Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2054/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1924/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.02.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Altersrente.
Die Klägerin wurde im März 1939 in der U. geboren. Ihr Vater stellte im September 1944 einen Antrag auf Einbürgerung in das Deutsche Reich, der mit Bescheid vom September 1944 zurück-gestellt wurde. Auf Grund der Kriegswirren kam es zu keiner Einbürgerung mehr. Im Januar 1945 wurde die Klägerin zusammen mit ihrer Familie in den W. umgesiedelt. Wegen der heran-nahenden russischen Truppen flüchtete die Familie in Richtung Westen und kam bis nach B ... Von dort wurde sie durch die Rote Armee im Juni 1946 nach S. verschleppt und unter Komman-danturaufsicht gestellt. Die Klägerin lebte nach Aufhebung der Aufsicht im Jahr 1959 zunächst in Moldawien und ab 1969 in der U ... Mit Unterbrechungen war die Klägerin von März 1960 bis Dezember 1995 beschäftigt. Kinder der Klägerin wurden in den Jahren 1965 und 1972 geboren. Im Oktober 2001 reiste die Klägerin, aus der U. kommend mit einem befristeten Touristenvisum in das Bundesgebiet ein. Sie wurde nach Ablehnung eines Asylantrags am 17.02.2005 abgescho-ben. Die Klägerin lebt seither in der Republik M ... Die Klägerin ist weder deutsche Staatsangehö-rige noch Deutsche ohne deutsche Staatsangehörige im Sinne von Artikel 116 Abs. 1 Grundge-setz (GG). Eine Konversation zwischen der Klägerin und den Mitarbeitern der Ausländerbehörde der Stadt H. in deutscher Sprache war nicht möglich. Die Klägerin verständigte sich mit den Mitarbeitern über Dritte in russischer Sprache. Im August 2004 bescheinigte das Amt für Familie, Jugend und Senioren - Ausgleichsamt für die Stadt H. und den Landkreis H. -, dass die Klägerin Vertriebene (Umsiedlerin) im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG) ist (Blatt 79 Verwaltungsakte; im Übrigen zu den bislang dargestellten Umständen: Petition 13/5067 in der Drucksache 14/78 Blatt 61ff SG-Akte, Schreiben der Stadt H. vom 09.08.2006 Blatt 50 SG-Akte).
Am 21.01.2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente. Die-sen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 31.05.2005 ab, da die Klägerin die Wartezeit nicht erfülle. Die von ihr in der Sow-jetunion und deren Nachfolgestaaten zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten könn-ten nicht berücksichtigt werden. Zwar stelle die Umsiedlung während des Zweiten Weltkriegs einen Vertreibungstatbestand, der auch anerkannt worden sei, dar. Gleichwohl könnten die nach der Umsiedlung zurückgelegten Zeiten nicht berücksichtigt werden, da zu den allgemeinen Grundsätzen des Fremdrentengesetzes (FRG) gehöre, dass seine Anwendung auf Sachverhalte bzw. Zeiten bis zum Vertreibungszeitpunkt beschränkt sei. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Nachkriegszeiten gehöre sie keinem Personenkreis an, für den das FRG die Gleichstellung von Fremdzeiten mit Bundesgebietszeiten regele.
Deswegen hat die Klägerin am 05.07.2005 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27.02.2008 abgewiesen.
Gegen das ihr am 17.03.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin noch am gleichen Tag Berufung eingelegt. Sie trägt vor, sie sei durch die Nationalsozialisten zunächst ihrer Heimat durch die Umsiedlung beraubt worden. Danach sei sie in Kriegsgefangenschaft geraten, verschleppt wor-den und habe nicht mehr nach Deutschland zurückkehren können. Ihr Vertreibungszustand habe bis zum Zeitpunkt ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland angedauert. Die ausgestellte Bescheinigung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG sei umfassend. Zudem stehe es der Beklagten frei, einen erweiterten Antrag auf Anerkennung nach § 1 Abs. 1 BVFG zu stellen. Sie - die Klägerin - gehöre zum Personenkreis nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 BVFG, ferner seien die Regelun-gen des Heimkehrergesetzes und des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes zu beachten. Die Entscheidung des Bundessozialgericht (BSG) vom 17.10.2006, nach dem maßgeblichen Vertrei-bungsvorgang zurückgelegte Zeiten könnten nicht berücksichtigt werden (B 5 RJ 21/05 R in SozR 4-5050 § 15 Nr. 3), sei nicht richtig.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.02.2008 aufzuheben und die Beklag-te unter Aufhebung des Bescheides vom 29.11.2004 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 31.05.2005 zu verurteilen, ihr Altersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Altersrente, da sie über keine rentenrechtlichen Zeiten verfügt.
