L 5 AS 234/10 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 9 AS 724/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 234/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat 1/3 der dem Antragsteller in der Beschwerdeinstanz entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in der Beschwerdeinstanz vom Antragsgegner noch die vorläufige Übernahme seiner Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Gewährung von Kosten der Unterkunft (KdU) ohne den Abzug der Kosten der Warmwasserbereitung für den Zeitraum vom 10. März bis 31. Juli 2010.

Der am ... 1949 geborene, alleinstehende Antragsteller beantragte erstmals am 22. Oktober 2009 beim Antragsgegner Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Er gab an, die Warmwasserbereitung erfolge mittels Strom.

Der Antragsteller war bis 30. Juni 2009 selbstständig in L. tätig. Seit 1986 ist er bei der DKV L. privat krankenversichert. Im Jahr 2001 ist der Vertrag wegen des gewöhnlichen Aufenthalts des Antragstellers in Deutschland auf einen "Europatarif" umgestellt worden. Die monatlichen Beiträge belaufen sich seit Januar 2010 auf 596,22 EUR. Der Antragsteller hat bei der DKV Deutsche Krankenversicherung AG eine private Pflegeversicherung abgeschlossen. Hierfür ist ein monatlicher Beitrag in Höhe von 44,60 EUR zu zahlen.

Mit Bescheid vom 25. Februar 2010 lehnte der Antragsgegner die Leistungsgewährung ab. Der Antragsteller verfüge über ein Vermögen in Höhe von 25.000,00 EUR. Dies sei der Wert eines Wohnrechts, das er verwerten könne. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 8. März 2010 Widerspruch ein. Sein Wohnrecht sei nicht verwertbar. Es handele sich um eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit, die mit seinem Tod erlösche. Es sei nicht übertragbar. Er könne es auch nicht beleihen. Schließlich sei auch eine Vermietung und Verpachtung vertraglich ausgeschlossen.

Mit Beschluss vom 2. März 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers eröffnet.

Am 10. März 2010 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Dessau-Roßlau einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung gestellt mit dem Begehren, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm vorläufig ab Januar 2010, hilfsweise ab sofort, monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes mindestens in Höhe der

Regelleistung, monatlich mindestens Kosten für die Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von 376,14 EUR sowie die Kosten für die private Krankenversicherung in Höhe von 596,22 EUR/Monat und die für die Pflegeversicherung in Höhe von 44,60 EUR/Monat zu bewilligen.

Mit Bescheid vom 19. März 2010 hat der Antragsgegner erneut die Leistungsbewilligung abgelehnt. Zur Einkommensanrechnung sei auf die Betriebswirtschaftliche Auswertung der Monate Januar bis Dezember 2009 seiner selbstständigen Tätigkeit zurückzugreifen. Danach sei von einem monatlichen Gewinn in Höhe von 1.069,75 EUR auszugehen. Dieser Betrag reiche zur Bedarfsdeckung aus. Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 6. April 2010 unter Bezugnahme auf den bereits mit Schreiben vom 8. März 2010 gegen den Ablehnungsbescheid vom 25. Februar 2010 eingelegten Widerspruch und unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 19. März 2010 u.a. ausgeführt, Gewinne habe er nicht erzielt. Insbesondere hat er auf den Saldo der Kapitalkonten verwiesen.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 27. April 2010 den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss der Hauptsache ab 10. März 2010, längstens bis zum 31. Juli 2010, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von 784 EUR im Monat März 2010 und in Höhe von 1.120 EUR ab April 2010 zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller sei hilfebedürftig. Er verfüge über kein Einkommen, insbesondere nicht über Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit. Er habe bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 2. März 2010 seine Gesellschafterstellung in einer Offenen Handelsgesellschaft aufgegeben. Er verfüge auch über kein verwertbares Vermögen. So sei insbesondere das dingliche Wohnrecht des Antragstellers nicht verwertbar. Die Wohnkosten betrügen nach dem Mietvertrag 767 EUR inklusive der Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 236 EUR. Diese Kosten habe der Antragsgegner in vollem Umfang zu übernehmen. Zur Kostensenkung sei der Antragsteller noch nicht aufgefordert worden. Es ergebe sich unter Hinzurechnung der Regelleistung und unter Abzug der bereits darin enthaltenen Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe von 6,47 EUR ein monatlicher Bedarf des Antragstellers in Höhe von 1.119,53 EUR.

Einen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zu den Versicherungsbeiträgen in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere sei er nicht in einem Basistarif ohne Selbstbehalt in einem inländischen privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert. Die Übernahme ausländischer Krankenversicherungsbeiträge komme jedoch auf Grund der Verweisung des § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II auf die Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) nicht in Betracht. Zwar sei der Antragsgegner verpflichtet, die Prämien zur privaten Pflegeversicherung entsprechend der Regelungen des § 26 Abs. 3 SGB II zu übernehmen; die Höhe der Beiträge seiner inländischen privaten Pflegeversicherung habe er jedoch nicht durch Vorlage des Versicherungsvertrages glaubhaft gemacht.

Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 5. Mai 2010 den Beschluss des Sozialgerichts ausgeführt und dem Antragsteller Leistungen für die Zeit vom 10. März bis 31. Juli 2010 in Höhe von 1.262,11 EUR/Monat bewilligt. Zusätzlich zu den vom Sozialgericht austenorierten Leistungen hat er dem Antragsteller einen Zuschuss zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 124,32 EUR/Monat und zur Pflegeversicherung in Höhe von 17,79 EUR/Monat bewilligt.

Gegen den ihm am 28. April 2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 28. Mai 2010 Beschwerde eingelegt. Zum einen seien die Kosten der Warmwasserbereitung nicht von den KdU in Abzug zu bringen. Die Warmwasserversorgung erfolge mittels eines mit Strom betriebenen Boilers. Weiterhin habe er einen Anspruch auf Übernahme der Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung in voller Höhe. Seine Krankenversicherung biete einen Basistarif nicht an. Er habe bei mehreren anderen Krankenversicherungen versucht, sich dort im Basistarif versichern zu lassen. Dies sei ihm jedoch bis jetzt nicht gelungen. Der Abschluss einer solchen Versicherung werde u.a. mit dem Argument abgelehnt, er habe eine bestehende Krankenversicherung. Daher bestehe seitens der Versicherer kein Kontrahierungszwang. Zudem sei er zum Abschluss eines solchen Vertrages nicht verpflichtet.

Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. April 2010 abzuändern und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm vorläufig für die Zeit vom 10. März bis 31. Juli 2010 monatlich weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 6,47 EUR und die weiteren Kosten für die Krankenversicherung in Höhe von monatlich 452,14 EUR und die Pflegeversicherung in Höhe von 26,81 EUR/Monat zu gewähren, sowie ihm zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Den Umstand, dass der Antragsteller das Warmwasser mittels eines elektrischen Boilers bereite, habe dieser in seinem Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nicht angegeben. Im Übrigen dürfte es am Vorliegen eines Anordnungsgrundes fehlen. Hinsichtlich der begehrten Bewilligung von zusätzlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen hat er auf die seines Erachtens tragenden Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses verwiesen. Zudem sei der Bescheid vom 19. März 2010 (Ablehnung der Leistungsbewährung wegen Einkommens aus Selbstständigkeit) nicht mit einem Widerspruch angegriffen worden. Dessen aber hätte es bedurft, da der Bescheid nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens den Bescheid vom 25. Februar 2010 betreffend geworden sei. Dieses Widerspruchsverfahren sei mit dem Erlass eines Abhilfebescheides vom 14. Juni 2010 beendet worden.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat der Antragsgegner ausgeführt, in Umsetzung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Januar 2011 (B 4 AS 108/10 R) werde ab 18. Januar 2011 ein Zuschuss in Höhe des halben Beitrags im Basistarif übernommen. Für den vorliegenden Zeitraum bestehe eine Weisungsgebundenheit.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde (§ 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Der Beschwerdewert liegt über der Grenze des Berufungswertes nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750 EUR. Sein Begehren in der Beschwerdeinstanz zielt auf die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm vorläufig weitere Leistungen in Höhe von 485,42 EUR/Monat im Zeitraum vom 10. März bis 31. Juli 2010 zu gewähren.

Die Beschwerde ist unbegründet, soweit der Antragsteller Ansprüche geltend macht, die über die bereits vom Antragsgegner für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 10. März bis 31. Juli 2010 bewilligten Leistungen hinausgehen.

A.

Der Begründetheit der Beschwerde steht nicht die Bestandskraft des Ablehnungsbescheides des Antragsgegners vom 19. März 2010 entgegen. Der Bescheid hat zum einen wohl den Ablehnungsbescheid vom 25. Februar 2010 ersetzt. Die Ablehnung der Leistungen bezog sich in beiden Bescheiden auf denselben Leistungsantrag vom 22. Oktober 2009. Der Bescheid vom 19. März 2010 ist schon nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Auch diesen Bescheid allerdings hat der Antragsteller mit dem mit Schreiben vom 6. April 2010 eingelegten Widerspruch angefochten. In diesem Schreiben hat er zu verstehen gegeben, dass er sich auch gegen die Leistungsablehnung mit Bescheid vom 19. März 2010 wende. Der Antragsgegner hat bisher nur zu einem Teil über das Widerspruchsverfahren entschieden. Der Abhilfebescheid vom 14. Juni 2010 bezog sich nur auf den Ablehnungsbescheid vom 25. Februar 2010. Der Antragsgegner verwies darin zu den weiteren Einzelheiten auf seinen Bescheid von 19. März 2010. Eine Entscheidung zu dessen Rechtmäßigkeit unter Einbeziehung der Gründe des Widerspruchs vom 6. April 2010 traf er nicht.

B.

Der Antragsgegner war auf die Beschwerde des Antragstellers im Ergebnis nicht zu verpflichten, vorläufig weitere Leistungen zu seinen Beiträgen zur privaten Krankenversicherung zu zahlen. Dieser hat dem Antragsteller mit Bescheid vom 5. Mai 2010 einen monatlichen Zuschuss zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 124,32 EUR gewährt, ohne dazu vom Sozialgericht dazu verpflichtet worden zu sein. Er hat insoweit den Anspruch teilweise anerkannt. Der Antragsteller hat zwar einen weitergehenden Anspruch auf Übernahme der Kosten für seine private Krankenversicherung glaubhaft gemacht, jedoch letztlich keinen Anordnungsgrund.

Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.

Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b Rn. 16b).

Der Antragsteller ist nach den insoweit für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bindenden Feststellungen des Sozialgerichts hilfebedürftig nach § 9 SGB II und erfüllt auch im Übrigen die Leistungsvoraussetzungen.

Der Antragsgegner hat den Antragsteller zu Recht nicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gemeldet. Der Antragsteller ist nicht schon durch den Bezug der Leistungen nach dem SGB II kranken- (und pflege-)versichert. Nach § 2 Abs. 2a des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) sind Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem SGB II nicht nur darlehensweise beziehen und auch nicht familienversichert sind, versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Versicherungspflicht gilt allerdings nach dem seit dem 1. Januar 2009 geltenden § 2 Abs. 5a S. 1 SGB V nicht, wenn der Leistungsbezieher unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II privat krankenversichert oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu dem Personenkreis des § 2 Abs. 5 SGB V oder den in § 6 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB V genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Der Antragsteller war im Sinne des § 2 Abs. 5a SGB V nicht versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 SGB V, da er unmittelbar vor dem Leistungsbezug hauptberuflich selbstständig erwerbstätig war.

Der Antragsteller ist bei der DKV L. S.A. privat krankenversichert. Er genügt damit seiner Versicherungspflicht des § 193 Abs. 3 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Die DKV L. S.A. ist ein in Deutschland zugelassenes Versicherungsunternehmen (registriert bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unter Nr. 7310, www.bafin.de). Der vor dem 1. April 2007 abgeschlossene Vertrag genügt den Anforderungen an eine Pflichtversicherung nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG (§ 193 Abs. 3 Satz 3 VVG).

Nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II gilt für Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig und nicht familienversichert sind und die für den Fall der Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG). Besteht danach - wie hier - unabhängig von der Höhe des zu zahlenden (Krankenversicherungs-)Beitrags (im Basistarif) Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, gilt Satz 4 entsprechend, d.h. der Beitrag vermindert sich für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte; der zuständige Träger zahlt den Betrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist.

Bei wortgetreuer Anwendung dieser Vorschriften verbleibt beim Antragsteller ein von ihm selbst zu zahlender Teil der Krankenversicherungsbeiträge. Letztlich führt dies selbst wenn der Hilfebedürftige in einem Basistarif versichert ist - zu Beitragsschulden. Im Urteil vom 18. Januar 2011 (a.a.O.) hat das BSG klargestellt, dass eine gesetzesimmanente Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit der gesetzlichen Vorschriften vorliegt. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass mit den gesetzlichen Neuregelungen des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung der Krankenversicherungsschutz privat versicherte Bezieher von Alg II gegenüber der bisherigen Rechtslage wesentlich schlechter gestellt werden und in größerem Umfang ungedeckte Beiträge zu ihren Lasten verbleiben sollten. Die planwidrige Regelungslücke sei bei der Tragung von Beiträgen zur privaten Krankenversicherung von Alg II-Beziehern - hinsichtlich der offenen Beiträge - durch eine analoge Anwendung der Regelung für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen zu schließen. Hieraus ergibt sich mindestens eine Verpflichtung des Leistungsträgers zur Übernahme der Beiträge bis zur Höhe des hälftigen Beitrags für den Basistarif. Im vorliegenden Fall sind dies 290,63 EUR. Dieser Betrag errechnet sich aus den Regelungen des § 241 Abs. 1 SGB V i.V.m. der vom 1. Juli 2009 bis 31. Oktober 2010 gültigen Verordnung zur Festlegung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung (GK-BSV) und der monatlichen Bezugsgröße i.H.v. 2.555 EUR (§ 232a Abs. 2, 309 Abs. 1 Nr.1 SGB V i.V.m. der Bekanntmachung der Rechengrößen der Sozialversicherung für 2010 – Bek. d. BMAS vom 9.12.2009 – IVb 2 – 43432 – 3/22 BGBl. I 2009, S. 3846).

Das BSG hat in seiner Entscheidung offen gelassen, ob der Leistungsträger verpflichtet ist, trotz der konstitutiven Regelung des § 12 Abs. 1c VAG, den vollen Krankenversicherungsbeitrag zu zahlen oder nur den - wie es die Regelung vorsieht - bis zur Höhe der Hälfte der Beiträge für den Basistarifes. Auch der Senat brauchte diese Frage nicht zu entscheiden. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsgrund für die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners, ihm die vollen Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen, glaubhaft gemacht.

Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 GG die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und durchsetzung bietet, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist.

Das Entstehen von Beitragsschulden rechtfertigt nicht die Anordnung einer einstweiligen Regelung. Der Antragsteller gerät dadurch nicht in eine existenzielle Notlage. Weitere Nachteile entstehen ihm dadurch, dass er nicht die vollen Beiträge entrichten kann, jedoch nicht. Trotz etwaiger entstehender Beitragsschulden ist das Krankenversicherungsunternehmen verpflichtet, ihm die vertraglich zugesicherten Leistungen zu erbringen. Wie oben bereits ausgeführt, genügt der Versicherungsvertrag des Antragstellers einer Pflichtversicherung nach § 193 Abs. 3 VVG. Ist der Versicherungsunternehmer in einer der Pflichten dieser Regelung genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat der Versicherer ihn nach § 193 Abs. 6 Satz 1 VVG zu mahnen. Ist der Rückstand zwei Wochen nach Zugang der Mahnung noch höher als der Prämienanteil für einen Monat, stellt der Versicherer das Ruhen der Leistungen fest. Dieses endet allerdings nach § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG, wenn die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des SGB II wird.

Dieser Regelung unterfällt auch der mit der DKV L. abgeschlossene Vertrag.

Zum einen finden die Regelungen des VVG auf den Versicherungsvertrag des Antragstellers Anwendung, denn es ist entgegen der Vereinbarung in § 19 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht das Recht des Großherzogtums Luxemburg, sondern das der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden. Nach Art 46c Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) unterliegt ein über eine Pflichtversicherung abgeschlossener Vertrag deutschem Recht, wenn die gesetzliche Verpflichtung (hier § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG) zu seinem Abschluss auf deutschem Recht beruht. Weiterhin ist nach Art. 1 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Versicherungsvertragsgesetz (EGVVG) auf Versicherungsverhältnisse, die bis zum Inkrafttreten des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) am 1. Januar 2008 entstanden sind (Altverträge), das Gesetz über den Versicherungsvertrag in der bis dahin geltenden Fassung nur bis zum 31. Dezember 2008 anwendbar gewesen. Der Antragsteller verliert mithin nicht durch nicht vollständige Beitragszahlung seinen Krankenversicherungsschutz.

C.

Der Antragsteller hat ebenfalls keinen Anordnungsgrund zur Übernahme der vollen Beiträge zur Pflegversicherung glaubhaft gemacht. Es kann dahinstehen, ob der Antragsgegner verpflichtet ist, die vollen Beiträge zur Pflegeversicherung zu übernehmen. Nach § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist er dazu verpflichtet, wenn es sich um eine angemessene Pflegeversicherung handelt. Zur Bestimmung der Angemessenheit ist § 110 Abs. 2 Satz 3 bis 5 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) ergänzend heranzuziehen. Diese Regelung nimmt wiederum Bezug auf den Basistarif der privaten Krankenversicherung und bestimmt, dass für Personen, die im Basistarif nach § 12 VAG versichert sind und deren Beitrag zur Krankenversicherung sich nach § 12 Abs. 1c S. 4 oder 6 VAG vermindert, der Beitrag 50 % des sich nach Abs. 1 Nr. 2e SGB XI ergebenden Beitrags (Höchstbeitrag der sozialen Pflegeversicherung) nicht übersteigen darf.

Der Antragsteller hat jedoch auch hier keinen Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung. Eine Inanspruchnahme der Leistungen der Pflegeversicherung durch den Antragsteller ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht ersichtlich. Eine Kündigung der Pflegepflichtversicherung seitens des Versicherungsunternehmens ist gemäß § 110 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 SGB XI ausgeschlossen (so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 16. August 2010, L 16 AS 449/10 B ER, Rn. 39, 40, Juris)

D.

Auch besteht kein Anordnungsgrund, den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, dem Antragsteller um 6,47 EUR/Monat höhere KdU auszuzahlen, da dieser sein Wasser mittels eines elektrischen Boilers erwärmt. Auch unter Berücksichtigung des Art. 19 Abs. 4 GG führt nicht jede Unterdeckung des Bedarfs grundsätzlich zu einer Existenzbedrohung und damit zum Vorliegen eines Anordnungsgrunds. Erforderlich ist eine existentielle Notlage. Der Senat geht im Regelfall nicht von deren Vorliegen aus, wenn - wie hier - die begehrte vorläufige Leistungsbewilligung 5% der Regelleistung nicht übersteigt (vgl. Beschluss vom 30. März 2009, L 5 B 121/08 AS ER, Juris).

E.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen. Dem Begehren fehlte letztlich die nach § 73a SGG, § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht.

F.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Es war zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner einen Teil des Begehrens des Antragstellers anerkannt hat. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved