). Ab dem Jahr 1979 erfolgten im Hinblick auf die Lärmbelastung arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durch Ärzte des Arbeitsmedizinischen Zentrums Mühlacker. Die ersten Tonaudiogramme aus den Jahren 1979, 1980, 1981 und auch jene danach wiesen eine annähernd pantonale Schwerhörigkeit auf. Während die tiefen und mittleren Frequenzen im Wesentlichen unverändert blieben, zeigte sich ab dem Jahr 2003 eine deutliche Progression der Hörstörung in den hohen Frequenzen (Gutachten des Chefarztes der HNO-Klinik am Evangelischen Diakonissenkrankenhaus K. , Prof. Dr. St. vom September 2007). Ferner liegen beim Kläger Ohrgeräusche (Tinnitus) vor, die er erstmalig bei einer Vorsorgeuntersuchung im Jahr 2003 angab (Untersuchungsbogen von Dr. F. vom Februar 2009, Bl. 84 LSG-Akte). Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung vom Februar 2006 riet der Arzt für Arbeitsmedizin Dr. F. dem Kläger angesichts eines von ihm wiederum "seit drei Wochen" angegebenen Tinnitus, einen HNO-Arzt aufzusuchen (Untersuchungsbogen Bl. 10 Verwaltungsakte). Der Kläger begab sich daraufhin am 17.02.2006 zum HNO-Arzt Dr. Sch. , dem er von Schmerzen am rechten Ohr und Ohrgeräuschen seit ca. einem Monat berichtete und der unter der Diagnose Lärmschwerhörigkeit bei der Beklagten eine Berufskrankheit (BK) anzeigte.
Die Beklagte holte beim HNO-Arzt Dr. K. ein Gutachten ein. Ihm teilte der Kläger mit, die Ohrgeräusche bestünden nicht dauerhaft und äußerten sich als Pfeifen und Rauschen. Zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung bestanden sie nicht. Da Dr. K. von einer möglichen schlechteren Sprachverständnisleistung des Klägers ausging, ermittelte er den Hörverlust anhand des Tonschwellenaudiogramms und der Drei-Frequenz-Tabelle nach Röser rechts mit 45 % und links mit 55 %. Daraus ermittelte er nach der Tabelle von Feldmann eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. Pathologische Befunde, die die Schwerhörigkeit im Tieftonbereich erklärten, sah er nicht. Zunächst vertrat er die Auffassung, eine Abgrenzung sei nicht möglich und der lärmtypische Befund im Hochtonbereich sei wesentliche Teilursache der insgesamt bestehenden Hörstörung. Auf kritische Einwendungen der beratenden HNO-Ärztin der Beklagten Dr. B. änderte Dr. K. seine Einschätzung. Nachdem bei Lärmeinwirkung das Innenohr zunächst in den hohen Frequenzen geschädigt werde und sich erst im Verlauf bei hoher Lärmbelastung eventuell zusätzlich zur reinen Hochtonschwerhörigkeit ein Abfall der mittleren und tieferen Frequenzen ausbilde, könne es sich bei der Schwerhörigkeit des Klägers nicht ausschließlich um eine Lärmschwerhörigkeit handeln. Bei Bestimmung des Hörverlustes nach der Knochenleitung sei nach Anwendung der Tabelle von Röser ein prozentualer Hörverlust beidseits von jeweils 30 % gegeben, aus dem sich nach der Tabelle von Feldmann eine MdE um 15 v.H. herleite.
Mit Bescheid vom 15.03.2007 anerkannte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen der BK Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV, nachfolgend nur noch BK Nr. 2301). Die Gewährung einer Verletztenrente lehnte sie ab, da die aus der BK resultierende MdE nicht mindestens 20 v.H., sondern nur 15 v.H. betrage. Den gegen die Rentenablehnung gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2007 mit dem Hinweis, die MdE sei nach dem Königsteiner Merkblatt für die Begutachtung der beruflichen Lärmschwerhörigkeit eingeschätzt worden und bis in das Jahr 2006 hätten keine lärmtypischen Befunde vorgelegen, zurück.
Deswegen hat der Kläger am 24.05.2007 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben.
Das SG hat das Gutachten von Prof. Dr. St. , das dieser unter Mitarbeit des stellvertretenden Oberarztes Dr. F. erstellt hat, eingeholt. Prof. Dr. St. hat unter Hinweis auf mögliche mangelnde Deutschkenntnisse des Klägers nicht aus dem Sprachaudiogramm, sondern aus den Werten des Tonaudiogramms einen prozentualen Hörverlust rechts von 40 % und links von 45 % nach der Tabelle von Röser ermittelt. Unter Anwendung der Tabelle von Brusis hat er die MdE bezüglich der gesamten Hörminderung auf aktuell 20 v.H. geschätzt. Angesichts der schon in den ersten Tonaudiogrammen dokumentierten Schwerhörigkeit hat er diese als Vorschaden angegeben und deshalb eine Abgrenzung der lärmbedingten und der nicht lärmbedingten Schwerhörigkeitsanteile für möglich erachtet. Dem entsprechend hat er einen Hörverlust von beidseits jeweils 20 % bzw. nach der Tabelle von Feldmann eine lärmbedingte MdE um 10 v.H. angenommen und für das HNO-ärztliche Fachgebiet unter Berücksichtigung des Vorschadens eine MdE von 15 v.H. bestätigt. Den Tinnitus hat er auf der Grundlage der Angaben des Klägers als kompensiert angesehen. Er habe zum Untersuchungszeitpunkt nicht vorgelegen. Damit bedinge er keine weitere MdE.
