Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KR 121/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 182/11
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 19.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 verurteilt, an den Kläger und die Beigeladenen zu 1) und 2) als Erbengemeinschaft der B.-D. Z. zur gesamten Hand 150,00 Euro zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Kostenerstattung für die Begleichung einer Desinfektionspauschale, die die Stadt Wesel im Zusammenhang mit der Benutzung ihres Rettungsdienstes erhoben hat.
Der Kläger ist der Sohn der am 27.02.2xxx verstorbenen Versicherten B. D. Z. und bildet mit seinen beigeladenen Geschwistern die Erbengemeinschaft. Die verstorbene Versicherte ist am 19.01.2009 durch den Rettungsdienst der Stadt W. vom St. Ludgerus-Haus in W. in das Marienhospital in W. gebracht worden. Es bestand der Verdacht auf eine Infektion mit dem Norovirus. Die Stadt W. stellte zunächst der Beklagten für die Benutzung des Krankenkraftwagens einen Betrag in Höhe von 272,50 EUR in Rechnung. Neben der Grundgebühr und den angefallenen Fahrtkilometern machte sie einen "Zuschlag Infektionstransport" in Höhe von 150 EUR geltend. Grundlage hierfür war die Gebührensatzung für die Benutzung der Krankenkraftwagen im Kreis W. vom 20.06.2007 (§ 1 Ziffer 3 iVm Ziffer 4.1 des entsprechenden Gebührentarifs des Kreises W.). Die Pauschale wurde mit Wirkung zum 01.07.2007 neu festgelegt. In der zuvor geltenden Satzung war nach der Art des Einsatzfahrzeugs unterschieden worden. Die Desinfektionspauschale betrug vorher 95 EUR bei der Benutzung eines Notarztwagens, 55 EUR bei einem Rettungswagen und 20 EUR bei einem Krankentransportwagen.
Die Beklagte beglich die Grundgebühr und die Fahrtkilometer, lehnte aber die Übernahme der Desinfektionspauschale ab. Daraufhin stellte die Stadt W. 150 EUR der verstorbenen Versicherten mit Gebührenbescheid vom 09.03.2009 in Rechnung. Sie erklärte, dass die Beklagte der einzige Kostenträger sei, der die Desinfektionspauschale nicht übernehme. Die Kosten für die Desinfektion seien auch nicht bereits in der Grundgebühr enthalten. Dies widerspreche dem Verursacherprinzip. Die Gebührensatzung sei mit den Vertretern der Kostenträger auf Landesebene abgestimmt und einvernehmlich festgesetzt worden. Sie sei angemessen, da das benutzte Fahrzeug vorübergehend außer Dienst genommen werde und auch die Mitarbeiter sich desinfizieren und umkleiden müssten. Dies bedeute einen erheblichen Mehraufwand. Zwar rechne die Stadt W. grundsätzlich mit den Krankenkassen unmittelbar ab. Wenn diese jedoch die Zahlung ablehnten, müsste der Versicherte den Differenzbetrag übernehmen. Daraufhin zahlte der Kläger den Betrag von 150 EUR an die Stadt W ...
Am 14.03.2009 wandte er sich an die Beklagte und beantragte die Erstattung. Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme mit Bescheid vom 19.03.2009 ab. Für eine Kostenerstattung der Desinfektionspauschale gebe es keine Rechtsgrundlage im SGB V. Hiergegen erhob der Kläger am 27.03.2009 Widerspruch. Der Krankentransport sei notwendig gewesen. Gleiches gelte für die Desinfektion des Krankentransportwagens. Es sei nicht einzusehen, dass die von der Stadt W. erhobene Rechnungsposition "Zuschlag Infektionstransport" zu Lasten der Versicherten gehe. Auch könnten die Kosten eines Krankentransportes nicht in einen medizinisch notwendigen und einen medizinisch nicht notwendigen Teil aufgespalten werden. Bei der Desinfektionspauschale handele es sich um einen Teil der Kosten des Krankentransportes. Dies gehe aus dem Gebührenbescheid hervor. Daher sei die Beklagte einstandspflichtig. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009 zurück. Im Rahmen von § 60 SGB V seien nur reine Transportkosten von ihr zu zahlen. Die Desinfektion des Transportmittels falle nicht darunter, da sie nicht zugunsten des zuvor transportierten Versicherten, sondern primär zum Schutz der Allgemeinheit vor Infektionen erfolge. Die Desinfektion sei daher dem Bereich der Gefahrenabwehr zuzuordnen, der den Ordnungsbehörden obliege.
Hiergegen richtet sich die am 28.12.2009 erhobene Klage. Der Kläger trägt ergänzend vor, dass die Organisation und Vorhaltung des Rettungswesens auch der Gefahrenabwehr diene. Dies ändere aber aus seiner Sicht nichts daran, dass die Beklagte die Kosten für einen konkreten Krankentransport übernehmen müsse. Die Desinfektionspauschale sei unmittelbare Folge des medizinisch notwendigen Transportes der Versicherten und somit handele es sich um Kosten im Sinne von § 60 SGB V. Nach seiner Kenntnis würden Anschaffungskosten, Bau- und Betriebskosten der Leitstelle usw. kalkulatorisch in die Fahrtkosten einfließen. Nichts anderes könne für eine besondere Desinfektion des Fahrzeugs anlässlich des Transportes einer infizierten Versicherten gelten. Insoweit die Beklagte sich im Klageverfahren auf § 59 Satz 2 SGB I gestützt habe, greife diese Regelung nicht. Anderenfalls würde es dazu kommen, dass fast keine Behandlung mehr bezahlt werden müsste, bei der der Patient im Krankenhaus verstirbt, da in aller Regel zu diesem Zeitpunkt die Leistung weder festgestellt, noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist. Der Kostenerstattungsanspruch resultiere vielmehr daraus, dass es sich um eine erforderliche, selbstbeschaffte Leistung handele, die die Beklagte nicht bzw. nicht recht-zeitig zur Verfügung gestellt habe. Die Erbengemeinschaft habe erstmals mit Gebührenbescheid vom 09.03.2009 davon erfahren, dass die Beklagte Kosten nicht getragen habe und sie diese Kosten tragen sollte. Zu Lebzeiten der Versicherten habe ein Sachleistungsanspruch gegen die Beklagte bestanden. Der Zahlungsanspruch resultiere daraus, dass die Beklagte nach Durchführung des Krankentransportes die Kostenübernahme hinsichtlich der Desinfektionspauschale abgelehnt habe und die Stadt W. der Versicherten diese in Rechnung gestellt habe. Es werde also keine Leistung für die Verstorbene verlangt, sondern eine Kostenerstattung für eine bereits zu ihren Lebzeiten erbrachte Leistung. Ohnehin sei § 58 Satz 1 SGB I die speziellere Regelung. Da die anderen Krankenkassen offenbar die Kosten für die Desinfektionspauschale übernehmen würden, sei nicht einzusehen, warum die Beklagte diese Kosten nicht trage. Die Versicherte bzw. die Erbengemeinschaft sei auch nicht verpflichtet gewesen, gegen den Gebührenbescheid Widerspruch oder Klage zu erheben.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 zu verurteilen, an die Erben-gemeinschaft 150,00 Euro für den am 19.01.2009 erfolgten Transport der B. D. Z. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide auch weiterhin für zutreffend und beruft sich auf die in den angefochtenen Bescheiden vorgetragenen Argumente. Ergänzend trägt sie vor, dass die geltend gemachten Ansprüche nach § 59 Satz 2 SGB I nicht mehr bestehen würden, da sie im Zeitpunkt des Todes der Versicherten weder festgestellt gewesen seien, noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig gewesen sei. Zudem habe die Erbengemeinschaft kein Rechtsmittel gegen den Gebührenbescheid erhoben.
Mit Beschluss vom 22.06.2010 sind die Geschwister des Klägers beigeladen worden.
Im Verhandlungstermin wurden Unterlagen aus einem gleichgelagerten Rechtstreit beim SG Duisburg (S 7 KR 3/09), in dem ebenfalls die Beklagte beteiligt ist, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger ist beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, da die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind. Er hat einen Anspruch auf Erstattung der an die Stadt W. gezahlten Desinfektionspauschale, der durch Zahlung an die Erbengemeinschaft zur gesamten Hand zu erfüllen ist.
Gesetzliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 13 Abs. 3 SGB V iVm § 60 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 SGB V, § 1 Ziffer 3 der Gebührensatzung für die Benutzung der Krankenkraftwagen im Kreis W. vom 20.06.2007 sowie Ziffer 4.1 des entsprechenden Gebührentarifs des Kreises W ...
Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V ist die Krankenkasse zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Zudem muss die Leistung notwendig gewesen sein. Der Erstat-tungsanspruch reicht nicht weiter als der Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung eine solche ist, die die Krankenkasse als Sach- oder Dienstleistung erbringen muss (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.2007, B 1 KR 4/07 R; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.06.2010, L 10 KR 59/08, Juris Randnr. 22 mwN). Bei der Fahrt vom St. Ludgerus-Haus in W. zum Marienhospital in W. erbrachte der Rettungsdienst der Stadt W. eine Leistung, die die Beklagte der Mutter des Klägers als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung schuldete, aber nicht rechtzeitig erbringen konnte. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V übernimmt eine Krankenkasse die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Auch diese Voraussetzungen sind erfüllt. Über die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten für die Fahrt besteht kein Streit. Sie hat die Kosten unmittelbar an die Stadt W. gezahlt, soweit sie ihrer Ansicht nach erstattungsfähig sind.
Zwischen den Beteiligten ist allein die Höhe der von der Beklagten zu übernehmenden Kosten streitig.
Als Fahrkosten wird gemäß § 60 Abs. 3 Nr. 3 SGB V bei Benutzung eines Krankenkraftwagens oder Rettungsfahrzeugs, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel, ein Taxi oder ein Mietwagen nicht benutzt werden kann, der nach § 133 SGB V berechnungsfähige Betrag anerkannt. Insoweit die Beklagte der Ansicht ist, von § 60 SGB V seien nur die reinen Beförderungskosten erfasst, worunter sie jedenfalls die von ihr beglichene Grundgebühr und die Pauschale für die tatsächlich angefallenen Fahrtkilometer, nicht aber die Folgekosten der Desinfektion versteht, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Dass laut des Entwurfs eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG; BT-Drs. 11/2237 S. 186) die Kostenübernahme auf die "reinen Fahrkosten" beschränkt werden sollte, schließt die Kostenübernahme für eine Desinfektionspauschale nicht aus. Die Formulierung diente vielmehr der Abgrenzung zu den nach früherem Recht auch zu tragenden Kosten der Übernachtung und des Gepäcktransports, die nach Einführung des § 60 SGB V nicht mehr Bestandteil des Leistungskatalogs in der gesetzlichen Krankenversicherung sein sollten (vgl. BT-Drs. 11/2237 S. 186). § 60 Abs. 3 SGB V stellt eine gesetzliche Fiktion dar und legt fest, welche Kosten als Fahrkosten anerkannt werden. Es kommt also weniger auf die Definition des Begriffs "Fahrkosten" an als vielmehr auf die Frage, ob die Kosten von der Fiktion des § 60 Abs. 3 SGB V erfasst werden. Handelt es sich also um nach § 133 SGB V erstattungsfähige Kosten, so gelten diese als Fahrkosten (§ 60 Abs. 3 Nr. 3 SGB V). Im Übrigen hat die Beklagte vor der Erhöhung der Desinfektionspauschale durch den Kreis W. die Desinfektionspauschale als Fahrkosten übernommen. Es ist auch nicht erkennbar, dass sie die Desinfektionspauschale bei der Inanspruchnahme von Rettungsdiensten anderer Städte nicht übernimmt. Die Krankenkassen haben grundsätzlich die von den Städten und Gemeinden im Rahmen der Satzungshoheit festgesetzten Entgelte zu begleichen (Kranig, in: Hauck/Noftz, Kommentar, § 133 SGB V Randnr. 26). Der Kreis W. erhebt für die Desinfektion nach dem Transport eines Infektionskranken eine Gebühr von 150 EUR, § 1 Ziff. 3 der Gebührensatzung für die Benutzung der Krankenkraftwagen im Kreis W. vom 20.06.2007 iVm Ziff. 4. 1 des entsprechenden Gebührentarifs des Kreises W ...
Der Beklagten steht kein Recht auf Begrenzung der Kosten gemäß § 133 Abs. 2 SGB V zu. Werden die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen festgelegt, können die Krankenkasse ihre Leistungspflicht zur Übernahme der Kosten gemäß § 133 Abs. 2 SGB V auf Festbeträge an die Versicherten in Höhe vergleichbarer wirtschaftlich erbrachter Leistungen beschränken, wenn 1. vor der Entgeltfestsetzung den Krankenkassen oder ihren Verbänden keine Gelegenheit zur Erörterung gegeben wurde, 2. bei der Entgeltbemessung Investitionskosten und Kosten der Reservevorhaltung berücksichtigt worden sind, die durch eine über die Sicherstellung der Leistungen des Rettungsdienstes hinausgehende öffentliche Aufgabe der Einrichtung bedingt sind, oder 3. die Leistungserbringung gemessen an den rechtlich vorgegebenen Sicherstellungsverpflichtungen unwirtschaftlich ist. Die objektive Beweislast liegt bei der Beklagten. Denn nach den allgemeinen Beweislastregeln geht die Unerweislichkeit einer Tatsache grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will (BSG, Urteil vom 24.11.2010, B 11 AL 35/09 R, Juris Randnr. 22; vgl. zu § 133 SGB V: Kranig, in: Hauck/Noftz, Kommentar, § 133 SGB V Randnr. 27). Nur wenn die Voraussetzungen von § 133 Abs. 2 SGB V vorliegen, hat der Versicherte die sich ergebenden Mehrkosten selbst zu tragen (BVerwG, Urteil vom 21.05.1996, 3 N 1/94, Juris Randnr. 27; Kranig, in: Hauck/Noftz, Kommentar, § 133 SGB V Randnr. 27)
Den Verbänden der Krankenkassen wurden vor der Entgeltfestsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Aus dem Schreiben der Stadt Wesel vom 25.03.2010 ergibt sich, dass sie der Satzungsänderung zugestimmt haben. Auf eine Billigung von Seiten der Beklagten kommt es nicht an. Die Voraussetzungen von § 133 Abs. 2 Nr. 1 SGB V liegen damit nicht vor.
Die Voraussetzungen von § 133 Abs. 2 Nr. 2 SGB V sind nicht nachgewiesen. Dass der Kreis W bei der Bemessung der Gebühr Investitionskosten und Kosten der Reservevorhaltung berücksichtigt hat, die durch eine über die Sicherstellung der Leistung des Rettungsdienstes hinausgehende öffentliche Aufgabe der Einrichtung bedingt sind, ist nicht belegt. Es ist unschädlich, dass Investitionskosten und Kosten der Reservevorhaltung in der Berechnung der Gebühren berücksichtigt werden, wenn und soweit sie der Sicherstellung der Leistungen des Rettungsdienstes dienen. Erst wenn sie durch eine andere öffentliche Aufgabe der Einrichtung bedingt sind – deren Kosten über die Gebühren des Rettungsdienstes also versteckt finanziert würden –, ist der von der Krankenkasse zu tragende Kostenrahmen überschritten. Hiervon konnte sich die Kammer unter Würdigung der vorliegenden Umstände nicht überzeugen. Aus der beigezogenen Stellungnahme des Kreises Wesel in dem vergleichbaren Verfahren S 7 KR 3/09 vom 23.03.2010 ist zwar ersichtlich, dass die Reservevorhaltung in die Gebührenkalkulation einbezogen wurde. Der Kreis Wesel hat ausgeführt, dass bei einer Desinfektion Fahrzeug und Personal für diese Zeit für den Rettungsdienst ausfallen, so dass Rettungseinsätze von anderen Rettungswachen übernommen werden bzw. weitere Fahrzeuge und Personal vorgehalten würden, um Rettungsdienstleistungen auszuführen. Die Kosten für das Reservefahrzeug bzw. die "Über-Soll"-Vorhaltung seien nicht konkret bezifferbar. Es gebe eine sehr unterschiedliche Organisationsstruktur im Rettungsdienst des Kreises W ... Zudem seien die tatsächlichen Kosten von situationsbedingten Personal- und Materialressourcen abhängig. Der Betrag von 150 EUR stelle daher eine Pauschale dar. Anhaltspunkte dafür, dass der Kreis W. versteckt durch die Gebühren für den Rettungsdienst andere Aufgaben finanziert, sind dabei nicht erkennbar. Insbesondere begründet der Umstand, dass eine Pauschale berechnet wird, die keine konkrete Abrechnung des im Einzelfall angefallen Aufwands darstellt, keinen Hinweis auf eine Querfinanzierung. Eine konkrete Berechnung der tatsächlichen Kosten ist schon deshalb nicht durchführbar, weil nicht absehbar ist, wie häufig und für welche Leistungen der Rettungsdienst in Anspruch genommen werden wird. Darüber hinaus sind die Kosten der einzelnen Aufgabenbereiche nicht trennscharf auseinander zu halten (BVerwG, Urteil vom 21.05.1996, 3 N 1/94, Juris Randnr. 20; Kranig, in: Hauck/Noftz, Kommentar, § 133 SGB V Randnr. 26).
Auch die Voraussetzungen von § 133 Abs. 3 Nr. 3 SGB V sind nicht nachgewiesen. Zwar ist durch die im Parallelverfahren S 7 KR 3/09 durchgeführten Ermittlungen belegt, dass die Desinfektionspauschale im Kreis W. höher ist als in den Städten Oberhausen (34,26 EUR) und Duisburg (29,15 EUR). Die Stadt Essen differenziert nach einfachen Desinfektionen (51 EUR) und Desinfektionen mit erhöhtem Aufwand (331 EUR). Diese Bandbreite zeigt, dass die Festlegung, wann die Pauschale überhöht ist, schwer durchführbar ist. Es liegt bereits in der Satzungshoheit der Gemeinden, ob sie bei der Höhe der Pauschale zwischen einfachen und aufwendigen Desinfektionen, der Art des Einsatzfahrzeugs oder anderen sachlichen Gesichtspunkten unterscheidet oder keine Differenzierung vornimmt und eine einheitliche Pauschale für alle Desinfektionen ansetzt. Jedenfalls im Hinblick auf die Gebührensatzung der Stadt Essen begegnet es keinen offensichtlichen Bedenken, die Desinfektionspauschale mit 150 EUR anzusetzen. Ohnehin reicht es nicht aus, dass eine Pauschale überhöht ist. Sie muss vielmehr "gemessen an den rechtlichen Sicherstellungsverpflichtungen unwirtschaftlich" sein. Als Beispiel wird ein lokales oder regionales Überangebot, das durch Planungsfehler des Trägers des Rettungsdienstes entstanden ist, angeführt (Kranig, in: Hauck/Noftz, Kommentar, § 133 SGB V Randnr. 26). Allein daraus, dass der Kreis W. die Pauschale auf 150 EUR erhöht hat, kann weder geschlossen werden, dass die neue Pauschale nunmehr überhöht ist, noch dass sie mit Blick auf die Sicherstellung des Rettungsdienstes unwirtschaftlich ist. Dies gilt umso mehr, als bereits im Jahr 2000 die Höhe der Desinfektionspauschale für von der Feuerwehr der Stadt Bochum durchgeführte Krankentransporte bei 280 DM lag (vgl. LSG NRW, L 16 KR 81/03, Juris Randnr. 1, 2). Konkrete Anhaltspunkte für eine Unwirtschaftlichkeit gerade im Hinblick auf die rechtlich vorgegebenen Sicherstellungsverpflichtungen sind weder ersichtlich, noch von der Beklagten vorgetragen.
Insoweit die Beklagte vorträgt, dass es sich bei der Durchführung von Desinfektionen vorrangig um eine Angelegenheit der Gefahrenabwehr und damit um eine dem Kreis W. als allgemeine Gefahrenabwehr zugewiesene öffentliche Aufgabe handelt, folgt die Kammer dieser Ansicht nicht. Der Kreis Wesel ist als Träger der Feuerwehr für die Sondergefahrenabwehr bei Unglücksfällen und solchen öffentlichen Notständen, die durch Naturereignisse, Explosionen oder ähnliche Vorkommnisse verursacht werden, nach §§ 4, 1 Abs. 1 FSHG NW zuständig. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RettG NRW ist er darüber hinaus als Träger des Rettungsdienstes verpflichtet, die bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung einschließlich der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst und des Krankentransportes sicherzustellen. Beide Aufgabenbereiche überschneiden sich teilweise (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.06.2010, L 10 KR 59/08, Juris Randnr. 34). Maßgebliches Abgrenzungsmerkmale sind der in § 60 SGB V geregelte Krankentransport und der in § 1 Abs. 1 FSHG geregelte Unglücksfall. Nur soweit es um die Rettung aus einer Gefahrensituation geht, der Einsatz also auch ohne anschließende Beförderung zur Krankenbehandlung erforderlich ist, handelt es sich um einen Unglücksfall (LSG Sachsen-Anhalt, aaO). Wenn es sich dagegen - wie hier - um einen Krankentransport handelt, hat die Beklagte im Rahmen des SGB V die Kosten zu tragen. Dazu gehört auch, dass ein Einsatzfahrzeug nach dem Krankentransport einer Person, die an einer ansteckenden Erkrankung leidet, desinfiziert wird und so für einen potentiellen nächsten Rettungsdiensteinsatz wieder in einen keimfreien und damit gebrauchsfähigen Zustand versetzt wird. Gegen eine Begrenzung der Aufgaben des Rettungsdienstes allein auf die Durchführung des Krankentransportes – im Sinne der reinen Fahrleistung – und Zuweisung aller notwendigen Voraussetzungen zur Vorhaltung eines einsatzfähigen Rettungsdienstes zur Gefahrenabwehr spricht § 133 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Daraus, dass dort die Begrenzungsmöglichkeit bei Berücksichtigung von Investitionskosten und Kosten der Reservevorhaltung nur dann vorgesehen ist, wenn sie durch eine über die Sicherstellung der Leistungen des Rettungsdienstes hinausgehende öffentliche Aufgabe bedingt sind, kann geschlossen werden, dass die durch die Sicherstellung des Rettungsdienstes bedingten Kosten zur Leistungspflicht der Krankenkassen gehören. Die notwendige Desinfektion eines eingesetzten Krankentransportfahrzeugs gehört kraft Sachzusammenhangs zu den Aufgaben des Rettungsdienstes. Sie ist Nebenleistung zu den Fahrkosten im engeren Sinn (vgl. inzident BSG, Urteil vom 20.11.2008, B 3 KR 25/07 R, Juris Randnr. 2, 9, 23).
Dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Kosten für einen nichtbenutzten Rettungswagen nicht zu erstatten sind (Urteil vom 06.11.2008, B 1 KR 38/07 R), hat auf den vorliegenden Fall keine Auswirkung. Maßgeblich war für die Entscheidung des Bundessozialgerichts, dass § 60 SGB V an die tatsächliche Benutzung anknüpft und sie für eine Kostenübernahmepflicht der Krankenkasse voraussetzt. Die Fallgestaltung liegt hier anders. Die Versicherte hat den Rettungsdienst tatsächlich in Anspruch genommen; streitig ist nur die Höhe der zu übernehmenden Kosten.
Im Übrigen könnte die Beklagte auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 133 Abs. 2 SGB V die Kostenübernahme für die Desinfektionspauschale nicht vollständig ablehnen, sondern hätte nur das Recht, im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung einen Festbetrag festzulegen, der statt der satzungsmäßigen Höhe übernommen wird.
Die Voraussetzungen der Kostenerstattung für eine selbstbeschaffte Leistung aus § 13 Abs. 3 SGB V sind mithin erfüllt. Wenn demgegenüber die Einsatzfahrt dem Rettungsdienst, weil er als regulärer Leistungserbringer der Beklagten für Krankentransporte angegangen worden ist, zugerechnet wird und nicht als selbstbeschaffte Leistung der Versicherten gesehen wird, greift als Anspruchsgrundlage unmittelbar § 60 SGB V (LSG Sachsen-Anhalt, aaO, Juris Randnr. 40). Die Voraussetzungen für den Erstattungsan-spruch liegen dann gleichermaßen vor.
Der Anspruch ist auch nicht nach § 59 SGB I erloschen. Gemäß § 59 Satz 1 SGB I erlöschen Ansprüche auf Dienst- oder Sachleistungen mit dem Tod des Berechtigten. Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nach Satz 2 der Vorschrift nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind, noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig war. Die Versicherte verstarb am 27.02.2xxx. Der an sie gerichtete Gebührenbescheid der Stadt W. datiert vom 09.03.2009. Jedoch war die Beklagte mit der Abrechnung der Fahrkosten bereits vor dem Tod der Versicherten befasst. Sie hat auf die Rechnung der Stadt W. vom 21.01.2009 am 10.02.2009 eine Teilzahlung geleistet. Die Beklagte hatte also vor dem Tod der Versicherten eine Prüfung eingeleitet, in welcher Höhe die Kosten von ihr zu tragen sind. Dass die Prüfung durch die Stadt W. und nicht durch die Versicherte eingeleitet wurde, ist unschädlich. Vor Erlass des Gebührenbescheides konnte der Antrag auf Kostenübernahme nach § 13 Abs. 3 SGB V – also eine Geldleistung – von der Versichertenseite mangels Kenntnis der eigenen Einstandspflicht gegenüber der Stadt W. ohnehin nicht gestellt werden.
Dass die Versicherte bzw. die Erben trotz der rechtlichen Möglichkeit gegen den Gebührenbescheid der Stadt W. nicht Klage erhoben haben, ist nicht erheblich, da dies keine Voraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch ist.
Da die Erben eine Gesamthandsgemeinschaft bilden (vgl. Weidlich, in: Palandt, BGB, Kommentar, 70. Aufl., § 2032 Randnr. 1), konnte der Kläger gemäß § 2039 Satz 1 BGB die Leistung nur an alle Erben fordern. Auch öffentlich-rechtliche Ansprüche fallen hierunter (Weidlich, aaO, § 2039 Randnr. 3 mwN).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren war nicht kostenfrei gemäß § 183 SGG, da der Kläger nicht zu dem dort genannten privilegierten Personenkreis gehört. Er klagt weder in seiner Eigenschaft als Versicherter noch als Sonderrechtsnachfolger im Sinne von § 56 Abs. 1 SGB I. Eine Sonderrechtsnachfolge liegt nicht vor, da der Kläger zwar der Sohn der Versicherten ist, jedoch nicht mit ihr im Zeitpunkt ihres Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat oder von ihr wesentlich unterhalten worden ist (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I). Der Kläger und die Beigeladenen sind vielmehr Erben der Versicherten. Zwar ist ein Verfahren der Erben dann in einem Rechtszug kostenfrei, wenn ein Versicherter oder eine sonstige privilegierte Person im Sinne von § 183 Satz 1 SGG im Laufe des gerichtlichen Verfahrens verstirbt und die Erben das Verfahren aufnehmen (§ 183 Satz 2 SGG). Jedoch war die Versicherte bereits vor Beginn des gerichtlichen Verfahrens verstorben, so dass keine Kostenfreiheit eintritt.
Die Berufung bedarf der Zulassung, wenn – wie hier – der Wert des Beschwerdegegen-standes keine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr betrifft und einen Betrag von 750 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 SGG). Die Kammer hat die Berufung zugelassen, weil die Frage, ob eine Krankenkasse für Desinfektionskosten im Zusammenhang mit einem Krankentransport einzustehen hat, grundsätzliche Bedeutung hat und bisher noch nicht obergerichtlich geklärt wurde. Die Klärung der Frage liegt im allgemeinen Interesse, um die Rechtseinheit zu erhalten.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Kostenerstattung für die Begleichung einer Desinfektionspauschale, die die Stadt Wesel im Zusammenhang mit der Benutzung ihres Rettungsdienstes erhoben hat.
Der Kläger ist der Sohn der am 27.02.2xxx verstorbenen Versicherten B. D. Z. und bildet mit seinen beigeladenen Geschwistern die Erbengemeinschaft. Die verstorbene Versicherte ist am 19.01.2009 durch den Rettungsdienst der Stadt W. vom St. Ludgerus-Haus in W. in das Marienhospital in W. gebracht worden. Es bestand der Verdacht auf eine Infektion mit dem Norovirus. Die Stadt W. stellte zunächst der Beklagten für die Benutzung des Krankenkraftwagens einen Betrag in Höhe von 272,50 EUR in Rechnung. Neben der Grundgebühr und den angefallenen Fahrtkilometern machte sie einen "Zuschlag Infektionstransport" in Höhe von 150 EUR geltend. Grundlage hierfür war die Gebührensatzung für die Benutzung der Krankenkraftwagen im Kreis W. vom 20.06.2007 (§ 1 Ziffer 3 iVm Ziffer 4.1 des entsprechenden Gebührentarifs des Kreises W.). Die Pauschale wurde mit Wirkung zum 01.07.2007 neu festgelegt. In der zuvor geltenden Satzung war nach der Art des Einsatzfahrzeugs unterschieden worden. Die Desinfektionspauschale betrug vorher 95 EUR bei der Benutzung eines Notarztwagens, 55 EUR bei einem Rettungswagen und 20 EUR bei einem Krankentransportwagen.
Die Beklagte beglich die Grundgebühr und die Fahrtkilometer, lehnte aber die Übernahme der Desinfektionspauschale ab. Daraufhin stellte die Stadt W. 150 EUR der verstorbenen Versicherten mit Gebührenbescheid vom 09.03.2009 in Rechnung. Sie erklärte, dass die Beklagte der einzige Kostenträger sei, der die Desinfektionspauschale nicht übernehme. Die Kosten für die Desinfektion seien auch nicht bereits in der Grundgebühr enthalten. Dies widerspreche dem Verursacherprinzip. Die Gebührensatzung sei mit den Vertretern der Kostenträger auf Landesebene abgestimmt und einvernehmlich festgesetzt worden. Sie sei angemessen, da das benutzte Fahrzeug vorübergehend außer Dienst genommen werde und auch die Mitarbeiter sich desinfizieren und umkleiden müssten. Dies bedeute einen erheblichen Mehraufwand. Zwar rechne die Stadt W. grundsätzlich mit den Krankenkassen unmittelbar ab. Wenn diese jedoch die Zahlung ablehnten, müsste der Versicherte den Differenzbetrag übernehmen. Daraufhin zahlte der Kläger den Betrag von 150 EUR an die Stadt W ...
Am 14.03.2009 wandte er sich an die Beklagte und beantragte die Erstattung. Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme mit Bescheid vom 19.03.2009 ab. Für eine Kostenerstattung der Desinfektionspauschale gebe es keine Rechtsgrundlage im SGB V. Hiergegen erhob der Kläger am 27.03.2009 Widerspruch. Der Krankentransport sei notwendig gewesen. Gleiches gelte für die Desinfektion des Krankentransportwagens. Es sei nicht einzusehen, dass die von der Stadt W. erhobene Rechnungsposition "Zuschlag Infektionstransport" zu Lasten der Versicherten gehe. Auch könnten die Kosten eines Krankentransportes nicht in einen medizinisch notwendigen und einen medizinisch nicht notwendigen Teil aufgespalten werden. Bei der Desinfektionspauschale handele es sich um einen Teil der Kosten des Krankentransportes. Dies gehe aus dem Gebührenbescheid hervor. Daher sei die Beklagte einstandspflichtig. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009 zurück. Im Rahmen von § 60 SGB V seien nur reine Transportkosten von ihr zu zahlen. Die Desinfektion des Transportmittels falle nicht darunter, da sie nicht zugunsten des zuvor transportierten Versicherten, sondern primär zum Schutz der Allgemeinheit vor Infektionen erfolge. Die Desinfektion sei daher dem Bereich der Gefahrenabwehr zuzuordnen, der den Ordnungsbehörden obliege.
Hiergegen richtet sich die am 28.12.2009 erhobene Klage. Der Kläger trägt ergänzend vor, dass die Organisation und Vorhaltung des Rettungswesens auch der Gefahrenabwehr diene. Dies ändere aber aus seiner Sicht nichts daran, dass die Beklagte die Kosten für einen konkreten Krankentransport übernehmen müsse. Die Desinfektionspauschale sei unmittelbare Folge des medizinisch notwendigen Transportes der Versicherten und somit handele es sich um Kosten im Sinne von § 60 SGB V. Nach seiner Kenntnis würden Anschaffungskosten, Bau- und Betriebskosten der Leitstelle usw. kalkulatorisch in die Fahrtkosten einfließen. Nichts anderes könne für eine besondere Desinfektion des Fahrzeugs anlässlich des Transportes einer infizierten Versicherten gelten. Insoweit die Beklagte sich im Klageverfahren auf § 59 Satz 2 SGB I gestützt habe, greife diese Regelung nicht. Anderenfalls würde es dazu kommen, dass fast keine Behandlung mehr bezahlt werden müsste, bei der der Patient im Krankenhaus verstirbt, da in aller Regel zu diesem Zeitpunkt die Leistung weder festgestellt, noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist. Der Kostenerstattungsanspruch resultiere vielmehr daraus, dass es sich um eine erforderliche, selbstbeschaffte Leistung handele, die die Beklagte nicht bzw. nicht recht-zeitig zur Verfügung gestellt habe. Die Erbengemeinschaft habe erstmals mit Gebührenbescheid vom 09.03.2009 davon erfahren, dass die Beklagte Kosten nicht getragen habe und sie diese Kosten tragen sollte. Zu Lebzeiten der Versicherten habe ein Sachleistungsanspruch gegen die Beklagte bestanden. Der Zahlungsanspruch resultiere daraus, dass die Beklagte nach Durchführung des Krankentransportes die Kostenübernahme hinsichtlich der Desinfektionspauschale abgelehnt habe und die Stadt W. der Versicherten diese in Rechnung gestellt habe. Es werde also keine Leistung für die Verstorbene verlangt, sondern eine Kostenerstattung für eine bereits zu ihren Lebzeiten erbrachte Leistung. Ohnehin sei § 58 Satz 1 SGB I die speziellere Regelung. Da die anderen Krankenkassen offenbar die Kosten für die Desinfektionspauschale übernehmen würden, sei nicht einzusehen, warum die Beklagte diese Kosten nicht trage. Die Versicherte bzw. die Erbengemeinschaft sei auch nicht verpflichtet gewesen, gegen den Gebührenbescheid Widerspruch oder Klage zu erheben.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.03.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 zu verurteilen, an die Erben-gemeinschaft 150,00 Euro für den am 19.01.2009 erfolgten Transport der B. D. Z. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide auch weiterhin für zutreffend und beruft sich auf die in den angefochtenen Bescheiden vorgetragenen Argumente. Ergänzend trägt sie vor, dass die geltend gemachten Ansprüche nach § 59 Satz 2 SGB I nicht mehr bestehen würden, da sie im Zeitpunkt des Todes der Versicherten weder festgestellt gewesen seien, noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig gewesen sei. Zudem habe die Erbengemeinschaft kein Rechtsmittel gegen den Gebührenbescheid erhoben.
Mit Beschluss vom 22.06.2010 sind die Geschwister des Klägers beigeladen worden.
Im Verhandlungstermin wurden Unterlagen aus einem gleichgelagerten Rechtstreit beim SG Duisburg (S 7 KR 3/09), in dem ebenfalls die Beklagte beteiligt ist, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger ist beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, da die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind. Er hat einen Anspruch auf Erstattung der an die Stadt W. gezahlten Desinfektionspauschale, der durch Zahlung an die Erbengemeinschaft zur gesamten Hand zu erfüllen ist.
Gesetzliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 13 Abs. 3 SGB V iVm § 60 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 SGB V, § 1 Ziffer 3 der Gebührensatzung für die Benutzung der Krankenkraftwagen im Kreis W. vom 20.06.2007 sowie Ziffer 4.1 des entsprechenden Gebührentarifs des Kreises W ...
Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V ist die Krankenkasse zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Zudem muss die Leistung notwendig gewesen sein. Der Erstat-tungsanspruch reicht nicht weiter als der Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung eine solche ist, die die Krankenkasse als Sach- oder Dienstleistung erbringen muss (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.2007, B 1 KR 4/07 R; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.06.2010, L 10 KR 59/08, Juris Randnr. 22 mwN). Bei der Fahrt vom St. Ludgerus-Haus in W. zum Marienhospital in W. erbrachte der Rettungsdienst der Stadt W. eine Leistung, die die Beklagte der Mutter des Klägers als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung schuldete, aber nicht rechtzeitig erbringen konnte. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V übernimmt eine Krankenkasse die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Auch diese Voraussetzungen sind erfüllt. Über die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten für die Fahrt besteht kein Streit. Sie hat die Kosten unmittelbar an die Stadt W. gezahlt, soweit sie ihrer Ansicht nach erstattungsfähig sind.
Zwischen den Beteiligten ist allein die Höhe der von der Beklagten zu übernehmenden Kosten streitig.
Als Fahrkosten wird gemäß § 60 Abs. 3 Nr. 3 SGB V bei Benutzung eines Krankenkraftwagens oder Rettungsfahrzeugs, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel, ein Taxi oder ein Mietwagen nicht benutzt werden kann, der nach § 133 SGB V berechnungsfähige Betrag anerkannt. Insoweit die Beklagte der Ansicht ist, von § 60 SGB V seien nur die reinen Beförderungskosten erfasst, worunter sie jedenfalls die von ihr beglichene Grundgebühr und die Pauschale für die tatsächlich angefallenen Fahrtkilometer, nicht aber die Folgekosten der Desinfektion versteht, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Dass laut des Entwurfs eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG; BT-Drs. 11/2237 S. 186) die Kostenübernahme auf die "reinen Fahrkosten" beschränkt werden sollte, schließt die Kostenübernahme für eine Desinfektionspauschale nicht aus. Die Formulierung diente vielmehr der Abgrenzung zu den nach früherem Recht auch zu tragenden Kosten der Übernachtung und des Gepäcktransports, die nach Einführung des § 60 SGB V nicht mehr Bestandteil des Leistungskatalogs in der gesetzlichen Krankenversicherung sein sollten (vgl. BT-Drs. 11/2237 S. 186). § 60 Abs. 3 SGB V stellt eine gesetzliche Fiktion dar und legt fest, welche Kosten als Fahrkosten anerkannt werden. Es kommt also weniger auf die Definition des Begriffs "Fahrkosten" an als vielmehr auf die Frage, ob die Kosten von der Fiktion des § 60 Abs. 3 SGB V erfasst werden. Handelt es sich also um nach § 133 SGB V erstattungsfähige Kosten, so gelten diese als Fahrkosten (§ 60 Abs. 3 Nr. 3 SGB V). Im Übrigen hat die Beklagte vor der Erhöhung der Desinfektionspauschale durch den Kreis W. die Desinfektionspauschale als Fahrkosten übernommen. Es ist auch nicht erkennbar, dass sie die Desinfektionspauschale bei der Inanspruchnahme von Rettungsdiensten anderer Städte nicht übernimmt. Die Krankenkassen haben grundsätzlich die von den Städten und Gemeinden im Rahmen der Satzungshoheit festgesetzten Entgelte zu begleichen (Kranig, in: Hauck/Noftz, Kommentar, § 133 SGB V Randnr. 26). Der Kreis W. erhebt für die Desinfektion nach dem Transport eines Infektionskranken eine Gebühr von 150 EUR, § 1 Ziff. 3 der Gebührensatzung für die Benutzung der Krankenkraftwagen im Kreis W. vom 20.06.2007 iVm Ziff. 4. 1 des entsprechenden Gebührentarifs des Kreises W ...
Der Beklagten steht kein Recht auf Begrenzung der Kosten gemäß § 133 Abs. 2 SGB V zu. Werden die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen festgelegt, können die Krankenkasse ihre Leistungspflicht zur Übernahme der Kosten gemäß § 133 Abs. 2 SGB V auf Festbeträge an die Versicherten in Höhe vergleichbarer wirtschaftlich erbrachter Leistungen beschränken, wenn 1. vor der Entgeltfestsetzung den Krankenkassen oder ihren Verbänden keine Gelegenheit zur Erörterung gegeben wurde, 2. bei der Entgeltbemessung Investitionskosten und Kosten der Reservevorhaltung berücksichtigt worden sind, die durch eine über die Sicherstellung der Leistungen des Rettungsdienstes hinausgehende öffentliche Aufgabe der Einrichtung bedingt sind, oder 3. die Leistungserbringung gemessen an den rechtlich vorgegebenen Sicherstellungsverpflichtungen unwirtschaftlich ist. Die objektive Beweislast liegt bei der Beklagten. Denn nach den allgemeinen Beweislastregeln geht die Unerweislichkeit einer Tatsache grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will (BSG, Urteil vom 24.11.2010, B 11 AL 35/09 R, Juris Randnr. 22; vgl. zu § 133 SGB V: Kranig, in: Hauck/Noftz, Kommentar, § 133 SGB V Randnr. 27). Nur wenn die Voraussetzungen von § 133 Abs. 2 SGB V vorliegen, hat der Versicherte die sich ergebenden Mehrkosten selbst zu tragen (BVerwG, Urteil vom 21.05.1996, 3 N 1/94, Juris Randnr. 27; Kranig, in: Hauck/Noftz, Kommentar, § 133 SGB V Randnr. 27)
Den Verbänden der Krankenkassen wurden vor der Entgeltfestsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Aus dem Schreiben der Stadt Wesel vom 25.03.2010 ergibt sich, dass sie der Satzungsänderung zugestimmt haben. Auf eine Billigung von Seiten der Beklagten kommt es nicht an. Die Voraussetzungen von § 133 Abs. 2 Nr. 1 SGB V liegen damit nicht vor.
Die Voraussetzungen von § 133 Abs. 2 Nr. 2 SGB V sind nicht nachgewiesen. Dass der Kreis W bei der Bemessung der Gebühr Investitionskosten und Kosten der Reservevorhaltung berücksichtigt hat, die durch eine über die Sicherstellung der Leistung des Rettungsdienstes hinausgehende öffentliche Aufgabe der Einrichtung bedingt sind, ist nicht belegt. Es ist unschädlich, dass Investitionskosten und Kosten der Reservevorhaltung in der Berechnung der Gebühren berücksichtigt werden, wenn und soweit sie der Sicherstellung der Leistungen des Rettungsdienstes dienen. Erst wenn sie durch eine andere öffentliche Aufgabe der Einrichtung bedingt sind – deren Kosten über die Gebühren des Rettungsdienstes also versteckt finanziert würden –, ist der von der Krankenkasse zu tragende Kostenrahmen überschritten. Hiervon konnte sich die Kammer unter Würdigung der vorliegenden Umstände nicht überzeugen. Aus der beigezogenen Stellungnahme des Kreises Wesel in dem vergleichbaren Verfahren S 7 KR 3/09 vom 23.03.2010 ist zwar ersichtlich, dass die Reservevorhaltung in die Gebührenkalkulation einbezogen wurde. Der Kreis Wesel hat ausgeführt, dass bei einer Desinfektion Fahrzeug und Personal für diese Zeit für den Rettungsdienst ausfallen, so dass Rettungseinsätze von anderen Rettungswachen übernommen werden bzw. weitere Fahrzeuge und Personal vorgehalten würden, um Rettungsdienstleistungen auszuführen. Die Kosten für das Reservefahrzeug bzw. die "Über-Soll"-Vorhaltung seien nicht konkret bezifferbar. Es gebe eine sehr unterschiedliche Organisationsstruktur im Rettungsdienst des Kreises W ... Zudem seien die tatsächlichen Kosten von situationsbedingten Personal- und Materialressourcen abhängig. Der Betrag von 150 EUR stelle daher eine Pauschale dar. Anhaltspunkte dafür, dass der Kreis W. versteckt durch die Gebühren für den Rettungsdienst andere Aufgaben finanziert, sind dabei nicht erkennbar. Insbesondere begründet der Umstand, dass eine Pauschale berechnet wird, die keine konkrete Abrechnung des im Einzelfall angefallen Aufwands darstellt, keinen Hinweis auf eine Querfinanzierung. Eine konkrete Berechnung der tatsächlichen Kosten ist schon deshalb nicht durchführbar, weil nicht absehbar ist, wie häufig und für welche Leistungen der Rettungsdienst in Anspruch genommen werden wird. Darüber hinaus sind die Kosten der einzelnen Aufgabenbereiche nicht trennscharf auseinander zu halten (BVerwG, Urteil vom 21.05.1996, 3 N 1/94, Juris Randnr. 20; Kranig, in: Hauck/Noftz, Kommentar, § 133 SGB V Randnr. 26).
Auch die Voraussetzungen von § 133 Abs. 3 Nr. 3 SGB V sind nicht nachgewiesen. Zwar ist durch die im Parallelverfahren S 7 KR 3/09 durchgeführten Ermittlungen belegt, dass die Desinfektionspauschale im Kreis W. höher ist als in den Städten Oberhausen (34,26 EUR) und Duisburg (29,15 EUR). Die Stadt Essen differenziert nach einfachen Desinfektionen (51 EUR) und Desinfektionen mit erhöhtem Aufwand (331 EUR). Diese Bandbreite zeigt, dass die Festlegung, wann die Pauschale überhöht ist, schwer durchführbar ist. Es liegt bereits in der Satzungshoheit der Gemeinden, ob sie bei der Höhe der Pauschale zwischen einfachen und aufwendigen Desinfektionen, der Art des Einsatzfahrzeugs oder anderen sachlichen Gesichtspunkten unterscheidet oder keine Differenzierung vornimmt und eine einheitliche Pauschale für alle Desinfektionen ansetzt. Jedenfalls im Hinblick auf die Gebührensatzung der Stadt Essen begegnet es keinen offensichtlichen Bedenken, die Desinfektionspauschale mit 150 EUR anzusetzen. Ohnehin reicht es nicht aus, dass eine Pauschale überhöht ist. Sie muss vielmehr "gemessen an den rechtlichen Sicherstellungsverpflichtungen unwirtschaftlich" sein. Als Beispiel wird ein lokales oder regionales Überangebot, das durch Planungsfehler des Trägers des Rettungsdienstes entstanden ist, angeführt (Kranig, in: Hauck/Noftz, Kommentar, § 133 SGB V Randnr. 26). Allein daraus, dass der Kreis W. die Pauschale auf 150 EUR erhöht hat, kann weder geschlossen werden, dass die neue Pauschale nunmehr überhöht ist, noch dass sie mit Blick auf die Sicherstellung des Rettungsdienstes unwirtschaftlich ist. Dies gilt umso mehr, als bereits im Jahr 2000 die Höhe der Desinfektionspauschale für von der Feuerwehr der Stadt Bochum durchgeführte Krankentransporte bei 280 DM lag (vgl. LSG NRW, L 16 KR 81/03, Juris Randnr. 1, 2). Konkrete Anhaltspunkte für eine Unwirtschaftlichkeit gerade im Hinblick auf die rechtlich vorgegebenen Sicherstellungsverpflichtungen sind weder ersichtlich, noch von der Beklagten vorgetragen.
Insoweit die Beklagte vorträgt, dass es sich bei der Durchführung von Desinfektionen vorrangig um eine Angelegenheit der Gefahrenabwehr und damit um eine dem Kreis W. als allgemeine Gefahrenabwehr zugewiesene öffentliche Aufgabe handelt, folgt die Kammer dieser Ansicht nicht. Der Kreis Wesel ist als Träger der Feuerwehr für die Sondergefahrenabwehr bei Unglücksfällen und solchen öffentlichen Notständen, die durch Naturereignisse, Explosionen oder ähnliche Vorkommnisse verursacht werden, nach §§ 4, 1 Abs. 1 FSHG NW zuständig. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RettG NRW ist er darüber hinaus als Träger des Rettungsdienstes verpflichtet, die bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung einschließlich der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst und des Krankentransportes sicherzustellen. Beide Aufgabenbereiche überschneiden sich teilweise (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.06.2010, L 10 KR 59/08, Juris Randnr. 34). Maßgebliches Abgrenzungsmerkmale sind der in § 60 SGB V geregelte Krankentransport und der in § 1 Abs. 1 FSHG geregelte Unglücksfall. Nur soweit es um die Rettung aus einer Gefahrensituation geht, der Einsatz also auch ohne anschließende Beförderung zur Krankenbehandlung erforderlich ist, handelt es sich um einen Unglücksfall (LSG Sachsen-Anhalt, aaO). Wenn es sich dagegen - wie hier - um einen Krankentransport handelt, hat die Beklagte im Rahmen des SGB V die Kosten zu tragen. Dazu gehört auch, dass ein Einsatzfahrzeug nach dem Krankentransport einer Person, die an einer ansteckenden Erkrankung leidet, desinfiziert wird und so für einen potentiellen nächsten Rettungsdiensteinsatz wieder in einen keimfreien und damit gebrauchsfähigen Zustand versetzt wird. Gegen eine Begrenzung der Aufgaben des Rettungsdienstes allein auf die Durchführung des Krankentransportes – im Sinne der reinen Fahrleistung – und Zuweisung aller notwendigen Voraussetzungen zur Vorhaltung eines einsatzfähigen Rettungsdienstes zur Gefahrenabwehr spricht § 133 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Daraus, dass dort die Begrenzungsmöglichkeit bei Berücksichtigung von Investitionskosten und Kosten der Reservevorhaltung nur dann vorgesehen ist, wenn sie durch eine über die Sicherstellung der Leistungen des Rettungsdienstes hinausgehende öffentliche Aufgabe bedingt sind, kann geschlossen werden, dass die durch die Sicherstellung des Rettungsdienstes bedingten Kosten zur Leistungspflicht der Krankenkassen gehören. Die notwendige Desinfektion eines eingesetzten Krankentransportfahrzeugs gehört kraft Sachzusammenhangs zu den Aufgaben des Rettungsdienstes. Sie ist Nebenleistung zu den Fahrkosten im engeren Sinn (vgl. inzident BSG, Urteil vom 20.11.2008, B 3 KR 25/07 R, Juris Randnr. 2, 9, 23).
Dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Kosten für einen nichtbenutzten Rettungswagen nicht zu erstatten sind (Urteil vom 06.11.2008, B 1 KR 38/07 R), hat auf den vorliegenden Fall keine Auswirkung. Maßgeblich war für die Entscheidung des Bundessozialgerichts, dass § 60 SGB V an die tatsächliche Benutzung anknüpft und sie für eine Kostenübernahmepflicht der Krankenkasse voraussetzt. Die Fallgestaltung liegt hier anders. Die Versicherte hat den Rettungsdienst tatsächlich in Anspruch genommen; streitig ist nur die Höhe der zu übernehmenden Kosten.
Im Übrigen könnte die Beklagte auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 133 Abs. 2 SGB V die Kostenübernahme für die Desinfektionspauschale nicht vollständig ablehnen, sondern hätte nur das Recht, im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung einen Festbetrag festzulegen, der statt der satzungsmäßigen Höhe übernommen wird.
Die Voraussetzungen der Kostenerstattung für eine selbstbeschaffte Leistung aus § 13 Abs. 3 SGB V sind mithin erfüllt. Wenn demgegenüber die Einsatzfahrt dem Rettungsdienst, weil er als regulärer Leistungserbringer der Beklagten für Krankentransporte angegangen worden ist, zugerechnet wird und nicht als selbstbeschaffte Leistung der Versicherten gesehen wird, greift als Anspruchsgrundlage unmittelbar § 60 SGB V (LSG Sachsen-Anhalt, aaO, Juris Randnr. 40). Die Voraussetzungen für den Erstattungsan-spruch liegen dann gleichermaßen vor.
Der Anspruch ist auch nicht nach § 59 SGB I erloschen. Gemäß § 59 Satz 1 SGB I erlöschen Ansprüche auf Dienst- oder Sachleistungen mit dem Tod des Berechtigten. Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nach Satz 2 der Vorschrift nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind, noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig war. Die Versicherte verstarb am 27.02.2xxx. Der an sie gerichtete Gebührenbescheid der Stadt W. datiert vom 09.03.2009. Jedoch war die Beklagte mit der Abrechnung der Fahrkosten bereits vor dem Tod der Versicherten befasst. Sie hat auf die Rechnung der Stadt W. vom 21.01.2009 am 10.02.2009 eine Teilzahlung geleistet. Die Beklagte hatte also vor dem Tod der Versicherten eine Prüfung eingeleitet, in welcher Höhe die Kosten von ihr zu tragen sind. Dass die Prüfung durch die Stadt W. und nicht durch die Versicherte eingeleitet wurde, ist unschädlich. Vor Erlass des Gebührenbescheides konnte der Antrag auf Kostenübernahme nach § 13 Abs. 3 SGB V – also eine Geldleistung – von der Versichertenseite mangels Kenntnis der eigenen Einstandspflicht gegenüber der Stadt W. ohnehin nicht gestellt werden.
Dass die Versicherte bzw. die Erben trotz der rechtlichen Möglichkeit gegen den Gebührenbescheid der Stadt W. nicht Klage erhoben haben, ist nicht erheblich, da dies keine Voraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch ist.
Da die Erben eine Gesamthandsgemeinschaft bilden (vgl. Weidlich, in: Palandt, BGB, Kommentar, 70. Aufl., § 2032 Randnr. 1), konnte der Kläger gemäß § 2039 Satz 1 BGB die Leistung nur an alle Erben fordern. Auch öffentlich-rechtliche Ansprüche fallen hierunter (Weidlich, aaO, § 2039 Randnr. 3 mwN).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren war nicht kostenfrei gemäß § 183 SGG, da der Kläger nicht zu dem dort genannten privilegierten Personenkreis gehört. Er klagt weder in seiner Eigenschaft als Versicherter noch als Sonderrechtsnachfolger im Sinne von § 56 Abs. 1 SGB I. Eine Sonderrechtsnachfolge liegt nicht vor, da der Kläger zwar der Sohn der Versicherten ist, jedoch nicht mit ihr im Zeitpunkt ihres Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat oder von ihr wesentlich unterhalten worden ist (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I). Der Kläger und die Beigeladenen sind vielmehr Erben der Versicherten. Zwar ist ein Verfahren der Erben dann in einem Rechtszug kostenfrei, wenn ein Versicherter oder eine sonstige privilegierte Person im Sinne von § 183 Satz 1 SGG im Laufe des gerichtlichen Verfahrens verstirbt und die Erben das Verfahren aufnehmen (§ 183 Satz 2 SGG). Jedoch war die Versicherte bereits vor Beginn des gerichtlichen Verfahrens verstorben, so dass keine Kostenfreiheit eintritt.
Die Berufung bedarf der Zulassung, wenn – wie hier – der Wert des Beschwerdegegen-standes keine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr betrifft und einen Betrag von 750 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 SGG). Die Kammer hat die Berufung zugelassen, weil die Frage, ob eine Krankenkasse für Desinfektionskosten im Zusammenhang mit einem Krankentransport einzustehen hat, grundsätzliche Bedeutung hat und bisher noch nicht obergerichtlich geklärt wurde. Die Klärung der Frage liegt im allgemeinen Interesse, um die Rechtseinheit zu erhalten.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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