Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 31 (11) KR 195/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin Krankengeld für die Zeit vom 01.12.2007 bis zum 20.07.2008 zu gewähren ist.
Die am 03.08.1959 geborene Klägerin ist gelernte Friseurin. Sie war zuletzt als Feinwerkerin bei S. beschäftigt. Seit dem 04.04.2006 ist sie arbeitslos. Sie war sodann bei der Beklagten als Bezieherin von Arbeitslosengeld pflichtversichert. In den letzten Jahren war sie wiederholt arbeitsunfähig, unter anderem wegen einer Fibromyalgie.
Im Januar 2007 wurde die Klägerin erneut arbeitsunfähig, laut den behandelnden Orthopäden Dres. Swart und Di Maio wegen Cervikobrachialgie, Lumboischialgie, Krämpfen und Spasmen der Muskulatur. Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin ab dem 21.02.2007 Krankengeld. Die Zahlung von Arbeitslosengeld wurde entsprechend eingestellt. Am 05.07.2007 stellte die Klägerin bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation. Am 20.11.2007 wurde die Klägerin im Auftrag der Beklagten durch den MdK Nordrhein (Dr. M.) untersucht. Das Gutachten nennt als Diagnose eine Fibromyalgie. Bei der Untersuchung hätten sich lediglich endgradige Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule, der Schultergelenke und der Lendenwirbelsäule gefunden. Es bestehe ein vollschichtiges Leistungsbild für leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne hohe Anforderungen an Verantwortung und Flexibilität. Als letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit (AU) werde der 30.11.2007 empfohlen.
Mit Bescheid vom 20.11.2007, der keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, stellte die Beklagte das Ende der AU zum 30.11.2007 fest und die Zahlung des Krankengelds ein.
Am 27.11.2007 (einem Dienstag) nahm die Klägerin einen Termin bei ihrem behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. K. war. Eine Krankschreibung erfolgte an diesem Tag nicht.
Am Montag, dem 03.12.2007, stellte Dr. K. eine AU-Bescheinigung rückwirkend ab dem 01.12.2007 wegen einer Somatisierungsstörung und einer mittelgradigen depressiven Episode als "Erstbescheinigung" aus. Die Klägerin legte diese AU-Bescheinigung mit einem undatierten Schreiben bei der Beklagten vor. Der genaue Zeitpunkt der Vorlage dieser AU-Bescheinigung ist nicht bekannt. Mit Schreiben vom 03.01.2008 widersprach Dr. K. gegenüber der Beklagten der Beendigung der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin zum 30.11.2007. Im letzten halben Jahr sei es durch die von der Klägerin angegebenen Beschwerden zu einem sozialen Rückzug gekommen. Es bestehe voraussichtlich für zwei bis drei Monate AU. Eine antidepressive medikamentöse Behandlung sei eingeleitet.
Die Klägerin legte in der Folge weitere AU-Bescheinigungen vor, wobei sich in der Leistungsakte der Beklagten für den Zeitraum 04.- 09.01. und 01.06 – 26.06.2008 keine Bescheinigungen finden.
Am 07.04.2008 legte die Klägerin unter Bezugnahme auf den Widerspruch durch Dr. Kamphausen nochmals ausdrücklich Widerspruch gegen die Beendigung der AU zum 30.11.2007 ein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2009 zurück. Auch wenn Dr. K. der Beendigung der AU widersprochen habe, so liege kein Widerspruch desjenigen Arztes vor, der bis zum 30.11.2007 die AU bescheinigt habe. Bei der depressiven Episode und der Somatierungsstörung handele es sich um neue Erkrankungen. Bis Ende November 2007 sei die Mitgliedschaft der Klägerin gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur über den Bezug von Krankengeld erhalten geblieben. Nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V komme es für die Frage, ob die Klägerin danach weiter mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei, auf den Tag nach der ärztlichen Feststellung der AU an. Dies werde durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts – BSG – vom 26.06.2007 (B 1 KR 2/07 R) bestätigt. Durch die eingetretene Unterbrechung sei die Klägerin ab dem 01.12.2007 nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Ab diesem Zeitpunkt sei sie vielmehr in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versichert gewesen, die einen Anspruch auf Krankengeld nicht umfasse.
Hiergegen richtet sich die am 08.10.2008 erhobene Klage.
Die DRV Rheinland hat der Klägerin mit Bescheid vom 17.02.2010 rückwirkend ab dem 01.01.2006 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer gewährt.
Die Klägerin trägt vor, Dr. K. habe sie am 27.11.2007 gefragt, bis wann sie arbeitsunfähig geschrieben sei. Auf ihre Erklärung, sie sei bis zum 30.11.2007 arbeitsunfähig geschrieben, habe Dr. K. sie zum 03.12.2007 wieder einbestellt. Sie könne nicht mehr sagen, wann sie die AU-Bescheinigung und ihren Widerspruch im Dezember 2007 eingereicht habe. Sie sei durchgehend bis zum 20.07.2008 krankgeschrieben gewesen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.09.2008 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum 01.12.2007 bis 20.07.2008 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf das Urteil des BSG vom 26.06.2007 (B 1 KR 2/07 R). Ab dem 01.12.2007 sei die Klägerin in der KVdR ohne Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Die verspätete Feststellung der AU am 03.12.2007 sei ihr – der Beklagten – nicht zuzurechnen. Es könne nicht mehr rekonstruiert werden, wann die AU-Bescheinigung vom 03.12.2007 eingegangen sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten der Orthopäden Dres. Swart und Di Maio, des Allgemeinmediziners Dr. E. und des Neurologen und Psychiaters Dr. K. sowie durch dessen Vernehmung als Zeuge. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die vorgenannten Befundberichte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.03.2011 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Leistungsakte Bezug genommen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist durch die angefochtenen Entscheidungen nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – beschwert, da diese rechtmäßig sind. Der Klägerin steht für den Zeitraum 01.12.2007 bis 20.07.2008 kein Anspruch auf Krankengeld zu.
Gemäß § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder in Anspruch genommen wird.
Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin für den Zeitraum ab dem 01.12.2007 kein Anspruch auf Krankengeld zu. Denn ab diesem Zeitpunkt war sie nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert. Nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses in 2006 und nach Beendigung des Arbeitslosengeldbezugs lag grundsätzlich kein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld mehr vor. Aufgrund des tatsächlichen Bezugs von Krankengeld blieb die Mitgliedschaft einschließlich des Anspruchs auf Krankengeld aber gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bis zum 30.11.2007 erhalten. Ab dem 01.12.2007 war die Klägerin dagegen in der KVdR ohne Krankengeldanspruch versichert.
Die Klägerin kann nichts aus § 19 SGB V herleiten, da dieser nachgehende Anspruch gegenüber anderen Versicherungstatbeständen subsidiär ist und zwar auch dann, wenn dieser andere Versicherungstatbestand – hier die Mitgliedschaft in der KVdR – selbst keinen Krankengeldanspruch vorsieht (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 26.06.2007, B 1 KR 2/07 R, Rdnr. 19-21; B 1 KR 8/07 R, Rdnr. 21-23; Brandts, in: KassKomm, § 19 SGB V Rdnr. 33 f.).
Eine weitere Versicherung mit Krankengeldanspruch über den 30.11.2007 hinaus hätte entweder eine tatsächliche Krankengeldzahlung oder einen Krankengeldanspruch (auch) ab dem 01.12.2007 vorausgesetzt. Beides ist aber nicht gegeben.
Ein weitergehender Krankengeldanspruch ab diesem Tag hätte eine vorherige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit über den 30.11.2007 hinaus erfordert. Tatsächlich erfolgte die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit – wenngleich rückwirkend – erst am 03.12.2007. Das Erfordernis nicht nur einer durchgängigen Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit, sondern darüber hinaus auch der Feststellung der weitergehenden Arbeitsunfähigkeit noch innerhalb des zuvor festgestellten AU-Zeitraums ergibt sich aus § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Danach ist grundsätzlich der Tag nach der ärztlichen Feststellung der AU maßgeblich. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V gilt auch für Folgebescheinigungen (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, Rdnr. 16). Während die Unterbrechung der AU-Bescheinigungen bzw. die nicht rechtzeitige Fortschreibung der AU bei Personen, die in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen, lediglich zu einer Unterbrechung der Krankengeldzahlung, nicht aber zum Wegfall des Krankengeldanspruchs führt, wird der Fortbestand der Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch nach § 192 SGB V im Fall einer solchen Unterbrechung beendet. Die Bedeutung von § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V für den Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich daraus, dass der Umfang des Versicherungsschutzes mit jedem Abschnitt der AU neu zu prüfen ist und in zeitlicher Hinsicht an den jeweils einschlägigen Entstehungstatbestand der AU anknüpft (vgl. BSG, Urteile vom 26.06.2007, B 1 KR 2/07 R, Rdnr. 12; B 1 KR 8/07 R, Rdnr. 13; B 1 KR 37/06 R, Rdnr. 12; Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 46 Rdnr. 23). Hier ist § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V der maßgebliche Entstehungstatbestand.
Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem die unterbliebene rechtzeitige ärztliche Feststellung der AU ausnahmsweise nachgeholt werden kann. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. insbesondere Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R) kommt eine nachträgliche Feststellung ausnahmsweise vor allem dann in Betracht, wenn der Betroffene handlungs- oder geschäftsunfähig ist (vgl. auch Gerlach, a.a.O., Rdnr. 14; Höfler, in: KassKomm, Stand: September 2007, § 46 SGB V Rdnr. 13). Ausnahmen wurden weiter anerkannt, wenn der verspätete Zugang einer Meldung auf von der Kasse zu vertretenden Organisationsmängeln beruht oder die Kasse unzutreffende rechtliche Bewertungen vornimmt (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 18 und 20). Mit vorgenanntem Urteil erweiterte das BSG diese Rechtsprechung für den Fall einer objektiven Fehlbeurteilung eines an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes und des MdK (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 19, 21 ff., 30). Hier ist keiner der vorgenannten Fälle gegeben. Weder war die Klägerin handlungs- oder geschäftsunfähig, noch hatten die Orthopäden Dres. Swart und Di Maio, die die Klägerin bis zum 30.11.2007 krankgeschrieben hatten, erklärt, die Arbeitsunfähigkeit sei zum 30.11.2007 beendet.
Nach Auffassung der Kammer besteht kein Anlass, über die vorgenannten Fallgruppen hinaus weitere Fallgruppen zuzulassen. Die § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V zugrundeliegende ratio gebietet vielmehr eine restriktive Handhabung von Ausnahmefällen (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, Rdnr. 16). Allein die Tatsache, dass ein behandelnder Arzt einem Versicherten nicht innerhalb der laufenden AU einen Termin für die Feststellung einer weitergehenden AU gibt, kann keinen Ausnahmefall begründen. Dies folgert die Kammer aus dem Urteil des BSG vom 26.06.2007 (B 1 KR 8/07 R). Im dortigen Fall hatte der Kläger bei dem bisher behandelnden Arzt einen Termin am letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht mehr bekommen. Erst zu Beginn der folgenden Woche hatte er sich von einem anderen Arzt rückwirkend krankschreiben lassen. Das BSG hielt dem Kläger entgegen, es sei nicht ersichtlich, warum dieser sich nicht bereits innerhalb der abgelaufenen AU an diesen anderen Arzt gewandt habe (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 2, 17). Die Kammer folgert hieraus, dass die Versicherten selbst gehalten sind, für eine rechtzeitige Fortschreibung der AU innerhalb des ablaufenden AU-Zeitraums Sorge zu tragen (vgl. zu diesem Grundsatz BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, Rdnr. 17; Vay, in: Krauskopf, Stand: November 2008, § 46 SGB V Rdnr. 6). Im Fall von Terminproblemen des behandelnden Arztes ist ggf. ein anderer Arzt zu konsultieren.
Ein Ausnahmefall ist auch nicht aufgrund des Vortrags der Klägerin anzunehmen, Dr. K. habe ihr auf ihren Hinweis zur bestehenden Krankschreibung bis zum 30.11.2007 einen Termin erst für den 03.12.2007 angeboten. Zunächst ist dieser Vortrag der Klägerin auch nach zeugenschaftlicher Vernehmung von Dr. K. nicht bewiesen. Dieser erklärte zwar sowohl schriftlich als auch im Rahmen der zeugenschaftlichen Vernehmung, der Vortrag der Klägerin könne durchaus zutreffen. Genaue Erinnerungen an den damaligen Fall hatte er allerdings nicht. Auch aus seiner Erklärung, er gehe durchaus regelmäßig so vor, dass rückwirkende AU-Bescheinigungen ausgestellt würden, kann nicht gefolgert werden, dass Dr. K. die von der Klägerin vorgetragenen Äußerungen getätigt hat. Selbst wenn Dr. K. diese Aussagen getätigt hätte, könnte daraus nach Auffassung der Kammer noch nicht gefolgert werden, dass er die Klägerin fälschlicherweise dahingehend beraten haben sollte, dass zur Wahrung des Versicherungsschutzes eine Krankschreibung auch nach Ablauf des bereits bescheinigten Zeitraums ausreichend sein könnte.
Jedenfalls sieht die Kammer keinen Anlass, über die vom BSG bereits anerkannten Ausnahmefälle hinaus eine rückwirkende Krankschreibung zum Erhalt des Versicherungsschutzes auch dann zuzulassen, wenn der behandelnde Arzt falsche Aussagen hinsichtlich der Frage trifft, wann AU-Folgebescheinigungen zur Sicherung eines durchgehenden Anspruches auszustellen sind. Denn bereits die Qualifizierung einer falschen vertragsärztlichen Beurteilung der AU als Fehler der Krankenkasse (wie vom BSG in seinem Urteil vom 08.11.2005 vorgenommen) stellt einen Ausnahmefall dar. Der Vertragsarzt handelt nicht in jeder Beziehung als "Vertreter" oder "Erfüllungsgehilfe" der Krankenkasse. Er kann im Übrigen zu den hier maßgeblichen Fragen des Fortbestands des Versicherungsschutzes keine Aussagen treffen. Maßgeblich sind für ihn die AU-Richtlinien. Wenn Dr. K. hier eine rückwirkende Bescheinigung der AU bis zu zwei Tagen vorgenommen hat, so erfolgte dies in Übereinstimmung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 der AU-Richtlinien. Gleichzeitig geht die Kammer unter Zugrundelegung der durch die ehrenamtlichen Richter eingebrachten Lebenserfahrung davon aus, dass Versicherten bekannt ist, dass sie sich zur Wahrung ihrer Rechte um eine weitergehende Bescheinigung ihrer AU noch innerhalb eines bereits bescheinigten Zeitraums zu bemühen haben.
Die Klägerin kann auch nichts aus dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs herleiten. Entsprechend den obigen Ausführungen war der behandelnde Arzt Dr. K. weder zu einer Beratung hinsichtlich des Versicherungsschutzes verpflichtet, noch ist von einer Falschauskunft seinerseits auszugehen, die der Beklagten zuzurechnen wäre. Auch die Beklagte war nicht verpflichtet, die Klägerin (bzw. Krankengeldbezieher generell) auf die Erforderlichkeit einer weitergehenden Feststellung der AU noch innerhalb des bereits bescheinigten Zeitraums hinzuweisen (a.A. wohl Legde, Anm. zu BSG vom 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SGb 7/08, Seite 415, 417). Denn es ist wie bereits ausgeführt davon auszugehen, dass den Versicherten dieses Erfordernis bekannt ist. Im Übrigen hat das BSG in seinen Entscheidungen vom 26.06.2007 eine Beratungspflichtverletzung in diesem Zusammenhang nicht in Betracht gezogen (vgl. für die zweite Instanz etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.01.2009, L 16 B 78/08 KR).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG, die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da es der Klägerin um mehr als 750 EUR geht.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin Krankengeld für die Zeit vom 01.12.2007 bis zum 20.07.2008 zu gewähren ist.
