L 2 R 2138/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 4397/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 2138/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Büropraktikerin (22-monatige Ausbildung) kann auf eine Tätigkeit als einfache Pförtnerin verwiesen werden.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. April 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1960 geborene Klägerin absolvierte vom 31. Mai 1981 bis 22. März 1983 eine Ausbildung zur Büropraktikerin. Diese Ausbildung erfolgte über das Berufsförderungswerk S ... Nach verschiedenen Tätigkeiten in verschiedenen Unternehmen als Sekretärin, in der Telefonzentrale und in der Debitorenbuchhaltung war sie zuletzt vom 1. Juli 2004 bis 31. Januar 2007 beim Polizeipräsidium K. mit den Tätigkeiten Schreibarbeiten nach Vorlage (Band und Diktat), Vorgangsverwaltung, Ablage von Sachakten und Ermittlungsakten sowie Erledigung allgemeiner Büroarbeiten beschäftigt. Vorstrukturierte Anzeigen und Vorgänge an die Staatsanwaltschaft fertigte sie unterschriftsreif für den jeweiligen Sachbearbeiter aus (vgl. Arbeitszeugnis des Polizeipräsidiums K. vom 30. Januar 2007). Seit dem 1. November 2006 war sie in der Entgeltgruppe 5 des Tarifvertrags öffentlicher Dienst der Länder (TV-L.) eingruppiert. Nach Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug vom 1. Februar 2007 bis 30. Januar 2008 bestand vom 31. Januar bis 8. Juni 2008 Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug (vgl. Meldung der Agentur für Arbeit K. vom 9. Juni 2008).

Am 15. August 2008 beantragte die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung, wobei sie auf ihre Erkrankungen Diabetes und Epicondylitis ulnaris humeri verwies. Nach Einholung verschiedener Befundberichte behandelnder Ärzte der Klägerin veranlasste die Beklagte die Begutachtung durch den Internisten Dr. H ... In seinem internistischen Gutachten vom 17. September 2008 diagnostizierte er einen diätisch einstellbaren Diabetes mellitus II, eine Dyslipoproteinämie, ein allergisches Asthma bronchiale und allergische Rhinitis sowie eine chronische Epicondylitis ulnaris humeri vorwiegend rechts. Aus internistischer Sicht könne die Klägerin ihre letzte berufliche Tätigkeit als Angestellte im Schreibdienst 6 Stunden und mehr ausüben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte bis kurzfristig mittelschwere körperliche Tätigkeiten 6 Stunden und mehr in Tagesschicht und im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen zumutbar, wobei kurze Pausen für Zwischenmahlzeiten wegen des Diabetes mellitus möglich sein müssten. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten in Zugluft und bei stark schwankenden Temperaturen sowie alle Tätigkeiten, die eine geregelte Lebensweise erschwerten (z. B. Schichtdienst, häufiger Ortswechsel). Es sei durch ein orthopädisches Gutachten zu klären, inwieweit eine berufliche Leistungseinschränkung durch die chronische Epicondylitis bedingt sei. Daraufhin veranlasste die Beklagte die orthopädische Begutachtung der Klägerin durch die Ärztin für Orthopädie Dr. R.-S ... Diese stellte in ihrem orthopädischen Gutachten vom 13. Oktober 2008 eine chronische Epicondylitis lateralis und medialis humeri beidseits sowie ein allergisches Asthma bronchiale als Erkrankungen fest. Schmerzangaben der Klägerin zur Epicondylitis seien nachvollziehbar; es sei jedoch nicht so, dass jegliche handwerkliche Tätigkeit nicht möglich sei. Oft sei eine Bewegung und damit Training der Streck- und Beugemuskulatur der Unterarme langfristig von Vorteil. Eine reine Schreibtätigkeit sei für die Klägerin nicht geeignet. Grundsätzlich sei jedoch eine Bürotätigkeit mit abwechselnden Tätigkeiten wie schreiben, sortieren und telefonieren oder Tätigkeiten mehr beaufsichtigender Art vollschichtig zumutbar. In ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16. Oktober 2008 brachte Dr. P. zum Ausdruck, sie halte die orthopädische Leistungsbeurteilung für zu negativ; eine Epicondylitis sei langfristig einer Therapie zugänglich. Die Ausübung einer Tätigkeit als Angestellte im Schreibdienst sei nicht eingeschränkt.

Mit Bescheid vom 4. November 2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab. Nach den getroffenen medizinischen Feststellungen bestünde weder teilweise noch volle Erwerbsminderung. Hiergegen erhob die Klägerin am 25. November 2008 Widerspruch. Aufgrund der Schmerzen in beiden Armen sei es ihr nicht möglich, eine Beschäftigung auszuüben. Nach Einholung weiterer Befundberichte bei den die Klägerin behandelnden Ärzten holte die Beklagte das Gutachten bei dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie T. vom 29. April 2009 ein. Er beschrieb ein chronisch persistierendes Schmerzsyndrom bei Epicondylitis rechts; Hinweise für eine depressive Erkrankung fänden sich nicht. Aufgrund dieser Erkrankung sei das Leistungsvermögen für eine Tätigkeit als Schreibkraft stark eingeschränkt. Tätigkeiten ohne Beanspruchung der Ellenbogen, Unterarmmuskulatur und Handgelenke könnten ausgeführt werden. Hinweise auf das Vorliegen einer neurologischen oder psychiatrischen Erkrankung fänden sich nicht. Hiervon ausgehend bestünde für leidensgerechte Tätigkeiten ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2009 wies die Beklagt daraufhin den Widerspruch der Klägerin zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 7. Oktober 2009 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, aufgrund ihrer Gesundheitsstörungen und Funktionseinschränkungen sei sie nicht mehr in der Lage, mindestens 3 bzw. 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Schmerzen und Schwellungen an beiden Händen seien inzwischen hinzugekommen. Ihr Alltag sei durch diese Beschwerden sehr eingeschränkt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das SG hat die behandelnde Ärztin der Klägerin Dr. S. als sachverständige Zeugin angehört. In ihrer Auskunft vom 9. Februar 2009 hat sie mitgeteilt, die Klägerin leide an chronischen Schmerzen im Ellenbogen, später auch in den Fingergelenken. Eine larvierte Depression bzw. psychosomatische Ursache der Schmerzen müsse in Betracht gezogen werden. Die Klägerin sei in der Lage, eine körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeit im Rahmen einer 5-Tage-Woche mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Das maßgebliche Leiden für eine evtl. Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit läge auf psychiatrischem Fachgebiet.

Mit Gerichtsbescheid vom 20. April 2010 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert. Die Gesundheitsstörungen, an denen die Klägerin leide, beschränkten die berufliche Leistungsfähigkeit zwar in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht ein. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien ihr 6 Stunden und mehr zweitweise im Stehen, Gehen und Sitzen, in Tages-, Früh- und Spät- sowie Nachtschicht zumutbar. Lediglich Tätigkeiten mit besonderer Beanspruchung der Ellenbogengelenke sowie der benachbarten Gelenke seien aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms nicht zumutbar. Das Gericht schließe sich den schlüssig und nachvollziehbar begründeten übereinstimmenden Leistungsbeurteilungen der Sachverständigen Dres. H., R.-S. und T. sowie der die Klägerin behandelnden Internistin Dr. S. an. Auch eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht. Die Klägerin, die keine Ausbildung absolviert habe und als ungelernte Arbeiterin tätig gewesen sei, könne keinen Berufsschutz mit Erfolg geltend machen.

Gegen den der Klägerin mittels Zustellungsurkunde am 23. April 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 4. Mai 2010 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden erwerbstätig zu sein. Der rechte Ellenbogen sei 3-mal operiert worden. Auch alle weiteren Behandlungen hätten keinen Erfolg erbracht. Links sei das gleiche Problem aufgetreten. Aktuell befände sie sich nicht mehr in orthopädischer Behandlung, da nichts geholfen habe. Inzwischen seien Schmerzen und Schwellungen an beiden Händen hinzugekommen. Sie könne höchstens eine halbe Stunde mit den Armen und Händen etwas arbeiten und müsse dann fast eine Stunde warten, bis die Schmerzen soweit nachgelassen hätten, dass sie wiederum eine halbe Stunde arbeiten könne. Sie habe eine insgesamt mehr als zweijährige Ausbildung zur Büropraktikerin absolviert. Sie sei damit in die dritte Stufe des Stufenschemas für Angestelltenberufe einzustufen. Eine zumutbare Verweisungstätigkeit, die sie trotz ihrer Einschränkung zur Benutzung der Arme ausüben könne, bestehe nicht. Darüber hinaus bestünden Hüftgelenks- und Wirbelsäulenerkrankungen, die zu erheblichen Leistungseinschränkungen führten. Eine Tätigkeit als Registratorin sei ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar. Die Gelegenheit zu wechselseitigen Körperhaltungen bestehe bei der Tätigkeit als Registrator nicht.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. April 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Antragsstellung zu gewähren, hilfsweise, eine aktuelle arbeitsmarkt- und berufskundliche Stellungnahme zur Registratoren¬tätigkeit gemäß dem Schriftsatz vom 21. Dezember 2010 einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend und ihre Bescheide für rechtmäßig.

Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben durch Einholung des orthopädischen Sachverständigengutachtens von Dr. H ... In seinem Gutachten vom 2. September 2010 hat dieser folgende Diagnosen mitgeteilt: chronische Epicondylitis ulnaris humeri vorwiegend rechts, persistierende Epicondyltieden radial und ulnar rechts, Epicondylitis radialis links, posttraumatische Hüftgelenksarthrose links, chronisches Wirbelsäulensyndrom und ein initiales Heberden-Bouchard-Syndrom. Tätigkeiten, die überwiegend im Sitzen oder Stehen ausgeführt würden, seien nicht zumutbar. Schreibtätigkeiten seien aufgrund der dauerhaften Beschwerden des rechten Armes und anhaltender Epicondylitis nur eingeschränkt ausführbar. Eine Bürotätigkeit könne die Klägerin 3 bis 6 Stunden in wechselseitiger Körperhaltung ausführen. Für die Bedienung eines Schreibgerätes, speziell Schreibcomputer müssten entsprechende Hilfsmittel zur Lagerung des rechten Armes eingerichtet sein. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. Dezember 2010, in der sich Dr. H. mit den Einwänden der Beklagten gegen sein Sachverständigengutachten auseinander gesetzt hat, hat er weiter ausgeführt, eine reine Schreibtätigkeit sei für die Klägerin nicht geeignet. Grundsätzlich sei jedoch eine Bürotätigkeit mit abwechselnden Tätigkeiten wie schreiben, sortieren, telefonieren oder Tätigkeiten der mehr beaufsichtigenden Art vollschichtig zumutbar. Die Tätigkeit einer Registratorin weise alle Merkmale einer überwiegend leichten Tätigkeit auf. Eine solche Verweisungstätigkeit sei durchaus zumutbar und diesbezüglich bestünde ein über 6-stündiges Leistungsvermögen.

Die Beklagte hat hierzu noch ausgeführt, das Sachverständigengutachten von Dr. H. sei im Hinblick auf die Beschwerde- und Behandlungsanamnese lückenhaft; auch die Befunderhebung sei teilweise lückenhaft. Dass der Klägerin eine Tätigkeit überwiegend im Sitzen oder im Stehen nicht mehr zugemutet werden könne, erschließe sich aus den von Dr. H. erhobenen Befunden nicht. Bei einer Epicondylitis sei es wichtig, ständig wiederkehrende Bewegungen zu vermeiden; so könne die Klägerin beispielsweise nicht 6 Stunden und mehr eine Tastatur oder eine Computermaus bedienen. Sie habe aber gezeigt, dass sie zu handschriftlichen Arbeiten zumindest kurzfristig in der Lage sei. Sozial und gesundheitlich zumutbar sei für die Klägerin eine Verweisungstätigkeit als Registratorin.

Mit Schreiben des Berichterstatters vom 9. Februar 2011 wurden die Beteiligten des weiteren darauf hingewiesen, das als Verweisungstätigkeit für die Klägerin auch eine Tätigkeit als einfache Pförtnerin (Nebenpforte) in Betracht käme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gerichtsakte des SG und der Berufungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 4. November 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Dieser Anspruch steht der Klägerin jedoch nicht zu, da ein Leistungsfall nicht eingetreten ist.

Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der hier anzuwendenden, seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert im Sinne dieser Regelung sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine Erwerbsminderung liegt nicht vor, wenn der Versicherte noch sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig sein kann (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen der Beklagten bei der Klägerin vor, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge und der Wartezeit.

1. Auf der Grundlage der im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten fachärztlichen Aussage von Dr. S. und der im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten (internistisches Gutachten von Dr. H. vom 17. September 2008, orthopädisches Gutachten von Dr. R.-S. vom 13. Oktober 2008, neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. T. vom 29. April 2009) liegt aber eine Erwerbsminderung nicht vor. Auch nach Überzeugung des Senats kann die Klägerin noch mindestens 6 Stunden am Tag unter den allgemeinen Bedingungen des Arbeitsmarktes tätig sein. Die Leistungseinschätzung von der Beklagten im Verwaltungsverfahren ist durch die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte sachverständige Zeugenaussage des Dr. S. vom 9. Februar 2010 bestätigt worden. Danach ist die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht eingeschränkt. Der Klägerin sind leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts 6 Stunden und mehr zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen und in Tagesschicht zumutbar. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit besonderer Beanspruchung der Ellenbogengelenke sowie der benachbarten Gelenke aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms. Das SG hat die mindestens 6-stündige Leistungsfähigkeit pro Tag aus zutreffenden Gründen angenommen. Der Senat sieht daher gem. § 153 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück.

Eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit hat auch die Beweiserhebung im Berufungsverfahren nicht ergeben. Anhaltspunkte für eine Verschlimmerung der internistischen Leiden oder für das Auftreten einer relevanten psychiatrischen Erkrankung sind nicht ersichtlich und auch von der Klägerin ist insoweit eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nicht geltend gemacht worden. Hinsichtlich der Beurteilung der Schwere der orthopädischen/neurologischen Erkrankung und der hierdurch bedingten Leistungsminderung folgt der Senat den Sachverständigengutachten von Dr. H. vom 2. September 2010 hinsichtlich der auch von ihm in den Vordergrund gerückten chronischen Epicondylitis ulnaris humeri vorwiegend rechts und der persistierenden Epicondylitiden radial und ulnar rechts sowie der Epicondylitis radialis links. Der Sachverständige hat diesbezüglich die grobe Kraft der rechten Hand als vermindert dargestellt beschrieben sowie eine Druckdolenz am radialen Epicondylus und einen Druckschmerz am ulnaren Epicondylus. Der radiale Epicondylus am linken Arm war ebenfalls gereizt und mäßig druckdolent. In seiner Befunderhebung gibt der Sachverständige wieder, dass insbesondere das Anheben der Hand als im Ellenbogen sehr schmerzhaft empfunden werde, was für eine noch bestehende deutliche Epicondylitis und Reizung des Periostes am radialen Epicondylus spreche. Der Sachverständige hat keine Funktionseinbußen im Hinblick auf die Beuge- und Streckfähigkeit der Ellenbogengelenke festgestellt. Neurologische Reiz- und Ausfallsymptome an den oberen Extremitäten waren nicht festzustellen. Bei beiderseits komplettem Faustschluss und deckungsgleicher Handspreizung waren sämtliche Fingerfeingriffe ausführbar. Ohne Streckdefizit waren die Gelenke der Langfinger im Bereich Zeige- und 3. Finger beiderseits mäßig verdickt. Überzeugend und nachvollziehbar für den Senat leitet der Sachverständige daraus ab, dass eine Tätigkeit der Klägerin gesundheitlich nicht mehr zumutbar ist, die zu einer Überlastung der Oberarme führt und die jedenfalls bezüglich des rechten Armes einen Einsatz mit grober Kraft bedingt. Weiterhin geht der Senat auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens von Dr. H. vom 2. September 2010 auf orthopädischem Fachgebiet vom Vorliegen einer posttraumatischen Hüftgelenksarthrose links und eines chronischen Wirbelsäulensyndroms aus. Allerdings folgt der Senat dem Sachverständigen nicht insoweit, als dieser aus den von ihm dazu erhobenen Befunden ableitet, dass der Klägerin eine Tätigkeit überwiegend im Sitzen nicht mehr zugemutet werden kann. Denn die Klägerin hat während des gesamten Verfahrens nicht über Beschwerden bei längerem Sitzen geklagt. Nach den Befunden von Dr. H. liegt die Beugefähigkeit des linken Hüftgelenks bei 130 Grund; eine Beugekontraktur besteht nicht. Zwar ist aufgrund des an der Lendenwirbelsäule radiologisch feststellbaren "Baastrop-Phänomens" mit einem vermehrten Hohlkreuz eine Einschränkung für Tätigkeiten mit überwiegendem Stehen gegeben. Eine Einschränkung für Tätigkeiten mit überwiegendem Sitzen ergeben sich jedoch aus den Befunden von Dr. H. nicht. Zu folgen ist ihm jedoch darin, dass sich daraus die Notwendigkeit für eine Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung ergibt. Da aber im Übrigen der Sachverständige Dr. H. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. Dezember 2010 auch davon ausgeht, dass bei Berücksichtigung der Einschränkungen der Klägerin in quantitativer und qualitativer Hinsicht bei einer reinen Bürotätigkeit ansonsten ein über 6-stündiges Leistungsvermögen besteht, ist auch der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin mindestens 6 Stunden täglich grundsätzlich erwerbstätig sein kann und damit nicht erwerbsgemindert ist.

2. Letztlich liegen auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 SGB VI nicht vor; die Klägerin ist nicht berufsunfähig. Ausgangspunkt der Prüfung ist auch hier entsprechend der zu § 43 SGB VI a.F. entwickelten Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 107 und 169). Dabei ist unter dem bisherigen Beruf in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit jedenfalls dann zu verstehen, wenn sie zugleich qualitativ die höchste im Berufsleben des Versicherten war (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Kann der Versicherte diesen "bisherigen" Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar ist und die er gesundheitlich wie fachlich noch bewältigen kann. Zur Feststellung der Wertigkeit des bisherigen Berufs und der Möglichkeit der Verweisung auf andere Tätigkeiten sind in der Rechtsprechung des BSG die Angestelltenberufe in verschiedene Berufsgruppen eingeteilt worden - Mehrstufenschema -; dieses Schema untergliedert die Angestelltenberufe in verschiedene Berufsgruppen und insoweit auf vier Hauptgruppen. Die Gruppen werden durch die Leitberufe der Angestellten mit Vorgesetztenfunktion bzw. des spezifisch qualifizierten Angestellten, insbesondere des Akademikers, des Angestellten mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig drei Jahren (gelernter Angestellter), des Angestellten mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren (angelernter Angestellter) und des ungelernten Angestellten charakterisiert. Die Einordnung in dieses Schema erfolgt nicht ausschließlich nach der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend sind vielmehr die Qualifikationsanforderungen der konkret verrichteten Tätigkeit, an die anzuknüpfen ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 22).

Hiervon ausgehend ist die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit der Klägerin beim Polizeirevier K.-D. vom 1. Juli 2004 bis 31. Januar 2007 der Berufsgruppe der angelernten Angestellten des oberen Bereichs (Ausbildungszeit von mehr als einem Jahr bis zu zwei Jahren) zuzuordnen. Die Klägerin hat, belegt durch die Bescheinigung des Berufsförderungswerks S. vom 22. September 1982 bzw. 22. März 1983 eine 22-Monate dauernde Ausbildung vom 31. Mai 1981 bis 31. März 1983 als Büropraktikerin absolviert (siehe Bl. 32a/33a Senatsakte). Der davor in der Zeit von Februar bis Mai 1981 besuchte Lehrgang diente der Vorbereitung auf die Ausbildung, unter anderem in Rechnen und Deutsch (also der Herstellung der Ausbildungsfähigkeit). In ihrem Ausbildungsberuf hat sie auch beim Polizeirevier K.-D. gearbeitet, und war dort mit Schreibarbeiten nach Vorlage, Band und Diktat, der Vorgangsverwaltung, der Ablage von Sachakten und Ermittlungsakten sowie der Erledigung allgemeiner Büroarbeiten beschäftigt. Bei vorstrukturierten Anzeigen und Vorgängen hat die Klägerin selbständig die Vorgänge unterschriftsreif für den jeweiligen Sachbearbeiter ausgefertigt. Auch diese Tätigkeit, der die Klägerin auch nicht überwiegend nachgegangen ist, verlässt nicht den Bereich ihres Ausbildungsberufes, weil sie damit immer noch unter der "Sachbearbeiterebene" Vorgänge bearbeitet hat. Dies wird auch dadurch belegt, dass die Klägerin - ab 1. November 2006 - übergeleitet in der Entgeltgruppe 5 des TV-L - entspricht früherem BAT VII (vgl. § 4 TVÜ-Länder i.V.m. Anlage 2 Teil A) - eingruppiert war. Für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe BAT VII war nach altem Tarifvertragsrecht nicht erforderlich, dass eine entsprechende (mehr als zweijährige bis zu dreijährige) Berufsausbildung zwingend vorliegt. Vielmehr kam es maßgeblich auf die Art der Tätigkeit, auf die Erfüllung bestimmter Tätigkeitsmerkmale nach den Vergütungsgruppen (siehe § 22 BAT i.V.m. Anl. 1a, der gem. § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 TVÜ-Länder für übergeleitete Fälle über den 31. Oktober 2006 fortgilt) an. So lauteten etwa die Anforderungen an die Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1a dahingehend, dass davon Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordere, erfasst seien. Zwar haben zwischenzeitlich die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der Ebenen der neuen Entgeltordnung eine erste Einigung erzielt. Danach sollen u.a. (als Qualifikationseckpunkte, www.oeffentlicher-dienst.info) der Ebene 1 (Entgeltgruppe 1 bis 4) Tätigkeiten für Ungelernte und Angelernte, der Ebene 2 (Entgeltgruppe 5 bis 8) Tätigkeiten für Ausgebildete mit einer mindestens dreijährigen Ausbildungszeit zugeordnet werden (siehe R. Neffke in Bredemeier/Neffke/Cerf/Weizenegger, TVöD/TV-L, Tarifverträge für den öffentlichen Dienst, Kommentar, 3. Aufl. Erläuterungen zu §§ 12 und 13 Rn. 5). Damit war aber gerade nicht eine bestimmte (Mindest-)Berufsausbildung ursprünglich zwingend für die Eingruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe BAT VII bzw. übergeleitet ab 1. November 2006 Entgeltgruppe 5 gefordert. Daher ergeben sich hieraus auch - entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten - keine Rückschlüsse darauf, dass die Klägerin tatsächlich über eine mehr als zweijährige bzw. bis zu dreijährige Berufsausbildung verfügt und damit im Mehrstufenschema oberhalb des Bereichs eines angelernten Angestellten dem Bereich des gelernten Angestellten zuzuordnen wäre.

Auf der Grundlage eines daher hier nur vorliegenden Berufsschutzes eines Angelernten des oberen Bereichs kann die Klägerin (zumindest) auf die Tätigkeit eines einfachen Pförtners verwiesen werden (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25. August 2009 - L 10 R 269/08 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. März 2007 - L 6 RJ 81/00 -). Eine solche Tätigkeit hebt sich schon im Hinblick auf die ihr innewohnende Kontrollfunktion typischerweise aus dem Kreis einfachster ungelernter Tätigkeiten heraus. Diese Tätigkeit ist daher für einen Versicherten, der dem Leitberuf des Angelernten des oberen Bereichs zuzuordnen ist, sozial zumutbar. Bei einer Tätigkeit eines einfachen Pförtners handelt es sich regelmäßig um eine leichte körperliche Tätigkeit überwiegend in geschlossenen Räumen und überwiegend sitzend mit der jederzeitigen Möglichkeit zum Haltungswechsel. Besondere Anforderungen etwa das Heben und Tragen von Lasten sind damit nicht verbunden. Die Pförtnertätigkeit ist grundsätzlich geprägt durch die Überwachung des Personen- oder Fahrzeugverkehrs, wozu der Empfang, die Weiterleitung und gegebenenfalls die Registrierung von Besuchern oder die "Schlüsselkastenverwaltung" gehören. Eine solche Tätigkeit kann die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen mindestens 6 Stunden regelmäßig und täglich ausüben. Insbesondere kommt bei einer Tätigkeit als einfacher Pförtner die gesundheitliche Beeinträchtigung der Einsetzbarkeit ihrer Arme - insbesondere des rechten Armes - durch die chronische Epicondylitis ulnaris humeri vorwiegend rechts und die persistierenden Epycondyltiden radial und ulnar rechts sowie die Epicondylitis radialis links nicht zum Tragen. Von diesen Gesundheitsstörungen gehen insbesondere Einschränkungen der Klägerin im Hinblick auf Schreibarbeiten am PC und handschriftlich zu fertigende Schreibarbeiten aus. Die Erledigung von Schreibverkehr jedenfalls in relevantem Umfange gehört jedoch nicht zum Tätigkeitsbild eines einfachen Pförtners. Dass die Klägerin in der Lage ist, die für die Ausübung der genannten Verweisungstätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten innerhalb von drei Monaten sich anzueignen, besteht für den Senat kein Zweifel. Schließlich ist der Klägerin der in Rede stehende Verweisungsberuf auch konkret benannt worden, wobei die Benennung während des sozialgerichtlichen Verfahrens genügt.

Da die Klägerin damit den typischen Aufgaben eines zumutbaren Verweisungsberufs (fachliches Anforderungsprofil) und den mit diesen fachlichen Anforderungen üblicherweise verbundenen gesundheitlichen Belastungen (gesundheitliches Belastungsprofil) genügt, ist sie nicht berufsunfähig.

Dem hilfsweise gestellten Beweisantrag auf Einholung einer arbeitsmarkt- und berufskundlichen Stellungnahme zur Registratorentätigkeit zu folgen, war vor dem Hintergrund einer zumutbaren Verweisungstätigkeit als einfacher Pförtner nicht notwendig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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