Der Senat lässt dahingestellt, inwieweit die nach Bekanntgabe des angefochtenen Ausgangsbe-scheids erfolgte Abschiebung der Klägerin für sich genommen schon einer Rentengewährung entgegen steht. Denn selbst bei einem unterstellten Aufenthalt der Klägerin in der Bundesrepub-lik Deutschland steht ihr kein Leistungsanspruch zu.
Nach dem hier vorrangig in Betracht kommenden § 237a Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben versicherte Frauen Anspruch auf Altersrente, wenn sie vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, das 60. Lebensjahr vollendet haben, nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben. Auf die Wartezeit von 15 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten (§ 51 Abs. 1 SGB VI) sowie Ersatzzeiten (§§ 51 Abs. 4, 244 Abs. 2 SGB VI) an-gerechnet. Die Erfüllung einer Mindestversicherungszeit (Wartezeit) ist gemäß § 34 Abs. 1 SGB VI im Übrigen für sämtliche Rentenarten Anspruchsvoraussetzung.
Die Klägerin hat in Deutschland keine rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt. Anderes behauptet auch die Klägerin nicht.
Versicherungszeiten der Klägerin in der ehemaligen Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten sind nicht als Beitragszeiten zu berücksichtigen. Entsprechende zwischen- oder überstaatliche Regelungen existieren nicht (vgl. Urteil des BSG vom 26.01.2000, B 13 RJ 39/98 R veröffent-licht in Juris).
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die in der UdSSR zurückgelegten Zeiten nicht als Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversi-cherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Gleiches gilt unter bestimmten Umständen für Beschäftigungszeiten im Herkunftsgebiet (§ 16 FRG).
Voraussetzung für die Feststellung von Versicherungszeiten nach dem FRG ist, dass der Be-troffene zu dem vom FRG begünstigten Personenkreis gehört. Das FRG findet gemäß § 1 FRG unbeschadet der - hier nicht einschlägigen - § 5 Abs. 4 und § 17 Anwendung auf Vertriebene im Sinne des § 1 BVFG oder Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG, die als solche in der Bundes-republik Deutschland anerkannt sind (Buchst. a), auf Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG oder frühere deutsche Staatsangehörige i.S. des Art. 116 Abs. 2 Satz 1 GG, die infolge der Kriegsauswirkungen den für sie zuständigen ausländischen Versicherungsträger nicht in An-spruch nehmen können (Buchst. b) oder die nach dem 08.05.1945 in ein ausländisches Staatsge-biet zur Arbeitsleistung verbracht wurden (Buchst. c), heimatlose Ausländer i.S. des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25.04.1951 (BGBl. I, 269), auch wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben oder erwerben (Buchst. d) und schließlich - bezüglich der Gewährung von Leistungen an Hinterbliebene - auf Hinterbliebene der genannten Personen (Buchst. e).
Die Klägerin gehört im Hinblick auf ihre Umsiedlung im Jahr 1945 der Personengruppe der Ver-triebenen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG - Umsiedlerin), im Übrigen aber keiner dieser Personengrup-pen an (zur Möglichkeit des Erwerbs eines mehrfachen Vertriebenenstatus: BSG, Urteil vom 17.10.2006 a.a.O.). Der Senat sieht sich nicht veranlasst an der Richtigkeit der hierzu von der zuständigen Behörde ausgestellten Bescheinigung zu zweifeln (zum Prüfungsumfang bei Fest-stellungen nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG: Urteil des Senats vom 17.09.2009, L 10 R 3223/07 veröffentlicht in Juris; BSG Urteil vom 21.03.2006, B 5 RJ 54/04 R in SozR 4-7140 § 100 Nr. 1).
Die Stellung der Klägerin als Umsiedlerin führt jedoch nicht zur Berücksichtigung der von ihr in der Sowjetunion zurückgelegten Zeiten. Das BSG hat im Urteil vom 17.10.2006 (B 5 RJ 21/05 R, a.a.O.) die Auffassung der Beklagten, dass mit der Feststellung der Vertriebeneneigenschaft allein der Anspruch auf Feststellung von Versicherungszeiten nicht begründet ist, bestätigt. Nach dieser Rechtsprechung, die der Senat im Unterschied zur Klägerin für richtig hält und der er da-her folgt, sind nicht jegliche Versicherungszeiten im Herkunftsgebiet allein mit Rücksicht auf die Vertriebeneneigenschaft, sondern nur diejenigen zu Grunde zu legen, die vor der Vertreibung zurückgelegt wurden. Abzustellen ist auf den konkreten Vertreibungsvorgang, hier also auf die im Jahr 1945 stattgefundene Umsiedlung. Die danach erfolgte Rückführung bzw. Deportation der Familie der Klägerin in das Gebiet der damaligen UdSSR ist demgegenüber ebenso wenig wie die Einreise und Wohnsitzverlegung der Klägerin selbst nach Deutschland der für die Erlan-gung des Vertriebenenstatus maßgebliche Umsiedlungstatbestand. Damit hat die Anerkennung als Vertriebene für die Klägerin, die lediglich Zeiten geltend machen kann, die nach der Umsied-lung liegen, rentenrechtlich keine Auswirkungen. Die Erwägungen des BSG im Urteil vom 17.10.2006 (a.a.O.) sind, auch wenn sie einen Kläger betrafen, der nur Abkömmling von aner-kannten Umsiedlern war, auf den vorliegenden Sachverhalt entgegen der Auffassung der Kläge-rin, die selbst als Umsiedlerin anerkannt ist, übertragbar. Davon ging offensichtlich auch das BSG aus, denn im Urteil erfolgte der Hinweis, dass eine Anerkennung von Zeiten auf Grund der Umsiedlung nicht nur für den dortigen Kläger, sondern "bereits" für seine zum damaligen Zeit-punkt noch im Kindesalter befindlichen Eltern - insoweit vergleichbar mit der Klägerin hier - so gut wie ausgeschlossen gewesen sein dürfte.
Ein (weiterer) neuerer Status der Klägerin als Vertriebene ist nicht gegeben.
Die Voraussetzungen des § 1 Buchst. a FRG (Vertriebene im Sinne des § 1 BVFG oder Spätaus-siedler im Sinne des § 4 BVFG) liegen nicht vor.
Die Klägerin ist nicht Spätaussiedlerin i.S. des § 4 BVFG. Sie nahm im Jahr 2001 ihren Wohnsitz in Deutschland nicht im Wege eines Aufnahmeverfahrens. Im Übrigen fehlt es bereits an einer entsprechenden - verbindlichen - Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BVFG in der seit dem 01.01.1993 geltenden Fassung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetz (KfbG) vom 21.12.1992 (BGBl. I, S. 2094). Der Nachweis der Spätaussiedlereigenschaft könnte allein durch eine solche, auch den Senat bindende Bescheinigung erbracht werden (BSG, Urteil vom 17.10.2006, 5 RJ 21/05 R in SozR 4-5050 § 15 Nr. 3; Urteil vom 26.01.2000, B 13 RJ 39/98 R a.a.O.).
Die Klägerin ist auch keine Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BVFG. Vom Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 BVFG werden Personen erfasst, die im Zusammenhang mit den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges als deutsche Staatsangehörige oder Volkszugehörige ihren Wohnsitz in Gebieten des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 oder in den unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten infolge Vertreibung verloren haben. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall, denn der beabsichtigte Wohnsitzwechsel in die Bundesrepub-lik Deutschland fand nicht im notwendigen zeitlichen Zusammenhang mit den damaligen allge-meinen Vertreibungsmaßnahmen statt. Das nach dem KfbG seit 01.01.1993 geltende Recht un-terscheidet bei Personen, die als deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige die ehemalige Sowjetunion nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen verlassen ha-ben, nach dem Zeitpunkt der Ausreise zwischen Vertriebenen und Spätaussiedlern. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG ist Vertriebener, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volks-zugehöriger nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 01.07.1990 oder danach im Wege des Aufnahmeverfahrens vor dem 01.01.1993 die ehemalige Sowjetunion ver-lassen hat, es sei denn, dass er ohne aus diesem Gebiet vertrieben und bis zum 31.03.1952 dort-hin zurückgekehrt zu sein, nach dem 08.05.1945 seinen Wohnsitz in diesem Gebiet begründet hat (Aussiedler). Für deutsche Volkszugehörige, die die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31.12.1992 verlassen haben, ist dagegen nach § 4 BVFG der Status als Spätaussiedler vorgesehen, der jedoch bei der Klägerin - wie bereits ausgeführt - nicht gegeben ist. Dabei ist unerheblich aus welchen Gründen, die Klägerin erst nach dem 31.12.1992 in die Bundesrepublik Deutschland einreiste.
Für den von der Klägerin ohne nähere Begründung geltend gemachten Vertriebenenstatus nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BVFG sieht der Senat keinerlei Anhaltspunkte. Die Klägerin hat in keiner Weise dargelegt, dass sie aus Gründen der politischen Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus (sie vollendete im Jahr 1945 gerade einmal das fünfte Lebensjahr) oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen ausgesetzt war oder von solchen bedroht wurde. Auch hier könnte im Übrigen ein Vertriebenenstatus schon zeitlich gesehen nicht zur Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten ab dem Jahr 1960 führen.
Der Vertriebenenstatus nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG wurde - wie bereits dargestellt - hinsichtlich der Umsiedlung in den W. bestätigt. Dieser Umsiedlungstatbestand war jedoch mit der Aufgabe des Wohnsitzes im ursprünglichen Herkunftsgebiet verwirklicht (zu den rentenrechtlichen Folgen s.o.). Die spätere Rückführung bzw. Deportation in die ehemalige Sowjetunion ist kein Um-siedlungstatbestand, ebenso wenig die noch spätere (vorübergehende) Wohnsitzverlegung der Klägerin nach Deutschland (BSG, Urteil vom 17.10.2006, a.a.O).
Soweit die Klägerin eine Geltung des Heimkehrergesetzes und des Kriegsgefangenenentschädi-gungsgesetzes für sich in Anspruch nimmt, kann dies der Senat nicht nachvollziehen. Beide Ge-setze waren zum Zeitpunkt der Einreise der Klägerin in das Bundesgebiet schon Jahre außer Kraft. Wie bereits ausgeführt, kommt im Falle der Klägerin angesichts einer Einreise im Jahr 2001 nur noch ein Status als Spätaussiedlerin in Betracht.
Damit gehört die Klägerin nicht zum Personenkreis des § 1 Buchst. a FRG. Ein Anspruch über § 1 Buchst. b FRG scheitert schon daran, dass die Klägerin nicht infolge von Kriegseinwirkun-gen ihre Ansprüche gegen den ausländischen Rentenversicherungsträger zu verlieren drohte, sondern wegen ihrer vorübergehenden Ausreise nach Deutschland (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.1999, B 5 RJ 44/98 in SozR 3-5050 § 1 Nr. 4). Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 1 Buchst. c FRG berufen. Diese Vorschrift betrifft nur Personen, die nach dem Kriegsende in das Ausland verschleppt worden sind, um bei Wiederaufbauarbeiten oder (als Spezialisten) in wis-senschaftlichen Instituten bei Forschungsarbeiten eingesetzt zu werden. Dafür sind Anhaltspunk-te weder vorgetragen noch ersichtlich. Es reicht nicht aus, dass der Betroffene etwa im Rahmen einer Repatriierung in ein ausländisches Staatsgebiet verbracht worden ist und später, wie andere Bewohner dieses Staatsgebietes, dort Arbeit geleistet hat bzw. zur Arbeit verpflichtet gewesen ist (BSG, Urteil vom 30.04.1981, 11 RA 42/80 veröffentlicht in Juris). Für andere Tatbestände der Einbeziehung in das FRG sind Anhaltspunkte nicht dargelegt worden. Es sind auch sonst keine solchen Anhaltspunkte ersichtlich.
Die von der Klägerin unter Hinweis auf "die jahrelange bisherige Auslegung des § 1 BVFG" behauptete Verletzung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG) sieht der Senat nicht. Das BSG hat im Urteil vom 26.01.2000 (B 13 RJ 39/98 R, B 13 RJ 39/98 R veröf-fentlicht in Juris mit dem Hinweis, dass die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil nicht zur Entscheidung angenommen wurde - Beschluss des BVerfG vom 25.08.2000, 1 BvR 934/00) ent-schieden, dass die durch das Inkrafttreten des KfbG mit Wirkung vom 01.01.1993 eingeführte Rechtsänderung in Bezug auf die Statusänderung nach dem BVFG und damit verbunden auch die Einschränkung von Leistungen nach dem FRG nicht gegen Art. 3 GG verstößt. Die Ein-schränkungen erschienen dem BSG angesichts der veränderten Verhältnisse in der Bundesrepub-lik Deutschland und den ursprünglichen Vertreibungsgebieten als hinreichend gerechtfertigt. Die Nachkriegszeit konnte - so das BSG - mit der Verwirklichung der Deutschen Einheit, der völker-rechtlichen Festlegung der deutsch-polnischen Grenze und den Verträgen mit den vier Mächten und Polen als beendet angesehen werden. Das KfbG stelle sich auch als Reaktion auf die sozia-len und finanziellen Probleme, die nach Änderung der politischen Verhältnisse bei der Eingliede-rung einer Vielzahl aussiedlungswilliger Personen entstanden, dar. Im Hinblick auf die Interessen noch mehrerer Millionen Deutschstämmiger in den Vertreibungsgebieten verfolge es primär das Ziel, die dortigen Lebensverhältnisse zu verbessern und dadurch den Drang zu Aussiedlung zu beenden. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Altersrente.
Die Klägerin wurde im März 1939 in der U. geboren. Ihr Vater stellte im September 1944 einen Antrag auf Einbürgerung in das Deutsche Reich, der mit Bescheid vom September 1944 zurück-gestellt wurde. Auf Grund der Kriegswirren kam es zu keiner Einbürgerung mehr. Im Januar 1945 wurde die Klägerin zusammen mit ihrer Familie in den W. umgesiedelt. Wegen der heran-nahenden russischen Truppen flüchtete die Familie in Richtung Westen und kam bis nach B ... Von dort wurde sie durch die Rote Armee im Juni 1946 nach S. verschleppt und unter Komman-danturaufsicht gestellt. Die Klägerin lebte nach Aufhebung der Aufsicht im Jahr 1959 zunächst in Moldawien und ab 1969 in der U ... Mit Unterbrechungen war die Klägerin von März 1960 bis Dezember 1995 beschäftigt. Kinder der Klägerin wurden in den Jahren 1965 und 1972 geboren. Im Oktober 2001 reiste die Klägerin, aus der U. kommend mit einem befristeten Touristenvisum in das Bundesgebiet ein. Sie wurde nach Ablehnung eines Asylantrags am 17.02.2005 abgescho-ben. Die Klägerin lebt seither in der Republik M ... Die Klägerin ist weder deutsche Staatsangehö-rige noch Deutsche ohne deutsche Staatsangehörige im Sinne von Artikel 116 Abs. 1 Grundge-setz (GG). Eine Konversation zwischen der Klägerin und den Mitarbeitern der Ausländerbehörde der Stadt H. in deutscher Sprache war nicht möglich. Die Klägerin verständigte sich mit den Mitarbeitern über Dritte in russischer Sprache. Im August 2004 bescheinigte das Amt für Familie, Jugend und Senioren - Ausgleichsamt für die Stadt H. und den Landkreis H. -, dass die Klägerin Vertriebene (Umsiedlerin) im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG) ist (Blatt 79 Verwaltungsakte; im Übrigen zu den bislang dargestellten Umständen: Petition 13/5067 in der Drucksache 14/78 Blatt 61ff SG-Akte, Schreiben der Stadt H. vom 09.08.2006 Blatt 50 SG-Akte).
Am 21.01.2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente. Die-sen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 31.05.2005 ab, da die Klägerin die Wartezeit nicht erfülle. Die von ihr in der Sow-jetunion und deren Nachfolgestaaten zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten könn-ten nicht berücksichtigt werden. Zwar stelle die Umsiedlung während des Zweiten Weltkriegs einen Vertreibungstatbestand, der auch anerkannt worden sei, dar. Gleichwohl könnten die nach der Umsiedlung zurückgelegten Zeiten nicht berücksichtigt werden, da zu den allgemeinen Grundsätzen des Fremdrentengesetzes (FRG) gehöre, dass seine Anwendung auf Sachverhalte bzw. Zeiten bis zum Vertreibungszeitpunkt beschränkt sei. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Nachkriegszeiten gehöre sie keinem Personenkreis an, für den das FRG die Gleichstellung von Fremdzeiten mit Bundesgebietszeiten regele.
Deswegen hat die Klägerin am 05.07.2005 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27.02.2008 abgewiesen.
Gegen das ihr am 17.03.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin noch am gleichen Tag Berufung eingelegt. Sie trägt vor, sie sei durch die Nationalsozialisten zunächst ihrer Heimat durch die Umsiedlung beraubt worden. Danach sei sie in Kriegsgefangenschaft geraten, verschleppt wor-den und habe nicht mehr nach Deutschland zurückkehren können. Ihr Vertreibungszustand habe bis zum Zeitpunkt ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland angedauert. Die ausgestellte Bescheinigung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG sei umfassend. Zudem stehe es der Beklagten frei, einen erweiterten Antrag auf Anerkennung nach § 1 Abs. 1 BVFG zu stellen. Sie - die Klägerin - gehöre zum Personenkreis nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 BVFG, ferner seien die Regelun-gen des Heimkehrergesetzes und des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes zu beachten. Die Entscheidung des Bundessozialgericht (BSG) vom 17.10.2006, nach dem maßgeblichen Vertrei-bungsvorgang zurückgelegte Zeiten könnten nicht berücksichtigt werden (B 5 RJ 21/05 R in SozR 4-5050 § 15 Nr. 3), sei nicht richtig.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.02.2008 aufzuheben und die Beklag-te unter Aufhebung des Bescheides vom 29.11.2004 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 31.05.2005 zu verurteilen, ihr Altersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Altersrente, da sie über keine rentenrechtlichen Zeiten verfügt.
