L 8 U 2125/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 4646/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2125/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. März 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Verletztenrente und deren weiterer Bezug als Rente auf unbestimmte Zeit sowie die Feststellung von Unfallfolgen streitig.

Der 1956 geborene Kläger war als Hausmeister beschäftigt. Am 13.06.2006 stürzte er während der Erledigung einer ihm als Hausmeister übertragenen Besorgung und verletzte sich das rechte Handgelenk.

Bei der Vorstellung des Klägers in der V.-Klinik am 23.08.2006 wurde der Verdacht auf Einriss des triangulären fibrocartilaginären Complexes (TFCC) geäußert. Der Kläger wurde stationär vom 25.08. bis 28.08.2006 in der Klinik behandelt. Am 28.08.2006 wurde unter der Diagnose eines Handgelenksdistorsionstraumas rechts mit Ruptur des TFCC rechts arthroskopisch ein ulnar gelegener Riss genäht (Zwischenbericht der V.-Klinik vom 28.08.2006 mit Entlassungsanzeige vom 28.08.2006 sowie Operationsbericht vom 25.08.2006). Anlässlich der Kontrolluntersuchung am 06.10.2006 wurde aufgrund geklagter diffuser Schmerzen am rechten Handgelenk die Verdachtsdiagnose einer beginnenden Algodystrophie nach längerer Gipsruhigstellung gestellt (Zwischenbericht der V.-Klinik vom 09.10.2006). Die Untersuchung des Klägers in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. (BG-Klinik) bei fortbestehenden Beschwerden mit ausgeprägter Kraftminderung des rechten Handgelenks führte zur Empfehlung einer komplexen stationären Rehabilitationsbehandlung, weil möglicherweise ein komplex regionales Schmerzsyndrom (CRPS) Stufe 1 zu dem gestörten Heilverlauf mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung geführt habe (Bericht der BG-Klinik vom 28.11.2006). Nach physiotherapeutischer Behandlung und fortbestehender Arbeitsunfähigkeit empfahl die BG-Klinik nach Untersuchung am 06.12.2006 unter der Diagnose: Belastungsdefizit nach Handgelenksdistorsion und TFCC-Verletzung mit mäßiggradiger Instabilität des distalen Radioulnargelenks erneut ein stationäres Heilverfahren (Bericht vom 06.12.2006). Vom 13.12.2006 bis 28.02.2007 wurde der Kläger in der BG-Klinik stationär behandelt. Im Entlassungsbericht vom 28.02.2007 ist ausgeführt, durch die multimodale Therapie habe eine deutliche Verbesserung der gesamten rechten Handfunktion erreicht werden können. Bei der letzten klinischen Untersuchung habe sich weiterhin kein Anzeichen für ein CRPS gezeigt. Arbeitsfähigkeit trat ab 05.03.2007 wieder ein (Ärztliche Mitteilung von Prof. Dr. G., BG-Klinik, vom 28.02.2007).

Die Beklagte veranlasste die gutachterliche Untersuchung des Klägers durch Prof. Dr. H., der in seinem Gutachten vom 10.05.2007 als wesentliche Unfallfolgen eine Reflexdystrophie der rechten Hand mit Hyperämie (Blutstauung) und teigiger Schwellung im Bereich der rechten Hand, eine geringgradige schwellungsbedingte Bewegungseinschränkung mit diskretem Streckdefizit von Zeigefinger bis Kleinfinger bei regelrechtem Faustschluss und eine Bewegungseinschränkung im Handgelenk beschrieb. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 20 v.H. ab 05.03.2007 bis voraussichtlich zum Ende des dritten Jahres nach dem Unfall.

Mit Bescheid vom 16.08.2007 gewährte die Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft, eine Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur noch Beklagte), dem Kläger Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v.H. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2007 zurückgewiesen wurde.

Der Kläger erhob am 21.12.2007 Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn, die unter dem Aktenzeichen S 13 U 4646/07 geführt wurde.

