L 9 R 4147/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 4595/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4147/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. August 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1960 geborene Klägerin kam im November 1978 aus der T. in die Bundesrepublik Deutschland. Sie hat keinen Beruf erlernt und war von August 1979 bis Oktober 1979 als Fabrikarbeiterin und von 2000 bis März 2006 als Reinemachefrau versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist sie arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.

Vom 21.2. bis 14.3.2007 befand sich die Klägerin in der Rehaklinik Ü ... Die dortigen Ärzte stellten bei ihr ein Bewegungs- und Belastungsdefizit des rechten Armes bei Zustand nach Supraspinatussehenruptur rechts und offener Refixation (März 2006), eine somatoforme Schmerzstörung sowie ein metabolisches Syndrom fest. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinemachefrau sei der Klägerin nicht mehr zumutbar. Sie sei jedoch in der Lage, leichte Arbeiten ohne längere Zwangshaltungen und ohne Arbeiten bei Armvorhaltung rechts sechs Stunden und mehr zu verrichten.

Im Juni 2007 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ die Klägerin auf chirurgischem und nervenärztlichem Gebiet begutachten.

Der Chirurg Dr. B. stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 15.8.2007 folgende Gesundheitsstörungen fest: Schmerzhafte Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk mit Minderbelastbarkeit des rechten Armes nach operativer Revision der Rotatorenmanschettenruptur (März 2006), chronisch rezidivierendes HWS-LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen, Fehlhaltung, schmerzhafte Funktionseinschränkung sowie eine somatoforme Schmerzstörung. Er führte aus, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinemachefrau sei nicht mehr leidensgerecht. Leichte Tätigkeiten könne die Klägerin dagegen noch sechs Stunden und mehr verrichten. Einschränkungen bestünden für Tätigkeiten mit langem Stehen, häufigem Bücken, für kniende und H.ende Tätigkeiten, für das Besteigen von Leitern und Gerüsten, für Überkopfarbeiten, körperferne Tätigkeiten sowie für das repetitive Bewegen von Gewichten von 5 kg mit dem rechten Arm. Auch Tätigkeiten unter erhöhter Unfallgefahr und Schichtarbeiten seien nicht mehr leidensgerecht.

Der Neurologe und Psychiater Dr. H. stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 8.8.2007 eine Somatisierungsstörung, eine rezidivierende depressive Störung, aktuell unter Medikation leichtgradig, sowie ein Schulterarmsyndrom rechts fest. Er gelangte zum Ergebnis, die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, ihrem Beruf als Reinemachefrau nachzugehen. Wegen der aktuell gebotenen Schwere der Symptomatik sei sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt derzeit nur drei bis unter sechs Stunden einsetzbar. Allerdings seien die hier gezeigten Symptome einer Therapie zugänglich, so dass eine Behandlung in einer psychosomatisch-orthopädischen Klinik erfolgen sollte. Hierzu führte Dr. B. in seiner abschließenden Beurteilung aus, die Klägerin habe bereits ein stationäres Heilverfahren absolviert und sei als vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen worden. Im Vordergrund hätten Veränderungen und Einschränkungen des rechten Armes gestanden; die von Dr. H. im Gutachten genannte somatoforme Schmerzstörung sei ebenfalls berücksichtigt worden. In Anbetracht dieser Situation liege ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen vor; ein stationäres Heilverfahren vor Ablauf der Vierjahresfrist sei nicht dringend erforderlich.

Mit Bescheid vom 17.9.2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 4.12.2007 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 19.12.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben, mit der sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt.

Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt.

Der Neurologe und Psychiater Dr. E. hat im Februar 2008 erklärt, der letzte Kontakt zur Klägerin habe im Januar 2004 bestanden. Einen für Juni 2007 vereinbarten Termin habe die Klägerin nicht wahrgenommen. Die Ärztin für Neurologie und Psychotherapeutische Medizin Dr. von B. hat im Februar 2008 mitgeteilt, sie habe die Klägerin zwischen dem 15.5.2007 und 23.1.2008 behandelt. Bei der Klägerin liege eine Somatisierungsstörung vor, das maßgebliche Leiden liege auf psychiatrischem Fachgebiet. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. H. hat im Februar 2008 angegeben, er behandle die Klägerin seit August 1995. Seines Erachtens sei sie nicht mehr in der Lage, täglich eine Tätigkeit von drei Stunden und mehr auszuüben. Das Hauptgewicht der Leiden liege auf psychiatrischem und orthopädischem Gebiet. Derzeit befinde sich die Klägerin in stationärer Behandlung der psychiatrischen Abteilung des Kreiskrankenhauses T. wegen einer Depression.

Nach Beiziehung des Entlassungsberichts des Kreiskrankenhauses T. vom April 2008 (stationärer Aufenthalt vom 25.2. bis 5.3.2008; Diagnosen: schwere depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung) beauftragte das SG Dr. H., Chefarzt der Klinik für Suchttherapie am Klinikum am W., mit der Erstattung eines nervenärztlichen Gutachtens. Im Gutachten vom 6.9.2008 diagnostizierte dieser bei der Klägerin auf neurologischem Fachgebiet degenerative Veränderungen der Wirbelsäule ohne neurologische Ausfallserscheinungen und auf psychiatrischem Fachgebiet eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine leichte depressive Episode. Er gelangte zum Ergebnis, eine Tätigkeit als Reinemachefrau sei der Klägerin nicht mehr möglich. Sie sei jedoch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne gleichförmige Körperhaltungen, ohne Überkopfarbeiten acht Stunden täglich zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken, häufiges Treppensteigen, Arbeiten unter Kälteeinfluss oder im Freien sowie Akkordarbeiten, Wechselschichten und Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, mit besonderen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration sowie mit erhöhter Verantwortung oder besonders hoher geistiger Beanspruchung.

Die Klägerin hat eine ärztliche Bescheinigung von Dr. M. vom Oktober 2008 vorgelegt der darin ausführt, wegen einer ausgeprägten Depression und eines stark ausgeprägten Fibro-myalgiesyndroms sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erbringen. Ferner hat sie Arztbriefe des Kreiskrankenhauses T. über stationäre Behandlungen vom 20.11. bis 8.12.2008 in der psychiatrischen Abteilung und vom 8.12. bis 12.12.2008 in der internistischen Abteilung vorgelegt.

Die Beklagte hat dazu eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. H. vom 25.3.2009 vorgelegt, der darin ausführt, auch die nunmehr vorgelegten Entlassungsberichte erlaubten keine Einschränkung für leichte Arbeiten auf unter sechs Stunden täglich.

Mit Gerichtsbescheid vom 19.8.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, denn sie sei zur Überzeugung des Gericht in der Lage, leichte Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Diese Feststellung zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen entnehme das Gericht dem Gesamtergebnis der Ermittlungen und der medizinischen Beweisaufnahme, insbesondere dem im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten von Dr. H. sowie dem im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten von Dr. B ... Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig. Denn bei ihrer Tätigkeit als Reinemachefrau handle es sich um eine ungelernte Tätigkeit, so dass die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen den am 28.8.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 9.9.2009 Berufung eingelegt und vorgetragen, sie halte den Gerichtsbescheid für rechtswidrig. Aufgrund ihres angegriffenen Gesundheitszustandes sei sie außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Gerichtsbescheid beruhe auf einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung und einer unzureichenden Würdigung der erhobenen Beweismittel. Angesichts der Tatsache, dass sie etwa drei Monate nach der Untersuchung durch Dr. H. wieder wegen einer schweren rezidivierenden depressiven Störung stationär in die psychiatrische Abteilung des Kreiskrankenhauses T. aufgenommen und dort ca. drei Wochen behandelt worden sei, könne sie nicht nachvollziehen, dass das SG lediglich von einer leichten depressiven Episode im Grenzbereich zu einer mittel-gradigen depressiven Episode ausgehe und ein vollschichtiges Leistungsvermögen angenommen habe. Zudem ergebe sich aus dem Bericht des Kreiskrankenhauses T., dass sie Anfang 2008 ihre behandelnde Psychiaterin gewechselt habe. Insoweit hätte sich das SG gedrängt fühlen müssen, die nunmehr behandelnde Psychiaterin als Zeugin zu hören.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2007 aufzuheben, und ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung und weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. Juni 2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.

Der Senat hat Dr. Sch., Chefarzt der Abteilung Allgemeine Psychiatrie des Psychiatrischen Zentrums N., mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. Dieser ist im Gutachten vom 5.8.2010 zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin lägen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine leichtgradige depressive Störung vor. Aufgrund dieser Erkrankungen könne die Klägerin Tätigkeiten, die mit erhöhter Stressbelastung oder unphysiologischen psychovegetativen Belastungen einhergingen, nicht mehr verrichten. Auch Tätigkeiten mit anhaltend hohen Anforderungen an die Aufmerksamkeit und mit der Notwendigkeit sofortigen Handelns kämen für sie nicht mehr in Betracht. Zu vermeiden seien auch körperlich schwere oder anhaltend mittelschwere Tätigkeiten sowie Tätigkeiten mit Zwangshaltungen und einseitiger Körperhaltung sowie Überkopfarbeiten. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, vollschichtig, dass heißt bis zu acht Stunden täglich an fünf Tagen pro Woche, zu arbeiten. Die Klägerin sei auch in der Lage, eine Wegstrecke von 500 m viermal täglich zu Fuß zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Für eine Strecke von 500 m dürfte die Klägerin deutlich weniger als 15 Minuten benötigen.

Die Klägerin hat eine Bescheinigung von Dr. H. vom September 2010 vorgelegt, der darin ausführt, alleine durch die Einschränkung des rechten Armes - unabhängig von der Schwere der Depression - sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Außerdem hat die Klägerin einen Arztbrief des Arztes für Anästhesie und spezielle Schmerztherapie Dr. K. vom September 2010 vorgelegt, der über eine ambulante Vorstellung der Klägerin vom 3.9.2010 berichtet und zusammenfassend darlegt, er sehe nur die Möglichkeit, nach Abschluss der Akupunkturbehandlung, falls diese keinen Erfolg bringe, eine multimodale stationäre Schmerztherapie mit intensiver psychologischer Betreuung einzuleiten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.

Ergänzend ist auszuführen, dass sich eine Erwerbsminderung der Klägerin, d.h. ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, auch zur Überzeugung des Senats nicht belegen lässt. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus einer Gesamtwürdigung der medizinischen Unterlagen, insbesondere des Entlassungsberichts der Rehaklinik Ü. sowie der Gutachten des Chirurgen Dr. B. und der Neurologen und Psychiater Dr. H. und Dr. Sch ...

Bei der Klägerin liegen im Wesentlichen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet vor. Diese führen zwar zu qualitativen Einschränkungen und dazu, dass die Klägerin nicht mehr als Reinigungskraft tätig sein kann, hindern sie jedoch nicht daran, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich zu verrichten. Bei der Klägerin liegen eine schmerzhafte Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenks mit Minderbelastbarkeit des rechten Arms nach operativer Revision einer Rotatorenmanschetten-ruptur (Arbeitsunfall vom März 2006), ein chronisch-rezidivierendes HWS-LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine leichtgradige depressive Störung vor.

Die oben genannten Gesundheitsstörungen führen dazu, dass die Klägerin keine Tätigkeiten mit langem Stehen, häufigem Bücken, Knien und Hocken und erhöhter Unfallgefahr (u. a. Besteigen von Leitern und Gerüsten) und besonderer Belastung der rechten Schulter (Überkopfarbeiten, körperferne Tätigkeiten, wiederholtes Bewegen von Gewichten über 5 kg mit dem rechten Arm), mit erhöhter Stressbelastung (erhöhter Zeitdruck, Akkord) und unphysiologischen psychovegetativen Belastungen (Nachtarbeit), hohen Anforderungen an die Aufmerksamkeit (Überwachungstätigkeit, Tätigkeit an laufenden Maschinen, Notwendigkeit sofortigen Intervenierens) mehr verrichten kann. Sie ist jedoch nicht gehindert, körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der im Wesentlichen übereinstimmenden Beurteilungen des Chirurgen Dr. B. sowie der Neurologen und Psychiaters Dr. H. und Dr. Sch. sowie der Ärzte der Rehaklinik Ü ...

Der abweichenden Beurteilung der behandelnden Ärzte, der Neurologin und Ärztin für Psychotherapie Dr. von B. und der Ärzte für Allgemeinmedizin Dr. H. und Dr. M., die die Klägerin nicht mehr für sechs Stunden täglich leistungsfähig halten, vermochte sich der Senat nicht anzuschließen. Als behandelnde Ärzte der Klägerin haben sie sich nicht eingehend unter gutachterlichen Gesichtspunkten mit dem Leistungsvermögen der Klägerin beschäftigt und mussten sich deswegen auch nicht mit sämtlichen ärztlichen Befunden und Beurteilungen, d.h. der gesamten Aktenlage, auseinandersetzen.

Die Beurteilung von Dr. H., der ein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden annahm und ein Heilverfahren für erforderlich hielt, überzeugt den Senat nicht. Denn er hat - wie Dr. H. und Dr. Sch. - eine somatoforme Schmerzstörung und eine rezidivierende depressive Störung, damals unter Medikation leichtgradig, beschrieben und nicht nachvollziehbar begründet, warum die Klägerin nicht sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten können soll. Darüber hinaus hat er keinen Tagesablauf erhoben, keinen familienfremden Dolmetscher hinzugezogen und nicht dargelegt, welche Tätigkeiten der Klägerin - ohne Aggravation - noch möglich sind. Aus den Gutachten von Dr. H. und Dr. Sch., die die Klägerin mit Hilfe eines familienfremden Dolmetschers exploriert haben, ist dagegen abzuleiten, dass bei der Klägerin die Tagesstruktur noch erhalten ist, sie die wesentlichen Haushaltstätigkeiten (bis auf schwere Arbeiten) noch verrichtet, Interessen (Lesen von Büchern und Zeitungen, Spaziergänge, Filme ansehen, Unterhaltung mit der Tochter) und soziale Kontakte (zur Familie, zu Nachbarn) noch vorhanden sind.

Aus den nach Einholung des Gutachtens von Dr. Sch. vom 5.8.2010 vorgelegten Bescheinigungen des Neurologen und Psychiaters Dr. H. von 6.9.2007 und des Dr. K. von der Gemeinschaftspraxis Spezielle Schmerztherapie vom 6.9.2010 ergeben sich keine neuen medizinischen Gesichtspunkte. Die schmerzhafte Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk mit Minderbelastbarkeit des rechten Armes nach operativer Revision der Rotatorenmanschetten-ruptur (März 2006) ist in den gutachterlichen Beurteilungen von Dr. B., Dr. H. und Dr. Sch. mit gewürdigt worden und führt zu qualitativen Leistungseinschränkungen (keine Überkopfarbeiten, keine körperfernen Arbeiten, keine repetitives Bewegen von größerem Gewichten mit dem rechten Arm), aber nicht zu quantitativen Leistungseinschränkungen.

Da die Klägerin leichte Tätigkeiten noch sechs Stunden täglich verrichten kann und als ungelernte Arbeiterin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist, steht ihr Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht zu.

Nach alledem war die angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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