Der Senat lässt dahingestellt, inwieweit die nach Bekanntgabe des angefochtenen Ausgangsbe-scheids erfolgte Abschiebung der Klägerin für sich genommen schon einer Rentengewährung entgegen steht. Denn selbst bei einem unterstellten Aufenthalt der Klägerin in der Bundesrepub-lik Deutschland steht ihr kein Leistungsanspruch zu.
Nach dem hier vorrangig in Betracht kommenden § 237a Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben versicherte Frauen Anspruch auf Altersrente, wenn sie vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, das 60. Lebensjahr vollendet haben, nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben. Auf die Wartezeit von 15 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten (§ 51 Abs. 1 SGB VI) sowie Ersatzzeiten (§§ 51 Abs. 4, 244 Abs. 2 SGB VI) an-gerechnet. Die Erfüllung einer Mindestversicherungszeit (Wartezeit) ist gemäß § 34 Abs. 1 SGB VI im Übrigen für sämtliche Rentenarten Anspruchsvoraussetzung.
Die Klägerin hat in Deutschland keine rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt. Anderes behauptet auch die Klägerin nicht.
Versicherungszeiten der Klägerin in der ehemaligen Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten sind nicht als Beitragszeiten zu berücksichtigen. Entsprechende zwischen- oder überstaatliche Regelungen existieren nicht (vgl. Urteil des BSG vom 26.01.2000, B 13 RJ 39/98 R veröffent-licht in Juris).
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die in der UdSSR zurückgelegten Zeiten nicht als Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversi-cherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Gleiches gilt unter bestimmten Umständen für Beschäftigungszeiten im Herkunftsgebiet (§ 16 FRG).
Voraussetzung für die Feststellung von Versicherungszeiten nach dem FRG ist, dass der Be-troffene zu dem vom FRG begünstigten Personenkreis gehört. Das FRG findet gemäß § 1 FRG unbeschadet der - hier nicht einschlägigen - § 5 Abs. 4 und § 17 Anwendung auf Vertriebene im Sinne des § 1 BVFG oder Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG, die als solche in der Bundes-republik Deutschland anerkannt sind (Buchst. a), auf Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG oder frühere deutsche Staatsangehörige i.S. des Art. 116 Abs. 2 Satz 1 GG, die infolge der Kriegsauswirkungen den für sie zuständigen ausländischen Versicherungsträger nicht in An-spruch nehmen können (Buchst. b) oder die nach dem 08.05.1945 in ein ausländisches Staatsge-biet zur Arbeitsleistung verbracht wurden (Buchst. c), heimatlose Ausländer i.S. des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25.04.1951 (BGBl. I, 269), auch wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben oder erwerben (Buchst. d) und schließlich - bezüglich der Gewährung von Leistungen an Hinterbliebene - auf Hinterbliebene der genannten Personen (Buchst. e).
Die Klägerin gehört im Hinblick auf ihre Umsiedlung im Jahr 1945 der Personengruppe der Ver-triebenen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG - Umsiedlerin), im Übrigen aber keiner dieser Personengrup-pen an (zur Möglichkeit des Erwerbs eines mehrfachen Vertriebenenstatus: BSG, Urteil vom 17.10.2006 a.a.O.). Der Senat sieht sich nicht veranlasst an der Richtigkeit der hierzu von der zuständigen Behörde ausgestellten Bescheinigung zu zweifeln (zum Prüfungsumfang bei Fest-stellungen nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG: Urteil des Senats vom 17.09.2009, L 10 R 3223/07 veröffentlicht in Juris; BSG Urteil vom 21.03.2006, B 5 RJ 54/04 R in SozR 4-7140 § 100 Nr. 1).
Die Stellung der Klägerin als Umsiedlerin führt jedoch nicht zur Berücksichtigung der von ihr in der Sowjetunion zurückgelegten Zeiten. Das BSG hat im Urteil vom 17.10.2006 (B 5 RJ 21/05 R, a.a.O.) die Auffassung der Beklagten, dass mit der Feststellung der Vertriebeneneigenschaft allein der Anspruch auf Feststellung von Versicherungszeiten nicht begründet ist, bestätigt. Nach dieser Rechtsprechung, die der Senat im Unterschied zur Klägerin für richtig hält und der er da-her folgt, sind nicht jegliche Versicherungszeiten im Herkunftsgebiet allein mit Rücksicht auf die Vertriebeneneigenschaft, sondern nur diejenigen zu Grunde zu legen, die vor der Vertreibung zurückgelegt wurden. Abzustellen ist auf den konkreten Vertreibungsvorgang, hier also auf die im Jahr 1945 stattgefundene Umsiedlung. Die danach erfolgte Rückführung bzw. Deportation der Familie der Klägerin in das Gebiet der damaligen UdSSR ist demgegenüber ebenso wenig wie die Einreise und Wohnsitzverlegung der Klägerin selbst nach Deutschland der für die Erlan-gung des Vertriebenenstatus maßgebliche Umsiedlungstatbestand. Damit hat die Anerkennung als Vertriebene für die Klägerin, die lediglich Zeiten geltend machen kann, die nach der Umsied-lung liegen, rentenrechtlich keine Auswirkungen. Die Erwägungen des BSG im Urteil vom 17.10.2006 (a.a.O.) sind, auch wenn sie einen Kläger betrafen, der nur Abkömmling von aner-kannten Umsiedlern war, auf den vorliegenden Sachverhalt entgegen der Auffassung der Kläge-rin, die selbst als Umsiedlerin anerkannt ist, übertragbar. Davon ging offensichtlich auch das BSG aus, denn im Urteil erfolgte der Hinweis, dass eine Anerkennung von Zeiten auf Grund der Umsiedlung nicht nur für den dortigen Kläger, sondern "bereits" für seine zum damaligen Zeit-punkt noch im Kindesalter befindlichen Eltern - insoweit vergleichbar mit der Klägerin hier - so gut wie ausgeschlossen gewesen sein dürfte.
Ein (weiterer) neuerer Status der Klägerin als Vertriebene ist nicht gegeben.
Die Voraussetzungen des § 1 Buchst. a FRG (Vertriebene im Sinne des § 1 BVFG oder Spätaus-siedler im Sinne des § 4 BVFG) liegen nicht vor.
Die Klägerin ist nicht Spätaussiedlerin i.S. des § 4 BVFG. Sie nahm im Jahr 2001 ihren Wohnsitz in Deutschland nicht im Wege eines Aufnahmeverfahrens. Im Übrigen fehlt es bereits an einer entsprechenden - verbindlichen - Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BVFG in der seit dem 01.01.1993 geltenden Fassung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetz (KfbG) vom 21.12.1992 (BGBl. I, S. 2094). Der Nachweis der Spätaussiedlereigenschaft könnte allein durch eine solche, auch den Senat bindende Bescheinigung erbracht werden (BSG, Urteil vom 17.10.2006, 5 RJ 21/05 R in SozR 4-5050 § 15 Nr. 3; Urteil vom 26.01.2000, B 13 RJ 39/98 R a.a.O.).
Die Klägerin ist auch keine Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BVFG. Vom Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 BVFG werden Personen erfasst, die im Zusammenhang mit den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges als deutsche Staatsangehörige oder Volkszugehörige ihren Wohnsitz in Gebieten des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 oder in den unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten infolge Vertreibung verloren haben. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall, denn der beabsichtigte Wohnsitzwechsel in die Bundesrepub-lik Deutschland fand nicht im notwendigen zeitlichen Zusammenhang mit den damaligen allge-meinen Vertreibungsmaßnahmen statt. Das nach dem KfbG seit 01.01.1993 geltende Recht un-terscheidet bei Personen, die als deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige die ehemalige Sowjetunion nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen verlassen ha-ben, nach dem Zeitpunkt der Ausreise zwischen Vertriebenen und Spätaussiedlern. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG ist Vertriebener, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volks-zugehöriger nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 01.07.1990 oder danach im Wege des Aufnahmeverfahrens vor dem 01.01.1993 die ehemalige Sowjetunion ver-lassen hat, es sei denn, dass er ohne aus diesem Gebiet vertrieben und bis zum 31.03.1952 dort-hin zurückgekehrt zu sein, nach dem 08.05.1945 seinen Wohnsitz in diesem Gebiet begründet hat (Aussiedler). Für deutsche Volkszugehörige, die die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31.12.1992 verlassen haben, ist dagegen nach § 4 BVFG der Status als Spätaussiedler vorgesehen, der jedoch bei der Klägerin - wie bereits ausgeführt - nicht gegeben ist. Dabei ist unerheblich aus welchen Gründen, die Klägerin erst nach dem 31.12.1992 in die Bundesrepublik Deutschland einreiste.
Für den von der Klägerin ohne nähere Begründung geltend gemachten Vertriebenenstatus nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BVFG sieht der Senat keinerlei Anhaltspunkte. Die Klägerin hat in keiner Weise dargelegt, dass sie aus Gründen der politischen Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus (sie vollendete im Jahr 1945 gerade einmal das fünfte Lebensjahr) oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen ausgesetzt war oder von solchen bedroht wurde. Auch hier könnte im Übrigen ein Vertriebenenstatus schon zeitlich gesehen nicht zur Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten ab dem Jahr 1960 führen.
Der Vertriebenenstatus nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG wurde - wie bereits dargestellt - hinsichtlich der Umsiedlung in den W. bestätigt. Dieser Umsiedlungstatbestand war jedoch mit der Aufgabe des Wohnsitzes im ursprünglichen Herkunftsgebiet verwirklicht (zu den rentenrechtlichen Folgen s.o.). Die spätere Rückführung bzw. Deportation in die ehemalige Sowjetunion ist kein Um-siedlungstatbestand, ebenso wenig die noch spätere (vorübergehende) Wohnsitzverlegung der Klägerin nach Deutschland (BSG, Urteil vom 17.10.2006, a.a.O).
Soweit die Klägerin eine Geltung des Heimkehrergesetzes und des Kriegsgefangenenentschädi-gungsgesetzes für sich in Anspruch nimmt, kann dies der Senat nicht nachvollziehen. Beide Ge-setze waren zum Zeitpunkt der Einreise der Klägerin in das Bundesgebiet schon Jahre außer Kraft. Wie bereits ausgeführt, kommt im Falle der Klägerin angesichts einer Einreise im Jahr 2001 nur noch ein Status als Spätaussiedlerin in Betracht.
Damit gehört die Klägerin nicht zum Personenkreis des § 1 Buchst. a FRG. Ein Anspruch über § 1 Buchst. b FRG scheitert schon daran, dass die Klägerin nicht infolge von Kriegseinwirkun-gen ihre Ansprüche gegen den ausländischen Rentenversicherungsträger zu verlieren drohte, sondern wegen ihrer vorübergehenden Ausreise nach Deutschland (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.1999, B 5 RJ 44/98 in SozR 3-5050 § 1 Nr. 4). Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 1 Buchst. c FRG berufen. Diese Vorschrift betrifft nur Personen, die nach dem Kriegsende in das Ausland verschleppt worden sind, um bei Wiederaufbauarbeiten oder (als Spezialisten) in wis-senschaftlichen Instituten bei Forschungsarbeiten eingesetzt zu werden. Dafür sind Anhaltspunk-te weder vorgetragen noch ersichtlich. Es reicht nicht aus, dass der Betroffene etwa im Rahmen einer Repatriierung in ein ausländisches Staatsgebiet verbracht worden ist und später, wie andere Bewohner dieses Staatsgebietes, dort Arbeit geleistet hat bzw. zur Arbeit verpflichtet gewesen ist (BSG, Urteil vom 30.04.1981, 11 RA 42/80 veröffentlicht in Juris). Für andere Tatbestände der Einbeziehung in das FRG sind Anhaltspunkte nicht dargelegt worden. Es sind auch sonst keine solchen Anhaltspunkte ersichtlich.
Die von der Klägerin unter Hinweis auf "die jahrelange bisherige Auslegung des § 1 BVFG" behauptete Verletzung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG) sieht der Senat nicht. Das BSG hat im Urteil vom 26.01.2000 (B 13 RJ 39/98 R, B 13 RJ 39/98 R veröf-fentlicht in Juris mit dem Hinweis, dass die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil nicht zur Entscheidung angenommen wurde - Beschluss des BVerfG vom 25.08.2000, 1 BvR 934/00) ent-schieden, dass die durch das Inkrafttreten des KfbG mit Wirkung vom 01.01.1993 eingeführte Rechtsänderung in Bezug auf die Statusänderung nach dem BVFG und damit verbunden auch die Einschränkung von Leistungen nach dem FRG nicht gegen Art. 3 GG verstößt. Die Ein-schränkungen erschienen dem BSG angesichts der veränderten Verhältnisse in der Bundesrepub-lik Deutschland und den ursprünglichen Vertreibungsgebieten als hinreichend gerechtfertigt. Die Nachkriegszeit konnte - so das BSG - mit der Verwirklichung der Deutschen Einheit, der völker-rechtlichen Festlegung der deutsch-polnischen Grenze und den Verträgen mit den vier Mächten und Polen als beendet angesehen werden. Das KfbG stelle sich auch als Reaktion auf die sozia-len und finanziellen Probleme, die nach Änderung der politischen Verhältnisse bei der Eingliede-rung einer Vielzahl aussiedlungswilliger Personen entstanden, dar. Im Hinblick auf die Interessen noch mehrerer Millionen Deutschstämmiger in den Vertreibungsgebieten verfolge es primär das Ziel, die dortigen Lebensverhältnisse zu verbessern und dadurch den Drang zu Aussiedlung zu beenden. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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