S 52 R 581/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
52
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 52 R 581/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Der Klägerin werden Verschuldenskosten in Höhe von 500,- EUR auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Heranziehung der Klägerin zu Pflichtversicherungsbeiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 3.146,80 EUR betreffend den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 19. Juli 2009.

Die am 0. April 1973 geborene Klägerin ist seit dem 1. Juli 2008 Beraterin für Immobilienfinanzierungen und Bausparverträge. Sie beschäftigt keinen Arbeitnehmer. Für diese Tätigkeit bezog sie für neun Monate in der Zeit vom 1. Juli 2008 bis 31. März 2009 einen Existenzgründerzuschuss der Agentur für Arbeit.

Am 20. Juli 2009 stellte die Klägerin erstmals einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige mit einem Auftraggeber. Im Fragebogen der Beklagten gab die Klägerin u.a. an, dass sie für die T1 Bank bzw. T2 I tätig sei, nicht am Betriebssitz des Arbeitgebers arbeite und für diesen auch zuvor nicht tätig gewesen sei. Sie habe aber regelmäßige Arbeitszeiten von 50 Wochenstunden einzuhalten. Ihr Auftraggeber könne ihr Einsatzgebiet nicht ohne ihre Zustimmung verändern. Sie berate Personen, die ihr zur Auswahl genannt würden. Ihrem Antrag fügte die Klägerin nicht - wie eigentlich im Formular der Beklagten vorgegeben war - die Verträge ihrer angeblichen Vertragspartner bei.

Mit Bescheid vom 6. August 2009 befreite die Beklagte die Klägerin für den Zeitraum vom 20. Juli 2009 bis 1. Juli 2011 von der Versicherungspflicht. Die Befreiung erfolgte, da es sich um die erste bzw. zweite Existenzgründeraufnahme handelte.

Mit Bescheid ebenfalls vom 6. August 2009 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin ab dem 1. Juli 2008 bis zum 19. Juli 2009 versicherungspflichtig für ihre selbständige Tätigkeit sei. Zugleich errechnete sie die geforderte Nachzahlung mit einem Betrag von 3.146,80 EUR.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 21. August 2009 Widerspruch ein, den sie nicht begründete.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Die Klägerin hat am 26. Februar 2010 Klage erhoben, die sie zunächst nicht begründet hat.

Mit Eingangsverfügung vom 10. März 2010 hat das Gericht die Klägerin um Stellungnahme gebeten, warum der Widerspruch nicht begründet worden war. Mit gerichtlicher Verfügung vom 29. April 2010 hat das Gericht an die Klagebegründung erinnert sowie an die Erledigung der gerichtlichen Verfügung vom 10. März 2010. Darauf hat die Klägerin zunächst nicht reagiert. Das Gericht hat daraufhin am 31. Mai 2010 eine Betreibensaufforderung erlassen. Am 15. Juni 2010 ist daraufhin die Klagebegründung bei Gericht eingegangen.

Zur Begründung trägt die Klägerin vor: Sie sei im fraglichen Zeitraum als Selbständige für die Bausparkasse T2 I AG auf Provisionsbasis tätig gewesen sowie als Handelsvertreterin für die Q AG in C1 sowie für die T1 Bank AG. Sie hat ihrer Klageschrift einen Bausparkassenvertretervertrag vom 1. Juli 2008 für die Bausparkasse T2 I beigefügt sowie ein Schreiben der Bausparkasse T2 I vom 19. Juni 2008 über die Einstellung als Bezirksleiterin. In diesem Schreiben heißt es auf Seite 1, letzter Absatz, wie folgt: "Ihr künftiges Tätigkeitsgebiet umfasst die Filialen 000 und 000 der T1 Bank West eG. Die Bankenaufstellung erhalten Sie anbei. Diese Aufstellung ist Vertragsbestandteil. Die Bausparkasse kann Sie auf die Tätigkeit in Ihrem Gebiet beschränken. ( ...)". Zudem hat die Klägerin einen Handelsvertretervertrag mit der Q Filialbetrieb AG vorgelegt, der als Vertragsbeginn erst den 1. September 2009 vorsah. Wegen der weiteren Einzelheiten der eingereichten Unterlagen wird auf Bl. 26 - 52 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 6. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres klageabweisenden Antrags nimmt die Beklagte auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug. Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2010 hat die Beklagte die Klägerin auf das Fehlen des angeblichenT1 Bank - Vertrages hingewiesen (Bl. 53 der Gerichtsakte). Im Übrigen trägt die Beklagte vor: Die Q und die T2 I seien Produktpartner und würden wirtschaftlich nur einen Auftraggeber darstellen.

Das Gericht hat die Klägerin mit Verfügung vom 28. Juni 2010 aufgefordert, alle Verträge ihrer Vertragspartner im Original zu übersenden. Die Klägerin hat auf die gerichtliche Verfügung nicht reagiert.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 2. August 2010 hat das Gericht die Klägerin an die Erledigung der Verfügung vom 28. Juni 2010 erinnert. Die Klägerin hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25. August 2010 um Fristverlängerung bis zum 15. September 2010 gebeten. Am 15. September 2010 hat die Klägerin erneut um Fristverlängerung bis zum 30. September 2010 gebeten. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30. September 2010 hat die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, dass die Vertragsurkunden aufgrund eines Umzugs gegenwärtig nicht bei ihr auffindbar seien. Es werde deshalb um Terminierung gebeten. Die Klägerin werde sich bemühen, bis zum Verhandlungstermin die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Das Gericht hat mit Schreiben vom 1. Oktober 2010 der Klägerin mitgeteilt, dass die Bitte um Terminierung unverständlich sei. Eine Terminierung erfolge erst, wenn der Sachverhalt ausreichend ermittelt sei und nicht "ins Blaue hinein", solange dem Gericht und den anderen Verfahrensbeteiligten nicht alle Unterlagen zur Entscheidungsfindung vorliegen würden. Der Klägerin wurde daher nochmals aufgegeben, alle Verträge ihrer Vertragspartner im Original vorzulegen, und zwar spätestens bis zum 2. November 2010.

Am 2. November 2010 ist bei Gericht ein Anlagenkonvulut (Beiakte Heft 1) eingegangen. Darin befinden sich ein Vertrag mit der C2C2Bank eG. vom 15. Juli 2009 mit Vertragsbeginn 1. August 2009 - und damit außerhalb des hier streitgegenständlichen Zeitraums; ein Bausparkassen-Vertretervertrag mit der T2 I vom 1. August 2009 mit Vertragsbeginn 1. August 2009 - und damit ebenfalls außerhalb des hier streitgegenständlichen Zeitraums; ein Bausparkassen-Vertretervertrag mit der T2 O vom 1. Juli 2008 mit Vertragsbeginn 1. Juli 2008; ein Handelsvertretervertrag mit der Q Filialvertrieb AG vom 6. August 2009 mit Vertragsbeginn 1. September 2009 - und damit ebenfalls außerhalb des hier streitgegenständlichen Zeitraums. Wegen der Einzelheiten der eingereichten Unterlagen wird insoweit auf die Beiakte, Heft 1, Bezug genommen. Ein Vertrag mit der T1 Bank ist den Unterlagen nicht beigefügt.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 29. Oktober 2010 hat die Klägerin behauptet, dass keine wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen der T1 Bank und der Bausparkasse bestünde.

Die Beklagte trägt ergänzend vor, dass nach Vorlage der Verträge deutlich werde, dass es sich bei der Q, der T2 I, der C2C2Bank und der T1 Bank um Kooperationspartner bzw. Produktpartner handele.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20. Dezember 2010 bestreitet die Klägerin die Ausführungen der Beklagten und behauptet, diese sei "beweispflichtig für ihre ins Blaue hinein vorgetragenen Behauptungen".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 6. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2010 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Die Klägerin war im streitgegentständlichen Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 19. Juli 2009 als Selbstständige versicherungspflichtig und hat entsprechend den Feststellungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten.

