L 6 U 118/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 3 U 49/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 118/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger hinsichtlich eines Unfalles Versicherter in der gesetzlichen Unfallversicherung oder wie ein Versicherter zu behandeln ist.

Der 1952 geborene Kläger betrieb unter der Firma M. Bau-Service ein Bauunternehmen und war nicht freiwillig bei einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Im März 2004 führte er beim Bauvorhaben Gemeinschaftshaus P. Trockenbauarbeiten aus. Grundlage war ein Nachunternehmervertrag mit der Fa. S. P. und A. GmbH vom 10. November 2003, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 70-79 d. A. Bezug genommen wird. Der Kläger, der im Übrigen keine Arbeitnehmer beschäftigte, schaltete in die Bauausführung die Beigeladene und den Zeugen D. ein, der ebenfalls als selbständiger Bauunternehmer allein tätig war. Da die S. GmbH die auszuführenden Arbeiten nur über einen Vertragspartner abwickeln wollte, bestanden zwischen ihr und den weiteren Unternehmern keine Verträge. Mit der Beigeladenen schloss der Kläger den Vertrag vom 12. Januar 2004, Bl. 108 d. A., wonach beide die Montageaufträge der Fa. S. GmbH als gleichberechtigte Partner abwickeln wollten.

Am 3. März 2004 benötigte der Kläger für die Fortsetzung der Arbeiten ein vom Bauherrn gestelltes Rollgerüst, an dem jedoch zwei Rollen fehlten. Um die Rollen zu ersetzen, hoben der Kläger, der Gesellschafter der Beigeladenen Herr P. und ein Arbeitnehmer der Beigeladenen das Gerüst an. Der Zeuge D. stand mit mindestens einer Rolle bereit, um diese anzureichen. Bei dem Hebevorgang geriet das Gerüst aus dem Gleichgewicht und fiel in Richtung des Klägers, der sich dabei einen Sprunggelenksbruch rechts zuzog.

Der Kläger machte gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich Beklagte) mit Schreiben vom 6. Mai 2004 geltend, bei dem Unfall habe es sich um einen Arbeitsunfall auf einer gemeinsamen Betriebsstätte gehandelt. Seine Firma und die Beigeladene hätten auf einer Baustelle gearbeitet und dazu eine Vereinbarung über eine gemeinsame Abwicklung geschlossen. Im Rahmen dieser Vereinbarung hätten gegenseitige Hilfeleistungen stattgefunden, wobei es zu dem Unfall gekommen sei.

Mit Schreiben vom 17. Mai 2004 lehnte die Beklagte die Feststellung eines Arbeitsunfalles ab, weil der Kläger nicht versichert gewesen sei. Sie verwies auf ein Schreiben vom 10. März 2004, mit dem sie dem Kläger eine Durchschrift eines Schreibens an einen Rettungsflugdienst übersandt hatte, dem gegenüber sie die Kostenübernahme für den Rettungstransport vom 3. März 2004 abgelehnt hatte. Keinem dieser Schreiben war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.

Mit Schreiben vom 7. Juli 2005 beantragte der Kläger unter Hinweis auf ein ausgesetztes Verfahren über eine von ihm erhobene Schadensersatzklage den Erlass eines Bescheides. Er trug ergänzend vor, die Rollen des Rollgerüstes seien von der Beigeladenen entfernt worden.

Nach dem Hinweis der Beklagten, das Schreiben vom 17. Mai 2004 sei bereits ein Verwaltungsakt, beantragte der Kläger dessen Rücknahme und wies auf § 105 Abs. 2 S. 2 SGB VII hin.

Die Beigeladene, der das Schreiben vom 17. Mai 2004 erst im September 2005 bekannt geworden war, legte dagegen im gleichen Monat Widerspruch ein und ergänzte zum Sachverhalt, das Versetzen des Gerüstes habe nicht zu ihrem Vertragsumfang gehört, sondern allein im Interesse des Klägers gelegen. Herr P. und ihr Arbeitnehmer seien als Wie-Beschäftigte im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII im Sinne von § 105 Abs. 1, 2 S. 1, 2 SGB VII im Betrieb des Klägers tätig gewesen. Zumindest handele es sich um den Fall des § 106 Abs. 3 letzter Fall SGB VII.

Die Beklagte zog die Schadensersatzakte bei und nahm Auszüge daraus zu ihrer Akte. In dem Prozess hatte der Kläger vorgetragen, die drei beteiligten Firmen seien insgesamt in enger kooperativer Zusammenarbeit vorgegangen. Teilweise seien Arbeitsabschnitte getrennt ausgeführt worden, teilweise aber auch gemeinsam. Bei Lieferungen von Material habe man dieses gemeinsam abgeladen. Bestimmend für die Vorgehensweise sei die Einhaltung von Terminen gewesen. Die Beigeladene sei nicht Subunternehmerin gewesen, sondern habe mit dem Kläger gleichberechtigt zusammenarbeiten können. Die Beigeladene hatte vorgetragen, der auf den 12. Januar 2004 datierte Kooperationsvertrag sei erst unterzeichnet worden, als Herr P. den Kläger im Krankenhaus besucht habe. Da sie selbst keinen Vertrag mit der S. GmbH gehabt habe, sei sie Subunternehmerin des Klägers gewesen.

Mit Bescheid vom 1. August 2006 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 17. Mai 2004 ab. Sie führte aus, ein Leistungsanspruch nach § 105 Abs. 2 S. 2 SGB VII scheide aus. Denn ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch komme dem Grunde nach nicht in Betracht, da die Unfallursache ungeklärt sei. Ein Verschulden von Mitarbeitern der Beigeladenen sei nicht bewiesen.

Mit dem noch im August 2006 erhobenen Widerspruch berief der Kläger sich wegen des Verschuldens auf den Zeugen Damm. Dieser gab auf schriftliche Fragen der Beklagten unter dem 6. Januar 2007 an, er habe den Unfall gesehen. Der Kläger und zwei Mitarbeiter der Beigeladenen hätten ein Rad in die Rollrüstung einbauen wollen, wobei diese umgekippt und auf den Kläger gefallen sei, der sich verletzt habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2007 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, auch die Angaben des Zeugen D. hätten keine Hinweise auf ein unfallursächliches Verschulden ergeben. Die Voraussetzungen des § 106 Abs. 3 SGB VII seien aber auch deswegen nicht erfüllt, weil diese Vorschrift nur das Verhältnis Versicherter untereinander regele.

Mit der am 12. Juni 2007 erhobenen Klage gegen den Bescheid hat der Kläger sein Anliegen weiter verfolgt.

Mit Urteil vom 5. September 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Rücknahme des Bescheides der Beklagten vom 17. Mai 2004. Der Kläger sei weder kraft Gesetzes noch freiwillig bei der Beklagten unfallversichert gewesen. Er sei auch nicht im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII wie ein Versicherter tätig gewesen. Er sei beim Umsetzen der Rollrüstung nicht im fremden, sondern im eigenen Interesse tätig gewesen. Er habe auch nicht nach § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII i. V. m. § 105 Abs. 2 S. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII erfasse nach seinem Wortlaut nur Versicherte, zu denen der Kläger nicht gehöre. Werde der nicht versicherte Unternehmer im eigenen Interesse in einem anderen Betrieb tätig, würden Schädiger und Geschädigter nicht in demselben Betrieb tätig und sei § 105 Abs. 2 SGB VII nicht auf den unversicherten Unternehmer anwendbar.

Gegen das ihm am 8. Oktober 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. November 2007 Berufung eingelegt. Er ergänzt sein Vorbringen dahin, er sei zum Unfallzeitpunkt als Wie-Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII versichert gewesen. Er habe in der fraglichen Zeit gemeinsam mit der Beigeladenen im Bereich der Bühne gearbeitet. Die Initiative zur Anbringung der Rollen am Rollgerüst sei von der Beigeladenen ausgegangen. Er sei deshalb abhängig und weisungsgebunden tätig geworden. Den Auftrag der S. GmbH habe er nicht allein abwickeln können. Deshalb habe er die Beigeladene hinzugezogen. Er und die Beigeladene hätten im beiderseitigen Interesse den Auftrag der S. GmbH erledigt.

Im Erörterungstermin vom 13. Dezember 2010 hat der Kläger erklärt, anfangs habe er die mit der S. GmbH vereinbarten Arbeiten noch allein ausgeführt. Später habe er mit der Beigeladenen und dem Zeugen D. Arbeitsort und Arbeitsaufgabe nach dem Inhalt der Baubesprechungen und dem Baufortschritt abgesprochen und abgestimmt. Oberster Maßstab sei dabei die Einhaltung der Termine gewesen. Im Verhältnis zwischen ihm, der Beigeladenen und dem Zeugen Damm habe niemand Anweisungen geben können. Eine Zusammenarbeit im Sinne eines unmittelbar arbeitsteiligen Vorgehens sei ständig vorgekommen. In anderen Situationen sei auch räumlich getrennt gearbeitet worden. Eine Aufteilung der Arbeiten in selbständig wahrzunehmende Abschnitte sei aber nicht möglich gewesen. Er erinnere sich weder, weshalb an dem Rollgerüst Räder gefehlt hätten, noch wer damit habe Arbeiten durchführen wollen bzw. welcher Art diese waren.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 5. September 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 1. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2007 aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 17. Mai 2004 aufzuheben und das Ereignis vom 3. März 2004 als Arbeitsunfall festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bleibt bei ihrem Vorbringen und schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts an.

Die Beigeladene (Beschluss vom 20. März 2009) stellt keinen Antrag und behauptet, zum Unfallzeitpunkt sei sie nicht im Unfallbereich tätig gewesen, sondern im Auftrag des Klägers an einer anderen Stelle. Zwischen ihr und dem Kläger habe es einen mündlichen Vertrag gegeben. Die Rahmenvereinbarung vom 12. Januar 2004 stelle sie nicht in Abrede; diese konkretisiere die Arbeiten jedoch nicht. Im Erörterungstermin vom 13. Dezember 2010 hat Herr P. für die Beklagte die Darstellung des Klägers bestätigt; insbesondere sei es immer wieder zu Verquickungen der Arbeiten gekommen. Auch er wisse nicht mehr, weshalb an der Rollrüstung Räder gefehlt hätten.

Das Gericht hat im Erörterungstermin vom 13. Dezember 2010 den Zeugen D. vernommen. Er hat im Wesentlichen ausgesagt, er habe die Arbeiten für die S. GmbH hauptsächlich mit dem Kläger zusammen ausgeführt und mit der Beigeladenen eigentlich nichts zu tun gehabt. Die Arbeiten seien überwiegend nach Bedarf geteilt worden und von den Beteiligten nebeneinander für sich ausgeführt worden. Dies sei die typische Verfahrensweise gewesen, wobei aber auch gegenseitige Hilfen erforderlich gewesen seien. Er habe keine Erinnerung mehr, warum die Rollrüstung habe umgesetzt werden sollen, warum an ihr Räder fehlten und wie es zu dem Unfall gekommen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift, Bl. 149 f. d. A., verwiesen.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Die Akte der Beklagten zu dem Unfallereignis – Az. hat bei der Entscheidungsfindung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 1. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2007 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil die Beklagte darin rechtmäßig die Aufhebung des Bescheides vom 17. Mai 2004 abgelehnt hat. Denn auf dessen Aufhebung durch die Beklagte hat der Kläger nach § 44 Abs. 1 S. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) keinen Anspruch, weil der Bescheid weder durch fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung noch durch falsches Rechtsverständnis Sozialleistungen verhindert hat; er ist im Ergebnis rechtmäßig.

Bei dem Schreiben vom 17. Mai 2004 handelt es sich um einen schriftlichen Verwaltungsakt. Denn in dem Schreiben legt die Beklagte dem Kläger mit dem Anspruch auf Verbindlichkeit dar, was bezüglich der aufgeworfenen Frage nach dem Ereignis vom 3. März 2004 als Arbeitsunfall für ihn gelten soll. Dies sind die Merkmale einer einzelfallbezogenen Regelung mit Außenwirkung, die nach § 31 S. 1 SGB X einen Verwaltungsakt ausmachen. Angesichts dieses eindeutigen Inhalts tritt das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung, das für sich gegen die Absicht zum Erlass eines schriftlichen Verwaltungsaktes spricht, in seiner Bedeutung für die Auslegung zurück.

Der Verwaltungsakt vom 17. Mai 2004 war rechtmäßig. Der Unfall des Klägers vom 3. März 2004 war mangels einer bestehenden Versicherung oder einer Behandlung des Klägers wie im Falle seiner Versicherung kein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII – G. v. 17.8.1996, BGBl. I S. 1254).

Der Kläger war bei dem Unfall nicht im Sinne einer Scheinselbständigkeit als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Eine persönliche Abhängigkeit bestand nicht. Wie aus seinem Vortrag zu Folgeaufträgen nach Abschluss des Bauvorhabens Gemeinschaftshaus P. hervorgeht, suchte er sich selbst Aufträge unter eigener kaufmännischer Verantwortung und vereinbarte vorhabenbezogene Preise als Grundlage seiner Einkünfte. Aber auch innerhalb der Tätigkeit als Subunternehmer für die Firma S. GmbH weist seine Tätigkeit die Merkmale von Selbständigkeit auf. So wurde der Kläger unter Einbeziehung der Verdingungsordnung für Bauleistungen tätig, die Regelungen für die Bautätigkeit selbständiger Unternehmer enthält. Die Abrechnung erfolgte im Wesentlichen nach Einheitspreisen, Aufmaß und Baufortschritt. Die Zahl der am Bau Tätigen war der Disposition des Klägers überlassen; eine persönliche Arbeitsleistung war nicht vereinbart. Die Beschaffung der erforderlichen Ausstattung oblag dem Kläger, wie Regelungen über den Gefahrübergang für Materiallieferungen und eine prozentuale Beteiligung an Baukosten für Strom und Wasser verdeutlichen. Die Gesamtheit dieser Bestimmungen deutet darauf hin, dass der Kläger in einer im Bauwesen typischen Weise aufgrund eigener Kosten- und Gewinnkalkulation tätig wurde. Für eine andere Vertragsabwicklung fehlen Hinweise. Vielmehr deutet auch die vom Kläger angegebene Einschaltung von weiteren, ihm bekannten Baufirmen nach eigener Wahl auf seine selbständige Stellung hin.

Der Kläger war auch nicht im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII wie ein Beschäftigter tätig. Für die allgemeine Tätigkeit beim Bauvorhaben Gemeinschaftshaus P. gilt dies schon deshalb, weil er dabei als selbständiger Unternehmer in Angelegenheiten seines eigenen Geschäfts tätig war (vgl. BSG, Urt. v. 26.6.2007 – B 2 U 35/06 R – Juris, Rdnr. 17 ff.).

Aber auch bei der konkreten Verrichtung zum Zeitpunkt des Unfalls, dem Anheben eines Rollgerüsts, war der Kläger nicht wie ein Beschäftigter tätig. Denn die Verrichtung war in keiner Hinsicht fremdnützig; sie ging über die Erledigung der eigenen Aufgaben als selbständiger Unternehmer nicht hinaus. Es lässt sich nicht feststellen, dass nicht er, sondern die Beigeladene oder gar der Zeuge D. aus ihrem Interesse Veranlassung zur Anhebung des Rollgerüstes gegeben hätten. Dies hat niemand behauptet und ist auch nicht Inhalt der Aussage des Zeugen D., der insoweit glaubhaft keine Erinnerung mehr hat. Völlig unbeachtlich ist insoweit, ob ein Vertreter der Beigeladenen den Vorschlag zu der konkreten Verfahrensweise gemacht hat. Denn daraus folgt nicht, dass auch Interessen der Beigeladenen verfolgt worden sein müssen. Auch ergibt sich eine Fremdnützigkeit für die Beigeladene nicht daraus, dass deren Beteiligte zuvor Räder von dem Rollgerüst abmontiert hätten und daraus zur erneuten Anbringung verpflichtet gewesen wären. Die entsprechende Behauptung hat der Kläger im Termin vor dem Berichterstatter nicht aufrecht erhalten, sondern sich mangels entsprechender Erinnerung auf die Angabe beschränkt; er wisse nur noch, dass das Gerüst über längere Zeit außer Funktion gewesen sei. Auch Herr P. und der Zeuge D. haben nicht angeben können, warum an dem Gerüst Räder fehlten.

Der Kläger ist auch nicht gem. § 105 Abs. 2 S. 2 SGB VII als Versicherter zu behandeln. Insoweit fehlt es an der Voraussetzung, wonach die Personen, die ihn möglicher Weise geschädigt haben, seinem Betrieb angehört haben müssen. Diese Voraussetzung ergibt sich aus der Verweisung des § 105 Abs. 2 S. 2 SGB VII auf Satz 1 der Vorschrift, der wiederum auf § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII verweist. Weder der Mitgesellschafter der Beigeladenen P. noch der an der Anhebung des Rollgerüstes beteiligte Arbeitnehmer der Beigeladenen waren für das Unternehmen des Klägers tätig, womit ihre Zugehörigkeit zu seinem Betrieb ausscheidet. Ungeachtet möglicher weiterer einengender Merkmale eines Betriebes bezeichnet der Begriff des Unternehmens jedenfalls die äußerste Grenze des Betriebsbegriffs (BSG, Urt. v. 26.6.2007 – B 2 U 17/06 R – zitiert nach Juris, Rdnr. 23).

Herr P. war nicht für das Unternehmen des Klägers tätig, sondern für die Beigeladene als deren Gesellschafter. Denn diese hatte die Versetzung des Rollgerüstes zum Inhalt ihrer eigenen unternehmerischen Tätigkeit bei dem Bauvorhaben gemacht. Sie hatte sich nämlich – durch Herrn P. als Vertreter – zu solchen Hilfeleistungen bei der Bauausführung, verpflichtet, indem sie vertraglich die Zusammenarbeit mit dem Kläger vereinbarte. Dies ergibt sich aus der am 12. Januar 2004 geschlossenen Vereinbarung. Wann genau der Vertrag unterschrieben worden ist, kann insoweit dahinstehen, weil auch die Beigeladene, die einen Abschluss des schriftlichen Vertrages vor dem Unfall bestritten hat, deren inhaltliche Maßgeblichkeit für das Verhältnis des Klägers und der Beigeladenen ausdrücklich nicht in Frage stellen will.

Nach der Vereinbarung verabreden der Kläger und Herr P. für ihre jeweiligen Bauunternehmen die Abwicklung von Montageaufträgen der S. GmbH. Schon danach ist es gemeinsame unternehmerische Aufgabe beider, den Einsatz des Rollgerüstes zur Abwicklung des Montageauftrages zu ermöglichen, ohne dass dies von der konkret durchgeführten Arbeit abhinge. Auch die tatsächliche Abwicklung des Vertrages lässt nicht erkennen, dass einer der Beteiligten in die Organisation des anderen einbezogen gewesen wäre. Vielmehr stellt die verabredete Gleichberechtigung sicher, dass alle anstehenden Fragen durch Absprachen zu regeln sind, was bezüglich verschiedener Vergütungsfragen wiederum ausdrücklich in der Vereinbarung geregelt ist. Nach den übereinstimmenden Angaben der Vertragsbeteiligten und des Zeugen D. ist auch die Montagetätigkeit tatsächlich nach Absprache und nur unter Vorgabe des Auftrags der S. GmbH aufgeteilt worden.

Es kann dahinstehen, in welchem Maße dem Kläger und der Beigeladenen im Rahmen der Absprachen überwiegend eine räumliche Aufteilung der Arbeiten möglich war, was die Aussage des Zeugen D. nahe legt. Dies führt im Rahmen des übergeordneten Vertragsverhältnisses jedenfalls nicht dazu, dass Hilfen bei einer absprachegemäß grundsätzlich nur von einem der Beteiligten durchgeführten Arbeit keine Angelegenheit des anderen Vertragspartners mehr wären. Eine Absprache zwischen gleichberechtigten Unternehmen im Sinne des vertraglichen Grundverhältnisses ist auch eine Bitte um Hilfe, der nachgekommen wird. Es ist gerade kennzeichnend für das Vertragsverhältnis, dass die Sache selbst, nämlich die termingerechte Abarbeitung des Auftrags der S. GmbH, die jeweilige Unternehmenstätigkeit prägt, ohne dass aus dem Vertrag konkrete Verrichtungen abzuleiten oder auszuschließen sind, soweit sich dies nicht unmittelbar aus dem Erfüllungszweck gegenüber der S. GmbH ergibt. Im Verhältnis des Gesellschafters der Beigeladenen P. zum Kläger ist danach eine Fremdnützigkeit seiner Tätigkeit, die eine organisatorische Einbeziehung wie bei einem Beschäftigten mit sich brächte, auszuschließen.

Der beim schädigenden Vorgang beteiligte Arbeitnehmer der Beigeladenen ist ebenfalls nicht im Betrieb des Klägers, sondern im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für die Beigeladene tätig geworden. Denn er diente nach den vorstehenden Erwägungen seinem Beschäftigungsunternehmen, was der Inhalt seines Arbeitsvertrages war. Dies zeigt sich daran, dass er auch im Übrigen die als Geschäft der Beigeladenen zu erledigenden Bauarbeiten ausführte.

Eine Arbeitsgemeinschaft, angesichts derer sich der Umfang des Haftungsausschlusses anders gestalten könnte, haben der Kläger und die Beigeladene nicht vereinbart. Dazu fehlt es bereits an der Vereinbarung einer einheitlichen Leitung für die gemeinsame Arbeit. Denn diese ist Voraussetzung für eine Arbeitsgemeinschaft (Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 104 Nr. 8.4; Gürtner in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 3. Aufl., § 104 Rdnr. 12). Im Hinblick auf die Arbeitskoordination nach Absprache und den Ausschluss einer Weisungsbefugnis liegt hier eine einheitliche Leitung aber nicht vor.

Die Gleichstellung mit einem Versicherten nach § 105 Abs. 2 S. 2 SGB VII wird auch nicht über § 106 Abs. 3, letzter Fall SGB VII vermittelt, denn diese Vorschrift erfasst nicht Schäden eines unversicherten Unternehmers (BSG, Urt. v. 26.6.2007 – B 2 U 17/06 R – Juris Rdnr. 24 ff.). Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Denn diese ordnet Rechtsfolgen allein in Bezug auf die Ersatzpflicht der für die beteiligten Unternehmen Tätigen untereinander an; darum geht es bei Leistungen der Beklagten und der vorangehenden Feststellung eines Versicherungsfalls nicht. Die im Wege der Verweisung angeordnete Geltung der §§ 104 f. SGB VII hat nur die vorgenannte Reichweite, weil sie nur "für die Ersatzpflicht " wirkt.

Gegen diese Auslegung spricht nicht ein Bedürfnis, im Rahmen der Systematik von §§ 104 ff. SGB VII die dort geregelten Haftungsausschlüsse mit Ansprüchen der jeweils Geschädigten gegen die gesetzliche Unfallversicherung zu verbinden. Denn die thematische Beschränkung des § 106 Abs. 3 SGB VII auf die Ersatzpflicht führt insoweit nicht zu einem Auseinanderfallen, weil nach der Vorschrift lediglich Versicherte als Geschädigte in Betracht kommen, deren Ansprüche gegen die gesetzliche Unfallversicherung schon aus der Eigenschaft als Versicherte abzuleiten sind.

Der Zugangstatbestand des § 106 Abs. 3, letzter Fall SGB VII stellt die Versicherteneigenschaft der Zusammenwirkenden nicht nur als äußeres Anknüpfungsmerkmal für den Haftungsausschluss auf. Dafür wäre nicht erforderlich, dass auf beiden Unternehmensseiten – wie die Vorschrift weiter voraussetzt – diese Versicherten betriebliche Tätigkeiten ausüben. Denn die weiteren Voraussetzungen für den Haftungsausschluss ergeben sich aus §§ 104 f. SGB VII, auf die § 106 Abs. 3 SGB VII insoweit ohnehin verweist. Für einen äußeren Bezug zur Unfallversicherung ist die Anwesenheit Versicherter verschiedener Unternehmen auf einer gemeinsamen Betriebsstätte bereits ausreichend. Schon durch die bloße Anwesenheit Versicherter seines Betriebes wäre der Schutz des selbst nicht versicherten Unternehmers gerechtfertigt, wenn er wegen der Beitragszahlung für solche Versicherten vor eigener Haftung geschützt werden soll. Die Forderung nach betrieblichen Tätigkeiten dieser Versicherten ist nur dadurch zu erklären, dass die Rechtsfolge nur eintreten soll, wo Versicherungsschutz für den Geschädigten besteht. Für diesen Fall soll nämlich verhindert werden, dass Regressmöglichkeiten (dazu als einem Zweck der Haftungsbeschränkung nach § 105 SGB VII BSG, a.a.O., Rdnr. 18) bestehen, obwohl Schädiger und Geschädigter in einer Gefahrengemeinschaft gegen die Unfallsituation versichert sind. Eine solche gegenseitige Versicherung der Unfallsituation besteht im Falle des nicht versicherten Unternehmers allgemein nicht, wobei im Falle des Klägers hinzutritt, dass dieser als allein tätiger Unternehmer niemanden versichert hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Das Verfahren ist nach § 183 S. 1, 3 SGG gerichtskostenfrei. Der Kläger wäre – auch als Unternehmer – im Falle seines Obsiegens Leistungsempfänger gewesen. Die Erwähnung von Versicherten im Tatbestand lässt nicht etwa den Umkehrschluss zu, ein nicht Versicherter mit der Möglichkeit einer Versicherung sei insoweit durch Spezialregelung von der Kostenfreiheit ausgeschlossen.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Anwendbarkeit des § 106 Abs. 3 SGB VII auf nicht versicherte Unternehmer durch die angegebene Rechtsprechung geklärt ist.

Rechtskraft
Aus
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