Die am 03.08.1959 geborene Klägerin ist gelernte Friseurin. Sie war zuletzt als Feinwerkerin bei S. beschäftigt. Seit dem 04.04.2006 ist sie arbeitslos. Sie war sodann bei der Beklagten als Bezieherin von Arbeitslosengeld pflichtversichert. In den letzten Jahren war sie wiederholt arbeitsunfähig, unter anderem wegen einer Fibromyalgie.
Im Januar 2007 wurde die Klägerin erneut arbeitsunfähig, laut den behandelnden Orthopäden Dres. Swart und Di Maio wegen Cervikobrachialgie, Lumboischialgie, Krämpfen und Spasmen der Muskulatur. Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin ab dem 21.02.2007 Krankengeld. Die Zahlung von Arbeitslosengeld wurde entsprechend eingestellt. Am 05.07.2007 stellte die Klägerin bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation. Am 20.11.2007 wurde die Klägerin im Auftrag der Beklagten durch den MdK Nordrhein (Dr. M.) untersucht. Das Gutachten nennt als Diagnose eine Fibromyalgie. Bei der Untersuchung hätten sich lediglich endgradige Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule, der Schultergelenke und der Lendenwirbelsäule gefunden. Es bestehe ein vollschichtiges Leistungsbild für leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne hohe Anforderungen an Verantwortung und Flexibilität. Als letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit (AU) werde der 30.11.2007 empfohlen.
Mit Bescheid vom 20.11.2007, der keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, stellte die Beklagte das Ende der AU zum 30.11.2007 fest und die Zahlung des Krankengelds ein.
Am 27.11.2007 (einem Dienstag) nahm die Klägerin einen Termin bei ihrem behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. K. war. Eine Krankschreibung erfolgte an diesem Tag nicht.
Am Montag, dem 03.12.2007, stellte Dr. K. eine AU-Bescheinigung rückwirkend ab dem 01.12.2007 wegen einer Somatisierungsstörung und einer mittelgradigen depressiven Episode als "Erstbescheinigung" aus. Die Klägerin legte diese AU-Bescheinigung mit einem undatierten Schreiben bei der Beklagten vor. Der genaue Zeitpunkt der Vorlage dieser AU-Bescheinigung ist nicht bekannt. Mit Schreiben vom 03.01.2008 widersprach Dr. K. gegenüber der Beklagten der Beendigung der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin zum 30.11.2007. Im letzten halben Jahr sei es durch die von der Klägerin angegebenen Beschwerden zu einem sozialen Rückzug gekommen. Es bestehe voraussichtlich für zwei bis drei Monate AU. Eine antidepressive medikamentöse Behandlung sei eingeleitet.
Die Klägerin legte in der Folge weitere AU-Bescheinigungen vor, wobei sich in der Leistungsakte der Beklagten für den Zeitraum 04.- 09.01. und 01.06 – 26.06.2008 keine Bescheinigungen finden.
Am 07.04.2008 legte die Klägerin unter Bezugnahme auf den Widerspruch durch Dr. Kamphausen nochmals ausdrücklich Widerspruch gegen die Beendigung der AU zum 30.11.2007 ein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2009 zurück. Auch wenn Dr. K. der Beendigung der AU widersprochen habe, so liege kein Widerspruch desjenigen Arztes vor, der bis zum 30.11.2007 die AU bescheinigt habe. Bei der depressiven Episode und der Somatierungsstörung handele es sich um neue Erkrankungen. Bis Ende November 2007 sei die Mitgliedschaft der Klägerin gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur über den Bezug von Krankengeld erhalten geblieben. Nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V komme es für die Frage, ob die Klägerin danach weiter mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei, auf den Tag nach der ärztlichen Feststellung der AU an. Dies werde durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts – BSG – vom 26.06.2007 (B 1 KR 2/07 R) bestätigt. Durch die eingetretene Unterbrechung sei die Klägerin ab dem 01.12.2007 nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Ab diesem Zeitpunkt sei sie vielmehr in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versichert gewesen, die einen Anspruch auf Krankengeld nicht umfasse.
Hiergegen richtet sich die am 08.10.2008 erhobene Klage.
Die DRV Rheinland hat der Klägerin mit Bescheid vom 17.02.2010 rückwirkend ab dem 01.01.2006 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer gewährt.
Die Klägerin trägt vor, Dr. K. habe sie am 27.11.2007 gefragt, bis wann sie arbeitsunfähig geschrieben sei. Auf ihre Erklärung, sie sei bis zum 30.11.2007 arbeitsunfähig geschrieben, habe Dr. K. sie zum 03.12.2007 wieder einbestellt. Sie könne nicht mehr sagen, wann sie die AU-Bescheinigung und ihren Widerspruch im Dezember 2007 eingereicht habe. Sie sei durchgehend bis zum 20.07.2008 krankgeschrieben gewesen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.09.2008 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum 01.12.2007 bis 20.07.2008 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf das Urteil des BSG vom 26.06.2007 (B 1 KR 2/07 R). Ab dem 01.12.2007 sei die Klägerin in der KVdR ohne Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Die verspätete Feststellung der AU am 03.12.2007 sei ihr – der Beklagten – nicht zuzurechnen. Es könne nicht mehr rekonstruiert werden, wann die AU-Bescheinigung vom 03.12.2007 eingegangen sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten der Orthopäden Dres. Swart und Di Maio, des Allgemeinmediziners Dr. E. und des Neurologen und Psychiaters Dr. K. sowie durch dessen Vernehmung als Zeuge. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die vorgenannten Befundberichte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.03.2011 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Leistungsakte Bezug genommen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist durch die angefochtenen Entscheidungen nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – beschwert, da diese rechtmäßig sind. Der Klägerin steht für den Zeitraum 01.12.2007 bis 20.07.2008 kein Anspruch auf Krankengeld zu.
Gemäß § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder in Anspruch genommen wird.
Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin für den Zeitraum ab dem 01.12.2007 kein Anspruch auf Krankengeld zu. Denn ab diesem Zeitpunkt war sie nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert. Nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses in 2006 und nach Beendigung des Arbeitslosengeldbezugs lag grundsätzlich kein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld mehr vor. Aufgrund des tatsächlichen Bezugs von Krankengeld blieb die Mitgliedschaft einschließlich des Anspruchs auf Krankengeld aber gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bis zum 30.11.2007 erhalten. Ab dem 01.12.2007 war die Klägerin dagegen in der KVdR ohne Krankengeldanspruch versichert.
Die Klägerin kann nichts aus § 19 SGB V herleiten, da dieser nachgehende Anspruch gegenüber anderen Versicherungstatbeständen subsidiär ist und zwar auch dann, wenn dieser andere Versicherungstatbestand – hier die Mitgliedschaft in der KVdR – selbst keinen Krankengeldanspruch vorsieht (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 26.06.2007, B 1 KR 2/07 R, Rdnr. 19-21; B 1 KR 8/07 R, Rdnr. 21-23; Brandts, in: KassKomm, § 19 SGB V Rdnr. 33 f.).
Eine weitere Versicherung mit Krankengeldanspruch über den 30.11.2007 hinaus hätte entweder eine tatsächliche Krankengeldzahlung oder einen Krankengeldanspruch (auch) ab dem 01.12.2007 vorausgesetzt. Beides ist aber nicht gegeben.
Ein weitergehender Krankengeldanspruch ab diesem Tag hätte eine vorherige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit über den 30.11.2007 hinaus erfordert. Tatsächlich erfolgte die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit – wenngleich rückwirkend – erst am 03.12.2007. Das Erfordernis nicht nur einer durchgängigen Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit, sondern darüber hinaus auch der Feststellung der weitergehenden Arbeitsunfähigkeit noch innerhalb des zuvor festgestellten AU-Zeitraums ergibt sich aus § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Danach ist grundsätzlich der Tag nach der ärztlichen Feststellung der AU maßgeblich. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V gilt auch für Folgebescheinigungen (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, Rdnr. 16). Während die Unterbrechung der AU-Bescheinigungen bzw. die nicht rechtzeitige Fortschreibung der AU bei Personen, die in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen, lediglich zu einer Unterbrechung der Krankengeldzahlung, nicht aber zum Wegfall des Krankengeldanspruchs führt, wird der Fortbestand der Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch nach § 192 SGB V im Fall einer solchen Unterbrechung beendet. Die Bedeutung von § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V für den Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich daraus, dass der Umfang des Versicherungsschutzes mit jedem Abschnitt der AU neu zu prüfen ist und in zeitlicher Hinsicht an den jeweils einschlägigen Entstehungstatbestand der AU anknüpft (vgl. BSG, Urteile vom 26.06.2007, B 1 KR 2/07 R, Rdnr. 12; B 1 KR 8/07 R, Rdnr. 13; B 1 KR 37/06 R, Rdnr. 12; Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 46 Rdnr. 23). Hier ist § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V der maßgebliche Entstehungstatbestand.
Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem die unterbliebene rechtzeitige ärztliche Feststellung der AU ausnahmsweise nachgeholt werden kann. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. insbesondere Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R) kommt eine nachträgliche Feststellung ausnahmsweise vor allem dann in Betracht, wenn der Betroffene handlungs- oder geschäftsunfähig ist (vgl. auch Gerlach, a.a.O., Rdnr. 14; Höfler, in: KassKomm, Stand: September 2007, § 46 SGB V Rdnr. 13). Ausnahmen wurden weiter anerkannt, wenn der verspätete Zugang einer Meldung auf von der Kasse zu vertretenden Organisationsmängeln beruht oder die Kasse unzutreffende rechtliche Bewertungen vornimmt (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 18 und 20). Mit vorgenanntem Urteil erweiterte das BSG diese Rechtsprechung für den Fall einer objektiven Fehlbeurteilung eines an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes und des MdK (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 19, 21 ff., 30). Hier ist keiner der vorgenannten Fälle gegeben. Weder war die Klägerin handlungs- oder geschäftsunfähig, noch hatten die Orthopäden Dres. Swart und Di Maio, die die Klägerin bis zum 30.11.2007 krankgeschrieben hatten, erklärt, die Arbeitsunfähigkeit sei zum 30.11.2007 beendet.
Nach Auffassung der Kammer besteht kein Anlass, über die vorgenannten Fallgruppen hinaus weitere Fallgruppen zuzulassen. Die § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V zugrundeliegende ratio gebietet vielmehr eine restriktive Handhabung von Ausnahmefällen (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, Rdnr. 16). Allein die Tatsache, dass ein behandelnder Arzt einem Versicherten nicht innerhalb der laufenden AU einen Termin für die Feststellung einer weitergehenden AU gibt, kann keinen Ausnahmefall begründen. Dies folgert die Kammer aus dem Urteil des BSG vom 26.06.2007 (B 1 KR 8/07 R). Im dortigen Fall hatte der Kläger bei dem bisher behandelnden Arzt einen Termin am letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht mehr bekommen. Erst zu Beginn der folgenden Woche hatte er sich von einem anderen Arzt rückwirkend krankschreiben lassen. Das BSG hielt dem Kläger entgegen, es sei nicht ersichtlich, warum dieser sich nicht bereits innerhalb der abgelaufenen AU an diesen anderen Arzt gewandt habe (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 2, 17). Die Kammer folgert hieraus, dass die Versicherten selbst gehalten sind, für eine rechtzeitige Fortschreibung der AU innerhalb des ablaufenden AU-Zeitraums Sorge zu tragen (vgl. zu diesem Grundsatz BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, Rdnr. 17; Vay, in: Krauskopf, Stand: November 2008, § 46 SGB V Rdnr. 6). Im Fall von Terminproblemen des behandelnden Arztes ist ggf. ein anderer Arzt zu konsultieren.
Ein Ausnahmefall ist auch nicht aufgrund des Vortrags der Klägerin anzunehmen, Dr. K. habe ihr auf ihren Hinweis zur bestehenden Krankschreibung bis zum 30.11.2007 einen Termin erst für den 03.12.2007 angeboten. Zunächst ist dieser Vortrag der Klägerin auch nach zeugenschaftlicher Vernehmung von Dr. K. nicht bewiesen. Dieser erklärte zwar sowohl schriftlich als auch im Rahmen der zeugenschaftlichen Vernehmung, der Vortrag der Klägerin könne durchaus zutreffen. Genaue Erinnerungen an den damaligen Fall hatte er allerdings nicht. Auch aus seiner Erklärung, er gehe durchaus regelmäßig so vor, dass rückwirkende AU-Bescheinigungen ausgestellt würden, kann nicht gefolgert werden, dass Dr. K. die von der Klägerin vorgetragenen Äußerungen getätigt hat. Selbst wenn Dr. K. diese Aussagen getätigt hätte, könnte daraus nach Auffassung der Kammer noch nicht gefolgert werden, dass er die Klägerin fälschlicherweise dahingehend beraten haben sollte, dass zur Wahrung des Versicherungsschutzes eine Krankschreibung auch nach Ablauf des bereits bescheinigten Zeitraums ausreichend sein könnte.
Jedenfalls sieht die Kammer keinen Anlass, über die vom BSG bereits anerkannten Ausnahmefälle hinaus eine rückwirkende Krankschreibung zum Erhalt des Versicherungsschutzes auch dann zuzulassen, wenn der behandelnde Arzt falsche Aussagen hinsichtlich der Frage trifft, wann AU-Folgebescheinigungen zur Sicherung eines durchgehenden Anspruches auszustellen sind. Denn bereits die Qualifizierung einer falschen vertragsärztlichen Beurteilung der AU als Fehler der Krankenkasse (wie vom BSG in seinem Urteil vom 08.11.2005 vorgenommen) stellt einen Ausnahmefall dar. Der Vertragsarzt handelt nicht in jeder Beziehung als "Vertreter" oder "Erfüllungsgehilfe" der Krankenkasse. Er kann im Übrigen zu den hier maßgeblichen Fragen des Fortbestands des Versicherungsschutzes keine Aussagen treffen. Maßgeblich sind für ihn die AU-Richtlinien. Wenn Dr. K. hier eine rückwirkende Bescheinigung der AU bis zu zwei Tagen vorgenommen hat, so erfolgte dies in Übereinstimmung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 der AU-Richtlinien. Gleichzeitig geht die Kammer unter Zugrundelegung der durch die ehrenamtlichen Richter eingebrachten Lebenserfahrung davon aus, dass Versicherten bekannt ist, dass sie sich zur Wahrung ihrer Rechte um eine weitergehende Bescheinigung ihrer AU noch innerhalb eines bereits bescheinigten Zeitraums zu bemühen haben.
Die Klägerin kann auch nichts aus dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs herleiten. Entsprechend den obigen Ausführungen war der behandelnde Arzt Dr. K. weder zu einer Beratung hinsichtlich des Versicherungsschutzes verpflichtet, noch ist von einer Falschauskunft seinerseits auszugehen, die der Beklagten zuzurechnen wäre. Auch die Beklagte war nicht verpflichtet, die Klägerin (bzw. Krankengeldbezieher generell) auf die Erforderlichkeit einer weitergehenden Feststellung der AU noch innerhalb des bereits bescheinigten Zeitraums hinzuweisen (a.A. wohl Legde, Anm. zu BSG vom 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SGb 7/08, Seite 415, 417). Denn es ist wie bereits ausgeführt davon auszugehen, dass den Versicherten dieses Erfordernis bekannt ist. Im Übrigen hat das BSG in seinen Entscheidungen vom 26.06.2007 eine Beratungspflichtverletzung in diesem Zusammenhang nicht in Betracht gezogen (vgl. für die zweite Instanz etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.01.2009, L 16 B 78/08 KR).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG, die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da es der Klägerin um mehr als 750 EUR geht.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved