L 5 R 1663/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 6813/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1663/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.2.2009 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 12.9.2008 wird ebenfalls aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert wird auf 6.350,83 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beklagte begehrt die Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen (Zeitraum 20.8.1975 bis 20.12.1976) für den Beigeladenen, einen (ehemaligen) Beamten des Klägers.

Der 1953 geborene Beigeladene stand vom 20.8.1975 bis 20.12.1976 als Beamter auf Widerruf (Realschullehreranwärter) im Dienst des Klägers. Nach der Laufbahnprüfung schied er zum 20.12.1976 aus dem Beamtenverhältnis ohne Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung aus. Vom 11.1.1977 bis 5.12.1977 war der Beigeladene auf der Grundlage eines entsprechenden Arbeitsvertrags als angestellter Lehrer im Landesdienst beschäftigt. Zum 6.12.1977 wurde er als Realschullehrer z.A. (wieder) in ein Beamtenverhältnis (auf Probe) berufen. Mit Urkunde vom 10.11.1980 wurde der Beigeladene zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Bis zum Eintritt in den Ruhestand am 1.5.2006 war er sodann ohne weitere Unterbrechung als Landesbeamter tätig; er erhält beamtenrechtliche Versorgungsbezüge. Der Kläger hatte es seinerzeit versäumt, nach dem (unversorgten) Ausscheiden des Beigeladenen aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf eine Nachversicherungs- oder Aufschubbescheinigung zu erteilen.

Nachdem der Beigeladene am 26.5.2008 einen Kontenklärungsantrag unter Hinweis (u.a.) auf die Beschäftigung als Beamter auf Widerruf in der Zeit vom 20.8.1975 bis zum 20.12.1976 gestellt hatte, wandte sich die Beklagte zur Klärung der Nachversicherung an den Kläger.

Mit Schreiben vom 15.8.2008 machte der Kläger den Eintritt der Verjährung geltend.

Mit Bescheid vom 12.9.2008 forderte die Beklagte den Kläger auf, die Nachversicherungsbeiträge für den Beigeladenen für die Zeit vom 20.8.1975 bis 20.12.1976 zu entrichten. Zur Begründung verwies sie auf die Regelungen in § 233 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 9 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG). Obwohl die Nachversicherungsvoraussetzungen am 20.12.1976 erfüllt gewesen wären, seien die Beiträge nicht gezahlt worden. Mit der Berufung auf Verjährung verstoße der Kläger gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB in entsprechender Anwendung). Im Hinblick auf die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht liege eine unzulässige Rechtsausübung vor (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.1.2007, - L 13 R 117/05 -).

Am 10.10.2008 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Er trug vor, seinerzeit habe man die Durchführung der Nachversicherung wie die Ausstellung einer Aufschubbescheinigung versehentlich unterlassen. Hinsichtlich der Pflicht zur Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen sei die Geltendmachung der Verjährungseinrede gleichwohl nicht rechtsmissbräuchlich. Der Beigeladene sei ein Jahr nach dem (unversorgten) Ausscheiden aus dem Landesdienst wieder in das Beamtenverhältnis übernommen worden. Durch die Nachversicherung würde er Leistungsansprüche (Rentenansprüche) gegen die Beklagte mangels Erfüllung der (allgemeinen) Wartezeit (5 Jahre) nicht erwerben.

Die Beklagte trug vor, mit seiner Vorgehensweise habe der Kläger die rechtzeitige Einforderung der Nachversicherungsbeiträge verhindert, da er innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist weder eine Aufschub- noch eine Nachversicherungsbescheinigung erteilt habe. Deswegen sei sie über das unversorgte Ausscheiden des Beigeladenen aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisses nicht in Kenntnis gesetzt worden.

In einem Aktenvermerk des Klägers vom 26.1.2009 ist festgehalten, dass auf die (streitige) Zeit vom 20.8.1975 bis 20.12.1976 Nachversicherungsbeiträge i. H. v. 6.350,83 EUR entfallen.

Mit Urteil vom 10.2.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Begründung des angefochtenen Bescheids (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) aus, der Kläger sei zur Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen verpflichtet. Die Erhebung der Verjährungseinrede sei nicht zulässig, da der Kläger die Beklagte durch pflichtwidrige Untätigkeit von verjährungsunterbrechenden- oder -hemmenden Handlungen abgehalten habe. Der Kläger hätte nach dem Ausscheiden des Beigeladenen aus dem Beamtenverhältnis die Nachversicherung durchführen und Nachversicherungsbeiträge entrichten müssen (vgl. BSG, Urt. v. 29.7.1997, - 4 RA 107/95 -), es sei denn, die Nachversicherung wäre gem. § 125 Abs. 1 AVG aufgeschoben gewesen. In diesem Fall hätte der Kläger aber gem. § 125 Abs. 4 AVG u.a. sowohl dem unversorgt ausgeschiedenen Beigeladenen wie dem zuständigen Rentenversicherungsträger (Rechtsvorgängerin der Beklagten) eine Bescheinigung über die Nachversicherungszeiten und das gewährte Entgelt erteilen müssen. Diese Verpflichtung sei von der Pflicht des Arbeitgebers zur Durchführung der Nachversicherung umfasst. Er habe die Pflicht, den Rentenversicherungsträger durch Erteilung einer Aufschubbescheinigung über den konkreten Versicherungsfall zu informieren (LSG Nordrhein-Westfahlen, a. a. O.). All das sei pflichtwidrig unterlassen und dadurch verhindert worden, dass die Beklagte vom Eintritt des Nachversicherungsfalls habe Kenntnis erlangen können. Ob der Beigeladene nach derzeitiger Rechtslage noch Leistungsansprüche gegen die Beklagte erwerben könnte, sei ebenso unerheblich (vgl. LSG Nordrhein- Westfahlen a. a. O.) wie dessen weiterer beruflicher Werdegang mit alsbaldigem Wiedereintritt in das Beamtenverhältnis. Im Übrigen wäre auch zu berücksichtigen, dass eine den Aufschub rechtfertigende Beschäftigung nur dann voraussichtlich wieder aufgenommen werde, wenn im Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens aufgrund einer Würdigung aller Umstände die Gründe, welche die Aufnahme der Beschäftigung innerhalb des Schwebezeitraumes nahelegten, so stark überwögen, dass keine erheblichen praktischen Zweifel daran verblieben.

Auf das ihm am 17.2.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.3.2009 Berufung eingelegt. Er trägt vor, die Beitragsforderung für die Nachversicherung des Beigeladenen sei verjährt. Die Geltendmachung der Verjährungseinrede sei zulässig, obwohl man seinerzeit die Durchführung der Nachversicherung wie die Ausstellung einer Aufschubbescheinigung versehentlich unterlassen habe. Der von der Beklagten angeführten Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.1.2007 (- L 13 R 117/05 – habe ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen. Das BSG habe sich in seinem Urteil vom 31.1.2008, (- B 13 R 27/07 R) mit der Verjährungsfrage bzw. der Treuwidrigkeit der Verjährungseinrede nicht befasst. Der Kläger in dem vom LSG Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall, der weitere Besonderheiten aufweise, sei endgültig aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden und habe nur Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträge gehabt. Ausschlaggebend seien allein die Belange des Beamten als potenziellem Rentenempfänger, nicht jedoch die Belange des Rentenversicherungsträgers. Hier hätte der Beigeladene auch bei Durchführung der Nachversicherung keine Leistungsansprüche, da die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren nicht erfüllt werden könne. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 13.8.1996 (- 12 RK 76/94 -) komme es auf das jeweilige Gläubiger-Schuldner-Verhältnis – im Fall des BSG auf das Verhältnis zwischen Einzugsstelle und Arbeitgeber eines versicherungspflichtig Beschäftigten an. Das Verhalten des Arbeitgebers gegenüber dem Beschäftigten, insbesondere die Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten, sei unerheblich. Deswegen müsse eine Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (im Rechtsverhältnis zwischen ihm, dem Kläger, und dem Beigeladenen) unberücksichtigt bleiben. Angesichts der strengen Maßstäbe für die Annahme von Treuwidrigkeit müsse es bei der durch die Verjährung hergestellten Rechtssicherheit bleiben, wenn die Nachversicherung bzw. die Ausstellung einer Aufschubbescheinigung nur versehentlich unterblieben seien, zumal hier sogar die 30jährige Verjährungsfrist verstrichen sei und es Anhaltspunkte für vorsätzliches Verhalten nicht gebe. Man habe die Beklagte von der Geltendmachung ihrer Ansprüche weder abgehalten noch bei dieser ein schutzwürdiges Vertrauen geweckt. Das Sozialgericht Stuttgart habe in einem Urteil vom 16.3.2009 (- S 21 R 6785/08 -) ihre Rechtsauffassung bestätigt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.2.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 12.9.2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Gegen das vom Kläger angeführte Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.3.2009, a. a. O.) sei Berufung (Berufungsverfahren L 4 R 1764/09) eingelegt worden.

Mit Bescheid vom 15.5.2009 wurden dem Beigeladenen von der Beklagten Beiträge gem. § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI zurückerstattet (Zeitraum 11.1.1977 bis 11.1.1978; Erstattungsbetrag 853,74 EUR).

Mit Beschluss vom 15.7.2009 wurde im Hinblick auf das Berufungsverfahren L 4 R 1764/09 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Am 15.3.2010 hat der Kläger das Verfahren nach Ergehen des Urteils des LSG Baden-Württemberg vom 22.1.2010 (-L 4 R 1764/09-) wieder angerufen; das LSG Baden-Württemberg habe seine Rechtsauffassung bestätigt.

Die Beklagte trägt abschließend vor, mit der Rückerstattung der Versicherungsbeiträge sei das Versicherungsverhältnis des Beigeladenen gem. § 210 Abs. 6 SGB VI erloschen. Mit Zahlung der Nachversicherungsbeiträge durch den Kläger würde ein neues Versicherungsverhältnis begründet; inwieweit dem Beigeladenen daraus noch Leistungsansprüche erwachsen könnten, sei ungewiss. Der vorliegende Fall sei mit dem vom 4. Senat des LSG entschiedenen Fall (in dem der nachzuversichernde Beamte bereits verstorben gewesen sei) deswegen nicht vergleichbar; außerdem könne man sich der Auffassung des 4. Senats ohnehin nicht anschließen. Maßgeblich für die Verjährungseinrede sei allein das Gläubiger-Schuldner-Verhältnis (des Rentenversicherungsträgers zum Dienstherrn des Beamten), weswegen es auf etwaige Verletzungen der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht im Verhältnis des Dienstherrn zu seinem Beamten oder auf die Auswirkungen der Nachversicherung für den Beamten nicht ankommen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Klägers, der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Gegenstand der Klage ist ein auf eine Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt i. S. d § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Bei dem Streit um die Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen zwischen einem Bundesland (als Dienstherr eines - ehemaligen - Beamten) und dem Rentenversicherungsträger handelt es sich nicht um eine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, so dass es für die Zulassungsbedürftigkeit der Berufung nicht auf den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (10.000 EUR) ankommt. Maßgeblich ist der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR); dieser ist bei angeforderten Nachversicherungsbeiträgen von 6.350,83 EUR überschritten. Die Berufung ist auch im Übrigen gem. § 151 SGG zulässig.

II. Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Das Sozialgericht hätte auf die (gem. § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG ohne Vorverfahren) zulässige Klage des Klägers den Bescheid der Beklagten über die Anforderung der Nachversicherungsbeiträge für die Beschäftigung des Beigeladenen vom 20.8.1975 bis 20.12.1976 aufheben müssen. Der Beklagten steht materiell-rechtlich zwar ein Anspruch auf Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen zu (unten 1), den sie grundsätzlich auch durch Verwaltungsakt feststellen durfte (unten 2). Der Anspruch ist aber verjährt (§ 25 Abs. 1 SGB VI). Der Kläger hat sich rechtsfehlerfrei auf den Eintritt der Verjährung berufen. Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB in entsprechender Anwendung) steht dem nicht entgegen (unten 3).

1. Die Beklagte hat einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen für die Dienstzeit des Beigeladenen im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Der Kläger hätte den Beigeladenen nachversichern müssen. Hierfür sind noch die Bestimmungen des AVG (jetzt §§ 181 ff. SGB VI) maßgeblich.

Die Nachversicherungspflicht des Klägers folgt aus § 9 Abs. 1 AVG. Diese Bestimmung ist gem. § 233 Abs. 1 Satz 1 SGB IV weiter anzuwenden, weil der Kläger vor dem 1.1.1992 aus der versicherungsfreien Beschäftigung (im Vorbereitungsdienst) ausgeschieden ist (vgl. auch KassKomm-Gürtner, SGB VI § 233 Rdnr. 3 m. N. zur Rspr. des BSG) Nach näherer Maßgabe des § 9 Abs. 1 AVG waren Personen, die aus einer Beschäftigung, während der sie (u.a.) nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG versicherungsfrei waren, ohne Gewährung einer beamtenrechtlichen lebenslänglichen Versorgung oder einer Abfindung ausschieden, für die Zeit, in der sie sonst in der Rentenversicherung der Angestellten versicherungspflichtig gewesen wären, nachzuversichern. Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG waren versicherungsfrei (u.a.) Beamte der Länder, solange sie lediglich für ihren Beruf ausgebildet wurden. Im Nachversicherungsfall des § 9 AVG hatte der Arbeitgeber gem. § 124 Abs. 1 Satz 1 AVG die Beiträge nach den Vorschriften zu entrichten, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung für die Berechnung der Beiträge für versicherungspflichtig Beschäftigte maßgebend sind. Die Beiträge waren unter Beifügung einer Bescheinigung (u.a.) über den Nachversicherungszeitraum und die Höhe der Bruttoentgelte unmittelbar an die Beklagte zu entrichten (§ 124 Abs. 6 AVG).

Da die Nachversicherung eine verlorene Versorgungsaussicht ersetzen und an deren Stelle eine soziale Sicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung begründen soll, tritt der Nachversicherungsfall mit dem unversorgten Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung ein. Deswegen ist die Nachversicherung unverzüglich durchzuführen. Der Anspruch auf die Nachversicherungsbeiträge entsteht mit Eintritt des Nachversicherungsfalls und wird zu diesem Zeitpunkt auch fällig (zur Fälligkeit etwa BSG, Urt. v. 24.3.1983, - 1 RA 71/82 -; vgl. jetzt § 184 SGB VI). Anderes gilt nur dann, wenn die Nachentrichtung der Beiträge gem. § 125 Abs. 1 AVG aufgeschoben wird. Das war (u.a.) der Fall, wenn die aus der versicherungsfreien Beschäftigung ausscheidende Person zwar nicht unmittelbar, aber spätestens ein Jahr nach dem Ausscheiden in eine andere versicherungsfreie Beschäftigung übertritt oder zu einer probeweisen Beschäftigung übertritt, die spätestens zwei Jahre nach dem Ausscheiden in eine versicherungsfreie Beschäftigung übergeht (§ 125 Abs. 1 Buchst. d Doppelbuchst. aa bzw. bb AVG). Da die Pflicht zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge gem. § 124 Abs. 1 AVG mit dem Eintritt des Nachversicherungsfalls entsteht, ist auch für das Vorliegen von Aufschubgründen nach § 125 Abs. 1 AVG auf den Zeitpunkt des Nachversicherungsfalls abzustellen. Nur wenn bereits zu diesem Zeitpunkt Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Beschäftigte alsbald oder jedenfalls in absehbarer Zeit wieder mit gewährleisteter Versorgungsanwartschaft - also versicherungsfrei - beschäftigt wird, entfällt der Grund für den alsbaldigen Vollzug der Nachversicherung (BSG, Urt. v. 11.6.1986, - 1 RA 51/84 -). Eine rückschauende Betrachtung auf der Grundlage der weiteren Entwicklung des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses ist demgegenüber nicht statthaft. Die Pflicht zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge wird außerdem nicht schon durch das Vorliegen eines materiellen Aufschubtatbestands aufgeschoben. Notwendig ist außerdem in formeller Hinsicht, dass die in § 125 Abs. 3 Satz 1 AVG vorgesehene Aufschubbescheinigung ausgestellt worden ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16.1.2006, - L 3 R 3/05 - m. Nachw. zur Rspr. des BSG). Danach entscheiden die nach § 6 Abs. 2 AVG zuständigen Stellen (bei Landesbeamten die oberste Verwaltungsbehörde des Landes), ob die Entrichtung der Beiträge aufgeschoben wird. War dies der Fall, musste dem Beschäftigten eine Bescheinigung über die Nachversicherungszeiten und das gewährte Entgelt erteilt werden; eine gleiche Bescheinigung war dem zuständigen Versicherungsträger unter Angabe des neuen Arbeitgebers zu übersenden (§ 125 Abs. 4 AVG).

Hier stand der Beigeladene während der streitigen Zeit vom 20.8.1975 bis 20.12.1976 als Beamter auf Widerruf (Realschullehreranwärter) im Dienst des Klägers und wurde für den Beruf des Realschullehrers ausgebildet. Er war deswegen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG versicherungsfrei. Nach erfolgreicher Laufbahnprüfung schied der Beigeladene zum 20.12.1976 aus dem Beamtenverhältnis ohne die Gewährung einer lebenslänglichen Versorgung oder einer diese ersetzenden Abfindung i. S. d. § 9 Abs. 1 AVG aus; die Mindestdienstzeit für einen Ruhegehaltsanspruch von fünf Jahren (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG a.F.) hatte der Beigeladene nicht zurückgelegt. Er hätte deswegen für die Zeit im Beamtenverhältnis auf Widerruf nachversichert werden müssen. Der Kläger wäre zur Nachentrichtung der Beiträge gem. § 124 Abs. 1 AVG verpflichtet gewesen. Diese Pflicht ist mit Eintritt des Nachversicherungsfalls im Dezember 1976 entstanden und fällig geworden. Sie war nicht gem. § 125 Abs. 1 AVG aufgeschoben. Auf das Vorliegen eines materiellen Aufschubtatbestands kommt es nicht an, da der Kläger eine den Beigeladenen betreffende Aufschubbescheinigung gem. § 125 Abs. 3 AVG unstreitig nicht erteilt hat. Auch die in § 125 Abs. 4 AVG vorgesehenen Bescheinigungen über die Nachversicherungszeiten und das gewährte Entgelt sind weder für den Beigeladenen noch die Beklagte (bzw. deren Rechtsvorgängerin) ausgestellt worden. Gegen die Berechnung der Beiträge (insgesamt 6.350,83 EUR) sind Einwendungen nicht erhoben und Bedenken nicht ersichtlich.

2.) Die Beklagte ist (als Rentenversicherungsträger) grundsätzlich befugt, gegenüber dem Kläger als ehemaligem Dienstherrn des Beigeladenen die Pflicht zur Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen und die Beitragshöhe durch Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, SGB X) zu regeln. Hierfür besteht ein Bedürfnis, wenn Meinungsverschiedenheiten über das Bestehen oder die Höhe der Beitragspflicht vorliegen (vgl. BSG, Urt. v. 21.7.1992, - 4 RA 16/91 -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16.1.2006, - L 3 R 3/05 - m. w. N.). Entsprechendes gilt, wenn der Beitragsschuldner die Zahlung des Beitrags unter Berufung auf den Eintritt von Verjährung verweigert.

3. Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Nachversicherungsbeiträge ist verjährt. Der Kläger darf sich hierauf auch berufen; er ist daran durch die Rechtsgrundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB in entsprechender Anwendung) nicht gehindert.

a.) Die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung der Nachversicherungsbeiträge richtet sich nach § 25 SGB IV, unbeschadet dessen, dass der Zahlungsanspruch der Beklagten Zeiträume vor Inkrafttreten des SGB IV (zum 1.1.1977) betrifft. § 25 SGB IV gilt nämlich auch für vor Inkrafttreten des SGB IV fällig gewordene und zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährte Beitragsansprüche (Art. II § 15 des Gesetzes vom 23.12.1976, BGBl I S. 3845).

Gem. § 205 AVG i. V. m. § 29 Abs. 1 RVO verjährte der Anspruch auf Rückstände, soweit sie nicht absichtlich hinterzogen worden sind, in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs der Fälligkeit. Bei absichtlicher Hinterziehung i. S. d § 29 Abs. 1 RVO trat Verjährung 30 Jahre nach Entstehung des Anspruchs ein (vgl. BSG, Urt. v. 21.6.1990, - 12 RK 13/89 -). Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Nachversicherungsbeiträge für August 1975 bis Dezember 1976 war im Hinblick auf deren Fälligkeit mit Eintritt des Nachversicherungsfalls im Dezember 1976 bei Inkrafttreten des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV am 1.7.1977 daher noch nicht verjährt.

Gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge (u. a. zur gesetzlichen Rentenversicherung, § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Für Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Die vierjährige Verjährungsfrist war bei Erlass des angefochtenen Bescheids vom 12.9.2008, der die Verjährung hätte hemmen können (§ 52 Abs. 1 Satz 1 SGB X), unter Zugrundelegung des im Dezember 1976 eingetretenen und für die Fälligkeit maßgeblichen Nachversicherungsfalls (längst) verstrichen. Selbst die 30-jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV wäre abgelaufen gewesen. Hierüber streiten die Beteiligten auch nicht.

b.) Der Kläger hat sich gegen den von der Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Zahlung der Nachversicherungsbeiträge mit Schreiben vom 15.8.2008 auf den Eintritt der Verjährung berufen, weswegen er die Zahlung verweigern darf. Die Beklagte hätte die Nachversicherungsbeiträge daher im angefochtenen Bescheid nicht einfordern dürfen. Insoweit kann (unbeschadet der Verweisung in § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV auch auf § 214 Abs. 1 BGB über die einredeweise Geltendmachung der Verjährung) offen bleiben, ob der Eintritt von Verjährung auch von Amts wegen zu berücksichtigen wäre; das BSG geht jedenfalls für Nachversicherungsfälle von einer vom Schuldner zu erhebenden Einrede aus (Urt. v. 24.3.1983, 1 RA 71/82 -).

Der Geltendmachung von Verjährung stehen Rechtsgründe, insbesondere die Rechtsgrundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB in entsprechender Anwendung) nicht entgegen.

Der 4. Senat des LSG Baden-Württemberg hat in seinem den (Haupt-)Beteiligten bekannten Urteil vom 22.1.2010 (- L 4 R 1764/09 -) zu den auch hier maßgeblichen Fragen Folgendes ausgeführt:

c. Die Erhebung dieser Verjährungseinrede ist auch nicht nach § 242 BGB wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben unbeachtlich.

aa) Der Kläger hat die Verjährungseinrede nicht wegen widersprüchlichen Verhaltens verwirkt.

Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt. Danach entfällt eine Leistungspflicht, wenn der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG SozR 2200 § 1399 Nr. 11 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1303 Nr. 6; SozR 4-2400 § 22 Nr. 2). Bloßes Nichtstun des Berechtigten reicht nicht aus. Ein solches Nichtstun führt nach der gesetzlichen Wertung (§ 25 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB IV) allenfalls zur Verlängerung der Verjährungsfrist auf 30 Jahre, wenn Vorsatz vorliegt. Gerade diese Regelung zeigt, dass in diesen Fällen die Verjährungseinrede nicht für alle Zeiten ausgeschlossen sein soll. Vielmehr muss ein Handeln des Berechtigten hinzukommen, das bei dem Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl. zu allem LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 08. Februar 2008 - L 4 KR 1913/06 -, nicht veröffentlicht). Bloße Nichtgeltendmachung eines vermeintlichen Anspruchs führt allein zur Verjährung, sobald die Verjährungsfristen abgelaufen sind und die Einrede erhoben wird. Nachdem auch das BSG in ständiger Rechtsprechung ein "konkretes" Verhalten des Berechtigten, das Recht nicht auszuüben, verlangt (SozR 3-2400 § 25 Nr. 6), kann dem Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16. Januar 2006 (L 3 R 3/05, veröffentlicht in Juris, Rn. 38) nicht gefolgt werden, sollte darin ein bloßes Unterlassen als Verwirkungstatbestand für ausreichend gehalten werden.

Ein solches aktives - sei es ausdrückliches, sei es konkludentes - Verhalten des Klägers, das die Beklagte davon abgehalten haben könnte, die Geltendmachung der Nachversicherungsbeiträge zu unterlassen, ist nicht erkennbar. Vielmehr hat es während des gesamten Zeitraums seit 1976 keinerlei Kontakt zwischen Kläger und Beklagter gegeben.

Dass der Kläger unmittelbar nach dem Ausscheiden der Versicherten und auch in der regulären vierjährigen Verjährungsfrist danach weder die Beklagte noch die Versicherte darüber unterrichtet hat, dass er keine Nachversicherung durchführt, und auch keine Aufschubbescheinigung erteilt hat, führt nicht zu einer Verwirkung. Selbst wenn dieses Verhalten gegenüber der Versicherten oder gegenüber der Beklagten - in dem Beitragsrechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagter kommt es allerdings nur auf das Verhalten gegenüber der Beklagten an (BSG, SozR 2200 § 182 Nr. 133; BSG, SozR 3-2400 § 25 Nr. 6) - pflichtwidrig gewesen sein sollte, so handelt es sich doch durchgängig um ein Nichtstun, nicht aber um ein aktives Verhalten, das auf der Gegenseite einen Vertrauenstatbestand hätte hervorrufen können.

bb) Weiterhin hat der Kläger die Verjährungseinrede nicht wegen der Verletzung eigener Pflichten verloren.

Diese Fallgruppe unzulässiger Rechtsausübung aus § 242 BGB setzt voraus, dass derjenigen Partei des Rechtsverhältnisses, die ein Recht geltend macht, eine Pflichtverletzung zur Last liegt. Diese muss zwar nicht kausal zu der Rechtsposition geführt haben, die der Inhaber jetzt geltend macht. So tritt Verjährung kraft gesetzlich geregelter Fristen ein, eine Verjährungseinrede ließe sich nur ausnahmsweise durch pflichtwidriges Verhalten erlangen. Jedoch muss die Pflichtverletzung mit der nun geltend gemachten Rechtsposition oder zumindest mit dem Rechtsverhältnis, in dem die Position erwachsen ist, zusammenhängen. So hat das BSG (SozR 3-2400 § 25 Nr. 6) gerade für das Beitragsrechtsverhältnis zwischen dem Rentenversicherungsträger oder der Einzugsstelle und dem Arbeitgeber bzw. Beschäftigungsgeber als Beitragsschuldner entschieden, dass nur eine Pflichtverletzung des Schuldners gegenüber dem Gläubiger genügt, während ein Verhalten gegenüber dem Beschäftigten als Versichertem für die Frage des Rechtsmissbrauchs der Einrede der Verjährung gegenüber Beitragsansprüchen unerheblich ist, weil es für eine Berücksichtigung dieser internen Verpflichtungen im Beitragsverhältnis keine Rechtsgrundlage gibt.

Eine solche Pflichtverletzung des Klägers gegenüber der Beklagten mit einem ausreichenden Bezug zur Verjährung des Anspruchs ist nicht ersichtlich. Zwar war der Kläger auch gegenüber der Beklagten zur Durchführung der Nachversicherung, nämlich zur Berechnung und Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge und zur Ausstellung der Nachversicherungsbescheinigung, verpflichtet. Diese Pflicht hat er - aus nicht mehr aufzuklärenden Gründen - objektiv verletzt. Diese Pflichtverletzung betraf jedoch nur die Nachversicherung selbst, also das Primärverhältnis zwischen den Beteiligten. Eine weitere Pflichtverletzung des Klägers auf Sekundärebene, die ihm die Erhebung der Verjährungseinrede ermöglicht oder erleichtert hätte, liegt nicht vor.

Selbst wenn bei dieser Frage doch eine Pflichtverletzung gegenüber dem nachzuversichernden Beschäftigten ausreichen würde, um die Verjährungseinrede als treuwidrig erscheinen zu lassen (so das LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. Januar 2007, L 13 R 117/05, veröffentlicht in Juris Rn. 42), so läge eine solche hier nicht vor. Zwar war der Kläger auch gegenüber der Versicherten zur Durchführung der Nachversicherung verpflichtet. Eine Nachversicherung zu unterlassen kann einen Verstoß gegen die (fortwirkende) beamtenrechtliche Fürsorgepflicht darstellen (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 13. Februar 2007, 14 ZB 06.3282, veröffentlicht in Juris). Dies gilt jedoch nur dann, wenn dem Versicherten aus dem Unterbleiben der Nachversicherung Nachteile entstehen, weil zum Beispiel seine Rente geringer ausfällt. Bei der Versicherten bestanden solche Nachteile nicht. Hätte ihr die Beklagte nach Durchführung der Nachversicherung höhere Altersrente bewilligt, so wäre ihr Ruhegehalt entsprechend gekürzt worden, denn da die Versicherte ein Ruhegehalt nach einem Ruhegehaltssatz von 74,58 v.H. und damit über der heute geltenden Höchstgrenze von 71,75 v.H. (§§ 106 Abs. 4 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg (LBG), 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) bezogen hatte, wäre zusammen mit der Rente die Höchstgrenze des § 55 Abs. 2 BeamtVG überschritten gewesen.

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Der abweichenden Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 16.1.2006, - L 3 R 3/05 -; Urt. v.26.1.2007, - L 13 R 117/05 -) kann er nicht folgen. Ergänzend sei hierzu angemerkt:

Das Rechtsinstitut der Verjährung dient nicht nur dem Schuldnerschutz. Es dient - vor allem - dem öffentlichen Interesse an der abschließenden und endgültigen Schaffung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit (vgl. BSG, Urt. v. 13.8.1996, - 12 RK 76/94 - unter Hinweis auf BGHZ 59,72,74; Palandt, BGB Überbl v. §194 Rdnr. 9) und auf diese Weise außerdem der Entlastung der Gerichte (vgl. etwa Soergel-Walter, BGB Vor § 194 Rdnr. 2). Das Ziel der Verwirklichung materieller Gerechtigkeit tritt dahinter notwendigerweise zurück. Die genannte Zielsetzung der Verjährung ist nicht nur für zivilrechtliche Ansprüche, sondern auch für öffentlich-rechtliche Ansprüche von Hoheitsträgern, wie Ansprüche auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, maßgeblich (vgl. BSG, Urt. v. 13.8.1996, - 12 RK 76/94 -), sofern das Gesetz sie (wie hier mit (§ 25 SGB IV) der Verjährung unterwirft. Der Einwand unzulässiger Rechtsausübung kann der Verjährungseinrede daher nur in Sonderfällen entgegengehalten werden. Dabei ist eine restriktive Anwendung des § 242 BGB (auch im Sozialversicherungsrecht) geboten, um dem Sinn der Verjährungsvorschriften, möglichst abschließend Rechtsfrieden zu schaffen, nicht zuwiderzulaufen (Soergel-Walter, BGB § 222 Rdnr. 7; Palandt, BGB Überbl v § 194 Rdnr. 17). Das BSG verlangt ausdrücklich die Anwendung strenger Maßstäbe; der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung kommt nur bei einem "wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben" in Betracht (BSG, Urt. v. 13.8.1996, - 12 RK 76/94 -). Der Verpflichtete muss den Berechtigten, wenn auch unabsichtlich, durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruchs abgehalten haben. Auch im Sozialrecht und insbesondere im Beitragsrecht steht der gesetzlich zugelassenen Verjährungseinrede (§ 25 SGB IV) der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs entgegen, wenn der Gläubiger im Vertrauen auf ein konkretes, "ihm gegenüber an den Tag gelegtes Verhalten des Beitragsschuldners" die Ansprüche nicht innerhalb der Verjährungsfrist verfolgt hat (so BSG, Urt. v. 13.8.1996, - 12 RK 76/94 -; vgl. auch BSG, Urt. v. 1.7.2010, - B 13 R 67/09 R - zur Verjährung von Säumniszuschlägen; zur verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zusammenfassend BVerwG, Beschl. v. 19.4.2007, - 2 B 31/07 -). Das bloße Unterlassen der Nachversicherung bzw. der Ausstellung von Aufschubbescheinigungen kann demnach zur Verwirkung der Verjährungseinrede nicht führen (auf "positives Tun" abstellend, dabei allerdings auch pflichtwidriges Unterlassen gebotener Maßnahmen als "qualifiziertes Fehlverhalten" einstufend etwa BVerwG, Urt. v. 25.11.1982, - 2 C 32/81 -).

Nach Auffassung des Senats kann der mit dem Eintritt von Verjährung geschaffene Rechtsfriede im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) von vornherein nur dann gebrochen werden, wenn der (Beitrags-)Schuldner den Gläubiger (Rentenversicherungsträger oder Einzugsstelle) durch pflichtwidriges aktives Tun an der rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruchs gehindert hat oder er Rechtspflichten verletzt hat, die ihm gegenüber dem Gläubiger obliegen, und die Pflichtverletzung außerdem in einem inneren Sachzusammenhang mit der Erwirkung des Verjährungseinwands steht. Ansonsten muss es der Gläubiger hinnehmen, dass ihm das Gesetz die Durchsetzung seines materiell-rechtlich begründeten Anspruchs im Interesse abschließenden Rechtsfriedens versagt. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 13.8.1996, - 12 RK 76/94 -) kann es für die letztgenannte Fallgruppe auf Pflichtverletzungen allein im Rechtsverhältnis des Schuldners zum Gläubiger ankommen. Bei Ansprüchen auf Zahlung oder Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, auch von Nachversicherungsbeiträgen, ist daher das Beitragsrechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber des Versicherten bzw. dem Dienstherrn des nachzuversichernden Beamten und der Einzugsstelle oder dem Rentenversicherungsträger (als Außenverhältnis) maßgeblich. Welche Pflichten dem Arbeitgeber oder Dienstherrn (im Innenverhältnis) gegenüber seinem Arbeitnehmer oder Beamten in Ansehung der Sozialversicherung oder der Versorgung obliegen und ob diese im Einzelfall verletzt worden sind und zu welchen Folgen dies führt, ist nicht von Belang. Deswegen sind in Nachversicherungsfällen der vorliegenden Art auch nähere Feststellungen zum Inhalt der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn und zu den etwaigen Folgen einer Fürsorgepflichtverletzung entbehrlich und namentlich hypothetische Betrachtungen dahingehend, wie sich die Versorgungslage und die soziale Absicherung des nachzuversichernden Beamten und etwaige Leistungsansprüche gegen den Rentenversicherungsträger bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Fürsorgepflicht durch Nachversicherung des Beamten entwickelt hätte, nicht anzustellen. Dies ist letztendlich meist auch kaum erschöpfend möglich. Daher kommt es im vorliegenden Fall auch nicht darauf an, dass dem Beigeladenen die (gezahlten) Beiträge gem. § 210 SGB VI erstattet wurden, das bisherige Versicherungsverhältnis somit aufgelöst worden ist (§ 210 Abs. 6 Satz 2 SGB VI) und durch die Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen ein neues Versicherungsverhältnis begründet werden könnte.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht gem. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO nicht der Billigkeit, der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser einen Sachantrag nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen hat.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Der Senat hat sich für seine Entscheidung an der angegebenen Rechtsprechung des BSG orientiert und hält deswegen eine weitere revisionsgerichtliche Klärung nicht für erforderlich.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
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