Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 942/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4058/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. August 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Kinderzuschlags nach § 6a BKGG an die Klägerin auf Grundlage ihres Antrags vom 8. Juli 2008 streitig.
Die 1984 geborene Klägerin ist die Mutter des am 24. März 2008 geborenen Sohnes Le ... Sie lebt mit diesem und dessen Vater, ihrem Lebenspartner Herr O., in einer gemeinsamen Wohnung (ca. 64,34 m2; Grundmiete: 345,00 Euro, Nebenkostenvorauszahlung: 65,00 Euro, Garagenmiete: 32,00 Euro).
Mit am 4. Juni 2008 unterschriebenem Antrag (laut Eingangsstempel bei der Beklagten am 8. Juli 2008 eingegangen) beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung eines Kinderzuschlags. Sie reichte Lohnabrechnungen ihres Lebensgefährten und einen Mietvertrag ein, sowie nach mehrfacher Aufforderung seitens der Beklagten einen Elterngeldbescheid.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kinderzuschlag ab. Mit ihrem Widerspruch vom 3. November 2008 trug sie vor, sie habe lediglich Einkommen in Form von Elterngeld und Kindergeld, dies sei nicht bedarfsdeckend. Mit Schreiben vom 6. November 2008 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass durch das Einkommen ihres Lebensgefährten der Bedarf gedeckt sei. Selbst unter Zugrundelegung der Auffassung der Klägerin, wonach sie mit dem Vater des Kindes nicht in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebe, bestehe kein Anspruch, weil dann die Mindesteinkommensgrenze von 600,00 Euro nicht erreicht würde. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29. Januar 2009 mittels einfachem Brief per Post versandt.
Am 4. März 2009 ging beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) die Klage der Klägerin ein. Diese trägt das Datum des 19. Februar 2009, der Briefumschlag ist am 2. März 2009 abgestempelt. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass sie sich in einer Ausbildung, allerdings in Elternzeit, befinde und keinen Lehrlingslohn bekomme; auch ihr eigenes Kindergeld falle weg, weil sie ihre Ausbildung unterbrochen habe. Derzeit beziehe sie nur das Kindergeld des Sohnes (164,00 Euro) und das Elterngeld (342,00 Euro). Das Kind koste umgerechnet 250,00 Euro im Monat. Da sie auch noch den Lebensunterhalt ihres Lebensgefährten und von sich bestreiten müsse, was 200,00 Euro bedeute, Versicherungen über 45,49 Euro zu zahlen habe, blieben ihr am Monatsende nur 10,50 Euro für sich. Der Bruttolohn des Lebensgefährten liege bei ca. 1869,18 Euro, je nach Anzahl der gearbeiteten Stunden. Dieser habe Miete (437,00 Euro), Gas/ Strom (183,00 Euro) und Versicherungen (207,60 Euro) zu zahlen. Da noch gerichtliche Auflagen über 2.350,00 Euro zu zahlen seien, hätten sie ein Einkommen von Minus 1.297,92 Euro. Sie sei in Privatinsolvenz gegangen um ihre finanzielle Lage angenehmer zu machen und sich Hilfe von Außenstehenden zu nehmen.
Das SG hat mit Schreiben vom 27. März 2009 und 29. Januar 2009 die Klägerin auf die Verfristung ihrer Klage hingewiesen und zur Stellungnahme aufgefordert. Unter dem Datum des 18. Februar 2010 hat die Klägerin mitgeteilt, dass die Versäumnis nicht ohne Grund erfolgt sei. Sie könne sich an die Situation erinnern, als ihr Kind mit knapp ein Jahr mit einer Mittelohrentzündung behandelt worden sei und sie, wie auch der Kindsvater schlaflose Nächte gehabt hätten. Dass ihre Klage "nur" zwei Tage zu spät angekommen sei, tue ihr sehr leid. Wäre sie nicht mit der Fürsorge für ihr Kind zu sehr beschäftigt gewesen, wäre ihre Klage rechtzeitig eingegangen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. August 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Klage verspätet erhoben und daher unzulässig sei. Wiedereinsetzungsgründe seien nicht substantiiert vorgetragen worden. Der Widerspruchsbescheid datiere vom 28. Januar 2009 und sei ausweislich des Abvermerks am 29. Januar 2009 abgesandt worden. Er gelte gemäß § 37 Abs. 2 SGB X mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post, hier am 1. Februar 2009, als zugestellt. Die Monatsfrist des § 87 SGG sei mit Ablauf des 2. März 2009 abgelaufen. Die Klage sei erst am 4. März 2009 bei Gericht eingegangen. Wiedereinsetzung sei nicht zu gewähren. Aus dem Vorbringen der Klägerin sei, mit Ausnahme der vagen Angabe, dass das Kind "knapp ein Jahr alt" gewesen sei, weder zu entnehmen, wann die Erkrankung des Kindes als behauptetes Hindernis, die Klage zu erheben, eingetreten sei, noch sei erkennbar, wie lange diese Verhinderung angedauert habe und warum die Einreichung der Klage nicht trotz Fürsorge für das Kind möglich gewesen sei. Es liege nahe, dass die Klage bereits am 19. Februar 2009 abgesetzt worden sei und lediglich die Absendung so spät erfolgt sei, dass der regelmäßige Postlauf zu einem verspäteten Eingang bei Gericht geführt habe. Umso weniger sei ersichtlich, dass die Erkrankung eines Kindes einen Kläger bei Anwendung der Sorgfalt eines gewissenhaften Prozessbeteiligten daran hindere, einen Brief zur Post aufzugeben bzw. jemanden mit der Aufgabe des Briefes zu beauftragen.
Gegen den ihr am 18. August 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26. August 2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, sie sei bisher immer mit ihrem Begehren auf Gewährung eines Kinderzuschusses von lediglich 140,00 Euro abgewiesen worden. Ihr Lebensgefährte könne aufgrund seines Einkommens die Familie ohne Probleme ernähren und versorgen, jedoch arbeite er auf dem Bau und bekomme seinen Lohn. Er bekomme in den Wintermonaten viel weniger Lohn als im Sommer, da er, genauso wie all seine anderen Arbeitskollegen, nicht arbeiten dürfe bzw. könne, weil das Wetter sie daran hindere. Daher gebe es in seiner Firma den so genannten Winterausgleich. Sie hätten daher zwei Winter lang so gut wie kein Geld gehabt, weil man unfair mit ihrer finanziellen Lage umgegangen sei. Inzwischen habe sich die finanzielle Lage noch mehr zugespitzt. Ihr Lebensgefährte werde seine Arbeitsstelle am 31. August 2010 verlieren, dann werde er nur noch Arbeitslosengeld bekommen. Sie sei der Meinung, dass sie Anrecht wenigstens auf die Bewilligung bzw. Nachzahlung für die Wintermonate 2008 und 2009 bzw. bis März 2010 habe. Im Übrigen führt die Klägerin aus, dass das SG der Meinung sei, sie habe die Klage auch jemanden anvertrauen können, der sie zur Post bringe, sei eine Sache, wie man aber behaupten könne, sie müsse wissen wie lange die Erkrankung ihres Sohnes andauere, sei ihr sehr unverständlich.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. August 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Kinderzuschlag nach § 6a BKGG in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte führt zur Begründung ihres Antrags aus, die am 4. März 2009 bei dem SG eingegangene Klage sei verspätet erhoben und daher unzulässig.
Auf einen Hinweis des Berichterstatters hin hat die Klägerin mitgeteilt, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, die Post damals rechtzeitig zu versenden. Ihr Sohn sei ein Frühchen und sehr oft krank. Leider habe sie hier niemanden, der ihr helfen könne. Mit den Großeltern habe sie keinen Kontakt, ihre Mutter habe kein Auto und habe sie nicht unterstützen können. Sie habe ihren Sohn, der sehr hohes Fieber gehabt habe, verständlicherweise nicht mit zur Post nehmen können, die am anderen Ende der Stadt liege. Die Angst um ihr Kind sei einfach zu groß gewesen. Wenn es ihr möglich gewesen wäre, wäre sie ihrer Sorgfaltspflicht selbstverständlich nachgekommen.
Die Klägerin legte auch eine Bestätigung des Kinderarztes Dr. I. vom 11. Oktober 2010, in der dieser mitteilt: "Ich bestätige, dass Le. am 12.08.2008 (Mittelohrentzündung), am 26.06.2009 (hochfieberhafte Magen-Darm-Infektion), sowie am 14.06.2010 (Insektenstichallergie) in Begleitung seiner Mutter bei uns in der Sprechstunde war."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Berufungsakte des LSG sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der Senat konnte, nachdem die Beteiligten hiermit einverstanden waren, gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte - der Wert des Beschwerdegegenstands überschreitet den Betrag von 750,00 Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) - Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht § 151 Abs. 1 SGG eingelegt. In der Sache ist sie jedoch ohne Erfolg, das SG hat die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen. Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Nur ergänzend sei ausgeführt, dass der Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2009, der eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung enthalten hatte, am 29. Januar 2009 zur Post aufgegeben und der Klägerin mittels einfachem Brief bekanntgegeben wurde; er gilt damit als der Klägerin am 1. Februar 2009 bekanntgegeben (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Die Klage ist erst nach Ablauf der Klagefrist (§ 87 Abs. 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG) am (Montag) 2. März 2009, nämlich am 4. März 2009, beim SG eingegangen. Damit ist der Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2009 bestandskräftig geworden war; er bindet daher die Klägerin und die Beklagte (§ 77 SGG). Von dieser Bindung kann das Gericht nicht absehen.
Lediglich im Fall der unverschuldeten Versäumung einer gesetzlichen Frist - hier der einmonatigen Klagefrist (§ 87 Abs. 1 SGG) -, ist auf Antrag des Betroffenen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs. 1 SGG). Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (vgl. dazu § 67 Abs. 2 SGG).
Als Grund für die Versäumung der bis zum 2. März 2009 laufenden Klagefrist hat die Klägerin die Erkrankung ihres Kindes und die insoweit erforderliche Fürsorge angegeben, jedoch hat Dr. I. eine Erkrankung bzw. Behandlung des Kindes im Zeitraum Februar/ März 2009 nicht bestätigt. Eine sonstige, nicht ärztlich behandelte Erkrankung des Kindes war ebenso wenig durch die Klägerin glaubhaft gemacht worden, wie der Grund dafür, weshalb diese Erkrankung - so sie denn bestanden hat - die Klägerin gehindert hat, den bereits am 19. Februar 2009 geschriebenen Brief rechtzeitig in den Briefkasten einzuwerfen.
Daher war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren, die Klage ist damit erst nach Ablauf der Klagefrist (§ 87 Abs. 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG) erhoben worden. Damit war der angefochtene Bescheid vom 17. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2009 bestandskräftig und bindend geworden (§ 77 SGG); dem Senat ist daher eine materiell-rechtliche Prüfung verwehrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem Begehren in beiden Instanzen unterlegen ist.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Kinderzuschlags nach § 6a BKGG an die Klägerin auf Grundlage ihres Antrags vom 8. Juli 2008 streitig.
Die 1984 geborene Klägerin ist die Mutter des am 24. März 2008 geborenen Sohnes Le ... Sie lebt mit diesem und dessen Vater, ihrem Lebenspartner Herr O., in einer gemeinsamen Wohnung (ca. 64,34 m2; Grundmiete: 345,00 Euro, Nebenkostenvorauszahlung: 65,00 Euro, Garagenmiete: 32,00 Euro).
Mit am 4. Juni 2008 unterschriebenem Antrag (laut Eingangsstempel bei der Beklagten am 8. Juli 2008 eingegangen) beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung eines Kinderzuschlags. Sie reichte Lohnabrechnungen ihres Lebensgefährten und einen Mietvertrag ein, sowie nach mehrfacher Aufforderung seitens der Beklagten einen Elterngeldbescheid.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kinderzuschlag ab. Mit ihrem Widerspruch vom 3. November 2008 trug sie vor, sie habe lediglich Einkommen in Form von Elterngeld und Kindergeld, dies sei nicht bedarfsdeckend. Mit Schreiben vom 6. November 2008 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass durch das Einkommen ihres Lebensgefährten der Bedarf gedeckt sei. Selbst unter Zugrundelegung der Auffassung der Klägerin, wonach sie mit dem Vater des Kindes nicht in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebe, bestehe kein Anspruch, weil dann die Mindesteinkommensgrenze von 600,00 Euro nicht erreicht würde. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29. Januar 2009 mittels einfachem Brief per Post versandt.
Am 4. März 2009 ging beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) die Klage der Klägerin ein. Diese trägt das Datum des 19. Februar 2009, der Briefumschlag ist am 2. März 2009 abgestempelt. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass sie sich in einer Ausbildung, allerdings in Elternzeit, befinde und keinen Lehrlingslohn bekomme; auch ihr eigenes Kindergeld falle weg, weil sie ihre Ausbildung unterbrochen habe. Derzeit beziehe sie nur das Kindergeld des Sohnes (164,00 Euro) und das Elterngeld (342,00 Euro). Das Kind koste umgerechnet 250,00 Euro im Monat. Da sie auch noch den Lebensunterhalt ihres Lebensgefährten und von sich bestreiten müsse, was 200,00 Euro bedeute, Versicherungen über 45,49 Euro zu zahlen habe, blieben ihr am Monatsende nur 10,50 Euro für sich. Der Bruttolohn des Lebensgefährten liege bei ca. 1869,18 Euro, je nach Anzahl der gearbeiteten Stunden. Dieser habe Miete (437,00 Euro), Gas/ Strom (183,00 Euro) und Versicherungen (207,60 Euro) zu zahlen. Da noch gerichtliche Auflagen über 2.350,00 Euro zu zahlen seien, hätten sie ein Einkommen von Minus 1.297,92 Euro. Sie sei in Privatinsolvenz gegangen um ihre finanzielle Lage angenehmer zu machen und sich Hilfe von Außenstehenden zu nehmen.
Das SG hat mit Schreiben vom 27. März 2009 und 29. Januar 2009 die Klägerin auf die Verfristung ihrer Klage hingewiesen und zur Stellungnahme aufgefordert. Unter dem Datum des 18. Februar 2010 hat die Klägerin mitgeteilt, dass die Versäumnis nicht ohne Grund erfolgt sei. Sie könne sich an die Situation erinnern, als ihr Kind mit knapp ein Jahr mit einer Mittelohrentzündung behandelt worden sei und sie, wie auch der Kindsvater schlaflose Nächte gehabt hätten. Dass ihre Klage "nur" zwei Tage zu spät angekommen sei, tue ihr sehr leid. Wäre sie nicht mit der Fürsorge für ihr Kind zu sehr beschäftigt gewesen, wäre ihre Klage rechtzeitig eingegangen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. August 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Klage verspätet erhoben und daher unzulässig sei. Wiedereinsetzungsgründe seien nicht substantiiert vorgetragen worden. Der Widerspruchsbescheid datiere vom 28. Januar 2009 und sei ausweislich des Abvermerks am 29. Januar 2009 abgesandt worden. Er gelte gemäß § 37 Abs. 2 SGB X mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post, hier am 1. Februar 2009, als zugestellt. Die Monatsfrist des § 87 SGG sei mit Ablauf des 2. März 2009 abgelaufen. Die Klage sei erst am 4. März 2009 bei Gericht eingegangen. Wiedereinsetzung sei nicht zu gewähren. Aus dem Vorbringen der Klägerin sei, mit Ausnahme der vagen Angabe, dass das Kind "knapp ein Jahr alt" gewesen sei, weder zu entnehmen, wann die Erkrankung des Kindes als behauptetes Hindernis, die Klage zu erheben, eingetreten sei, noch sei erkennbar, wie lange diese Verhinderung angedauert habe und warum die Einreichung der Klage nicht trotz Fürsorge für das Kind möglich gewesen sei. Es liege nahe, dass die Klage bereits am 19. Februar 2009 abgesetzt worden sei und lediglich die Absendung so spät erfolgt sei, dass der regelmäßige Postlauf zu einem verspäteten Eingang bei Gericht geführt habe. Umso weniger sei ersichtlich, dass die Erkrankung eines Kindes einen Kläger bei Anwendung der Sorgfalt eines gewissenhaften Prozessbeteiligten daran hindere, einen Brief zur Post aufzugeben bzw. jemanden mit der Aufgabe des Briefes zu beauftragen.
Gegen den ihr am 18. August 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26. August 2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, sie sei bisher immer mit ihrem Begehren auf Gewährung eines Kinderzuschusses von lediglich 140,00 Euro abgewiesen worden. Ihr Lebensgefährte könne aufgrund seines Einkommens die Familie ohne Probleme ernähren und versorgen, jedoch arbeite er auf dem Bau und bekomme seinen Lohn. Er bekomme in den Wintermonaten viel weniger Lohn als im Sommer, da er, genauso wie all seine anderen Arbeitskollegen, nicht arbeiten dürfe bzw. könne, weil das Wetter sie daran hindere. Daher gebe es in seiner Firma den so genannten Winterausgleich. Sie hätten daher zwei Winter lang so gut wie kein Geld gehabt, weil man unfair mit ihrer finanziellen Lage umgegangen sei. Inzwischen habe sich die finanzielle Lage noch mehr zugespitzt. Ihr Lebensgefährte werde seine Arbeitsstelle am 31. August 2010 verlieren, dann werde er nur noch Arbeitslosengeld bekommen. Sie sei der Meinung, dass sie Anrecht wenigstens auf die Bewilligung bzw. Nachzahlung für die Wintermonate 2008 und 2009 bzw. bis März 2010 habe. Im Übrigen führt die Klägerin aus, dass das SG der Meinung sei, sie habe die Klage auch jemanden anvertrauen können, der sie zur Post bringe, sei eine Sache, wie man aber behaupten könne, sie müsse wissen wie lange die Erkrankung ihres Sohnes andauere, sei ihr sehr unverständlich.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. August 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Kinderzuschlag nach § 6a BKGG in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte führt zur Begründung ihres Antrags aus, die am 4. März 2009 bei dem SG eingegangene Klage sei verspätet erhoben und daher unzulässig.
Auf einen Hinweis des Berichterstatters hin hat die Klägerin mitgeteilt, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, die Post damals rechtzeitig zu versenden. Ihr Sohn sei ein Frühchen und sehr oft krank. Leider habe sie hier niemanden, der ihr helfen könne. Mit den Großeltern habe sie keinen Kontakt, ihre Mutter habe kein Auto und habe sie nicht unterstützen können. Sie habe ihren Sohn, der sehr hohes Fieber gehabt habe, verständlicherweise nicht mit zur Post nehmen können, die am anderen Ende der Stadt liege. Die Angst um ihr Kind sei einfach zu groß gewesen. Wenn es ihr möglich gewesen wäre, wäre sie ihrer Sorgfaltspflicht selbstverständlich nachgekommen.
Die Klägerin legte auch eine Bestätigung des Kinderarztes Dr. I. vom 11. Oktober 2010, in der dieser mitteilt: "Ich bestätige, dass Le. am 12.08.2008 (Mittelohrentzündung), am 26.06.2009 (hochfieberhafte Magen-Darm-Infektion), sowie am 14.06.2010 (Insektenstichallergie) in Begleitung seiner Mutter bei uns in der Sprechstunde war."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Berufungsakte des LSG sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der Senat konnte, nachdem die Beteiligten hiermit einverstanden waren, gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte - der Wert des Beschwerdegegenstands überschreitet den Betrag von 750,00 Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) - Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht § 151 Abs. 1 SGG eingelegt. In der Sache ist sie jedoch ohne Erfolg, das SG hat die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen. Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Nur ergänzend sei ausgeführt, dass der Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2009, der eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung enthalten hatte, am 29. Januar 2009 zur Post aufgegeben und der Klägerin mittels einfachem Brief bekanntgegeben wurde; er gilt damit als der Klägerin am 1. Februar 2009 bekanntgegeben (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Die Klage ist erst nach Ablauf der Klagefrist (§ 87 Abs. 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG) am (Montag) 2. März 2009, nämlich am 4. März 2009, beim SG eingegangen. Damit ist der Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2009 bestandskräftig geworden war; er bindet daher die Klägerin und die Beklagte (§ 77 SGG). Von dieser Bindung kann das Gericht nicht absehen.
Lediglich im Fall der unverschuldeten Versäumung einer gesetzlichen Frist - hier der einmonatigen Klagefrist (§ 87 Abs. 1 SGG) -, ist auf Antrag des Betroffenen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs. 1 SGG). Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (vgl. dazu § 67 Abs. 2 SGG).
Als Grund für die Versäumung der bis zum 2. März 2009 laufenden Klagefrist hat die Klägerin die Erkrankung ihres Kindes und die insoweit erforderliche Fürsorge angegeben, jedoch hat Dr. I. eine Erkrankung bzw. Behandlung des Kindes im Zeitraum Februar/ März 2009 nicht bestätigt. Eine sonstige, nicht ärztlich behandelte Erkrankung des Kindes war ebenso wenig durch die Klägerin glaubhaft gemacht worden, wie der Grund dafür, weshalb diese Erkrankung - so sie denn bestanden hat - die Klägerin gehindert hat, den bereits am 19. Februar 2009 geschriebenen Brief rechtzeitig in den Briefkasten einzuwerfen.
Daher war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren, die Klage ist damit erst nach Ablauf der Klagefrist (§ 87 Abs. 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG) erhoben worden. Damit war der angefochtene Bescheid vom 17. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2009 bestandskräftig und bindend geworden (§ 77 SGG); dem Senat ist daher eine materiell-rechtliche Prüfung verwehrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem Begehren in beiden Instanzen unterlegen ist.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
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