Die Kammer nimmt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst Bezug auf die Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid und sieht insoweit gemäß § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab.

Ergänzend weist die Kammer auf Folgendes hin:

Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI unterliegen der Versicherungspflicht selbständig tätige Personen, die (a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, und (b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.

Die Klägerin erfüllt die vorstehend aufgeführten tatbestandlichen Voraussetzungen. Als selbständige Handelsvertreterin ist sie - dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - selbständig tätig; sie übt ihr Gewerbe insbesondere im Wesentlichen weisungsfrei auf eigene Rechnung und unter Einsatz eigenen Kapitals aus. Sie konnte und kann ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten.

Im hier nur streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis 19. Juli 2009 war die Klägerin auch nach Auffassung des Gerichts nur für einen Auftraggeber tätig, nämlich die T2 I Bausparkasse. Jedenfalls hat die Klägerin bis zur mündlichen Verhandlung nur einen Vertrag mit dieser betreffend den streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegt. Die weiterhin vorgelegten Verträge mit der Q AG oder C2C2Bank eG betreffen Zeiträume außerhalb des hier streitgegenständlichen Zeitraums; einen (angeblich) bestehenden Vertrag mit der T1 Bank hat die Klägerin - trotz mehrfacher Aufforderung durch die Beklagte und das Gericht - bis heute nicht vorgelegt. Im Gegenteil hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nunmehr behauptet, es bestünde insoweit nur eine mündliche Abrede. Nachweise dafür hat sie nicht erbracht. Die Klägerin war allerdings nach Auffassung der Kammer darlegung- und beweispflichtig für sämtliche von ihr behaupteten Verträge und kann sich nicht darauf berufen, dass die Gegenseite dafür beweispflichtig ist oder der Sachverhalt insoweit von der Beklagten oder dem Gericht von Amts wegen weiter hätte aufgeklärt werden müssen. Weder die Beklagte noch das Gericht können ins Blaue hinein nachforschen, mit welchen potentiellen Vertragspartnern die Klägerin möglicherweise im streitgegenständlichen Zeitraum Verträge geschlossen hat. Es ist allein Sache und Aufgabe der Klägerin, diese Verträge im einzelnen vorzulegen. Die Klägerin ist schlicht und ergreifend ihren Mitwirkungspflichten in keinster Weise nachgekommen und hat - trotz vielfacher Aufforderung - die geforderten Beweismittel nicht vorgelegt. Wo ein Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt, endet auch die Amtsermittlungspflicht des Gerichts.

Aber selbst wenn die Klägerin noch zeitgleich für die T1 Bank im streitgegenständlichen Zeitraum tätig war, so spricht angesichts der vorgelegten Unterlagen einiges dafür, dass diese aufgrund des bestehenden Genossenschaftsverbundes mit der T2 I Bausparkasse zusammen mit dieser nur als ein Auftraggeber anzusehen ist. Dafür spricht insbesondere das Schreiben der T2 I vom 19. Juni 2008 über die Einstellung der Klägerin als Bezirksleiterin, wonach das künftige Tätigkeitsgebiet im streitgegenständlichen Zeitraum die Filialen 000 und 000 der T1 Bank West eG umfasst; eine Bankenaufstellung war dem Schreiben beigefügt und Vertragsbestandteil. Dies deutet unzweifelhaft auf eine enge wirtschaftliche Verknüpfung hin.

Ohne Vorlage der entsprechenden Verträge oder ggf. schriftlicher Bestätigung von mündlich getroffenen Abreden konnte die Kammer hier keine weiteren Feststellungen zu Gunsten der Klägerin treffen.

Grundsätzlich knüpft die Kammer aber bei der Einbeziehung der mit sog. Cross Selling Partnern des Auftraggebers getätigten Umsätze eines Handelsvertreters an das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. November 2010 - L 2 R 445/10 - an, dass u.a. Folgendes ausgeführt hat betreffend den Bezirksleiter einer Bausparkasse:

"Zur Konkretisierung des Begriffs "Auftraggeber" kann an frühere von der Fraktion der SPD im Dezember 1996 und vom Bundesrat im November 1997 eingebrachte Entwürfe eines Gesetzes zur Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit angeknüpft werden (BT-Drucks 13/6549 bzw. BT-Drucks 13/8942). Nach beiden, mehr oder weniger textidentischen Entwürfen, die auf einen entsprechenden Gesetzesantrag der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen vom Oktober 1996 zurückgingen (Bundesrats-Drucks 793/96), sollte § 7 SGB IV um einen Absatz 2 im Sinne der später Gesetz gewordenen Vermutungsregelung ergänzt und als eines der Kriterien bestimmt werden, ob Personen insbesondere "regelmäßig nur für einen Auftraggeber tätig" sind. Satz 2 eines neu einzufügenden Absatzes 4 sollte eine Legaldefinition enthalten, wonach Auftraggeber "jede natürliche oder juristische Person oder Personengesamtheit (ist), die im Wege eines Auftrages oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraut, sie ihr vermittelt oder ihr Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept überlässt". In der Entwurfsbegründung war hierzu ausgeführt, dass Satz 2 eine Definition des Auftraggebers treffe, "die Vermittlungs- oder Agenturmodelle ebenso erfasst wie das Franchising" (BT-Drucks 13/6549 S 7; BT-Drucks 13/8942, S 8). An diese ursprüngliche Begriffsdefinition hat der Gesetzgeber mit dem Korrektur-Gesetz vom 19.12.1998 und den folgenden Änderungsgesetzen nachvollziehbar angeknüpft. Danach war auch im Hinblick auf den politischen Zweck der Neuregelungen im Korrektur-Gesetz, mithin der seit dem 1.1.1999 bestehenden Gesetzgebung als Konsequenz gewollt, dass der Begriff "Auftraggeber" in § 7 Abs 4 SGB IV weit verstanden werden sollte (BSG, U.v. 04. November 2009 - B 12 R 3/08 R - Breithaupt 2010, 851 mwN).

§ 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI bezieht selbstständig Tätige in die Rentenversicherungspflicht ein, die nach Auffassung des Gesetzgebers nicht weniger sozial schutzbedürftig sind als die sonstigen von § 2 Satz 1 SGB VI erfassten Selbstständigen (vgl BT-Drucks 14/45 S 20). Als kennzeichnend für diesen Personenkreis wurde nicht die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen, sondern wurden vielmehr typische Tätigkeitsmerkmale angesehen, und zwar insbesondere das Merkmal, auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig zu sein (und seinerseits keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer zu beschäftigen). Dieser Voraussetzung kommt eine Indizwirkung für die wirtschaftliche Lage des selbstständig Tätigen zu. Ist der Betroffene (im Wesentlichen) nur für einen Auftraggeber tätig, dann ist typischerweise (von diesem) wirtschaftlich abhängig und bedarf damit – wiederum im Rahmen der vom Gesetzgeber zugrunde gelegten typisierenden Betrachtungsweise - des Schutzes durch die Rentenversicherung Die Rentenversicherungspflicht setzt auch in diesem Zusammenhang nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit des Versicherungspflichtigen voraus, sondern beruht auf der Erfüllung des formalen gesetzlichen Tatbestands, in dem nach Auffassung des Gesetzgebers die soziale Schutzbedürftigkeit typisierend verkörpert ist (BSG, aaO mwN).

Dementsprechend genügt auch eine tatsächliche – wirtschaftliche – Abhängigkeit im Wesentlichen von einem einzigen Auftraggeber. Für diese Frage ist nicht auf die eingesetzte Arbeitszeit, sondern auf das erzielte Einkommen des Betroffenen abzustellen, da hierin maßgeblich der Grad wirtschaftlicher Abhängigkeit zum Ausdruck kommt. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit eine für alle Fallgestaltungen gleichermaßen gültige, zahlenmäßig exakte Festlegung der (einkommensbezogenen) Wesentlichkeitsgrenze des § 2 Satz 1 Nr. 9b SGB VI möglich ist. Die Spitzenorganisation der Sozialversicherung hat im Gemeinsamen Rundschreiben vom 20.12.1999 (NZA 2000, 190 ff., dort Abt. 3.5.2) nähere Regelungen für die Verwaltungspraxis erlassen. Danach ist von wirtschaftlicher Abhängigkeit im beschriebenen Sinne auszugehen, wenn der Betroffene mindestens fünf Sechstel seiner gesamten Einkünfte aus den zu beurteilenden Tätigkeiten alleine aus einer dieser Tätigkeiten erzielt. Der Berechnung sind die Bruttoeinkünfte zugrunde zu legen (vgl. insbesondere Landessozialgericht Baden-Württemberg, U.v. 04. März 2009 - L 5 R 6176/06 – mwN).

Im vorliegenden Fall ist die Bausparkasse der einzig maßgebliche Auftraggeber des Klägers. Dem mit ihr erzielten Geschäftsvolumen sind auch die Erträge aus der Vermittlung der sog. Cross-Selling-Produkte hinzuzuzählen. Der Kläger hat mit den Cross-Selling-Partnern keine eigenständigen – vom Bestand des Vertrages mit der Bausparkasse unabhängigen – Vermittlungsverträge abgeschlossen; vielmehr ist bereits in den Anlagen zu dem mit der Bausparkasse abgeschlossenen Vertretervertrag die Vermittlung der Cross-Selling-Produkte vereinbart worden. Bei einer Beendigung des Bausparvertretervertrages erlischt nach den vertraglichen Vereinbarungen zugleich die Befugnis des Klägers zur Vertretung der jeweiligen Cross-Selling-Partner. Überdies ist die Bausparkasse nach den vertraglichen Vereinbarungen befugt, diese Partner auch auszuwechseln. Bezeichnenderweise erhält der Kläger auch die Vergütung für die Vermittlung der Cross-Selling-Produkte von der Bausparkasse ausbezahlt. Erfüllt damit der Kläger mit seiner Vermittlungstätigkeit vertragliche Verpflichtungen nur im Verhältnis zur Bausparkasse, so kommt es darauf, dass er über Art und Umfang der zu vermittelnden Bank-, Investment- und Versicherungsprodukte in eigener Verantwortung entscheiden und dadurch sein unternehmerisches Risiko in gewisser Weise selbst gestalten kann, nicht an (vgl. zu Letzterem BSG, U.v. 10. Mai 2006 - B 12 RA 2/05 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 8)."

Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, welchen Umsatz sie jeweils mit den sog. Cross Selling Produkten erwirtschaftet hat oder mit den angeblich von ihr veranstalteten Schulungen. Das Vorbringen der Klägerin war auch insoweit von der Kammer weder rechtlich noch tatsächlich nachvollziehbar.

Die Klägerin hätte im Übrigen bereits von Beginn ihrer Beschäftigung an von der Versicherungspflicht befreit werden können, wenn sie gemäß der gesetzlichen Vorgabe des § 6 Abs. 4 SGB VI den Befreiungsantrag innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme ihrer selbstständigen Tätigkeit gestellt hätte. Die Klägerin hat aber erst über ein Jahr nach Aufnahme ihrer selbständigen Tätigkeit den Befreiungstrag gestellt. Deswegen wirkte die Befreiung erst vom Eingang des Antrags an, vgl. § 6 Abs. 4, letzter Halbsatz SGB VI.

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung pauschal behauptet hat, dass ihre Kollegen in gleicher Situation wie sie keine Rentenversicherungsbeiträge hätten zahlen müssen, liegt ihr Vortrag letztlich neben der Sache. Dies mag so sein, allerdings haben vermutlich die Kollegen der Klägerin zum einen fristgerecht binnen drei Monaten nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit ihren Befreiungsantrag gestellt und sind - anders als die Klägerin des vorliegenden Verfahren - ihren Mitwirkungspflichten zeitnah nachgekommen und haben der Beklagten bzw. spätestens dem Gericht alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt.

Die Festsetzung der rückständigen nach Maßgabe der jeweiligen Bezugsgröße in Anwendung der §§ 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, 18 SGB IV ermittelten Beitragsforderungen lässt keine Rechtsfehler zulasten der Klägerin erkennen. Gegenteiliges wird von ihrer Seite auch nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192, 193 SGG. Das Gericht hat es für geboten erachtet, die Klägerin in Höhe von 500,- EUR an den Gerichtskosten zu beteiligen. Ein verständiger Kläger bzw. dessen verständiger Bevollmächtigter hätte bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage, nämlich nach dem Hinweis des Gerichts, dass die Klage keinen Erfolg hat, weil die Klägerin bis heute ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist und alle Verträge ihrer angeblichen Vertragspartner bzw. schriftliche Bestätigungen eventueller mündlicher Verträge vorgelegt hat, zurückgenommen, zumal auch die Beklagte bereits im Antragsformular diese Verträge angefordert hatte. Ein Klageverfahren hätte sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermeiden lassen, wenn die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren der Beklagten alle Unterlagen vorgelegt hätte und diese dann auch noch den von ihr behaupteten Inhalt gehabt hätten. Das Gericht hat auch den Eindruck gewonnen, dass der Klägerin und ihrem Bevollmächtigten die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung hinreichend klar geworden ist, weil das Gericht nicht ohne jegliche Beweismittel ins Blaue hinein zugunsten der Klägerin entscheiden kann und angesichts der Rechtsprechung zu den sog. Cross Selling Partnern von Bausparkassen und deren Handelsvertretern die Klage selbst bei Vorlage der Unterlagen vermutlich keinen Erfolg gehabt hätte. Das Beharren auf eine Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil bei dieser Sach- und Rechtslage - und insbesondere vor dem Hintergrund der Nichtbegründung des Widerspruchs, der Begründung der Klage erst aufgrund einer Betreibensaufforderung und der Nichtvorlage aller Unterlagen durch die Klägerin und damit mangelnden Mitwirkung, stellt sich als Mutwilligkeit dar. Die Kammer konnte sich dabei auch nicht des Eindrucks erwehren, dass insbesondere auch der Bevollmächtigte der Klägerin nicht seinen anwaltlichen Pflichten nachgekommen ist, die ihm von der Rechtsprechung auferlegt werden. Denn auch von einem Rechtsanwalt ist zu verlangen, dass er sich mit der Materie auseinandersetzt, die Rechtsprechung zu den aufgeworfenen Fragen prüft und die Erfolgsaussichten eingehend abwägt (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1995 - 2 BvR 1379/95, abgedruckt in NJW 1996, 1273 f.). Die Kammer hat demgegenüber bei der Klägerin und ihrem Rechtsanwalt ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit festgestellt.

Da es sich bei den Kosten nach § 192 SGG um eine Schadensersatzregelung als notwendigen Ausgleich für die grundsätzliche Kostenfreiheit des Verfahrens handelt (vgl. nur LSG NRW, Urteil vom 17. Juli 1996 - L 17 U 220/95 -), können diese Kosten in entsprechender Anwendung der §§ 202, 287 ZPO geschätzt werden (vgl. nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage, München 2008 zu § 192 SGG, Rn. 14 m.w.N.). Das Gericht setzt derzeit für eine Richterarbeitsstunde einen Betrag von 500,- EUR an. Dies entspricht dem gerichtsbekannten derzeitigen Stundenhonorar von Rechtsanwälten in Düsseldorfer Großkanzleien. Das Gericht hat hier ca. drei Stunden für die Urteilsabsetzung benötigt, so dass eigentlich Mutwillenskosten in Höhe von 1.500,- EUR anzusetzen gewesen wären. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin aber bereits über 3.000,- EUR an die Beklagte nachzahlen muss, hat es das Gericht für angemessen, aber auch für geboten gehalten, die anteiligen Kosten der Klägerin am Gerichtsverfahren mit nur 500,- EUR zu bemessen.
Rechtskraft
Aus
Saved