L 3 U 137/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 98 U 187/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 137/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. April 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen zweier Arbeitsunfälle.

Der 1960 geborene Kläger wurde am 24. April 1995 auf dem Motorrad auf dem Heimweg von seiner Arbeit als Versorger bei den B Wasser Betrieben an der Kreu-zung Nallee/R von einer von links kommenden PKW-Fahrerin, die das für sie rote Ampellicht nicht beachtete, angefahren. Hierbei erlitt er eine mediale Tibiakopffraktur rechts mit Außenmeniskusriss, multiple Prellungen und Schürfungen (rechter Ober-schenkel, linker Unterschenkel, rechtes Handgelenk) sowie eine Halswirbelsäu-len(HWS)- Distorsion. Im Rahmen der stationären Behandlung vom 24. April bis zum 05. Mai 1995 wurde am 27. April 1995 eine arthroskopische Operation des rechten Kniegelenks (Teilresektion im Außenmeniskus, Anhebung des Tibiaplateaus und Schraubenosteosynthese) durchgeführt (Durchgangsarzt (DA)-Bericht PD Dr. med. S vom 24. April 1995, Entlassungsbericht DRK-Kliniken W vom 05. Mai 1995). Bei der Erstuntersuchung des Klägers zeigten sich Schmerzen im rechten Knie bei Belastung, jedoch kein Knieerguss. Die übrigen großen Gelenke waren frei beweglich, insbeson-dere fehlte jeglicher Hinweis auf einen Kniebinnenschaden links sowie auf Schädel-, Brustkorb- oder Bauchverletzungen. In der Röntgenkontrolle ließen sich Frakturen am rechten Handgelenk bzw. linken Knie und Unterschenkel nicht feststellen. Bei einer Untersuchung am 16. Juni 1995 schloss zudem der Augenarzt Dr. med. G eine Un-fallverletzung der Augen aus (Bericht vom 16. Oktober 1995). Am 25. September 1995 nahm der Kläger seine Berufstätigkeit im Rahmen einer Arbeits- und Belas-tungserprobung nach dem Hamburger Modell wieder auf, ab dem 21. Oktober 1995 verrichtete er sie wieder vollschichtig. Im Verlauf klagte er über Schmerzen im Bereich des linken Kniegelenks, die er auf eine Überlastung in der Zeit der Minderbeanspru-chung des rechten Beines zurückführte. Der DA Prof. Dr. med. B äußerte den Ver-dacht auf eine Innenmeniskusläsion links - unfallunabhängig - (Zwischenbericht vom 18. Oktober 1995). Am 07. November 1995 erfolgte im St. G-Krankenhaus eine Arthroskopie des linken Kniegelenks mit Meniskusteilresektion, der histologische Be-fund vom 09. November 1995 ergab einen degenerativen Meniskusschaden.

Am 04. März 1996 erstellten im Auftrag der Beklagten PD Dr. med. S und Dr. med. M von den DRK-Kliniken W nach Untersuchung des Klägers am 29. Februar 1996 ein Zusammenhangsgutachten. Die Gutachter stellten fest, dass die Kniegelenke bei sta-bilem Bandapparat und fehlenden Meniskuszeichen mit 0-0-140° seitengleich beweg-lich seien. Die Umfangmaße des rechten Beines seien diskret gemindert gegenüber links. Der Kläger könne nicht voll in die Hocke gehen. Eine endgradige Bewegungs-schmerzhaftigkeit bestehe im linken Kniegelenk. Die feingewebliche Untersuchung habe eindeutig einen degenerativen Meniskusschaden links ergeben. Der Meniskus-riss im linken Kniegelenk sei unter Umständen durch die Mehrbelastung bei Entlas-tung des rechten Beines provoziert worden, jedoch sehr viel wahrscheinlicher handele es sich um ein zufälliges Zusammentreffen als um eine definitive Verschlimmerung durch das Unfallereignis. Unfallfolgen seien der mit Spongiosazugschraube anato-misch rekonstruierte außenseitige Schienbeinkopfbruch am rechten Kniegelenk mit noch einsehbarer Defektzone, die Belastungsschmerzen am rechten Kniegelenk, die kleine Sensibilitätsminderung am vorderen rechten Kniegelenk, das Taubheitsgefühl am ersten Strahl der rechten Hand vom Griffelvorsatz der körperfernen Speiche bis zur Daumenkuppe reichend sowie die Parästhesien im Bereich des Ring- und kleinen Fingers der rechten Hand. Es sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 15 v. H. gerechtfertigt. Vom 17. Juni bis zum 21. Juni 1996 befand sich der Kläger zur arthroskopischen Ma-terialentfernung im St. G-Krankenhaus (Entlassungsbericht vom 24. Juni 1996, Diag-nosen: Mediale Tibiakopffraktur rechts, Retropatellaarthrose Grad I bis II rechts). In einem neurophysiologischen Zusatzgutachten vom 06. November 1996 kam Prof. Dr. med. S nach Untersuchung des Klägers am 02. November 1996 zu dem Ergebnis, dass sich die angegebenen Sensibilitätsminderungen im Radialis- und Ulnarisbereich der rechten Hand apparativ nicht objektivieren ließen. Eine diskrete residuelle, aber funktionell unbedeutende Läsion des R. superficialis rechts sei möglich. Der von der Beklagten mit der Untersuchung des Klägers weiter beauftragte Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. H führte in seinem Gutachten vom 11. Dezember 1996 aus, nach der Untersuchung am 09. September 1996 hätten sich keinerlei objektivierbaren Unfallfolgen ergeben; die subjektiv angegebenen Beschwerden hätten außer der be-deutungslosen Sensibilitätsstörung im Radialisbereich kein objektives Korrelat.

Mit Bescheid vom 24. Februar 1997 erkannte die Beklagte den Verkehrsunfall vom 24. April 1995 als Arbeitsunfall und als dessen Folgen einen Bruch des rechten Schienbeinkopfes mit röntgenologisch noch sichtbaren knöchernen Veränderungen im ehemaligen Bruchbereich sowie belastungsabhängigen Beschwerden nach operativer Versorgung und teilweiser Entfernung des Außenmeniskus des rechten Kniegelenks an. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe nicht, da wegen dieser Unfallfolgen nur eine MdE von 15 v. H. gegeben sei.

Am 14. November 2001 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall, als er bei Besei-tigung einer Gefahrenstelle (zwei angeschobene Bäume über dem Fahrweg) von ei-nem der nachrutschenden Bäume mit der Krone getroffen wurde. Die anschließende Untersuchung durch den DA PD Dr. med. L ergab eine Bewegungseinschränkung und Druckschmerz über der gesamten Schulter, Ellenbogen und Oberarm rechts sowie eine diskrete federnde Clavicula im Acromioclavicular-Gelenk (ACG), jedoch keine offenen Verletzungen der oberen Extremitäten und keine neurologischen Defizite. Die Röntgenuntersuchung des Schädels und der rechten Schulter bis einschließlich des Unterarmes ergaben keine Frakturzeichen. Als Diagnosen wurden gestellt: Schädel-prellung rechts, Unterarmprellung rechts, Prellung rechte Schulter mit Verdacht auf ACG-Läsion (DA-Bericht vom 15. November 2001). Die am 07. Dezember 2001 gefer-tigte Schultereckgelenksaufnahme schloss eine Verletzung desselben aus. Ab dem 17. Dezember 2001 war der Kläger wieder arbeitsfähig. Die MdE wurde als kleiner 10 v. H. eingeschätzt (DA-Bericht Prof. Dr. med. B vom 21. Dezember 2001).

Mit Email vom 27. Mai 2005 wandte sich der Kläger an die Beklagte und begehrte die Gewährung einer Verletztenrente aus den beiden Arbeitsunfällen. Die Folgen des Wegeunfalls von 1995 hätten sich verschlimmert, so dass eine erneute Operation er-forderlich sei.

Am 16. Juni 2005 erfolgte beim Kläger eine Arthroskopie des rechten Kniegelenks mit Resektion des Meniskus medialis im Hinterhornbereich im H Klinikum E. Hierbei zeig-ten sich ein geringgradiger Reizerguss und eine deutliche degenerative Chondrome-niskopathie im medialen Kniegelenkskompartement, jedoch keine Zeichen für die vermutete Tibiakopfosteitis. Dr. med. S vertrat die Ansicht, dass die Befunde mit Si-cherheit auf die stattgefundene Tibiakopffraktur zurückzuführen seien (Zwischenbe-richt vom 24. Juni 2005 nebst histologischem Befund vom 22. Juni 2005 und Operati-ons(OP)-Bericht vom 16. Juni 2005). Am 01. November 2005 nahm der Kläger bei entsprechender Rücksichtnahme seines Arbeitgebers sowie seiner Arbeitskollegen seine berufliche Tätigkeit mit gewissen Einschränkungen wieder vollschichtig auf. Bei der Nachuntersuchung am 08. März 2006 ergab sich eine sowohl klinisch als auch computertomographisch belegbare Stabilisierung des ehemaligen Verletzungsberei-ches am medialen Schienbeinplateau bei unverändert vorliegenden Zeichen der Prä-arthrose im medialen Kniegelenkskompartement (Zwischenbericht des DA Dr. med. S vom 22. März 2006 nebst Computertomograhie(CT)-Befund des rechten Kniegelenks vom 13. März 2006).

Die Beklagte veranlasste daraufhin die Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch PD Dr. med. S. In seinem Gutachten von 14. Juli 2006 stellte PD Dr. S als Fol-gen des Unfalls vom 24. April 1995 eine endgradige Einschränkung der Kniegelenks-beweglichkeit rechts, eine Muskelminderung im Oberschenkelbereich des rechten Beines sowie eine Arthrose des medialen Kompartements im Tibiakopfbereich des rechten Kniegelenks mit Stufenbildung, subchondralen Zysten und glaubhaften sub-jektiven Beschwerden fest. Sensibilitätsstörungen im Bereich der rechten und linken Hand würden nicht mehr beklagt. Die im Juni 2005 durchgeführte Teilresektion des medialen Meniskus am rechten Kniegelenk sei Folge posttraumatischer Kniegelenks-veränderungen. Die MdE betrage 10 v. H.

In seinem Gutachten vom 17. Juli 2006 stellte PD Dr. med. S als Folgen des Arbeits-unfalls vom 14. November 2001 eine mittelgradige Einschränkung der Schulterge-lenksbeweglichkeit rechts, eine leichte Muskelminderung am rechten Oberarm im Vergleich zu links sowie glaubhafte subjektive Beschwerden im Schultergelenksbe-reich fest; die daraus folgende MdE betrage unter 10 v. H. Die geklagten gelegentli-chen Kopfschmerzen sowie Verspannungen im Hals-Nacken-Bereich seien nicht durch das Unfallereignis vom 14. November 2001 verursacht.

Mit Bescheid vom 28. August 2006, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2007, lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitunfalls vom 24. April 1995 im Hinblick auf das Ergebnis der Begut-achtung ab.

Mit weiterem Bescheid vom 28. August 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. November 2001 ab, da die MdE geringer als 10 v. H. sei. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Chi-rurgen Dr. med. M vom 22. Dezember 2006 durch Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2007 zurück. Am 25. Januar 2007 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 28. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2007 mit dem Aktenzeichen 95/52046/3-3 SZ/RE Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin (S 98 U 187/07) erho-ben, der der den Unfall vom 24. April 1995 betreffende Widerspruchsbescheid beige-fügt war. Mit am 05. März 2007 beim SG eingegangenem Schreiben hat der Bevoll-mächtigte des Klägers mitgeteilt, dass sich die Klage gegen beide Bescheide vom 28. August 2006 richte. Nach Hinweis des Kammervorsitzenden, dass die Klage ge-gen den Bescheid betreffend den Arbeitsunfall aus dem Jahr 2001 verfristet sei, hat die Beklagte die Überprüfung des Bescheides vom 28. August 2006 betreffend diesen Arbeitsunfall mit Bescheid vom 27. Oktober 2008, bestätigt durch Widerspruchbe-scheid vom 19. Dezember 2008, abgelehnt. Hiergegen hat der Kläger am 23. Dezem-ber 2008 Klage vor dem SG Berlin zum Aktenzeichen S 98 U 1197/08 erhoben. Mit Beschluss vom 07. April 2009 hat das SG beide Verfahren zur gemeinsamen Ver-handlung und Entscheidungsfindung zum Aktenzeichen S 98 U 187/07 verbunden.

Der Kläger hat geltend gemacht, allein wegen der Folgen des Unfalls aus dem Jahr 1995 sei bereits eine MdE von 20 v. H. anzunehmen. Es bestehe eine erhebliche In-stabilität im rechten Kniegelenk, welches während des Laufens einfach wegknicke. Seitdem könne er keinen Sport mehr aktiv betreiben und auch keine schwere Lasten tragen. Die eingeschränkte Belastbarkeit des rechten Knies habe zu schmerzhaften Bewegungseinschränkungen im linken Knie geführt. Im Daumen der rechten Hand bestünde weiterhin ein Taubheitsgefühl, im Ring- und kleinen Finger der linken Hand ein Kribbeln. Des Weiteren sei die rechte Schulter nach dem Unfall aus dem Jahr 2001 nur noch eingeschränkt bewegungsfähig, insbesondere beim Hochheben oder Strecken bestünden Probleme. Im HWS-Bereich komme es zu starken Verspannun-gen und Nackenschmerzen. Diese, wie auch die Kopfschmerzen, seien als Folgen des Arbeitsunfalls von 2001 anzuerkennen.

Das SG hat von der Krankenkasse des Klägers ein Verzeichnis über dessen Arbeits-unfähigkeitszeiten nebst weiteren medizinischen Unterlagen, u. a. dem ärztlichen Ent-lassungsbericht über eine vom 16. Mai bis zum 12. Juni 2008 im A Klinikum B durch-geführte medizinischen Rehabilitation, eingeholt.

Mit Beweisanordnung vom 25. September 2008 hat das SG den Arzt für Chirur-gie/Unfallchirurgie Dr. med. G (Klinikum N) mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens unter anderem zur Frage der auf die Unfälle vom 24. April 1995 und 14. November 2001 zurückzuführenden Gesundheitsstörungen sowie der dadurch bedingten MdE beauftragt. Der Sachverständige ist nach Untersuchung des Klägers am 15. Januar 2009 in seinem Gutachten vom 27. Januar 2009 zu dem Ergebnis gelangt, als Folgen des Unfallereignisses vom 24. April 1995 bestünden beim Kläger im Bereich des rechten Kniegelenks gonarthrotische Veränderungen in-nenseitig betont sowie ein Zustand nach Teilresektion des Außenmeniskus rechts mit Ausbildung eines unauffälligen Regenerates. Die retropatellararthrotischen Verände-rungen des rechten Kniegelenks, der Zustand nach Teilresektion des linken Außen-meniskus nach Lappenriss am linken Kniegelenk sowie die retropatellararthrotischen Veränderungen am linken Kniegelenk (weniger deutlich ausgeprägt als rechts) könn-ten nicht auf das Unfallereignis vom 24. April 1995 zurückgeführt werden. Die beim Kläger bestehende Bewegungseinschränkung der rechten Sprunggelenke nach Ver-letzung ca. im Jahr 2000 wie auch die endgradige Beschwerdesymptomatik im Be-reich des rechten Schultergelenks seien ebenfalls nicht durch die Unfallereignisse vom 24. April 1995 bzw. 14. November 2001 bedingt. Die MdE auf Grund der Folgen des Unfallereignisses vom 24. April 1995 werde seit dem 01. Januar 2001 auf 15 v. H. eingeschätzt. Insgesamt sei es vertretbar, die Gesamtbeeinträchtigung im Bereich des rechten Kniegelenks mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten. Jedoch müsse berück-sichtigt werden, dass ein wesentlicher Anteil der Funktionsbeeinträchtigungen auf un-fallunabhängige Faktoren zurückzuführen sei. Gesundheitsstörungen, die ursächlich oder wesentlich teilursächlich auf das Ereignis vom 14. November 2001 zurückzuführen wären, und eine daraus resultierende MdE hätten nicht festgestellt werden können. Zwar würden im Bereich der rechten Schulter endgradige Beschwerden beim seitlichen Abspreizen des Oberarmes im Schulterge-lenk angegeben, Hinweise auf ein krankhaftes Geschehen hätten sich jedoch den bildgebenden Befunden nicht entnehmen lassen. Beweglichkeitseinschränkungen hät-ten bei der Untersuchung nicht vorgelegen. Soweit im Gutachten von Juli 2006 eine mittelgradige Einschränkung der Schultergelenksbeweglichkeit rechts angegeben und als unfallbedingt angesehen werde, lasse sich dies nach den dort erhobenen Befun-den nicht nachvollziehen. Auch seien dem Gutachten keine objektivierbaren Befunde zu entnehmen, die die dort zeitlich gestaffelte MdE nachvollziehbar machen würden.

Sowohl der Kläger, unter Vorlage eines "ärztlichen Gutachtens" des plastischen Chi-rurgen Dr. med. H von 13. März 1997, als auch die Beklagte, unter Vorlage einer be-ratungsärztlichen Stellungnahme des Chirurgen Dr. med. M vom 19. Februar 2009, haben bezüglich der MdE- Bewertung Kritik am Gutachten geübt. Hierzu hat sich der Sachverständige Dr. med. G in zwei Stellungnahmen vom 09. März 2009 (bei Gericht eingegangen am 10. bzw. 24. März 2009) ergänzend geäußert, auf deren Inhalt Be-zug genommen wird.

Das SG hat durch Urteil vom 07. April 2009 die Klagen abgewiesen. Die angefochte-nen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Diese habe ordnungsgemäß die Fol-gen beider Arbeitsunfälle aus den Jahren 1995 und 2001 in gesonderten Bescheiden festgestellt. Ein Anspruch auf Verletztenrente, auch unter dem Aspekt eines Stützren-tentatbestandes, sei für die Folgen beider Unfälle nicht begründbar. Die Folgen des Arbeitsunfalls vom 24. April 1995 bedingten keine MdE von wenigstens 20 v. H. Zu-dem habe der Arbeitsunfall vom 14. November 2001 keine wesentlichen Folgen hin-terlassen, die eine MdE von wenigstens 10 v. H. begründen könnten. Das SG hat sich im Wesentlichen auf das Ergebnis der Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. med. G gestützt. Es hat weiter ausgeführt, sofern die Beklagte in ihrem insoweit unan-fechtbaren Bescheid vom 28. August 2006 ausdrücklich festgestellt habe, dass der Arbeitsunfall vom 14. November 2001 eine Bewegungseinschränkung am rechten Schultergelenk und eine leichte Muskelschwäche des rechten Oberarmes hinterlassen habe, ergebe sich hieraus nicht zwingend und unabhängig von den tatsächlichen Ein-schränkungen eine MdE von wenigstens 10 v. H. Dies zeige auch das Gutachten von PD Dr. med. S.

Gegen das ihm am 22. April 2009 zugestellte Urteil richtet sich der Kläger mit seiner am 15. Mai 2009 bei Gericht eingelegten Berufung. Das SG wie auch der Sachver-ständige Dr. med. G hätten sich nicht hinreichend mit dem "ärztlichen Gutachten" von Dr. med. H auseinandergesetzt. Auch komme es nach dem Unfall im Jahr 2001 wei-terhin zu zervikalen Beschwerden und Taubheit der Finger beidseits.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. April 2009 aufzuheben und

1. unter Abänderung des Bescheides vom 28. August 2006 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 23. Januar 2007 die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 20 v. H. wegen des Arbeitsunfalls vom 24. April 1995 zu zahlen, auch unter Berücksich-tigung einer Stützrente wegen des Arbeitsunfalls vom 14. November 2001, 2. unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Oktober 2008 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 19. Dezember 2008 die Beklagte zu verpflichten, den Be-scheid vom 28. August 2006 abzuändern und ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 20 v. H. wegen des Arbeitsunfalls vom 14. November 2001 zu zahlen, auch unter Berücksichtigung einer Stützrente wegen des Arbeitsunfalls vom 24. April 1995.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.

Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlichen Sach-verständigen Dr. med. G vom 22. Januar 2010 eingeholt, auf deren Inhalt Bezug ge-nommen wird.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. med. L mit der Erstellung eines weite-ren Sachverständigengutachtens beauftragt, welches dieser unter dem 15. November 2010 nach einer Untersuchung des Klägers am 07. Juli 2010 erstattet hat. Der Sach-verständige hat als Gesundheitsschäden, die mit Wahrscheinlichkeit durch den Unfall vom 24. April 1995 verursacht wurden, genannt: Mediale Gonarthrose des rechten Kniegelenks nach medialer Tibiakopffraktur mit Stufenbildung und Außenmeniskuslä-sion. Im Verlauf der Jahre 1995 bis 2005 sei es zu einer subjektiven Verschlechterung der Belastungsschmerzen gekommen. Bei der Untersuchung habe sich eine mediale Gonalgie bei Druckdolenz über dem medialen Kniegelenkskompartement ergeben. Begleitend hierzu liege eine Minderung des Muskelumfanges der rechtsseitigen Ober-schenkelmuskulatur mit einer Differenz von bis zu –2 cm vor. Die aktive und passive Beweglichkeit des rechten Kniegelenks habe sich allogen bedingt beeinträchtigt ge-zeigt. Jedoch lasse sich anhand der Röntgenaufnahmen gegenüber den radiologi-schen Vorbefunden der Jahre 2002 bis 2005 keine wesentliche Progredienz nachwei-sen. Die hieraus resultierende MdE hat der Sachverständige für die Zeit ab Januar 2001 mit 10 v. H. eingeschätzt, sie trage der nur geringgradigen Bewegungsein-schränkung Rechnung. Unfallunabhängig liege eine Retropatellararthrose vor, die zur Symptomatik der Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks beitrage. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, anlässlich des Ereignisses vom 14. No-vember 2001 habe der Kläger keine unfallbedingte Dauerschäden erlitten. Soweit ein Impingementsyndrom des rechten Schultergelenks mit einer Einschränkung der akti-ven und passiven Elevationsfähigkeit im Rahmen der Untersuchung habe festgestellt werden können, handele es sich um eine unfallunabhängige Erkrankung. Eine unfall-bedingte MdE ergebe sich daher nicht. Als weitere, weder auf den Unfall vom 24. April 1995 noch auf den Unfall vom 14. No-vember 2001 zu beziehende Gesundheitsschäden hat der Sachverständige beim Klä-ger eine mediale Gonarthrose links nebst Zustand nach Arthroskopie vom 07. No-vember 1995 und Außenmeniskusteilresektion, ein chronisches Pseudoradikulär-syndrom der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie einen Zustand nach Weber A-Fraktur des rechten oberen Sprunggelenks 2000 festgestellt.

Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 15. und 21. April 2011 mit einer Ent-scheidung durch die Vorsitzende anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ein-verstanden erklärt.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen In-halt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten (95/52046/3-3 und 01/54343/9-3) verwiesen, die bei Entscheidungsfindung vorlagen.

Entscheidungsgründe:

Die Vorsitzende konnte anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchfüh-rung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Ein-verständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG.

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§ 151 SGG) ist zulässig (§ 143 SGG), jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erweisen sich als rechtmäßig. Der Kläger kann auch nicht nach § 44 Abs. 1 SGB X von der Beklagten die Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides vom 28. August 2006 verlangen, denn ihm steht weder wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 24. April 1995 noch wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. November 2001 ein Anspruch auf Ver-letztenrente zu.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versi-cherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für den früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind jedoch nur zu be-rücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versi-cherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirken-de Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII). Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicher-ten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII).

Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Ent-stehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern erst für die Gewährung einer Verletztenrente (Bundessozialge-richt (BSG), Urteile vom 12. Dezember 2006 – B 2 U 1/06 R - und 04. September 2007 - B 2 U 28/06 R -, jeweils in Juris und m. w. N.).

Alle rechtserheblichen Tatsachen müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Si-cherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, mit Ausnahme derje-nigen, die einen Ursachenzusammenhang (Unfallkausalität, haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) ergeben. Der ursächliche Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht ist dagegen nach der auch sonst im Sozial-recht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen, so dass hierfür grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Mög-lichkeit - ausreicht (vgl. hierzu Urteile des BSG in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 m. w. N., SozR 2200 § 551 Nr. 1 und SozR 4-5670 Anl. 1 Nr. 2402 Nr. 1). Eine Möglichkeit ver-dichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG in Breithaupt 1963, 60, 61). Voll bewiesen sein müssen aber auch hinsichtlich des Ursa-chenzusammenhanges immer die Ursache selbst und der ihr zuzurechnende Erfolg; die hinreichende Wahrscheinlichkeit bezieht sich nur auf die kausalen Zwischenglie-der. Zu den voll zu beweisenden Tatsachen gehören damit z. B. die Erfüllung des Versicherungsschutztatbestandes nach §§ 2 ff SGB VII, die Verrichtung der versicher-ten Tätigkeit, das äußere Ereignis, ein Körperschaden und die Plötzlichkeit als Unfall-merkmale.

Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens erge-benden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbsle-bens. Das die gesetzliche Unfallversicherung beherrschende Prinzip der abstrakten Scha-densbemessung besagt, dass die Entschädigung nach dem Unterschied der auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens bestehenden Erwerbsmöglichkeiten des Versi-cherten vor und nach dem Versicherungsfall zu bemessen ist. Die rechnerisch mit 100 % anzusetzende Erwerbsfähigkeit vor dem Versicherungsfall stellt den Bezie-hungswert dar, dem das nach dem Versicherungsfall verbliebene Ausmaß an Er-werbsfähigkeit als Vergleichswert gegenüber gestellt werden muss. Die Differenz bei-der Werte ergibt die MdE. Die MdE-Festsetzung ist eine rechtliche Wertung in Form einer Schätzung, die nach anerkannten Richtwerten erfolgt, die zur weitgehenden Gleichbehandlung aller Verletzten zu beachten sind (vgl. Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Anmerkun-gen 3.6, 3.6.1 und 3.6.2). Zu beachten ist weiterhin, dass allein maßgebend die fest-stellbaren Funktionseinschränkungen sind, aus den Diagnosen allein lässt sich nicht auf die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit schließen. Schmerzen, die mit den Un-fallfolgen einhergehen, fließen nicht gesondert in die MdE-Schätzung ein, da die MdE- Richtwerte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mitberücksichtigen (Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Anm. 5.5.10). Nicht anzuwenden ist letztlich die Versorgungsmedizin-Verordnung (früher: AHP), denn das Unfallversicherungsrecht gehört weder zu dem sozialen Entschädigungs-recht noch zu dem Schwerbehindertenrecht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 3.6.1). Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des BSG. Das BSG hat dazu (in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1 m. w. N.) ausdrücklich ausgeführt, vom Grad der Behinderung (GdB) im Schwerbehindertenrecht, der sich nach der früheren Formulierung an dem durch regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustän-de verursachten Umfang der Funktionsstörungen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft und nach der heutigen Formulierung an den Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft orientiere (§ 69 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)), sei die MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung, die auf die durch die Folgen des Versicherungsfalls verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Ge-samtgebiet des Erwerbslebens abstelle, grundsätzlich zu unterscheiden (BSG in SozR 2200 § 551 Nr. 15 und 23 jeweils m. w. N.). Darüber hinaus gebe es im Schwerbehin-dertenrecht und im sozialen Entschädigungsrecht bindend vorgeschriebene Min-destvomhundertsätze für den GdB bzw. die MdE für erhebliche äußere Körperschä-den (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 4 SGB IX, § 30 Abs. 1 Satz 6 des Bundesversorgungsge-setzes – BVG -), die für die gesetzliche Unfallversicherung nicht gelten. Dass die Ver-sorgungsmedizin-Verordnung (bzw. AHP) für die gesetzliche Unfallversicherung nicht nur aufgrund ihres Titels, sondern aufgrund des geschilderten anderen Bemessungs-ansatzes nicht unmittelbar gelten, entspreche der Rechtsprechung des Senats (vgl. auch BSG in SozR 2200 § 581 Nr. 27 und SozR 3-2200 § 581 Nr. 5).

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass der am 24. April 1995 erlittene Verkehrsunfall bei der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit (Zurücklegen des Weges vom Ort der versicherten Tätigkeit als Versorger) des Klägers erfolgt war und dieser hierbei einen Gesundheitserstschaden in Form einer medialen Tibiakopffraktur rechts mit Außenmeniskusriss, multipler Prellungen und Schürfungen (rechter Oberschenkel, linker Unterschenkel, rechtes Handgelenk) sowie einer HWS-Distorsion verursacht hatte. Während die Prellungen und Schürfungen sowie die HWS-Distorsion alsbald folgenlos ausheilten, entwickelte sich nach operativer Behandlung der Schienbein-kopffraktur und des Außenmeniskusrisses am 27. April 1995, Entfernung des Osteo-synthesematerials am 18. Juni 1996 und Resektion des Meniskus medialis im Hinter-hornbereich am 16. Juni 2005 beim Kläger eine deutliche degenerative Chondrome-niskopathie im medialen Kniegelenkskompartement als Spätfolge des Arbeitsunfalls vom 24. April 1995, die maximal eine MdE von 15. v. H. bedingt.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfah-rens (§ 128 SGG), insbesondere aus dem fachkundig erstellten Gutachten des Sach-verständigen des erstinstanzlichen Verfahrens, Dr. med. G, vom 27. Januar 2009 nebst den ergänzenden Stellungnahmen vom 09. März 2009 und 22. Januar 2010. Das Ergebnis der Begutachtung durch Dr. med. G stimmt im Wesentlichen mit der Beurteilung des von der Beklagten beauftragten Gutachters PD Dr. med. S im Gutach-ten vom 14. Juli 2006 überein. Zudem wird es durch den auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. med. L in dessen Gutachten vom 15. No-vember 2010 bestätigt.

Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind weder der Meniskusschaden des linken Kniegelenks (Arthroskopie vom 07. November 1995) noch die an beiden Kniegelenken bestehenden retropatellararthrotischen Veränderungen mit hinreichen-der Wahrscheinlichkeit durch den Arbeitsunfall vom 24. April 1995 unmittelbar bzw. mittelbar verursacht worden. Dies haben im Ergebnis alle gehörten Gutachter bzw. Sachverständigen bestätigt.

Eine Verletzung des linken Kniegelenks durch den Verkehrsunfall war nach den Erst-befunden nicht zu sichern, insbesondere fehlte jeglicher Hinweis auf einen Kniebin-nenschaden links (vgl. DA-Bericht PD Dr. med. S vom 24. April 1995, Entlassungsbe-richt der DRK-Kliniken W vom 05. Mai 1995). Der histologische Befund vom 09. No-vember 1995 ergab einen degenerativen Meniskusschaden links. Soweit die Gutach-ter PD Dr. med. S und Dr. med. M eine "Provokation" des linksseitigen Meniskusscha-dens durch eine Mehrbelastung des linken Beines bei Minderbeanspruchung des rechten Beines als möglich angesehen haben, haben sie jedoch eine wahrscheinliche Verursachung in ihrem Gutachten vom 04. März 1996 ausdrücklich verneint. Ebenso wenig vermag diesbezüglich das vom Kläger vorgelegte "ärztliche Gutachten" des plastischen Chirurgen Dr. med. H von 13. März 1997 zu überzeugen. Wie der Sach-verständige Dr. med. G in seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 09. März 2009 und 22. Januar 2010 nachvollziehbar dargelegt hat, kommt es selbst bei völliger Ent-lastung eines Beines, wie sie oft nach schwereren Verletzungen gefordert werde, nicht zur Überlastung des kontralateralen Kniegelenks. Vielmehr spielt sich diese Belastung im Rahmen der physiologischen Belastbarkeit dieses Kniegelenks ab. Überlastungs-schäden werden z. B. nach langjähriger Benutzung falsch dimensionierter Prothesen nach Amputation (z. B. Wirbelsäulenveränderungen nach Oberschenkelamputation) beobachtet. Vorliegend kann eine kontralaterale Meniskusschädigung nach ausgeheil-ter Tibiakopffraktur rechts nicht ernsthaft diskutiert werden, da nur eine relativ geringe Einschränkung der Beweglichkeit des verletzten Beines bestand und das Gangbild des Klägers als im Wesentlichen normal beschrieben wird. Hinsichtlich der beidseitigen retropatellararthrotischen Veränderungen hat der Sach-verständige Dr. med. G für den Senat nachvollziehbar die Gründe dargelegt, die hier gegen eine wahrscheinliche Verursachung durch die Schienbeinkopffraktur und den Außenmeniskusschaden rechts (jeweils operativ versorgt) sprechen. So fand die 1995 erfolgte Gelenkverletzung im Bereich des Schienbeinkopfes statt, konsekutiv ist es hier zu krankhaften Veränderungen der Gelenkfläche der korrespondierenden Femur-kondyle insbesondere im Bereich der Hauptbelastungszone gekommen. Dieser Be-reich korrespondiert aber in keiner Weise mit der Gelenkfläche der Kniescheibe, die sich bei Beugung des Kniegelenks zwischen den Femurkondylen in der femoralen Gleitrinne bewegt. Die dort angesiedelten arthrotischen Veränderungen sind schon aus diesem Grunde nicht aus dem Unfallereignis herleitbar, sondern schicksalhafter Natur. Zudem wird im OP-Bericht anlässlich der Arthroskopie vom 07. November 1995 die Kniescheibengelenkfläche links noch ohne krankhafte Befunde beschrieben. Bei der gutachterlichen Untersuchung am 29. Februar 1996 ist dann ein retropatellares Reiben beidseits getastet worden, was einen ersten Hinweis auf ein Schadensbild im Bereich der Kniescheibengelenkfläche beidseits darstellt. Weitere Hinweise auf einen retropatellaren Schaden rechts haben sich anlässlich des stationären Aufenthaltes im Juni 1996 im St. G-Krankenhaus bei der Arthroskopie ergeben. Auch der Orthopäde F beschreibt in seinem Bericht vom 01. März 1997 ein massives retropatellares Reiben sowie einen Anpress- und Verschiebeschmerz im Sinne einer Chondromalazie. Bei den späteren Untersuchungen (OP-Bericht vom 16. Juni 2005, Kernspintomographie vom 19. September 2005) ergeben sich diesbezüglich weitere Hinweise. Während der Reha-Maßnahme im Mai/Juni 2008 wird jeweils rechts als auch links bei Beugung ein Hyperflexionsschmerz beschrieben, der auf das zunehmende Einpressen der Knie-scheibe in das femorale Gleitlager zurückzuführen ist. Links ist das Zohlenzeichen positiv gewesen, die weiteren Untersuchungsbefunde haben sich mit den vom Sach-verständigen Dr. med. G erhobenen Befunden gedeckt, wobei sich nunmehr rechts deutlicher als links Knack- und Reibephänomene hinter der Kniescheibe haben tasten lassen und das Zohlenzeichen rechts positiv gewesen ist. Gegen einen ursächlichen Zusammenhang des arthrotischen Geschehens im Bereich des Kniescheibenlagers rechts mit dem Unfallgeschehen vom 24. April 1995 spricht zudem die zeitlich Latenz bis zum ersten Auftreten entsprechender Beschwerden (ca. 10 Monate nach dem Er-eignis) und der Umstand, dass am unverletzten Kniegelenk sich ebenfalls mit der Kniescheibe assoziierte Beschwerden manifestiert haben.

Grundlage der MdE-Bemessung sind nur die durch den Arbeitsunfall vom 24. April 1995 mit Wahrscheinlichkeit verursachten Gesundheitsstörungen, d. h. vorliegend allein die im Bereich des rechten Kniegelenks bestehenden gonarthrotischen Verän-derungen innenseitig betont sowie der Zustand nach Teilresektion des Außenmenis-kus rechts mit Ausbildung eines unauffälligen Regenerates, und die hieraus resultie-renden Funktionsbeeinträchtigungen. Diese rechtfertigen jedenfalls keine höhere MdE als 15 v. H.

Nach den unfallmedizinischen Erfahrungssätzen wird eine Bewegungseinschränkung des Kniegelenks bei Streckung/Beugung 0-0-120° mit einer MdE von 10 v. H. bewer-tet (vgl. Thomann, Schrödter und Grosser, Handbuch zur orthopädisch-unfallchirurgischen Begutachtung, 1. Aufl. 2009, S. 545; Rompe, Erlenkämper, Schil-tenwolf und Hollo, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 5. Aufl. 2009, S. 710; Mehrhoff, Meindl und Muhr, Unfallbegutachtung 11. Aufl. 2005, S. S. 169; Schönberger, Mehrtens und Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Anm. 8. 10.11 S. 654 f; Mollowitz, Der Unfallmann; 11. Aufl. 1993, S. 347). Eine muskulär kompensierbare Lockerung des Kniebandapparates wird mit einer MdE von 10 v. H. und eine unvollständig kompensierbare Lockerung des Kniebandapparates mit 20 v. H. bewertet (vgl. Thomann, Schrödter und Grosser, Handbuch zur orthopä-disch-unfallchirurgischen Begutachtung, 1. Aufl. 2009, S. 545; Rompe, Erlenkämper, Schiltenwolf und Hollo, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 5. Aufl. 2009, S. 710; Mehrhoff, Meindl und Muhr, Unfallbegutachtung 11. Aufl. 2005, S. S. 169; Schönberger, Mehrtens und Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Anm. 8. 10.11 S. 655; Mollowitz, Der Unfallmann; 11. Aufl. 1993, S. 347). Gemessen an diesen Kriterien, handelt es sich bei der von Dr. med. G angenomme-nen MdE von 15 v. H. um eine großzügige Bewertung der Unfallfolgen. So ist der Schienbeinkopfbruch knöchern konsolidiert (vgl. Bericht des Skt. Gkrankehauses vom 24. Januar 1996, zuletzt Gutachten des Dr. med. L). Der Bandapparat des rechten Kniegelenks wird in allen Gutachten als stabil bewertet. Rechtsseitig ist eine klassi-sche Meniskussymptomatik den Untersuchungsbefunden von PD Dr. med. Sund Dr. med. G sowie des Reha- Entlassungsberichtes nicht zu entnehmen, im Gutachten von Dr. med. L wird sie nur als "angedeutet positiv" beschrieben. Mangels objektiver Be-funde kann eine Instabilität des rechten Kniegelenks nicht festgestellt werden. Maß-geblich für die MdE- Bildung sind daher allein die aus den glaubhaften Beschwerden des Klägers aufgrund der arthrotischen Veränderungen des innenseitigen Komparte-ments folgenden Funktionsbeeinträchtigungen in Form von Bewegungseinschränkun-gen einschließlich der damit verbundenen Schmerzen. Soweit jedoch die Beugung des rechten Kniegelenks mit 0-0-120° (Untersuchung durch PD Dr. med. S) bzw. 0-0-130° (Reha-Entlassungbericht 2008) bzw. 0-0-115° (Untersuchung durch Dr. med. G) bzw. aktiv 0-0-110°/passiv 0-0-130° (Untersuchung durch Dr. med. L) als einge-schränkt beschrieben wird, lässt sich daraus allenfalls eine MdE von 10 v. H. ableiten. Schließlich ist hier zu berücksichtigen, dass die Einschränkung der Beugefähigkeit gerade aus den unfall-unabhängigen retropatellararthrotischen Veränderungen folgt (so ausdrücklich Dr. med. G in seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 09. März 2009 und 22. Januar 2010). Ein Fortschreiten der medialen Gonarthrose seit 2001 kann anhand der bildgebenden Befunde nicht festgestellt werden. Gegen eine schwerwiegendere Funktionsbeeinträchtigung spricht auch die geringe Minderung des Umfangs der rechtsseitigen Oberschenkelmuskulatur von maximal 2 cm gegenüber links (vgl. Befunde hierzu in den Gutachten von PD Dr. med. S/Dr. med. M vom 04. März 1996, PD Dr. med. S vom 14. Juli 2006 und Dr. med. L vom 15. November 2010), wobei bei der Untersuchung durch Dr. med. G im Januar 2009 keine Minde-rung zu verzeichnen war.

Sonstige, mit Funktionseinschränkungen verbundene Folgen des Arbeitsunfalls vom 24. April 1995, die zu einer höheren MdE führen könnten, sind nicht festzustellen. Ins-besondere ließen sich bei der neurophysiologischen Untersuchung vom 02. Novem-ber 1996 (Gutachten von Prof. Dr. med. S vom 06. November 1996) und der neurolo-gischen Untersuchung vom 09. September 1996 (Gutachten von Dr. med. H vom 11. Dezember 1996) bis auf eine bedeutungslose Sensibilitätsstörung im R. superficialis des Radialis keinerlei krankhaften Befunde als Folgen der Verletzungen der oberen Extremitäten objektivieren.

Ein Anspruch auf Verletztenrente ergibt sich auch nicht nach § 56 Abs.1 Satz 2 und 3 SGB VII im Wege eines Stützrententatbestandes wegen der Folgen des Unfalls vom 14. November 2001.

Zwar steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die am 14. November 2001 von dem gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Kläger ausgeführte Verrichtung (Beseitigung einer Gefahrenstelle) der versicherten Tätigkeit als Wasserversorger zu-zurechnen war und diese Verrichtung zu dem Unfallereignis (Nachrutschen eines Baumes mit Sturz der Baumkrone auf den Kläger) geführt hatte. Hierdurch waren als Gesundheitserstschaden zweifellos Prellungen des Schädels rechts sowie des rech-ten Unterarmes und der Schulter verursacht worden, denn der vom Kläger noch am gleichen Vormittag aufgesuchte DA Dr. med. L hat ausweislich seines Berichtes vom 15. November 2001 neben einer oberflächigen Schürfwunde an der Augenbraue rechts und temporo-parietal rechts eine Bewegungseinschränkung und Druckschmerz über der gesamten Schulter, Ellenbogen und Oberarm rechts sowie eine diskret fe-dernde Clavicula im AC-Gelenk festgestellt. Knöcherne Verletzungen konnten jedoch röntgenologisch ausgeschlossen werden. Der neurologische Befund war unauffällig. Aufgrund der am 07. Dezember 2001 durchgeführten Röntgenuntersuchung konnte zudem eine Schultereckgelenksverletzung ausgeschlossen werden. Am 14. Dezem-ber 2001 waren die HWS und die Schulter rechts bereits wieder frei beweglich, über dem rechten Schultergelenk zeigte sich nur ein geringer Druckschmerz jedoch kein Anhalt für eine Instabilität; der Kläger wurde mit Wirkung vom 17. Dezember 2001 als arbeitsfähig beurteilt (vgl. DA-Bericht von Prof. Dr. med. B vom 17. Dezember 2001).

Soweit die Beklagte in ihrem bestandskräftigen Bescheid vom 28. August 2006 als Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. November 2001 eine Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk, eine leichte Muskelminderung des rechten Oberarmes und Beschwerden nach Prellung der rechten Schulter und des rechten Schultereckgelenks anerkannt hat, folgt daraus noch keine MdE von mindestens 10 v. H. Zwar hat PD Dr. med. S in seinem Gutachten vom 17. Juli 2006, abweichend zu den unfallnahen Befunden des DA Prof. Dr. med. B (Bericht vom 17. Dezember 2001) eine Einschränkung der Schulterbeweglichkeit rechts größer links festgestellt. In allen spä-teren Untersuchungen ließ sich eine solche Einschränkung der Schulterbeweglichkeit rechts nicht mehr objektivieren (vgl. Reha- Entlassungsbericht von 2008, Gutachten von Dr. med. G vom 27. Januar 2009). Lediglich bei der Untersuchung durch Dr. med. L ließ sich eine geringe Einschränkung des rechten Schultergelenks bei der Elevation und Abduktion verifizieren, die der Sachverständige im Hinblick auf die positiven Tests hierzu nachvollziehbar durch ein Impingementsyndrom verursacht ansah. In Überein-stimmung mit der unfallmedizinischen Literatur (siehe Schönberger, Mehrtens und Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Anm. 8.2.5.1 S. 401 f) beur-teilt Dr. med. L das Impingementsyndrom als unfallunabhängig. Die Ausbildung eines Impingementsyndroms erfolgt meist auf dem Boden degenerativer Veränderungen der Supraspinatus- bzw. Bizepssehne. Vorliegend waren radiologisch knöcherne Verän-derungen des AC-Gelenks sowie Verkalkungen im Bereich des Schultergelenks nicht festzustellen. Eine knöcherne oder sonstige strukturelle Verletzung des rechten Schul-tergelenks war unmittelbar nach dem Unfall bildgebend ausgeschlossen worden. Auch aus der von PD Dr. med. S im Gutachten vom 17. Juli 2006 angeführten (ge-ringfügigen) Muskelminderung des rechten Oberarmes kann nicht auf eine unfallbe-dingte relevante Funktionsstörung geschlossen werden. Abgesehen davon, dass sich eine solche bei den späteren Begutachtungen nicht verifizieren ließ, liegt eine Um-fangsdifferenz von 1 cm noch im Rahmen der Messfehlerbreite. Im Hinblick auf die vom DA Prof. Dr. med. B im Dezember 2001 festgestellte freie Beweglichkeit der rech-ten Schulter ist, worauf der Sachverständige Dr. med. G zu Recht hinweist, die von PD Dr. med. S im Gutachten vom 17. Juli 2006 vorgenommene Staffelung der MdE, insbesondere der Ansatz einer MdE von 10 v. H. für die Zeit vom 07. Dezember 2001 bis zum 07. März 2002 nicht nachvollziehbar.

Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten wiederkehrenden Kopfschmerzen und HWS-/Nackenbeschwerden fehlt es an einer objektivierbaren strukturellen Verletzung durch den Unfall vom 14. November 2001, auf die diese Beschwerden zurückgeführt werden könnten. Eine Verursachung durch das Unfallgeschehen wird von keinem der gehörten Gutachter bzw. Sachverständigen auch nur diskutiert. Vielmehr hat der DA Prof. Dr. med. B bereits im Bericht vom 17. Dezember 2001 auf eine unfallunabhän-gige Genese hingewiesen. Im Übrigen leidet der Kläger unfallunabhängig an degene-rativern Veränderungen der HWS, die eine entsprechende Beschwerdesymptomatik verursachen können.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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