Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 37/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 154/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 19/11 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder (geboren 2006 und 2003) eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Zwischen den Beteiligten ist insoweit streitig, ob der Tod des Ehemannes der Klägerin durch die Folgen eines Arbeitsunfalls verursacht worden ist.
Der 1977 geborene Ehemann der Klägerin (Versicherter) erlitt bei einem Verkehrsunfall am 21.09.2007 gegen 23.35 Uhr tödliche Verletzungen, als er auf dem Weg nach Hause zwischen D-Stadt und E-Stadt von der Straße abkam und als unangeschnallter Fahrer aus dem Fahrzeug in den Straßengraben geschleudert wurde. Nach den Angaben des Betriebes hatte er nach Ende der Spätschicht um 22:00 Uhr das Betriebsgelände verlassen, bzw. um 22:02 Uhr ausgestochen. Nach Angaben der zuständigen Polizeidienststelle war gegen 23.30 Uhr eine Streife auf der Unfallstrecke unterwegs, hat aber nichts Besonderes feststellen können. Eine von der Polizei angeordnete Blutentnahme ergab nach dem vorläufigen Blutalkoholgutachten vom 24.09.2007 einen Blutalkoholwert von 2,22 ‰. Der technische Sachverständige konnte weder technische Mängel, noch ein Fremdverschulden feststellen. Auch sei der Versicherte nicht mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Als Ursache komme alleine die alkoholbedingte Unaufmerksamkeit des Fahrers in Betracht. Die Beamten der Polizei teilten in ihrem Ermittlungsbericht weiterhin mit, dass die Straßenverhältnisse trocken waren.
Mit Bescheid vom 05.12.2007 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Versicherte nach dem Blutalkoholgutachten absolut fahruntüchtig gewesen ist und dies die allein wesentliche Ursache des Unfalls darstelle. Insoweit sei kein Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gegeben.
Mit Schreiben vom 19.12.2007 legte die Klägerin über ihre Bevollmächtigte Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der von der Beklagten unterstellte Unfallzeitpunkt nicht stimme, da Zeugen den Unfall gegen 23:15 Uhr gemeldet hätten und der Versicherte daher nicht nach Schichtende, sondern bereits während der Arbeit Alkohol konsumiert haben müsse. Dies sei in der Firma C. üblich und auch bekannt. Der Arbeitgeber habe aber trotzdem nicht dagegen unternommen und den Alkoholkonsum toleriert, so dass er seiner Aufsichts- und Fürsorgepflicht nicht nachgekommen sei. Im Übrigen sei an der ordnungsgemäßen Bestimmung des Blutalkoholwertes zu zweifeln.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2008 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es an der Bestimmung des BAK- Wertes keine Zweifel gebe, da das Leichenblut ordnungsgemäß entnommen worden sei. Im Übrigen sei an dem festgestellten Unfallzeitpunkt nicht zu zweifeln, da eine Polizeistreife den Unfallbereich um 23:30 Uhr abgefahren habe. Anhaltspunkte für andere Unfallursachen, als die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit gebe es nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG spreche daher ein Anscheinsbeweis für die wesentliche Verursachung durch den Alkoholgenuss und gegen einen versicherten Wegeunfall.
Mit ihrer am 16.04.2008 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Zur Begründung ihrer Klage trägt sie vor, dass es an der Arbeitsstelle ihres Mannes Alkoholautomaten gegeben habe und es üblich gewesen sei, dass die Arbeiter während der Schicht Alkohol konsumierten. Dies sei auch dem Arbeitgeber bekannt gewesen, der aber nicht dagegen unternommen habe. Insbesondere habe es keine Kontrollen der Arbeitnehmer gegeben, so dass dem Arbeitgeber eine gravierende Verletzung der Fürsorgepflicht vorzuwerfen sei. Im Ergebnis sei der Alkoholkonsum des Versicherten daher dem Arbeitgeber zuzurechnen, so dass es sich um einen versicherten Wegeunfall handele. Im Übrigen sei das Leichenblut nicht ordnungsgemäß aus der "vena subclavia" entnommen worden, sondern aus der "Vena femoralis", so dass das Gutachten nicht verwertbar sei. Auch werde in der Literatur diskutiert, dass sich die BAK im Leichenblut erheblich erhöhen könne.
Auf Nachfrage des Gerichtes teilte die Geschäftsleitung der Firma C. mit, dass seit dem 26.02.2007 ein absolutes Alkohol- und Drogenverbot eingeführt worden sei. Seitdem seien die Getränkeautomaten auch nicht mehr mit alkoholischen Getränken gefüllt. Die diesbezügliche Betriebsvereinbarung habe die alte Betriebsvereinbarung über das relative Alkoholverbot abgelöst. Seit Einführung der neuen Betriebsvereinbarung versuche die Geschäftsleitung ständig auf die Gefährlichkeit von Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz hinzuweisen und sanktioniere festgestellte Verstöße entsprechend (arbeitsrechtlich). Weiterhin wurde ein Ausdruck des Zeiterfassungsgerätes vom 21.09.2007 vorgelegt, aus dem sich ergab, dass der Versicherte um 22:02 Uhr ausgestochen hat.
Auf einen Hinweis des Gerichtes teilte die Klägerin unter dem 29.01.2009 mit, dass an dem Betätigen der Stechuhr durch den Versicherten um 22:02 Uhr nicht gezweifelt werde. Allerdings sei es üblich, dass man sich auch nach Schichtende noch auf dem Betriebsgelände aufhalte und ggf. auch noch Alkohol trinke. Jedenfalls sei während der Arbeitszeit immer Alkohol getrunken worden, ohne dass der Arbeitgeber dies jemals kontrolliert habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 05.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin und ihren Kindern Entschädigungsleistungen aufgrund des Verkehrsunfalls von Herrn A. vom 21.09.2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat zu der Frage des Alkoholkonsums am Arbeitsplatz, die ergriffenen Gegenmaßnahmen des Arbeitgebers und die Modalitäten der (Arbeits-)Zeiterfassung Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen DD, EE, FF , GG. und HH ...
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte, sowie der Akten der Staatsanwaltschaft Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 05.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn die Beklagte hat die Anerkennung des Verkehrsunfalls vom 21.09.2007 als Wegeunfall und damit die Gewährung von Hinterbliebenenbezügen zu Recht abgelehnt.
Nach § 63 Abs. 1 SGB VII haben Hinterbliebene Anspruch u.a. auf Hinterbliebenenrenten, wenn der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII) sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit) Arbeitsunfälle. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII fällt auch der unmittelbare Weg nach und vom Ort der Tätigkeit unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (Wegeunfall). Dabei muss zwischen dem Weg zur Arbeit und dem unfallbringenden Verhalten eine Beziehung bestehen, welche das Verhalten entweder mit der Arbeitstätigkeit als solcher oder mit der Zurücklegung des Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit sachlich zusammenfasst [vg. BSG, Urteil vom 24.01.1995; Az.: 8 RknU 1/94]. Davon zu unterscheiden sind solche Handlungen, die wesentlich dem privaten, unversicherten Lebensbereich des Versicherten zuzurechnen sind. Maßgeblich für die Abgrenzung ist der innere Zusammenhang zwischen der zum Unfall führenden Verrichtung und der versicherten Tätigkeit [vgl. Lauterbach, Kommentar zur Unfallversicherung, Band 1, 4. Auflage, Stand: Mai 2008, §8 Rn. 7]. Bei der Feststellung dieser ursächlichen Verknüpfung geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht und nicht um die Frage der Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne [vgl. BSG, Urteil vom 12.05.1992, Az.: 2 RU 47/91].
Obwohl sich der Versicherte zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem ca. 20-minütigen Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause befand, konnte sich die Kammer nicht davon überzeugen, dass diese Heimfahrt in einem inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stand. Insoweit ergibt sich eine Loslösung von der betrieblichen Tätigkeit zwar nicht schon aus der erheblichen Alkoholisierung und der damit verbundenen Fahruntüchtigkeit des Versicherten, da sich insoweit keine Anhaltspunkte für einen vollständigen Leistungsausfall wegen eines Vollrausches ergeben haben. Auch dürfte die nicht unerhebliche zeitliche Unterbrechung zwischen Schichtende und Antritt des Heimweges noch nicht zu einer Loslösung geführt haben. Denn das BSG nimmt insoweit in ständiger Rechtsprechung an, dass eine generelle Loslösung vom Betrieb erst bei Unterbrechungen von mehr als 2 Stunden anzunehmen ist [so zuletzt, BSG, Urteil vom 02.12.2008, Az.: B 2 U 26/06 R] Ausweislich des vom Arbeitgeber vorgelegten Datenbankausdrucks hat der Versicherte um 22:00 Uhr seine Arbeitszeit beendet und das Betriebsgelände nach den Ermittlungen der Beklagten gegen 22:02 Uhr verlassen. Der Unfallzeitpunkt wurde von der zuständigen Polizeidienststelle mit 23:35 Uhr angegeben. Zweifel an der Richtigkeit der Zeitangaben hat die Kammer nicht, so dass zwischen dem Unfall und dem Verlassen des Betriebsgeländes ein Zeitraum von 1 ½ Stunden lag, der im Ergebnis noch nicht zu einer vollständigen Loslösung vom Betrieb geführt hat. Allerdings lässt sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der versicherten Tätigkeit nicht begründen. Neben des Vorliegens einer versicherten Tätigkeit verlangt § 8 Abs. 1 S.2 SGB VII nämlich, dass ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Versicherten und dem schädigenden Ereignis sowie zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Gesundheitsschaden besteht. Dieser Ursachenzusammenhang muss dabei hinreichend wahrscheinlich sein. Dies ist der Fall, wenn nach Feststellung, Prüfung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles insgesamt mehr für als gegen das Bestehen des Ursachenzusammenhangs spricht. Dabei schließt die auf Alkoholgenuss zurückzuführende Fahruntüchtigkeit eines Kraftfahrers den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung aus, wenn sie die unternehmensbedingten Umstände derart in den Hintergrund drängt, dass sie als die rechtlich allein wesentliche Ursache des Unfalls anzusehen ist [ständige Rspr. seit BSGE 12, 242; zuletzt bestätigt mit Urteil vom 30.01.2007, Az.: B 2 U 23/05 R]. Zu den unternehmensbezogenen Umständen als Mitursache gehören auch die mit der Teilnahme am Straßenverkehr verbundenen allgemeinen Gefahren. Der Versicherungsschutz ist dann ausgeschlossen, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens der betreffende Versicherte in nüchternen Zustand bei gleicher Sachlage wahrscheinlich nicht verunglückt wäre. Er ist dann nicht einer Betriebsgefahr erlagen, sondern "nur bei Gelegenheit" einer versicherten Tätigkeit verunglückt [BSG, Urteil vom 25.01.1983, Az.: 2 RU 35/82]. Nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins spricht beim Vorliegen einer absoluten Fahruntüchtigkeit die Lebenserfahrung dafür, dass die auf der Alkoholbeeinflussung beruhende Fahruntüchtigkeit den Unfall verursacht hat [BSG, a.a.O.]. Nach der Rechtsprechung des BGH [Grundsatzurteil vom 28.06.1990, Az.: 4 StR 297/90, der sich das BSG im Sinne der Rechtseinheit und Rechtssicherheit angeschlossen hat [Urteil vom 25.11.1992, Az.: 2 RU 40/91], liegt eine absolute Fahruntüchtigkeit bei Kraftfahren ab 1,1 ‰ vor. Damit wird der Gefährlichkeit des Alkohols und den damit verbundenen Risiken und Auswirkungen für die Teilnahme im Straßenverkehr Rechnung getragen. Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft, insbesondere dem eingeholten Blutalkoholgutachten des Prof. Dr. X. vom 24.09.2007, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, hatte der Versicherte zum Zeitpunkt der Blutentnahme um 0:40 Uhr eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 2,22 ‰ und war damit absolut fahruntüchtig. Der Blutalkoholgehalt wurde mittels ADH- und GC- Verfahren bestimmt. An der Fehlerfreiheit und Richtigkeit der der Untersuchung zugrundeliegenden Blutentnahme, sowie der Bestimmung des Blutalkoholwertes hat die Kammer keinen Zweifel. Entsprechend der "Richtlinien über die Feststellung von Alkohol-, Medikamenten- und Drogeneinfluss bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie für die Sicherstellung und Beschlagnahme von Fahrausweisen" (RiBA) wurde die Blutprobe regelhaft aus der Vena femoralis entnommen. Insoweit hat bereits der BGH in einer Entscheidung vom 20.04.1988 [VersR 1988, 690] dargelegt, dass der Zweck dieser Regel darin bestehe, Verunreinigungen der Blutprobe, etwa durch Trinkalkohol aus dem Magen oder Fäulniserscheinungen aus dem Darm, auszuschließen. Auch kann die Klägerin nicht mit dem Argument gehört werden, die Blutprobe sei nicht nach der Widmark- Methode festgestellt worden. Denn der Blutalkoholgehalt kann sowohl nach der Methode Widmark, als auch nach dem ADH- Verfahren festgestellt werden [vgl. Lauterbach, § 8 Rn. 314], wobei sich die Widmark- Formel bei Todesfällen schon deshalb nicht eignen dürfte, da maßgebliche Berechnungsgrundlage das Produkt aus Trinkmenge und dem darin befindlichen Alkoholgehalt ist. Da eine verlässliche Aussage über die Menge und den Alkoholgehalt der konsumierten Getränke insoweit nur durch den Verunglückten selbst zu erlangen ist, kann eine verlässliche Grundlage für die Berechnung nicht erreicht werden. Schon deswegen entspricht die ADH- Methode in Kombination mit dem GC- Verfahren nachvollziehbar der heute gängigen Praxis einer forensischen Blutalkoholbestimmung [vgl. Gilg, Rechtsmedizin 2005, S. 44]. Ausgehend von der Tatsache, dass der Versicherte zum Zeitpunkt des Unfalls absolut fahruntüchtig war, kann der dadurch geschaffene Anscheinsbeweis der alkoholbedingten Unfallursache nur durch den vollen Beweis einer Tatsache entkräftet werden, aus der sich die ernsthafte Möglichkeit eines untypischen Geschehensablaufs ergibt [vgl. Lauterbach, Kommentar zur Unfallversicherung, Band 1, 4. Auflage, Stand: April 2007, § 8 Rn. 320]. Diesbezüglich finden sich in den Akten keine Hinweise auf mögliche Alternativursachen. Der technische Sachverständige, dessen Gutachten ebenfalls im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, hat aufgrund eigener Untersuchung des Unfallwracks sowohl technische Mängel am Fahrzeug, als auch ein Fremdverschulden ausschließen können. Auch konnte anhand der Unfallspuren auf der Straße ein Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit ausgeschlossen werden. Die den Unfall aufnehmende Polizeistreife beschrieb die Wetter- und Straßenverhältnisse zum Unfallzeitpunkt als trocken. Insoweit ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass nur die alkoholbedingte Unaufmerksamkeit des Versicherten als Unfallursache in Betracht kommt. Mithin ergeben sich keine Anhaltspunkte, die den Anscheinsbeweis auch nur annähernd entkräften könnten, so dass als Unfallursache nur die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit in Betracht kommt, was dazu führt, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Entgegen der Ansicht der Klägerin blieb der Versicherungsschutz auch nicht wegen der vermeintlichen Verletzung einer Fürsorgepflicht des Arbeitgebers erhalten. Denn unabhängig von der Frage, wo, wann und wie viel Alkohol der Versicherte getrunken hat, verliert der Alkoholgenuss nicht dadurch seinen Charakter als eigenwirtschaftliche Tätigkeit, dass er mit Einwilligung oder Duldung des Arbeitgebers geschieht (so schon BSG, Urteil vom 12.08.1958, SGb 1958, 258]. Damit spielt es auch keine Rolle, ob der Versicherte erst in der 1 ½ - stündigen Phase nach der Beendigung seiner Schicht Alkohol getrunken hat, oder schon während der Arbeitszeit. Eine Zurechnung dieser generell privaten Tätigkeit zum betrieblichen Bereich wird auch nicht dadurch begründet, dass eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Unternehmers oder eines Vorgesetzten für den Unfall mitverantwortlich ist. Denn der innere Zusammenhang knüpft an die Tätigkeit des Versicherten an, nicht an ein Verschulden des Unternehmers [Hauck, Kommentar zum SGB VII, Stand Dezember 2007, § 8 Rn. 20 b]. Insbesondere kann eine wesentliche Mitverursachung bei Unfällen mit Trunkenheit schon deshalb nicht mit einer Fürsorgepflichtverletzung des Unternehmers begründet werden, da der Genuss von Alkohol stets eine private Entscheidung des eigenverantwortlich handelnden Versicherten ist und der Alkoholkonsum nicht zu seiner betrieblichen Tätigkeit gehört. Insoweit hat die Rechtsprechung bereits mehrfach entschieden, dass selbst der Alkoholkonsum auf einer Betriebsfeier in Kenntnis und Duldung des Arbeitgebers nicht zu einer Anerkennung als Arbeitsunfall führt [BSG, Urteil vom 29.06.1972, Az.: 2 RU 61/70; BverwG, Urteil vom 23.02.1989, 2 Cn38/86]. Unerheblich ist auch, ob im Rahmen des versicherten Tätigkeitsbereiches Alkoholgenuss üblich ist [BSG, Urteil vom 29.06.1972, Az.: 2 RU 61/70]. Allenfalls könnte an eine zu berücksichtigende Mitverursachung zu denken sein, wenn ein betriebliches Interesse am Alkoholgenuss bestand. Unabhängig von der Frage, ob solche Fälle überhaupt denkbar sind, bestand im Falle des Versicherten jedenfalls kein betriebliches Interesse am Alkoholkonsum. Ganz im Gegenteil wurde ein solcher durch die im Februar 2007 eingeführte Betriebsvereinbarung absolut verboten. Damit wurde von Seiten des Arbeitsgebers mehr als deutlich dokumentiert, dass er den Alkoholkonsum am Arbeitsplatz nicht toleriert und Verstöße auch entsprechend sanktioniert. Auch hat auch der Zeuge I. glaubhaft und anhand der Aktenlage nachvollziehbar ausgesagt, dass der erste Geburtstag des Sohnes des Klägers einen Tag vor dem Unfall zum Anlass genommen worden sei, entsprechend Alkohol zu konsumieren und dass solche (privaten) Ereignisse stets zum Anlass für entsprechend hohen Alkoholkonsum genommen wurden. Mithin steht für die Kammer fest, dass stets private Motive für den Alkoholkonsum im Vordergrund standen und keinesfalls von einem betrieblichen Interesse ausgegangen werden kann. Im Übrigen dürfte die Überlegung einer betrieblichen Mitverursachung auch nur für solche Fälle in Betracht zu ziehen sein, in denen der Unfall am Arbeitsplatz passiert. Denn hinsichtlich der Teilnahme am Straßenverkehr ist es dem Versicherten im Hinblick auf die mit einer Alkoholisierung einhergehenden und allgemein bekannten Gefahren zuzumuten, öffentliche Verkehrsmittel oder ein Taxi zu benutzen [vgl. Hauck, SGB VII, § 8 Rn. 285]. Dass die Benutzung des eigenen Kfz in alkoholisiertem Zustand in die Sphäre des Arbeitgebers fallen könnte, ist insoweit schlichtweg undenkbar und als abwegig zu bezeichnen.
Selbst wenn die Rechtsansicht der Klägerin als zutreffend unterstellt und eine Fürsorgepflichtverletzung als maßgebliches Zurechnungskriterium anerkannt würde, folgt daraus keine andere Sichtweise. Denn eine Verletzung der Fürsorgepflicht vermag die Kammer nach der in der mündlichen Verhandlung erhobenen Beweisaufnahme nicht zu erkennen. Insoweit haben zwar alle gehörten Zeugen übereinstimmend und glaubhaft ausgesagt, dass in der Abteilung, in der der Versicherte zuletzt gearbeitet hat, nahezu regelmäßig Alkohol konsumiert wurde und dies auch dem zuständigen Teamleiter bekannt war. Insoweit trifft den Arbeitgeber diesbezüglich auch grundsätzlich die Pflicht, den einzelnen Arbeitnehmer, sowie die Belegschaft im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten vor Gefahren und Schäden durch Alkohol zu bewahren und hat an neuralgischen, besonders gefahrträchtigen Arbeitsplätzen den Alkoholkonsum so weit als möglich auszuschließen. Dieser Pflicht kann der Arbeitgeber aber z.B. durch immer wieder erfolgende Aufklärung über die Gefahren und Sicherheitsvorschriften, über das Zur- Verfügung- Stellen alkoholfreier Getränke oder durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung über ein Alkoholverbot geschehen, deren Einhaltung durch den Arbeitgeber selbst oder durch Vorgesetzte überwacht wird [vgl. Künzl, BB 1993, 1581-1588]. Welche Maßnahme(n) der Arbeitgeber ergreift, steht in seinem Ermessen. Bereits im Februar des Jahres 2007 wurde eine Betriebsvereinbarung über ein absolutes Alkoholverbot abgeschlossen und die Arbeitnehmer darüber informiert. Seit diesem Zeitpunkt wurden auch die im Betrieb befindlichen Getränkeautomaten nur noch mit nichtalkoholischen Getränken befüllt und alkoholhaltige Getränke entfernt. Auch wurden die Mitarbeiter ständig in Gesprächen auf die besondere Gefährlichkeit von Alkohol hingewiesen. Mithin ist die Geschäftsleitung der abstrakten Gefahr gleich durch mehrere geeignete Mittel begegnet, so dass gerade keine Pflichtverletzung vorliegt. Auch ist eine Pflichtverletzung nicht daraus herzuleiten, dass die Einhaltung der Betriebsvereinbarung nicht ständig kontrolliert wurde. Eine solch weitreichende Aufsichtspflicht besteht schon deshalb nicht, da grundsätzlich jeder (erwachsene) Arbeitnehmer für sich selbst verantwortlich ist und eigenverantwortlich entscheiden kann, was er tut. Insoweit reicht es aus, wenn der Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung durch Stichproben kontrolliert und festgestellte Verstöße arbeitsrechtlich sanktioniert. Entsprechend der glaubhaften Aussagen der Zeugen EE. und HH. haben auch bereits vor dem Unfall des Versicherten Stichprobenkontrollen an den Drehkreuzen stattgefunden. Weiterhin haben alle Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass nach dem Unfall des Versicherten auch unangekündigte Kontrollen in den einzelnen Abteilungen mit freiwilligen Alkoholtests durchgeführt wurden. Auch wurden festgestellte Verstöße arbeitsrechtlich durch Abmahnungen und ggf. Kündigungen sanktioniert.
Anhaltspunkte dafür, dass die Geschäftsleitung der Firma C. am Unfalltag konkrete Hinweise in Bezug auf die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Versicherten hatte, haben sich nicht ergeben und sind auch nicht wahrscheinlich. Insoweit hat der Zeuge FF. glaubhaft ausgeführt, dass immer in den Nachtschichten getrunken wurde, wenn kein höherer Vorgesetzter mehr anwesend war. Dies spricht im Übrigen auch dafür, dass die Mitarbeiter der Abteilung des Klägers Alkohol bewusst nur in solchen Zeiten konsumiert haben, in denen die Gefahr einer Kontrolle gering war und man nicht mit einer Sanktion rechnen musste. Das Verhalten der entsprechenden Arbeitnehmer war im Sinne eines "kollusiven Zusammenwirkens" geradezu planmäßig darauf ausgerichtet, den Alkoholkonsum zu verheimlichen und damit einer entsprechenden Reaktion bzw. Sanktion der Geschäftsleitung im Vorhinein zu begegnen. Daraus eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers herleiten zu wollen, erscheint der Kammer abwegig.
Nach alledem konnte die Klage aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder (geboren 2006 und 2003) eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Zwischen den Beteiligten ist insoweit streitig, ob der Tod des Ehemannes der Klägerin durch die Folgen eines Arbeitsunfalls verursacht worden ist.
Der 1977 geborene Ehemann der Klägerin (Versicherter) erlitt bei einem Verkehrsunfall am 21.09.2007 gegen 23.35 Uhr tödliche Verletzungen, als er auf dem Weg nach Hause zwischen D-Stadt und E-Stadt von der Straße abkam und als unangeschnallter Fahrer aus dem Fahrzeug in den Straßengraben geschleudert wurde. Nach den Angaben des Betriebes hatte er nach Ende der Spätschicht um 22:00 Uhr das Betriebsgelände verlassen, bzw. um 22:02 Uhr ausgestochen. Nach Angaben der zuständigen Polizeidienststelle war gegen 23.30 Uhr eine Streife auf der Unfallstrecke unterwegs, hat aber nichts Besonderes feststellen können. Eine von der Polizei angeordnete Blutentnahme ergab nach dem vorläufigen Blutalkoholgutachten vom 24.09.2007 einen Blutalkoholwert von 2,22 ‰. Der technische Sachverständige konnte weder technische Mängel, noch ein Fremdverschulden feststellen. Auch sei der Versicherte nicht mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Als Ursache komme alleine die alkoholbedingte Unaufmerksamkeit des Fahrers in Betracht. Die Beamten der Polizei teilten in ihrem Ermittlungsbericht weiterhin mit, dass die Straßenverhältnisse trocken waren.
Mit Bescheid vom 05.12.2007 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Versicherte nach dem Blutalkoholgutachten absolut fahruntüchtig gewesen ist und dies die allein wesentliche Ursache des Unfalls darstelle. Insoweit sei kein Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gegeben.
Mit Schreiben vom 19.12.2007 legte die Klägerin über ihre Bevollmächtigte Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der von der Beklagten unterstellte Unfallzeitpunkt nicht stimme, da Zeugen den Unfall gegen 23:15 Uhr gemeldet hätten und der Versicherte daher nicht nach Schichtende, sondern bereits während der Arbeit Alkohol konsumiert haben müsse. Dies sei in der Firma C. üblich und auch bekannt. Der Arbeitgeber habe aber trotzdem nicht dagegen unternommen und den Alkoholkonsum toleriert, so dass er seiner Aufsichts- und Fürsorgepflicht nicht nachgekommen sei. Im Übrigen sei an der ordnungsgemäßen Bestimmung des Blutalkoholwertes zu zweifeln.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2008 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es an der Bestimmung des BAK- Wertes keine Zweifel gebe, da das Leichenblut ordnungsgemäß entnommen worden sei. Im Übrigen sei an dem festgestellten Unfallzeitpunkt nicht zu zweifeln, da eine Polizeistreife den Unfallbereich um 23:30 Uhr abgefahren habe. Anhaltspunkte für andere Unfallursachen, als die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit gebe es nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG spreche daher ein Anscheinsbeweis für die wesentliche Verursachung durch den Alkoholgenuss und gegen einen versicherten Wegeunfall.
Mit ihrer am 16.04.2008 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Zur Begründung ihrer Klage trägt sie vor, dass es an der Arbeitsstelle ihres Mannes Alkoholautomaten gegeben habe und es üblich gewesen sei, dass die Arbeiter während der Schicht Alkohol konsumierten. Dies sei auch dem Arbeitgeber bekannt gewesen, der aber nicht dagegen unternommen habe. Insbesondere habe es keine Kontrollen der Arbeitnehmer gegeben, so dass dem Arbeitgeber eine gravierende Verletzung der Fürsorgepflicht vorzuwerfen sei. Im Ergebnis sei der Alkoholkonsum des Versicherten daher dem Arbeitgeber zuzurechnen, so dass es sich um einen versicherten Wegeunfall handele. Im Übrigen sei das Leichenblut nicht ordnungsgemäß aus der "vena subclavia" entnommen worden, sondern aus der "Vena femoralis", so dass das Gutachten nicht verwertbar sei. Auch werde in der Literatur diskutiert, dass sich die BAK im Leichenblut erheblich erhöhen könne.
Auf Nachfrage des Gerichtes teilte die Geschäftsleitung der Firma C. mit, dass seit dem 26.02.2007 ein absolutes Alkohol- und Drogenverbot eingeführt worden sei. Seitdem seien die Getränkeautomaten auch nicht mehr mit alkoholischen Getränken gefüllt. Die diesbezügliche Betriebsvereinbarung habe die alte Betriebsvereinbarung über das relative Alkoholverbot abgelöst. Seit Einführung der neuen Betriebsvereinbarung versuche die Geschäftsleitung ständig auf die Gefährlichkeit von Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz hinzuweisen und sanktioniere festgestellte Verstöße entsprechend (arbeitsrechtlich). Weiterhin wurde ein Ausdruck des Zeiterfassungsgerätes vom 21.09.2007 vorgelegt, aus dem sich ergab, dass der Versicherte um 22:02 Uhr ausgestochen hat.
Auf einen Hinweis des Gerichtes teilte die Klägerin unter dem 29.01.2009 mit, dass an dem Betätigen der Stechuhr durch den Versicherten um 22:02 Uhr nicht gezweifelt werde. Allerdings sei es üblich, dass man sich auch nach Schichtende noch auf dem Betriebsgelände aufhalte und ggf. auch noch Alkohol trinke. Jedenfalls sei während der Arbeitszeit immer Alkohol getrunken worden, ohne dass der Arbeitgeber dies jemals kontrolliert habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 05.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin und ihren Kindern Entschädigungsleistungen aufgrund des Verkehrsunfalls von Herrn A. vom 21.09.2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat zu der Frage des Alkoholkonsums am Arbeitsplatz, die ergriffenen Gegenmaßnahmen des Arbeitgebers und die Modalitäten der (Arbeits-)Zeiterfassung Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen DD, EE, FF , GG. und HH ...
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte, sowie der Akten der Staatsanwaltschaft Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 05.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn die Beklagte hat die Anerkennung des Verkehrsunfalls vom 21.09.2007 als Wegeunfall und damit die Gewährung von Hinterbliebenenbezügen zu Recht abgelehnt.
Nach § 63 Abs. 1 SGB VII haben Hinterbliebene Anspruch u.a. auf Hinterbliebenenrenten, wenn der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII) sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit) Arbeitsunfälle. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII fällt auch der unmittelbare Weg nach und vom Ort der Tätigkeit unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (Wegeunfall). Dabei muss zwischen dem Weg zur Arbeit und dem unfallbringenden Verhalten eine Beziehung bestehen, welche das Verhalten entweder mit der Arbeitstätigkeit als solcher oder mit der Zurücklegung des Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit sachlich zusammenfasst [vg. BSG, Urteil vom 24.01.1995; Az.: 8 RknU 1/94]. Davon zu unterscheiden sind solche Handlungen, die wesentlich dem privaten, unversicherten Lebensbereich des Versicherten zuzurechnen sind. Maßgeblich für die Abgrenzung ist der innere Zusammenhang zwischen der zum Unfall führenden Verrichtung und der versicherten Tätigkeit [vgl. Lauterbach, Kommentar zur Unfallversicherung, Band 1, 4. Auflage, Stand: Mai 2008, §8 Rn. 7]. Bei der Feststellung dieser ursächlichen Verknüpfung geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht und nicht um die Frage der Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne [vgl. BSG, Urteil vom 12.05.1992, Az.: 2 RU 47/91].
Obwohl sich der Versicherte zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem ca. 20-minütigen Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause befand, konnte sich die Kammer nicht davon überzeugen, dass diese Heimfahrt in einem inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stand. Insoweit ergibt sich eine Loslösung von der betrieblichen Tätigkeit zwar nicht schon aus der erheblichen Alkoholisierung und der damit verbundenen Fahruntüchtigkeit des Versicherten, da sich insoweit keine Anhaltspunkte für einen vollständigen Leistungsausfall wegen eines Vollrausches ergeben haben. Auch dürfte die nicht unerhebliche zeitliche Unterbrechung zwischen Schichtende und Antritt des Heimweges noch nicht zu einer Loslösung geführt haben. Denn das BSG nimmt insoweit in ständiger Rechtsprechung an, dass eine generelle Loslösung vom Betrieb erst bei Unterbrechungen von mehr als 2 Stunden anzunehmen ist [so zuletzt, BSG, Urteil vom 02.12.2008, Az.: B 2 U 26/06 R] Ausweislich des vom Arbeitgeber vorgelegten Datenbankausdrucks hat der Versicherte um 22:00 Uhr seine Arbeitszeit beendet und das Betriebsgelände nach den Ermittlungen der Beklagten gegen 22:02 Uhr verlassen. Der Unfallzeitpunkt wurde von der zuständigen Polizeidienststelle mit 23:35 Uhr angegeben. Zweifel an der Richtigkeit der Zeitangaben hat die Kammer nicht, so dass zwischen dem Unfall und dem Verlassen des Betriebsgeländes ein Zeitraum von 1 ½ Stunden lag, der im Ergebnis noch nicht zu einer vollständigen Loslösung vom Betrieb geführt hat. Allerdings lässt sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der versicherten Tätigkeit nicht begründen. Neben des Vorliegens einer versicherten Tätigkeit verlangt § 8 Abs. 1 S.2 SGB VII nämlich, dass ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Versicherten und dem schädigenden Ereignis sowie zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Gesundheitsschaden besteht. Dieser Ursachenzusammenhang muss dabei hinreichend wahrscheinlich sein. Dies ist der Fall, wenn nach Feststellung, Prüfung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles insgesamt mehr für als gegen das Bestehen des Ursachenzusammenhangs spricht. Dabei schließt die auf Alkoholgenuss zurückzuführende Fahruntüchtigkeit eines Kraftfahrers den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung aus, wenn sie die unternehmensbedingten Umstände derart in den Hintergrund drängt, dass sie als die rechtlich allein wesentliche Ursache des Unfalls anzusehen ist [ständige Rspr. seit BSGE 12, 242; zuletzt bestätigt mit Urteil vom 30.01.2007, Az.: B 2 U 23/05 R]. Zu den unternehmensbezogenen Umständen als Mitursache gehören auch die mit der Teilnahme am Straßenverkehr verbundenen allgemeinen Gefahren. Der Versicherungsschutz ist dann ausgeschlossen, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens der betreffende Versicherte in nüchternen Zustand bei gleicher Sachlage wahrscheinlich nicht verunglückt wäre. Er ist dann nicht einer Betriebsgefahr erlagen, sondern "nur bei Gelegenheit" einer versicherten Tätigkeit verunglückt [BSG, Urteil vom 25.01.1983, Az.: 2 RU 35/82]. Nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins spricht beim Vorliegen einer absoluten Fahruntüchtigkeit die Lebenserfahrung dafür, dass die auf der Alkoholbeeinflussung beruhende Fahruntüchtigkeit den Unfall verursacht hat [BSG, a.a.O.]. Nach der Rechtsprechung des BGH [Grundsatzurteil vom 28.06.1990, Az.: 4 StR 297/90, der sich das BSG im Sinne der Rechtseinheit und Rechtssicherheit angeschlossen hat [Urteil vom 25.11.1992, Az.: 2 RU 40/91], liegt eine absolute Fahruntüchtigkeit bei Kraftfahren ab 1,1 ‰ vor. Damit wird der Gefährlichkeit des Alkohols und den damit verbundenen Risiken und Auswirkungen für die Teilnahme im Straßenverkehr Rechnung getragen. Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft, insbesondere dem eingeholten Blutalkoholgutachten des Prof. Dr. X. vom 24.09.2007, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, hatte der Versicherte zum Zeitpunkt der Blutentnahme um 0:40 Uhr eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 2,22 ‰ und war damit absolut fahruntüchtig. Der Blutalkoholgehalt wurde mittels ADH- und GC- Verfahren bestimmt. An der Fehlerfreiheit und Richtigkeit der der Untersuchung zugrundeliegenden Blutentnahme, sowie der Bestimmung des Blutalkoholwertes hat die Kammer keinen Zweifel. Entsprechend der "Richtlinien über die Feststellung von Alkohol-, Medikamenten- und Drogeneinfluss bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie für die Sicherstellung und Beschlagnahme von Fahrausweisen" (RiBA) wurde die Blutprobe regelhaft aus der Vena femoralis entnommen. Insoweit hat bereits der BGH in einer Entscheidung vom 20.04.1988 [VersR 1988, 690] dargelegt, dass der Zweck dieser Regel darin bestehe, Verunreinigungen der Blutprobe, etwa durch Trinkalkohol aus dem Magen oder Fäulniserscheinungen aus dem Darm, auszuschließen. Auch kann die Klägerin nicht mit dem Argument gehört werden, die Blutprobe sei nicht nach der Widmark- Methode festgestellt worden. Denn der Blutalkoholgehalt kann sowohl nach der Methode Widmark, als auch nach dem ADH- Verfahren festgestellt werden [vgl. Lauterbach, § 8 Rn. 314], wobei sich die Widmark- Formel bei Todesfällen schon deshalb nicht eignen dürfte, da maßgebliche Berechnungsgrundlage das Produkt aus Trinkmenge und dem darin befindlichen Alkoholgehalt ist. Da eine verlässliche Aussage über die Menge und den Alkoholgehalt der konsumierten Getränke insoweit nur durch den Verunglückten selbst zu erlangen ist, kann eine verlässliche Grundlage für die Berechnung nicht erreicht werden. Schon deswegen entspricht die ADH- Methode in Kombination mit dem GC- Verfahren nachvollziehbar der heute gängigen Praxis einer forensischen Blutalkoholbestimmung [vgl. Gilg, Rechtsmedizin 2005, S. 44]. Ausgehend von der Tatsache, dass der Versicherte zum Zeitpunkt des Unfalls absolut fahruntüchtig war, kann der dadurch geschaffene Anscheinsbeweis der alkoholbedingten Unfallursache nur durch den vollen Beweis einer Tatsache entkräftet werden, aus der sich die ernsthafte Möglichkeit eines untypischen Geschehensablaufs ergibt [vgl. Lauterbach, Kommentar zur Unfallversicherung, Band 1, 4. Auflage, Stand: April 2007, § 8 Rn. 320]. Diesbezüglich finden sich in den Akten keine Hinweise auf mögliche Alternativursachen. Der technische Sachverständige, dessen Gutachten ebenfalls im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, hat aufgrund eigener Untersuchung des Unfallwracks sowohl technische Mängel am Fahrzeug, als auch ein Fremdverschulden ausschließen können. Auch konnte anhand der Unfallspuren auf der Straße ein Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit ausgeschlossen werden. Die den Unfall aufnehmende Polizeistreife beschrieb die Wetter- und Straßenverhältnisse zum Unfallzeitpunkt als trocken. Insoweit ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass nur die alkoholbedingte Unaufmerksamkeit des Versicherten als Unfallursache in Betracht kommt. Mithin ergeben sich keine Anhaltspunkte, die den Anscheinsbeweis auch nur annähernd entkräften könnten, so dass als Unfallursache nur die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit in Betracht kommt, was dazu führt, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Entgegen der Ansicht der Klägerin blieb der Versicherungsschutz auch nicht wegen der vermeintlichen Verletzung einer Fürsorgepflicht des Arbeitgebers erhalten. Denn unabhängig von der Frage, wo, wann und wie viel Alkohol der Versicherte getrunken hat, verliert der Alkoholgenuss nicht dadurch seinen Charakter als eigenwirtschaftliche Tätigkeit, dass er mit Einwilligung oder Duldung des Arbeitgebers geschieht (so schon BSG, Urteil vom 12.08.1958, SGb 1958, 258]. Damit spielt es auch keine Rolle, ob der Versicherte erst in der 1 ½ - stündigen Phase nach der Beendigung seiner Schicht Alkohol getrunken hat, oder schon während der Arbeitszeit. Eine Zurechnung dieser generell privaten Tätigkeit zum betrieblichen Bereich wird auch nicht dadurch begründet, dass eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Unternehmers oder eines Vorgesetzten für den Unfall mitverantwortlich ist. Denn der innere Zusammenhang knüpft an die Tätigkeit des Versicherten an, nicht an ein Verschulden des Unternehmers [Hauck, Kommentar zum SGB VII, Stand Dezember 2007, § 8 Rn. 20 b]. Insbesondere kann eine wesentliche Mitverursachung bei Unfällen mit Trunkenheit schon deshalb nicht mit einer Fürsorgepflichtverletzung des Unternehmers begründet werden, da der Genuss von Alkohol stets eine private Entscheidung des eigenverantwortlich handelnden Versicherten ist und der Alkoholkonsum nicht zu seiner betrieblichen Tätigkeit gehört. Insoweit hat die Rechtsprechung bereits mehrfach entschieden, dass selbst der Alkoholkonsum auf einer Betriebsfeier in Kenntnis und Duldung des Arbeitgebers nicht zu einer Anerkennung als Arbeitsunfall führt [BSG, Urteil vom 29.06.1972, Az.: 2 RU 61/70; BverwG, Urteil vom 23.02.1989, 2 Cn38/86]. Unerheblich ist auch, ob im Rahmen des versicherten Tätigkeitsbereiches Alkoholgenuss üblich ist [BSG, Urteil vom 29.06.1972, Az.: 2 RU 61/70]. Allenfalls könnte an eine zu berücksichtigende Mitverursachung zu denken sein, wenn ein betriebliches Interesse am Alkoholgenuss bestand. Unabhängig von der Frage, ob solche Fälle überhaupt denkbar sind, bestand im Falle des Versicherten jedenfalls kein betriebliches Interesse am Alkoholkonsum. Ganz im Gegenteil wurde ein solcher durch die im Februar 2007 eingeführte Betriebsvereinbarung absolut verboten. Damit wurde von Seiten des Arbeitsgebers mehr als deutlich dokumentiert, dass er den Alkoholkonsum am Arbeitsplatz nicht toleriert und Verstöße auch entsprechend sanktioniert. Auch hat auch der Zeuge I. glaubhaft und anhand der Aktenlage nachvollziehbar ausgesagt, dass der erste Geburtstag des Sohnes des Klägers einen Tag vor dem Unfall zum Anlass genommen worden sei, entsprechend Alkohol zu konsumieren und dass solche (privaten) Ereignisse stets zum Anlass für entsprechend hohen Alkoholkonsum genommen wurden. Mithin steht für die Kammer fest, dass stets private Motive für den Alkoholkonsum im Vordergrund standen und keinesfalls von einem betrieblichen Interesse ausgegangen werden kann. Im Übrigen dürfte die Überlegung einer betrieblichen Mitverursachung auch nur für solche Fälle in Betracht zu ziehen sein, in denen der Unfall am Arbeitsplatz passiert. Denn hinsichtlich der Teilnahme am Straßenverkehr ist es dem Versicherten im Hinblick auf die mit einer Alkoholisierung einhergehenden und allgemein bekannten Gefahren zuzumuten, öffentliche Verkehrsmittel oder ein Taxi zu benutzen [vgl. Hauck, SGB VII, § 8 Rn. 285]. Dass die Benutzung des eigenen Kfz in alkoholisiertem Zustand in die Sphäre des Arbeitgebers fallen könnte, ist insoweit schlichtweg undenkbar und als abwegig zu bezeichnen.
Selbst wenn die Rechtsansicht der Klägerin als zutreffend unterstellt und eine Fürsorgepflichtverletzung als maßgebliches Zurechnungskriterium anerkannt würde, folgt daraus keine andere Sichtweise. Denn eine Verletzung der Fürsorgepflicht vermag die Kammer nach der in der mündlichen Verhandlung erhobenen Beweisaufnahme nicht zu erkennen. Insoweit haben zwar alle gehörten Zeugen übereinstimmend und glaubhaft ausgesagt, dass in der Abteilung, in der der Versicherte zuletzt gearbeitet hat, nahezu regelmäßig Alkohol konsumiert wurde und dies auch dem zuständigen Teamleiter bekannt war. Insoweit trifft den Arbeitgeber diesbezüglich auch grundsätzlich die Pflicht, den einzelnen Arbeitnehmer, sowie die Belegschaft im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten vor Gefahren und Schäden durch Alkohol zu bewahren und hat an neuralgischen, besonders gefahrträchtigen Arbeitsplätzen den Alkoholkonsum so weit als möglich auszuschließen. Dieser Pflicht kann der Arbeitgeber aber z.B. durch immer wieder erfolgende Aufklärung über die Gefahren und Sicherheitsvorschriften, über das Zur- Verfügung- Stellen alkoholfreier Getränke oder durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung über ein Alkoholverbot geschehen, deren Einhaltung durch den Arbeitgeber selbst oder durch Vorgesetzte überwacht wird [vgl. Künzl, BB 1993, 1581-1588]. Welche Maßnahme(n) der Arbeitgeber ergreift, steht in seinem Ermessen. Bereits im Februar des Jahres 2007 wurde eine Betriebsvereinbarung über ein absolutes Alkoholverbot abgeschlossen und die Arbeitnehmer darüber informiert. Seit diesem Zeitpunkt wurden auch die im Betrieb befindlichen Getränkeautomaten nur noch mit nichtalkoholischen Getränken befüllt und alkoholhaltige Getränke entfernt. Auch wurden die Mitarbeiter ständig in Gesprächen auf die besondere Gefährlichkeit von Alkohol hingewiesen. Mithin ist die Geschäftsleitung der abstrakten Gefahr gleich durch mehrere geeignete Mittel begegnet, so dass gerade keine Pflichtverletzung vorliegt. Auch ist eine Pflichtverletzung nicht daraus herzuleiten, dass die Einhaltung der Betriebsvereinbarung nicht ständig kontrolliert wurde. Eine solch weitreichende Aufsichtspflicht besteht schon deshalb nicht, da grundsätzlich jeder (erwachsene) Arbeitnehmer für sich selbst verantwortlich ist und eigenverantwortlich entscheiden kann, was er tut. Insoweit reicht es aus, wenn der Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung durch Stichproben kontrolliert und festgestellte Verstöße arbeitsrechtlich sanktioniert. Entsprechend der glaubhaften Aussagen der Zeugen EE. und HH. haben auch bereits vor dem Unfall des Versicherten Stichprobenkontrollen an den Drehkreuzen stattgefunden. Weiterhin haben alle Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass nach dem Unfall des Versicherten auch unangekündigte Kontrollen in den einzelnen Abteilungen mit freiwilligen Alkoholtests durchgeführt wurden. Auch wurden festgestellte Verstöße arbeitsrechtlich durch Abmahnungen und ggf. Kündigungen sanktioniert.
Anhaltspunkte dafür, dass die Geschäftsleitung der Firma C. am Unfalltag konkrete Hinweise in Bezug auf die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Versicherten hatte, haben sich nicht ergeben und sind auch nicht wahrscheinlich. Insoweit hat der Zeuge FF. glaubhaft ausgeführt, dass immer in den Nachtschichten getrunken wurde, wenn kein höherer Vorgesetzter mehr anwesend war. Dies spricht im Übrigen auch dafür, dass die Mitarbeiter der Abteilung des Klägers Alkohol bewusst nur in solchen Zeiten konsumiert haben, in denen die Gefahr einer Kontrolle gering war und man nicht mit einer Sanktion rechnen musste. Das Verhalten der entsprechenden Arbeitnehmer war im Sinne eines "kollusiven Zusammenwirkens" geradezu planmäßig darauf ausgerichtet, den Alkoholkonsum zu verheimlichen und damit einer entsprechenden Reaktion bzw. Sanktion der Geschäftsleitung im Vorhinein zu begegnen. Daraus eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers herleiten zu wollen, erscheint der Kammer abwegig.
Nach alledem konnte die Klage aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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