Mit Urteil vom 20.02.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Bewertung von Hörverlusten richte sich im Wesentlichen nach dem sog. Königsteiner Merkblatt. Da das Sprachaudiogramm vorliegend nicht verwertbar gewesen sei, habe der prozentuale Hörverlust auch aus dem Tonaudiogramm nach der Drei-Frequenz-Tabelle ermittelt werden können. Hieraus ergebe sich zumeist sogar ein etwas höherer prozentualer Hörverlust als aus dem Sprachaudiogramm. Danach bedingten die Folgen der beim Kläger anerkannten BK Nr. 2301 nur eine MdE um 15 v.H. Das SG hat sich auf die Gutachten von Prof. Dr. St. und Dr. K. sowie auf die Ausführungen von Dr. B. gestützt. Danach sei nicht das gesamte Ausmaß der Hörstörung des Klägers Folge berufsbedingter Lärmeinwirkungen. Hiergegen spreche, dass sich neben der Hochtonsenke auch eine Störung der Innenohrfunktion in den mittleren und tiefen Frequenzen nachweisen lasse, die für eine Lärmschwerhörigkeit untypisch sei. Zwar seien Hörverluste im tiefen und mittleren Frequenzbereich lärmbedingt nach jahre- bzw. jahrzehntelanger erheblicher Lärmbelastung denkbar. Dagegen spreche beim Kläger jedoch, dass bereits die ersten Tonaudiogramme der Jahre 1979 bis 1981 eine annähernd pantonale Schwerhörigkeit aufgewiesen hätten und der Kläger zu diesem Zeitpunkt unter Berücksichtigung seiner Wehrdienstzeit erst wenige Jahre beruflichen Lärmeinwirkungen ausgesetzt gewesen sei. Die Lärmexposition habe zudem zu einer Verschlechterung in den hohen Frequenzen, nicht aber in den tiefen und mittleren Frequenzen geführt. Überzeugend habe Prof. Dr. St. den Hörverlust in den tiefen und mittleren Frequenzen bereits zu Beginn der Lärmbelastung als Vorschaden bewertet. Das Ohrgeräusch sei nicht MdE-relevant. Nachdem der Kläger sowohl gegenüber dem gerichtlichen Sachverständen als auch gegenüber Dr. K. die Geräusche als nicht dauerhaft bestehend angegeben und keine weitere Begleiterscheinungen geltend gemacht habe, seien hiervon abweichende spätere Behauptungen als ziel- und zweckgerichtet und deswegen nicht glaubhaft zu erachten.
Gegen das ihm am 03.03.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.03.2008 Berufung eingelegt. Er trägt vor, ausreichende Deutschkenntnisse in Sprache und Schrift zu besitzen. Im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. St. sei er nicht zu seinem Tinnitus, der ihn sehr belaste, befragt worden. Aus früheren Lärmschutzmessungen der Beklagten gingen Lärmexpositionen von weit über 100 dB hervor. Das SG hätte sich veranlasst sehen müssen, hinsichtlich der Lärmbelastungen weiter zu ermitteln und ein weiteres medizinisches Gutachten einzuholen.
Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.02.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2007 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen der anerkannten berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, Prof. Dr. St. habe in seinem Gutachten die Deutschkenntnisse des Klägers durchaus bestätigt. Durch die Nichtverwertung des Sprachaudiogramms sei dieser im Übrigen nicht beschwert. Die Angaben des Klägers zu seinem Tinnitus bei der Begutachtung seien eindeutig gewesen. Es sei nicht vorstellbar, dass der Gutachter Nachfragen diesbezüglich unterlassen habe. Zudem habe der Kläger bereits gegenüber Dr. K. angegeben, dass keine dauerhaften Ohrgeräusche bestünden.
Der Senat hat den Facharzt für Psychiatrie Dr. G. (zwei Mal), den Facharzt für Allgemeinmedizin E. und Dr. Sch. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt und Prof. Dr. St. , für den wegen seines altersbedingten Ausscheidens Dr. F. geantwortet hat, um ergänzende Stellungnahme gebeten. Dr. G. hat ausgeführt, der Kläger habe seit April 2006 von quälenden Ohrgeräuschen berichtet, die insbesondere zu Einschlafproblemen führen würden. Er habe den Kläger wegen einer depressiven Störung behandelt. Die Behandlung des Tinnitus sei kein Schwerpunkt gewesen. Diesbezüglich habe er ihn an den HNO-Arzt verwiesen. Der Allgemeinmediziner E. hat ausgeführt, der Kläger habe erstmals im November 2005 von Ohrgeräuschen berichtet. Er habe ihn deswegen zum HNO-Arzt überwiesen. Dr. Sch. hat mitgeteilt, bei der Erstbehandlung im Februar 2006 habe der Kläger einen seit längerer Zeit bestehenden Tinnitus angegeben. Dieser müsse auf die Schallempfindungsschwerhörigkeit zurückgeführt werden. Eine vierwöchige medikamentöse Therapie habe keine Veränderung erbracht. Danach sei im Hinblick auf die Ohrgeräusche keine weitere Abklärung erfolgt.
Dr. F. hat unter Vorlage zum Teil handschriftlicher Dokumentationen mitgeteilt, der Kläger sei eindeutig zum Tinnitus befragt worden. Er habe angegeben, das Ohrgeräusch störe kaum, er habe nur gelegentlich Einschlafstörungen. An Konzentrationsstörungen habe er sich gewöhnt.
Auf Antrag des Kläger gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat den HNO-Facharzt A. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Ihm hat der Kläger mitgeteilt, der Tinnitus sei seit 2005 ständig Tag und Nachts vorhanden und habe sich in den letzten Jahren verschlechtert. Er sei mit erheblichen psychovegetativen und depressiven Störungen begleitet. Dr. A. hat eine Schwerhörigkeit und einen Tinnitus beidseits, die auf die beruflichen Lärmbelastungen zurückzuführen seien und eine MdE um 30 v.H. bzw. 20 v.H. insgesamt um 50 v.H. bedingten, diagnostiziert.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 15.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.05.2007 soweit darin die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt wurde. Die im gleichen Bescheid erfolgte Anerkennung der BK Nr. 2301 wurde vom Kläger nicht angegriffen und ist damit bestandskräftig geworden. Statthafte Klageart ist damit allein die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG. Der Senat entscheidet somit nur darüber, ob unter Abänderung der angefochtenen Bescheide und Aufhebung des Urteils eine Verletztenrente zu gewähren ist, d.h. hier, ob infolge der anerkannten BK von einer MdE im rentenberechtigenden Umfang auszugehen ist.
Das SG hat unter Darstellung der maßgeblichen Rechtsgrundlage (§ 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII) zutreffend entschieden, dass dem Kläger kein Anspruch auf eine Verletztenrente zusteht, da der lärmbedingte Anteil seiner Schwerhörigkeit nach den insoweit übereinstimmenden Einschätzungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. und des Gutachters Dr. K. nicht von einem solchen Ausmaß ist, dass von einer MdE um 20 v.H. ausgegangen werden kann. Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass der beim Kläger neben der Schwerhörigkeit vorliegende Tinnitus, wie sich wiederum aus den insoweit übereinstimmenden Ausführungen von Prof. Dr. St. und Dr. K. ergibt, keine MdE nach sich zieht. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Zum Berufungsvorbringen des Klägers und zu den dadurch veranlassten weiteren Ermittlungen des Senats ergeben sich die nachfolgenden Ergänzungen:
Soweit der Kläger das Gutachten von Prof. Dr. St. unter Hinweis auf seine "hervorragenden Deutschkenntnisse" angreift, übersieht er, dass - worauf die Beklagte zu Recht aufmerksam gemacht hat - Prof. Dr. St. durchaus bestätigt hat, dass eine Alltagskommunikation mit dem Kläger (in deutscher Sprache) möglich gewesen ist. Prof. Dr. St. hat in "vermutlich" mangelnden Deutschkenntnissen lediglich eine Erklärung für den Umstand gesehen, dass sich bei der durch ihn durchgeführten Erhebung des Sprachaudiogramms an beiden Ohren kein reproduzierbares Ergebnis hat erzielen lassen. Ähnlich ging schon Dr. K. bei der Erstellung des Sprachaudiogramms davon aus, dass der Kläger eventuell aufgrund seiner Abstammung nur eine schlechtere Sprachverständnisleistung erbringen konnte. Der Senat kann letztlich dahingestellt lassen, von welcher Qualität die Deutschkenntnisse des Klägers sind und ob die von Prof. Dr. St. und Dr. K. für die Bewertung der erstellten Sprachaudiogramme herangezogenen Erklärungsmodelle zutreffend sind.
Mit dem Bestreiten der von den Ärzten angenommenen Verständnisprobleme wird vom Kläger im Grunde bemängelt, dass sowohl Dr. K. als auch Prof. Dr. St. die Bewertung der Hörverluste an beiden Ohren anhand der Tonaudiogramme und nicht anhand der Sprachaudiogramme vorgenommen haben. Nach dem Königsteiner Merkblatt (4.2) ist bei der Einordnung des Hörverlusts in der Tat regelmäßig auf das Sprachaudiogramm abzustellen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die sprachaudiometrische Untersuchung keine verlässlichen Werte ergeben hat, wobei als möglicher Grund geringe Deutschkenntnisse angegeben werden. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass sich beim Tonaudiogramm zumeist ein etwas höherer prozentualer Hörverlust als aus dem Sprachaudiogramm ergibt (4.2.2). Prof. Dr. St. hat bei der Sprachgehörprüfung kein reproduzierbares Ergebnis erzielen können. Damit hat er - mangels verlässlicher Werte - auf das Tonaudiogramm abstellen müssen. Die Gründe für die fehlende Reproduzierbarkeit der Werte des Sprachaudiogramms können dabei dahingestellt bleiben. Dr. K. ermittelte zwar Werte nach dem Sprachaudiogramm. Allerdings bestätigen diese Werte gerade - wie vom SG unter Hinweis auf das Königsteiner Merkblatt angesprochen und eben nochmals erwähnt - dass der Kläger durch das Abstellen auf das Tonaudiogramm nicht benachteiligt wird. Nach dem Sprachaudiogramm zeigte sich Dr. K. ein prozentualer Hörverlust rechts von 30 % und links von 60 %. Nach der Tabelle von Feldmann (Königsteiner Merkblatt 4.3.2) ergibt sich daraus eine MdE um 20 v.H. (Gesamtwert ohne Differenzierung zwischen lärmbedingten und nicht lärmbedingten Anteilen). Die von Dr. K. ermittelten Hörverluste nach dem Tonaudiogramm von rechts 45 % und links 55 % ergeben nach derselben Tabelle hingegen eine MdE um 30 v.H. (wiederum ohne Differenzierung, siehe eben). Daraus ergibt sich für den Senat, dass der Kläger durch das Abstellen auf das Tonaudiogramm, wie im Königsteiner Merkblatt für den Regelfall angenommen, nicht beschwert ist. Hinzuweisen ist noch, dass selbst der vom Kläger benannte Sachverständige Dr. A. seinem Gutachten zwar Tonschwellenaudiogramme und Sprachaudiogramme beigefügt, sich hinsichtlich der Diagnostizierung einer Hochtonschwerhörigkeit jedoch - ohne dies näher zu erläutern - ebenfalls nur auf die Tonschwellenaudiogramme gestützt hat.
Soweit der Kläger zuletzt im Klageverfahren und auch zur Begründung der Berufung ausgeführt hat, durch den Tinnitus stark beeinträchtigt und hierzu von Prof. Dr. St. nicht ausreichend befragt worden zu sein, handelt es sich - wie vom SG zutreffend angenommen - um ziel- und zweckgerichtete, jedoch nicht zutreffende Behauptungen. Aus der vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme von Dr. F. ergibt sich eindeutig, dass der Kläger im Rahmen der vom SG veranlassten Begutachtung umfassend zu den Ohrgeräuschen befragt worden ist und hierzu auch Angaben gemacht. Aus der während der Begutachtung erstellten Dokumentation geht hervor, dass der Kläger angegeben hat, dass zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung - wie im Übrigen schon bei Dr. K. - kein Tinnitus vorgelegen hat und das Ohrgeräusch - soweit auftretend - kaum stört bzw. nur mit gelegentlichen Einschlafstörungen, ohne Einfluss auf das Durchschlafen, verbunden ist.
Vor diesem Hintergrund geht der Senat allenfalls davon aus, dass beim Kläger immer wieder ein Tinnitus auftritt, der zu Einschlafstörungen führt. Der Senat sieht dies durch die im Berufungsverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen bestätigt. Zwar hat Dr. G. angegeben, dass der Kläger von quälenden Ohrgeräuschen berichtet habe. Die Behandlung des Tinnitus war jedoch kein Schwerpunkt seiner Behandlung. Er, wie auch der Allgemeinmediziner Erdogan, überwies den Kläger deswegen vielmehr an den HNO-Arzt. Seitens des HNO-Arztes Dr. Sch. fand jedoch nur eine einmalige vierwöchige Behandlung statt. Zwar hat Dr. Sch. ausgeführt, dass diese Behandlung zu keiner Veränderung führte. Allerdings erfolgte auch keine weitere Abklärung der Tinnituserkrankung, so dass sich auch insoweit für den Senat ergibt, dass diese Erkrankung nicht von maßgeblicher Bedeutung ist. Überzeugend sind Prof. Dr. St. und Dr. K. damit von einem kompensierten Tinnitus ausgegangen, der keine MdE bedingt. Nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 351) bedingen intermittierende (zeitweilige) Ohrgeräusche - und maximal solche liegen beim Kläger vor - keine MdE, da sie nur gering beeinträchtigen.
Entgegen dem Berufungsvorbringen hätte sich das SG nicht dazu gedrängt sehen müssen, weitere Nachforschungen hinsichtlich der konkreten Lärmbelastungen in der Vergangenheit anzustrengen. Das SG hat sich vielmehr mit der Möglichkeit, dass eine Schwerhörigkeit im Tief- und Mitteltonbereich in Abweichung vom typischen Beschwerdebild nach jahre- bzw. jahrzehntelanger und erheblicher Lärmbelastung als lärmbedingt denkbar ist, befasst. Es hat dann aber zutreffend darauf hingewiesen, dass vorliegend die Schwerhörigkeit des Klägers im Tief- und Mitteltonbereich bereits seit dem Jahr 1979 und damit schon relativ kurz nach Beginn der Beschäftigung nachgewiesen ist. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Tätigkeit zwar im Jahr 1974 aufnahm, in den Jahren 1975 bis Mitte 1977 jedoch seinen Militärdienst leistete, mithin im Jahr 1979 erst ca. drei Jahre den beruflichen Lärmeinwirkungen ausgesetzt war. Damit liegen schon die zeitlichen Voraussetzungen einer ausnahmsweise als lärmbedingt anzusehenden Schwerhörigkeit im Tief- und Mitteltonbereich nicht vor, so dass eine weitere Aufklärung nicht veranlasst ist.
Das auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten von Dr. A. überzeugt den Senat nicht. Hinsichtlich der Bewertung des Tinnitus mit einer MdE um 20 v.H. ist Dr. A. von den unzutreffenden Angaben des Klägers ausgegangen, der Tinnitus sei seit 2005 ständig, Tag und Nacht vorhanden und mit erheblichen psychovegetativen Störungen verbunden. Bei der Bewertung der Schwerhörigkeit hat Dr. A. den Umstand außer Acht gelassen, dass hier - wie vom SG ausführlich dargelegt - zwischen einem lärmbedingten und einem nicht lärmbedingten Schädigungsanteil zu differenzieren ist. Dr. A. hat sich ausdrücklich den Ausführungen von Dr. K. angeschlossen. Dabei hat er nicht bedacht, dass Dr. K. zwar ursprünglich - so wie Dr. A. - eine MdE um 30 v.H. annahm, nachfolgend sich jedoch - zu Recht - davon überzeugen ließ, dass eine Differenzierung zwischen einem lärmbedingten und einem nicht lärmbedingten Schädigungsanteil vorzunehmen und der lärmbedingte Anteil mit nur 15 v.H. zu bewerten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Verletztenrente.
Der im Jahr 1948 geborene Kläger ist t. Staatsangehöriger. Seit Januar 1974 ist er mit Ausnahme einer Unterbrechung durch den von Januar 1975 bis Juli 1977 geleisteten Militärdienst bei der Firma Metalldruck- und Spritzguss Abele GmbH & Co. KG als Kontrolleur beschäftigt. Insbesondere durch die Verwendung von Blasluft zum Reinigen war er bis Juli 2006 über einen Zeitraum von 27,3 Jahren einer beruflichen Lärmbelastung mit einem energieäquivalenten Dauerschallpegel von 90 dB(A) ausgesetzt (Stellungnahme des Dipl. Ing. G. , Präventionsdienst der Beklagten, vom Juli 2006). Ab dem Jahr 1979 erfolgten im Hinblick auf die Lärmbelastung arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durch Ärzte des Arbeitsmedizinischen Zentrums Mühlacker. Die ersten Tonaudiogramme aus den Jahren 1979, 1980, 1981 und auch jene danach wiesen eine annähernd pantonale Schwerhörigkeit auf. Während die tiefen und mittleren Frequenzen im Wesentlichen unverändert blieben, zeigte sich ab dem Jahr 2003 eine deutliche Progression der Hörstörung in den hohen Frequenzen (Gutachten des Chefarztes der HNO-Klinik am Evangelischen Diakonissenkrankenhaus K. , Prof. Dr. St. vom September 2007). Ferner liegen beim Kläger Ohrgeräusche (Tinnitus) vor, die er erstmalig bei einer Vorsorgeuntersuchung im Jahr 2003 angab (Untersuchungsbogen von Dr. F. vom Februar 2009, Bl. 84 LSG-Akte). Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung vom Februar 2006 riet der Arzt für Arbeitsmedizin Dr. F. dem Kläger angesichts eines von ihm wiederum "seit drei Wochen" angegebenen Tinnitus, einen HNO-Arzt aufzusuchen (Untersuchungsbogen Bl. 10 Verwaltungsakte). Der Kläger begab sich daraufhin am 17.02.2006 zum HNO-Arzt Dr. Sch. , dem er von Schmerzen am rechten Ohr und Ohrgeräuschen seit ca. einem Monat berichtete und der unter der Diagnose Lärmschwerhörigkeit bei der Beklagten eine Berufskrankheit (BK) anzeigte.
Die Beklagte holte beim HNO-Arzt Dr. K. ein Gutachten ein. Ihm teilte der Kläger mit, die Ohrgeräusche bestünden nicht dauerhaft und äußerten sich als Pfeifen und Rauschen. Zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung bestanden sie nicht. Da Dr. K. von einer möglichen schlechteren Sprachverständnisleistung des Klägers ausging, ermittelte er den Hörverlust anhand des Tonschwellenaudiogramms und der Drei-Frequenz-Tabelle nach Röser rechts mit 45 % und links mit 55 %. Daraus ermittelte er nach der Tabelle von Feldmann eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. Pathologische Befunde, die die Schwerhörigkeit im Tieftonbereich erklärten, sah er nicht. Zunächst vertrat er die Auffassung, eine Abgrenzung sei nicht möglich und der lärmtypische Befund im Hochtonbereich sei wesentliche Teilursache der insgesamt bestehenden Hörstörung. Auf kritische Einwendungen der beratenden HNO-Ärztin der Beklagten Dr. B. änderte Dr. K. seine Einschätzung. Nachdem bei Lärmeinwirkung das Innenohr zunächst in den hohen Frequenzen geschädigt werde und sich erst im Verlauf bei hoher Lärmbelastung eventuell zusätzlich zur reinen Hochtonschwerhörigkeit ein Abfall der mittleren und tieferen Frequenzen ausbilde, könne es sich bei der Schwerhörigkeit des Klägers nicht ausschließlich um eine Lärmschwerhörigkeit handeln. Bei Bestimmung des Hörverlustes nach der Knochenleitung sei nach Anwendung der Tabelle von Röser ein prozentualer Hörverlust beidseits von jeweils 30 % gegeben, aus dem sich nach der Tabelle von Feldmann eine MdE um 15 v.H. herleite.
Mit Bescheid vom 15.03.2007 anerkannte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen der BK Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV, nachfolgend nur noch BK Nr. 2301). Die Gewährung einer Verletztenrente lehnte sie ab, da die aus der BK resultierende MdE nicht mindestens 20 v.H., sondern nur 15 v.H. betrage. Den gegen die Rentenablehnung gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2007 mit dem Hinweis, die MdE sei nach dem Königsteiner Merkblatt für die Begutachtung der beruflichen Lärmschwerhörigkeit eingeschätzt worden und bis in das Jahr 2006 hätten keine lärmtypischen Befunde vorgelegen, zurück.
Deswegen hat der Kläger am 24.05.2007 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben.
Das SG hat das Gutachten von Prof. Dr. St. , das dieser unter Mitarbeit des stellvertretenden Oberarztes Dr. F. erstellt hat, eingeholt. Prof. Dr. St. hat unter Hinweis auf mögliche mangelnde Deutschkenntnisse des Klägers nicht aus dem Sprachaudiogramm, sondern aus den Werten des Tonaudiogramms einen prozentualen Hörverlust rechts von 40 % und links von 45 % nach der Tabelle von Röser ermittelt. Unter Anwendung der Tabelle von Brusis hat er die MdE bezüglich der gesamten Hörminderung auf aktuell 20 v.H. geschätzt. Angesichts der schon in den ersten Tonaudiogrammen dokumentierten Schwerhörigkeit hat er diese als Vorschaden angegeben und deshalb eine Abgrenzung der lärmbedingten und der nicht lärmbedingten Schwerhörigkeitsanteile für möglich erachtet. Dem entsprechend hat er einen Hörverlust von beidseits jeweils 20 % bzw. nach der Tabelle von Feldmann eine lärmbedingte MdE um 10 v.H. angenommen und für das HNO-ärztliche Fachgebiet unter Berücksichtigung des Vorschadens eine MdE von 15 v.H. bestätigt. Den Tinnitus hat er auf der Grundlage der Angaben des Klägers als kompensiert angesehen. Er habe zum Untersuchungszeitpunkt nicht vorgelegen. Damit bedinge er keine weitere MdE.
Mit Urteil vom 20.02.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Bewertung von Hörverlusten richte sich im Wesentlichen nach dem sog. Königsteiner Merkblatt. Da das Sprachaudiogramm vorliegend nicht verwertbar gewesen sei, habe der prozentuale Hörverlust auch aus dem Tonaudiogramm nach der Drei-Frequenz-Tabelle ermittelt werden können. Hieraus ergebe sich zumeist sogar ein etwas höherer prozentualer Hörverlust als aus dem Sprachaudiogramm. Danach bedingten die Folgen der beim Kläger anerkannten BK Nr. 2301 nur eine MdE um 15 v.H. Das SG hat sich auf die Gutachten von Prof. Dr. St. und Dr. K. sowie auf die Ausführungen von Dr. B. gestützt. Danach sei nicht das gesamte Ausmaß der Hörstörung des Klägers Folge berufsbedingter Lärmeinwirkungen. Hiergegen spreche, dass sich neben der Hochtonsenke auch eine Störung der Innenohrfunktion in den mittleren und tiefen Frequenzen nachweisen lasse, die für eine Lärmschwerhörigkeit untypisch sei. Zwar seien Hörverluste im tiefen und mittleren Frequenzbereich lärmbedingt nach jahre- bzw. jahrzehntelanger erheblicher Lärmbelastung denkbar. Dagegen spreche beim Kläger jedoch, dass bereits die ersten Tonaudiogramme der Jahre 1979 bis 1981 eine annähernd pantonale Schwerhörigkeit aufgewiesen hätten und der Kläger zu diesem Zeitpunkt unter Berücksichtigung seiner Wehrdienstzeit erst wenige Jahre beruflichen Lärmeinwirkungen ausgesetzt gewesen sei. Die Lärmexposition habe zudem zu einer Verschlechterung in den hohen Frequenzen, nicht aber in den tiefen und mittleren Frequenzen geführt. Überzeugend habe Prof. Dr. St. den Hörverlust in den tiefen und mittleren Frequenzen bereits zu Beginn der Lärmbelastung als Vorschaden bewertet. Das Ohrgeräusch sei nicht MdE-relevant. Nachdem der Kläger sowohl gegenüber dem gerichtlichen Sachverständen als auch gegenüber Dr. K. die Geräusche als nicht dauerhaft bestehend angegeben und keine weitere Begleiterscheinungen geltend gemacht habe, seien hiervon abweichende spätere Behauptungen als ziel- und zweckgerichtet und deswegen nicht glaubhaft zu erachten.
Gegen das ihm am 03.03.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.03.2008 Berufung eingelegt. Er trägt vor, ausreichende Deutschkenntnisse in Sprache und Schrift zu besitzen. Im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. St. sei er nicht zu seinem Tinnitus, der ihn sehr belaste, befragt worden. Aus früheren Lärmschutzmessungen der Beklagten gingen Lärmexpositionen von weit über 100 dB hervor. Das SG hätte sich veranlasst sehen müssen, hinsichtlich der Lärmbelastungen weiter zu ermitteln und ein weiteres medizinisches Gutachten einzuholen.
Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.02.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2007 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen der anerkannten berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, Prof. Dr. St. habe in seinem Gutachten die Deutschkenntnisse des Klägers durchaus bestätigt. Durch die Nichtverwertung des Sprachaudiogramms sei dieser im Übrigen nicht beschwert. Die Angaben des Klägers zu seinem Tinnitus bei der Begutachtung seien eindeutig gewesen. Es sei nicht vorstellbar, dass der Gutachter Nachfragen diesbezüglich unterlassen habe. Zudem habe der Kläger bereits gegenüber Dr. K. angegeben, dass keine dauerhaften Ohrgeräusche bestünden.
Der Senat hat den Facharzt für Psychiatrie Dr. G. (zwei Mal), den Facharzt für Allgemeinmedizin E. und Dr. Sch. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt und Prof. Dr. St. , für den wegen seines altersbedingten Ausscheidens Dr. F. geantwortet hat, um ergänzende Stellungnahme gebeten. Dr. G. hat ausgeführt, der Kläger habe seit April 2006 von quälenden Ohrgeräuschen berichtet, die insbesondere zu Einschlafproblemen führen würden. Er habe den Kläger wegen einer depressiven Störung behandelt. Die Behandlung des Tinnitus sei kein Schwerpunkt gewesen. Diesbezüglich habe er ihn an den HNO-Arzt verwiesen. Der Allgemeinmediziner E. hat ausgeführt, der Kläger habe erstmals im November 2005 von Ohrgeräuschen berichtet. Er habe ihn deswegen zum HNO-Arzt überwiesen. Dr. Sch. hat mitgeteilt, bei der Erstbehandlung im Februar 2006 habe der Kläger einen seit längerer Zeit bestehenden Tinnitus angegeben. Dieser müsse auf die Schallempfindungsschwerhörigkeit zurückgeführt werden. Eine vierwöchige medikamentöse Therapie habe keine Veränderung erbracht. Danach sei im Hinblick auf die Ohrgeräusche keine weitere Abklärung erfolgt.
Dr. F. hat unter Vorlage zum Teil handschriftlicher Dokumentationen mitgeteilt, der Kläger sei eindeutig zum Tinnitus befragt worden. Er habe angegeben, das Ohrgeräusch störe kaum, er habe nur gelegentlich Einschlafstörungen. An Konzentrationsstörungen habe er sich gewöhnt.
Auf Antrag des Kläger gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat den HNO-Facharzt A. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Ihm hat der Kläger mitgeteilt, der Tinnitus sei seit 2005 ständig Tag und Nachts vorhanden und habe sich in den letzten Jahren verschlechtert. Er sei mit erheblichen psychovegetativen und depressiven Störungen begleitet. Dr. A. hat eine Schwerhörigkeit und einen Tinnitus beidseits, die auf die beruflichen Lärmbelastungen zurückzuführen seien und eine MdE um 30 v.H. bzw. 20 v.H. insgesamt um 50 v.H. bedingten, diagnostiziert.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 15.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.05.2007 soweit darin die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt wurde. Die im gleichen Bescheid erfolgte Anerkennung der BK Nr. 2301 wurde vom Kläger nicht angegriffen und ist damit bestandskräftig geworden. Statthafte Klageart ist damit allein die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG. Der Senat entscheidet somit nur darüber, ob unter Abänderung der angefochtenen Bescheide und Aufhebung des Urteils eine Verletztenrente zu gewähren ist, d.h. hier, ob infolge der anerkannten BK von einer MdE im rentenberechtigenden Umfang auszugehen ist.
Das SG hat unter Darstellung der maßgeblichen Rechtsgrundlage (§ 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII) zutreffend entschieden, dass dem Kläger kein Anspruch auf eine Verletztenrente zusteht, da der lärmbedingte Anteil seiner Schwerhörigkeit nach den insoweit übereinstimmenden Einschätzungen des Sachverständigen Prof. Dr. St. und des Gutachters Dr. K. nicht von einem solchen Ausmaß ist, dass von einer MdE um 20 v.H. ausgegangen werden kann. Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass der beim Kläger neben der Schwerhörigkeit vorliegende Tinnitus, wie sich wiederum aus den insoweit übereinstimmenden Ausführungen von Prof. Dr. St. und Dr. K. ergibt, keine MdE nach sich zieht. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Zum Berufungsvorbringen des Klägers und zu den dadurch veranlassten weiteren Ermittlungen des Senats ergeben sich die nachfolgenden Ergänzungen:
Soweit der Kläger das Gutachten von Prof. Dr. St. unter Hinweis auf seine "hervorragenden Deutschkenntnisse" angreift, übersieht er, dass - worauf die Beklagte zu Recht aufmerksam gemacht hat - Prof. Dr. St. durchaus bestätigt hat, dass eine Alltagskommunikation mit dem Kläger (in deutscher Sprache) möglich gewesen ist. Prof. Dr. St. hat in "vermutlich" mangelnden Deutschkenntnissen lediglich eine Erklärung für den Umstand gesehen, dass sich bei der durch ihn durchgeführten Erhebung des Sprachaudiogramms an beiden Ohren kein reproduzierbares Ergebnis hat erzielen lassen. Ähnlich ging schon Dr. K. bei der Erstellung des Sprachaudiogramms davon aus, dass der Kläger eventuell aufgrund seiner Abstammung nur eine schlechtere Sprachverständnisleistung erbringen konnte. Der Senat kann letztlich dahingestellt lassen, von welcher Qualität die Deutschkenntnisse des Klägers sind und ob die von Prof. Dr. St. und Dr. K. für die Bewertung der erstellten Sprachaudiogramme herangezogenen Erklärungsmodelle zutreffend sind.
Mit dem Bestreiten der von den Ärzten angenommenen Verständnisprobleme wird vom Kläger im Grunde bemängelt, dass sowohl Dr. K. als auch Prof. Dr. St. die Bewertung der Hörverluste an beiden Ohren anhand der Tonaudiogramme und nicht anhand der Sprachaudiogramme vorgenommen haben. Nach dem Königsteiner Merkblatt (4.2) ist bei der Einordnung des Hörverlusts in der Tat regelmäßig auf das Sprachaudiogramm abzustellen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die sprachaudiometrische Untersuchung keine verlässlichen Werte ergeben hat, wobei als möglicher Grund geringe Deutschkenntnisse angegeben werden. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass sich beim Tonaudiogramm zumeist ein etwas höherer prozentualer Hörverlust als aus dem Sprachaudiogramm ergibt (4.2.2). Prof. Dr. St. hat bei der Sprachgehörprüfung kein reproduzierbares Ergebnis erzielen können. Damit hat er - mangels verlässlicher Werte - auf das Tonaudiogramm abstellen müssen. Die Gründe für die fehlende Reproduzierbarkeit der Werte des Sprachaudiogramms können dabei dahingestellt bleiben. Dr. K. ermittelte zwar Werte nach dem Sprachaudiogramm. Allerdings bestätigen diese Werte gerade - wie vom SG unter Hinweis auf das Königsteiner Merkblatt angesprochen und eben nochmals erwähnt - dass der Kläger durch das Abstellen auf das Tonaudiogramm nicht benachteiligt wird. Nach dem Sprachaudiogramm zeigte sich Dr. K. ein prozentualer Hörverlust rechts von 30 % und links von 60 %. Nach der Tabelle von Feldmann (Königsteiner Merkblatt 4.3.2) ergibt sich daraus eine MdE um 20 v.H. (Gesamtwert ohne Differenzierung zwischen lärmbedingten und nicht lärmbedingten Anteilen). Die von Dr. K. ermittelten Hörverluste nach dem Tonaudiogramm von rechts 45 % und links 55 % ergeben nach derselben Tabelle hingegen eine MdE um 30 v.H. (wiederum ohne Differenzierung, siehe eben). Daraus ergibt sich für den Senat, dass der Kläger durch das Abstellen auf das Tonaudiogramm, wie im Königsteiner Merkblatt für den Regelfall angenommen, nicht beschwert ist. Hinzuweisen ist noch, dass selbst der vom Kläger benannte Sachverständige Dr. A. seinem Gutachten zwar Tonschwellenaudiogramme und Sprachaudiogramme beigefügt, sich hinsichtlich der Diagnostizierung einer Hochtonschwerhörigkeit jedoch - ohne dies näher zu erläutern - ebenfalls nur auf die Tonschwellenaudiogramme gestützt hat.
Soweit der Kläger zuletzt im Klageverfahren und auch zur Begründung der Berufung ausgeführt hat, durch den Tinnitus stark beeinträchtigt und hierzu von Prof. Dr. St. nicht ausreichend befragt worden zu sein, handelt es sich - wie vom SG zutreffend angenommen - um ziel- und zweckgerichtete, jedoch nicht zutreffende Behauptungen. Aus der vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme von Dr. F. ergibt sich eindeutig, dass der Kläger im Rahmen der vom SG veranlassten Begutachtung umfassend zu den Ohrgeräuschen befragt worden ist und hierzu auch Angaben gemacht. Aus der während der Begutachtung erstellten Dokumentation geht hervor, dass der Kläger angegeben hat, dass zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung - wie im Übrigen schon bei Dr. K. - kein Tinnitus vorgelegen hat und das Ohrgeräusch - soweit auftretend - kaum stört bzw. nur mit gelegentlichen Einschlafstörungen, ohne Einfluss auf das Durchschlafen, verbunden ist.
Vor diesem Hintergrund geht der Senat allenfalls davon aus, dass beim Kläger immer wieder ein Tinnitus auftritt, der zu Einschlafstörungen führt. Der Senat sieht dies durch die im Berufungsverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen bestätigt. Zwar hat Dr. G. angegeben, dass der Kläger von quälenden Ohrgeräuschen berichtet habe. Die Behandlung des Tinnitus war jedoch kein Schwerpunkt seiner Behandlung. Er, wie auch der Allgemeinmediziner Erdogan, überwies den Kläger deswegen vielmehr an den HNO-Arzt. Seitens des HNO-Arztes Dr. Sch. fand jedoch nur eine einmalige vierwöchige Behandlung statt. Zwar hat Dr. Sch. ausgeführt, dass diese Behandlung zu keiner Veränderung führte. Allerdings erfolgte auch keine weitere Abklärung der Tinnituserkrankung, so dass sich auch insoweit für den Senat ergibt, dass diese Erkrankung nicht von maßgeblicher Bedeutung ist. Überzeugend sind Prof. Dr. St. und Dr. K. damit von einem kompensierten Tinnitus ausgegangen, der keine MdE bedingt. Nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 351) bedingen intermittierende (zeitweilige) Ohrgeräusche - und maximal solche liegen beim Kläger vor - keine MdE, da sie nur gering beeinträchtigen.
Entgegen dem Berufungsvorbringen hätte sich das SG nicht dazu gedrängt sehen müssen, weitere Nachforschungen hinsichtlich der konkreten Lärmbelastungen in der Vergangenheit anzustrengen. Das SG hat sich vielmehr mit der Möglichkeit, dass eine Schwerhörigkeit im Tief- und Mitteltonbereich in Abweichung vom typischen Beschwerdebild nach jahre- bzw. jahrzehntelanger und erheblicher Lärmbelastung als lärmbedingt denkbar ist, befasst. Es hat dann aber zutreffend darauf hingewiesen, dass vorliegend die Schwerhörigkeit des Klägers im Tief- und Mitteltonbereich bereits seit dem Jahr 1979 und damit schon relativ kurz nach Beginn der Beschäftigung nachgewiesen ist. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Tätigkeit zwar im Jahr 1974 aufnahm, in den Jahren 1975 bis Mitte 1977 jedoch seinen Militärdienst leistete, mithin im Jahr 1979 erst ca. drei Jahre den beruflichen Lärmeinwirkungen ausgesetzt war. Damit liegen schon die zeitlichen Voraussetzungen einer ausnahmsweise als lärmbedingt anzusehenden Schwerhörigkeit im Tief- und Mitteltonbereich nicht vor, so dass eine weitere Aufklärung nicht veranlasst ist.
Das auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten von Dr. A. überzeugt den Senat nicht. Hinsichtlich der Bewertung des Tinnitus mit einer MdE um 20 v.H. ist Dr. A. von den unzutreffenden Angaben des Klägers ausgegangen, der Tinnitus sei seit 2005 ständig, Tag und Nacht vorhanden und mit erheblichen psychovegetativen Störungen verbunden. Bei der Bewertung der Schwerhörigkeit hat Dr. A. den Umstand außer Acht gelassen, dass hier - wie vom SG ausführlich dargelegt - zwischen einem lärmbedingten und einem nicht lärmbedingten Schädigungsanteil zu differenzieren ist. Dr. A. hat sich ausdrücklich den Ausführungen von Dr. K. angeschlossen. Dabei hat er nicht bedacht, dass Dr. K. zwar ursprünglich - so wie Dr. A. - eine MdE um 30 v.H. annahm, nachfolgend sich jedoch - zu Recht - davon überzeugen ließ, dass eine Differenzierung zwischen einem lärmbedingten und einem nicht lärmbedingten Schädigungsanteil vorzunehmen und der lärmbedingte Anteil mit nur 15 v.H. zu bewerten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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