Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 9 R 356/07
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 145/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Juli 2009 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Die Revision wird zugelassen. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.272,07 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten zur teilweisen Rückzahlung von Nachversicherungsbeiträgen.
Der am XX.XXXX 1957 geborene Beigeladene war vom 1. Oktober 1978 bis zum 31. August 2000 bei der Klägerin im Beamtenverhältnis versicherungsfrei beschäftigt; seit September 1995 war er ohne Fortzahlung der Bezüge beurlaubt. Im März 2002 führte die Klägerin im Hinblick auf sein unversorgtes Ausscheiden aus dem Dienst seine Nachversicherung bei der Beklagten durch und entrichtete Nachversicherungsbeiträge in Höhe von 102.477,79 EUR auf der Grundlage zu verbeitragender Entgelte in Höhe von 536.532,92 EUR (1.049.376,19 DM) und des für 2002 maßgebenden Beitragssatzes in der gesetzliche Rentenversicherung in Höhe von 19,1 v. H.
Am 30. Oktober 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die teilweise Rückzahlung der Nachversicherungsbeiträge in Höhe eines Betrages von 1.272,07 EUR. Sie machte geltend, im Jahre 2002 die Nachversicherungsbeiträge irrtümlich mit den für jenes Jahr maßgebenden Rechengrößen - dem Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie den für die Berechnung der zu verbeitragenden Entgelte maßgebenden Dynamisierungsfaktoren - berechnet zu haben. Richtigerweise wäre die Nachversicherungsschuld mit den im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge, d. h. der im Jahre 2000 geltenden Rechengrößen zu berechnen gewesen. Dies würde eine um den geltend gemachten Erstattungsbetrag niedrigere Beitragsschuld ergeben haben. Die Klägerin berief sich dabei auf die Auslegung des § 181 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der bis zum 31. Juli 2004 geltenden (alten) Fassung des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992 (a. F.) durch den 4. Senat des Bundessozialgerichts in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 2001 zum Aktenzeichen B 4 RA 38/01 R. Demnach seien bei der Berechnung der Nachversicherungsbeiträge entgegen der herrschenden Meinung nicht die im Zeitpunkt ihrer Zahlung - der Wertstellung - geltenden Rechengrößen zu verwenden sondern die im Zeitpunkt der Fälligkeit maßgebenden. Der in § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. bei der Bezeichnung des maßgeblichen Zeitpunkt verwendete Begriff der Zahlung (der Nachversicherungsbeiträge) sei normativ, nicht faktisch zu verstehen. Der systematische Zusammenhang zu den §§ 184 Abs. 1 und 185 Abs. 2 S. 1 SGB VI sowie Sinn und Zweck der Nachversicherung geböten, dass nicht auf irgendeinen beliebigen Zahlungszeitpunkt abgestellt werde, sondern ausschließlich auf den der Fälligkeit des Beitragsanspruchs, also auf den Tag, an dem der Rentenversicherungsträger die sofortige Zahlung der Beiträge von Schuldner verlangen könne.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 20. Februar 2007 ab. Sie führte aus, die Klägerin habe die Nachversicherungsbeiträge im Jahre 2002 zutreffend auf der Grundlage der für jenes Jahr maßgebenden Rechengrößen berechnet. Sie berufe sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts. Diese entspreche nicht dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Gemäß § 181 Abs. 1 S. 1 SGB VI erfolge die Berechnung der Nachversicherungsbeiträge nach den Vorschriften, die zum Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge gelten würden. Es sei herrschende Meinung, dass der Zeitpunkt der Zahlung im Sinne dieser Vorschrift auch für die vor dem 1. August 2004 gezahlten Nachversicherungsbeiträge der Tag der Wertstellung der Nachversicherungsbeiträge auf dem Konto des Rentenversicherungsträgers sei. Mit der Einfügung des Satzes 2 in § 181 Abs. 1 SGB VI ab dem 1. August 2004, demzufolge als Zeitpunkt der Zahlung der Tag der Wertstellung des Gegenwertes der Beiträge auf dem Konto des Rentenversicherungsträgers gelte, habe der Gesetzgeber diese Auslegung lediglich bestätigt und hierdurch die davor geübte Praxis der Rentenversicherungsträger im Sinne einer rechtlichen Klarstellung untermauert.
In dem daraufhin vor dem Sozialgericht Hamburg anhängig gemachten Klageverfahren hat die Klägerin ihr Begehren mit im Wesentlichen unveränderter Begründung unter Bezugnahme auf die Argumentation des Bundessozialgerichts bekräftigt. Es gebe in den Gesetzgebungsmaterialien keinen Hinweis darauf, dass der in § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. verwendete Begriff der Zahlung eine andere rechtliche Bedeutung habe als in der Fälligkeitsbestimmung des § 184 Abs. 1 SGB VI. Es sei nicht erkennbar, dass es dem Nachversicherungsschuldner habe überlassen werden sollen, durch Wahl des Zeitpunkts der Zahlung die Höhe der Beitragsschuld mitzubestimmen. Folge man der herrschenden Meinung, so könne dieser durch vorzeitige Zahlung oder durch verzögerte Zahlung jeweils die vor der tatsächlichen Zahlung der Höhe nach nicht feststehenden Beiträge manipulieren, je nachdem, ob die Rechengrößen in dem einen oder anderen Jahr für ihn günstiger sind. Mit der Einfügung des Satzes 2 in § 181 Abs. 1 SGB VI mit Wirkung zum 1. August 2004, die der Gesetzesbegründung zufolge entsprechend der bisherigen Praxis habe klarstellen sollen, welcher Zeitpunkt für die Berechnung maßgebend sei, habe der Gesetzgeber eine Entscheidung gegen den normativen und für den faktischen Zahlungsbegriff getroffen. Dies habe er jedoch nicht rückwirkend tun können.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 9. Juli 2009, das der Beklagten am 20. Juli 2009 zugestellt worden ist, antragsgemäß unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Erstattung des von der Klägerin bezifferten Betrages verurteilt. Es ist bei der Auslegung des § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts gefolgt. Die vom Sozialgericht nicht zugelassene Berufung ist auf die am 20. August 2009 eingelegte Beschwerde der Beklagten vom seinerzeit zuständigen 1. Senat des Landessozialgerichts mit Beschluss vom 18. November 2010 zugelassen worden.
Im Rahmen ihrer Ausführungen zur Begründung der Beschwerde hat die Beklagte bekräftigt, dass die Nachversicherungsbeiträge nach ihrem Verständnis des § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. unter Verwendung der im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung der Beiträge im Sinne der Wertstellung des Betrages auf ihrem Konto geltenden Rechengrößen zu berechnen seien. Bei isolierter Betrachtung des § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. sei unbestritten, dass für die Berechnung von Nachversicherungsbeiträgen die Gegebenheiten maßgeblich seien, die am Tag der Wertstellung der Überweisung seitens des Nachversicherungsschuldners Gültigkeit hatten. In dem in der Norm verwendeten Begriff der Zahlung etwas anderes zu sehen als die tatsächliche Verschiebung von Geldern von einer Stelle zu einer anderen, sei nicht denkbar. Dieses Ergebnis werde bestätigt durch die Entstehungsgeschichte des § 181 Abs. 1 SGB VI RRG 92: Während die Vorgängernormen (z. B. § 124 Abs. 2 S. 1 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG) noch auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung abgestellt hätten, sei es dem Gesetzgeber des RRG 1992 ausweislich der Begründung einer Ergänzung des damaligen § 176 SGB VI E (Bundestagsdrucksache 11/5490, Seite 52) ein Anliegen gewesen, sicherzustellen, dass bei der Berechnung der Beiträge generell der aktuelle, d. h. der am Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge gültige Beitragssatz zu Grunde gelegt wird. Andererseits sei in diesem Zusammenhang die Fälligkeitsbestimmung des § 184 Abs. 1 S. 1 SGB VI in der der Fassung vor dem 1. August 2004 beachtlich. In der Zusammenschau dieser Bestimmungen sei die vom 4. Senat des Bundessozialgerichts am 20. Dezember 2001 vorgenommene Auslegung, über die Brücke des § 184 Abs. 1 SGB VI als Zeitpunkt der Zahlung nach § 181 Abs. 1 SGB VI den Zeitpunkt zugrundezulegen, in denen die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten seien, zwar nicht von vornherein abwegig. Jedoch könne sie - die Beklagte - sich dieser Auslegung nicht anschließen. Vor dem Urteil des 4. Senats des BSG vom 20. Dezember 2001 habe weder eine Verwaltungsbehörde noch ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit die Sichtweise vertreten, unter dem Zeitpunkt der Zahlung sei etwas anderes zu verstehen als der Zeitpunkt der tatsächlichen Verschiebung von Geld.
Schließlich hält die Beklagte die Anwendbarkeit der Neufassung des § 181 Abs. 1 SGB VI auf Nachversicherungsfälle vor dem 1. August 2004 für denkbar. In der Begründung dieser mit dem Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetz geänderten Bestimmung (Bundestagsdrucksache (BTDrs.) 15/2149) heiße es, die Änderung stelle entsprechend der bisherigen Praxis klar, welcher Zeitpunkt als Zeitpunkt der Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen gelte und maßgeblich für die Frage sei, welche Berechnungsfaktoren für den Nachversicherungsbeiträge zu Grunde zu legen seien. Klarstellungen dienten dazu festzulegen, was nicht nur für die Zukunft gelten solle, sondern auch was für die Vergangenheit gegolten haben sollte; sie stellen Bekräftigungen des ohnehin vom Gesetzgeber intendierten Bedeutungsgehalts dar. Dieses werde ganz besonders deutlich dann, wenn der bisherige Normtext - wie hier - durch einen erklärenden, klarstellenden bzw. bekräftigenden weiteren Text ergänzt werde, ohne selbst eine Änderung erfahren zu haben.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Juli 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beantwortung der von der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen - bezogen auf die Rechtslage bis zum 31. Juli 2004 - ergebe sich bereits aus dem Gesetz. Die Höhe des Beitragsanspruchs bestimme sich nach der im Zeitpunkt seiner Fälligkeit maßgeblichen Rechtslage. Soweit die Beklagte der Ansicht sei, aus § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. ergebe sich, dass auf den Zeitpunkt der Zahlung abzustellen sei, und hierzu auf die Entstehungsgeschichte der Norm Bezug nehme, missachte sie die Regelung des § 184 Abs. 1 SGB VI in seiner vor dem 1. August 2004 maßgeblichen Fassung. Diese Rechtslage habe das Bundessozialgericht treffend und prägnant wie folgt zusammengefasst: Wann zu zahlen sei, ergebe sich aus § 184 Abs. 1 SGB VI, was in diesem Zeitpunkt zu zahlen sei, aus § 181 Abs. 1 SGB VI. Diese Rechtsprechung sei durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. September 2003 (Aktenzeichen B 4 RA 9/03 R – juris Rdnr 23 aE) ausdrücklich bestätigt worden.
Aus der Ergänzung des Abs. 1 des § 181 SGB VI durch die eingefügte Regelung des Satzes 2 mit Wirkung vom 1. August 2004 lasse sich nichts ableiten. Die Gesetzesbegründung stelle lediglich darauf ab, dass die Änderung die bisherige Praxis klarstelle. Ein Hinweis auf die bisherige Rechtslage ergebe sich daraus jedoch nicht. Der diesbezüglichen Argumentation der Beklagten sei auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur authentischen Interpretation entgegenzustellen, der zufolge es dem Gesetzgeber nicht zukomme, ein Gesetz rückwirkend authentisch zu interpretieren (Beschluss des 13. Senats vom 29. August 2006 - B 13 RJ 47/04 R Juris Rdnr 67). Die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften obliege ausschließlich den Gerichten (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Beschluss vom 17. Juni 2004 - Az 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54, 107). Die Behauptung, nichts Neues regeln, sondern durch eine Änderung des Wortlauts (lediglich) "klarstellen" zu wollen, wie die frühere Gesetzesfassung von Anfang an zu verstehen gewesen sei, entbinde den Gesetzgeber nicht von der Beachtung des Verbots der echten Rückwirkung.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Erstattung eines Teiles der für den Beigeladenen entrichteten Nachversicherungsbeiträge verurteilt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine solche Erstattung, denn sie hat diese Beiträge im Jahre 2002 unter Verwendung der für dieses Jahr geltenden Rechengrößen - Beitragssatz und Dynamisierungsfaktoren - in der richtigen Höhe errechnet.
Gemäß § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. waren die für die Nachversicherung des Beigeladenen ab-zuführenden Beiträge nach den Vorschriften zu berechnen, die im Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte gelten. Zeitpunkt der Zahlung in diesem Sinne war der Zeitpunkt der faktischen Vermögensverschiebung, d. h. der Wertstellung des Gegenwerts der Beiträge auf dem Konto der Beklagten. Maßgebend waren mithin zum einen der für 2002 maßgebende Beitragssatz in der gesetzliche Rentenversicherung in Höhe von 19,1 v. H. sowie die von der Klägerin unter Verwendung der aktuellen Dynamisierungsfaktoren im Sinne des § 181 Abs. 4 SGB VI mit 536.532,92,0 EUR errechneten zu verbeitragenden Entgelte. Dass der Klägerin insofern Rechenfehler zu ihrem Nachteil unterlaufen sind, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, richtigerweise wäre die Nachversicherungsschuld nach den im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge, d. h. der im Jahre 2000 geltenden Rechengrößen, und damit um den geltend gemachten Erstattungsbetrag niedriger zu berechnen gewesen. Der Senat hält eine solche Auslegung des in § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. verwendeten Begriffs der Zahlung, wie sie erstmals durch den 4. Senat des Bundessozialgericht in der bereits zitierten Entscheidung erfolgte und im Anschluss daran nunmehr von der Klägerin vertreten wird, für nicht zulässig.
Wie der 4. Senat des Bundessozialgerichts in der o.g. Entscheidung (Juris Rdnr. 32) und ihm insofern folgend die Klägerin unter Hinweis auf die einhellige Meinung der Literatur einräumen, legt jedenfalls der Wortlaut der Norm nahe, als Zeitpunkt der Beitragszahlung den Tag der Wertstellung der Nachversicherungsbeiträge anzusehen, und damit den Begriff der Zahlung rein faktisch zu verstehen. Der Ablehnung eines solchen Verständnisses und der Bevorzugung eines normativen, d. h. wertenden Zahlungsbegriffs liegen denn auch Erwägungen zur Zweckmäßigkeit und Systematik der Bestimmungen zugrunde. Die vom 4. Senat des Bundessozialgerichts insofern formulierten Bedenken mögen vor dem Hintergrund der Grundsätze des Beitragsrechts in der Sozialversicherung durchaus nachvollziehbar sein. Sie müssen jedoch zurückstehen, da die zu ihrer Berücksichtigung befürwortete Auslegung des § 181 Abs. 1 SGB VI dem sich aus der Gesetzgebungsgeschichte ablesbaren Willen des Gesetzgebers widerspricht. Es trifft nicht zu, dass - wie der 4. Senat des Bundessozialgerichts im o. g. Urteil ausführt - in den Gesetzgebungsmaterialien jeglicher Hinweis dafür fehlt, dass der Ausdruck "Zahlung" in § 181 Abs. 1 SGB VI eine andere rechtliche Bedeutung haben könnte und sollte als in der Fälligkeitsbestimmung des § 184 Abs. 1 SGB VI. Das Gegenteil ist der Fall.
Den bis zum Inkrafttreten des § 181 Abs. 1 SGB VI geltenden Vorgängerbestimmungen im Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) und in der Reichsversicherungsordnung (RVO) zufolge hatten die Arbeitgeber im Falle der Nachversicherung die Beiträge nach den Vorschriften zu entrichten, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung für die Berechnung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte maßgebend waren, regelmäßig mithin bei Eintritt des Nachversicherungsfalles und damit bei Eintritt der Fälligkeit der Nachversicherungsschuld:
§ 124 Abs. 1 AVG / § 1402 Abs. 1 RVO "In den Fällen des § 9 / § 1232 hat der Arbeitgeber die Beiträge nach den Vorschriften zu entrichten, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung für die Berechnung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte maßgebend sind". Diese Bestimmung wollte der Gesetzgeber ursprünglich nahezu unverändert in das SGB VI übernehmen; jedenfalls hatte § 176 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des Entwurfs der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP (BTDrs. 11/4124 S. 55) und der Bundesregierung (BRDrs. 11/4452) den folgenden Wortlaut: "Die Berechnung der Beiträge erfolgt nach den Vorschriften, die im Zeitpunkt des Eintritts der Voraussetzungen für die Nachversicherung für versicherungspflichtige Beschäftigte gelten". Diese Bestimmung ist vom 11. Ausschuss wie folgt geändert worden (BTDrs. 5490, S.113): "Die Berechnung der Beiträge erfolgt nach den Vorschriften, die im Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte gelten". Diese Änderung sollte "sicherstellen, dass der Berechnung der Beiträge generell der aktuelle, d. h. im Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge, gültige Beitragssatz zugrunde zu legen ist" (BTDrs. 11/5530 S. 52).
Mithin erhielte die in § 181 Abs. 1 SGB VI getroffene neue Regelung mit der vom 4. Senat des Bundessozialgerichts befürworteten Auslegung eine Bedeutung, die sich vom Gehalt der Vorgängerbestimmungen nicht unterscheidet. Diese aber hat der Gesetzgeber, wie die dargestellte Entwicklung zeigt, gerade nicht übernehmen wollen; vielmehr hat er sich von ihnen gerade durch die Einführung des Begriffs der Zahlung abwenden wollen. Anderenfalls hätte es der von ihm vorgenommenen Änderungen nicht bedurft. Dieses Ergebnis wird durch die Einfügung des Satzes 2 in § 181 Abs. 1 SGB VI zum 1. August 2004 bestätigt. Die von den Beteiligten kontrovers diskutierte Frage, ob diese Ergänzung etwa rückwirkend auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt angewendet werden kann oder ob sie eine - dem Gesetzgeber grundsätzlich verwehrte - sog. authentische Interpretation der ursprünglichen Fassung der Norm beinhaltet, stellt sich unter diesen Umständen nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Als unterlegener Teil hat die Klägerin, die als Bundesland nach § 2 Abs. 1 Gerichtskostengesetz von der Zahlung von Gerichtskosten befreit ist, dem Grunde nach auch die Kosten des Berufungsverfahrens, d.h. nach § 162 VwGO auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beklagten, zu tragen, da weder diese noch sie zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört.
Der Senat hat die Revision schon wegen der Abweichung von der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts zugelassen, auf der seine Entscheidung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten zur teilweisen Rückzahlung von Nachversicherungsbeiträgen.
Der am XX.XXXX 1957 geborene Beigeladene war vom 1. Oktober 1978 bis zum 31. August 2000 bei der Klägerin im Beamtenverhältnis versicherungsfrei beschäftigt; seit September 1995 war er ohne Fortzahlung der Bezüge beurlaubt. Im März 2002 führte die Klägerin im Hinblick auf sein unversorgtes Ausscheiden aus dem Dienst seine Nachversicherung bei der Beklagten durch und entrichtete Nachversicherungsbeiträge in Höhe von 102.477,79 EUR auf der Grundlage zu verbeitragender Entgelte in Höhe von 536.532,92 EUR (1.049.376,19 DM) und des für 2002 maßgebenden Beitragssatzes in der gesetzliche Rentenversicherung in Höhe von 19,1 v. H.
Am 30. Oktober 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die teilweise Rückzahlung der Nachversicherungsbeiträge in Höhe eines Betrages von 1.272,07 EUR. Sie machte geltend, im Jahre 2002 die Nachversicherungsbeiträge irrtümlich mit den für jenes Jahr maßgebenden Rechengrößen - dem Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie den für die Berechnung der zu verbeitragenden Entgelte maßgebenden Dynamisierungsfaktoren - berechnet zu haben. Richtigerweise wäre die Nachversicherungsschuld mit den im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge, d. h. der im Jahre 2000 geltenden Rechengrößen zu berechnen gewesen. Dies würde eine um den geltend gemachten Erstattungsbetrag niedrigere Beitragsschuld ergeben haben. Die Klägerin berief sich dabei auf die Auslegung des § 181 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der bis zum 31. Juli 2004 geltenden (alten) Fassung des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992 (a. F.) durch den 4. Senat des Bundessozialgerichts in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 2001 zum Aktenzeichen B 4 RA 38/01 R. Demnach seien bei der Berechnung der Nachversicherungsbeiträge entgegen der herrschenden Meinung nicht die im Zeitpunkt ihrer Zahlung - der Wertstellung - geltenden Rechengrößen zu verwenden sondern die im Zeitpunkt der Fälligkeit maßgebenden. Der in § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. bei der Bezeichnung des maßgeblichen Zeitpunkt verwendete Begriff der Zahlung (der Nachversicherungsbeiträge) sei normativ, nicht faktisch zu verstehen. Der systematische Zusammenhang zu den §§ 184 Abs. 1 und 185 Abs. 2 S. 1 SGB VI sowie Sinn und Zweck der Nachversicherung geböten, dass nicht auf irgendeinen beliebigen Zahlungszeitpunkt abgestellt werde, sondern ausschließlich auf den der Fälligkeit des Beitragsanspruchs, also auf den Tag, an dem der Rentenversicherungsträger die sofortige Zahlung der Beiträge von Schuldner verlangen könne.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 20. Februar 2007 ab. Sie führte aus, die Klägerin habe die Nachversicherungsbeiträge im Jahre 2002 zutreffend auf der Grundlage der für jenes Jahr maßgebenden Rechengrößen berechnet. Sie berufe sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts. Diese entspreche nicht dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Gemäß § 181 Abs. 1 S. 1 SGB VI erfolge die Berechnung der Nachversicherungsbeiträge nach den Vorschriften, die zum Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge gelten würden. Es sei herrschende Meinung, dass der Zeitpunkt der Zahlung im Sinne dieser Vorschrift auch für die vor dem 1. August 2004 gezahlten Nachversicherungsbeiträge der Tag der Wertstellung der Nachversicherungsbeiträge auf dem Konto des Rentenversicherungsträgers sei. Mit der Einfügung des Satzes 2 in § 181 Abs. 1 SGB VI ab dem 1. August 2004, demzufolge als Zeitpunkt der Zahlung der Tag der Wertstellung des Gegenwertes der Beiträge auf dem Konto des Rentenversicherungsträgers gelte, habe der Gesetzgeber diese Auslegung lediglich bestätigt und hierdurch die davor geübte Praxis der Rentenversicherungsträger im Sinne einer rechtlichen Klarstellung untermauert.
In dem daraufhin vor dem Sozialgericht Hamburg anhängig gemachten Klageverfahren hat die Klägerin ihr Begehren mit im Wesentlichen unveränderter Begründung unter Bezugnahme auf die Argumentation des Bundessozialgerichts bekräftigt. Es gebe in den Gesetzgebungsmaterialien keinen Hinweis darauf, dass der in § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. verwendete Begriff der Zahlung eine andere rechtliche Bedeutung habe als in der Fälligkeitsbestimmung des § 184 Abs. 1 SGB VI. Es sei nicht erkennbar, dass es dem Nachversicherungsschuldner habe überlassen werden sollen, durch Wahl des Zeitpunkts der Zahlung die Höhe der Beitragsschuld mitzubestimmen. Folge man der herrschenden Meinung, so könne dieser durch vorzeitige Zahlung oder durch verzögerte Zahlung jeweils die vor der tatsächlichen Zahlung der Höhe nach nicht feststehenden Beiträge manipulieren, je nachdem, ob die Rechengrößen in dem einen oder anderen Jahr für ihn günstiger sind. Mit der Einfügung des Satzes 2 in § 181 Abs. 1 SGB VI mit Wirkung zum 1. August 2004, die der Gesetzesbegründung zufolge entsprechend der bisherigen Praxis habe klarstellen sollen, welcher Zeitpunkt für die Berechnung maßgebend sei, habe der Gesetzgeber eine Entscheidung gegen den normativen und für den faktischen Zahlungsbegriff getroffen. Dies habe er jedoch nicht rückwirkend tun können.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 9. Juli 2009, das der Beklagten am 20. Juli 2009 zugestellt worden ist, antragsgemäß unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Erstattung des von der Klägerin bezifferten Betrages verurteilt. Es ist bei der Auslegung des § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts gefolgt. Die vom Sozialgericht nicht zugelassene Berufung ist auf die am 20. August 2009 eingelegte Beschwerde der Beklagten vom seinerzeit zuständigen 1. Senat des Landessozialgerichts mit Beschluss vom 18. November 2010 zugelassen worden.
Im Rahmen ihrer Ausführungen zur Begründung der Beschwerde hat die Beklagte bekräftigt, dass die Nachversicherungsbeiträge nach ihrem Verständnis des § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. unter Verwendung der im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung der Beiträge im Sinne der Wertstellung des Betrages auf ihrem Konto geltenden Rechengrößen zu berechnen seien. Bei isolierter Betrachtung des § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. sei unbestritten, dass für die Berechnung von Nachversicherungsbeiträgen die Gegebenheiten maßgeblich seien, die am Tag der Wertstellung der Überweisung seitens des Nachversicherungsschuldners Gültigkeit hatten. In dem in der Norm verwendeten Begriff der Zahlung etwas anderes zu sehen als die tatsächliche Verschiebung von Geldern von einer Stelle zu einer anderen, sei nicht denkbar. Dieses Ergebnis werde bestätigt durch die Entstehungsgeschichte des § 181 Abs. 1 SGB VI RRG 92: Während die Vorgängernormen (z. B. § 124 Abs. 2 S. 1 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG) noch auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung abgestellt hätten, sei es dem Gesetzgeber des RRG 1992 ausweislich der Begründung einer Ergänzung des damaligen § 176 SGB VI E (Bundestagsdrucksache 11/5490, Seite 52) ein Anliegen gewesen, sicherzustellen, dass bei der Berechnung der Beiträge generell der aktuelle, d. h. der am Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge gültige Beitragssatz zu Grunde gelegt wird. Andererseits sei in diesem Zusammenhang die Fälligkeitsbestimmung des § 184 Abs. 1 S. 1 SGB VI in der der Fassung vor dem 1. August 2004 beachtlich. In der Zusammenschau dieser Bestimmungen sei die vom 4. Senat des Bundessozialgerichts am 20. Dezember 2001 vorgenommene Auslegung, über die Brücke des § 184 Abs. 1 SGB VI als Zeitpunkt der Zahlung nach § 181 Abs. 1 SGB VI den Zeitpunkt zugrundezulegen, in denen die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten seien, zwar nicht von vornherein abwegig. Jedoch könne sie - die Beklagte - sich dieser Auslegung nicht anschließen. Vor dem Urteil des 4. Senats des BSG vom 20. Dezember 2001 habe weder eine Verwaltungsbehörde noch ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit die Sichtweise vertreten, unter dem Zeitpunkt der Zahlung sei etwas anderes zu verstehen als der Zeitpunkt der tatsächlichen Verschiebung von Geld.
Schließlich hält die Beklagte die Anwendbarkeit der Neufassung des § 181 Abs. 1 SGB VI auf Nachversicherungsfälle vor dem 1. August 2004 für denkbar. In der Begründung dieser mit dem Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetz geänderten Bestimmung (Bundestagsdrucksache (BTDrs.) 15/2149) heiße es, die Änderung stelle entsprechend der bisherigen Praxis klar, welcher Zeitpunkt als Zeitpunkt der Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen gelte und maßgeblich für die Frage sei, welche Berechnungsfaktoren für den Nachversicherungsbeiträge zu Grunde zu legen seien. Klarstellungen dienten dazu festzulegen, was nicht nur für die Zukunft gelten solle, sondern auch was für die Vergangenheit gegolten haben sollte; sie stellen Bekräftigungen des ohnehin vom Gesetzgeber intendierten Bedeutungsgehalts dar. Dieses werde ganz besonders deutlich dann, wenn der bisherige Normtext - wie hier - durch einen erklärenden, klarstellenden bzw. bekräftigenden weiteren Text ergänzt werde, ohne selbst eine Änderung erfahren zu haben.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Juli 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beantwortung der von der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen - bezogen auf die Rechtslage bis zum 31. Juli 2004 - ergebe sich bereits aus dem Gesetz. Die Höhe des Beitragsanspruchs bestimme sich nach der im Zeitpunkt seiner Fälligkeit maßgeblichen Rechtslage. Soweit die Beklagte der Ansicht sei, aus § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. ergebe sich, dass auf den Zeitpunkt der Zahlung abzustellen sei, und hierzu auf die Entstehungsgeschichte der Norm Bezug nehme, missachte sie die Regelung des § 184 Abs. 1 SGB VI in seiner vor dem 1. August 2004 maßgeblichen Fassung. Diese Rechtslage habe das Bundessozialgericht treffend und prägnant wie folgt zusammengefasst: Wann zu zahlen sei, ergebe sich aus § 184 Abs. 1 SGB VI, was in diesem Zeitpunkt zu zahlen sei, aus § 181 Abs. 1 SGB VI. Diese Rechtsprechung sei durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. September 2003 (Aktenzeichen B 4 RA 9/03 R – juris Rdnr 23 aE) ausdrücklich bestätigt worden.
Aus der Ergänzung des Abs. 1 des § 181 SGB VI durch die eingefügte Regelung des Satzes 2 mit Wirkung vom 1. August 2004 lasse sich nichts ableiten. Die Gesetzesbegründung stelle lediglich darauf ab, dass die Änderung die bisherige Praxis klarstelle. Ein Hinweis auf die bisherige Rechtslage ergebe sich daraus jedoch nicht. Der diesbezüglichen Argumentation der Beklagten sei auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur authentischen Interpretation entgegenzustellen, der zufolge es dem Gesetzgeber nicht zukomme, ein Gesetz rückwirkend authentisch zu interpretieren (Beschluss des 13. Senats vom 29. August 2006 - B 13 RJ 47/04 R Juris Rdnr 67). Die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften obliege ausschließlich den Gerichten (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Beschluss vom 17. Juni 2004 - Az 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54, 107). Die Behauptung, nichts Neues regeln, sondern durch eine Änderung des Wortlauts (lediglich) "klarstellen" zu wollen, wie die frühere Gesetzesfassung von Anfang an zu verstehen gewesen sei, entbinde den Gesetzgeber nicht von der Beachtung des Verbots der echten Rückwirkung.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Erstattung eines Teiles der für den Beigeladenen entrichteten Nachversicherungsbeiträge verurteilt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine solche Erstattung, denn sie hat diese Beiträge im Jahre 2002 unter Verwendung der für dieses Jahr geltenden Rechengrößen - Beitragssatz und Dynamisierungsfaktoren - in der richtigen Höhe errechnet.
Gemäß § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. waren die für die Nachversicherung des Beigeladenen ab-zuführenden Beiträge nach den Vorschriften zu berechnen, die im Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte gelten. Zeitpunkt der Zahlung in diesem Sinne war der Zeitpunkt der faktischen Vermögensverschiebung, d. h. der Wertstellung des Gegenwerts der Beiträge auf dem Konto der Beklagten. Maßgebend waren mithin zum einen der für 2002 maßgebende Beitragssatz in der gesetzliche Rentenversicherung in Höhe von 19,1 v. H. sowie die von der Klägerin unter Verwendung der aktuellen Dynamisierungsfaktoren im Sinne des § 181 Abs. 4 SGB VI mit 536.532,92,0 EUR errechneten zu verbeitragenden Entgelte. Dass der Klägerin insofern Rechenfehler zu ihrem Nachteil unterlaufen sind, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, richtigerweise wäre die Nachversicherungsschuld nach den im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge, d. h. der im Jahre 2000 geltenden Rechengrößen, und damit um den geltend gemachten Erstattungsbetrag niedriger zu berechnen gewesen. Der Senat hält eine solche Auslegung des in § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. verwendeten Begriffs der Zahlung, wie sie erstmals durch den 4. Senat des Bundessozialgericht in der bereits zitierten Entscheidung erfolgte und im Anschluss daran nunmehr von der Klägerin vertreten wird, für nicht zulässig.
Wie der 4. Senat des Bundessozialgerichts in der o.g. Entscheidung (Juris Rdnr. 32) und ihm insofern folgend die Klägerin unter Hinweis auf die einhellige Meinung der Literatur einräumen, legt jedenfalls der Wortlaut der Norm nahe, als Zeitpunkt der Beitragszahlung den Tag der Wertstellung der Nachversicherungsbeiträge anzusehen, und damit den Begriff der Zahlung rein faktisch zu verstehen. Der Ablehnung eines solchen Verständnisses und der Bevorzugung eines normativen, d. h. wertenden Zahlungsbegriffs liegen denn auch Erwägungen zur Zweckmäßigkeit und Systematik der Bestimmungen zugrunde. Die vom 4. Senat des Bundessozialgerichts insofern formulierten Bedenken mögen vor dem Hintergrund der Grundsätze des Beitragsrechts in der Sozialversicherung durchaus nachvollziehbar sein. Sie müssen jedoch zurückstehen, da die zu ihrer Berücksichtigung befürwortete Auslegung des § 181 Abs. 1 SGB VI dem sich aus der Gesetzgebungsgeschichte ablesbaren Willen des Gesetzgebers widerspricht. Es trifft nicht zu, dass - wie der 4. Senat des Bundessozialgerichts im o. g. Urteil ausführt - in den Gesetzgebungsmaterialien jeglicher Hinweis dafür fehlt, dass der Ausdruck "Zahlung" in § 181 Abs. 1 SGB VI eine andere rechtliche Bedeutung haben könnte und sollte als in der Fälligkeitsbestimmung des § 184 Abs. 1 SGB VI. Das Gegenteil ist der Fall.
Den bis zum Inkrafttreten des § 181 Abs. 1 SGB VI geltenden Vorgängerbestimmungen im Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) und in der Reichsversicherungsordnung (RVO) zufolge hatten die Arbeitgeber im Falle der Nachversicherung die Beiträge nach den Vorschriften zu entrichten, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung für die Berechnung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte maßgebend waren, regelmäßig mithin bei Eintritt des Nachversicherungsfalles und damit bei Eintritt der Fälligkeit der Nachversicherungsschuld:
§ 124 Abs. 1 AVG / § 1402 Abs. 1 RVO "In den Fällen des § 9 / § 1232 hat der Arbeitgeber die Beiträge nach den Vorschriften zu entrichten, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung für die Berechnung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte maßgebend sind". Diese Bestimmung wollte der Gesetzgeber ursprünglich nahezu unverändert in das SGB VI übernehmen; jedenfalls hatte § 176 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des Entwurfs der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP (BTDrs. 11/4124 S. 55) und der Bundesregierung (BRDrs. 11/4452) den folgenden Wortlaut: "Die Berechnung der Beiträge erfolgt nach den Vorschriften, die im Zeitpunkt des Eintritts der Voraussetzungen für die Nachversicherung für versicherungspflichtige Beschäftigte gelten". Diese Bestimmung ist vom 11. Ausschuss wie folgt geändert worden (BTDrs. 5490, S.113): "Die Berechnung der Beiträge erfolgt nach den Vorschriften, die im Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge für versicherungspflichtige Beschäftigte gelten". Diese Änderung sollte "sicherstellen, dass der Berechnung der Beiträge generell der aktuelle, d. h. im Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge, gültige Beitragssatz zugrunde zu legen ist" (BTDrs. 11/5530 S. 52).
Mithin erhielte die in § 181 Abs. 1 SGB VI getroffene neue Regelung mit der vom 4. Senat des Bundessozialgerichts befürworteten Auslegung eine Bedeutung, die sich vom Gehalt der Vorgängerbestimmungen nicht unterscheidet. Diese aber hat der Gesetzgeber, wie die dargestellte Entwicklung zeigt, gerade nicht übernehmen wollen; vielmehr hat er sich von ihnen gerade durch die Einführung des Begriffs der Zahlung abwenden wollen. Anderenfalls hätte es der von ihm vorgenommenen Änderungen nicht bedurft. Dieses Ergebnis wird durch die Einfügung des Satzes 2 in § 181 Abs. 1 SGB VI zum 1. August 2004 bestätigt. Die von den Beteiligten kontrovers diskutierte Frage, ob diese Ergänzung etwa rückwirkend auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt angewendet werden kann oder ob sie eine - dem Gesetzgeber grundsätzlich verwehrte - sog. authentische Interpretation der ursprünglichen Fassung der Norm beinhaltet, stellt sich unter diesen Umständen nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Als unterlegener Teil hat die Klägerin, die als Bundesland nach § 2 Abs. 1 Gerichtskostengesetz von der Zahlung von Gerichtskosten befreit ist, dem Grunde nach auch die Kosten des Berufungsverfahrens, d.h. nach § 162 VwGO auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beklagten, zu tragen, da weder diese noch sie zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört.
Der Senat hat die Revision schon wegen der Abweichung von der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts zugelassen, auf der seine Entscheidung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).
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