Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 1970/10 WA
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 04.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2005 verurteilt, der Klägerin - als Sonderrechtsnachfolgerin der am 21.01.2007 verstorbenen C H -, unter Zulassung zur Zahlung von 4 monatlichen freiwilligen Beiträgen nach § 7 SGB VI für die Zeit vom 01. Januar bis 30. April 1998, Regelaltersrente aus der Versicherung der C H für den Zeitraum vom 01.11.1998 bis 31.01.2007 auf der Grundlage eines Versicherungsfalls vom 24.10.1998 zu gewähren, sofern die Beiträge auch gezahlt werden. 2.Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. 3.Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin als Tochter und hier einzige Sonderrechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter C H einen Anspruch auf sie übergegangene Regelaltersrente aus der Versicherung ihrer Mutter hat, für den Zeitraum vom 01.11.1998 bis 31.01.2007; streitig ist dabei für die Anspruchserfüllung zwischen den Beteiligten nur noch, ob die Wartezeit von der Klägerin erfüllt werden kann, hier durch Zulassung zur Nachzahlung erst noch zu entrichtender freiwilliger Beiträge nach § 7 des Sozialgesetzbuches (SGB) VI.
Die Klägerin ist die Tochter der C H. Sie hat - anders als ihr in Kiew lebender Bruder K H - mit ihrer Mutter zum Zeitpunkt deren Todes (21.01.2007) in Israel in L unter derselben Anschrift in einem gemeinsamen Haushalt zusammen gewohnt.
Frau H war am 00.00.1933 in der Ukraine in Kopaigorod geboren und als Jüdin während der deutschen Besetzung der Ukraine nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen; Ersatzzeiten bzw. Verfolgungszeiten und Ghetto-Beitragszeiten hat die Beklagte inzwischen im Laufe des Klageverfahrens anerkannt.
Frau H beantragte mit Schriftsatz vom 15.05.2003 durch ihre Bevollmächtigte bei der Beklagten eine Rente aus der deutschen Rentenversicherung; der Schriftsatz ging bei der Beklagten am 19.05.2003 ein. Im Antragsschriftsatz beantragt sie ausdrücklich: 1.Anerkennung von Ghetto-Beitragszeiten, 2.Anerkennung von Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI, 3.Gewährung einer Rente, 4.freiwillige Weiterversicherung nach § 7 SGB VI. Die Claims Conference habe bereits Ansprüche wegen nationalsozialistischer Verfolgung anerkannt. Frau H machte Ghetto-Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) geltend. Sie habe im Ghetto von Kopaigorod während des dortigen Aufenthaltes in der Zeit ab ca. Sommer 1941 bis März 1944 gegen Entgelt als abhängig Beschäftigte gearbeitet. Frau H hielt sich, den Unterlagen im Rentenverfahren entsprechend, nach der im Frühling 1944 erfolgten Befreiung weiter in Kopaigorod bzw. der Ukraine auf - als sowjetische Staatsangehörige -, bis sie am 15.12.1994 nach Israel auswanderte und dort dann als israelische Staatsangehörige lebte.
Mit dem Bescheid vom 04.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2005 lehnte die Beklagte die Zahlung einer Rente ab, weil die Voraussetzungen zur Anerkennung von - auf die Wartezeit anrechenbaren - Beitragszeiten nach § 1 ZRBG nicht erfüllt seien. Es habe nämlich, so die Beklagte damals, eine anerkennungsfähige Ghetto-Beitragszeit im Sinne des ZRBG schon deshalb nicht vorgelegen, weil das Ghetto Kopaigorod sich nicht - wie von § 1 ZRBG verlangt - in einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet befunden habe. Es habe nämlich in "Transnistrien" gelegen, das unter rumänischer Zivilverwaltung gestanden habe.
Gegen diese Bescheide hatte Frau H noch zu ihren Lebzeiten am 28.01.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Die Klage wurde von ihrer Bevollmächtigten unter Vorlage einer Vollmacht von Frau H erhoben.
Das Verfahren hat dann vom 31.05.2005 an geruht um höchstrichterliche Entscheidungen bzw. die weitere Entwicklung zu der sogenannten "Transnistrien-Problematik" abzuwarten.
Anlässlich der - inzwischen erfolgten - Wiederaufnahme des Verfahrens wurde festgestellt, dass Frau H nach Klageerhebung bereits am 21.01.2007 verstorben war, und neben ihrem in Kiew lebenden Sohn K noch ihre Tochter - die Klägerin - hinterließ, mit der sie zum Zeitpunkt ihres Todes in Karmiel in Israel zusammen lebte (unter der jetzigen Anschrift der Klägerin, die sich auch schon aus der ursprünglichen Klagevollmacht von Frau H vom 13.02.2005 ergab, Bl. 7 der Gerichtsakte).
Das Gericht wies die Beklagte und die Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 03.03.2010 unwidersprochen darauf hin, dass es die Klägerin als einzige und damit bevorrechtigte Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I ansieht; die Abstammungs- bzw. Geburtsurkunde der Klägerin liegt inzwischen auch vor, Bl. 42 Gerichtsakte.
Die Beklagte erkannte daraufhin (nachdem die Klägerin noch eine Wissenserklärung über die ihr bekannten Umstände der Arbeit ihrer Mutter im Ghetto - Bl. 39/40 Gerichtsakte - eingereicht hat) dem Vortrag der Klägerin bzw. der Verstorbenen weitgehend folgend mit Schriftsatz vom 01.10.2010 Versicherungszeiten der Verstorbenen an, und zwar: a)Ghetto-Beitragszeiten nach § 1 ZRBG vom 01.11.1941 bis 18.03.1944 b)Ersatzzeiten wegen Verfolgung vom 24.10.1947 (ab Vollendung des 14. Lebensjahres der Verstorbenen) bis zum 31.12.1949. Versicherungszeiten in Israel hat die Verstorbene nach Auskunft der israelischen Nationalversicherung nicht erworben (Bl. 45 f Gerichtsakte). Damit aber, so die Beklagte, sei die Wartezeit mit bisher nur 56 anrechenbaren Monaten nicht erfüllt. Die Klägerin könne die Erfüllung der Wartezeit von 60 Monaten auch nicht nachträglich durch Zahlung von 4 freiwilligen Beiträgen herbeiführen; denn sie sei weder als Tochter noch als Sonderrechtsnachfolgerin dazu berechtigt, weil die freiwillige Versicherung vielmehr ein höchstpersönliches Recht allein der Verstorbenen gewesen sei. Dieses Gestaltungsrecht sei mit dem Tode von Frau H endgültig erloschen. Dies bleibe die Auffassung der Beklagten, auch nach dem Beschluss ihrer Lenkungsgruppe zum ZRBG, an den sie sich gebunden fühle. Die Vorschriften zur Sonderrechtsnachfolge, § 56 ff SGB I, regelten nämlich lediglich den Übergang von bereits fälligen Ansprüchen auf Geldleistungen auf die Sonderrechtsnachfolger. Mit dem Tode des Versicherten gehe hier - nach der Leistungsanspruch lediglich in dem Zustand, wie er dem Versicherten zugestanden habe, auf potenzielle Sonderrechtsnachfolger über. Hier habe aber mangels Erfüllung der Wartezeit zu Lebzeiten der Versicherten noch kein Anspruch auf eine fällige Geldleistung bestanden. Sie halte diese Auslegung für eindeutig. Sie gelte auch in denjenigen Fällen, in denen noch zu Lebzeiten des Versicherten ein Antrag auf freiwillige Versicherung gestellt worden sei. Eine andere Auffassung könne auch nicht auf die Ausführungen im Kasseler Kommentar zu § 59 SGB I, Rd. Nr. 9-13, gestützt werden. Nach dem Verständnis der Beklagten bezögen sich die dortigen Erläuterungen lediglich auf die verfahrensrechtliche Rechtsnachfolge in Zusammenhang mit der Dispositionsbefugnis im Rahmen der Antragstellung. Ein eigenes Gestaltungsrecht des Sonderrechtsnachfolgers ergebe sich nicht.
Damit ist die Klägerin nicht einverstanden. Zwar stimme sie den anerkannten Versicherungszeiten zu, auch dem Umfang nach. Insoweit bestehe kein Streit mehr zwischen den Beteiligten. Damit allein sei die Wartezeit auch noch nicht erfüllt. Sie habe jedoch durchaus das Recht, die Erfüllung der Wartezeit durch Zahlung freiwilliger Beiträge nach § 7 SGB VI herbeizuführen. Denn das dazu erforderliche Gestaltungsrecht habe schon die Verstorbene zu Lebzeiten noch bereits mit dem Rentenantrag vom 15.05.2003 fristgerecht ausgeübt, dem Grunde nach. Die Verstorbene habe nur noch nicht damals schon selbst freiwillige Beiträge einzahlen können, weil dazu die Voraussetzungen erst mit dem Zeiten-Anerkenntnis der Beklagten vom 01.10.2010 deutlich geworden sein. Vorher aber seien nur deshalb keine Beitragszeiten bzw. Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung anerkannt gewesen, weil die Beklagte bei Erteilung der angefochtenen Bescheide zu Lebzeiten der Verstorbenen eine unzutreffende Rechtsauffassung vertreten und deshalb den Rentenanspruch zu Unrecht abgelehnt habe. Dieser damalige Fehler der Beklagten könne aber nicht heute zu ihren Lasten gehen. Das in eine potenziell fällige Rentenleistung mündende, zu Lebzeiten dem Grunde nach schon ausgeübte Gestaltungsrecht müsse also auf sie - die Klägerin - mit dem Tod ihrer Mutter übergegangen sein, im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I, bzw. in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift. Im übrigen gehöre zum auf sie übergegangenen potenziellen Rentenanspruch auch stets ein Anspruch auf freiwillige Versicherung, was nicht vom Rentenantrag und vom Rentenanspruch getrennt werden könne.
Die Klägerin beantragt,
1.die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2005 zu verurteilen, ihr - als Sonderrechtsnachfolgerin der am 21.01.2007 verstorbenen C H -, unter Zulassung zur Zahlung von 4 monatlichen freiwilligen Beiträgen nach § 7 SGB VI für die Zeit vom 01. Januar bis 30. April 1998, Regelaltersrente aus der Versicherung der C H für den Zeitraum vom 01.11.1998 bis 31.01.2007 auf der Grundlage eines Versicherungsfalls vom 24.10.1998 zu gewähren, sofern die Beiträge auch gezahlt werden, 2.die Sprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
1.die Klage abzuweisen, 2.die Sprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte hält weiterhin ein Recht der Klägerin zur Zahlung freiwilliger Beiträge nach § 7 SGB VI oder anderen Vorschriften für nicht gegeben, da dieses Recht nur für die Verstorbene höchstpersönlich bestanden habe, jedoch mit deren Tode erloschen sei. Sie nimmt Bezug auf ihre Schriftsätze vom 01.10., 18.11., 10.12.2010 und vom 28.01.2011 und den Beschluss ihrer ZRBG-Lenkungsgruppe, Bl. 65 der Gerichtsakte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage war und ist zulässig. Sie wurde insbesondere bereits am 28.01.2005 innerhalb von einem Monat nach Zugang des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2005 fristgerecht schon von der Verstorbenen erhoben, auch unter Vorlage einer Vollmacht der Verstorbenen (Bl. 7 der Gerichtsakte). Die Klägerin hat auch eine eigene Vollmacht auf die Bevollmächtigte ausgestellt, Bl. 26 der Gerichtsakte.
II. Die Klägerin ist zur Fortführung dieses Rechsstreits im prozessualen Sinne befugt und aktivlegitimiert, weil sie sich auf ein ihr vermeintlich zustehendes streitiges Recht als potenzielle Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne von § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB I beruft; wenn auch in der Sache zwischen den Beteiligten Streit darüber besteht, ob die Klägerin in vollem Umfang tatsächlich als Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne der vorgenannten Vorschrift anzusehen ist, so darf die Frage materiellen Rechts - die noch nicht eindeutig geklärt ist - hier nicht schon in Zulässigkeitsfragen (in die unter Juristen sogenannte "Prozessstation") verlagert werden. Die Klägerin ist also, auch wenn in der Sache ein Anspruchsübergang nach § 56 SGB I zwischen den Beteiligten streitig ist - siehe dazu in der Sache unter Punkt IV -, prozessual zulässig befugt diesen streitbefangenen Anspruch durch Fortführung des Rechtsstreits der C H geltend zu machen. Die grundsätzlichen Voraussetzungen der alleinigen Sonderrechtsnachfolgerschaft der Klägerin liegen hier nämlich dem Grunde nach vor. Die Klägerin ist die Tochter der Verstorbenen, und sie lebte mit ihrer Mutter zum Zeitpunkt deren Todes in deren Haushalt zusammen. Dies ergibt sich aus dem Vortrag im Schriftsatz vom 02.03.2010 wie auch schon aus der Prozessvollmacht der Verstorbenen vom 13.02.2005, Bl. 7 der Gerichtsakte, wonach die Verstorbene damals bereits unter der gleichen Anschrift wohnte in L, die die Klägerin heute noch hat. Die Prozessvollmacht der Verstorbenen vom 13.02.2005 trägt die gleiche kyrillische Unterschrift wie die Vollmacht schon im Verwaltungsverfahren (Bl. 2 der Verwaltungsakte). Die Beklagte hat Einwände gegen die Prozessführungsbefugnis der Klägerin auch nicht erhoben. Irrelevant ist auch, dass die Klägerin einen in Kiew lebenden Bruder hat, denn dieser ist allenfalls potenzieller Miterbe nach § 58 SGB I, jedoch seiner Anschrift wegen nicht wie die Klägerin bevorrechtigter Sonderrechtsnachfolger im Sinne von § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB I.
III. Die Klage mit dem Ziel, der Klägerin eine Regelaltersrente als Sonderrechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter zu gewähren, sofern die - zur Wartezeiterfüllung erforderlichen - 4 freiwilligen Beiträge auch gezahlt werden, ist so auch zulässig. Eine Klage unter einem Vorbehalt bzw. einer Bedingung ist nämlich nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes in Verbindung mit § 302 der Zivilprozessordnung in entsprechender Anwendung zulässig, vgl. dazu Bundessozialgericht Urteil vom 16.06.1994 (13 RJ 67/93) und das diesem Urteil vorausgegangene Vorbehaltsurteil des Sozialgerichts Landshut, das auch vom Bayerischen Landessozialgericht betätigt wurde.
IV. Der Klägerin steht, sofern 4 freiwillige Beiträge von der Klägerin eingezahlt werden, was die Kammer mit dem Urteil zugelassen hat, auch ein Anspruch auf Regelaltersrente aus der Versicherung der Verstorbenen für die Zeit vom 01.11.1998 bis 31.01.2007 (bis zum Todesmonat) zu. Die Kammer bejaht nämlich, dass auf die Klägerin ein potenzieller Anspruch der Verstorbenen nach § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB I übergegangen ist, einschließlich des der Verstorbenen zu Lebzeiten zustehend gewesenen Gestaltungsrechts auf Zahlung von zur Wartezeit erforderlichen 4 freiwilligen Beiträgen. Die Verstorbene hatte nämlich bereits zu Lebzeiten mit der Rentenantragstellung im Mai 2003 dem Grunde nach einen Anspruch auf Regelaltersrente ab 01.11.1998 nach § 35 in Verbindung mit § 50 SGB VI erworben unter Berücksichtigung von auf die Wartezeit anzurechnenden Ghetto-Beitragszeiten und Verfolgungs-Ersatzzeiten wie sie die Beklagte mit Schriftsatz erst vom 01.10.2010 anerkannt hat. Die Verstorbene hätte also damals bereits, bei Rentenantragstellung, den potenziellen Rentenanspruch realisieren können, wenn die Beklagte bereits damals eine zutreffende Rechtsauslegung vertreten hätte, wie sie sie heute erst zutreffend vertritt. Die Kammer stimmt auch der Anerkennung von denjenigen Zeiten zu, wie sie im Schriftsatz der Beklagten vom 01.10.2010 niedergelegt sind, weil die Kammer unter Aufgabe früherer Rechtsprechung nunmehr auch der Auffassung ist, dass für die Verstorbene Zeiten anzuerkennen waren bzw. sind wegen Beschäftigung im Ghetto von Kopaigorod, die unter § 1 ZRBG als Beitragszeiten fallen; dass dieses Ghetto in "Transnistrien" lag ist nach heutiger Auffassung der Kammer nun auch nicht mehr schädlich, weil auch in Ghettos in "Transnistrien" eine Besetzung auch durch das Deutsche Reich als vorgelegen angesehen werden muss. Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Verstorbene schon aus anderen Sicherungssystemen rentenschädliche Ansprüche erworben hätte für die hier anerkannten Ghetto-Beitragszeiten. Die Verstorbene hatte auch selbst schon zu Lebzeiten mit ihrer Rentenantragstellung das Recht gehabt, freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung nach § 7 SGB VI einzuzahlen, auch soweit dies erst noch zur Wartezeiterfüllung (von 60 Monaten) erforderlich war. Denn dieses Recht zur freiwilligen Beitragsentrichtung nach § 7 SGB VI hatte die Verstorbene - zu ihren Lebzeiten -, weil sie als israelische Staatsangehörige nach dem Recht der Abkommen mit Israel zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung berechtigt war; für diese Berechtigung reichen hier die deutschen, nach § 1 ZRBG anerkennungsfähigen Rentenversicherungsbeiträge für Zeiträume vom 01.11.1941 bis 18.03.1944 (welche Zeiten aus der Zeit vor Ausübung des potenziellen Gestaltungsrechts zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung anrechnungsfähig sind - siehe im Einzelnen dazu Schlussprotokoll zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit, Bundesgesetzblatt 1975 II, Seite 252, Punkt 2. - zu Artikel 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit sowie Gesetz zu dem Abkommen vom 07.01.1986 zur Änderung des Abkommens vom 17.12.1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über soziale Sicherheit, vom 01.09.1986, Bundesgesetzblatt II Nr. 28 vom 03.09.1986, Seite 862, dort Artikel 1 sowie hinzugefügter Artikel IV). Dabei war die Verstorbene damals schon befugt, die Beiträge nach § 7 SGB VI nicht erst für das Jahr 2003 der Antragstellung zu entrichten, sondern bereits für das Jahr 1998; denn freiwillige Beiträge können nach § 197 Abs. 2 SGB VI wirksam gezahlt werden, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen gezahlt werden; dabei gilt aber die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI gemäß § 198 SGB VI als unterbrochen durch ein Beitragsverfahren oder ein Verfahren über einen Rentenanspruch. Der hier noch bis zum 30.06.2003 schon vorher gestellte Antrag auf Rente durch die Verstorbene gilt jedoch nach § 3 Abs. 1 ZRBG als bereits am 18.06.1997 gestellt, also fiktiv ungeachtet der tatsächlichen Antragstellung; dies hat nun wegen der Rechtswirkung des § 3 Abs. 1 ZRBG zur Folge, dass ein Verfahren über einen Rentenanspruch fiktiv anhängig war bereits seit Juni 1997, sodass durch das Zusammenwirken von § 3 Abs. 1 ZRBG und § 198 Satz 1 SGB VI die Berechtigung zur Zahlung freiwilliger Beiträge durch die Verstorbene auch rückwirkend bestand für das Jahr 1997 oder 1998 (oder theoretisch auch noch später). Mehr als die grundsätzliche Bereiterklärung zur Zahlung freiwilliger Beiträge nach § 7 SGB VI "dem Grunde nach" konnte von der Versicherten mit dem Rentenantrag vom 15.05.2003 auch nicht verlangt werden, insbesondere nicht weitergehende Konkretisierung, denn in welchem Umfang es noch Zahlung eventueller zusätzlicher Beiträge bedurfte war für die Verstorbene noch gar nicht absehbar (was hier gerade der Verfahrensablauf tatsächlich gezeigt hat!). Damit aber war ein ins Ausland zahlbarer Anspruch realisierbar und dem Grunde nach zur Zahlung fällig spätestens im Mai 2003 mit der Stellung des Antrages auf Rente und des Antrages auf Zulassung zur Zahlung freiwilliger Beiträge. Da die Verstorbene am 24.10.1998 das Regelalter von 65 Lebensjahren schon vollendete, bestand somit dem Grunde nach für die Verstorbene ein Rentenanspruch somit schon ab dem Folgemonat, dem 01. November 1998, unter Anwendung von § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in Verbindung mit § 3 ZRBG, sofern die Beiträge nach § 7 SGB VI für die Monate Januar bis April 1998 auch noch gezahlt werden, wozu die Beklagte aber die Verstorbene hätte bereits früher zulassen müssen mit der Folge, dass nach Beitragszahlung dann die Rente rückwirkend ab 01.10.1998 bereits zu beginnen hat.
In diese Rechtsposition, die der Verstorbenen bereits im Mai 2003 mit der Folge einer möglichen Rückwirkung ab 01.11.1998 zukam, ist die Klägerin hier zur Überzeugung der Kammer in unmittelbarer oder zumindest entsprechender Anwendung von § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI eingerückt. Entgegen der Auffassung der Beklagten findet hier nämlich auf den streitbefangenen Anspruch der Verstorbenen bzw. der Tochter § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI Anwendung, ohne dass § 59 SGB I hier das Gestaltungsrecht der Verstorbenen erlöschen ließ. Zu dieser Rechtsauffassung gelangt die Kammer durch Auslegung von § 56 SGB I einerseits und § 59 SGB I andererseits. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI lässt nämlich den in Betracht kommenden Sonderrechtsnachfolgern zustehen "fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen", und § 59 SGB VI lässt erlöschen grundsätzlich nur "Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen" (Satz 1). § 59 Satz 2 SGB I stellt ferner noch klar: "Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist". Anerkannt ist in diesem Zusammenhang bereits, dass ursprüngliche Sachleistungen (wie z. B. Heimpflege nach § 35 Abs. 6 des Bundesversorgungsgesetzes) eher wie Geldleistungen bzw. wie fällige Ansprüche auf Geldleistungen zu behandeln sind, wenn sich das ursprüngliche Recht des Verstorbenen praktisch schon so verdichtet hat, dass es einen quasi geldwerten Vorteil hat (vgl. ähnlich Kasseler Kommentar - Seewald, § 59 Rd. Nr. 9 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dem tritt die Kammer bei; schließlich sind sogar Erstattungsansprüche wegen verauslagter Aufwendungen nach rechtswidriger Ablehnung von Heimpflege auch auf "Geldleistungen" gerichtet. Hier ist es zur Überzeugung der Kammer so, dass sich im Mai 2003 das potenzielle Recht der Verstorbenen auf Regelaltersrente seit November 1998 schon so verdichtet hatte, dass es schon als - bedingt - "fälliger Anspruch auf laufende Geldleistungen" bzw. als "Anspruch auf Geldleistungen" im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bzw. § 59 Satz 2 SGB I angesehen werden konnte. Dies muss um so mehr gelten, als die Beklagte - aus heutiger Sicht betrachtet - es damals zu Unrecht abgelehnt hatte, der Verstorbenen die Realisierung eines Altersrentenanspruches zu ermöglichen. Das kann nicht zu Lasten der Verstorbenen bzw. der in ihre Rechte einrückenden Sonderrechtsnachfolgerin gehen, zumal auch § 59 Satz 2 SGB I schon ausdrücklich den Rechtsgedanken ausspricht, dass es auf die Umstände zum Zeitpunkt des Todes des ursprünglich Berechtigten ankommt, also: was schon beantragt und möglich ist und was schon geleistet wurde. Hinzu kommt hier folgendes: Die Vorschriften der §§ 56, 59 SGB I sind für alle Bereiche des Sozialgesetzbuches ausgelegt, also auch für Sozialleistungen nach anderen Sozialleistungsbüchern als dem SGB VI. Deshalb ist bei der Auslegung der vorgenannten Vorschriften den Besonderheiten der Anwendung des jeweiligen Sozialgesetzbuchs Rechnung zu tragen. Gerade bei potenziellen Rechtsansprüchen nach dem Sozialgesetzbuch VI lassen sich aber Rentenansprüche und Gestaltungsrechte des Versicherten nicht ohne weiteres trennen und nur isoliert betrachten, denn das eine bedingt meistens das andere. Bedenkt man, dass gerade im Bereich des in die Rentenversicherung hier integrierten Entschädigungsrechts man es nicht mit "Durchschnitts-" Versicherten zu tun hat, sondern Versicherten mit einer besonderen beruflichen und rentenrechtlichen sowie Verfolgungs-Biographie, so kann hier ein potenzieller realisierbarer Rentenanspruch nicht losgelöst von eventuell noch auszuübenden Gestaltungsrechten angesehen werden und umgekehrt. Bei Auslegung der Vorschrift des § 56 Abs. 1 SGB I einerseits und der Vorschrift des § 59 SGB I andererseits ist jedenfalls zu konstatieren, dass das streitbefangene Recht auf einen möglichen realisierbaren Rentenanspruch von Sinn und Zweck dieser Vorschriften her eher unter § 56 Satz 1 SGB I fällt denn unter § 59 Satz 1 SGB I. Schließlich hatte sich hier die Möglichkeit der Verstorbenen, eine Regelaltersrente zu erlangen, bereits im Mai 2003 mit der Stellung des Antrags auf eine Rente wie auch der Anerkennung von Zeiten wie auch der Zulassung zur Zahlung freiwilliger Beiträge schon soweit in ein geldwertes Recht verdichtet, dass es der Kammer unbillig und nicht Sinn und Zweck des § 59 Satz 1 SGB I angemessen erschiene, die Rente bzw. das Recht der Verstorbenen hier nicht auf die Klägerin übergehen zu lassen.
Die Beklagte ist deshalb nach alledem von der Kammer verpflichtet worden, die Klägerin zur Zahlung von 4 freiwilligen Beiträgen für die Monate Januar bis April 1998 zuzulassen und verpflichtet, die Klägerin zur Zahlung entsprechender Beiträge aufzufordern und nach Zahlung dieser Beiträge verpflichtet, der Klägerin daraus eine entsprechende Regelaltersrente aus der Versicherung der Verstorbenen für die Zeit vom 01.11.1998 bis 31.01.2007 zu zahlen.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
VI. Die Kammer hat hier nach § 161 Abs. 1 und 2 SGG in Verbindung mit § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Sprungrevision zugelassen, weil sie grundsätzliche Bedeutung bejaht bezüglich der streitigen Rechtsfrage, ob potenzielle Rechtsnachfolger die Möglichkeit haben, für sich einen Übergang von Rentenleistungen zu realisieren, wenn es zur Realisierung erst noch der Zahlung weiterer Beiträge bedarf; denn dazu sind beim Sozialgericht Düsseldorf immer noch Verfahren anhängig insbesondere in denjenigen Fällen, bei denen es um die Anerkennung von Ghetto-Renten nach § 1 ZRBG für die Verfolgten bzw. ihre Nachfolger geht. Außerdem ist in denjenigen Fällen, in denen immer noch Ghetto-Beitragszeiten schon dem Grunde nach streitig sind, aufgrund des hohen Alters der betroffenen Verfolgten zu befürchten, dass die hier streitige Rechtsfrage auch bald bei weiteren Rechtsnachfolgern anfallen wird (insbesondere wenn es - wie hier - um Verfolgte geht bzw. ging, die erst im hohen Alter meistens in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach Israel auswanderten, ohne dort noch auf die deutsche Wartezeit anrechenbare Beiträge begründen zu können).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin als Tochter und hier einzige Sonderrechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter C H einen Anspruch auf sie übergegangene Regelaltersrente aus der Versicherung ihrer Mutter hat, für den Zeitraum vom 01.11.1998 bis 31.01.2007; streitig ist dabei für die Anspruchserfüllung zwischen den Beteiligten nur noch, ob die Wartezeit von der Klägerin erfüllt werden kann, hier durch Zulassung zur Nachzahlung erst noch zu entrichtender freiwilliger Beiträge nach § 7 des Sozialgesetzbuches (SGB) VI.
Die Klägerin ist die Tochter der C H. Sie hat - anders als ihr in Kiew lebender Bruder K H - mit ihrer Mutter zum Zeitpunkt deren Todes (21.01.2007) in Israel in L unter derselben Anschrift in einem gemeinsamen Haushalt zusammen gewohnt.
Frau H war am 00.00.1933 in der Ukraine in Kopaigorod geboren und als Jüdin während der deutschen Besetzung der Ukraine nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen; Ersatzzeiten bzw. Verfolgungszeiten und Ghetto-Beitragszeiten hat die Beklagte inzwischen im Laufe des Klageverfahrens anerkannt.
Frau H beantragte mit Schriftsatz vom 15.05.2003 durch ihre Bevollmächtigte bei der Beklagten eine Rente aus der deutschen Rentenversicherung; der Schriftsatz ging bei der Beklagten am 19.05.2003 ein. Im Antragsschriftsatz beantragt sie ausdrücklich: 1.Anerkennung von Ghetto-Beitragszeiten, 2.Anerkennung von Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI, 3.Gewährung einer Rente, 4.freiwillige Weiterversicherung nach § 7 SGB VI. Die Claims Conference habe bereits Ansprüche wegen nationalsozialistischer Verfolgung anerkannt. Frau H machte Ghetto-Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) geltend. Sie habe im Ghetto von Kopaigorod während des dortigen Aufenthaltes in der Zeit ab ca. Sommer 1941 bis März 1944 gegen Entgelt als abhängig Beschäftigte gearbeitet. Frau H hielt sich, den Unterlagen im Rentenverfahren entsprechend, nach der im Frühling 1944 erfolgten Befreiung weiter in Kopaigorod bzw. der Ukraine auf - als sowjetische Staatsangehörige -, bis sie am 15.12.1994 nach Israel auswanderte und dort dann als israelische Staatsangehörige lebte.
Mit dem Bescheid vom 04.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2005 lehnte die Beklagte die Zahlung einer Rente ab, weil die Voraussetzungen zur Anerkennung von - auf die Wartezeit anrechenbaren - Beitragszeiten nach § 1 ZRBG nicht erfüllt seien. Es habe nämlich, so die Beklagte damals, eine anerkennungsfähige Ghetto-Beitragszeit im Sinne des ZRBG schon deshalb nicht vorgelegen, weil das Ghetto Kopaigorod sich nicht - wie von § 1 ZRBG verlangt - in einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet befunden habe. Es habe nämlich in "Transnistrien" gelegen, das unter rumänischer Zivilverwaltung gestanden habe.
Gegen diese Bescheide hatte Frau H noch zu ihren Lebzeiten am 28.01.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Die Klage wurde von ihrer Bevollmächtigten unter Vorlage einer Vollmacht von Frau H erhoben.
Das Verfahren hat dann vom 31.05.2005 an geruht um höchstrichterliche Entscheidungen bzw. die weitere Entwicklung zu der sogenannten "Transnistrien-Problematik" abzuwarten.
Anlässlich der - inzwischen erfolgten - Wiederaufnahme des Verfahrens wurde festgestellt, dass Frau H nach Klageerhebung bereits am 21.01.2007 verstorben war, und neben ihrem in Kiew lebenden Sohn K noch ihre Tochter - die Klägerin - hinterließ, mit der sie zum Zeitpunkt ihres Todes in Karmiel in Israel zusammen lebte (unter der jetzigen Anschrift der Klägerin, die sich auch schon aus der ursprünglichen Klagevollmacht von Frau H vom 13.02.2005 ergab, Bl. 7 der Gerichtsakte).
Das Gericht wies die Beklagte und die Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 03.03.2010 unwidersprochen darauf hin, dass es die Klägerin als einzige und damit bevorrechtigte Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I ansieht; die Abstammungs- bzw. Geburtsurkunde der Klägerin liegt inzwischen auch vor, Bl. 42 Gerichtsakte.
Die Beklagte erkannte daraufhin (nachdem die Klägerin noch eine Wissenserklärung über die ihr bekannten Umstände der Arbeit ihrer Mutter im Ghetto - Bl. 39/40 Gerichtsakte - eingereicht hat) dem Vortrag der Klägerin bzw. der Verstorbenen weitgehend folgend mit Schriftsatz vom 01.10.2010 Versicherungszeiten der Verstorbenen an, und zwar: a)Ghetto-Beitragszeiten nach § 1 ZRBG vom 01.11.1941 bis 18.03.1944 b)Ersatzzeiten wegen Verfolgung vom 24.10.1947 (ab Vollendung des 14. Lebensjahres der Verstorbenen) bis zum 31.12.1949. Versicherungszeiten in Israel hat die Verstorbene nach Auskunft der israelischen Nationalversicherung nicht erworben (Bl. 45 f Gerichtsakte). Damit aber, so die Beklagte, sei die Wartezeit mit bisher nur 56 anrechenbaren Monaten nicht erfüllt. Die Klägerin könne die Erfüllung der Wartezeit von 60 Monaten auch nicht nachträglich durch Zahlung von 4 freiwilligen Beiträgen herbeiführen; denn sie sei weder als Tochter noch als Sonderrechtsnachfolgerin dazu berechtigt, weil die freiwillige Versicherung vielmehr ein höchstpersönliches Recht allein der Verstorbenen gewesen sei. Dieses Gestaltungsrecht sei mit dem Tode von Frau H endgültig erloschen. Dies bleibe die Auffassung der Beklagten, auch nach dem Beschluss ihrer Lenkungsgruppe zum ZRBG, an den sie sich gebunden fühle. Die Vorschriften zur Sonderrechtsnachfolge, § 56 ff SGB I, regelten nämlich lediglich den Übergang von bereits fälligen Ansprüchen auf Geldleistungen auf die Sonderrechtsnachfolger. Mit dem Tode des Versicherten gehe hier - nach der Leistungsanspruch lediglich in dem Zustand, wie er dem Versicherten zugestanden habe, auf potenzielle Sonderrechtsnachfolger über. Hier habe aber mangels Erfüllung der Wartezeit zu Lebzeiten der Versicherten noch kein Anspruch auf eine fällige Geldleistung bestanden. Sie halte diese Auslegung für eindeutig. Sie gelte auch in denjenigen Fällen, in denen noch zu Lebzeiten des Versicherten ein Antrag auf freiwillige Versicherung gestellt worden sei. Eine andere Auffassung könne auch nicht auf die Ausführungen im Kasseler Kommentar zu § 59 SGB I, Rd. Nr. 9-13, gestützt werden. Nach dem Verständnis der Beklagten bezögen sich die dortigen Erläuterungen lediglich auf die verfahrensrechtliche Rechtsnachfolge in Zusammenhang mit der Dispositionsbefugnis im Rahmen der Antragstellung. Ein eigenes Gestaltungsrecht des Sonderrechtsnachfolgers ergebe sich nicht.
Damit ist die Klägerin nicht einverstanden. Zwar stimme sie den anerkannten Versicherungszeiten zu, auch dem Umfang nach. Insoweit bestehe kein Streit mehr zwischen den Beteiligten. Damit allein sei die Wartezeit auch noch nicht erfüllt. Sie habe jedoch durchaus das Recht, die Erfüllung der Wartezeit durch Zahlung freiwilliger Beiträge nach § 7 SGB VI herbeizuführen. Denn das dazu erforderliche Gestaltungsrecht habe schon die Verstorbene zu Lebzeiten noch bereits mit dem Rentenantrag vom 15.05.2003 fristgerecht ausgeübt, dem Grunde nach. Die Verstorbene habe nur noch nicht damals schon selbst freiwillige Beiträge einzahlen können, weil dazu die Voraussetzungen erst mit dem Zeiten-Anerkenntnis der Beklagten vom 01.10.2010 deutlich geworden sein. Vorher aber seien nur deshalb keine Beitragszeiten bzw. Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung anerkannt gewesen, weil die Beklagte bei Erteilung der angefochtenen Bescheide zu Lebzeiten der Verstorbenen eine unzutreffende Rechtsauffassung vertreten und deshalb den Rentenanspruch zu Unrecht abgelehnt habe. Dieser damalige Fehler der Beklagten könne aber nicht heute zu ihren Lasten gehen. Das in eine potenziell fällige Rentenleistung mündende, zu Lebzeiten dem Grunde nach schon ausgeübte Gestaltungsrecht müsse also auf sie - die Klägerin - mit dem Tod ihrer Mutter übergegangen sein, im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I, bzw. in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift. Im übrigen gehöre zum auf sie übergegangenen potenziellen Rentenanspruch auch stets ein Anspruch auf freiwillige Versicherung, was nicht vom Rentenantrag und vom Rentenanspruch getrennt werden könne.
Die Klägerin beantragt,
1.die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2005 zu verurteilen, ihr - als Sonderrechtsnachfolgerin der am 21.01.2007 verstorbenen C H -, unter Zulassung zur Zahlung von 4 monatlichen freiwilligen Beiträgen nach § 7 SGB VI für die Zeit vom 01. Januar bis 30. April 1998, Regelaltersrente aus der Versicherung der C H für den Zeitraum vom 01.11.1998 bis 31.01.2007 auf der Grundlage eines Versicherungsfalls vom 24.10.1998 zu gewähren, sofern die Beiträge auch gezahlt werden, 2.die Sprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
1.die Klage abzuweisen, 2.die Sprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte hält weiterhin ein Recht der Klägerin zur Zahlung freiwilliger Beiträge nach § 7 SGB VI oder anderen Vorschriften für nicht gegeben, da dieses Recht nur für die Verstorbene höchstpersönlich bestanden habe, jedoch mit deren Tode erloschen sei. Sie nimmt Bezug auf ihre Schriftsätze vom 01.10., 18.11., 10.12.2010 und vom 28.01.2011 und den Beschluss ihrer ZRBG-Lenkungsgruppe, Bl. 65 der Gerichtsakte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage war und ist zulässig. Sie wurde insbesondere bereits am 28.01.2005 innerhalb von einem Monat nach Zugang des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2005 fristgerecht schon von der Verstorbenen erhoben, auch unter Vorlage einer Vollmacht der Verstorbenen (Bl. 7 der Gerichtsakte). Die Klägerin hat auch eine eigene Vollmacht auf die Bevollmächtigte ausgestellt, Bl. 26 der Gerichtsakte.
II. Die Klägerin ist zur Fortführung dieses Rechsstreits im prozessualen Sinne befugt und aktivlegitimiert, weil sie sich auf ein ihr vermeintlich zustehendes streitiges Recht als potenzielle Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne von § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB I beruft; wenn auch in der Sache zwischen den Beteiligten Streit darüber besteht, ob die Klägerin in vollem Umfang tatsächlich als Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne der vorgenannten Vorschrift anzusehen ist, so darf die Frage materiellen Rechts - die noch nicht eindeutig geklärt ist - hier nicht schon in Zulässigkeitsfragen (in die unter Juristen sogenannte "Prozessstation") verlagert werden. Die Klägerin ist also, auch wenn in der Sache ein Anspruchsübergang nach § 56 SGB I zwischen den Beteiligten streitig ist - siehe dazu in der Sache unter Punkt IV -, prozessual zulässig befugt diesen streitbefangenen Anspruch durch Fortführung des Rechtsstreits der C H geltend zu machen. Die grundsätzlichen Voraussetzungen der alleinigen Sonderrechtsnachfolgerschaft der Klägerin liegen hier nämlich dem Grunde nach vor. Die Klägerin ist die Tochter der Verstorbenen, und sie lebte mit ihrer Mutter zum Zeitpunkt deren Todes in deren Haushalt zusammen. Dies ergibt sich aus dem Vortrag im Schriftsatz vom 02.03.2010 wie auch schon aus der Prozessvollmacht der Verstorbenen vom 13.02.2005, Bl. 7 der Gerichtsakte, wonach die Verstorbene damals bereits unter der gleichen Anschrift wohnte in L, die die Klägerin heute noch hat. Die Prozessvollmacht der Verstorbenen vom 13.02.2005 trägt die gleiche kyrillische Unterschrift wie die Vollmacht schon im Verwaltungsverfahren (Bl. 2 der Verwaltungsakte). Die Beklagte hat Einwände gegen die Prozessführungsbefugnis der Klägerin auch nicht erhoben. Irrelevant ist auch, dass die Klägerin einen in Kiew lebenden Bruder hat, denn dieser ist allenfalls potenzieller Miterbe nach § 58 SGB I, jedoch seiner Anschrift wegen nicht wie die Klägerin bevorrechtigter Sonderrechtsnachfolger im Sinne von § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB I.
III. Die Klage mit dem Ziel, der Klägerin eine Regelaltersrente als Sonderrechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter zu gewähren, sofern die - zur Wartezeiterfüllung erforderlichen - 4 freiwilligen Beiträge auch gezahlt werden, ist so auch zulässig. Eine Klage unter einem Vorbehalt bzw. einer Bedingung ist nämlich nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes in Verbindung mit § 302 der Zivilprozessordnung in entsprechender Anwendung zulässig, vgl. dazu Bundessozialgericht Urteil vom 16.06.1994 (13 RJ 67/93) und das diesem Urteil vorausgegangene Vorbehaltsurteil des Sozialgerichts Landshut, das auch vom Bayerischen Landessozialgericht betätigt wurde.
IV. Der Klägerin steht, sofern 4 freiwillige Beiträge von der Klägerin eingezahlt werden, was die Kammer mit dem Urteil zugelassen hat, auch ein Anspruch auf Regelaltersrente aus der Versicherung der Verstorbenen für die Zeit vom 01.11.1998 bis 31.01.2007 (bis zum Todesmonat) zu. Die Kammer bejaht nämlich, dass auf die Klägerin ein potenzieller Anspruch der Verstorbenen nach § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB I übergegangen ist, einschließlich des der Verstorbenen zu Lebzeiten zustehend gewesenen Gestaltungsrechts auf Zahlung von zur Wartezeit erforderlichen 4 freiwilligen Beiträgen. Die Verstorbene hatte nämlich bereits zu Lebzeiten mit der Rentenantragstellung im Mai 2003 dem Grunde nach einen Anspruch auf Regelaltersrente ab 01.11.1998 nach § 35 in Verbindung mit § 50 SGB VI erworben unter Berücksichtigung von auf die Wartezeit anzurechnenden Ghetto-Beitragszeiten und Verfolgungs-Ersatzzeiten wie sie die Beklagte mit Schriftsatz erst vom 01.10.2010 anerkannt hat. Die Verstorbene hätte also damals bereits, bei Rentenantragstellung, den potenziellen Rentenanspruch realisieren können, wenn die Beklagte bereits damals eine zutreffende Rechtsauslegung vertreten hätte, wie sie sie heute erst zutreffend vertritt. Die Kammer stimmt auch der Anerkennung von denjenigen Zeiten zu, wie sie im Schriftsatz der Beklagten vom 01.10.2010 niedergelegt sind, weil die Kammer unter Aufgabe früherer Rechtsprechung nunmehr auch der Auffassung ist, dass für die Verstorbene Zeiten anzuerkennen waren bzw. sind wegen Beschäftigung im Ghetto von Kopaigorod, die unter § 1 ZRBG als Beitragszeiten fallen; dass dieses Ghetto in "Transnistrien" lag ist nach heutiger Auffassung der Kammer nun auch nicht mehr schädlich, weil auch in Ghettos in "Transnistrien" eine Besetzung auch durch das Deutsche Reich als vorgelegen angesehen werden muss. Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Verstorbene schon aus anderen Sicherungssystemen rentenschädliche Ansprüche erworben hätte für die hier anerkannten Ghetto-Beitragszeiten. Die Verstorbene hatte auch selbst schon zu Lebzeiten mit ihrer Rentenantragstellung das Recht gehabt, freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung nach § 7 SGB VI einzuzahlen, auch soweit dies erst noch zur Wartezeiterfüllung (von 60 Monaten) erforderlich war. Denn dieses Recht zur freiwilligen Beitragsentrichtung nach § 7 SGB VI hatte die Verstorbene - zu ihren Lebzeiten -, weil sie als israelische Staatsangehörige nach dem Recht der Abkommen mit Israel zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung berechtigt war; für diese Berechtigung reichen hier die deutschen, nach § 1 ZRBG anerkennungsfähigen Rentenversicherungsbeiträge für Zeiträume vom 01.11.1941 bis 18.03.1944 (welche Zeiten aus der Zeit vor Ausübung des potenziellen Gestaltungsrechts zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung anrechnungsfähig sind - siehe im Einzelnen dazu Schlussprotokoll zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit, Bundesgesetzblatt 1975 II, Seite 252, Punkt 2. - zu Artikel 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit sowie Gesetz zu dem Abkommen vom 07.01.1986 zur Änderung des Abkommens vom 17.12.1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über soziale Sicherheit, vom 01.09.1986, Bundesgesetzblatt II Nr. 28 vom 03.09.1986, Seite 862, dort Artikel 1 sowie hinzugefügter Artikel IV). Dabei war die Verstorbene damals schon befugt, die Beiträge nach § 7 SGB VI nicht erst für das Jahr 2003 der Antragstellung zu entrichten, sondern bereits für das Jahr 1998; denn freiwillige Beiträge können nach § 197 Abs. 2 SGB VI wirksam gezahlt werden, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen gezahlt werden; dabei gilt aber die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI gemäß § 198 SGB VI als unterbrochen durch ein Beitragsverfahren oder ein Verfahren über einen Rentenanspruch. Der hier noch bis zum 30.06.2003 schon vorher gestellte Antrag auf Rente durch die Verstorbene gilt jedoch nach § 3 Abs. 1 ZRBG als bereits am 18.06.1997 gestellt, also fiktiv ungeachtet der tatsächlichen Antragstellung; dies hat nun wegen der Rechtswirkung des § 3 Abs. 1 ZRBG zur Folge, dass ein Verfahren über einen Rentenanspruch fiktiv anhängig war bereits seit Juni 1997, sodass durch das Zusammenwirken von § 3 Abs. 1 ZRBG und § 198 Satz 1 SGB VI die Berechtigung zur Zahlung freiwilliger Beiträge durch die Verstorbene auch rückwirkend bestand für das Jahr 1997 oder 1998 (oder theoretisch auch noch später). Mehr als die grundsätzliche Bereiterklärung zur Zahlung freiwilliger Beiträge nach § 7 SGB VI "dem Grunde nach" konnte von der Versicherten mit dem Rentenantrag vom 15.05.2003 auch nicht verlangt werden, insbesondere nicht weitergehende Konkretisierung, denn in welchem Umfang es noch Zahlung eventueller zusätzlicher Beiträge bedurfte war für die Verstorbene noch gar nicht absehbar (was hier gerade der Verfahrensablauf tatsächlich gezeigt hat!). Damit aber war ein ins Ausland zahlbarer Anspruch realisierbar und dem Grunde nach zur Zahlung fällig spätestens im Mai 2003 mit der Stellung des Antrages auf Rente und des Antrages auf Zulassung zur Zahlung freiwilliger Beiträge. Da die Verstorbene am 24.10.1998 das Regelalter von 65 Lebensjahren schon vollendete, bestand somit dem Grunde nach für die Verstorbene ein Rentenanspruch somit schon ab dem Folgemonat, dem 01. November 1998, unter Anwendung von § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in Verbindung mit § 3 ZRBG, sofern die Beiträge nach § 7 SGB VI für die Monate Januar bis April 1998 auch noch gezahlt werden, wozu die Beklagte aber die Verstorbene hätte bereits früher zulassen müssen mit der Folge, dass nach Beitragszahlung dann die Rente rückwirkend ab 01.10.1998 bereits zu beginnen hat.
In diese Rechtsposition, die der Verstorbenen bereits im Mai 2003 mit der Folge einer möglichen Rückwirkung ab 01.11.1998 zukam, ist die Klägerin hier zur Überzeugung der Kammer in unmittelbarer oder zumindest entsprechender Anwendung von § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI eingerückt. Entgegen der Auffassung der Beklagten findet hier nämlich auf den streitbefangenen Anspruch der Verstorbenen bzw. der Tochter § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI Anwendung, ohne dass § 59 SGB I hier das Gestaltungsrecht der Verstorbenen erlöschen ließ. Zu dieser Rechtsauffassung gelangt die Kammer durch Auslegung von § 56 SGB I einerseits und § 59 SGB I andererseits. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI lässt nämlich den in Betracht kommenden Sonderrechtsnachfolgern zustehen "fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen", und § 59 SGB VI lässt erlöschen grundsätzlich nur "Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen" (Satz 1). § 59 Satz 2 SGB I stellt ferner noch klar: "Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist". Anerkannt ist in diesem Zusammenhang bereits, dass ursprüngliche Sachleistungen (wie z. B. Heimpflege nach § 35 Abs. 6 des Bundesversorgungsgesetzes) eher wie Geldleistungen bzw. wie fällige Ansprüche auf Geldleistungen zu behandeln sind, wenn sich das ursprüngliche Recht des Verstorbenen praktisch schon so verdichtet hat, dass es einen quasi geldwerten Vorteil hat (vgl. ähnlich Kasseler Kommentar - Seewald, § 59 Rd. Nr. 9 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dem tritt die Kammer bei; schließlich sind sogar Erstattungsansprüche wegen verauslagter Aufwendungen nach rechtswidriger Ablehnung von Heimpflege auch auf "Geldleistungen" gerichtet. Hier ist es zur Überzeugung der Kammer so, dass sich im Mai 2003 das potenzielle Recht der Verstorbenen auf Regelaltersrente seit November 1998 schon so verdichtet hatte, dass es schon als - bedingt - "fälliger Anspruch auf laufende Geldleistungen" bzw. als "Anspruch auf Geldleistungen" im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bzw. § 59 Satz 2 SGB I angesehen werden konnte. Dies muss um so mehr gelten, als die Beklagte - aus heutiger Sicht betrachtet - es damals zu Unrecht abgelehnt hatte, der Verstorbenen die Realisierung eines Altersrentenanspruches zu ermöglichen. Das kann nicht zu Lasten der Verstorbenen bzw. der in ihre Rechte einrückenden Sonderrechtsnachfolgerin gehen, zumal auch § 59 Satz 2 SGB I schon ausdrücklich den Rechtsgedanken ausspricht, dass es auf die Umstände zum Zeitpunkt des Todes des ursprünglich Berechtigten ankommt, also: was schon beantragt und möglich ist und was schon geleistet wurde. Hinzu kommt hier folgendes: Die Vorschriften der §§ 56, 59 SGB I sind für alle Bereiche des Sozialgesetzbuches ausgelegt, also auch für Sozialleistungen nach anderen Sozialleistungsbüchern als dem SGB VI. Deshalb ist bei der Auslegung der vorgenannten Vorschriften den Besonderheiten der Anwendung des jeweiligen Sozialgesetzbuchs Rechnung zu tragen. Gerade bei potenziellen Rechtsansprüchen nach dem Sozialgesetzbuch VI lassen sich aber Rentenansprüche und Gestaltungsrechte des Versicherten nicht ohne weiteres trennen und nur isoliert betrachten, denn das eine bedingt meistens das andere. Bedenkt man, dass gerade im Bereich des in die Rentenversicherung hier integrierten Entschädigungsrechts man es nicht mit "Durchschnitts-" Versicherten zu tun hat, sondern Versicherten mit einer besonderen beruflichen und rentenrechtlichen sowie Verfolgungs-Biographie, so kann hier ein potenzieller realisierbarer Rentenanspruch nicht losgelöst von eventuell noch auszuübenden Gestaltungsrechten angesehen werden und umgekehrt. Bei Auslegung der Vorschrift des § 56 Abs. 1 SGB I einerseits und der Vorschrift des § 59 SGB I andererseits ist jedenfalls zu konstatieren, dass das streitbefangene Recht auf einen möglichen realisierbaren Rentenanspruch von Sinn und Zweck dieser Vorschriften her eher unter § 56 Satz 1 SGB I fällt denn unter § 59 Satz 1 SGB I. Schließlich hatte sich hier die Möglichkeit der Verstorbenen, eine Regelaltersrente zu erlangen, bereits im Mai 2003 mit der Stellung des Antrags auf eine Rente wie auch der Anerkennung von Zeiten wie auch der Zulassung zur Zahlung freiwilliger Beiträge schon soweit in ein geldwertes Recht verdichtet, dass es der Kammer unbillig und nicht Sinn und Zweck des § 59 Satz 1 SGB I angemessen erschiene, die Rente bzw. das Recht der Verstorbenen hier nicht auf die Klägerin übergehen zu lassen.
Die Beklagte ist deshalb nach alledem von der Kammer verpflichtet worden, die Klägerin zur Zahlung von 4 freiwilligen Beiträgen für die Monate Januar bis April 1998 zuzulassen und verpflichtet, die Klägerin zur Zahlung entsprechender Beiträge aufzufordern und nach Zahlung dieser Beiträge verpflichtet, der Klägerin daraus eine entsprechende Regelaltersrente aus der Versicherung der Verstorbenen für die Zeit vom 01.11.1998 bis 31.01.2007 zu zahlen.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
VI. Die Kammer hat hier nach § 161 Abs. 1 und 2 SGG in Verbindung mit § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Sprungrevision zugelassen, weil sie grundsätzliche Bedeutung bejaht bezüglich der streitigen Rechtsfrage, ob potenzielle Rechtsnachfolger die Möglichkeit haben, für sich einen Übergang von Rentenleistungen zu realisieren, wenn es zur Realisierung erst noch der Zahlung weiterer Beiträge bedarf; denn dazu sind beim Sozialgericht Düsseldorf immer noch Verfahren anhängig insbesondere in denjenigen Fällen, bei denen es um die Anerkennung von Ghetto-Renten nach § 1 ZRBG für die Verfolgten bzw. ihre Nachfolger geht. Außerdem ist in denjenigen Fällen, in denen immer noch Ghetto-Beitragszeiten schon dem Grunde nach streitig sind, aufgrund des hohen Alters der betroffenen Verfolgten zu befürchten, dass die hier streitige Rechtsfrage auch bald bei weiteren Rechtsnachfolgern anfallen wird (insbesondere wenn es - wie hier - um Verfolgte geht bzw. ging, die erst im hohen Alter meistens in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach Israel auswanderten, ohne dort noch auf die deutsche Wartezeit anrechenbare Beiträge begründen zu können).
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