Das Sozialgericht bestimmte von Amts wegen Dr. L. zum Sachverständigen. In seinem unfallchirurgischen Gutachten vom 25.11.2008 - mit ergänzender Äußerung vom 21.09.2009 - bezeichnete er einen ausgeheilten Einriss des Diskus triangularis des TFCC des rechten Handgelenks als Unfallfolge. Die Bewegungseinschränkungen des rechten Schulter- und Ellenbogengelenk, wobei eine Einschränkung im rechten Ellenbogengelenk nicht feststellbar gewesen sei, seien nicht auf den Unfall zurückzuführen. Unfallunabhängig bestehe eine subklinische Hyperurikämie (Gicht), seit 1994 behandlungsbedürftige Lumbalgien sowie eine subacromiale Bursitis der rechten Schulter. Zeichen einer neurovaskulären Störung im Bereich des rechten Armes seien nicht mehr nachweisbar. Den Röntgenbefunden und den MRT-Befunden sowie der Szintigraphie seien im Verlauf von zwei Jahren keine Hinweise für das Vorliegen einer Algodystrophie oder eines klassischen Morbus Sudeck zu entnehmen. Bereits im Jahr 2003, also vor dem Unfallereignis, seien radiologisch und kernspintomographisch Schulterbeschwerden abgeklärt und behandelt worden. Ein klassisches 3-Stufen-Krankheitsbild des Morbus Sudeck sei im gesamten Heilbehandlungsverlauf weder diagnostiziert noch in den objektiven Untersuchungsbefunden nachvollziehbar nachgewiesen worden. Infolge einer längeren Gipsruhigstellung habe der Verdacht einer beginnenden neurovaskulären dystrophen Störung bestanden, die nach entsprechender intensiver stationärer Behandlung im Februar 2007 nur noch Restbeschwerden mit nicht mehr als wesentlich zu bezeichnenden funktionellen Beeinträchtigungen habe erkennen lassen. Daher müsse von einer adäquat therapierten Verletzung ausgegangen werden. Anlässlich der Abschlussuntersuchung in der BG-Klinik sei nach den dokumentierten Bewegungsmaßen eine nahezu vollkommene Wiederherstellung der Funktionalität des rechten Armes, insbesondere des Handgelenks, vorhanden gewesen, was eine MdE-Einschätzung mit unter 10 v.H. gerechtfertigt habe. Auch wenn der Befund bei der Untersuchung zum Gutachten von Prof. Dr. H. zwei Monate nach Ende der stationären Behandlung klinisch und messtechnisch funktionelle Beeinträchtigungen ergeben habe, die nicht ganz eindeutig ursächlich auf den Unfall zurückzuführen seien, sei aufgrund des Befundes eine MdE von 20 v.H. für das erste Jahr nach dem Unfall nachvollziehbar. Bei der jetzt im Vordergrund stehenden Krankheitssymptomatik, die nicht auf den Unfall vom 13.06.2006 zurückzuführen sei, könne eine funktionelle gutachtliche Untersuchung des rechten Armes, die der Kläger schmerzbedingt nicht zugelassen habe, nicht sinnvoll erfolgen, da die systemisch bedingten Krankheitserscheinungen und Funktionsbeeinträchtigungen gänzlich im Vordergrund stünden. Auch wenn vorübergehend ein protrahierter Verlauf durch Zeichen einer Algodystrophie bestanden habe, sei nach den heute geltenden Standards die in üblicher Zeit unter intensiver komplexer stationärer Rehabilitation erreichbare Ausheilung mittlerweile erfolgt. Die nachbefundeten bildgebenden Stressaufnahmen enthielten keinerlei Hinweis für eine scapholunäre Dissoziation oder sonstige Handwurzelgefügestörung bei den unter ellenwärtiger und speichenwärtiger Stresssituation dargestellten symmetrischen Gelenksspalten der einzelnen Handwurzelknochen und der Handgelenksgabel.

Gestützt auf das Gutachten von Dr. L. lehnte die Beklagte nach Anhörung des Klägers (Schreiben der Beklagten vom 19.01.2009) mit Bescheid vom 19.02.2009 die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ab und entzog die als vorläufige Entschädigung gewährte Verletztenrente mit Ablauf des Monats Februar 2009. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2009 zurückgewiesen. Auch hiergegen erhob der Kläger am 22.05.2009 Klage beim Sozialgericht (Az. S 13 U 1756/09), das mit Beschluss vom 17.03.2010 beide Verfahren unter dem führenden Aktenzeichen S 13 U 4646/07 verband.

Der Kläger trug im gerichtlichen Verfahren vor, der Sachverständige Dr. L. habe ihn nur 10 Minuten untersucht. Er leide nach wie vor an erheblichen Beschwerden an der rechten Hand. Er habe keinen erhöhten Harnsäurespiegel und leide auch nicht an Gicht. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen sei radiologisch ein Zustand nach posttraumatischer Sudeck-Distrophie festzustellen. Der Kläger verwies auf den vorgelegten Arztbericht der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. K. und Kollegen vom 28.01.2009 und das ärztliche Attest von Dr. L. vom 16.12.2008 mit ihrem Arztbrief vom 14.12.2007.

Mit Urteil vom 25.03.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. In den Entscheidungsgründen stützte es sich auf die gutachterlichen Ausführungen von Prof. Dr. H. und des Sachverständigen Dr. L.

Gegen das den früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16.04.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.05.2010 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung sein Vorbringen in erster Instanz vertieft und zusätzlich ausgeführt, der Sachverständige Dr. L. habe sich durch seine Schmerzschilderung offensichtlich gestört und durch sein äußeres Erscheinungsbild gegebenenfalls auch provoziert gefühlt. Der Sachverständige habe die notwendigen Untersuchungen überhaupt nicht durchgeführt. Es habe keine körperliche und psychopathologische Befunderhebung und keine detaillierte Exploration zur Beeinträchtigung der alltäglichen Aktivitäten stattgefunden, ebenso wenig seien Selbsteinschätzungsskalen und Fragebögen zu bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen durch Schmerzen verwendet worden. Der Kläger hat auf die Stellungnahme von Dr. L. vom 20.04.2010 und die ärztlichen Atteste von Dr. K. vom 24.12.2009 und 28.06.2010 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.03.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 16.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2007 abzuändern, als weitere Folgen des Arbeitsunfalls Bewegungseinschränkungen des Ellenbogen- und Schultergelenkes sowie das Vorliegen eines Morbus Sudeck festzustellen, die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 05.03.2007 eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung und Rente auf unbestimmte Zeit spätestens seit Ablauf des dritten Jahres nach dem Arbeitsunfall jeweils nach einer MdE von mindestens 40 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Maßgebend für die Höhe der MdE sei nicht die Diagnose, sondern die Funktionsbeeinträchtigung. Die Intensität von Schmerzen sei nicht messbar, weshalb objektive Schonungszeichen wie Muskelminderung, röntgenologisch nachweisbarer Knochendistrophien etc. als Indizien zu beachten sein. Solche fehlten beim Kläger. Da der Kläger eine massive Berührungsempfindlichkeit geltend mache, sei fraglich, ob ein objektiver Untersuchungsbefund hinsichtlich der Bewegungsausmaße durch eine körperliche Untersuchung erhoben werden könne. Es könne bei den objektiven Anhaltspunkten für mögliche Funktionsbeeinträchtigungen in den vorliegenden Gutachten verbleiben. Die von Dr. L. erwähnte Gichterkrankung sei nicht aus der Luft gegriffen, sondern beruhe auf einer Harnsäurespiegelbestimmung im Blut. Im Rahmen der Rehabilitationsbehandlung von seiten der Deutschen Rentenversicherung seien bestätigende Befunde erhoben worden.

Mit richterlicher Verfügung vom 11.03.2011 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht komme.

Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Sozialgerichts beigezogen und zum Verfahrensgegenstand gemacht. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

II.

Der Senat kann über die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind auf diese beabsichtigte Vorgehensweise mit richterlichen Verfügungen vom 11.03.2011 und 04.04.2011 hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Äußerung bis 11.04.2011 erhalten. Hinreichende Hinderungsgründe zur Begründung für die mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 04.04.2011 beantragte Verlängerung der Äußerungsfrist sind nicht vorgetragen worden. Auf die richterliche Verfügung vom 04.04.2011 wird verwiesen. Der per Fax am 11.04.2011 eingegangene Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten wiederholt das bisherige Vorbringen, weshalb es zur Wahrung des rechtlichen Gehörs nicht geboten war, den Prozessbeteiligten hierzu erneut Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Der Senat war nicht gehindert, in der angekündigten Form zu entscheiden.

Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die für die Entscheidung des Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen. Dies entnimmt der Senat ebenso wie das Sozialgericht dem überzeugenden Gutachten von Dr. L ...

Einen Befangenheitsantrag hat der Kläger gegen den Sachverständigen Dr. L. nicht gestellt. Dieser muss unverzüglich nach der Untersuchung gestellt werden. Auch unter Berücksichtigung einer angemessenen Überlegungszeit (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 406 Anm. 7 mwN) wäre ein solcher Antrag mit der Berufungsbegründung am 29.06.2011 auch nicht mehr rechtzeitig (§ 202 SGG i. V. m. § 406 Abs. 2 ZPO) und somit verspätet gestellt worden. Der Senat hat im Rahmen der Beweiswürdigung aber auch keine Anhaltspunkte für eine unsachliche Gutachtenserstattung durch den Sachverständigen Dr. L. gefunden. Nicht nachvollziehbare Befunde oder Bewertungen bzw. unsachlich begründete Untersuchungsmethoden sind aus dem Gutachten nicht ersichtlich.

Zur Überzeugung des Senats hat der Sachverständige Dr. L. nachvollziehbar dargelegt, dass ein Jahr nach dem Unfallereignis keine funktionell relevante Schmerzstörung, die im wesentlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis steht, mehr vorlag. Die mit dem Feststellungsantrag begehrte Feststellung eines Morbus Sudeck als Unfallfolge - über die im Bescheid vom 16.08.2007 erfolgte Anerkennung eines nachfolgenden chronischen regionalen Schmerzsyndroms als Unfallfolge hinaus - scheitert daran, dass diese Erkrankung nicht zu objektivieren war. Dr. L. hat anhand des Behandlungsverlaufs plausibel ausgeführt, dass die Zeichen einer beginnenden Algodystrophie rechtzeitig erkannt und nach dem heutigen Standard therapeutisch erfolgreich angegangen worden sind. Ein Morbus Sudeck im klassischen Sinn hat sich nicht ausgebildet, denn das Vollbild eines Morbus Sudeck ist den zeitnah zum Unfall erhobenen Befunden nicht zu entnehmen gewesen. Radiologische Zeichen der Entkalkung und Dystrophie des betroffenen Knochens im Stadium I sind in Auswertung der dem Sachverständigen vorliegenden Fremdbilder nicht festzustellen gewesen. In seiner ergänzenden Stellungnahme weist der Sachverständige darauf hin, dass er hierzu auch den oberärztlichen Kollegen der Klinik für Strahlendiagnostik beigezogen hat, der seine Beurteilung bestätigte. Auch der durch Dr. K. als auffällig beschriebene Befund der Röntgenuntersuchung vom 28.01.2009 mit "unspezifisch kleinfleckiger Strukturauflockerung" konnte bei der Nachbefundung nicht nachvollzogen werden. Ebenso wenig ist in dem vorgelegten ärztlichen Attest von Dr. K. vom 24.12.2009 die dort genannte Diagnose des Morbus Sudeck unter Berücksichtigung der Ausführungen von Dr. L. überzeugend, zumal hierfür auf eine durchgehende Schmerzsymptomatik und Bewegungseinschränkung der rechten Hand seit dem Unfall abgestellt wird, was mit dem tatsächlichen Behandlungsverlauf nicht übereinstimmt. Der ärztlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 20.04.2010, die auf den fraglichen Röntgenbefund von Dr. K. Bezug nimmt, sind ebenfalls keine Gesichtspunkte zu entnehmen, die zur sicheren Überzeugung des Senats die gutachtliche Einschätzung von Dr. L. widerlegen.

Ausführungen zu den vom Feststellungsantrag umfassten funktionellen Beeinträchtigungen an der Schulter und am Ellenbogengelenk hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr gemacht. Deshalb beschränkt sich der Senat insoweit auf den Verweis auf die zutreffenden Urteilsgründe des Sozialgerichts.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Verletztenrente als vorläufige Entschädigung. Es ist auch zu Recht die vorläufige Entschädigung entzogen und die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit abgelehnt worden. Eine höhere unfallbedingte MdE als 20 v.H. lag jedenfalls bis zum Ablauf des Monats Februar 2009 nicht vor. Danach besteht keine unfallbedingte rentenbegründende MdE mehr.

Der Hinweis des Sachverständigen, dass nach den erhobenen Bewegungsmaßen und den Angaben des Klägers zur Beschwerdebesserung nach Ende der multimodalen Therapie während der stationären Behandlung vom 13.12.2006 bis 28.02.2007 in der BG-Klinik L. die noch bestehenden Restbeschwerden mit einer endgradigen Bewegungseinschränkung eine MdE von allenfalls 10 v.H. rechtfertigten, ist nachvollziehbar. Knöcherne Veränderungen der Handwurzelknochen und des Handgelenkes fanden sich nicht. Dies stimmt mit der Einschätzung der Ärzte der BG-Klinik überein. Der Entlassungsbericht der BG-Klinik vom 28.02.2007 enthält den Hinweis, dass sich auch weiterhin keine Anzeichen eines CRPS ergeben haben. Soweit die Beklagte in Abweichung von den Bewertungsgrundsätzen zur MdE-Einschätzung, gestützt auf das Gutachten von Prof. Dr. H., als vorläufige Entschädigung eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. unter dem Gesichtspunkt der Anpassung und Gewöhnung dem Kläger zubilligt, was der Sachverständige Dr. L. unter Zurückstellung eigener Bedenken jedenfalls für die Dauer eines Jahres nach dem Unfall noch befürwortet, ist der Kläger hierdurch nicht beschwert. Die nachfolgenden Beschwerden am Handgelenk, die nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. L. - ohne körperliches Korrelat - völlig in den anderen vielfältigen körperlichen Beschwerden des Klägers aufgehen, sind aus den oben genannten Gründen nicht mehr auf den Unfall zu beziehen und daher auch nicht einer unfallbedingten MdE-Einschätzung zugänglich.

Da die vom Kläger geklagten Beschwerden am rechten Handgelenk, die nach den Ergebnissen der Untersuchung durch Dr. L. außerdem mangels hinreichender Schonungszeichen auch in dem vom Kläger behaupteten Ausmaß nicht zu objektivieren waren (keine Schonungszeichen wie sichtbare Atrophie des rechten Arms oder der rechten Hand, seitengleich ausgebildeter Behaarungstyp, (keine Zeichen eines Hirsutismus), keine livide Verfärbung oder Marmorisierung etc, vgl. Seite 20 des Gutachtens) und außerhalb der Untersuchungssituation im geklagten Zustand auch nicht zu beobachten waren (keine Schmerzempfindlichkeit beim Anlegen der Handgelenksorthese und beim An- und Ausziehen der Jacke), nicht überwiegend wahrscheinlich im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehen, kommt es auf die vom Kläger gerügte fehlenden schmerztherapeutischen Untersuchungsmethoden, wie Exploration und Verwendung standardisierte Schmerzfragebogen, nicht entscheidungserheblich an.

Ob die Beschwerden des Klägers durch eine subklinische Gicht zu erklären sind, was der Sachverständige Dr. L. unter Bezugnahme auf den erhobenen Laborbefund, der im Übrigen den gleichen Wert der Harnsäure an der Obergrenze der Norm wie die mit Arztbrief von Dr. K. vom 28.06.2010 mitgeteilten Harnsäurewerte enthält, für möglich erachtet, kann dahinstehen. Dr. L. verweist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 21.09.2009 darauf, dass die von ihm als Konkurrenzursache diskutierte Gicht nicht für seine gutachtliche Einschätzung maßgebend war, da für die nicht nur das rechte Handgelenk des Klägers betreffenden Schmerzen auch andere Differenzialdiagnosen mit stoffwechselbedingten Ursachen zu diskutieren wären. Vorliegend ist überzeugend ein Ursachenzusammenhang der am Handgelenk geklagten Beschwerden mit dem Unfall ausgeschlossen worden. Der konkreten Feststellung einer Konkurrenzursache zur Erklärung der behaupteten Gesundheitsstörungen bedarf es bei dieser Ausgangslage nicht. Eine höhere oder eine fortbestehende rentenrelevante MdE ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger geltend gemachten Schulter- und Ellenbogengelenksbeschwerden, deren unfallbedingter Zusammenhang zutreffend verneint worden ist.

Bei dieser Sachlage sah der Senat keinen Anlass, von Amts wegen weitere Ermittlungen aufzunehmen.

Dem Antrag im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 11.04.2011, nach § 109 SGG ein Gutachten einzuholen, war nicht stattzugeben.

Der Antrag war nach § 109 Abs. 2 SGG abzulehnen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Durch die Einholung des Gutachtens hätte sich die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, denn der Senat hätte nicht wie angekündigt über die Berufung durch Beschluss entscheiden können.

Der Antrag ist nicht innerhalb angemessener Frist gestellt worden, was auf grober Nachlässigkeit beruht. Eine grobe Nachlässigkeit ist anzunehmen, wenn die für eine ordnungsgemäße Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wurde und nicht getan wird, was jedem einleuchten muss (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 109 Anm. 11). Es entspricht keiner ordnungsgemäßen Prozessführung, wenn ein Beteiligter erkennen muss, dass vom Gericht keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen durchgeführt werden, er gleichwohl nicht innerhalb einer Frist von einem Monat, was in der Regel als angemessene Überlegungsfrist anzusehen ist (vgl. Keller, a.a.O. § 109 Rdnr. 11), einen ordnungsgemäßen Antrag nach § 109 SGG stellt. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers war mit richterlicher Verfügung vom 08.11.2010 mitgeteilt worden, dass nach Durchsicht der Akten kein Anlass für weitere Ermittlungen bestehe und die Sache für eine Terminierung vorgemerkt ist. Bei dieser Ausgangslage hätte sich dem Bevollmächtigten des Klägers aufdrängen müssen, dass ein Antrag nach § 109 SGG in angemessener Frist, d.h. bis spätestens Anfang/Mitte Dezember 2010, erfolgen muss. Der Antrag wurde jedoch erst in Folge des Hinweises auf die Absicht des Senats, nach § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden, am 11.04.2011 und damit nach Ablauf einer angemessenen Frist gestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved